SCHICKSALE
IN ZEITEN DER CORONA - PANDEMIE
„Ich arbeite direkt am Menschen, das ist sozusagen Grundvoraussetzung meiner Tätigkeit. Tja, aber jetzt? Kontaktbeschränkung, Abstand halten, die Leute sollen möglichst Zuhause bleiben. Wie soll man da vernünftig
seinem Job nachgehen? Die haben mir doch glatt meine Geschäftsgrundlage genommen. Ist ja unmöglich geworden einem „Kunden“ auf den Pelz zu rücken. Auch das Reisen ist stark eingeschränkt, dabei sind Flughäfen, Bahnhöfe und Messen mein bevorzugter Arbeitsplatz, denn dort mache ich den meisten Umsatz. Das fällt jetzt alles weg. Soll ich jetzt vielleicht in Kurzarbeit gehen? Oder Wirtschaftshilfe beantragen? Ha, die werden mir was husten! Da bleibt mir nur übrig auf mein Gespartes zurück zu greifen. Vielleicht sollte ich ja jetzt auch Online - Kurse anbieten? Wäre eine Möglichkeit in die Taschen und Köpfe der Menschen zu
kommen.“
Mario, (37) Professioneller Taschendieb.
„Ey, nix mehr los auffe Straße. Nüscht als tote Hose. Was soll ich mir da die Beine innen Bauch stehen? Absolut keine Kundschaft. Null Verkehr. Lohnt sich ja so überhaupt nich sich sexy zu schminken, ich meine, sieht ja eh keiner wenn ich da so mit nem blöden
Mundschutz rumsteh. Selbst das geilste Outfit bringt nix mehr. Mein Macker ist schon richtig sauer geworden, schimpft und pöbelt und tobt. Macht sich Sorgen um seine Einkünfte. Kann ich ja verstehen. Sind eben lausige Zeiten, Schatzi, hab ich ihm gesagt. Wollte ihn n bisschen trösten, hab aber nur n paar Ohrfeigen kassiert. Na ja, war ja nicht persönlich gemeint, hat er gesagt. Er ist momentan eben n bisschen in Druck. Der muss ja auch Rechnungen bezahlen, Spielschulden und so, und der neue Ami - Schlitten finanziert sich auch nich von alleine. Ab morgen soll ich so Online - Shows machen, hat er gesagt, da legst ´e dich hin und schiebst dir so n paar ulkige
Sachen rein. Gibt ja immer so n paar Spinner die auf so was abfahren und dafür bezahlen. Na ja, mach ich eben, der Rubel muss ja rollen, wa!“
Gina (21) Prostituierte
„Also so was hab ich noch nich erlebt. Nee, im ganzen Leben nich. Von heut auf morgen keine Arbeit mehr. Nix. Null. Ich mein, das wäre jetzt glatter Schwachsinn und n sicherer Freifahrtschein in n Bau wenn ich jetzt arbeiten gehen würde. Viel zu großes Risiko jetzt auf Tour zu gehen wo die Leute alle Zuhause hocken, Home
- Office machen, oder ihre Quarantäne absitzen. Nee, keine Chance. Auch Geschäftsräume, Büros und so, bringen im Moment absolut nichts. Schon alles leer geräumt. Niemand hat mehr Bares gebunkert. Nix mehr zu holen außer den Mist den die Ängstlichen gehortet und versteckt haben. Aber was soll ich mit Dosensuppen, Nudeln und Klopapier. Geld braucht der Mensch, Edelmetalle und hochwertige Elektronikartikel. Also ich mach jetzt einfach mal Urlaub, fahr auf ´s Land und mach n paar Kioske klar.“
Bruno (47) Einbrecher und Safeknacker
„Hey, also ich kann nicht klagen, der Laden läuft. Die Leute reißen mir den letzten Schund quasi aus den Händen. Hab letzte Woche 500 billige Staubmasken aus dem Baumarkt für den fünffachen Preis verkauft. Natürlich etwas umbenannt. Hießen bei mir Anti - Corona - Atemschutz. Und schon... Zack! In kürzester Zeit ausverkauft. Auch das mit meinem Serum läuft gut. Ist eigentlich nur Zuckerwasser mit Aroma, und Farbstoffen, aber auf ´s Marketing kommt ´s bekanntlich an. Ein neuer Name, ein neuer Werbespruch... und Schwupps! Das neue Vorbeuge - Elixier gegen CoVid - 19 verkauft sich wie
Klopapier. Billige Kupferarmbänder gehen auch noch ganz gut. Na ja, verkauft sich ja im Moment alles Prima, alles was irgendwie mit Vorsorgen, Abwehr und Anti zu tun hat. Gibt ja immer doofe und leichtgläubige Leute da draußen die wirklich jeden Scheiß kaufen, aber bei so ner zünftigen Epidemie da rasten die Menschen so richtig aus. Angst, Unsicherheit und Panik sind eben hervorragende Argumente im Vertrieb. Also, mein Laden brummt. Und hat uns nicht die Kanzlerin persönlich dazu geraten diese schlimme Zeit möglichst Erfolgreich zu gestalten? Machen Sie das Beste draus, hat sie gesagt. Na... sehen sie...! Das
Schicksal hat mich endlich mal geküsst, mich umarmt und feste gedrückt. Von mir aus könnte das noch n paar Wochen so weitergehen.
Volker (37) Quacksalber und Betrüger.
Text: harryaltona (2020)
Cover: Pixabay