Vorbemerkung
Es geht um die Insel St. Martin im karibischen Meer in den nördlichen Antillen. Der Streit um dieses Eiland wurde ohne Militär gelöst. Und dies ist umso erstaunlicher, als zu dieser Zeit der weltweite Kampf um die Kolonien erbarmungslos ausgefochten wurde. So ganz „fair play“ lief die friedliche Lösung allerdings auch nicht ab.
Gute Unterhaltung!
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Coer: G..Tetzeli
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Der Wettlauf
Im Jahr 1493 entdeckte Christopher Columbus die Insel St. Martin, so die Aufzeichnungen. Es soll der 11. November gewesen sein, also dem Tag des heiligen St. Martin.
Die Namensgebung hätten wir also erst einmal.
Auf der Suche nach einem sicheren Hafen und vor allem auf der Suche nach Vorkommen (z. B. Salz) war die Westindische Kompanie an dem Inselchen interessiert. 1631 baute man eine Verteidigungsanlage (späteres Fort Amsterdam). Nicht weit entfernt hatten sich die Spanier etabliert, nämlich in Puerto Rico.
1633 rückten die Spanier mit einer unglaublichen Armada (100 Schiffe) an. Die Insel wurde erobert und damals hieß sie „St. Martin“. Die Franzosen wollten diese Insel aber auch haben und sendeten Kriegsschiffe aus. Die Garnison war leider, wenn auch unter Qualen der Verteidiger, nicht zu überwinden.
Im Juni 1633 besetzten die Spanier die Insel und wollten das Fort der Holländer übernehmen.
Beide Nationen befanden sich im Kampf um die Aufteilung der Welt. Ein Kampf um Ressourcen, Stützpunkte und Machtgebiete.
Gerne wurden solche kleine Inseln dafür missbraucht, um Verbrecher unterzubringen. Wobei Verbrecher immer im Sinne der
Staatsraison zu sehen ist. Da waren natürlich auch Querdenker dabei. In diesem Falle kam es zu einem nicht steuerbaren Aufstand. Holländische und französische Kriegsgefangene vertrieben 1648 die spanischen Eroberer. Dieser Aufstand ist schlecht dokumentiert. So lasse ich das ganze einfach als Tatsache stehen. Blut wird wohl geflossen sein.
Die Insel war also den Spaniern sozusagen unter dem Hintern weggezogen. Was nun? Holländer waren in der Verteilung der Welt genauso interessiert, wie die verbliebenen Franzosen. Und St. Martin war eine begehrte Zwischenstation des überseeischen Handels. Man hätte also über sich herfallen können, aber es kam anders.
Seit 1644 waren die Holländer aktiv. Sie verstärkten ihre Gebiete, vor allem durch die Stützpunkte Curacao und Sint Eustachius (die Insel, die im Bürgerkrieg England gegen Amerika eine entscheidende Rolle gespielt hat) und wollten ebenfalls St. Martin einnehmen. Direktore Peter Stuyvesant schlug im Namen der Westindischen Kompanie zu. Es war nicht ganz einfach, aber die Insel wurde schließlich erobert, das wiederum konnte den Franzosen nicht passen. St. Marteen war im Wortschatz nicht en vogue. Nach dem Aufstand der Gefangenen:
Was tun?
Wir haben jetzt Anno 1648 und die Frage stand im Raum: Wem gehört die Insel
letztendlich?
Frankreich oder Holland?
Ob nun aufständische Gefangene oder auch Gouverneure über der Insel das Sagen hatten, das konnte ich nicht genau eruieren. Das Einzige, das wirklich geschichtlich überliefert ist, das ist ein Vertrags-Dokument vom 23 März 1648. Da wird die Insel einvernehmlich zwischen Holländern und Franzosen aufgeteilt.
Jetzt endlich komme ich zu dem Wettlauf, dem eigentlichen Aufhänger der dargebotenen Geschichte.
Die Delegationen der beiden Länder trafen sich auf dem Concordia Hügel und beschlossen die Aufteilung der Insel durch einen Wettlauf entscheiden zu lassen. Jeder
sollte einen Mann losschicken. Diese sollten entgegengesetzt die Küste entlang laufen, sie umrunden. Wo man sich schließlich auf der anderen Seite traf, da sollte quer durch die Insel die Grenze gezogen werden.
Vermutlich an der Ostküste, am Oyster Pond standen die beiden Wettkämpfer Rücken an Rücken. Der Franzose lief in nördlicher Richtung, der Holländer in südlicher.
Sehen wir uns also schließlich die Aufteilung an.
Der holländische Teil ist wesentlich kleiner bemessen, als der französische.
Entweder hat der Holländer damals getrödelt, oder der französische Läufer war ein exzellenter Leichtathlet. Und weil das so etwas fragwürdig scheint, kamen schon
damals Gerüchte auf. Der Holländer wäre mit ordentlich Gin, Rum oder Wein versorgt worden, damit seine Füße erlahmen. Ich hingegen habe einen ganz anderen Verdacht. Der Franzose wird schlichtweg die Abkürzung quer durch die Insel genommen haben. Da waren die Wege nicht ausgebaut und er musste sich durch die Wildnis kämpfen, sonst wäre der Landgewinn wahrscheinlich noch extremer abgelaufen. Außerdem musste er so tun, als ob er von der Küstenlinie entgegen gelaufen kam, ohne dass die Holländer Verdacht schöpften.
Wie auch immer, etwas oberhalb vom heutigen Port de Plaisence, da stießen die beiden Helden wieder aufeinander.
Und so ist St. Martin, St. Marteen ein Unikum
in der Welt. Seit 360 Jahren ohne Krieg! Zwei Nationen leben friedlich nebeneinander.
Bis auf ein paar Grenzsteine mit Wappen, gibt es keine Hindernisse vom französischen
Teil in den Holländischen zu wechseln und umgekehrt. Heutzutage gibt es sogar eine regelmäßige Busverbindung zwischen den Hauptorten Marigot (franz.) und Philipsburg (königl. Niederlande).
Im französischen Teil bezahlt man mit Euro, im holländischen Teil Antillen-Gulden (wird wohl durch Karibic Gulden abgelöst). Egal, wenn sie US Dollar dabei haben, er wird überall gerne genommen.
Auf holländischer Seite gelangte der Flughafen Princess Juliana für Großraummaschinen zur Berühmtheit. Nur wenige Meter vom Maho Beach entfernt landen die Flugzeuge im tiefen Anflug. Der Flughafen gilt als gefährlich, auch deshalb, weil auch beim Start volle Düsenleistung
aufgedreht wird, erst dann löst man die Bremsen, denn direkt hinter der Startbahn müssen die Piloten ordentlich hochziehen, um über die Hügelkette zu kommen.
St. Martin ist die kleinste, bewohnte Insel (kaum größer, als Sylt), die zwei Staaten gehört. Dass dies friedlich möglich ist, daran sollten sich Politiker mal ein Beispiel nehmen!