Kurzgeschichte
Kirschblüten - Der alte Mann und sein Freund

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"Kirschblüten - Der alte Mann und sein Freund"
Veröffentlicht am 06. April 2019, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Anna Omelchenko - Fotolia.com
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Kirschblüten - Der alte Mann und sein Freund

Kirschblüten - Der alte Mann und sein Freund

Der folgende Text entstand im Zuge eines kleinen Rollenspieles und ist eine Geschichte, die mein Hauptprotagonist grade seiner Freundin erzählt. Ich finde, dass er so schön geworden ist, dass ich ihn gerne mit ein paar Menschen teilen würde. Ich habe ihn nicht mehr überarbeitet und wollte ihn so wie er nun ist mit euch Teilen und hoffe, dass ihr mir mögliche Rechtsschreib- und vor allem Kommasetzungsfehler vergebt. Ich hoffe ihr mögt den Text dennoch. <3






„Nun… ich bin nicht so gut im Geschichten erzählen… eigentlich blöd von mir, dir grade das zeigen zu wollen.“ Ein wenig verlegen stockte Theo einen Moment. „Als Kind wurde mir immer eine Geschichte erzählt. Von Kirschblüten, einem alten Mann und dem Geist eines kleinen Jungen, der hier vor vielen, vielen Jahren gelebt haben sol. Du musst wissen, dieses Haus gehörte nicht immer meiner Familie. Vor vielen hunderten Jahren war dieses Gut wohl einem reichen Mann, der im Auftrag des englischen Königs wohl in Amerika lebte und dort für ihn das Königshaus quasi vertrat. In der Zeit lebte hier wohl auch ein kleiner Junge, der Sohn einer

Küchenmagd. Und während der alte Gutsherr zu den Bediensteten durchwegs bösartig gewesen war, soll er dem kleinen Jungen nie auch nur ein Haar gekrümmt haben. Im Gegenteil. Immer wenn der Junge auftauchte, so wurde der alte, gebückte Mann fröhlich und vital und über alle Maßen gutherzig. Er war nett zu den Dienstmägden, belohnte sich bei den Küchenjungen und war den Dienern wesentlich milder gestimmt, wenn der kleine Junge in der nähe war. Natürlich bemerkten das auch die Angestellten des Hauses schnell und so begannen sie den kleinen Jungen, der vielleicht sieben Jahre alt war, mitzunehmen, ihn bei sich zu behalten,

ihm all die Liebe zu geben, die das gesamte Haus aufwenden konnte. Der Junge rannte den ganzen Tag spielend durchs Haus, half während den Mahlzeiten im Speisesaal aus und abends schlief er im Salon beim Feuer, wo ihm immer warm war und er sich nicht erkälten konnte. Der alte Mann schloss den Jungen in sein Herz, behandelte ihn wie seinen Sohn, ohne ihn jedoch in die Normen und Formen des Adels zu zwingen. Er sah wie weich und zerbrechlich das Kind war, wusste einfach, dass der Junge ein Leben am Hof nicht überstehen würde. dennoch versuchte er dem Kind eine Freude zu bereiten. Er sorgte dafür, das

die Angestellten fair entlohnt wurden, damit sie sich besser um das Kind kümmern konnten, veranlasste, dass alle genug zu essen hatten und nach einem besonders kaltem Winter begann er sogar die Kellerräume auszubauen, in denen die Kammern der Bediensteten lagen, damit niemand von ihnen frieren musste. Er tat alles für den Jungen, beschenkte ihn mit Spielzeug und kleinen Kostbarkeiten und eines Frühlings pflanzten sie gemeinsam einen Kirschbaum. Der Junge lag seit dem Tag und Nacht unter dem Baum. Kümmerte sich um ihn, goss ihn und betrachtete bewundernd wie er wuchs und wuchs. Schon bald war der Baum groß und stark,

die Äste wurden so kräftig, dass der Junge darin spielen konnte und nicht selten kam es vor, dass der alte und das Kind darunter saßen und redeten. Stunden um Stunden. Der Griesgram, der nicht mehr griesgrämig war, hörte zu, wenn der Junge erzählte. Von seinen Wünschen und Träumen und allem was er noch tun und erleben wollte. Und er war einfach glücklich, dass er alter Mann noch das glück erleben durfte so einen wundervollen kleinen Jungen kennenlernen zu dürfen. Eines Tages erzählte ihm der Junge, dass er nichts lieber täte, als jeden Tag hier zu sitzen. Und er versprach, wenn er groß werden würde, würde er immer wieder kommen.

Egal wie weit weg seine Reisen ihn eines Tages tragen würden. Er würde am Ende immer wieder hier stehen, an genau dieser Stelle unter dem Kirschbaum mit den wunderschönen Blüten und warten, um dem alten Mann von seiner Welt zu erzählen. In diesem Moment war die Welt einfach perfekt für die Beiden und das gesamte Haus. Und gemeinsam träumten alle von einer wundervollen, weitläufigen Zukunft. Nicht lange nach diesem Gespräch brach der kleine Junge zusammen. Niemand wusste wieso. Niemand wusste, wie man ihm helfen konnte. Eine Woche lang lag er im Fieber und der alte Mann ging jeden Tag zum Kirschbaum und betete für

die Genesung des Jungen, flehte den lieben Gott an, ihn zu sich zu nehmen anstelle dieses wundervollen, aufgeweckten kleinen Kindes. Er hatte die Welt bereits gesehen, er konnte gehen, ohne zu trauern, doch der Junge wurde von so vielen Menschen geliebt. Er hatte noch keine neun Sommer erfahren. Er wollte doch reisen und Erfahrungen sammeln, die Welt entdecken. Er durfte noch nicht gehen. Doch alles half nichts. Gott, sofern er hörte entschied anders. Die Zeit des Jungen war reif, um in den Himmel aufzusteigen. Und nach acht Tagen und acht Nächten im Fieber schlief er friedlich ein, an seiner Seite der alte

Mann, der ihn so sehr liebte und ihm versprach immer auf ihn zu warten, an ihrem gemeinsamen Kirschbaum, bis sie sich eines Tages wiedersehen würden. Der alte Mann lebte noch viele Jahre lang weiter. Nie vergaß er welches Versprechen er dem kleinen Jungen gab. Nie vergaß er, was der Junge sich gewünscht hatte, für seine Mutter, für all seine Freunde. Das Personal wurde weiterhin gut behandelt, erhielt alles was es brauchte und mehr im Gedenken an den kleinen Jungen, der die Welt und mehr für den alten Mann gewesen war. Und in all den Jahren verging kein Tag, an dem er nicht beim Kirschbaum saß, wartete, lauschte, hoffte. Ob er je wieder

die Stimme des Jungen hören würde. Und nachdem ein Jahr vergangen war, ohne dass der Junge wiederkehrte beschloss der Mann noch einen Baum zu pflanzen. Direkt neben dem ersten, sodass zumindest der Baum nie wieder alleine sein würde. Ein weiteres Jahr verging, ein weiterer Baum folgte. So zogen die Monate ins Land. Die Jahre wurden älter, so wie es auch der alte Mann wurde, doch nie vergaß er, an den Ort zurückzukehren, an dem er versprach zu warten. Aus drei Bäumen wurden alsbald vier. Aus vieren Fünf und aus Fünfen Sechs. So vergingen die Jahre, ein Jahrzehnt kam ins Land, Schließlich wurden es sogar zwölf Jahre, der Mann

wurde älter, schwächer. Dennoch lag er Tag für Tag zwischen den Bäumen, die eine kleine Lichtung bildeten, ein Schutzwall vor der Welt und zugleich ein Leuchtfeuer für den Jungen, sollte er je wieder zu ihm finden. Und so kam es, als das dreizehnte Jahr schließlich anbrach, dass der alte Mann erneut inmitten seiner Lichtung saß, sinnierend über den Jungen, den er so sehr liebte, als wäre es sein Sohn, und eine leise Träne stahl sich auf seine Wange, grade als ein leichter Frühlingswind durch die rosaroten Blüten fuhr, die Blüten durch die Luft schweben ließen, wie Tausende kleiner Feen und flüsternd an sein Ohr drang.

„Mein Freund…“ und da hörte der alte Mann die Stimme des Jungen zum ersten Mal seit dreizehn Jahren wieder und in diesem einen Moment des unbändigen Glücks verharrte er, flüsternd und lauschend, seinem alten Freund, dem Jungen, der ihm in hohem Alter noch ein Leben schenkte.“

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