Journalismus & Glosse
CORONA SEI DANK

CORONA SEI DANK

Dank. Dieses, in der jüngsten Vergangenheit fast vergessene kurze Substantiv, erfreut sich in momentanen Pandemie - Zeiten einer wahren Renaissance. Zumindest im täglichen Fernsehprogramm.

Denn wer sich jetzt, nach dem unschätzbaren Rat wunderlicher Experten und Weltfremder Politiker, in angeratenem Stubenarrest befindet; sich

abquält mit Home - Office, störenden Kindern und nörgelnden Ehefrauen/männern, der braucht bekanntlich nach getaner Arbeit ein wenig Entspannung. Und was könnte in häuslicher Quarantäne entspannender sein als in die gute alte Röhre zu glotzen?

Wenn man sich dann, mit Chips und Bier bewaffnet, gemütlich auf die Couch gelümmelt hat, dann kriegt man es förmlich um die Ohren gehauen:

Dank!

Denn einfach jeder, vom kleinen Bürgermeister bin hin zum Papst, hat plötzlich dieses kleine Substantiv wiederentdeckt. Links und Rechts und

von oben bis unten wird sich bedankt, vor allem bei uns, die jetzt zuhause hocken, Däumchen drehen und Trübsal blasen. Jawoll, genau das brauchen wir jetzt:

Dank!

Sogar die Kanzlerette hat sich mit gewohnt sauertöpfischer Miene ein Danke abgerungen. Der Bundespräsident, sonst ein eher blasser Phrasendrescher, kommt so richtig pathetisch daher in seiner Dankesrede. Dazu noch die unterschiedlichsten Gestalten aus der Polit - Welt, die zwar nichts zu melden haben, sich aber dauernd zu Wort melden um nicht ganz dem Vergessen anheim zu fallen.

Dank!

Doch am penetrantesten sind wie gewohnt die Vertreter der Werbetreibenden Industrie. Ein wahres Inferno an „Dankeschön“ prasselt da auf uns nieder. Dank an alle die Zuhause bleiben, Dank an alle Mitarbeiter, freiwillige Helfer und Nichtstuer. Dank an alle Ärzte, Pflegekräfte, Apotheker, die Müllabfuhr und all die Systemrelevanten tapferen Konsumenten.

Dank!

Schön. Und eigentlich ganz nett das man sich endlich mal bei denen bedankt die dieses Land am Laufen halten. Doch der geradezu inflationäre Gebrauch dieses Wortes verliert schneller seinen Wert als

die Angst vor dem Virus. Außerdem durchschaut man doch recht schnell die wahre Absicht hinter diesem „Dank.“ So offenkundig verlogen, reklamig und humorlos können nur deutsche Werber daherkommen.

Dank!

Doch ich schätze das dieses ewige Danke - sagen nur eine weitere billige Masche ist um sich möglichst kostengünstig aus der Affäre zu ziehen. Nämlich endlich mal für angemessene Arbeitsbedingungen, faire Entlohnung und sichere Arbeitsplätze vornehmlich in den Pflegeberufen zu sorgen. Am Anfang der Pandemie war ja noch die Rede von Bonuszahlungen für die

Menschen, die trotz Ansteckungsgefahr ihren Job machen. Davon ist nun rein gar nichts mehr zu hören. Stattdessen:

Dank!

Übrigens: Bei mir persönlich hat sich noch keiner dafür bedankt das ich meinen dicken Hintern so selten wie möglich durch die Straßen trage. Da lege ich auch wirklich keinen großen Wert drauf, ehrlich. Doch ich bedanke mich im stillen bei jedem der mir aus dem Weg geht. Das war aber schon immer so, und wird auch in Zukunft so sein.

Danke! Text:

harryaltona Cover: Pixabay