Vorbemerkung
Ja, auch Männer sind eitel.
Jedenfalls kann es nicht schaden sich verschönern zu lassen.
(Beitrag zur Schreibparty 74 - alle Vorgabewörter verwendet)
Gute Unterhaltung!
Copyright: G.v.Tetzeli
Cover: G.v.Tetzel
Internet: www.welpenweste.de
Styling
Gut, liebe Leser, ich bin nun leider nicht in einem Alter, in dem man mit einem Irokesen Schnitt Mädels begeistern kann.
Mit 60 wirkt es etwas, sagen wir mal, overdressed. Aber auch in meinen Memoiren findet sich nichts, das als etwas Besonderes hätte gelten können. Damals waren meine Haare, meine Zauseln, lang gewesen, aber eben auch erbärmlich. Irgendetwas muss ich tun, wollte ich mich nicht mit dem Scheiterhaufen einer Existenz abfinden. Ich komme mir nämlich gewöhnlich, um nicht zu sagen, einfach vor. Und das ganze Geschwätz, das man so hört, von wegen innere Werte, das können sie bei der
Balz vergessen! Das Aussehen ist es, das groovt! Schauen Sie sich doch mein Profilbild an! Brille, sonst fad. Blöder Wulstmund, verkniffene Augen, wie will man da punkten? Und das allerschlimmste, man sieht mir mein Alter an. Am ganzen Haupt schaut die Haartracht einfach verboten aus.
Da hatte ich eine Idee! Gehe doch zu einem Stylisten, einem Profi. Da ist die Verjüngung keine gedachte Schrulle mehr, keine Utopie, sondern da werden unter handwerklicher Kunst mindestens 10 Jahre gewonnen!
Es galt also den richtigen Künstler herauszufinden. Der Internet Recherche sei Dank, fand ich mich bei Salon Schnittgut ein.
Gleich zwei Haararchitekten sprangen um mich herum. „Ein Glas Sekt oder einen Kaffee“, offerierten sie.
Ich akzeptierte beides und war sehr nervös. Man begibt sich schließlich nicht jeden Tag in fremde Hände. Sie besahen sich die Haarpracht genauer.
„Das linke, das ganz lange Haar“, entschuldigte ich mich, „das lege ich immer quer rüber, damit der etwas kahle Ansatz verdeckt wird.“
Arnold meinte: „Also so schlimm ist es auch wieder nicht.“
Wir hatten, vielleicht auch durch den Sekt, bereits eine etwas sozial enger maschige Atmosphäre aufgebaut. Das Du und die Anrede mit Vornamen hatten sich von selbst
ergeben. Susi jedenfalls machte mir Mut.
„Das Beginnen von Stellen, die nicht so behaart sind, das ist in ihrem Fall wirklich nicht tragisch. Es ist außerdem nur an diesem einen Ansatz. Eher würde ich etwas gegen mangelnde Fülle unternehmen. etwas mehr Locken!“
Arnold hatte einen Ordner herbeigebracht, in dem wir blätterten.
„Färben müssen wir sowieso“, meinte er fachmännisch, „dieses grau..“
Ich nickte traurig.
Verschiedene, äußerst kunstvolle Frisuren waren im Katalog abgebildet.
„Wie wäre es mit dieser da?“
„Ach nee, da komme ich mir ja vor wie zu Fastnacht.“
Wir berieten uns intensiv und während der ganzen, folgenden Aktionen wurde begleitendes Monitoring nicht vernachlässigt. Ich wies auf eine Stelle. „Ja, richtig, diesen Wipfel werden wir etwas kürzen müssen.“ Es wurde gewaschen, gefärbt, onduliert, gekämmt, gebürstet, geföhnt. Am Schluss wurde an den Konturen rasiert, bis es geschafft war. Schließlich bekam ich das Ergebnis aus allen Blickwinkeln über einen Spiegel angezeigt. Ich war mehr als beglückt. „Ein Traum, fantastisch“, meinte ich und zahlte gerne die erste Rate für das Crysler Gebäude.
Meine Holde bekam mich erst am Abend zu Gesicht.
„IIIHH! Um Gottes willen, was ist das“, schrie sie.
Ich blickte herunter.
„Stelle es dir doch als Blume vor.
Ein hellblaues Veilchen mit abgerundeten Blütenblättern und Stempel.“
Sie fiel in Ohnmacht.
Ich frage mich, ob eine rote Betunie weniger narkotisierend gewesen wäre.