Kurzgeschichte
AUFWACHEN! - Kapitel 1

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"Aus mehreren Blickwinkeln habe ich mich versucht, die aktuelle Situation zu verstehen."
Veröffentlicht am 09. August 2020, 18 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich habe vor über 10 Jahren mit dem Schreiben angefangen, leider fehlt es mir mehr und mehr an der dazu benötigten Zeit... "Das Wesen der Romantik ist die Ungewissheit." - Oscar Wilde
Aus mehreren Blickwinkeln habe ich mich versucht, die aktuelle Situation zu verstehen.

AUFWACHEN! - Kapitel 1

AUFWACHEN!

Ganz ehrlich,

außer in meinem Hamsterrad jeden Tag aufs Neue Leistung zu erbringen, einen kleinen Ausgleich durch Fitnessstudio und gutes Essen im Restaurant, dem jährlichen Sommerurlaub, gab es keine Abwechslung. Ich wollte Anerkennung und die bekommst du, wenn du Leistung erbringst!

Und dann holten mich diese schrecklichen Bilder im Dezember 2019 aus dem Tiefschlaf! Ich sah, wie Menschen in China in der Öffentlichkeit

wohl grundlos zusammenbrachen! Eine unglaublich tödlich Krankheit wurde von den Medien verbreitet. Aber konnte sie auch den Weg nach Deutschland finden? Ich hatte Angst! Angst davor zu sterben. Angst vor einer grauen Zukunft, die viele Menschen das Leben kosten könnte!

Knapp drei Monate später hatte uns bereits der Lockdown in eine neue Phase des Lebens gebracht und den Weg in die „neue Normalität“ geebnet. Meine Cafés waren bereits seit einigen Wochen geschlossen und der Frühling ist ja immer die beste Zeit für einen Gastronomen, doch dieses Jahr, so wusste ich zu dem Zeitpunkt, wird vieles

anders laufen als geplant.

Seit etwa drei Wochen saß ich nun schon zu Hause, drei meiner Mitarbeiterinnen konnte ich nicht mehr beschäftigen, was wirklich schmerzhaft für mich war, aber wir konnten uns ja nicht aussuchen, dass dieses todbringende Virus auch in unserem Land wütet und unsere altbewährte Normalität komplett durcheinanderwerfen würde.

Ende März hoffte ich noch, dass wir wenigstens zu Ostern öffnen dürften, denn das hätte uns ein paar Tage gebracht, an denen wir etwas Umsatz hätten erwirtschaften können, aber

gleichzeitig hatte man noch so starke Angst davor, selbst zu erkranken und qualvoll an dem Virus zu verenden. Was bliebe dann noch?

In einer Ansprache der Regierung im TV wurde klargestellt, dass es nur sehr wenige Lockerungen geben sollte und die Gastronomie blieb auch über Ostern hinweg geschlossen. Irgendwie war ich froh darüber. Die Maskenpflicht hatte mittlerweile auch in Nordrhein-Westfalen Einzug gefunden und gab etwas Sicherheit bei Einkauf und allgemein trug ich sie auch auf der Straße, denn es war ja nicht klar, wie genau die Übertragung nun stattgefunden hat. Ich ging lieber

auf Nummer sicher.

An Ostern hatte ich in meinem Garten gegrillt und quasi mit meinem Nachbarn an Karfreitag das Essen geteilt durch das trennende Gestrüpp natürlich! Mein Nachbar hatte eine komplett andere Einstellung zu der aktuellen Situation als ich. Im Fernsehen hatte ich über Typen wie ihn gehört so ein Verschwörungstheoretiker also! Hätte ich nie von ihm erwartet, denn er war an sich ein kluger Kopf, der die Politik immer schon hinterfragt hat. Aber er hat mich total vor den Kopf gestoßen!

„Man verkauft es uns als Pandemie, aber

wir haben keine Übersterblichkeit! Ich mache den ganzen Tag nichts anderes, als Zahlenwirrwarr in eine Form zu bringen und hier ist nichts außergewöhnliches erkennbar, außer das die Weltwirtschaftskrise künstlich nach hinten verschoben wird und man einen schönen Grund für Steuererhöhungen und Gesetzesanpassungen vornehmen kann!“, sagte er mit steinernem Blick.

Ich versuchte ihm klarzumachen, dass der Top-Virologe genug Argumente gebracht hat, was noch auf uns zukommen wird und wie viele Menschen schon gerettet worden sind! Er fing laut an zu lachen. „Hätte, könnte, müsste,

dürfte. Dieser Typ lag schon mal daneben und er stammelt nur Konjunktive er ist Wissenschaftler und es kommen keine klaren Aussagen heraus! Und außerdem kommen keine Belege, der Test ist nachweislich eine Katastrophe und wenn der Star der Phamaindustrie so nahe steht wie der Gesundheitsminister, dann sollte man mal über die Interessen nachdenken.“

Ich sah ihn schockiert an und entgegnete, dass man auch mit Fakten die gestapelten Särge in italienischen Kirchen und Massengräber in New York nicht ausmerzen könnte. Wieder schaute er mich an und versuchte mir klar zu

machen, dass er sofort merken würde, woher ich meine Meinung habe.

„Du bist du die Propaganda des Mainstreams manipuliert. Installiere dir mal Telegram und hole dir mal echte Fakten, die dort nicht wie in den sozialen Medien zensiert werden!“

Ich fühlte mich sehr komisch. Zensur in Deutschland? Das konnte ich nicht glauben! Wir diskutierten noch eine ganze Weile und er zeigte mir Dinge, von denen ich noch gar nichts mitbekommen hatte. Berichte, die den PCR-Test in der Luft zerrissen hatten, Studien durch absolute Korephäen auf dem Gebiet der Immunologie und Epidemiologie, wie er

mir versicherte. Und er zeigte mir Bilder von Demonstrationen, die nicht den Bildern aus den Medien entsprachen.

„Aber ich habe doch Spinner und Rechtsradikale in den Nachrichten gesehen! Da waren keine normalen Bürger!“, brach es aus mir heraus. Ich verstand in dem Moment gar nichts mehr. Warum zeigte man denn nicht, was dort wirklich passiert ist? In dem Video sah ich meinen alten Studienkollegen, der in Heidelberg ein sehr angesehener Mediziner war. Würde er an einer Demo mit Spinnern teilnehmen? Ich musst es verneinen...

Am frühen Abend sah ich mir die Nachrichten im Fernsehen an, nachdem ich mir zuvor die aktuellen Zahlen einverleibt hatte. Wieder wurde klar gestellt, dass die Zahlen „schrecklich“ sein und eine Normalität niemals wieder zurückkehren kann, bis ein Impfstoff da ist. Es ratterte in meinem Kopf. Was ändert der Impfstoff? Und warum gibt man keine Argumente in der Berichterstattung mit auf den Weg? Hatte mein Nachbar recht, dass wie bei der Diffamierung von Demonstranten keine Fakten genannt werden? Er hatte recht.

Am nächsten Morgen erwachte ich durch einen tiefblauen, sonnigen

Morgenhimmel. Ein unfassbarer Friede begrüßte mich. Ich gönnte mir einen Kaffee, setzte mich auf die Terrasse und schaltete mein Handy ein. Wie mein Nachbar mir geraten hatte, durchforstete ich die Kanäle der „Verschwörungstheoretiker“, die eine Menge an Fakten aus dem Netz zusammengetragen hatten und mit Liebe Videos zur allgemeinen Situation aufgenommen haben.

In einem Moment der Stille schaute ich in den tiefblauen Himmel, hörte den Vögeln beim friedlichen Zwitschern zu und dachte an meinen Urgroßvater. Er war als Jude im zweiten Weltkrieg lange

Zeit gegeißelt worden und hatte mir als kleines Kind nur sehr ungern von der Zeit berichtet, aber er sagte immer: „Benutze stets deinen Kopf und bilde dir deine eigene Meinung. Und merke dir, wenn alle nur noch mit dem Strom schwimmen, dann sei besonders vorsichtig!“. Seine Geschichten aus den Ghettos und Arbeitslagern waren grauenhaft. Mein Großvater hatte den Glauben abgelegt und meine Eltern und ich selbst wollten nichts mit kirchlichen Konstrukten zu tun haben.

Am späteren Nachmittag machte ich mich zum Einkauf auf, bewaffnet mit dem Mund-Nasen-Schutz und einem

Einkaufswagen. Im Geschäft fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen, denn ich sah lauter maskierte, gesichtslose Menschen, die wie Zombies durch die Gänge streiften. Wie betäubt striff ich mir die Maske vom Gesicht und sofort drehten sich einige Kunden herum und bedachten mich mit bösen Blicken. Eine ältere Frau sagte mir, ich solle sofort die Maske wieder anziehen, sonst töte ich womöglich noch jemanden! Ich sah die Dame entgeistert an und versuchte ihr klarzumachen, dass ich nicht krank sei, aber das interessierte sie gar nicht. Der Marktleiter kam dazu und wies mich an, ihrem „Befehl“ folge zu leisten, sonst müsse er die Polizei rufen!

Ich folgte dem Wunsch, beendete den Einkauf so schnell wie möglich und setzte mich schockiert in meinen Wagen.

Was war nur passiert, dass ich es vorher nicht sehen konnte? Was passierte gerade um uns herum? Alle waren in Panik vor einem Virus, dass man nicht sehen, nicht greifen kann. Blinder gehorsam, wo man hinsieht. Ich fuhr auf dem Heimweg an einer Schule vorbei und sah die maskierten Kinder auf dem Schulhof stehen, keine Freude in den Augen, alle mit einem Mindestabstand voneinander entfernt. Was tat man den Kindern nur an?

Was war es, was mich in dem Laden so sehr erschreckt hatte? Es war tiefgründiger Hass. Purer Egoismus zum Schutz der eigenen Gesundheit. Dabei schien niemand daran zu denken, welche Auswirkung das Tragen von Masken haben könnte, die nach dem Einkauf direkt neben den Wunderbaum am Rückspiegel im Auto platziert werde würde und bestimmt nicht gesundheitlich unbedenklich für die Atemwege sein könnte.

Für mich war nun klar, dass ich nie wieder in das Hamsterrad einsteigen könnte, egal was noch auf mich zukäme. Ich wollte Veränderung um jeden Preis

und ich war bereits, alles dafür aufzugeben.

- Ende -

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"Das Wesen der Romantik ist die Ungewissheit." - Oscar Wilde

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