Romane & Erzählungen
Blutgeld - Vom Leiden des Kapitalismus und dem Ende der Welt

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"Blutgeld - Vom Leiden des Kapitalismus und dem Ende der Welt"
Veröffentlicht am 06. März 2019, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Blutgeld - Vom Leiden des Kapitalismus und dem Ende der Welt

Blutgeld - Vom Leiden des Kapitalismus und dem Ende der Welt

Mit einem befreienden Seufzer streifte ich das Jacket von den Schultern, ließ es auf die teure Sitzlandlandschaft aus Echtleder fallen und goß mir einen Scotsch ein.

Der Tag war lang gewesen. Die Werkbesichtigung und danach das Geschäftessen mit den Chinesen, die Telefonate in der Limousine, das neue Angebot der Russen. Eine Partie Poker auf höchstem Niveau, nur das wir nicht in einem Spielcasino gesessen hatten. Und nun schlussendlich: Die Verdopplung meiner Forderungen durch die Chinesen und die Unterschrift. Eine Unterschrift über Aufträge, Produktion, den Transport von tausenden von Tonnen

Rohstoffen aus Südafrika nach Tokio, von Tokio nach Saudi-Arabien und von dort nach London. Oder war es Berlin? Madrid?

Die Details verschwammen nach 16 Stunden auf den Beinen bereits vor meinem inneren Auge. Welchen Unterschied machte es auch für mich? Wichtig war nur das eine unglaubliche Summe Geld in dieser Sekunde auf meine Konten transferiert worden war.

Ich nahm noch einen Schluck Scotch, lockerte meine Krawatte und trat ans Fenster.

Aus dem 38. Stock, in welchem meine Hotelsuite lag, hatte man eine  beeindruckenden Ausblick über die

ganze Stadt. In diesem Moment überragte ich alle anderen Häuser, alle Bäume, alle Menschen.

Der Scotch tat seine Wirkung. Meine Kopfschmerzen ließen langsam nach.

" Komm, lass uns in de Whirlpool gehen."

Ich hatte ihren Namen vergessen, zierlicher Körper, lange blonde Locken. Große Brüste, aber nicht operiert. So mochte ich es am liebsten.

Sie ließ ihren teuren Pelz  auf die Liegelandschaft gleiten und schenkte sich ebenfalls ein Glas Scotch ein.

Etwas bewegte sich dort draußen, ich drehte wieder den Kopf und sah aus dem Fenster. Tief unten, viele Stockwerke

unter mir, sah ich Menschen. Ganze Menschenmassen, Frauen Kinder und Männer. Sie alle schienen aus jeder einzelnen Seitenstraße zu strömen in Richtung des Giganten aus Glas und Metall, an dessen Spitze ich stand.

Je genauer ich hinsah desto mehr fiel mir auf, wie viele von Ihnen wankten, stolperten, hinfielen. Manche blieben auf den Knien zurück, spuckten Blut ehe sie kraftlos zur Seite sanken.

Frauen hielten Kinder in den Armen, Männer stellten sich vor ihre Frauen und reckten die dürren und abgemagerten Hände in die Höhe, ehe das Blut auch an ihrem Kinn hinunterlief.

Jene, die den Hotelkomplex erreichten

schlugen mit kraftlosen Händen auf die Panoramascheiben ein, doch außer Schlieren aus Blut hinterließen sie keine Kratzer auf der Trennwand zwischen diesen beiden Welten.

" Was ist den los mit dir? Das heiße Wasser und eine Massage werden dir gut tun." Ein aufreizendes Kichern hinter mir, dann ein lautes Klirren und ein unterdrückter Fluch.

Ich drehte mich zu ihr, weg von dem Schauspiel in der Nacht dort draußen.

Das Glas war ihr aus der Hand gefallen und auf dem Boden zerschlagen, beim Versuch es aufzufangen hatte sie sich mit einer Scherbe geschnitten und presste nun die andere Hand auf den Schnitt an

ihren Arm.

" Es tut mir Leid, es ist mir aus der Hand gerutscht." presste sie zwischen den Zähnen hervor.

" Lass mich mal sehen." ich trat zur ihr und nahm ihren Arm in meine Hände.

Der Schnitt war kurz aber relativ tief. Ich zog die Augenbrauen nach oben. Es floss kein Tropfen Blut und dort wo eigentlich die offene Wunde klaffen sollte, sah ich unter der aufgerissenen Haut etwas anderes. Dollarscheine. Als wäre sie eine Puppe, die jemand von innen mit Geldscheinen ausgestopft hätte, welche nun durch den Schnitt nach draußen quollen.

" Du solltest das verbinden, auch wenn

die Wunde nicht groß ist." sagte ich geistesabwesend, meinen eigenen Augen nicht mehr trauend.

Sie lachte auf: " Ja, aber damit hat sich der Whirlpool wohl erledigt. Dann geht es wohl direkt ins Schlafzimmer."

Sie huschte in die Küche und ich hörte das Klappern als sie nach dem Erste Hilfe Kasten griff.

Ich leerte meinen Scotch in einem großen Zug und trat wieder ans Fenster.

Der Boden war nun bereits lückenlos mit Sterbenden bedeckt, doch es strömten immer mehr von ihnen aus den Seitenstraßen, den Häusern und scheinbar jeder Ecke. Sie marschierten über ihre gefallenen Vorläufer, blutetet

wie diese und starben scheinbar genauso. Nichts als Blutspuren auf dem kristallklaren Glas der Eingangstüren. Ihre Münder formten Schreie, doch hier oben hörte ich nichts.

Ich dachte wieder an die Dollarnoten, welche sich durch den Schnitt im Arm meiner Begleitung nach oben drückten. Verglich diesen Gedanken mit dem Blut dort unten auf der Straße. 16 Stunden auf den Beinen. Zu viele Drinks mit den Chinesen, zu viele E-Mails, zu viele Anrufe. Meine Augen waren schwer und mein Kopf pochte wieder.

Ich drückte den Knopf an der Wand und die Stahljalousien fuhren geräuschlos vor den Fenstern herunter, verdeckten von

Sekunden mehr den Blick auf die Geschehnisse auf den Straßen.

Ich hörte wieder ihre Schritte hinter mir.

" Sag mal, " meine Stimme war seltsam dünn und kratze im Hals, ich brauchte wohl noch einen Drink, " Was ist wenn wir nicht das Richtige tun?"

Wieder ihr affektiertes Lachen.

" Selbst wenn es das nicht ist, uns wird es schon nicht umbringen. Zumindest nicht heute Abend."

Die Jalousien waren komplett heruntergefahren. Trennten uns beide von was immer dort draußen auch passierte.

Ich griff mit der Rechten nach der Scotchflasche und schritt langsam in Richtung Schlafzimmer.

" Nicht heute Abend. " murmelte ich.

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Gast Als Anfang nicht schlecht doch viel zu einseitig und es hört einfach auf.Warum schreibst du nicht mal weiter
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