Journalismus & Glosse
Deutschland sucht den Suppenkaspar - Die Dienstagskolumne aus dem Hause Hagenbäumer

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"Deutschland sucht den Suppenkaspar - Die Dienstagskolumne aus dem Hause Hagenbäumer"
Veröffentlicht am 10. Februar 2009, 10 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Deutschland sucht den Suppenkaspar - Die Dienstagskolumne aus dem Hause Hagenbäumer

Deutschland sucht den Suppenkaspar - Die Dienstagskolumne aus dem Hause Hagenbäumer

Germany is full wondering

Die deutsche Sprache, seit eh und je offen für wörtliche Einflüsse aus allen anderen Sprachen und Kulturkreisen, kennt seit den Tagen des Marshallplans und der Care-Pakete eine besondere Vorliebe für Ausdrücke aus dem englischen oder amerikanischen.
Gelegentlich schiesst der deutsche Michel in seiner ihm eigenen Gründlichkeit auch übers Ziel hinaus und denkt sich ein Wort aus, das irgendwie englisch klingt, aber bei Muttersprachlern dies und jenseits des Atlantik zumindest so lang auf Unverständnis stösst, bis klar wird, dass der Neuwortverwender ein moderner, weltoffener Deutscher ist.

"Well", denkt dann der Ami, "I think they call this Denglish in Germany."

Ja, "Denglisch" wird diese interessante Form der sprachlichen Anpassung genannt, lustig, oder ?

Vor einigen Jahren, als es den Osten hinter dem Eisernen Vorhang noch gab, da war Berlin voller Mauerflüchtlinge.
Das waren Leute, die es irgendwie geschafft hatten, dem Arbeiter- und Bauernstaat den Rücken zu kehren, oder um es im hier wohl eher angesagten preussisch-schnarrende Frontstadtton zu sagen, sie waren der sogenannten "DDR" geflohen, um sich im freien Westen, gerne auch goldener Westen genannt, eine neue Existenz aufzubauen.

Eigentlich hätte der letzte Absatz ja voller Anführungszeichen sein müssen, aber dann wäre die "DDR" nicht so schön hervorgestochen. Den geneigten Lesern steht es frei, sich die entsprechenden Gänsefüsse vor dem eigenen geistigen Auge zu visualisieren, ein wenig gedankliche Mitarbeit kann ja nie schaden, wenn eine Kolumne dieser Art gelesen wird.

Doch zurück zum Denglischen. Einer, dessen Familie auf welch verschlungenen Pfaden auch immer den Schritt in die so genannte freie Welt geschafft hatte, sagte seiner Zeit in absolut ehrlicher und herzensreiner Art folgenden, mir nie vergessbaren Satz :

"Alles, was aus Amerika kommt, ist gut !"

So what are we looking for ?

Einer der Begriffe, die Deutschland sprachlich und kulturell , nun sagen wir mal, bereichert haben, ist das Wort "Casting".

Vor allem in wilder Ehe mit dem altbekannten Einwanderer der sprachlichen Grossvätergeneration, der "Show", gerne auch mit einem Bindestrich einander fremd und doch verbandelt, hat dieser Begriff einen Platz gefunden, und natürlich auch ein Gesicht.

Jedenfalls so eine Art Gesicht, wir wissen alle, wer gemeint ist, wenn auch manche speziell dieses Gesicht wesentlich lieber in einer Cordhose eingepackt sähen, wo es gefühlt ja auch hin gehört, aber wir wollen nicht abschweifen.

Vor einigen Jahren sah ich mal auf einer Litfasssäule (gibt es die überhaupt noch irgendwo ?) ein wunderschönes Plakat des Wilhelm-Busch-Museum für Karikatur, das einen Arsch mit Ohren zeigte, aber wie ich da jetzt drauf komme, ist mir schleierhaft. Zurück zur "Casting-Show".

Als Freund des Buches schlage ich also nach und lese :
Casting : das Abformen, der Abguss, das Abstechen (Hüttenwesen) ; das Einformen, der Giessling, das Gussstück der Abguss, der Roheisenabstich ; das Krümmen (Holzwirtschaft) , das Werfen, das Vergiessen, der Anschlag (beim Stricken), Achja , die Rollenverteilung, die Rollenbesetzung.

Flugs weiter hinten geblättert und geschaut:
Show : die Aufführung, die Ausstellung, die Brandprobe, die Darbietung, das Probegeschirr, und zusammen mit dem Wörtchen "off" : der Protz, der Angeber, der Aufschneider.

Aha ! Stimmt also doch recht gut.
Eine Casting-Show ist also die Darbietung einer Abformung oder auch die Ausstellung einer Krümmung, natürlich mit verteilten Rollen unter Beteiligung eines protzigen Angebers, ja das mag passen.

Aber da stört doch noch etwas.
Wenn ich mich nicht irre, gibt es ein so genanntes TV-Format, das in den USA "American Idol" heisst und hier zu Lande unter dem ganz bestimmt geschützten Markennamen "Deutschland sucht den Superstar" benannt wurde.

Müsste es nicht zumindestens heissen . "Wir suchen Deutschlands Superstar" ?

Ein Stern, ein Stern, ein Königreich für einen Stern !

Wer weiss, wie viele Sternlein stehen, ist entweder Astronom oder ein schlafloser Hartz IV Empfänger, aber wie ein Stern zu sein hat, das ist offensichlich. Nur von ganz weit weg, ist der Stern ein Stern. Je näher man ihm kommt, desto mehr wird er zur Sonne um schliesslich als ganz normaler Wasserstoffreaktor enttarnt zu werden.

Wie im Weltall, so auch im Schaugeschäft. Der Star ist nur so lang ein Star, wie er unerreichbar ist. Ein Superstar muss dem zu Folge noch unerreichbarer sein, um den gewöhnlichen Star zu übertreffen.

Zahlreiche PR-Agenturen bastelten an der Verbreitung des Begriffes "Megastar" und , aber das ist ein Geheimnis, ich spare schon auf die Patentgebühren für die Marken "Gigastar" und "Terrastar".

Wenn also Deutschland den Superstar sucht, dann kann dieser nur ganz weit weg gefunden werden, sagen wir mal in Bolivien oder auf Tonga. Denn nur dort könnte der Star als solcher erkannt werden. Aber spätestens vor dem deutschen Grossinquisitor würde auch dieser als fehlbares Menschlein enttarnt und folgerichtig mit Schimpf und Schande davon gejagt.

So ist also das ganze Land auf einer zur ewigen Erfolglosigkeit verdammten Suche nach dem Unerreichbaren, in seiner idealen Weise nur noch mit dem glücksversprechenden Abschnitt der amerikanischen Verfassung vergleichbar.

Naja, so sind sie wenigstens von der Strasse und machen keinen Unsinn, wie zum Beispiel für ein besseres Fernsehprogramm zu demonstrieren oder die Kürzung der Politikerbezüge zu verlangen. So hat alles seinen Sinn und Zweck in diesem unseren Lande.

Und wenn eines Tages die Suche nach dem Superstar, dem Erlöser von allen Übeln, dem Retter des Abendlandes, dem Starken Mann, der Perfekten Frau wider Erwarten doch erfolgreich sein sollte, so kann ich heute schon sagen, wird es sich um einen Karfreitag handeln , der ausnahmsweise auf den 25. Dezember gefallen ist; aber denkbar ist das natürlich.
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Edlistrate Muß gestehen, - daß ich mir DSDS und Starmania immer anschau, im Gegensatz zu Fußball, Krimis und Horror. Steh halt selber manchmal auf der Bühne und studiere hinterher, wie und ob die Leute es schaffen, anzukommen und Bühnenpräsenz zu erreichen.
Was das "Denglisch" angeht, hab'S mit Dir ("Handy" :))) Kein Mensch versteht das im englischen Sprachraum.)
Und was D.B. angeht: Der läßt sich so wunderbar "schütteln":
Ach, es jaulen bitter Dohlen,
wenn sie kraulen Dieter Bohlen.:)
LG .... Gerlinde
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: Re: Ich habe .... -
Zitat: (Original von Hagenbaeumer am 10.02.2009 - 12:22 Uhr)
Zitat: (Original von Gunda am 10.02.2009 - 11:50 Uhr) .... so laut gelacht, Matthias, dass mein Gummibaum (...) vor Schreck zwei Blätter abgeworfen hat. (...)


Liebe Gunda ,

ein bisschen verlegen hat mich Dein freundliches Lob ja zuerst gemacht, aber dann habe ich mich kurz geschüttelt und stimme Dir zu, vielen lieben Dank !
Hat mir auch Spaß gemacht, wie mir das aus der Feder lief.

LG

Matthias


Grins: Von mir gibt es kein "freundliches" Lob, Matthias, nur ehrliches ... ^^


Vor langer Zeit - Antworten
Hagenbaeumer Re: Ich habe .... -
Zitat: (Original von Gunda am 10.02.2009 - 11:50 Uhr) .... so laut gelacht, Matthias, dass mein Gummibaum (...) vor Schreck zwei Blätter abgeworfen hat. (...)


Liebe Gunda ,

ein bisschen verlegen hat mich Dein freundliches Lob ja zuerst gemacht, aber dann habe ich mich kurz geschüttelt und stimme Dir zu, vielen lieben Dank !
Hat mir auch Spaß gemacht, wie mir das aus der Feder lief.

LG

Matthias
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Ich habe .... - .... so laut gelacht, Matthias, dass mein Gummibaum (ja, ja, ich weiß: spießig, aber was soll ich machen, das Ding ist nun mal da...) vor Schreck zwei Blätter abgeworfen hat. Der Inhalt deiner Kolumne ist ebenso köstlich wie der GEsamtaufbau mit all seinen gedanklichen Kapriolen sehr gelungen ist.

Hätten sich die (Nach-)Macher der Superstar-Such-Schau tatsächlich für den von dir vorgeschlagenen Titel entschieden, hätten sie mit Sicherheit das englische Genitiv-S-Apostroph eingefügt, das zum Leidwesen meiner Augen in der deutschen Schriftsprache immer mehr Einlass findet. (Wir suchen Deutschland's ....)

Lieben Gruß
Gunda

PS: Deine Umschreibungen des Cholesterin-senkende-Margarine-Essers mit dem Knautschgesicht sind einfach superb.
Vor langer Zeit - Antworten
Arachova Guten Morgen.. - .... trotz meiner noch fast geschlossenen Augen habe ich Deinen Beitrag gelesen. Du kannstund verstehst es. Mehr sage ich nicht. Werde Dich bald besuchen.
Lieben Gruß und einen schönen Tag
Arachova
Vor langer Zeit - Antworten
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