Fantasy & Horror
Konstantins Kreuzzug Kapitel 16

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"Konstantins Kreuzzug Kapitel 16"
Veröffentlicht am 08. Dezember 2019, 74 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

...Was gibts über mich zu wissen ? Ich schreibe gerne, deshalb bin ich auf der Seite angemeldet. Muss man mehr wissen ?Ich freu mich natürlich immer über konstruktive Kritik und Kommentare zu meinen Texten.Sonst noch was über mich.. Malt und Metalhead und Laborheini mit einem Faible für Philosophie, Pfeifen und Fantasyliteratur. Erwarte also bitte niemand zu viel von mir :-) Oh und mich gibts auch bei ...
Konstantins Kreuzzug Kapitel 16

Konstantins Kreuzzug Kapitel 16

Kapitel 16

Eine Weile war er sich sicher, dass sie ihm nicht folgen würde. Die Gestalt der Koboldin blieb einfach in der Tür stehen, während er sich auf den Weg den Gang hinab machte. Die andere Seite der Tür unterschied sich nicht sehr von dem Bereich davor. Ein lang gezogener Gang, der in der Entfernung langsam breiter zu werden schien. Die Wände bestanden aus dicht gefügtem Stein. Aber es gab Licht, wie er feststellte. In regelmäßigen Abständen brannten Feuer in Kohlenschalen. Nicht genug um die

Dunkelheit ganz zu vertreiben, aber immerhin konnte er sich orientieren. Wo der Gang breiter wurde, zogen sich Gitter an einer Wand entlang, die Zellen, die er suchte. Die erste, die er passierte war leer, bis auf eine simple Steinpritsche und etwas Stroh, das faulig Roch. Weiße Kratzspuren waren an einer Stelle in den Granit geritzt worden, vielleicht mit einem Steinsplitter oder einem ähnlichen primitiven Werkzeug. Striche. Immer fünf in einer Reihe. Sie begannen etwa auf der Hälfte einer der Wände und zogen sich dann in unordentlichen Reihen fast bis zum Fußboden. Und die letzten sahen frisch aus. Irgendjemand hatte sehr viel Zeit an

diesem Ort verbracht und auf sein Schicksal gewartet. Immerhin, dachte Anselm. Besser als über einen Toten zu stolpern. Weitere Zellen, die ähnlich trostlos gehalten waren, reihten sich dahinter an. Eine alle paar Schritte immer gerade so weit von einander entfernt, dass sich die Gefangenen nur schwer würden miteinander verständigen können. Dunkle Flechten wucherten in den Fugen zwischen den Steinen, die die Innenwand der Zelle bildeten. Ein Fenster oder eine ähnliche Verbindung zur Außenwelt schien es nicht zu geben, nur in der Mitte des Ganges auf dem Anselm selbst lief, verriet ein schwacher Luftzug, das

es irgendwo einen Ausgang nach draußen gab. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie sich noch unter der Erde befanden. Und das war vermutlich auch die Absicht der Erbauer gewesen, dachte er. Keine Möglichkeit das vergehen der Zeit wirklich sicher einzuschätzen. Ein paar Tage hier unten konnten sich schnell wie Monate anfühlen. Der Orden besaß ähnliche Orte. Einsame Kammern um aufmüpfige Magier zu brechen, tief in den Fels getrieben auf dem die große Burg der Magier stand, so dass sie nicht einmal einen anderen Menschen hören würden, bis ihre Meister beschlossen, sie wieder ans Tageslicht zu zerren. Wieder eine Erinnerung, die er am liebsten ganz

vergessen hätte. Immerhin, er war wieder ans Licht gekommen. Anselm bezweifelte, dass die Leute hier unten dieses Glück gehabt hatten. „Du siehst irgendwie wütend aus.“ Die Stimme neben ihm erschreckte ihn fast zu Tod. Er wirbelte herum, die Fackel erhoben und bereits einen Zauber im Geist formulierend… dann hielt er inne, als er die Stimme erkannte und das Feuer eine gebleichte Holzmaske und goldene Augen enthüllten. „Götter…“ Er hatte nicht einmal gehört, dass sie ihm gefolgt war, dabei musst der Kobold die ganze Zeit direkt neben ihm gestanden haben. „Tu mir einen gefallen und schlich dich nicht wieder an mich

ran. Ich dachte…“ Nun was hatte er gedacht? Er war alleine hier unten und es war totenstill. Und bisher hatte er keine Abbiegungen von dem endlosen Zellengang entdeckt. Er würde hören, sobald jemand den Gang herab auf ihn zukam. Noch mehr, er war bereit gewesen zu töten, was immer sich ihm auch in den Weg stellte zu Asche zu verbrennen… „Ich glaube dieser Tag hat mich ein wenig schreckhaft werden lassen. Wolltest du nicht abhauen?“ „Wer Schade um dein Sachen, wenn du dich umbringen lässt. Die Schuhe gehören mir. Und wenn du es schaffst geschnappt zu werden, hole ich mir auch den Rest.“ Sie grinste ein schiefes

Lächeln, das kurze, spitze Zähne sehen ließ. „Charmant, wirklich.“ Trotzdem lächelte er zurück. Dieb hin oder her, es war gut, nicht ganz alleine zu sein. Und wenn sie ihm in den Rücken fallen wollte, hätte sie das längst getan. „Kannst du wenigstens sicherstellen, dass ich wirklich tot bin, bevor du meine Sachen plünderst?“ , fragte er sarkastisch.“ Vielleicht wenigstens versuchen Hilfe zu holen?“ Zu seiner Überraschung, schien sie tatsächlich einen Augenblick über den Vorschlag nachzudenken. „Ich verspreche nichts.“ „Ich lege einen Hand voll Silbermünzen

drauf?“ „Ich kann mir den ganzen Beutel nehmen wenn du dich umbringen lässt?“ „Auch wieder war.“ Anselm wusste nicht wirklich, was für eine Antwort er erwartet hatte. Dann jedoch fügte er hinzu: „Dafür müsste ich sie aber bei mir haben.“ Zwar trug er einen kleinen Beutel mit Münzen bei sich, aber er wollte wissen, wie sie darauf reagierte. Vielleicht half das ganze ja. „Kein Metall, kein Geschäft.“ , erwiderte Ganelle kühl und sichtbar enttäuscht. „Ich glaube Menschen geben zu viel auf Versprechen. Ich habe nie verstanden

wieso.“ „Hast du nicht gerade noch gesagt du würdest mir so oder so nicht helfen?“ „Ich habe gesagt, ich würde mir die Münzen in jedem Fall nehmen. Und versuch erst gar nicht, mich dann schon wieder zu bestehlen. Einmal vergebe ich. Nicht zweimal.“ Anselm beschloss endgültig dass er aus Ganelle nicht so bald schlau werden würde. „Ich habe doch schon gesagt, du kannst die Schuhe haben.“ Der Blick, den sie ihm daraufhin zuwarf, brachte ihn dazu, schnell hinzuzufügen: „Wenn wir hier raus kommen meine ich. Nicht sofort.“ Erneut war ihr die Enttäuschung deutlich

anzusehen. „Die gehören sowieso mir.“ Anselm seufzte nur schwer, während sie weiter den Zellentrakt hinab gingen. Hier musste es Platz für hundert oder mehr Gefangenen geben, dachte Anselm bei sich. Sie waren jetzt bereits einige Minuten unterwegs und kein Ende des Korridors in Sicht, soweit er sehen konnte. Und auch kein einziges anderes Lebewesen, geschweige denn ein Mensch. Jede einzelne Zelle, die sie passierten war leer. Und jedes einzige Mal, wenn Anselm innehielt um sich eine näher anzusehen, fand er Spuren dafür, dass sie bis vor einer Weile noch belegt gewesen sein musste. Und er hatte jemanden gehört, als er vor der Tür

stand. Waren die Leute, die hier unten eingesperrt gewesen waren erst vor kurzem weggebracht worden? Wohin brachte man hunderte Gefangene? Und wozu? Anselm entschied, die Antwort lieber nicht wissen zu wollen. Was Ganelle angedeutet hatte, hatte ihm gereicht. Dieser Ort fühlte sich erdrückend an. Nicht physisch, aber das Gefühl das etwas ganz und gar falsch war blieb, egal wie sehr er versuchte es abzuschütteln. Er blieb einen Moment stehen und überlegte umzudrehen. Aber wen doch noch jemand hier war? Er würde sie zurück lassen. Vielleicht nur wenige Schritte von ihrer Rettung entfernt. Zu

rufen und zu fragen, ob jemand da war, wagte er nicht. Er hatte bisher vielleicht keine Wachen gesehen, aber das hieß nicht, dass es keine gab. Also blieb er stehen und lauschte auf ein Zeichen von leben, ein Husten, Stimmen, irgendetwas, wirkte einen Zauber, der hoffentlich unbemerkt bleiben würde, der die Lebensfunken offenbaren würde, die jedem Wesen zu Eigen waren. Er fand er drei. Zwei, irgendwo weiter vor ihm im Tunnel, eines glühend wie ein Leuchtfeuer, so dass er es kaum wagte näher hinzusehen. Ein anderer Magier. Die bloße Präsenz von was immer weiter vorne wartete, schien die drückende Wirkung der Katakomben noch einmal zu

verstärken. Götter… das erklärte einiges. Ein Magier mit einer solchen Macht könnte eine ganze Armee steinerner Konstrukte beleben. Und er sollte nicht existieren, dachte Anselm. Er war unter Zauberer aufgewachsen, er war Männern und Frauen begegnet, die einen Berg hätten versetzen können und anderen, die nur kleinere Zauber wirken konnten und dem Orden mehr als lebende Vorratsspeicher für Magie dienten, den als wirkliche Magier. Was immer dort war, es übertraf alles, was er bisher gesehen hatte. Nein… nicht alles. Aber das eine mal... Er schüttelte den Kopf und Ganelle sah ihn einen Moment fragend an, als sie die Geste bemerkte.

Es machte ihm Angst. Wenn das ein Hohepriester war… Er darf uns unter keinen Umständen bemerken oder wir sind tot, dachte Anselm. Es war als hätte sich diese verdammte Stadt zum Ziel gemacht, all seinen Alpträumen neues Leben zu geben. Die Dunkelheit, die Zellen… und jetzt dieses Ding. Er zwang sich zur Ruhe. Das zweite Leben das er spürte war schwächer. Vielleicht ein verbliebener Gefangener. Oder jemand der den Magier begleitet. Er würde vorsichtig sein müssen. Das dritte war Ganelle. Also gut. Er bedeutete ihr, unter allen Umständen leise zu sein. Dann setzte er sich wieder in Bewegung, nun

angespannt und jeden Schritt abwägend. Der Gang bot kaum Deckung, aber wenn er sich in den Schatten hielt könnte er es hoffentlich wagen, sich zu nähern. Der fremde Magier schien ihn jedenfalls nicht bemerkt zu haben, zumindest blieb er wo er war. Und dann schälte sich eine Gestalt aus der Dunkelheit. Anselm duckte sich so gut es ging hinter eines der Kohlebecken. Wenn der Fremde sich wirklich nach ihm umsähe, würde es ihn kaum verbergen, aber es war besser als nichts. Ganelle folgte seinem Beispiel und verschwand in den flackernden Schatten, die das Feuer warf. Der Kobold war deutlich besser darin, sich zu verstecken als er, denn obwohl er wusste,

wo sie sich befand, schien sie fast unsichtbar zu werden. „Ist das einer von ihnen?“ , flüsterte Anselm, während er die Gestalt beobachtete. Eine Frau, dachte er. Sie stand einer der Zellen zugewandt, was vermutlich der einzige Grund war, aus dem man sie noch nicht bemerkt hatte. Sie trug einen schweren Umhang aus schwarzem Stoff. Die Kapuze war zurück geschlagen und offenbarte lange, vom alten silbrig gewordene, Haare, auf denen ein Diadem aus grünem Glas ruhte. Was er von ihrem Gesicht erkennen konnte war glatt wie Marmor, zu makellos um nicht beunruhigend zu wirken und blass genug um selbst im

schwachen Licht noch wie von inne heraus zu leuchten. Jeder Zug schien perfekt und feiner als er es bisher bei einem Menschen gesehen hatte. Eine Hand ruhte auf dem Gitter der Zelle, vor der sie stand. Handschuhe aus Silberfäden bedeckten ihre Finger. Hunderte, Anhänger mit in Silber eingelassenen Smaragden begleitete jede noch so kleine Bewegung mit metallenem Klirren. „Ich habe noch nie eines ihrer Gesichter gesehen.“ , antwortete Ganelle genauso nervös wie er sich fühlte. „ Sie sehen… falsch aus.“ Anselm nickte. So perfekt, das ihnen die Menschlichkeit zu fehlen schien, dass

irgendein Teil seines Verstandes ihm zuschrie, dass etwas nicht stimmte, das er weglaufen sollte… Im inneren der Zelle stand eine weitere Gestalt. Der Gefangene, den er vermutet hatte. Doch handelte es sich definitiv nicht um einen entführten Gardisten oder Magier. Auch er war älter, doch bei ihm hatten die Jahre deutliche Spuren hinterlassen. Die Haut in seinem Gesicht war wettergegerbt und vernarbt, wie bei jemand der den Großteil seines Lebens unter offenem Himmel verbracht hatte. Grau melierte Haare, in denen nur noch eine Spur schwarz verblieben war, fielen ihm ungeordnet ins Gesicht. Und die Augen… Anselm war sich sicher, dass

der Blick des alten Mannes einen Moment den seinen fand. Eisblau und so hell wie ein von der Sonne beschienener Gletscher. Falls der Gefangene sie jedoch bemerkt hatte, so zeigte er es mit keiner Regung. Seine Mine blieb ausdruckslos. Die Kleidung die er trug überzeugte Anselm endgültig, es nicht mit einem gefangenen Gardisten zu tun zu haben, es sei denn die Herren dieser Stadt hätten ihm aus irgendeinem Grund neue Kleidung gegeben. Er trug einen Umhang aus Tierfell und die Kleidung darunter bestand aus grob gearbeiteten Häuten und Pelzen. Einige aus Knochen geschnitzte Anhänger mit Runen und Stammessymbolen hingen um seinen

Hals. Alles in allem schien der Mann der genaue Gegensatz zu dem opulenten Reichtum und Perfektion seines Gegenübers. Als wäre das hier kein bloßes Zusammentreffen, sondern ein geplantes Schauspiel. Für jemanden oder etwas. Was Anselm jedoch am meisten irritierte war, das er einige der Symbole erkannte, die der Mann trug. Die Ordensburg lag an der Grenze zu Immerson, der nördlichsten Provinz des Kaiserreichs. Ein Land, das selbst Generationen an Herrschern nie völlig unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Von den wenigen Städten abgesehen gab es dort oben auch nichts. Nur einige nomadische

Stämme, die es irgendwie schafften, in der Kälte und dem Eis zu überleben.. Doch ab und an hatten einige von ihnen den Aufstieg zur Festung der Magier gewagt um zu handeln oder einfach, weil die Gebirgspässe sie dorthin verschlagen hatten. Es waren wortkarge Menschen, die meist nur lang genug geblieben waren um sich aufzuwärmen und dann die sicheren Mauern so schnell wieder verlassen hatten, wie sie gekommen waren. Beinahe so als wären ihnen die steinernen Hallen mit ihren großen Feuern unangenehm. Vermutlich waren sich die meisten dieser Eisnomaden nicht einmal bewusst, dass sie Teil irgendeines Kaiserreichs

waren. Und sie waren vielleicht auch die einzigen Menschen, die freiwillig bei den Zauberern einkehrten ohne ein Wort dafür zu verlieren. Manchmal brachten sie Artefakte aus der gefrorenen Wüste mit, die sie ihre Heimat nannten. Uralte Steintafeln, mit den Schriftzeichen des alten Volkes, Fragmente von Wandgemälden oder sogar magische Kristalle. Als Läge dort draußen irgendwo eine ganze alte Stadt im Eis. Meist jedoch hatten sie außer Fellen und Fleisch nichts dabei, doch der Orden nahm ihnen auch diese gerne ab, besonders in den Wintermonaten, wenn die Pässe für jeden sonst unpassierbar

gewesen wären und frisches Fleisch nicht mehr geliefert werden konnte. Die Eisnomaden fanden trotzdem einen Weg zu ihnen. Aber was machte einer von ihnen hier? Sie waren von Immerson aus gesehen am anderen Ende der Welt. Immerhin, er war hierhergekommen um zu retten, wen er konnte. Aber nicht solange die Hohepriesterin hier war. Anselm duckte sich tiefer in die wenige Deckung, die die Schatten ihm boten. „Ihr wisst, dass ihr mich nicht töten könnt.“ Die Stimme des Gefangenen war tief und klang beinahe gelangweilt. „ Ich habe mein Ende gesehen. Nicht jetzt, nicht hier. Noch nicht.“ Erneut hatte Anselm das Gefühl, das der Blick des

Mannes kurz den seinen fand und er wusste kurz nicht, was ihm mehr Angst machte. Die erdrückende Präsenz der Hohepriesterin oder diese Augen. Augen, die jeden seiner Gedanken zu kennen schienen und sich bis auf den Grund seiner Seele bohrten. „Oh da irrt ihr euch Seher. Wisst ihr, ich habe nicht vor euch zu töten.“ Wo die Stimme des Hohepriesters tief und deutlich war, war die ihre dünn und schneidend wie ein Messer. „Nur euch zu verletzen.“ Mit diesen Worten wurde der Mann von den Füßen gerissen und gegen die Rückwand der Zelle geschleudert. Anselm biss die Zähne zusammen, als er Knochen brechen hörte

und die Gestalt des Eisnomaden reglos zu Boden sackte. Einen Moment war er sich sicher, dass der Mann tot sein müsste. Dann jedoch wirkte sein Peiniger einen weiteren Zauber und das Geräusch von brechenden Knochen wurde ersetzt von welchen, die sich wieder zusammenschoben. Anselm wusste, das Heilzauber leicht genauso schmerzhaft waren, wie die Verletzungen selbst und er bezweifelte, dass die Hohepriesterin sich viel Gedanken darum machte, ihr Opfer wenigstens etwas zu schonen. Der Seher kam wankend wieder auf die Füße, Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, doch hatte er während der ganzen Prozedur keinen Ton von sich

gegeben. Die Priesterin lächelte. Etwas, das ihrem Gesicht alles nahm, was man noch als menschlich hätte bezeichnen können. Selbst jetzt blieb ihre Haut fast vollkommen glatt als wäre sie nur eine Maske die sie trug. „Noch einmal dann, ja? Warum seid ihr hierhergekommen? Was ist das für ein Gerede über Falamir und den Kaiser gewesen? Was wisst ihr über den Dreizehnten?“ „Ich habe euch alles gesagt was ihr Wissen müsst. Es endet hier für das alte Volk. Eure Zeit ist lange vorbei und der Tot eines einzelnen Menschen wird daran nichts

ändern.“ Statt etwas zu erwidern hob die Gestalt lediglich erneut die Hand und ballte sie zur Faust. Anselm sah Weg, als die Knochen im Arm des Eisnomaden hörbar zersplitterten, als wäre ein Felsbrocken darauf gelandet. Die Splitter gruben sich durch die Haut, rissen grausige Wunden, als der Mann mit einem Aufschrei auf die Knie sank. Zusammengerollt und wimmernd blieb er liegen, nicht mehr länger stoisch oder unbeugsam sondern nur… ein Mensch der Schmerzen litt, dachte Anselm. Er konnte ihm nicht helfen. Nicht von hier und nicht solange die Hohepriesterin noch da war. Vielleicht hatte der Mann ihn eben

wenigstens tatsächlich gesehen. Es würde wenigstens bedeuten, dass er wusste, dass es Hoffnung gab. Anselm wendete sich ab. Magie zu nutzen um jemanden zu Foltern… Das war es was die Menschen an Magie fürchteten. Die Hilflosigkeit ihr gegenüber Eine Kugel mochte einen Zauberer genauso sicher töten wie jeden normalen Sterblichen aber das erforderte Glück. Alleine einem Magier ausgeliefert zu sein bedeutete schlicht machtlos sein. Sie waren besser als das, dachte er. Oder sollten es sein. Er spürte wie sich jemand an ihn drückte und sah Ganelle, die versuchte, aus ihrem Versteck an ihm vorbei zu sehen.

Sie schüttelte lediglich den Kopf, bevor sie sich wieder zurückzog. Offenbar gefiel ihr genau so wenig was sie sah. „Du bist definitiv zu nett für einen Hohepriester. Aber ich würde vorschlagen, wir verschwinden solange wir können.“ „Danke. Aber ich glaube das ist nicht wirklich eine Herausforderung.“ , flüsterte er zurück. „Ach und noch etwas…“ Er packte ihre Hand, die in einer seiner Manteltaschen verschwunden war. „Das heißt nicht, das ich dich all meine Sachen nehmen lasse.“ „War den Versuch wert.“ , erwiderte sie und sah beinahe enttäuscht drein. „ Du wirst sie nicht brauchen wenn du tot bist.

Was passieren wird, wenn wir noch länger hier bleiben. Wäre schade.“ Sie lächelte kurz, bevor der bevor der Kobold erneut in den Schatten verschwand. Anselm lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die Hohepriesterin und ihren Gefangenen. Der Mann hatte sich schlicht auf dem Boden zusammengerollt und versuchte, den zertrümmerten Arm irgendwie zu schonen. Anselm wünschte er könnte ihn helfen, aber er wagte es nicht einmal einen Zauber zu wirken der die Schmerzen des Eisnomaden wenigstens etwas lindern würde. Magie hinterließ Spuren und wenn die Priesterin auch nur etwas aufmerksam

war… Wenn sie nur verschwinden würde, dachte er. Und sei es bloß für einen Moment. Erneut hatte er das Gefühl das der Gefangene ihn direkt ansah, sein schmerzverschleierter Blick wanderte genau zu seinem Versteck und trotz allem schien kurz ein Lächeln über die Züge des alten Mannes zu huschen. „Sieh mal einer an. Da es euch scheinbar amüsiert mit gebrochenen Gliedmaßen dazuliegen, tue ich euch den gefallen sogar.“ Erneut hob sie eine Hand und das Blut, das aus den Wunden, die die Knochensplitter in der Haut des Eisnomaden gerissen hatten, stockte und gerann. „Ihr werdet nicht verbluten falls ihr darauf gehofft haben solltet, aber

sehen wir doch mal ob euch ein paar Stunden in diesem Zustand nicht gesprächiger machen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und machte sich den Weg den Gang hinab. Selbst ihr Gang wirkte irgendwie… falsch, dachte Anselm. Als würde sie sich halb schwebend fortbewegen, mehr gleitend als gehend. Nach allem was er in dieser Stadt gesehen hatte war jemand der Magie darauf verschwendete zu levitieren nur um nicht laufen zu müssen noch das geringste Wunder. Rasch versicherte er sich, dass die Priesterin ganz im Halbdunkel des Zellengangs verschwunden war, dann kniete er sich vor die Gitter, die ihn von

dem Eisnomaden trennten. Der Mann schien darum zu kämpfen, bei Bewusstsein zu bleiben, doch seine Augen folgten scheinbar trotzdem jeder von Anselms Bewegungen und falls er überrascht war, das ihm jemand zur Hilfe kam, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. „Das letzte Puzzlestück….“ Der Mann machte einen halbherzigen versuch, aufzustehen, kam jedoch nicht weit, bevor er wieder hinschlug. „Ihr müsst schon entschuldigen, aber das ist wirklich komisch. Der Gefangene kommt zum Gefangenen.“ „Ich habe zwar keine Ahnung, wovon ihr redet alter Mann, aber ich bringe euch

hier raus.“ , erwiderte Anselm. „Ganelle? Du hast nicht zufällig auch die Schlüssel für diese Zellen?“ „ Nun.“ Sie zog einen Schlüsselbund aus ihrem Gürtel. Nicht der gleiche wie zuvor. Götter, gab es irgendwelche Schlüssel, die der Kobold nicht gestohlen hatte? Einen Moment besah sich der Kobold den Schlüsselring nur mit einem unsicheren Ausdruck. „Wenn du eine Stunde hast um es herauszufinden?“ „Haben wir nicht.“ , stellte Anselm fest. Aber er könnte die Zelle hoffentlich mit einem Zauber öffnen. Aber das bedeutete, zu riskieren, entdeckt zu werden. Wenn die Hohepriesterin noch nah genug war hätte er bestenfalls

Minuten um den Eisnomaden hier weg zu bringen und in seinem Zustand… Anselm bezweifelte das er einen derart komplizierten Bruch einfach so heilen konnte. „Kannst du Wache halten und mich warnen falls diese Priesterin zurückkommt?“ „Und was ist für mich dabei drin?“ Anselm seufzte tief. „Ich beschwere mich nicht mehr wenn du versuchst meine Sachen zu stehlen?“ „Nehmen. Das ist ein unterschied.“ Sie schwieg einen Moment und schien zu überlegen. „Also gut. Du kannst wirklich froh sein das ich es schade fände wenn von dir nur ein Haufen Asche bleibt. Aber wenn der alte Mann drauf geht hab

ich erste Auswahl an seinen Sachen.“ Anselm war einen Moment versucht ihr zu erklären, dass er nicht vor hatte den Eisnomaden zu bestehlen, selbst wenn sie ihn nicht hier heraus bringen konnten. Schließlich nickte er jedoch nur. Irgendwie bezweifelte er das Ganelle das verstehen würde. Streite niemals mit einem Kobold über Moral, dachte er. Stattdessen wendete er sich wieder dem Gefangenen zu. „Wer seit ihr?“ , fragte er, hauptsächlich um ihn hoffentlich bei Bewusstsein zu halten, während er sich an den Gittern zu schaffen machte. Er könnte das Schloss mit einem Zauber aufsprengen aber dann würde der Lärm auch jeden nicht-Magier

in der Nähe auf sie aufmerksam machen. „Mein Name…“ Der Eisnomade schaffte es irgendwie sich in eine sitzende Position aufzurichten. „Ich bin Leird. Und ihr… Ihr seid Anselm nicht wahr?“ „Woher…“ Der Mann schüttelte lediglich den Kopf. „Nicht wichtig. Ich bin in diese Stadt gekommen weil ich eine Aufgabe habe. Damit ist sie fast erfüllt. Ihr habt sie gesehen. Die Priesterin meine ich.“ Anselm nickte nur während er aufstand und einen ersten Zauber wirkte. Feuer, das kurz und gleißend hell aufglühte und einen Teil des Riegels, der die Zelle verschlossen hielt durchbrannte. Er konnte keinen Lärm machen und keine

großen Kunststücke wagen aber vielleicht würde eine Reihe schwächerer Zauber weniger auffallen, als wenn er die Zelle auf einmal öffnete. „Natürlich habt ihr sie gesehen.“ Der Gefangene sprach einfach weiter, scheinbar mehr mit sich selbst als mit Anselm direkt. „Es gibt Wesen, die älter sind als das Kaiserreich und Laos. Sie haben diese Stadt versklavt mit Magie und Religion und sie würden das gleiche mit allen Menschen und Gejarn tun hätten sie bloß die Gelegenheit wieder zu erstarken….“ Anselm erwiderte nichts, sondern ließ den Mann einfach reden, während er den nächsten Zauber wirkte. Funken stoben

auf, als der Bolzen endgültig durchbrach und die Tür der Zelle ein Stück aufschwang. Er zögerte nicht, sondern zog sie ganz auf, packte den gesunden Arm des Sehers und half ihm auf die Füße. Vorsichtig, um ihm nicht mehr Schmerzen zu bereiten als nötig, führte er ihn durch die Tür, darauf achtend einen kleinen Schritt nach dem anderen zu machen. So sehr alles in ihm schrie so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, es wäre sinnlos, wenn Leird ihm auf halbem Weg zurück an die Oberfläche zusammenbrechen würde. Und dann hörte er Ganelle schreien. „Wir müssen weg hier. Jetzt!“ „Wieso?“ Er hatte es gerade wieder

zurück auf den Gang geschafft und sah zurück in die Richtung aus der die Stimme des Kobolds gekommen war. Und erstarrte. „Oh verdammt…“ Der Tunnel vor ihm war nach wie vor größtenteils in Dunkelheit gehüllt, doch gegen das glühen der Kohlebecken zeichnete sich eine einzelne Gestalt ab. Die Finsternis schien um sie einen Augenblick dichter zu werden, die Flammen in den Becken weniger hell als sie sie passierte. Und sie ging nicht einfach nur, sondern schien zu schweben, bewegte sich ohne ein Geräusch auf sie zu, scheinbar ohne jede Eile obwohl sie sie sehen musste. Die Hohepriesterin… Kälte und bloße, ungebändigte Macht

schienen in Wellen von der Gestalt auszugehen. Frost wand sich aus den Fugen der Mauern heraus und blühte zu dünnen Kristallen. Ganelle rannte der Gestalt voraus zu ihnen zurück, nackte Panik in den Augen. Sie mussten weg… aber mit dem verletzten Seher würden sie niemals rechtzeitig entkommen, es sei denn… Anselm schloss die Augen. Er könnte einen Teleportzauber wagen. In einer unbekannten Umgebung. Um sie in ein Lager zurück zu bringen, das er genau so wenig kannte. Götter, die Chance, dass sie dabei einfach zerstückelt wurden oder in einer Wand landeten war genau so groß wie das es sie rettete. Von dem was

es ihm antun würde ganz zu schweigen. Es gab einen Grund warum ein Teleportzauber selten nur von einem einzelnen Magier gewirkt wurde. „Nur als Warnung, das könnte unangenehm werden.“, rief er, bevor er den Zauber wirkte. Magie strömte durch seine Adern, ließ die Welt um sie alle drei herum einen Moment verschwimmen. Anselm wäre beinahe in die Knie gegangen als der Zauber nach seiner Lebensenergie griff und einen beachtlichen Teil davon einfach verzehrte wie ein Feuer Stroh… Ein Lichtblitz hüllte ihn, den Kobold und den Seher ein. Dann war es vorbei und er fiel tatsächlich auf die Knie. Auf den

gleichen, kalten Steinboden auf den er sich zuvor schon befunden hatte. Seine Hände zitterten, als er aufsah… direkt in das Gesicht der Hohepriesterin. Wie? dachte er. Der Zauber hätte sie hier raus bringen müssen. Stattdessen hatte der Zauber sie lediglich direkt vor die Priesterin teleportiert. Ihr Blick traf den seinen. Hass brannte darin. Kaltes, grünes Feuer. Sie wusste was er war, was er versucht hatte und empfand nur Abscheu dafür… „Glaubt ihr wirklich, ihr könnt mir davon laufen, kleiner Mischling? Es wieder mich an was eure Art für Magie zu halten scheint.“ Die Gestalt der Hohepriesterin schwebte keine zwei Schritte von ihm

entfernt, ihre Gesichtszüge Ausdrucks und makellos wie zuvor. Anselm war nicht in der Lage auch nur etwas zu erwidern. Die Kälte die von der Gestalt vor ihm auszugehen schien. Dann traf sie etwas mit voller Wucht am Kopf. Die Priesterin stolperte vorwärts, ihre Füße berührten den Boden und schienen sie kaum zu tragen als die Zauber die sie in der Luft gehalten hatten einen Augenblick lang versagten. Der Eisnomade, Leird, stand hinter ihr, nichts als einen Stein in der Hand und schlug wieder zu. Nur das der Fels sein Ziel nie erreichte, wi Anselm feststellte. Er traf auf eine Barriere, kurz bevor er den Schädel der Magierin zertrümmert

hätte und prallte ab. Die Hohepriesterin ging ein Stück in die Knie, doch nicht mehr. Den Eisnomaden schien der Schild nicht zu beeindrucken, er hob den Stein einfach erneut. Bevor er jedoch ganz ausholen konnte, hatte die Hohepriesterin bereits eine Hand gehoben. Flammen loderten darin auf, verdichteten sich, bis sie eine kleine Sonne zu formen schienen. Der Feuerball löste sich und hüllte die Gestalt des Sehers in gleißendes Licht. Die Hitze der Flammen vertrieb für einen Augenblick lang die Kälte in den Tunneln, brannte auf Anselms Gesicht, dann war alles vorbei. Anselm war halb blind von den

Nachbildern auf seiner Netzhaut. Und wo der Eisnomade gestanden hatte, blieb nichts außer Asche, die langsam zu Boden rieselte. Langsam erhob sich die Gestalt der Priesterin wieder, scheinbar ohne Anselm auch nur die geringste Beachtung zu schenken. Stattdessen wendete sie sich Ganelle zu. „Ihr… Wieso führt ihr diese Abscheulichkeit hierher? Seit ihr Kobolde zu Verrätern geworden?“ „Ich nun… er gehört also gar nicht zu euch?“ Sie wich langsam von der Priesterin zurück. „Ihr… also ihr müsst verstehen ich habe wirklich gedacht… Bitte tötet mich

nicht.“ „Genug!“ Erneut holte die Hohepriesterin mit der Hand aus. Eine Welle aus verdichteter Luft traf Ganelle und Anselm gleichzeitig, schleuderte sie beide zurück und ließ sie ein Stück über den Boden schlittern, bis sie nebeneinander liegen blieben. Die hölzerne Maske, die der Kobold getragen hatte, landete klackernd auf dem Boden. „Ihr werdet für euer Eindringen hier bezahlen. Euer Blut kann das eines Sehers nicht aufwiegen, aber ich werde sicherstellen, das mir kein Tropfen verloren geht. Ich..“ „Ihr redet zu viel.“ Diesmal traf der Stein die Hohepriesterin direkt ins

Gesicht. Ihre Nase brach mit hörbarem knirschen, als der Seher zuschlug. Leird stand schwer atmend da, seine Kleider versengt, aber offensichtlich noch am Leben. „Ich habe euch gesagt, dass ihr mich nicht töten könnt. Noch nicht.“ Und mit einem Blick zu Anselm und Ganell rief er : „Lauft!“ , bevor er zum nächsten Mal zuschlug. Diesmal jedoch schien der Stein in der Luft auf eine Barriere zu treffen und abzuprallen. Der Seher stolperte rückwärts, weg von der angeschlagenen Priesterin. Der Brocken, den er als Waffe benutzt hatte, blieb einen Moment in der Luft hängen… dann zerfiel er zu Staub. Die Hohepriesterin rappelte sich wieder

auf. Mehr Blut lief über ihr Gesicht ohne wirklich daran haften zu bleiben, tropfte zu Boden, während ihre Wunden sich bereits wieder zu schließen schienen. Blut rann ihr aus den silbrigen Haaren, schien von ihrer Haut abzuperlen als würde es nicht wagen, sie zu beschmutzen. Anselm kam es… falsch vor dieses Wesen verletzt zu sehen, so schrecklich es auch sein mochte. Etwas, das auf so essentielle Art nicht der natürlichen Ordnung zu entsprechen schien, als würde eine Feder nach oben fallen. Er versuchte auf die Füße zu kommen, schaffte es auch halb und wäre fast wieder gestürzt. Der misslungene

Teleportzauber hatte ihn zu viel Kraft gekostet. Wie viele Lebensjahre hatte er eben einfach so verbrannt? Als ob es eine Rolle spielte, wenn sie hier nicht raus kamen. Dann riss Ganelle ihn auf die Füße. Der kleine Kobold war überraschend kräftig. „Ich schlage vor wir tun was der verrückte alte Mann sagt.“ Ein dünnes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Du siehst nicht gut aus. Graue Haare stehen dir nicht.“ Es war das erste Mal, das er ihr Gesicht vollkommen sah. Ohne die Maske wirkte es… nicht unbedingt menschlicher aber weniger seltsam dachte er. Anselm ließ sich aufhelfen. Er konnte

sich durchaus vorstellen, wie selbst gerade aussah. Magie ließ einen nicht wirklich physisch altern aber… sie nahm einem immer etwas. Er warf einen letzten Blick zurück auf den Seher und die Hohepriesterin. Einen Augenblick lang schien sich keiner der beiden zu rühren. Anselm wartete nicht darauf das etwas passierte, sondern lief los, Ganelle auf den Fersen. Wenn sie es zurück zur Tür zu Kanalisation schafften könnten sie vielleicht hoffen sich dort zu verstecken. Sie kamen nicht weit. Anselm hatte kaum hundert Schritte gemacht, als hinter ihnen jemand aufschrie, ein Blitz tauchte den gesamten Tunnel einen Moment lang

in Taghelles Licht. Er warf einen Blick zurück und sah die Gestalt des Sehers zusammensinken. Blut strömte aus dutzenden Wunden in seinem Körper, tränkte den Boden und die Füße der Hohepriesterin… Sie machte eine Handbewegung und der Blutstrom strömte nach oben, um ihre ausgestreckten Finger… Nach wie vor machte sie keine Anstalten Anselm zu folgen, sah ihnen einen Moment einfach nur hinterher. Eine weitere Handbewegung und eine der Zellen vor ihnen explodierten nach außen. Metallfetzen und Felsbrocken wurden aus der Wand gerissen. Ganelle legte die Hände über den Kopf

um sich vor den Trümmern zu schützen. Anselm hingegen wurde nicht langsamer. Wir sind tot, wenn wir bleiben, dachte er. Er warf einen hastig errichteten magischen Schild über sie beide, packte die Hand des Kobolds und rannte weiter. Ein Steinbrocken so groß wie er selbst hämmerte gegen die magische Barriere und die Anstrengung den Zauber aufrecht zu erhalten ließ ihn einen Moment straucheln. Er war längst über die Grenze dessen gegangen zu was ein einzelner Magier fähig sein sollte. Zumindest wenn er am Leben bleiben wollte. Es spielte keine Rolle. Er tauschte Lebenszeit gegen bloßes Überleben. Eine weitere Wand implodierte auf einen Wink der

Hohepriesterin nach innen. Anselm wirkte einen halbherzigen Zauber um die Trümmer zu verlangsamen. Einen Moment überlegte er sie auf ihre Verfolgerin zurück zu schleudern. Nein. Selbst jetzt nicht wo all seine Alpträume Realität geworden zu sein schienen. Die Wahrheit blieb, dass er sich nicht dazu durchringen konnte. Schließlich lenkte er die schwebenden Felstrümmer lediglich um und errichtete eine Blockade aus ihnen. „Hey!“ Ganelles Stimme war von Angst gezeichnet, zu schrill und zu hoch. „Was bei allen… Warum tust du nicht irgendetwas? Glaubst du die paar Felsbrocken halten sie

auf“ „Ich versuche zumindest sie aufzuhalten.“ , gab er zurück. „Versuch vielleicht etwas, das tatsächlich etwas bringt.“ , rief der Kobold zurück. „Ich weiß nicht… mit Magie? Die kann Feuerbälle werfen, du kannst das doch sicher auch? Muss ich es aufzeichnen?“ Die Überreste der Wand zerbröselten zu Staub, während die Hohepriesterin sie passierte. Eine bloße Zuschaustellung von Macht. Mit jedem Schritt floss das Blut des Sehers hinter ihr her, schien in ihrer Haut zu versickern wo es sie berührte, wo ihr eigenes zuvor keine Spuren

hinterlassen hatte… Wie hatte Leird es fertig gebracht dieses Wesen zu verletzen? „Nein.“ , erwiderte Anselm lediglich. „Warum nicht?“ Ganelle klang nun nicht mehr bloß ängstlich sondern an der Grenze nackter Panik. Er kam nicht dazu zu antworten, als vor ihnen endlich die Tür auftauchte. Ihr Fluchtweg… Götter, es könnte tatsächlich sein, das sie es Lebend hier heraus schafften. Ganelle erreichte die Tür einen Herzschlag vor ihm. Anselm rüttelte an der verrosteten Klinge. Nichts passierte. Verschlossen, dachte er und einen Moment wollte die Angst auch nach ihm greifen, ihn endgültig unfähig

machen etwas zu tun, außer die Hände über den Kopf zusammenzuschlagen und auf den Tod zu warten. Und nach wie vor kam ihm das alles hier viel zu vertraut vor. Gefangen zu sein. Etwas unglaublich Mächtigem ausgeliefert und ohne die Möglichkeit weg zu laufen… Er kannte das Gefühl und er kannte das grüne Feuer das hinter den Augen der Hohepriesterin brannte. Ganelle huschte ohne ein Wort an ihm vorbei und begann hastig nach dem Schlüssel zu suchen. Einer der schweren Schlüsselbunde die sie trug landete klirrend auf dem Boden, während sie einen nach dem anderen durchblätterte. Anselm stellte sich mit dem Rücken zu

ihr, den Gang im Auge behaltend. Die Hohepriesterin folgte ihnen nach wie vor, ohne sichtbare Eile. Die Levitationszauber trugen sie langsam, anmutig weiter auf sie zu. Schrecklich und doch auf eine falsche Art schön. Anselm rief Flammen herbei, lenkte sie auf die Steinernen Fließen und die Wände des Ganges vor ihnen. Die Felsen begannen nach wenigen Augenblicken kirschrot zu glühen, tauchten den ganzen Gang in schummriges Licht. Ein normaler Mensch wäre bei lebendigem Leib gegrillt worden, hätte er es gewagt sie weiter zu verfolgen. Die Priesterin wurde nicht einmal langsamer und schien seinen Versuchen sie zu bremsen kaum

Beachtung zu schenken. Eine einzige Geste und Frost breitete sich auf den Steinen aus, vertrieb die Hitze genau so schnell wie sie gekommen war und ließ Eisblüten aus den Steinen wachsen. Der plötzliche Temperaturunterschied ließ mehrere davon krachend splittern. Und noch immer wurde die Priesterin nicht langsamer. Sie hatte Anselm fast erreicht, als Ganelle rief: „Ich habs.“ Triumphierend hielt der Kobold einen Moment den Schlüssel hoch, dann machte sie den versucht, die Tür zu öffnen. Ein Augenblick zu spät Die Hohepriesterin kam keinen Schritt vor Anselm zum Stehen, hob eine Hand. Der Schlüsselbund wurde dem Kobold

aus der Hand gerissen und blieb einen Finger breit vor ihrer Hand schweben. „Ein törichter Versuch.“ Ihre Stimme verriet keinerlei Emotionen. Nur Kälte und Abscheu und alles davon schien sich gegen Anselm zu richten. Eine weitere Geste und das Metall in ihren Händen schmolz in einem einzigen Augenblick, lief als glühende Masse zum Boden. „Einen für den ihr einen Preis zahlen werdet, kleiner Magier.“ Anselm musste sich anstrengend ihrem Blick Stand zu halten. Furcht packte ihn. Genauso kalt wie die ganze Ausstrahlung der Priesterin. Drohte ihn endgültig zu lähmen. Was konnte er tun? Was sollte er tun? Nichts hatte ihn hierauf vorbereitet.

Keiner der tausend Meister des Ordens und erst recht keine der endlosen Lektionen über Magie und ihre Wirkung. Nichts davon schien mehr zu stimmen seit er diese Stadt betreten hatte und nun stand er einem wütenden Gott gegenüber. „Ihr könnt es versuchen.“ Irgendwie schaffte er es, dass seine Stimme nicht zitterte und das freute ihn. Es war etwas. So sei es denn, dachte er. Es gab keine Möglichkeit zu entkommen, keinen Ort an den sie rennen konnten. Also dann, er wiederholte es in seinem Geist, als ob es ihn irgendwie davor bewahren könnte, was nun folgen würde. So sei es. So sei es. Der Entschluss war einfach. Das hatte er gefürchtet. Jetzt musste er es nur noch

tun und das fürchtete er beinahe mehr als das Wesen vor ihm. „Wenn ihr es wagt.“ Er hatte sein Leben damit verbracht, Schranken aufzubauen. Nicht töten. Wenn möglich niemanden verletzen. Seine Kräfte nicht einsetzen, versuchen sein Leben zu bewahren wo es ging, die Magie weg schließen wenn er sie nicht brauchte. Und er wusste zu gut warum. Nicht davon würde ihm hier helfen oder ihn irgendwie hier heraus bringen. Nicht jetzt wo sein schlimmster Alptraum ihn nach all diesen Jahren wieder gefunden hatte. Und dieses Mal war er ganz alleine. „Du forderst einen Gott heraus, Kind.“ Die Stimme der Priesterin klang warnend

und doch gleichzeitig einen Augenblick lang… unsicher? Überrascht? Anselm wusste es nicht. Er ballte lediglich eine Hand zu Faust, sah einen Moment zurück zu Ganelle. Lächelte. Und schlug zu. Eine Welle aus verdichteter Luft folgte der Bewegung seines Arms und traf die Hohepriesterin mit voller Wucht. Ein Lichtblitz als sie auf die Schilde traf, die das Wesen um sich herum errichtet hatte, ein zweiter als die magische Barriere erlosch. Scherben aus irisierendem Nichts hingen einen Moment in der Luft, brachen das Licht in allen Farben. Er hatte so viel in den Angriff gelegt wie er wagte und zu Anselms Überraschung zeigte er Wirkung. Die Hohepriesterin

wurde von den Füßen gerissen und zurück geworfen. Das gläserne Diadem zersplitterte als die Druckwelle es von ihrem Kopf riss. Silberne Ketten rasselten als sie gegen die Wand geschleudert wurde und benommen daran herab sank. Im gleichen Moment huschte ein grün-roter Schatten an Anselm vorbei und rannte den Gang in entgegengesetzte Richtung hinab, weg von ihm und der gefallenen Priesterin. Anselm konnte dem Kobold nur einen Augenblick ungläubig nachsehen, bevor sie in der Dunkelheit verschwand. Sie war weggelaufen, dachte er. Hatte ihn hier alleine gelassen. Zum Sterben. Konnte er

es ihr verübeln? Sie hatte es oft genug angedroht. Und doch fühlte er sich mit einem mal enttäuscht. Er kam nicht dazu länger darüber nachzudenken. Die Hohepriesterin schoss heulend wieder auf die Füße, ein kreischender Schatten der sich auf ihn stürzte, umhüllt von knisternder Magie. Die Bewegung erfolgte so schnell, das er sie kaum wahrnahm und mit schrecken wurde ihm klar, dass sie bisher bestenfalls mit ihnen gespielt hatte. Nicht mehr. Er kam gerade noch dazu einen Schild zu errichten um einen Sturm aus schwarzen Blitzen abzuwehren. Jeder Einschlag erschütterte ihn trotzdem noch bis ins Mark und zog das Leben aus seinem

Körper in einem verzweifelten Versuch, der Macht der Hohepriesterin etwas entgegenzusetzen. Klauen aus Eis und schreiendes Feuer schlugen nach ihm, verbrannten seine Hände, als er sie zum Schutz hob und die magische Barriere einen Augenblick nachgab. Die Haut an einer seiner Handflächen schlug Blasen und der Schmerz trieb ihn auf die Knie. Er stand inmitten eines Sturms aus Magie, die drohte ihm das Fleisch von den Knochen zu reißen, wenn er auch nur einen Augenblick lang strauchelte. Keine Möglichkeit selber anzugreifen oder sich auch nur zu bewegen. Seine Gedanken klammerten sich nur daran, irgendwie die Barriere um ihn herum aufrecht zu

erhalten. Und dann war da Lärm, der tausende von Zaubern begleitete, die die Luft erhitzten, verdrängten oder gefrieren ließen und ein nicht enden wollendes tosen um ihn herum erzeugten. Ein Gott, dachte Anselm. Er bekämpfte nicht mehr und nicht weniger als einen wütenden Gott. Und genauso aussichtslos war der Versuch. Wo er sich kaum auf den Beinen halten konnte, stand die Hohepriesterin nur da, als würde dieses Schauspiel an Magie sie nicht die geringste Anstrengung kosten und betrachtete ihn wie einen besonders interessanten Käfer. Einen, den sie trotzdem zerquetschen würde. Sie hätte ihn längst töten können, dachte er. Die

Macht, die sie hier zur Schau stellte war atemberaubend, aber irgendwie hielt er ihr stand. Weil sie es erlaubte. Warum? Die Antwort schien so schlicht wie grausam. Er hatte einen Gott erzürnt… und er sollte einen Preis dafür zahlen, der weit darüber hinaus ging in einem Augenblick zu Asche verbrannt zu werden. Anselm strauchelte und die schützende Barriere um ihn herum schrumpfte. Seine Hände zitterten, der Versuch wieder auf die Füße zu kommen schien ihm lächerlich… Er starb gerade, dachte Anselm und war überrascht wie seltsam kalt ihn dieser Gedanke ließ. Alles Leben floss aus

seinem Körper. Hielt er den Zauber aufrecht der ihn schützte lebte er vielleicht noch Augenblicke länger, aber nicht mehr… Die Priesterin sah lediglich auf ihn herab. Ein dünnes Lächeln erschien auf ihren Lippen. Ein toter Ausdruck,. Wenn überhaupt ließ es ihr Züge noch falscher aussehen, ohne jedes leben. Anselm wusste, dass er verloren war.

Klapptext

Nach Jahrhunderten der Expansion scheint die Welt für das Imperium Cantons fast grenzenlos. Doch die letzte verbleibende Stadt der einstmals unbeugsamen freien Königreiche, Xihuitzin, würde nicht einfach fallen. Regiert von mächtigen Magierpriestern und beschützt durch magische Anima und Mauern und die Unterstützung jener, die der Herrschaft des Kaisers noch entgegenstehen, beginnt eine Schlacht, deren Ausgang niemand vorhersehen kann. Und während die Legionen des Kaisers um die Stadt ringen offenbart

sich in den Ruinen ihres Schlachtfelds langsam aber sicher eine tiefere Wahrheit über den vermeintlichen Herrscher der Welt, die geeignet ist, das Machtgefüge des ganzen Landes zu erschüttern. Und alle Seiten haben ihre eigenen Pläne für die Aschen von Xihuitzin und die Zukunft. Eine Stadt brennt. Ein Königreich fällt. Ein Kaiser stirbt. Bildquelle: pixabay EntretenimientoIV

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