Journalismus & Glosse
Anmerkungen über den Fuchs

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"Reinecke"
Veröffentlicht am 14. November 2020, 16 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Reinecke

Anmerkungen über den Fuchs

Vorbemerkung

Bei uns lebt der sogenannte Rotfuchs (vulpe vulpes), den wir einfach als Fuchs bezeichnen. Ich habe hier einige Anmerkungen über diese Hunde ähnlichen Überlebenskünstler zusammengetragen, die Sie vielleicht noch nicht kennen.

Gute Unterhaltung!




Copyright: G.v.T.

Cover: Dank an pixabay

Der Fuchs

Fangen wir von vorne an. Also, seit wann gibt es Füchse auf der Erde, die zu den hundeähnlichen Tieren zählen? Begonnen hat das Erfolgsmodell in prähistorischer Zeit, nämlich einer schlanken, Wiesel ähnlichen Räubergruppe Namens Miciadae vor ca. 40 Mio. Jahren. Sie gilt als der Vorfahr der Hunde und Katzen. Der erste völlig gesicherte Vorfahr der Füchse ist vulpavus, der vor 35 Mio. Jahren auftauchte.

In den Zeiträumen danach wollen wir wissenschaftliche Diskussionen vermeiden wie und wo die Entwicklung weiter ging


(Vulpavus

Twitter - Credit:Velizar Simeonovski)


Wir stellen einfach fest: Vor 300.000 Jahren tauchten die ersten Füchse im europäischen Raum auf.

Inzwischen haben die Füchse eine unglaubliche Anpassungsfähigkeit bewiesen.

Vom Polarfuchs, der -80 Grad Kälte aushält bis zum Wüstenfuchs (auch Fennek genannt), welcher den hohen Temperaturen angepasst ist. So hat er übergroße Ohren, um Wärme abzuführen und seine Nieren filtern hochkonzentrierten Urin, um den Flüssigkeitsverlust gering zu halten. Er kann seine Atemfrequenz der Außentemperatur anpassen. Von 23 mal atmen pro Minute bei kalten 30 Grad bis zu 630 mal bei höheren Temperaturen. Alle Füchse können auf Bäume klettern, die einen mehr die anderen weniger. Ein echter Baumkletterer ist der Graufuchs, der sogar Kopfüber an einem senkrechten Stamm herunter klettern kann und auch seinen Bau in gemütlicher Höhe einrichtet. Er braucht sich vor Katzen - Artisten nicht zu

verstecken. Die Historie hätten wir also und einige Fuchsarten wurden auch schon genannt. Jetzt ist es endlich Zeit sich „unserem“ Fuchs, dem Rotfuchs zuzuwenden. Viele meinen, dass heutige Stadtkinder nie einen Fuchs in freier Wildbahn sehen könnten. Das stimmt so nicht, denn der anpassungsfähige Reinecke hat längst das Stadtgebiet als einträgliches Futterrevier erkannt. Es ist sogar so anpassungsfähig, dass ein gewisses Rudel-Verhalten auszumachen ist. Ursprünglich bezeichnete man mit einem Fuchsrudel nur die Mitglieder einer Familie (Mutter, Vater, Kinder). Darüber hinaus sind sie eigentlich Einzelgänger, aber

das Überangebot von Futter in der Stadt und hohe Sterblichkeitsrate der Erwachsenen (Straßenverkehr) scheint einen Wandel hervorzurufen. Verschiedene Familien streiten sich nicht um Futter, sondern nutzen den Vorteil vieler Augen und Ohren, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen Im Gegensatz zu „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, ist der Fuchs nämlich ein Allesfresser. Er kann Beeren pflücken, Obst verdauen und auch Aas verschmäht er nicht. Was ist die Menschenstadt doch für ein Schlaraffenland, wo sich z.B. in Müllcontainern feine Köstlichkeiten finden lassen. Seine Scheu vor Menschen tritt da ein wenig zurück. Zudem kann der Fuchs bis zu 1,80 Meter hoch springen. Seine Vorsichtigkeit kommt ihm

ebenfalls zugute. Erst die Lage peilen, dann handeln! Würde er bei jedem ungewöhnlichen Ereignis sofort die Flucht ergreifen, wäre das ein viel zu hoher Energieaufwand. Das hat ihm in der Wildnis gute Dienste geleistet, so auch in der Stadt. Einzig der Autoverkehr nimmt auf diese Strategie keine Rücksicht. Der Fuchs ist tatsächlich sehr lernfähig und vor allem vergisst er eine einmal gemachte Erfahrung nie. So weiß er genau wie weit sich der Aktionsradius bei einem Kettenhund erstreckt und dass Menschen sehr langsam sind, weil der schlaue Kerl bis zu 50 bis 55 Km sprinten kann. Berühmt ist ein Test, der bei Hund und Fuchs durchgeführt wurde. Zwei Näpfe zur Auswahl mit Futter und ohne standen zur Verfügung,

nämlich rot und blau. Der blaue mit Futter wurde dann unter leichten Strom gesetzt. Im Verlauf des Experimentes wurde das Futter im roten Napf angeboten, später wieder im blauen, der dann gar nicht mehr unter Strom stand. Der Hund war eine kurze Weile vorsichtig, aber er stürzte sich schließlich wieder auf das Futter im blauen Napf. Der Fuchs hingegen rührte den blauen Napf nie wieder an. Schon öfters machte der Mensch unbarmherzig Jagd auf Reinecke. Vergiftete Köder hatten nur geringen Erfolg. Die anderen Füchse brachten Futter und den verendeten Kollegen in Geruchszusammenhang und ab da rührte kein Fuchs mehr die vergifteten Köder an, mochten sie noch so verlockend

sein. Der Jagdeifer gegenüber dem Fuchs führte schließlich zur Zucht des Dackels. Unerschrocken und unbarmherzig bis zur Selbstaufgabe stellt er die ultimative Grubenkampfmaschine dar. Trotzdem entging der Fuchs der Ausrottung. Und übrigens, natürlich sind auch Füchse in Hühnerställe eingebrochen, aber der wahre, fürchterliche Mörder, der kein einziges Huhn im Stall wegen seines Blutrausches am Leben lässt, das ist der Marder. Unser Rotfuchs pflegt in der Wildnis ein geradezu spießiges Familienleben. Papi sorgt für Nahrung, solange sich Mama um die Kleinen kümmern muss. Sind die Püppis größer geworden und so weit, dass sie die

nähere Umgebung erkunden, darf auch Papa mit übermütigen Spielen belästigt werden. Dass die Fähe sich im Fuchsbau zur Sicherheit mehrere Notausgänge anlegt, enttäusche diversen Jäger, einschließlich des Menschen. Welpen werden dann in den Ersatzbau im Fang umgesiedelt. Und obwohl der Fuchs gerne als gefährlicher Überträger der Tollwut gesehen wird, ist er unentbehrlich in der Natur. Obstkerne, die er wieder ausscheidet, keimen und wachsen um 25 Prozent schneller. Der Fuchs gärtnert praktisch. Mäuse, quasi der Gourmet-Tempel für den Fuchs, nehmen nicht überhand. Das gilt auch als Positivum hinsichtlich der Mäuse und Ratten in der Stadt.


Einige Eigenarten hat der Fuchs mit Katzen gemeinsam. Er kann die Krallen ein- und ausfahren, ein Kunststück, um das ihm jeder Hund beneidet. Auch seine hochempfindlichen Schnurrhaare sind lang wie bei einer Katze. Er weiß genau in welchen Spalt er sich zwängen kann, in welchen nicht, denn sein Brustkorb ist sehr flexibel. Wo der Schädel durchkommt, macht der Rest des Körpers auch keine Zicken. Genauso hat er sich die Augenpupillen von der Katze abgeschaut. Sie sind vertikal statt rund. Nimmt man die Eigenschaften des Tapetum lucidum (reflektierender Augenhintergrund) dazu, so ist es kein Wunder, dass der Fuchs in der Dämmerung und in der tiefen Nacht (Mondlicht reicht zum Beispiel aus) Jagd freudig ist. Übrigens

leuchten deshalb die Augen bei Licht genauso hell auf, wie bei einer Katze. Man nennt solche ähnlichen Ausprägungen zwischen verschiedener Tierarten konvergente Evolution. Natürlich kann Reinecke hervorragend hören und seine Tüten fast parallel ausrichten. Sein Geruchssinn, so die Wissenschaft, erreicht nicht die Leistung des Hundes, aber ist beachtlich, nur wenig darunter. Jedenfalls ist er deutlich besser als der eine Katze. Dies lässt sich unter anderem anhand der Größe des Nasenepithelbereichs festmachen. Eines hat der Fuchs aber beiden, nämlich Hund und Katze voraus. Er arbeitet mit einer gewissen Magnetempfindlichkeit. Genau ist es noch nicht erforscht. Das Magnetfeld dient

dem Zielsystem. Die Maus ist auch nicht völlig einem Fuchs ausgeliefert. Sie ist nicht nur flink, sie hat ebenfalls einen guten Geruchssinn. Sie kann den Fuchs meist rechtzeitig riechen und verharrt erst einmal regungslos. Die Störung des Magnetfeldes durch den Körper der Maus scheint dem Fuchs zusätzliche Info zu übermitteln. Warum der Fuchs seinen Angriffssprung hauptsächlich aus einem Winkel von 20 Grad zum Magnetpol unternimmt, ist ein ungelöstes Rätsel.


Für die Meisten der Leser dürften Begriffe der Jäger nicht geläufig sein. Ein Fuchs trabt nicht energieschonend durch sein Revier, er schnürt. Das kommt daher, weil die

Pfoten-Abdrücke einer Fuchsspur hintereinander liegen, wie an einer Schnur aufgereiht.


Ich persönlich bin der Meinung, dass der Rotfuchs einfach zu unserer Heimat gehört.

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welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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Friedemann 
Hallo Günter,
zwar ist es nichts Neues, was Du vom Fuchs erzählst, doch ist es stets interessant zu lesen, wenn man das Wesentliche komprimiert vorgesetzt bekommt. Auch ich mag die Füchse. Man sieht sie zwar nicht oft, aber wenn man sie beim Vorbeifahren kurz am Straßenrand sieht, glaubt man ihnen die Pfiffigkeit aus dem Gesicht zu lesen.

Liebe Grüße,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Danke schön
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Auch ich mag den Fuchs, wenn auch sein nächtliches Gebell und das Herumtoben einer ganzen Fuchsfamilie in einer Wohnsiedlung ziemlich aufstörend wirkt. Ich kann dann nicht wieder einschlafen.
Dennoch kann ich nicht nachvollziehen, dass du immer wieder "Sachartikel" ohne Quellenangabe schreibst. Warum?
Bitte erklär es mir,
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Hallo Günter, ich mag den Fuchs und es ist interessant zu erfahren, von wem er abstammt. Ich freue mich immer, wenn ich dem Fuchs in freier Wildbahn begegne. In diesem Jahr gibt es viele Feldmäuse, das freut den Fuchs.

Lieben Gruß und ein schönes Wochenende wünscht Marina


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