Kurzgeschichte
Gefangen! - ...für immer dein

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"Gefangen! - ...für immer dein"
Veröffentlicht am 17. April 2019, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Mein Name ist Tabea und ich wurde Anfang der 90er geboren.
Gefangen! - ...für immer dein

Gefangen! - ...für immer dein

Gefangen!

„Was bildest du dir ein, Cornelia?“ Seine Stimme war beängstigend leise und er sprach direkt in ihr Ohr. Auf Connys Rücken breitete sich eine starke Gänsehaut aus. „Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht?“, fragte sie so ruhig, wie es ihr möglich war. Wenn er ihren vollen Vornamen nutzte, war er entweder auf hundertachtzig oder sexuell dermaßen erregt, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne war. Beides hatte sie schon mehrere Male erlebt. Conny versuchte, sich nicht anmerken zu

lassen, wie sehr sie sich vor ihm ekelte. Vor ihm, vor seinem heißen, nach Alkohol stinkenden Atem, überhaupt vor der Situation an sich. Sie wusste, wenn sie ihn ihre Abneigung spüren ließ, würde es noch schlimmer werden. „Was du dir einbildest!“, brüllte er plötzlich und ohne Vorwarnung los, ohne sich dabei sonderlich weit von ihrem Ohr zu entfernen. Sie zuckte zusammen und drückte auf ihrem Ohr herum in der Hoffnung, den Pfeifton loszuwerden, der sich durch die unerwartete Lautstärke eingestellt hatte. „Ich bilde mir gar nichts ein, was ist

denn los, Mensch?“, fragte Conny. Er ballte die Hand zur Faust und hieb damit auf die Wand ein. Einmal, zweimal, dann noch ein drittes Mal, bevor er sich mit wutglühenden Augen zu ihr umdrehte. „Ich bin fertig mit dir, Cornelia. Das war's. Pack deine scheiß Sachen und verpiss dich!“ „Aber...!“ „Widersprich mir nicht!!!“ Seine Stimme überschlug sich, sein Gesicht nahm einen ungesund dunklen roten Farbton an und er wies mit zitterndem Finger auf sie. „Du dreckige, kleine Hure. Ich will dich hier nie wieder sehen, Cornelia.

NIE WIEDER!“ Jetzt riss auch Conny der Geduldsfaden. „Ich habe doch nichts gemacht!“, schrie sie zurück. „Was soll ich denn getan haben? Du reagierst ja über, als hätte ich jemanden umgebracht!“ „Ich bring dich gleich um“, murmelte er. „Bitte?!“ Der war ja völlig übergeschnappt. Vermutlich war es wirklich das Beste, sie ginge zurück zu ihren Eltern, deren Tür ihr immer offen stand. „Nichts, nichts.“ Er atmete tief ein und stieß die Luft mit einem Pfeifton wieder aus. Conny biss die Zähne zusammen. Nicht provozieren

lassen. Keine Angst machen lassen. Genau das möchte er doch erreichen. Ganz ruhig... Sie atmete selbst tief durch. Als hätte er gemerkt, dass er zu weit gegangen war, trat er einen Schritt auf sie zu und schloss sie in die Arme. Aber es war keine normale Umarmung unter Freunden. Conny spürte seine Erregung zwischen ihren Beinen, während seine Hände zwischen ihrem Rücken und dem Hintern hin und her wanderten. Sie verspannte sich, wollte ihn loslassen, doch ein warnendes „Nein!“ hinderte

sie daran. „Es hat sich doch schon mal jemand in deinem Freundeskreis umgebracht, hast du mir erzählt, richtig?“ „W...was hat das jetzt damit zu tun?“ „Weil du eine schrecklich herzlose Person bist. Weil du egoistisch warst und nur an dich gedacht hast.“ Verdammt, genau das waren ihre Worte gewesen, als sie ihm das vor wenigen Wochen in einem schwachen Moment erzählt hatte. Da hatte sie ja nicht ahnen können, dass er ihre Selbstzweifel nun für eigene Zwecke

nutzen würde. Tränen stiegen in ihr auf, als sie an Victor dachte. Ihr ehemaliger Schulfreund hatte sich vor vier Jahren das Leben genommen und noch immer war sie fest davon überzeugt, dass sie daran schuld war. Aus genau den Gründen, die dieser widerliche Mann, der sie immer noch fest in seinen Armen hielt, gerade genannt hatte. Sie war zu wenig für ihn da gewesen. „Möchtest du, dass sich das wiederholt?“ „Nein“, das wollte sie natürlich nicht. „Dann würde ich an deiner Stelle ein bisschen lieber zu mir sein.“ „Ich bin doch nicht für dein

Seelenheil...!“ Seine Hand in ihrem Nacken, die unerwartet hart zupackte, brachte sie zum schweigen. „So, und nun wollen wir doch mal sehen, ob der lieben Cornelia nicht vielleicht selbst auffällt, was mir missfallen könnte“, mit diesen Worten ließ er sie los und stieß sie ins Schlafzimmer. Zitternd sah sie sich um. „Nichts“, murmelte sie. „Meine Anlage. Guck dir das an. Und dann sag noch mal, du hast damit nichts zu tun. Ich werde jetzt testen, ob sie noch geht, und wenn nicht – dann gnade dir Gott, Mädchen.“ Conny starrte die beiden Musikboxen an,

die auf dem Regal standen. Sie hatte den Boxen, seit sie hier war, nie sonderlich große Beachtung geschenkt. Er nutzte normalerweise immer die große Anlage im Wohnzimmer zum Musik hören oder den CD-Player, der im Bad stand. Die Delle in den Lautsprechern, die aussah als hätte jemand kräftig hinein geboxt, ließ sich tatsächlich nicht leugnen. Aber... „Ich habe daran nichts gemacht“, beteuerte sie, auch wenn ihr klar war, wie sinnlos das war. „Ach, halt doch die Schnauze.“ Conny schickte ein Stoßgebet zum

Himmel, dass die Musikboxen einwandfrei funktionierten, aber das taten sie nicht. Von sauberem Sound waren sie weit entfernt. Es kratzte wie ein uralter Schallplattenspieler. „Und genau das meinte ich“, er betonte jedes Wort und bevor sie auch nur ein Wort der Verteidigung sprechen konnte, nahm er sie in den Schwitzkasten. Unter wüsten Beschimpfungen würgte er sie, bis sie Sterne sah und seine Stimme langsam zu einem Hintergrundrauschen verschwamm... und dann wurde alles

schwarz. Als Conny wieder zu sich kam, lag sie am Boden. Alles um sie herum drehte sich, ihr Hals schmerzte und in ihren Ohren rauschte der Puls. Vorsichtig setzte sie sich auf und atmete ein paar mal tief durch, bis der Schwindel nachließ. Dann ging sie ins Bad und starrte ihr Spiegelbild an. Ihre Haare hatten sich aus dem Zopf gelöst und auf ihrem Dekolleté befand sich eine weißliche Flüssigkeit. Sperma? Hatte er allen Ernstes auf ihr masturbiert? Zitternd ging sie zum Fenster und öffnete

es. Die Wohnung lag im Dachgeschoss und ihre Höhenangst verhinderte, dass Conny lange hinausgucken konnte, aber um kurz durchzuatmen, reichte es. Dann ging sie ins Wohnzimmer, wo sie ihn vermutete, doch da war er nicht. Auch die anderen Räume schienen verlassen. Selbst in der Besenkammer suchte sie ihn, vergeblich. Erleichterung durchflutete sie. Selbst wenn er nur kurz einkaufen war, konnte sie es in der Zeit locker schaffen, drei Stockwerke hinunter in die Freiheit zu

rennen. Sie zog sich die Schuhe an, drückte die Klinke herunter und – prallte gegen die Tür. Panisch rüttelte sie daran, zog und drückte, doch vergeblich. Die Tür war abgeschlossen, und den Schlüsselbund hatte er natürlich mitgenommen. Schreiend schlug und trat sie dagegen, bis sie schließlich weinend zusammenbrach. Sie war gefangen. Bei einem Mann, der mehr als doppelt so alt war wie sie. Bei einem Mann, der sich als schwul ausgegeben hatte, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Bei einem Mann, der verdammt noch

mal unberechenbar war. Sie würde hier sterben.

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Mein Name ist Tabea und ich wurde Anfang der 90er geboren.

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Trollmops Die Geschichte ist gut geschrieben. Man möchte immer wissen, wie es weitergeht, die Spannung steigt und die Wut mit ihr. Aber auch die Frage, ob die vermeintliche Liebe nicht letzten Endes über die Brutalität siegen wird. Das widerum schürt die Angst um die Protagonistin. Und genau das steckt in dem Titel, welcher sowas ja schon andeutet.
Mit dem Aufschreiben solcher oder ähnlicher Erlebnisse, verarbeitet man meistens die Vergangenheit. Somit müsste das Erlebte hinter einem liegen ...
Mich würde interessieren, wie es ausgegangen ist.

Gruß Det
Vor langer Zeit - Antworten
ImiEvergreen Hm. Das ist wirklich hart.. gehts weiter? Schafft sie es doch noch ? Irgendwie.?
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Gefangen! - ...für immer dein..."
Auch aus meiner Sicht mag diese Vorstellung wenig erbaulich sein,
aber meinst Du nicht auch, dass man in Bezug auf den Inhalt
deiner Geschichte vielleicht besser einen anderen Titel formuliert hätte?
Dieser impliziert mir ein wenig Zuviel an Freiwilligkeit, die mir aber
in der Realität der Erzählung so irgendwie nicht gegeben scheint...
Und folgte man der Logik, so wäre der Thrill gewiss um einiges schärfer,
wenn die Protagonistin in einem dunklen Kellerverlies gefangen
gehalten worden wäre...
...meint ein ambitionierter Krimischreiberling... ...smile*
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Seiltaenzerin Das mag sein ;-) mir lag mehr daran, meine Geschichte bzw einen winzigen Teil meiner (persönlichen) Geschichte aufzuschreiben, deshalb habe ich den Fokus weniger auf den Titel gelegt.

LG
Vor langer Zeit - Antworten
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