Vorbemerkung
Dies ist eine Kurzgeschichte, die als Randbeitrag zur Schreibparty88 eingestellt wurde.
Die Vorgabeworte sind fett hervorgehoben, sowie die Anfangs und Endsätze.
Gute Unterhaltung!
Copyright: G.v.Tetzeli
Jarmunia
„Meine Freundin Marie war ein zauberhaftes, aber schüchternes Mädchen.“
Saphira seufzte. Ihre beste Freundin Jurassa blickte sie erstaunt an.
„Freundin? Ein Rabenaas, das war sie“, bleckte sie. „Kannst Du Dich noch erinnern, wie sie mir den halben Kamm mit dem Feuerstoß verbrannt hat? Da half nicht mal die Fangopackung im Pfuhl. Oder wie sie Dir die Kuh wegschnappte?“ Jurassa rülpste.
Umaroth, der Anführer, bat um Ruhe.
„Wir haben uns hier auf dem Gipfel des Vulkans Ale Bagu versammelt, um Jarmunia
die letzte Ehre zu erweisen. Wir alle kennen sie nur unter dem Spitznamen die fette Marie. Wir sind alle keine Vegetarier, aber die gute Jarmunia ließ immer die Knochen zurück, war also ein Gourmet, hatte sich vor allem guter Malzeiten verschrieben. Außerdem war sie Kinderlieb.“ „Dabei sind doch die Knochen das Zuckerstreusel, finde ich“, flüsterte Jurassa. „Still, der Priester kommt.“ „Pah, Priester“, ereiferte sich die Jurassa. „Jedes mal ernennt Umraroth einen anderen, wenn einer von uns stirbt. Und diesmal ist es der doofe Fundor.“ Sie rülpste wieder. „Es ist nun mal bei uns so Sitte, dass immer ein anderer zum Priester ernannt wird, wenn es einen von uns trifft. Diese Durchreiche nennt man nämlich Tradition“, flüsterte Saphira belehrend.
Jurassa rülpste wieder.
„Sag mal, kannst du dich nicht etwas zusammennehmen“, flüsterte Saphira. „Gestern Abend viel zu viel gefressen. Hab' so dermaßen Hunger gehabt.“
„Eine Kuh? Ein Schwein?“ „Weder noch“, tat Jurassa geheimnisvoll und schnalzte mit der Zunge. „Was? Vielleicht sogar ein Ritter?“ „Nee!“
Fundor wirkte wichtig.
„Jarmunia, äh Marie, war ziemlich wohlgenährt und machte unserer Gemeinde alle Ehre. Deshalb mussten wir auch einen speziellen Sarg zimmern, der die Form eines Fagotts hat, damit wir noch das Schwanzende quasi im abstehenden Blasrohr unterkriegen konnten. Apropos Sarg. Gestern als die
Sonne schon fast unterging, da konntet ihr am geöffneten Sarg noch von Marie, äh Jarmunia Abschied nehmen, aber dann war plötzlich der Deckel zu. Wieso? Handelt es sich dabei etwa um einen dummen Klingelstreich Einer klappt zu und versteckt sich dann?“
„Typisch Fundor“, rülpste Jurassa leise, „verquarktes Geplapper!“
„Er drückt sich immer so geschwollen aus“, bestätigte Saphira.
„Wer war es“, trat der Chef Umaroth in den Vordergrund.
Alle blickten zu Boden, niemand rührte sich, nur ein leiser Rülpser war zu hören.
„Fundor, mach den Sarg noch einmal auf, bevor wir ihn dem glühenden Lavasee im Kegel des Vulkans, dem Drachenschlund
übergeben.
„So,so“, ereiferte sich Jurassa, „jetzt spielt Fundor auch noch den Totengräber! Der Sarg soll gefälligst geschlossen bleiben.“
Fundor schritt auf den Sarg zu, kam sich enorm wichtig vor.
Die letzten Drachen der Welt schlossen sich fauchend und schnappend zu einem Pulk am Kraterrand zusammen. Oberdrache Umrath nickte.
Keiner der Anwesenden sprach. Der Totengräber öffnete den Sarg - er war leer.