Kurzgeschichte
WAS MACHEN?

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"Ein kleiner banaler Einblick"
Veröffentlicht am 09. Mai 2021, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Ein kleiner banaler Einblick

WAS MACHEN?

WAS MACHEN?

Banale Fragen aus unserer Zeit.

- „Was machst du heute noch so?“

Eine Frage auf die ich früher immer eine reiche Auswahl an Antworten hatte.

- Eine Frage die mir seit Monaten keiner mehr stellt.

Was sollte ich jetzt auch antworten?

Was kann man denn schon machen in diesen Zeiten?

Arbeiten ist nicht mehr, nicht mal Home

– Office. Bin quasi schon im Ruhestand. Zumindest kann man da ausschlafen, wird nicht von einem wütenden Wecker aus dem schönsten Traum gerissen. Ein Vorteil, ein kleiner. Ich schlurfe also ins Bad und erledige gewissenhaft meine sanitären Angelegenheiten. Dann Kaffee und eine Zigarette. Schon seit Jahren mein tägliches Ritual. Nur unterbrochen von äußerst notwendigen Krankenhausaufenthalten, erzwungenem Wachkoma, oder zufälligem Ableben.

Vor Monaten, vor der Pandemie und all ihren Folgen, war klar was ich machen würde: Raus gehen, Freunde besuchen, Menschen umarmen, zusammen sitzen, sabbeln, Bier trinken, Mit Frauen flirten,

und zu vorgerückter Stunde ein kleines Liedchen anstimmen. Und irgendwann zufrieden nach Hause wanken.

Natürlich geht das nicht jeden Tag, als alleinstehender Alleinunterhalter hat man n Haushalt zu erledigen. Zumindest soweit das man nicht vollkommen verwahrlost – also eher oberflächlich.

An manchen Tagen ging ich auch zum Fußball gucken ins Stadion, danach in eine nette Kneipe, Freunde treffen, Bier trinken, lachen, sabbeln, singen und mit den Frauen flirten.

Doch jetzt? In diesen unseligen Pandemie – Zeiten?

Was machen?

Das muss man sich jetzt erst einmal

gründlich überlegen. Sich ernsthaft Gedanken machen.

Also sitze ich da mit meinem Kaffee und der dritten Zigarette und überlege.

Geschirr gespült hab ich schon, Staub gesaugt auch. Dreckwäsche lohnt noch nicht. Fenster putzen wäre mal wieder vonnöten, aber es regnet und stürmt. Was einkaufen muss ich auch nicht.

Also was machen?

Mal wieder n Buch lesen? Mach ich eh immer zwischendurch, und die guten hab ich alle schon mindestens zweimal gelesen.

Musik hören? Läuft in Dauerschleife.

Spazieren gehen? Fällt bei dem Wetter ins Wasser.

Mal wieder ne nette Geschichte aufschreiben? Wäre ne Möglichkeit, wenn ich mir denn was halbwegs gescheites aus dem Hirn schälen könnte, was mir aus unbekannten Gründen nicht gelingen will.

Computerspiele? So gar nicht mein Ding.

Onanieren? Och nee, in meinem Alter muss man sparsam mit seinen Erektionen umgehen.

In den Fernseher glotzen? Auf keinen Fall! Denn im Moment sieht man nur Menschen die sich über ihre angeblich aufgezwungene Lage beklagen, vehement jammern und nörgeln nur weil sie eine Atemschutzmaske beim Einkaufen tragen

und dabei Abstand zu anderen Menschen halten müssen. Sicher, viele Menschen fürchten um ihre wirtschaftliche Existenz, ihr sicheres Einkommen. Doch muss man wirklich herzerweichend weinen, nur weil man nach ein paar Wochen Home – Office nicht in den vermeintlich verdienten Urlaub abdüsen kann? Lächerlich! Also verschont mich mit euren Wohlstands - Problemen!

Es gibt Menschen auf dieser Erde die davon träumen einmal in einem richtigen Bett schlafen zu dürfen; ein Glas sauberes Wasser zu trinken! Das nennt man Problem!

Bleibt wohl nur noch n bisschen zu pennen. Genau. Das geht immer, und

verpassen werde ich eh nichts. Also leg ich mich gleich auf der Couch unter die Wolldecke und mach ohne schlechtes Gewissen die Augen zu.

Was für n erbärmliches Leben, werden Sie sich jetzt denken.

Kann schon sein. Ich könnte produktiver sein, ein nützliches Mitglied unserer Gesellschaft. Doch wozu? Ich allein kann nicht alle Probleme lösen, habe keine Antwort auf so viele Fragen.

Immerhin beklage ich mich nicht allzu sehr über meine angebliche  Einsamkeit wie ein großer Teil meiner Mitmenschen. Der größte Teil der Menschheit ist mir sowieso unbekannt, und den Teil den ich kennen gelernt habe kann ich eh nicht

ausstehen. Mit einer guten Handvoll echter Freunde bin ich bestens bedient. Und das was mir im Moment am dollsten abgeht sind ihre liebevollen Umarmungen. Ich werde davon träumen müssen.




Text: harryaltoa (2021)

Cover: Pixabay


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KaraList Eine Sichtweise, die mir sehr gefällt, Harry.
Sicher, die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen sind schon belastend, aber dieses Jammern auf hohem Niveau geht mir auch gehörig gegen den Strich. Nebensächlichkeiten, wie der Kauf einer neuen Jeans, werden plötzlich zu einer überlebensnotwendigen Maßnahme.
Wieder super geschrieben!!
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Yo, ich glaube durch diese eher "kleinen" Einschränkungen verlieren wir den Sinn für die wahren Probleme dieser Welt.
Tausend Dank, Kara!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Freu mich, lieber Harry, auch mal wieder was von Dir zu lesen. Bin etwas erschrocken, als ich las, dass Du im Krankenhaus warst. Hoffentlich ist alles wieder o.k.
Mir und meinem Guten ging es ja ähnlich, naja zumindest haben wir einen Kleingarten, war aber bei dem Wetter auch nicht gerade prickelnd.
Nun hatte mein Guter gehört, dass die Grenzen nach Tschechien wieder öffnen und das wollte er auch gleich ausprobieren. Wir wohnen ja nicht weit weg davon. Sohnemann wollte wieder mal billigere Zigaretten und wir wollten mal wieder billiger tanken. Du siehst, also wir gehören auch zu den konsumsüchtigen (aber nur das eine mal). Ich meinte noch vorher: "Da werden wohl die Tankstellen leer und die Läden geplündert sein." Und so war es auch. Zigaretten alle ausverkauft, Benzin auch. Naja wir haben dann doch noch ein paar Liter in den Tank füllen können. Aber ansonsten haben wir auch keinen Kaufrausch. War nur mal die Neugierde, die uns rübergetrieben hatte, weil wir ja schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr da waren. Die tschechichen Händler wird´s gefreut haben. An einem Tag so viel Umsatz wie noch nie. Ansonsten sind wir eh nicht so ein feierfreudiges Häuflein, auch wenn wir uns auch mal gerne wieder in unsere Lieblingskneipe setzen würden. Jeden Tag selber kochen, da gehen einem auch langsam die Ideen aus.
Jedenfalls hoffe ich, dass es Dir wieder gut geht und wünsche Dir noch ein schönes Wochenende.
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Moin Bärbel,
da haste vielleicht was falsch verstanden/gelesen. Das letzte mal Krankenhaus ist bei mir schon zwei Jahre her. War auch nicht so schlimm. Entzündete Ohrspeicheldrüse. (Wusste gar nich das Menschen so was haben.) War nach zehn Tagen wieder daheim.
Hab mir in letzter Zeit nur ne Auszeit genommen. Quasi Winterschlaf. Und getrauert. Mein bester Kumpel ist letztes Jahr verstorben. Kannten uns fast 40 Jahre. Schlimmer Treffer ins Herzchen bei mir. Der Kollege ist im Krankenhaus verstorben. Kann sein das du das was verwechselst? Wenn ja, wäre auch nich schlimm
Und Tschechien ist ja immer ne Reise wert. Mann muss ja immer aufpassen, egal wohin, selbst beim Bäcker umme Ecke. Und das neeeeeervt mich dermaßen...
Dir noch n schön entspannten Restsonntag! (Obwohl die Sonne n recht seltener Gast gewoden ist.!)
Tausend Dank, Bärbel!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Machara Lieber Harry,
tolle und starke Zeilen...ich sehe das auch so. Es gibt wichtigers als ein teurer Urlaub oder die fünfzigste Hose in einem überfülltem Kaufhaus zu shoppen, die eh ein Jahr dann ungetragen im Schrank hängt, bevor sie wieder dem Kreislauf der Entsorgung zugeführt wird.
Auch wenn man seine Familie und Freunde nicht treffen kann, so gibt es in dieser Zeit ,zum Glück, noch andere Wege um sich auszutauschen.
Auch wenn dabei die Umarmungen ausbleiben aber so ist das nun mal.

Ich wünsche dir noch ein schönes WE
Herzliche Grüße
Jessy
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Eben, das Leben besteht nicht nur aus Konsum. Wird scheinbar in der heutigen Zeit öfter mal vergessen.
Tausend Dank, Jessy!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Deine Einstellung gefällt mir sehr, Harry.
Und wieder mal klasse "zu Papier" gebracht, Daumen hoch!

LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Mir auch. Ich kann damit leben.
Tausend Dank, fleur!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
AngiePfeiffer Harry,
Dein Text bringt es wieder mal auf den Punkt - und das ohne großes Palaver.
Gerade was Du zu der 'angeblichen Einsamkeit' und der 'Handvoll Freunden' schreibst, kann ich nur unterschreiben.

... und es wird ja bald auch besser ... ,o)

Ganz liebe Grüße
Angie

Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ohne großes Palaver - das wünsch ich mir bei dieser Regierung, die anscheinend nur Wahlkampf und Wirtschaftswachstum im Kopp hat. Und ob ´s besser wird, sei dahin gestellt.
Tausend Dank, Angie!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
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