Fantasy & Horror
Die Seelen von Lhunaá - -Komplettfassung - überarbeitete Kapitel

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"- ROSA -"
Veröffentlicht am 28. April 2020, 76 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Wie soll ich sagen? Ich bin 29 Jahre alt und liebe Fantasybücher. Ich schreibe gerne, allerdings nur hobbymäßig. Mein Kopf steckt voller Fantasie und jede Geschichte wartet nur darauf niedergeschrieben zu werden. Man kann aber auch nur durch Kritik besser werden und so freu ich mich über jeden erdenklichen Hinweis auf Rechtschreibung oder Grammatik, sowie Satzbau oder Zeitfehler. Oder einfach nur eure persönliche Meinung über die Geschichte! :)
- ROSA -

Die Seelen von Lhunaá - -Komplettfassung - überarbeitete Kapitel

- Vorwort -

-EDIT: 29.4.: neue Seiten 36-56

-EDIT: 1.5.: neue Seiten 58-75


Hallo ihr!


Ich möchte hier eine Komplettfassung der Kapitel, die ich bereits hoch gestellt habe, anbieten. Das erspart das ewige Suchen nach dem nächsten Kapitel und man kann schön in einem Fluss weiter lesen.

Werde es auch immer mit den neuesten Kapitel aktualisieren.


Diese ist die überarbeitete Version der Teile, die schon auf meinem Profil sind. Das heißt,

es könnte sich etwas von den Kapiteln abweichen, die schon hier sind.


Wünsche euch viel Spaß und Freude beim Lesen und ich freue mich wirklich riesig über jedes Kommentar, auch wenn es nur 'mach weiter so' heißt!


Liebe Grüße

*Luna

-Prolog-

Es war dunkel. Einzig und alleine der Strahl des Mondes überdeckte die rhythmisch aufbauenden kleinen Hügel. Symmetrisch erblickte man auf jedem dieser Erhebungen einen wunderschönen Baum, der in der Blüte stand. Das komische daran war, dass das Land über und über mit Schnee bedeckt war, der durch den Mondschein wunderschön funkelte. Das Rosa der Blüten und das Weiß der Kristalle verliehen der Umgebung eine atemberaubende Harmonie. Fasziniert von dem Farbenspiel stand eine in schwarz gehüllte Person unter einer dieser Bäume und blickte auf die restlichen Hügel. Rosa. Schwarz. Weiß. Funkeln. Schnee.

Bäume. Hügel. Landschaft. Jedes dieser Wörter wiederholte sich immer und immer wieder in ihrem Gehirn und bildeten Assoziationen mit anderen Wörtern. Rosa. Kind. Funkeln. Ring. Landschaft. Tod. Dieser Ort war irgendwie magisch. Dieser Ort beherbergte ein Geheimnis. Auch wenn er noch so unschuldig in seinem Weiß aussah und auch wenn er so makellos umwerfend war, empfand man dennoch Trauer. Trauer über Menschen, die hier gestorben waren. Die hier ihr Leben ließen, um andere zu retten. Doch es war kein Schlachtfeld. Es war kein Kriegsfeld, das über und über mit Blut getränkt war. Auf andere Art und Weise ließen hier

Personen ihr Leben. Doch wie? Und warum hatte sie von Nacht zu Nacht denselben Traum? Als sie die Augen öffnete, war die Landschaft verschwunden. Die Person in schwarz gab es nicht mehr und auch das Gefühl etwas unternehmen zu müssen entwich ihrem Gedankenstrang. Varia starrte auf die Decke ihres Zimmers. Diesen Traum hatte sie jetzt schon fünf Nächte hintereinander und schon langsam würden diese ihr Probleme bereiten. Sie wusste, dass sie nicht richtig dort war und nur das Abbild durch ihr inneres Auge sah. Sie wusste, dass der Mann mit dem Umhang sie nicht sehen konnte. Trotzdem kam es ihr vor, als ob er ihre Anwesenheit zu spüren glaubte. Varia war eine mittelständige Frau, die ihr

Leben damit verbrachte anderen zu helfen. Sie war die Seelsorgerin im Dorf von Amrashá und jeder kam gerne zu ihr und bat sie um Rat. Sie war nicht arm, ganz im Gegenteil, ihre Hilfsratschläge brachten ihr Unmengen von Geld ein, das sie jedoch am meisten dafür benutzte, um wiederrum jemand anderen zu helfen. Warum die Bewohner so sehr um ihre Hilfe baten, hatte ein einfaches Geheimnis. Ihre Träume zeigten die Wahrheit, die Zukunft, die Gegenwart oder Vergangenheit. Sie war wie ein Orakel, dass den Menschen Hoffnung oder Trauer zeigte. Und die Menschen waren Neugierig. So neugierig. Doch in letzter Zeit konnte Varia keinem mehr helfen. Sie war eingesperrt in dem Traum aus

Weiß, Schwarz und Rosa und so sehr sie darin eingreifen wollte, desto weniger ließ der Traum es zu. Die Menschen in ihrem Dorf machte es wütend. Sie wollten ihre Fragen beantwortet haben. Sie wollten wissen, was ihnen bevor stand. Allerdings blieb es ihnen verwehrt. Und das nicht zu bekommen was man will, machte böse.

- rosa -

1. Teil

- Cara -

„Cero, warte auf mich!“, schrie ihm das blondhaarige Mädchen nach, das sichtlich Mühe hatte dem Jungen zu folgen. Sie hatten vor zehn Minuten den sicheren Bereich ihres Dorfes verlassen und irrten nun durch die dicht stehenden Bäume des angrenzenden Waldes umher. Des verbotenen Waldes. Ihr war nicht wohl bei der Sache, denn auch wenn sie schon des Öfteren die Grenzen des Verbotenen überschritten hatten, waren sie nicht weiter als ein paar Meter gelaufen. Dieser Wald war geheimnisvoll und gefährlich. Nicht grundlos mieden die Menschen es ihn zu betreten. Man hatte das Gefühl, dass die Bäume Augen hatten und sie

einen ständig beobachteten. Wahrscheinlich gerade deshalb war diese Umgebung so ein Magnet für Cero. Er hatte schon immer einen Faible für übernatürliches. „Du musst mir nicht immer folgen Cara“, war die Antwort ihres Bruders, der gerade einen Weg über einen immens großen umgefallenen Baumstamm suchte. „Wer soll denn sonst Hilfe holen, wenn dir irgendetwas passiert?“ „Es ist nur ein Wald!“ Er hüpfte auf die andere Seite des querstehenden Baumes und war jetzt aus Caras Sichtfeld verschwunden. Schnell machte sie sich auch an dem riesigen Stamm zu schaffen, um ihren Bruder nicht zu verlieren. Sie wusste, dass er das Risiko liebte und dass

er ein Abenteurer war. Nicht das erste Mal stürzte er sich in gefährliche Situationen oder erkundete aus freier Hand die Gegend. Cara, als große Schwester, hatte es sich irgendwie als Aufgabe gemacht ihn vor Fehlern zu beschützen und ihm aber trotzdem genügend Freiraum für seine Entdeckungen zu geben. Vielleicht auch deshalb weil sie selbst immer gern nach Abenteuern suchte. Mühevoll kletterte sie am Baum hoch. Sie war nicht so geschickt wie ihr Bruder, auch wenn sie sportlich gebaut war. Rücklings versuchte sie auf der anderen Seite wieder hinunter zukommen und setzte den Fuß auf einen angebrochenen Ast. Anscheinend hatte auch Cero diesen benutzt und war nicht gestürzt. Entschlossen trat sie kräftig darauf, wenn er

ihren Bruder gehalten hatte, dann würde er auch sie halten. Falsch gedacht. Unvermutet war ein Knacksen zu hören, der Zweig brach und sie fiel im hohen Bogen Richtung Erde. Cara machte sich schon auf einen schmerzhaften Fall auf ihren Hintern gefasst, doch bevor sie am Boden aufkam, fingen sie zwei Arme auf. „Wenn -ich- Hilfe brauchen sollte?“, fragte Cero belustigend nach, als er seine Schwester wieder auf ihre Füße stellte. Cara lachte: „Du hättest auch auf mich warten können.“ „Ich werde dich sowieso nicht los oder?“, wollte Cero genervt wissen und bahnte sich den Weg weiter. „Niemals im Leben. Was soll ich sonst alleine

daheim machen?“ Die Blondine schloss sich ihrem Bruder sofort an. Nicht noch einmal würde sie sich so weit zurück fallen lassen. Eine Antwort blieb ihr verwehrt. Zusammen streunten sie weiter durch die immer dichter werdenden Bäume. Mehr und mehr verschlossen sich die Zweige zu kräftigen Wänden, die kein durchdringen zu ließen und so mussten die beiden Geschwister immer größere Umwege einschlagen, um weiter in das Herz des Waldes zu kommen. Cara kam es vor als ob sie schon Stunden unterwegs sein mussten und langsam machte sich auch ihr Magen bemerkbar. Angst hatte sie keine, denn das Leben war nicht immer gut zu ihnen gewesen und sie mussten schon durch schlimmere Zeiten gehen, als sie im

Moment hatten. Auch wusste sie, wie es sich mit ein paar Tagen ohne Essen verhielt. Keine schönen Erinnerungen, dennoch waren sie noch immer am Leben. „Hast du eigentlich ein Ziel?“, erkundigte sie sich, als sie wieder einmal über riesige Wurzeln steigen mussten. „Nein“, sagte Cero nur knapp. „Na toll, also machen wir das alles nur umsonst.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, dennoch drehte sich ihr Bruder abrupt zu ihr um und sah sie stichgerade an. Sie wusste, dass er nörgeln kein bisschen aushielt und anscheinend war ihm ihre Aussage zuwider gewesen. Manchmal bekam sie ein ungutes Gefühl, wenn er sie so

ansah. „Du wolltest unbedingt mit!“, fauchte er sie direkt an. „Ich dachte, wenn du schon in diesen Wald verschwindest, dann wenigstens mit einen Plan!“, schnaubte Cara zurück. Sie merkte, dass er schon zu reden anfangen wollte, doch im selben Moment überlegte er es sich noch einmal anders und bahnte sich den Weg durch ein Gestrüpp weiter. Sie folgte ihm, ohne ihn noch einmal anzureden. Er sagte nie viel und irgendwie machte es Cara auch Sorgen. Er teilte keine Gefühle mit ihr. Er sagte nie wo er hinging und irgendwie wurde er immer mehr geheimnisvoller. Manchmal glaubte sie ihren Bruder gar nicht mehr zu kennen. Gedankenversunken merkte das

Mädchen gar nicht, dass Cero plötzlich stehen geblieben war. „Pass auf!“ „Was?“, fragte sie und stieß im gleichen Moment mit einer Mauer zusammen, „Aua!“ Unbeholfen stolperte sie ein paar Schritte zurück, um das ins Auge zu fassen, was ihr gerade den Schmerz verursacht hatte. Es war eine riesige Wand, die aus Steinen erbaut wurde. Teils war sie mit Efeu überwuchert und sah fast unüberwindbar aus. „Komm machen wir eine Räuberleiter und schauen was dahinter ist“, sprudelte es voller Tatendrang aus Cara heraus, doch ihr Bruder stoppte ihre Euphorie. „Nein, Schwester, wir gehen zurück“, befahl er. „Wieso? Wir haben endlich einmal etwas

gefunden.“ Cero nickte mit einem Lächeln: „Da hast du Recht, aber wir sind schon so lange aus und es muss bald dunkel werden. Ich kenne jetzt den Weg hierher, also wird es morgen schneller gehen hierher zu kommen.“ „Übernachten wir einfach hier?“, war Caras Idee und bettelte ihren Bruder regelrecht an. Auch wenn sie wusste, dass ihr Bauch etwas Nahrhaftes brauchte, wollte sie die Gelegenheit nicht auf den nächsten Tag verschieben. Voller Freude starrte sie wieder auf die Mauer. Cero nahm sie jedoch bei der Hand und drehte sie zum gehen um. Krampfhaft wehrte sie sich gegen seinen Griff. „Was ist los mit dir? Wir haben schon öfters in einem Wald übernachtet?“, fragte sie

aufgebracht. „Aber nicht in diesem! Irgendetwas sagt mir, dass wir die Nacht hier nicht überleben werden“, antwortete er nun endlich auf ihre Frage. Cara zog die Augenbrauen zusammen. So kannte sie ihren Bruder nur selten, aber wenn er diesen Blick auf dem Gesicht hatte, dann war da etwas Wahres dran. Während er noch immer an ihr zerrte und sie wieder durch das Gebüsch schickte, blickte sie noch ein letztes Mal auf die pompöse Mauer, die wie das Portal in eine andere Welt wirkte.

- cero -

„Du bist so ein guter Junge, Cero!“, bedankte sich die alte Dame bei dem hilfsbereiten jungen Mann. Er machte nicht viel solcher guten Taten, doch die ältere Frau hatte es ihm irgendwie angetan. Sie erinnerte ihn an seine Mutter, die er seit seinem 7. Lebensjahr nicht mehr gesehen hatte. Eines Nachts war sie einfach verschwunden und ab diesem Zeitpunkt waren er und seine Schwester auf sich alleine gestellt gewesen. Seinen Vater kannte er gar nicht. Es gab immer nur seine Mutter, Cara und ihn. Tagelang dachte er über das plötzliche Wegbleiben der Frau, die ihn zur Welt

gebracht hatte, nach. War es wegen ihm gewesen? War sie in Gefahr? Warum ließ sie die beiden zurück? War sie vielleicht entführt worden? War sie noch am Leben oder bereits tot? Viele Fragen stellten sich ihm und auf jede einzelne hatte er keine Antwort. Nach ein paar Jahren hatte er aufgehört die Antworten wissen zu wollen und er hatte auch aufgeben zu denken, dass sie jemals zurück kommen würde. Cero wusste, dass Cara es mehr getroffen hatte wie ihn und dass sie als ältere Schwester jetzt glaubte, sie müsse auf ihn aufpassen. Das musste sie aber nicht. Er war stark genug. Allerdings wusste er auch, dass das am Anfang nicht so der Fall war. Als Straßenkinder müsste man sich anders durchs

Leben schlagen, bis man alt genug war, um sich eine Arbeit zu suchen und auf eigenen Füßen zu stehen. Was man mit 7 Jahren alleine machte? Auf der Straße leben, stehlen und sich jede Nacht ein neues warmes Plätzchen suchen, wo man übernachten konnte. Sie wurden von niemand aufgenommen, da ihre Familie nicht viele Freunde hatte. Er erinnerte sich nur noch vage an einen Onkel, der vielleicht einmal im Jahr zu Besuch gekommen war. Die Stadt in der sie zu anfangs lebten, war riesen groß und so kannten die Geschwister viele dieser Menschen überhaupt nicht. Die beiden entwickelten sich als echte Überlebenskünstler, liebten das Abenteuer und gingen auf Entdeckungsreisen. Hier und da

blieben sie mal für längere Zeit an einem Ort, freundeten sich mit den Bewohnern an, wurden eingeladen bei ihnen zu übernachten und zu essen. Im Gegenzug erledigten sie arbeiten im Haushalt oder auf dem Feld, um die Rechnung etwas zu begleichen. Heute arbeitete Cero daran den Zaun der alten Dame, die ihnen diesmal Verpflegung dafür angeboten hatte, herzurichten. Cara war auf dem Markt, um Gemüse und Obst zu kaufen. „Wir müssen Ihnen danken, Frau Khastor, dass wir bei ihnen übernachten dürfen“, antwortete der Junge. Den Satz konnte er schon in und auswendig, da er ihn bei jedem brachte, um seinen Dank auszudrücken. Nach einigen Malen wurde er schon Standard für

Cero. „Weißt du was Cero, sag nicht Frau Khastor zu mir. Da komme ich mir so alt vor“, lachte die Dame, die bequem auf ihrer Gartenbank saß und etwas stickte, „Nenn mich Saphira.“ Cero konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Saphira passte nun wirklich nicht zu der in die Jahre gekommenen Frau. Er war so frisch und lebendig. Die Dame jedoch kam ihm sehr langsam und alt vor. „Ich kann dein Grinsen sehen mein Junge!“ Anscheinend waren ihre Augen noch topfit. „Ich wundere mich nur über ihren Namen“, gab Cero offen zu. „Mein Name?“, fragte Saphira etwas verwirrt und kniff die Augenbrauen zusammen. Cero schlug den letzten Nagel in die Latte,

vergewisserte sich, dass das Holzbrett hielt und wischte sich mit der Hand über die Stirn. Es war ein heißer Tag und die Sonne brannte auf seine blonden Haare, die wie immer in allen Seiten wegstanden. Er machte sich nichts aus Schönheit und Pflege. Wahrscheinlich ein Teil, das er auf den Straßen nie gelernt hatte. Er wollte nicht länger mit der alten Dame von einem Ort zum anderen Schreien, so ging er auf die Gartenbank zu und nahm neben Saphira Platz. Diese lächelte ihm zu, wie eine liebevolle Großmutter. „Saphira“, meinte Cero dann lächelnd, „Einer alten Legende zufolge, gab es vor unzähligen Jahren einen Krieg zwischen Menschen und Personen, die Fähigkeiten besaßen. In dieser

Geschichte wurde eine Frau entführt, die Saphira hieß. Sie musste ihr Leben lassen, weil sie zwar keine Begabung hatte, jedoch trotzdem auf der Seite der magischen Individuen stand.“ „Woher kennst du diese Geschichte?“, wollte die ältere Dame wissen und drehte sich irgendwie schockiert zu dem Jungen um. Cero wurde nervös und unsicher. Etwas Röte durchfuhr sein Gesicht und er lächelte unschuldig. „Wir fanden einmal Zuflucht in einem Dorf nicht weit von dem Wald, der für alle als verboten galt. Die Menschen dort saßen abends immer zusammen und erzählten sich alte Geschichten und Legenden“, erzählte der Bub und rieb sich nervös die Hände, „Ich jedoch glaube nicht an

diesen Humbug.“ Die Dame wand sich wieder dem Zaun zu und Cero spürte, dass sie über seine Aussage nachdachte. Hatte sie auch schon von dieser Legende gehört? Kannte sie die Geschichte von den Hyánai? Den magischen Menschen? Allerdings war sie doch nur eine Legende. Ein Mythos. Er glaubte nicht an Dinge, die er nicht selber gesehen hatte. So wie er nicht an Übernatürliches glaubte. Schon zu vieles war in dieser Welt passiert, dass diese Hyánai verhindern hätten können. Und wo waren sie? Nicht da, weil es sie niemals gegeben hatte. Er ließ den Blick von der ältere Frau ab und blickte nun auch zu dem, von ihm reparierten, Zaun. Es kam ihm wie endlose Minuten vor, bis Saphira etwas sagte. Cero kannte es

Geduld zu haben und wusste, dass man manchmal Zeit brauchte um Vor- und Nachteile abzuwiegen. Anscheinend hatte das die ältere Frau auch gemacht. Sie legte langsam ihre Stickerei neben sich suchte nach Ceros Händen und griff um seine Handgelenke. Dabei hatte sie sich leicht zu dem Jungen umgedreht. Cero wusste nicht, was er damit anfangen sollte. Noch nie hatte er jemanden gesehen, der solch eine Geste machte. Ihm war etwas unheimlich zu Mute. „Das ist ein Zeichen des Vertrauens“, löste sie endlich die Stille. Der Junge wusste instinktiv, dass sie nicht von seiner Welt sprach. „Ich habe noch nie jemanden von uns gesehen, der diese Geste machte“, gab Cero

unfreiwillig von sich. Er wollte Saphira nicht beleidigen und ganz sicher nicht als verrückt darstellen. Die Frau ließ von ihm ab und grinste. Es sah komisch aus, auf dem Gesicht der älteren Dame das Lächeln wahrzunehmen. Es sah irgendwie bösartig und rechthabarisch aus. Interessant war nur ihre nächste Aussage. „Das kommt davon, dass es keine Geste der Menschen ist.“ „Von wem dann?“, wollte Cero neugierig wissen und drehte seine Handgelenke, da die Dame sie, doch ziemlich fest für ihr Alter, gehalten hatte. „Du bist ein Abenteurer Cero und du warst schon nahe dran. Doch ich bin nicht die, die dir diese Fragen beantworten sollte“, redete

Saphira, nahm ihre Stickerei wieder zur Hand und arbeitete weiter, „Niemand sollte sie dir beantworten und man sollte die Vergangenheit einfach ruhen lassen.“ „Wieso haben sie es mir dann gezeigt?“, fragte der Junge jetzt doch ungeduldig nach und starrte die ältere Frau mit ihren wunderschönen weißen Haaren an. Als er sie instinktiver betrachtete viel ihm auf, dass ihre Hände keinerlei Falten aufwiesen. Er war sich aber sicher, dass Saphira schon über 80 Jahre alt sein musste. Wieder blickte er auf seine Handgelenke, die mehr zu schmerzen anfingen. Was hatte sie mit ihm gemacht? Wieso war sie auf einmal so anders? Und vor allem, wieso fing sie mit etwas an, um es dann wieder zu

lassen? „Ich will, dass du und deine Schwester heute Abend noch aus dem Haus seid“, sagte sie jetzt streng, stand auf und schritt zum Eingang ihres Anwesens zurück. Cero konnte ihren Worten nicht glauben. Was war gerade passiert? Wieso schwank sie jetzt um und wollte die Geschwister weg haben? Zeigte sie nicht gerade vorher noch ein Zeichen des Vertrauens? Warum mussten sie dann fort? Noch bevor Saphira in der Tür verschwand, drehte sie sich noch einmal zu dem verwirrten Jungen um und gab ihm einen letzten Hinweis: „Wenn du wirklich die Wahrheit wissen willst, findest du sie hinter der Mauer!“ Schweißgebadet wachte Cero auf. Auch wenn

er wusste, dass es ein Traum gewesen war, kannte er die Szene in und auswendig. Er war 15 Jahre alt gewesen, als die beiden Zuflucht bei Saphira im Ort Jahulì fanden. Am selben Nachmittag waren sie noch Richtung Osten verschwunden. Cara hatte er eingeredet, dass er sich nicht länger bei der alten Frau wohl fühlte und dass er so schnell wie möglich verschwinden wollte. Sie hatte keine weiteren Fragen gestellt, da sie immer auf sein Wohlergehen geachtet hatte. Das war jetzt 2 Jahre her und genau heute, nachdem er wahrscheinlich diese Mauer gefunden hatte, hatte er diesen Traum. Mit 15 Jahren glaubte er, dass die ältere Dame verwirrt im Kopf gewesen war, dass sie wahrscheinlich an einer Krankheit litt, dass sie

sich Dinge einbildete. Er war sich nie sicher gewesen, was Saphira mit dieser ‚Mauer‘ meinte. Doch ab heute, wusste er, dass Saphira mehr wusste, als ihm lieb war. „Hast du schlecht geschlafen?“, fragte Cara, die auch aufgewacht war. „Nein, nein, Schwester. Schlaf weiter!“, gab ihr Bruder von sich. Es dauerte nicht lange bis Cara wieder eingeschlafen war. Der Blonde jedoch fand auch noch Stunden später keinen Schlaf mehr. Die Mauer hatte ihn in seinen Bann gezogen und die Geschichten die man sich in diesem Dorf, wo sie jetzt lebten, erzählte, kamen ihm doch nicht mehr so unglaubwürdig vor. Cero lag hellwach im Bett, dass er sich mit seiner Schwester teilte. In dem Haus, indem

sie herberge gefunden hatten, wurden sie zwar liebevoll aufgenommen, jedoch waren nicht genügend Schlafplätze vorhanden, dass sie getrennt schlafen hätten können. Cero war es egal, seine Schwester war sowieso auf der fast zu ungesunden dünnen Seite und er hatte sich angewöhnt, so wenig Platz wie möglich zu benötigen. Mit der Zeit lernte man das zu nehmen was kam. Vorsichtig stemmte er sich ein wenig auf, um aus dem Fenster sehen zu können, dass auf der Seite von Cara war. Er lag prinzipiell immer in der Nähe der Tür und da das Bett frei in der Mitte des Raumes stand und der Kopfteil an der Mauer war, beanspruchte er die rechte Seite der Schlafstelle. Seinen Schätzungen und der Helle, die vom

Fenster hereinschaute, nach war es noch relativ früh. Zu früh, um das rege, allerdings gedämpfte, Treiben im Haus zu erklären. Er hörte immer wieder leise und schnelle Schritte durch den Gang huschen. Das Flüstern, wenn die Bewohner, die schon wach waren, gerade an ihrer Tür vorbei gingen, machte Cero noch neugieriger. Er schnappte ab und zu ein paar Sätze auf, da die Holztür, die in ihr Zimmer führte nicht ganz schloss. ‚Sie sind nicht mehr weit von uns entfernt.‘ ‚Sie wollen es wahr machen.‘ ‚Sie werden das Dorf in Schutt und Asche legen.‘ Nicht gerade positive Anreize, wie Cero fand. Wenn sich die Hausbesitzer so Sorgen machten, wäre es wahrscheinlich besser Cara aufzuwecken und auch zu verschwinden,

dachte sich der jüngere Bruder. Die Schritte draußen stoppten plötzlich, als sie vor ihrer Zimmertüre waren. Mit einem Ruck wurde sie aufgerissen, ohne darauf zu achten wie viel Lärm dieses Tun verursachte. Cara riss es aus den Federn. Sie hatte in den vielen Jahren, wo sie auf sich alleine gestellt waren, gelernt sofort bereit zu sein, wenn nur irgendeine Sache nicht so lief, wie gehabt. Regelrecht aufrecht saß sie auf dem Bett, die Augen auf den Mann gerichtet, der das Zimmer unerwartet betreten hatte. Cero kannte das Gefühl. Das ewige Hin und Her, nicht wissen, wo man hingehörte und immer auf der Hut sein, hatte die beiden zu solchen Menschen gemacht, die auf alles gefasst waren.

„Ihr müsst hier sofort weg! Wir alle müssen flüchten!“, kam es von dem Mann, der sie in sein Haus aufgenommen hatte. „Was ist los?“, fragte Cara doch etwas mehr verschlafener. „Keine Zeit für lange Reden, verschwindet! Sofort!“ Schon war er wieder aus dem Zimmer verschwunden und in die Richtung, wo sich die Räume ihrer Kinder befanden. Wahrscheinlich ging er systematisch alle Zimmer ab. Fragend blickte Cara zu Cero, der sich auch nicht erklären konnte, was hier gespielt wurde. War es wirklich so riskant hier zu bleiben? Cero hatte sich an das Haus wirklich gewöhnt, was eher selten vorkam. Es lag etwas abseits

vom Dorf entfernt, war ruhig und in der Nähe des verbotenen Waldes, indem sie gestern waren. Das Dorf war, wie gesagt, bekannt Schauergeschichten von dem Wald und ihren Bewohnern erzählen zu können. Aufmerksam lauschte Cero jeder dieser Erzählungen, auch wenn er es manchmal etwas übertrieben oder besser gesagt unglaublich, fand. Manche Bewohner waren der gleichen Meinung und sagten es sei Humbug, alte Anekdoten, die nicht wahr seien oder in den Jahren etwas anders erzählt wurden, damit sie spannender wurden. Doch nach seinem Traum hatte der auf sich gestellte Junge irgendwie das Gefühl, dass genau diese Geschichten für ihn bestimmt waren. Dass er sie hören musste, um

irgendwann das große Ganze zu verstehen. Um Saphira und die Mauer zu verstehen. Um den Sinn seines Daseins zu verstehen. „Verschwinden wir Cara“, forderte er seine Schwester auf. „Hast du Angst?“, fragte sie ihn stirnrunzelnd. „Nein, aber ich denke, wir sollten sowieso weiter ziehen.“ „Ich hab gedacht du magst das Dorf?“, stellte Cara eine weitere Frage und setzte sich ohne viel Aufregung auf die Bettkante. Cero wusste, dass sie sich schon an den kleinen Ort gewöhnt hatte. Die Bewohner waren richtig freundlich zu ihnen, sie hatten die beiden in ihre Gemeinschaft eingeschlossen und sie so akzeptiert, wie sie waren. Außerdem gab es jeden Tag etwas Neues zu

entdecken, nicht nur für ihn, sondern auch für seine Schwester. So viele Fragen, die sich auftaten, wenn die Dorfälteste wieder eine Geschichte aus den alten Tagen erzählte. Cara liebte diese Anekdoten auch. „Jetzt seid ihr immer noch im Bett?“, wunderte sich der Mann, der sie aufgeweckt hatte und von seiner Patrouille wieder zurück gekommen war, seine Kinder, fertig angezogen mit einem Umhängebeutel, im Schlepptau. Auf einmal hörten sie Schreie. So schnell hatte sich Cero noch nie angezogen und stürmte zum Fenster, um zu sehen von wo dieser Klang hergekommen war. Von ihrem Auslass konnten sie bis auf den Dorfplatz des kleinen Städtchens blicken. „Los, Kinder, verschwinden wir von hier!“,

forderte der Hausherr seinen Nachwuchs auf, der allesamt verschlafen und ängstlich zugleich aussah. Kaum gesagt, waren sie weg von der Tür und Cero hörte die Treppe raunzen, als sie auf den Weg nach unten waren. „Was siehst du?“, fragte Cara ihren Bruder, als sie auch aufstand, sich anzog und auf dem Weg zum großen Kasten war, indem sie alle ihre Sachen verstaut hatten. Sie besaßen zwar nicht viel, jedoch war jedes Hab und Gut in ihrem Besitz ihnen sehr wichtig. „Reiter mit Feuerstöcken und Schwertern. Sie tragen das Gewand des Königs“, erzählte Cero seiner Schwester, die währenddessen alles für die Flucht zusammen packte, „Sie

haben eine Frau auf den Platz geführt. Es sieht so aus, als ob sie sie ausfragen und peinigen würden.“ Auch wenn sie weiter weg waren, wusste Cero instinktiv was die Soldaten mit der Dame machten. Er hatte schon öfters Begegnungen mit den Wehrmännern des Königs gehabt, allerdings versuchten die Geschwister immer zuerst die Flucht zu ergreifen, bevor sie sich verbal mit ihnen auseinandersetzen mussten. In den größeren Städten hatte man sehr viel Respekt vor den Angehörigen des Monarchs. Schlimme Geschichten kursierten um den König. Sein Regime war hart und herzlos. „Was kann eine einfache Dorfbewohnerin für Geheimnisse haben, die den König interessieren?“, wollte seine Schwester

wissen. Sie war fertig mit packen und wollte sich selber einen Blick von der Situation verschaffen. Cero war jedoch schneller, drehte sich um, nahm seine Schwester beim Oberarm und sagte: „Lass uns gehen! Sie fangen an das Dorf nieder zu brennen!“ „Was?!“, kam es erschrocken aus Caras Mund. Beide nahmen sie ihren Beutel und verschwanden durch die Zimmertür. Das Haus war bereits vollkommen leer. „Geht es dir nicht gut? Hast du Angst?“, fragte Cero. Er hatte Caras Blick bemerkt, den sie immer aufsetzte, wenn etwas nicht stimmte. Vielleicht fühlte sie sich in dem Haus doch nicht mehr so

sicher? Die Freude, die die Bewohner in das Gebäude brachten, war fort und so hinterließen sie nur noch Stille und Angst. Vor der Haustür angekommen wusste Cero, dass sie sich beeilen mussten, jedoch fiel es ihm schwer, dieses Dorf gehen zu lassen. So etwas hatte er schon lange nicht mehr verspürt. Dieses Gefühl irgendwo zu Hause zu sein. Dieses Gefühl, dass hier noch etwas auf ihn wartete. Doch diese Tatsache wollte er nicht vor seiner Schwester zugeben. Er war stark und irgendwann würde er zurück kommen, da war er sich zu hundert Prozent sicher. „Ich und Angst? Komm schon“, scherzte Cara und beide verließen das Haus, indem sie tatsächlich glücklich hätten werden

können. Die Stimmung draußen war nicht gerade angenehmer. Einige Bewohner hatten die Gefahr auch früher erkannt und flüchteten in die sicherere Richtung. Im Freien konnten sie jetzt auch schon das Zischen, der großen Flammen hören. Fast das halbe Dorf brannte. Cero hatte schon viel miterlebt, sowas jedoch war auch für ihn neu. Er konnte die Angst, der Menschen spüren, die an ihm besorgt und panisch vorbei rannten. Dieses Gefühl, dass er dabei hatte, war so seltsam. Es erfüllte ihn. Es brachte ihn zum Lächeln. Er genoss den Aufruhr, die Furcht. Als er einen Blick auf seine Schwester warf, wusste er, dass sie nicht dieser Ansicht war. Sie war genau wie die anderen aufgebracht

und zerrte regelrecht an seinen Klamotten, da er wie angewurzelt da stand. „Wieso grinst du Cero?“, fragte sie ihn und schüttelte den Kopf, „Wir müssen jetzt echt los!“ „Gehen wir in diese Richtung“, forderte er seine Schwester auf und zeigte genau auf den Weg, wo alle anderen Dorfbewohner ihnen entgegen kamen. „Bist du verrückt?“, wollte Cara von ihm wissen, „Ich lauf ihnen sicher nicht in die Arme.“ Cero wurde das Gefühl nicht los, dass er genau diesen Pfad einschlagen musste. Außerdem war es die Richtung, die sie gehen mussten um nach Jahulì zu kommen. Und er musste unbedingt dorthin, um Saphira noch

einige Fragen zu stellen. „Dann gehen wir außen rum!“, befahl ihr Bruder und marschierte dennoch geradewegs durch die Leute los. Er wusste, dass er ein Dickkopf war und dass er das definitiv nicht von seiner Mutter geerbt hatte. Cara machte Anstalten nicht mit ihrem Bruder mit zu gehen, jedoch war Cero klar, das seine Schwester ihn niemals alleine lassen würde. Langsam atmete Cara aus, nahm ihren ganzen Mut zusammen und lief dem Blonden hinterher. In Ceros Gehirn wirbelten sich seine Gedanken. Wie würde er es zu Saphira schaffen? Musste er wirklich durch dieses Feuer gehen? Was wenn sie von den Reitern gefangen genommen wurden? Was wäre,

wenn sie ihn oder schlimmer Cara umbrachten? Würde seine Schwester stark genug sein ein Leben ohne ihn zu führen? Und wenn sie seine Schwester ermordeten? Würde er seinen Gefühlen standhalten können oder würde er Rache üben wollen? Rache. So ein schönes Wort, dachte sich Cero währenddessen sie den Flammen immer näher kamen. Immer lauter wurden die Schreie von den Bewohnern, die nicht schnell genug gewesen waren, um zu flüchten. Diese Klänge waren wie Musik in Ceros Ohren. „Cero“, flüsterte Cara, „Wir sollten jetzt wirklich den Weg verlassen.“ Doch ihr Bruder war wie in Trenze. Auch ein nochmaliges etwas lauteres Rufen nach seinen Namen, brachte keinen Erfolg. Immer

heißer wurde die Luft, als sie den brennenden Häusern näher kamen. Der Wind war auf alle Fälle auf ihrer Seite, denn es wehte kaum, was dazu führte, dass sie Flammen nur senkrecht nach oben verliefen. Die beiden wussten, wie sie mit Gefahr umgehen müssen. Dieses Mal aber war Cero direkt darauf zugegangen. Er hatte noch nie erlebt, wie die Reiter des Königs ein ganzes Dorf vernichteten und er war so froh, dass er Teil dieses Spektakels war. Seine Schwester hatte sich nun ganz dicht an ihn gepresst. „Cero, ich habe Angst!“, gab sie jetzt offen und ehrlich zu, versteckte sich hinter den Rücken ihres Bruders und hielt sich an ihm fest. Das Ziehen an seiner Kleidung hatte ihn etwas aus seiner Gedankenwelt geholt. Der Blonde

wurde langsamer, auch ihm wurde das Feuer jetzt doch etwas zu heiß und so schaute er, dass er sich ziemlich mittig am Straßenpfad bewegte. War es seine Abenteuerlust oder einfach nur pure Dummheit, die ihn dazu gebracht hatte in die Mitte des Dorfes zu gehen? Er brachte damit sich und seine Schwester in Schwierigkeiten. Irgendwie wollte er jedoch diese Zerstörung von Menschenbesitz persönlich miterleben. Sie waren jetzt fast an den Platz angelangt, den sie von ihrem Fenster aus sehen konnten. Cero fragte sich, ob die Reiter noch da waren? Allerdings waren die Flammen schon so hoch, dass er sich kaum vorstellen konnte, dass sie sich solcher Gefahr noch ausgaben. Die Luft inmitten des Infernos wurde immer

dünner und Cero, sowie seine Schwester hatten schon sichtlich Schwierigkeiten richtig Luft zu bekommen. Ein lautes Rumpeln ließ ihn hoch fahren und gleichzeitig schrie Cara auf. Genau das Haus neben ihnen war zusammen gefallen, die Wucht ließ das Feuer zur Seite schnellen und hatte Caras rechten Oberarm erwischt. Ihre Kleidung brannte. Blitzschnell hatte Cero sein Hemd ausgezogen und versuchte die Flammen zu ersticken. Die raschen Bewegungen erforderten viel Kraft, wenn man bedachte, dass ihnen die Luft ausging. Schmerzerfüllt fing Cara zu weinen und schreien an. Anscheinend hatte sie durch den Schreck ihre Energiereserven mobilisiert. Sie schmiss sich zu Boden, um mit dem Sand, das

Feuer zu dämmen. Diese Methode war erfolgreicher. Es wurde von Sekunde zu Sekunde gefährlicher im Dorf. Die lodernden Flammen nahmen fast alles um sie ein und die Geschwister wussten, dass sie so schnell wie möglich aus dem Feuerofen verschwinden mussten. Rasch half Cero Cara wieder auf die Beine, stützte sie auf einer Seite und flüchtete so schnell wie möglich mit ihr weiter. Die beiden fingen zu husten an, da der Rauch vom Feuer in ihre Lungen drang. Nach ein paar Metern erblickte Cero einen kleinen Gang, der noch nicht in Flammen stand und der hinter das Dorf auf ein Feld führte. „Komm, hier raus!“ „Endlich!“, kam es schmerzverzerrt aus dem Mund von

Cara. Schwerfällig kamen sie auf dem Acker an. Einige Meter von den brennenden Gebäuden ließen sie sich auf die Erde fallen. Zwar waren sie hier schutzlos vor den Reitern ausgeliefert, jedoch sicher vor dem Feuer. Was hatte sich Cero nur dabei gedacht, sie so in Gefahr zu bringen?

-Unbekannter-

Der Regen prasselte unaufhörlich auf den schon eingeweichten Schlammboden, welches das Weiterkommen immens erschwerte. Der Wind, der zu dem Schauer noch hinzukam, beschränkte die Sicht des Mannes, der sich einen Weg durch das Unwetter suchte, auf nur einige Meter vor ihm. Er war nass bis auf die unterste Schicht seiner Kleidung, doch der extreme Drang von den Reitern des Königs, die Suche so schnell wie möglich abzuschließen, trieb ihn voran. Vor etwas längerer Zeit hatte er den König aufgesucht, um ihn für eine Heilung seiner Frau zu bitten. Er wusste, dass der Monarch nicht für seine Gutmütigkeit bekannt war, aber

da er schon selbst alles Erdenkliche getan hatte, um seiner Lieben zu helfen, war die Bitte einfach der nächste und wahrscheinlich letzte Schritt gewesen. Nicht einmal fünf Minuten verbrachte er im selben Raum wie der König, als er schon abgewimmelt wurde. Er konnte nichts für ihn tun. Überraschender war dann die Tatsache, dass am nächsten Tag Soldaten der Hoheit vor seiner Tür standen. Diese überbrachten ihm einen Vorschlag, der die letzte Rettung für seine Frau sein könnte. Er musste eine Frau finden, die anscheinend die passenden Antworten zu seinen Fragen hatte. Diese Frau war jedoch nicht so leicht zu finden. Der einzige Hinweis, die der Monarch ihm zu ihr geben konnte, war, dass sie anscheinend

schon über 400 Jahre tot sein müsste. Die Reiter mussten sich auch zurückhalten, weil die Dame nicht so gut auf den König zu sprechen wäre. Lange hatte die Suche gedauert, aber seine Liebe zu seiner Frau ließ ihn einfach nicht aufgeben. Nach seinem Gespräch mit der Älteren machte er sich auf, auf das richtige Abenteuer. Seiner Frau ging es immer schlechter und so musste er sich beeilen, um ihr noch helfen zu können. Drei Tage durchquerte er jetzt schon eine triste Landschaft, die ausschließlich aus kleinen Hügeln mit Büschen und kleinen Haufen von großen und kleinen Steinen bestand. Der Nebel, der sich über die ganze Umgebung gelegt hatte, machte ihm das

Vorankommen auch ziemlich schwer. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass er so lange unterwegs sein sollte, somit waren seine Essensreserven heute Morgen aufgebraucht gewesen und sein Magen machte sich ab und zu durch lautes Knurren bemerkbar. Die Reiter, die ihm immer gefolgt waren, um seine Fortschritte zu dokumentieren hatte er vor einer riesigen Mauer stehen lassen müssen. Nur durch ein spezielles Ritual konnte man in die andere Welt eindringen und dieses war den Soldaten eindeutig zu gefährlich. Er musste ihnen versprechen, wenn er alles abgeschlossen hatte, sofort wieder zu ihnen zurück zu kehren. Immer wieder fragte er sich, warum er sich dieses Abenteuer überhaupt angetan hatte.

Warum er auf den Weg hierher so vielen Gefahren eingegangen war? Ob er überhaupt jemals dort ankommen würde, wo er hinwollte? Ob es den Ort überhaupt gab, über den er nur recht oberflächlich gehört hatte? Konnte er dieser alten Dame überhaupt trauen, die ihm die Geschichte von den Seelen von Lhunaá erzählt hatte? Sie war nicht sehr vertrauenserweckend rübergekommen und sein Drängen und Bitten hatten bei ihr nur Augenroller ausgelöst, bis er sie doch dazu gebracht hatte, ihm etwas anzuvertrauen. Nichtsdestotrotz glaubte er, dass sie ihm nicht alles preisgegeben und die Erzählung in einigen Punkten sehr abgekürzt hatte. Trotzdem hatte er sich dazu entschieden sein Leben aufs Spiel zu setzen. Auch weil die

Soldaten ihn nicht gerade behutsam darum gedrängt hatten. Es war einfach die letzte Möglichkeit seine Frau von der Krankheit zu heilen. Das hieß, er musste alles nur Erdenkliche tun, um seine Geliebte zu retten, auch wenn die alte Dame nur gelogen haben sollte und der Mythos gar nicht existierte. Allerdings war dieses Märchen die einzige Lösung für seine ausweglose Situation. Der Regen wurde noch stärker. Das Aufkommen der Tropfen auf seiner Haut verursachte ihm leichte Schmerzen, als ob ihm jedes Mal jemanden eine Gabel in die Haut stechen würde. Er sah gerademal seine Hand vor Augen, alles andere um ihm herum war weiß und nass. Er verlor sich, wusste nicht

mehr wohin. Er wusste nicht einmal ob er gerade aus ging. Doch sein Wille seine Frau zu retten, machte ihn stark. So kurz vor dem Ziel durfte er nicht aufhören, nicht aufgeben. Er nahm all seinen Mut zusammen, schloss die Augen, hielt beide Arme vor sich hin, um nirgends hineinzulaufen und beschleunigte seinen Schritt. Irgendwann musste doch dieser Regen endlich aufhören. Es kam ihm vor wie Stunden, bis er bemerkte, dass der Schauer nachließ. Insgeheim fragte er sich, ob es mit rechten Dingen vor sich ging, dass ihm kein Gebüsch oder Steinhaufen in die Quere gekommen war. Langsam öffnete er wieder die Augen, um sich etwas orientieren zu können, doch was er sah, ließ ihm die Luft weg bleiben. Vor ihm erblickte er gleichmäßig verlaufende

Hügel, auf denen je ein einzelner Baum stand. Die Bäume waren in voller Blüte und ließen, die sonst grüne Umgebung, im rosanen Licht leuchten. Leicht wehten die Äste der Bäume im Wind. Je näher er diesen Hügeln kam, desto weniger wurde der Regen, bis er ganz aufhörte. So wunderschön diese Landschaft auch war, hatte der mittelständige Mann ein ungutes Gefühl in der Magengegend und es war nicht die Tatsache, dass er hungrig war. Emotionen kamen in ihm hoch. In seinem Hirn hörte er Frauen sprechen. Geschockt drehte er sich in alle Richtungen, jedoch war keiner außer ihm in Sichtweite. Gespenstisch strich ein weiterer Windhauch um seinen Körper, der die durch den Regen nasse Haut zum Gefrieren brachte.

Generell lief ihm ein Schauer über den Rücken, den er nicht kontrollieren konnte. Die Stimmen in seinem Kopf wurden lauter, als er auf den Hügel ging, der ihm am nahesten stand, um dem Baum näher betrachten zu können. Er hatte es geschafft. Er hatte den beschriebenen Ort gefunden an dem Dinge, die unmöglich zu sein schienen, möglich werden zu lassen. Jetzt hieß es nur noch die passende Seele zu suchen, die seiner Frau, dass Leben retten sollte, jedoch wurden die Töne, die die Frauen in seinem Gehirn gaben, fast unerträglich. Sie fingen regelrecht zu schreien an. Der Mann war nur noch einige Meter von dem Baum entfernt und konnte nun ein Zeichen in deren Rinde wahrnehmen.

In einem runden Kreis waren einfache zwei Wellen zu erkennen. Wasser. Er wusste, von der Geschichte, dass die Fähigkeiten in Elemente aufgeteilt wurden. Feuer. Wasser. Erde. Luft. Kosmos. Doch welches Element welche übernatürliche Kraft hatte, konnte die alte Dame ihm nicht offenbaren. Wie sollte er nun die passende finden? Sieben Schritte trennten den Mann jetzt von dem Stamm, die rosablühende Krone reichte ihm schon über den Kopf, als plötzlich ein schrill grellender Schrei durch seinen Kopf jagte. Schwerfällig fiel er zu Boden, hielt mit beiden Händen seine Ohren zu, um den Ton irgendwie zu entkommen. Allerdings machte

das wenig Sinn, da die Stimme nicht von außen kam. Schmerzerfüllt wälzte er sich am Boden. Die Sonne schien durch die Äste direkt auf sein Gesicht und er musste die Augen zukneifen, um nicht geblendet zu werden. Auch wenn er sich nicht sicher war, was ihm auf dieser Reise erwartete, hatte er sich das ganze schon um einiges leichter vorgestellt. Schnell versuchte er von dem Baum weiter weg zukommen, um das Geräusch wieder los zu werden oder besser gesagt, um den Pegel der Lautstärke wieder etwas zu reduzieren. Er war sich nun ganz sicher, dass die Schreie von dem Baum ausgingen und je weiter weg er von ihm war, desto erträglicher wurde es. Als er sich jedoch rücklings wegrobben wollte, stieß er plötzlich auf einen harten Gegenstand.

Noch immer geblendet von der Sonne und etwas betäubt von dem ohrenbetäubenden Geräusch, sah er hoch und konnte nur die Umrisse eines schwarzen Hutes erkennen. Geschockt stolperte er einige Meter davon. Waren die Reiter ihm doch gefolgt? Er starrte auf die Person, die vollkommen in schwarz gehüllt war und deren Gesicht man nicht ausmachen konnte, da es von einer Maske verdeckt wurde. Nein, dieser Typ war eindeutig keiner von den Soldaten des Königs. Wie war die Gestalt ihm so schnell nachgekommen? Und wieso hatten die Reiter es nicht bemerkt? Waren sie überhaupt noch am Leben oder hatte diese Person sie umgebracht? War er so auf den Baum fixiert gewesen, dass er alles anderen um ihn vergaß

oder waren die Stimmen schuld, die dauernd vor sich her schrien oder sprachen? Als er speziell an diese dachte, musste er plötzlich feststellen, dass diese verschwunden waren. Frei von allem konnte er nun endlich die Umgebung wahrnehmen, das Geräusch des Windes, das durch die Blätter der Bäume wehte, seine schnelle Atmung, da ihm der Unbekannte ziemliche Angst bereitete und die Wärme der Erde, die keineswegs, schlammig von dem Regen war, sondern weich und saftig wirkte. „Was willst du hier?“, fragte nun die schwarze Person eintönig. Ihn überraschte, dass er auf einmal sprach, obwohl es die natürlichste Sache zwischen zwei Menschen war. Allmählich richtete sich

der gestürzte Mann wieder auf, da er sich am Boden wie ein kleines Häufchen Elend vorkam. Noch dazu nutze er die Gelegenheit um seine Stimme wieder zu finden. „Bist du mir gefolgt?“, stellte er räuspernd die Gegenfrage. Die Person war ihm nicht ganz geheuer. Sie wirkte nicht gerade groß und imposant, allerdings schon furchteinflößend und mit dem schwarzen Umhang, der Maske und dem Hut nicht ganz von dieser Welt. „Ich bin der Wächter der Seelen“, erwiderte er dem abenteuerlustigen Mann. „Wächter?“, wunderte er sich, „Die alte Dame hat mir gar nichts davon erzählt.“ Da hatte er schon das erste Beweisstück, dass die betagte Frau ihm nicht die ganze

Wahrheit erzählt hatte. Er wusste, dass sie etwas geheim hielt und es würde wahrscheinlich nicht die letzte Sache bleiben. „Ob wissen oder nicht. Du bist nicht befugt hier zu sein.“ „Es geht um meine Frau, sie leidet an einer unheilbaren Krankheit. Könnt ihr mir helfen?“, flehte der der Mann, da er genau merkte, dass dies der Moment war, um solch eine Bitte auszusprechen. „Du willst also die Seelen bestehlen, um dir eine ihrer Fähigkeiten anzueignen?“, die Sprechweise des Unbekannten wurde bedrohlicher und der eisige Tonfall seiner Stimme rann dem Mann wie ein kalter Schauer den Rücken hinab. „Nein!“, widersprach er den in Schwarz

gehüllten, „Ich will keine Fähigkeit für mich. Ich will meine Frau retten! Bitte, helft mir!“ „Die Seelen von Lhunaá verbleiben an ihrem Ort. Die Geschichte soll sich nicht wiederholen.“ „Aber…“, wollte der nun verzweifelte Mann, den Wächter umstimmen. „Schweigt!“, fuhr dieser ihn nur an, „Ich weiß nicht, wie ihr so schnell diese geheime Gegend gefunden habt, dass wird jedoch zu euerm Verhängnis. Keiner darf hierher und die, die sich hierher verirren, dürfen nie wieder hinaus. Es tut mir Leid, mutiger Mann. Das ist dein Ende!“ Wieder durchfuhr ihm ein durchdringender dröhnender Ton, der ihn die Knie zwang. Die Hügel bewegten sich vor ihm hin und her und

verblasten langsam vor seinem Auge, bis er nichts mehr sah, außer der schwarzen Gestalt. Wieder presste er sich die Hände auf die Ohren. Wieder erfolglos. Bitterlich kämpfte er gegen das Schwindelgefühl. Er war so weit gekommen. Er hatte den Ort gefunden, wo er seiner Frau ein zweites Leben schenken konnte. Er hatte Gefahren ausgestanden, war furchtlos und tapfer jeder Begegnung entgegen gestanden, hatte mit dem König einen Deal gemacht und kurz vor seinem Ziel war alles sinnlos geworden. Nun fing auch, der Unbekannte sich vor seinen Augen zu drehen an. Seine Lider wurden immer schwerer, der schrille Ton unerträglicher, bis er ihn gänzlich einnahm. Sein Körper sackte ganz zusammen und er lag

reglos auf dem Boden vor dem wunderschönsten blühenden Baum, den er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Die ganze Hoffnung, die er gehabt hatte, wurde mit einem Schlag beziehungsweise Ton, zunichte gemacht. Hier starb er nun.

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Hörbuch

Über den Autor

LunaBielle
Wie soll ich sagen? Ich bin 29 Jahre alt und liebe Fantasybücher. Ich schreibe gerne, allerdings nur hobbymäßig. Mein Kopf steckt voller Fantasie und jede Geschichte wartet nur darauf niedergeschrieben zu werden. Man kann aber auch nur durch Kritik besser werden und so freu ich mich über jeden erdenklichen Hinweis auf Rechtschreibung oder Grammatik, sowie Satzbau oder Zeitfehler. Oder einfach nur eure persönliche Meinung über die Geschichte! :)

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Buhuuuh Lesezeichen auf Seite 78 gesetzt. Geht interessant und Spannend weiter.

Eines aber sag/schreib ich dir noch. Ich finde es schwer sich vorzustellen das einfache oder auch stärkere Regentropfen Gabelähnliche Schmerzen auslösen und oder verursachen können. Ich tu mir da echt schwer mit.

Write on Luna. :)
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Schönes gelungenes Cover - mach weiter so. Ich hab das Lesezeichen gesetzt - und komme zum weiterlesen wieder. :)
Vor langer Zeit - Antworten
LunaBielle Vielen Dank! Es werden auch immer mehr Seiten werden,.. Freu mich, dass es dir gefällt! :)
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Das tut es.
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Jetzt hab ich das vorliegende auch gelesen und finde es sehr sehr gut geschrieben. Nur ein paar Formulierungen wie das Raunen der Treppe z.B. finde ich / fand ich etwas schwer zu verstehen. Aber das ist dir frei und künstlerische Freiheit glaub auch.

Write on! Teu Teu.
Vor langer Zeit - Antworten
LunaBielle Ich schreib dir, wenns weiter geht. Mach das Schritt für Schritt. :) Das mit den Formulierungen könnte meine Österreichische Ader sein. Wir reden doch ein bisschen anders! xD aber Hauptsache man versteht, was ich meine! :D :D
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Das tut man auf jeden Fall! :)
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Buhuuuh Freue mich auf mehr. Das Geheimnis dieser Mauer liegt noch brach. ;)
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