Journalismus & Glosse
Sagrada Familia

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"Das höchste Kirchengebäude"
Veröffentlicht am 26. August 2019, 20 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Das höchste Kirchengebäude

Sagrada Familia

Vorbemerkung

Der Ulmer Münster ist höchste Sakralgebäude der Welt. Die Bauzeit betrug 513 Jahre.

Demnächst wird die Höhe von 161,53 Meter locker übertroffen. Bei der Sagrada Familia soll die Höchste Spitze 172,5 Meter in den Himmel ragen. Auch an diesem Gebäude wird schon einige Zeit gewerkelt.

Ein paar aufbereitete Informationen für Interessierte.

Gute Unterhaltung!



Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: G.v.Tetzeli

www.welpenweste.de

Sagrada Familia

1874 kam dem frommen Buchhändler und Schriftsteller Josep Maria Bocabella aus Barcelona die Idee, aus Spenden eine große Kirche in seiner Heimatstadt bauen zu lassen. Er gründete dazu einen Verein, nämlich die Gesellschaft der "Anbeter des Hl. Joseph“, die 1882 den Baugrund kaufte. Die Grundsteinlegung der Temple Expiatori de la Sagrada Familia fand am 19. März 1882 statt. Architekt war Franzisco de Paula del Villar y Lozano. Er hatte den Sakralbau wesentlich kleiner geplant, als er sich bis zum heutigen Tag entwickelt hat. Aber schon bald kam es zu Unstimmigkeiten mit den Geldgebern. Man trennte sich im Streit und von nun an

übernahm Antoni Gaudi die Bauleitung (1883) mit nur 31 Jahren.

Von Anfang an war die Sagrada als Kirche geplant, die sich nur durch Spenden finanzieren sollte (deswegen auch der Name). Der Bau sprengte sämtliche Dimensionen, ebenso den damaligen Zeitgeschmack und war anfänglich dem Gespött ausgesetzt.

Ein dermaßen ungewöhnliches Bauwerk ist tatsächlich in der Welt einmalig und schon heute, noch vor ihrer Vollendung, ist es der Magnet-Anziehungspunkt Barcelonas mit mehr als 4,5 Millionen Besuchern jährlich. Der Eintritt fließt ausschließlich der Finanzierung des Baus zu. Die Tickets sind

aber schon für Tage ausverkauft, also vorher ordern. Kommen wir zu Antoni Gaudi.


Er wurde am 25.06.1852 in Riudoms bei Reuss geboren. Der Vater war Kesselschmieder und Klein Antoni half in der Werkstatt, kam also schon früh mit Materialien und dem Verständnis für Raum und Volumen zurecht. Er war in seiner Jugend kränklich, Rheuma, daher spielte er nicht mit anderen Kindern, sondern beobachtete präzise die Natur und deren Formen, die fast nie gerade Linien aufwiesen. Am 15.März 1878 schloss er sein Architekturstudium mit, na ja, mäßigem Ergebnis ab. Allerdings konnte er

außerordentlich gut zeichnen.

Der zweite Direktor der Uni Elies Rogent dazu damals:

„Wer weiß, ob wir das Diplom einem Verrückten oder einem Genie gegeben haben – nur die Zeit wird es uns sagen.“

(Gaudi mit 26 Jahren und mit 70)

Antoni schuf bereits die Casa Vicens und El

Caprico, bevor er die Sagrada übernahm. Schon mit 30 Jahren war er dank seines Mäzens Eusebio Guell bekannt und reich geworden. Er schien zu dieser Zeit ein Snob gewesen zu sein, der mit überspanntem Selbstbewusstsein ausgestattet war. Nach einem gescheiterten Heiratsversuch, hatte sich das Thema Frauen für ihn erledigt.

Plötzlich flatterte eine riesige Spende 1883 für den Säckel der Sagrada ins Haus und ab da an widmete er sich nur noch diesem Lebenswerk. Antoni war, wie erwähnt, damals erst 31 Jahre alt. Sein Entwurf zeigte irre Dimensionen. Das Kirchengewölbe der Sagrada ist dann das höchste der Welt. 75 Meter sind es von der Apsis bis zur Decke, überragt von 18 Türmen, der höchste fast 50

Meter höher als der Kölner Dom. Seine Pläne sahen eine riesige fünfschiffige Basilika im Stil der Neo-Gotik vor. 12 der Türme sind den 12 Aposteln gewidmet, vier den Evangelisten und die beiden größten der Jungfrau Maria und Christus. Der höchste Turm überragt den Kölner Dom um 75 Meter. Der Dom hat drei Prunkfassaden. Die Fassade der Geburt Christi wurde zuerst errichtet. Gaudi erlebte noch die Fertigstellung. Die zweite, die Passisonsfassade wurde mit über 100 Statuen verziert (Bildhauer: Josep Maria Subirach). Dann gibt es die dritte, die Fassade der Seligkeit. Dieser bombastische Teil ist bis heute noch nicht fertig.

Er selbst nahm an, dass der Bau mindestens 200 Jahre benötigen würde. Es war auch

klar, dass er die Fertigstellung nicht überleben konnte. Die vielen Zeichnungen, Modelle zeigten das unglaubliche Bauwerk für die Nachwelt, welches ihm vorschwebte. All sein persönliches Geld floss ebenfalls in den Bau. So kam es, dass er am 10. Juni 1926 sich wieder einmal morgens auf dem Weg zu seiner Sagrada begab, wahrscheinlich in Gedanken um die nächste Bauphase versunken. Antoni wurde von einer Straßenbahn erfasst und blieb schwer verletzt, bewusstlos liegen. Der gealterte Mann hatte keine Papiere, kein Geld bei sich und die ganze Erscheinung samt Kleidung war vernachlässigt. So bemühte man sich nicht sonderlich um den alten Penner und erst 3 Stunden später hatte man ihn in das

Krankenhaus Santa Cruz gebracht. Es war für den 74 jährigen zu spät. Drei Tage später wurde er vom Pfarrer der Sagrada identifiziert und da erst begriff man, dass es sich um den weltberühmten Antoni Gaudi gehandelt hatte.

Ganz Spanien trauerte um das Architektur Genie. Bei der gigantischen Trauerfeier

säumte ein großer Teil der Bevölkerung Barcelonas die Straßen. Er wurde in "seiner" Kirche beigesetzt.

Der Bau ging auf Grund der präzisen Konstruktionszeichnungen Gaudis vorerst weiter. Es fehlte immer wieder an Geld, aber nicht an Protesten.

Die Verwalter des Erbes Isidre Puik und Lluis Bonet werkelten weiter und hatten den Vorteil Gaudi und seine Vision noch persönlich erlebt zu haben. Am 17. Juli 1936 begann der spanische Bürgerkrieg und da stoppte der Bau, zwar nicht endgültig, aber so gut wie. Schließlich kamen Marodeure auf die Idee ihre Wut auch an sakralen Bauwerken auszulassen. Auch nichts Neues, wie die Vernichtung von

Bauten in Palmyra, Syrien 2015 zeigt. Die Kämpfer stürmten in den Dom, meuchelten den zuständigen Pfarrer, zerstörten die Modelle und fackelten die Zeichnungen ab. Ein Teil der Fassade wurde auch gleich zerhackt.

(Sagrada 1930)

Der Zweite Weltkrieg folgte und Sagrada

blieb verschont. Es ging aber auch nichts vorwärts. Nun puzzelte man die kaputten Modelle zusammen, fand auch noch Zeichnungen, die es überstanden hatten. Da erwies sich die Genialität Gaudis endgültig, denn die ungeraden Linien, schrägen Säulen, Überschneidungen lassen sich mathematisch mit sogenannten Regelflächen, Paraboloide, Hyperboloide, die wie Sanduhren aussehen, berechnen. Auch entdeckte man eine Art musikalische Anlehnung, wie die Tasten des Klaviers (1 Ganzes, 2/3, ½ der chromatische Tonleiter mit 12 Halbtonschritten) Immer neue, fantastische Anlehnung an die Natur kann man zuordnen. Gaudi selbst zum Beispiel werkelte und rechnete an einem

Fenster allein 12 Jahre, bis Proportion Statik und Lichteinfall stimmten.

(Sagrada Computerergänzung - Fertig)

Auch die Idee die Modelle auf Statik kopfüber

zu testen stammt von Gaudi, weil sich statisch Druck-, Zugkräften entsprechen.

(Fertige Sagrada 3D Animation ohne die zwei Haupttürme)

Heute übernehmen Computer die Berechnungen und die Software wurde dem Automobilbau angelehnt, weil eben gerade Linien völlig fehlen. Jährlich stehen für den Bau etwa 22 Millionen Euro zur Verfügung, 2009 waren es 18 Millionen Euro.

Die meisten Spenden kommen aus katholischen Kreisen seit der Papst Benedikt der 16. am 11. Nov 2000 die Sagrada offiziell als Basilika weihte, und von Japanern. 2019 wurden für die Vollendung der Kirche bis 2026 noch weitere 374 Millionen Euro veranschlagt und genehmigt.

Ein Problem ergibt sich aber. Früher war die Sagrada auf einem weitläufigen Gebiet ganz am Rande der Stadt errichtet, inzwischen ist

sie aber eng umbaut.

(weitere Ansichten bitte googeln)


Für die große Treppe müssten einige Häuser

abgerissen werden, schon allein, um den Touristenströmen Herr zu werden.

Wenn nicht wieder Menschen gemachte Katastrophen hereinbrechen, dürfte es sogar gelingen, auch auf Grund modernster Fertigungstechnik, dass der Bau 2026 tatsächlich beendet werden könnte. Die Seligsprechung Gaudis ist in Arbeit. Ziel ist es zum 100. Todestag Gaudis sein Vermächtnis mit der vollständigen Sagrada zu würdigen.

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Über den Autor

welpenweste
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Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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erato 
Gelesen und als gut befunden.....
wirklich wieder spitzenmäßig
recherchiert, wie immer höchst
informativ, lieber Günter.
GgghG Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Danke Dir. Ich freue mich, dass Arbeit auch von profundem Munde Anerkennung findet.
Vielen Dank!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Vielen Dank lieber Erato. Es ist wirklich schwierig bei diesem "Weltwunder" sich auf reine Tatsachen zu beschränken, die einerseits unterhaltsam sind, andererseits dieses Format nicht sprengen soll. So habe ich mich mich mit Ecksteinen begnügt, ohne weiter auf die Natur Belassenheit und grandiosen Lichtspieleffekten einzugehen.
Durch diesen Kurzabriss versuchte ich Informatives darzustellen, das Interessierten genügen soll. Tipp: Selbst staunen!
Herzlichst
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Sagrada Familia..."
Barcelona ohne Gaudi geht gar nicht. Der Mann war in der Tat
ein verspieltes Genie, der sich mit seinen Werken in der baskischen
Metropole geradezu unsterblich gemacht hatte, auch wenn nicht alle
seine phantastischen Projekte bis zu ihrer Vollendung gelangten...
Gern gelesen und gut recherchiert, Günter... ...smile*
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Ich finde dieses Bauwerk einfach irre, irre toll. Da gibt es ein Zahlenquadrat, das die Magische Zahl 33 zum Inhalt hat (Anlehnung Dürer, Hinrichtung Jesu 33, usw.), da gibt es haufenweise Symbolik, fantastische Lichtbrechungen und natürlich die bombastischen Dimensionen. Orgeln, die zusammengeschlossen wurden, damit es überall erklingt.
Ich würde tatsächlich von einem modernen Weltwunder sprechen.
Vielen Dank für die Lesezeit.
Ich konnte natürlich nicht auf Einzelheiten des Baus eingehen, weil dies den Umfang des myStorys Büchleins gesprengt hätte.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
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