Romane & Erzählungen
Das Brot von Daniels #3

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"Das Brot von Daniels #3"
Veröffentlicht am 19. Januar 2019, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Das Brot von Daniels #3

Das Brot von Daniels #3

"Du solltest das Brot von Daniels probieren, Bobby", sagte Bobbys Mutter am Frühstückstisch. Diesmal löffelte Bobby Cornflakes mit Milch in sich hinein. "Keine Lust, Mum." "Probier doch mal! Es ist körnig und köstlich." "Will lieber Cornflakes." Die Mutter wandte sich ab und begann, Butter, Brot und Marmelade wegzuräumen. "Nie probierst du mal was Neues." Bobby schlang die Cornflakes herunter. "Es ist wirklich ein herrliches Brot, das Brot von Daniels." Sie seufzte. Sie stellte die Butter in den Kühlschrank und schloss ihn. Die Schüssel mit Cornflakes war nun leer. Nur ein paar Krümel schwammen noch in einer kleinen Milchpfütze. Bobby trank den Rest Orangensaft und stand eilig auf. "Okay, Mum. Ich geh raus." Sie seufzte wieder. "Geh nur Spielen, Bobby. Denk dran, dass Oma heute Mittag vorbei

kommt. Sie wäre enttäuscht, wenn du nicht da bist." "Ja, Mum." "Oma findet auch, das Brot von Daniels ist das körnigste und köstlichste, das sie seit Langem gegessen hat." Sie lächelte. "Und es ist gar nicht so teuer, wie man vermuten würde." Bobby nickte ihr abwesend zu und ging zur Tür. "Bis später, Mum." Als er vor die Haustür öffnete, sah er Oliver, der sofort zurück zuckte, als ob er einen Stromschlag bekommen hätte. Er machte einen Satz nach hinten und wäre fast hingefallen. "Man", sagte er. "Hast du mich erschreckt." Bobby runzelte die Stirn - dann grinste er. "Sorry." "Wollte gerade klingeln und dann geht plötzlich die Tür auf." Bobby trat hinaus und schloss die Haustür. "Das ist Timing." "Kann man wohl

sagen." In der Stadtmitte war es laut. Von Überall her plärrten Kofferradios und Ghettoblaster ... aus Läden und vorbeifahrenden Autos drönte Musik, aus Wohnungen schallten die Fernseher. Ein akustischer Wulst aus E-Rotic und Helene Fischer, Bon Jovi und Pur, Santiano, Kenny G., die Amigos, Right Said Fred ... und alles war durchsetzt von Sprachfetzen aus 'Reich und schön', 'Gute Zeiten, schlechte Zeiten' und anderen Soap-Operas. Eine Tonkulisse des Schreckens. "Voll der Krach", sagte Oliver. Bobby runzelte die Stirn. Aus Harrys Laden kam zum Glück kein Laut. Wenigstens Einer, der nicht diesem kollektiven Wahnsinn verfallen war. Was ist mit den Leuten los?, dachte Bobby. Klar, Erwachsene waren komisch und oft rücksichtslos, aber so einen Krach hatten sie nie veranstaltet.

"Echt übel", sagte Bobby. Sie gingen an einer Bäckerei vorbei und Bobby blickte beiläufig auf das Schild über dem Eingang. Daniels. Er blieb stehen. Oliver bemerkte es und drehte sich um. "Was ist?" "Mum redet städig von diesem Brot von Daniels." Bobby blickte durch das Fenster in den Laden. Das Geschäft schien gut zu laufen - Kunden standen Schlange vor einer Theke, an der ein ein dünner Mann mit schmalem Gesicht stand und sie bediente. Er hatte schwarze Haare, die nach hinten gegelt waren. Bobby ging näher an das Fenster und schaute sich den Mann genauer an. Er bewegte sich irgendwie seltsam, fand Bobby. Woher dieser Eindruck kam, konnte Bobby nicht genau sagen. Die Bewegungen wirkten irgendwie ... einstudiert. "Was machst du da?", sagte Oliver hinter

ihm. Bobby erwiderte nichts. Der Mann im Laden drehte sich plötzlich zum Fenster hin schaute Bobby direkt an. Dann grinste er. Es sah aus, wie das Grinsen eines Raubtiers. Kleine, spitze Zähne. Bobby erschrak und fuhr zurück. Er fühlte sich, so als ob er bei etwas Verbotenem erwischt worden war. Das war natürlich lächerlich, das wusste er, aber er konnte dieses Gefühl nicht unterdrücken. Hastig drehte er sich vom Fenster weg. Er schaute nicht wieder hin - der Mann machte ihm Angst. Dieses Grinsen ... "Gehen wir weiter", sagte er und setzte sich in Bewegung. Oliver hetzte hinterher. Dabei war ihm sowieso schon heiß genug. "Was rennst du denn so?", keuchte er. "Ich mag den Kerl nicht." "Wen?" Bobby ging wieder etwas langsamer. "Daniels.

Der Kerl in der Bäckerei." "Was hat er denn getan?" "Mich angegrinst." Bobby schauderte, als er sich daran erinnerte. "Ja, und?" "Ich mag ihn nicht", sagte mit Bobby mit Nachdruck. Oliver zuckte mit den Schultern. "Ich mag auch viele Leute nicht." Bobby schwieg. Das Hupen eines Autos schnitt durch die Kakophonie des schlechten Geschmacks. "Herrlich körnig und köstlich, das Brot von Daniels", sagte Bobbys Oma. Dann aß sie einen Happen Schweinebraten. Bobbys Mutter nickte. "Ist wirklich kein Vergleich zu Weißbrot. Und gar nicht teuer." Sie stocherte mit der Gabel in den Kartoffeln auf dem Teller. "Früher hatten wir immer so ein Brot wie das

von Daniels, damals in den 60ern. War auch gar nicht teuer, damals war das Brot ja billig, und körnig war es - köstlich rustikal", sagte Oma. "Ich kann mich daran noch aus meiner Kindheit erinnern", sagte Mutter und nickte wieder. "Die Kruste habe ich immer geliebt - eine wirklich rustikale Kruste." "Und köstlich war sie", warf Oma mit vollem Mund ein. Bobby schlang den Schweinebraten mit Rotkraut und Kartoffeln in sich hinein. Ihn nervte das Gerede. Ständig redeten sie über dieses blöde Brot - selbst dann, wenn sie gerade Schweinebraten aßen. Das war absurd. Er wollte schnell mit dem Essen fertig werden und dann wieder raus gehen. Aber er wusste, dass er nicht einfach aufstehen und gehen können würde, wenn er seinen Teller leer gegessen hatte. Das sei unhöflich, hatte seine Mutter ihm erklärt. Er verstand nicht, weshalb es unhöflich wäre. "Früher gab es immer gutes Brot", sagte Bobbys

Vater. Es war der erste Satz, den er gesprochen hatte, seit sie bei Tisch saßen. "Gut, günstig und körnig", sagte Oma. Die Mutter nickte eifrig. "Ja, ja, Brot war früher immer günstig." "Früher war vieles günstig", sagte Bobbys Vater. Bobbys Oma kaute ein Stück Schweinefleisch, schluckte es runter und sagte: "Das Brot von Daniels ist so körnig und günstig, wie das Brot der alten Tage. Ein köstliches Brot, wie es so in dieser Form heute nicht mehr üblich ist." Bobbys Mutter legte die Gabel auf ihren Teller, der nur zur Hälfte leer gegessen war. "Und wenn es heutzutage mal ein Brot gibt, das an das Brot von früher herankommt, dann ist es meistens viel zu teuer", sagte sie. "Das Brot von Daniels hingegen ist ausgesprochen günstig." "Fast so günstig, wie das Brot der alten Tage", sagte Oma. "Und man bekommt so viel für sein Geld", sagte

Mutter. "Es ist ein wirklich herrliches Brot", sagte Oma nickend. "Herrlich körnig und günstig. Da isst man auch die Rinde mit." Oliver warf einen Stein auf einen kleinen See, der im Park lag. Als der Stein aufschlug, bildeten sich Kreise auf der Wasseroberfläche. "Meine Mum redet auch ständig davon", sagte er, in Gedanken versunken. Der Stein versank lautlos und Bobby beobachtete, wie das Wasser sich wieder beruhigte. "Von was?" "Von Daniels' Brot." "Scheinen ja alle verrückt danach zu sein." Oliver setzte sich auf die Wiese. "Ist irgendwie komisch. Den ganzen Mittag über hat sie davon geredet, wie körnig und köstlich das Brot ist." "Hast du es probiert?" "Ne, steh nicht so auf Körnerbrot." "Ich auch

nicht." Ein Vogel flog über den See und kreischte. Es war eine Krähe. "Ich find' das irgendwie komisch", sagte Oliver. "Ich auch. Dieser Daniels ist mir auch echt nicht geheuer." "Dieser Daniels, was ist das für ein Typ?" Bobby wollte nicht an das Grinsen denken - doch er konnte es nicht verhindern. Diese Zähne ... "Er ist gruselig". sagte er. "Ein dünner Kerl mit -" Er verstummte. Oliver runzelte die Stirn. "Mit was?" "Er hat kleine, spitze Zähne." "Wie ein Katze?" Bobby dachte nach. Ja, irgendwie sahen die Zähne aus, wie die einer Katze. Nur ohne die ausgeprägten Eckzähne. "Irgendwie schon." Oliver stand auf. "Komisch", sagte er. Das war es auch, fand Bobby. Solche Zähne hatte niemand, den er kannte. Als wäre er kein Mensch ... Bobby erhob sich und gähnte. Es war

noch nicht spät, erst 19 Uhr. Doch er hatte die letzte Nacht schlecht geschlafen. Das Grinsen von Daniels war ihm im Traum erschienen. Im Traum war Bobby nachts durch Fallmount gelaufen (warum, das wusste er nicht mehr), und gerade als er am Wald angelangt war, hatte er ein Geräusch gehört. Er hatte sich umgeschaut, doch es war nichts zu sehen gewesen. Gerade, als er dachte, dass er sich das Geräusch nur eingebildet hatte, war Daniels aus dem Wald getreten und hatte ihn angesehen. Dann hatte er gegrinst - mit seinen Katzenzähnen ... Bobby bekam eine Gänsehaut. Irgendetwas stimmte mit dem Kerl nicht, fand er. Bemerkten die Erwachsen das nicht? "Muss langsam mal nach Hause", sagte er. "Gibt bald Abendessen." "Ich auch. Hoffentlich gibt es nicht das Brot von Daniels." Bobby musste grinsen. Das Ganze war zu kurios. "Hoffe ich auch."

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baesta Upps, das wird ja schon fast gruselig (auf Gruselgeschichten stehe ich leider nicht so sehr). Na mal sehen, wie es wieter geht.
LG Bärbel

(Kleiner Tipp: Auf S. 5 oben 3. Zeile - Laden würde ich groß schreiben. Ansonsten Rechtschreibung perfekt)
Vor langer Zeit - Antworten
Drollibaer Ja, es geht wohl in Richtung Grusel. Aber nicht brutal oder so, eher weird.
(Fehler wurde korrigiert)
Gruß
Vor langer Zeit - Antworten
Eifelfee Eine interessante Geschichte, die mich daran glauben lässt, dass es noch eine - geheimnisvolle - Fortsetzung gibt? ;)
Liebe Grüße zum Wochenende
Anne.
Vor langer Zeit - Antworten
Drollibaer Danke, ich denke, dass ich das zu Ende geschrieben bekomme. Jeden Tag ein bißchen. Mal sehen, wie lang es wird. :E
Gruß
Vor langer Zeit - Antworten
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