Humor & Satire
Befehl ist Befehl

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"Befehl ist Befehl"
Veröffentlicht am 19. Januar 2021, 12 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Befehl ist Befehl

Befehl ist Befehl

Eines Morgens lag sie neben ihm, als wäre sie vom Himmel gefallen. Sie sah ihn, sprang auf und schrie aus Leibeskräften. Er kratzte sich verwundert erst den Kopf, dann den Hintern, denn bis dato war er das einzige aufrecht gehende Lebewesen gewesen. Er stellte eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen ihr und ihm fest, aber es gab auch Abweichungen von der Norm. Während seine Brust hart war und flach, verunzierten zwei komische Kugeln ihren Oberkörper. Ihre Sitzfläche wirkte weich und definitiv zu rund. So, als habe sie eine Gewebeschwäche. Er musterte sie noch einmal kritisch und schüttelte ungläubig den Kopf. Dort, wo bei ihm

die getrunkene Flüssigkeit durch eine Art Rohr wieder austrat hatte sie – nichts. Bei genauerem Hinsehen allerdings bemerkte er unten eine Vertiefung. Vielleicht war das eine Art Ablaufrinne. Eins war klar, ihr Entwickler musste einen rabenschwarzen Tag gehabt haben. Sie hatte aufgehört zu schreien und fixierte ihn interessiert. „Du bist ziemlich hässlich“, stellte sie fest. „Egal, du bist der einzige Zweibeiner hier, glaube ich. Du kannst mich Eva nennen.“ Ein paar Tage waren vergangen. Er hatte sich damit abgefunden, dass diese andersartige Eva ihm nun ständig

Gesellschaft leistete. Doch noch immer konnte er sich mit ihrem seltsamen Gehabe nicht abfinden. Stundenlang saß sie am Teich, der sich in der Nähe der Behausung befand, starre auf die ruhige Wasserfläche und ordnete ihr Haar. Dabei schnitt sie Grimassen, war aber wenigstens ruhig. Manchmal steckte sie sich Blüten ins Haar, spitzte den Mund und schien sich sehr schön zu finden. Dann färbte sie sich die Lippen mithilfe einer Pflanze rot. Besonders störte ihn, dass Eva ständig redete und ihm immerzu erklärte, was er zu tun und zu lassen hatte. Regierte er nicht, so erhob sie die Stimme und die Lautstärke ihres Geschreis wurde unerträglich. Ließ er

dies über sich ergehen, ohne sich um ihre Reglementierungen zu kümmern, lief ihr eine Flüssigkeit aus den Augen und aus ihrem Mund kam ein Nerv tötendes Gejammer. Heute versuchte sie ihm einzureden, dass er sich gefälligst zum Wasserlassen hinsetzen solle, was er kategorisch ablehnte. Wieder schrie sie los und wurde immer lauter. 

„Verflixt noch mal, jetzt ist aber Ruhe hier“, ertönte plötzlich eine ebenso laute Stimme. Eva schwieg verdutzt, angenehme Stille breitete sich aus. Der unsichtbare Sprecher fuhr deutlich leiser fort. „Jetzt seid ihr zu zweit, das ist gut.

Hört zu: Erstens dürft ihr nicht vom Baum der Erkenntnis essen, das ist verboten, und zweitens seid fruchtbar und mehret euch.“ Anschließend war Stille. Die Angesprochenen schauten sich ratlos um, doch es war weiterhin niemand zu sehen. 

„Was soll das jetzt? Wie geht das: Mehren? “, fragte Eva. 

Er zuckte hilflos mit den Schultern. „Das sind ja Informationen. Wer soll damit etwas anfangen?“ Die Schlange lag auf einem Ast und schaute die beiden aus großen, glänzenden Augen an. „Ich gebe euch einen Tipp: Das Runde muss ins Eckige – Stopp, das ist eine andere Geschichte und kommt erst viel später.

Also, Freunde, das Längliche unten muss ins Schmale, auch unten rum.“ Er schaute an sich herunter. Das Längliche, das Schmale, unten? Ob sein kleines Rohr in ihre Ablaufrinne sollte? Diese Variante erschien ihm nicht machbar, denn ihre Rinne war ziemlich klein, fast unsichtbar und sein Rohr extrem biegsam. „Sollen wir das ausprobieren?“, fragte er trotzdem vorsichtig." „Hier wird gar nichts ausprobiert. Wage es und du wirst es dein Leben lang bereuen!“, schrie Eva mit voller Lautstärke und schaute ihn alarmiert an. Die Schlange, die vor Schreck vom Baum gefallen war, versuchte sich in

praktischer Aufklärung: „ Also, Kinder, schaut doch mal auf eure körperlichen Unterschiede. Ihr müsst euch eurer Körperlichkeit bewusst werden. Dann kriegt dein Rohr eine gewisse Festigkeit“, sie nickte ihm zu und fuhr in Richtung Eva fort: „Und deine Rinne erweitert sich. Das geht quasi alles von allein.“ In der Folgezeit mühten sich die beiden redlich ab, doch es gelang einfach nicht fruchtbar zu sein und sich zu vermehren. Beide fürchteten, dass der Unsichtbare sie kurz über lang wegen Befehlsverweigerung schwer bestrafen würde. 

In ihrer Not wandten sie sich an die verständnisvolle Schlange, die sie nach einigem Überlegen zum verbotenen Baum brachte. „Seht ihr die Äpfel? Ihr müsst einfach einen pflücken und kräftig reinbeißen.“ Er trat einen Schritt zurück: „Das hat der Unsichtbare uns explizit verboten!“ „Blödsinn, der hat so viel zu tun, der merkt das gar nicht. Glaubt mir, ihr werdet euch hinterher erotisch fühlen.“ „Und wenn er doch was merkt?“, mischte Eva sich ein. „Seid doch nicht dumm. Wie sollt ihr euch mehren, wenn das Längliche nicht ...“ Dieses Argument leuchtete den beiden

ein, sie griffen gleichzeitig nach einem Apfel, wobei Eva einen Touch schneller war. Lächelnd biss sie ein Stück ab und reichte ihm den Apfel. Anschließend setzten sich beide unter den Baum und warteten auf die Erkenntnis.  

Plötzlich sprang Eva auf. „Wir haben nichts an!“, schrie sie in altbekannter Manier, riss einen dicht belaubten Zweig ab und versuchte sich damit zu bedecken, was nur unzulänglich gelang. „Stimmt“, stellte er fest und schaute Eva genauer an. Diese kugeligen Dinger, die ihren Brustkorb zierten gefielen ihm plötzlich richtig gut. Auch der Hüftschwung und das runde Hinterteil fand er sehr anziehend. Selbst ihre

Stimme störte ihn nicht mehr. Er begann zu schwitzen und schielte an sich herab, wo sich einiges tat. Auch Eva schaute ihn interessiert an. Sie begann zu schwitzen und schielte ihrerseits an sich herab, konnte aber nicht genau sehen woher das wohlige Gefühl zwischen ihren Schenkeln kam. Aber das kümmerte sie nicht. Sie warf den schützenden Ast ins Unterholz. „Ich glaube wir sollten jetzt probieren, ob das Längliche ...“, murmelte er, bevor Eva ihn ins Gras warf und sich auf ihn setzte. Das Letzte was er hörte, bevor er alles um sich herum vergaß, war ein leises Lachen. „Geht doch“, murmelte die Schlange gut

gelaunt.

© Dilettant

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derdilettant

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PuckPuck Himmel, war das anstrengend im Paradies :o)
Eigentlich klar, die Beiden hatten ja auch noch kein Paarship ;o)
Also ich lasse mal Langeweile und geringe Auswahl als mildernde Umstände für dieses "Drama" gelten :o)
Lachende Grüße
Judith
Vor langer Zeit - Antworten
derdilettant Mylady - es hat sich so viel nicht geändert, deucht mir.
Danke Dir
LG
the simple guy
Vor langer Zeit - Antworten
PuckPuck Das mit dem "selbst blöd" klingt vielleicht ein bißchen hart ;o)
Aber, wenn doch die Entscheidung, welches Leben und mit wem man es führen will, warum sucht man sich dann jemand so Anstrengenden?
Es gibt doch inzwischen längst nicht mehr nur solche Evas, wie du beschrieben hast ;o)
Vor langer Zeit - Antworten
derdilettant Alles gut, hatte den ;o) vergessen. Im Übrigen ist die Geschichte unter Humor/Satire eingestellt - die Antwort ist es auch. -grins-
Nicht alles so wörtlich nehmen, Mylady ---
Vor langer Zeit - Antworten
matzetino Köstlich amüsiert... Das erklärt wohl einiges *zwinker*

Liebe Grüße
Mari
Vor langer Zeit - Antworten
derdilettant Hallo Mari,
das stimmt so nicht --- das erklärt ALLES.

Danke und Grüße

D.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona - lach - . So war das also. Ich wette hinterher musste sich der Arme erstmal rasieren, und den Müll runter bringen!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
derdilettant Du hast es voll erkannt.
Und so ist es bis heute geblieben.
Wie war das: Happy wife ---

Danke und LG

D.
Vor langer Zeit - Antworten
Poesiefluegel Diese Schlange ist ja glatt sympathisch. Wer hätte das gedacht.
Vor langer Zeit - Antworten
derdilettant Aalglatt, die Schlange, aber irgendwie die einzig vernünftige Person im Paradis.

Danke und liebe Grüße

D.
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