Fantasy & Horror
Cursed Shadow - - Verliebt in einen Dämon

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"Cursed Shadow - - Verliebt in einen Dämon"
Veröffentlicht am 02. April 2018, 1106 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Hey =) Ich bin neu hier. Ich hatte mal einen Acc.. nur irgendwie lässt dieser sich nicht mehr zurücksetzen und ich weiß die Daten nicht mehr xD naja egal. Ich zeichne, zocke und schreibe gerne. Mehr Infos kommen noch =)
Cursed Shadow - - Verliebt in einen Dämon

Cursed Shadow - - Verliebt in einen Dämon

Mein Leben

Mein Herz raste. Der kalte Nachtwind fegte durch mein Haar, während sich jeder einzelne Muskel meines Körpers panisch verkrampfte. Mein Abendkleid flatterte unruhig umher, als ich mich ungewollt einem tiefen Abgrund näherte. Ich klammerte mich ängstlich um den Hals eines Mannes, der mich sicher in seinen Armen trug. Sollte ich ihn nur Mann nennen? Viele bezeichneten ihn als Monster. Doch er nannte sich, Schattenmann. Stürmisch lief er immer weiter. Er

rannte. Er floh. Wir mussten hier weg. Schnell! Eine entscheidende Situation, in welcher er so bedachtsam reagierte, wie er es lange nicht mehr musste. Ein Zeichen dafür, dass es um Leben und Tod ging. Flüchten war nie eine Option gewesen. Außer in dieser Nacht. Sein Albtraum. Und nun auch meiner. Ich erkannte den Abgrund immer deutlicher. Schwarz und unendlich tief. Je näher wir diesem kamen, desto fester krallte ich mich an den Mann, der vor kurzem mit mir unter dem Sternenhimmel tanzte und mich doch vor einiger Zeit töten wollte. Der mich nun rettete und doch nur weiter in seine Hölle hineinzog.

Der von allen gefürchtet wurde, doch mein tiefstes Vertrauen gewann. Vor dem ich einst versuchte zu fliehen, doch den ich am Ende nicht mehr vermissen wollte. Plötzlich spürte ich, wie er mich fester griff. Ich starrte mit aufgerissenen Augen geradeaus. Kein Wort traute sich aus meinen Mund. Schließlich stieß er sich vom Boden ab und sprang mit mir in die grauenhafte Tiefe. Wie konnte es nur so weit kommen? Wie konnte es passieren, dass mein Leben diesen Weg wählen würde? Und wieso wollte ich nichts dagegen tun

Der Schattenmann

Draußen war es finster und kalt. Ein sanfter Wind fegte durch die Straßen und nur die Laternen erhellten die kleinen, verlassenen Wege. Es war eine perfekte Nacht, um schaurige Horrorfilme zu genießen und vor Furcht das Kissen zu umschlingen. Nami und ich hatten es uns auf ihrem Bett bequem gemacht. Zusammen lagen wir vor ihrem kleinen rosa Laptop und genossen die Ruhe des Abspanns. „Der war ja öde! Wir hätten lieber einen anderen Horrorfilm gucken sollen.“, störte Nami die Ruhe, während sie den Laptop zuklappte und sich vom Bett

aufraffte. Ich sah ihr hinterher und bewarf sie mit dem letzten Süßkram aus der Schüssel vor mir. „Hee! Ich fand den ganz gut. Natürlich war der gruselig, auch wenn er alt ist.“ „Du bist ja auch ein Angsthase.“, lachte sie mich aus. Während sie wieder über mich lachte, räumte sie leere Flaschen zur Seite und warf den restlichen, auf dem Boden verteilten Müll weg. Ich beobachtete sie grimmig, doch sie streckte mir nur dreist die Zunge entgegen. Eigentlich hatte sie sogar Recht. Ich war schon immer ein Angsthase und würde es wohl auch immer bleiben. Aber wer will das schon

zugeben? „Bin ich gar nicht!!!“, maulte ich also. Nami sah mich verdächtig an und zog eine Augenbraue hoch. Dann näherte sie sich dem Lichtschalter und legte ihren Kopf schief. „Ach ja?“, fragte sie mit einem fiesen Unterton. Ich fing an zu grinsen. Denn wir wussten beide, dass ich  Unrecht hatte. Nami und ich waren schon sehr lange befreundet und daher kannte sie mich schon besser als mein Vater. Ich wusste nicht warum, aber sie war immer für mich da. Schon seit ich denken konnte war sie an meiner Seite. Andere Freunde hatte ich nicht. Und andere Freunde

brauchte Nami nicht, obwohl sie schon immer beliebt war. Sie wollte immer nur bei mir sein und mir helfen. Die beste Freundin die ich haben konnte. Einen Moment war es leise. Sie biss sich kurz auf ihre Lippen und sah nachdenklich zur Tür. Es schien, als würde sie sich über etwas Sorgen machen. „Was hast du? Hast du etwa selber Angst?“, fragte ich aus dem Affekt heraus und musste breit lächeln. Sie schüttelte den Kopf und kam wieder zu sich. „Pa! Ich und Angst?“, dann zeigte sie mit dem Finger auf mich. „Du sagst, du bist kein Angsthase? Na das will ich

mal testen! Schalte das Licht aus und sag es!“, grinste sie mich plötzlich überzeugt an. Schnell wich ich etwas zurück. „Was? I.. Ich weiß nicht was du meinst!“, log ich und hob die Hände. „Du weißt sehr wohl was ich meine.“ Sofort lief sie auf mich zu und hockte sich schmunzelnd neben mich auf das Bett. Ihre Stimme wurde leiser und tiefer. „Du erinnerst dich doch bestimmt die Geschichte die ich dir heute erzählt habe.“, fragte sie und näherte sich mir ganz langsam. Ich begann verwirrt zu stottern. „Die... die Geschichte? Von diesem Schattenmann? Diesen Mythos den du mal im Internet gelesen hast?“ Scheinheilig versuchte ich meine Angst

zu vertuschen und sah weg. „Oh ja!“, sie rückte mir etwas näher und faste mir an die Schulter. „Du weißt was ich meine! Schalte das Licht aus, stelle dich in den Raum und ruf ihn! Zwei mal musst du den Spruch sagen!“ Amüsiert betrachtete sie meine Unsicherheit. Ein ungutes Gefühl überkam mich. Mein Magen zog sich zusammen. Was sollte ich dagegen sagen? Wenn Nami etwas wollte, dann geschah es auch. „Pff. Das ist doch nicht dein Ernst oder?“, belächelte ich die Situation und sah sie unglaubwürdig an, in der Hoffnung, dass sie aufgeben würde. Doch ich erhielt nur ihren aufgeregten, verspielten Blick. Das bedeutete also

unterschwellig, dass es ihr Ernst war. „Ehrlich jetzt?“, rollte ich die Augen. Sie sprach ganz schnell um mich zu überzeugen: „Dann verspreche ich hoch und heilig, dich nicht mehr Angsthase zu nennen!“, plapperte sie und wartete auf meine Antwort. Kurz sah ich zum Lichtschalter und überlegte. Die ganze Zeit mit ihrem stechenden Blick von der Seite, der mich immer mehr bedrängte. Es sollte doch zu schaffen sein, einen dummen Spruch zwei Mal aufzusagen, oder? Ich wollte ihr zeigen, dass ich keine Angst hatte! Aber, wie konnte ich das, wenn ich doch Angst hatte? Mein Grübeln brachte sie zum Lachen.

Sie stand direkt auf und kicherte. „Hihi. Ich weiß doch was du denkst! Das geht ganz schnell! Zack, zack. Fertig! Du kleiner Feigling.“ „Das ist gar nicht witzig…“, nuschelte ich mürrisch. Mehr wollte ich nicht erwidern. Es erschien mir sinnlos ihr Kommentar zu beantworten, und Diskussionen verlor ich doch sowieso immer. Also riss ich mich zusammen! Entschlossen nickte ich, wenn auch nicht ganz freiwillig. „Oke…“, bestätigte ich schüchtern. Ein lautes: „GUT!“ schrie Nami durch den Raum. Sie drehte sich sofort um und hopste zur Tür. „Ich mache das Licht eben aus! Und du musst es laut genug sagen ja!? Zwei Mal!“ Wieder nickte ich

schweigend und sah ihr einfach nur hinterher. Dieses Mal aber mit sehr viel mehr Angst und einem drückenden Magen. Dann stand auch ich auf. Nami wartete bereits im Flur auf mich und starrte in das Zimmer. Auf was hatte ich mich eigentlich eingelassen?! Aber es sollte doch nichts passieren. Ich glaubte nicht an übernatürliches, auch wenn ich Angst davor hatte. Also wollte ich es einfach hinter mich bringen. Ich nickte mir selber zu und drückte meine Fäuste zusammen. „Ich kann das...!“, versuchte ich mir selber Mut zu machen. Dann stellte ich mich in die Mitte des Raumes, den Rücken zu Nami gedreht und sah mich kurz um. Meine

Augen waren so weit aufgerissen, als wenn schon vorher etwas passieren könnte. Dann machte ich noch einen sicheren Blick über meine Schulter. Nami hob ihren Daumen. „Du schaffst das!“, grinste sie und schaltete das Licht aus. Nur das Flurlicht schien in den Raum, durch einen kleinen Spalt der Tür. Doch langsam wurde auch dieser immer dünner, bis die Tür sich mit einem Klacken schloss und im Bogen eingerastet war. Stille. „Wie bescheuert…“, schnaufte ich und legte meinen Kopf in den Nacken. - Irgendwie ging mir das alles zu schnell.

Ich hätte einfach auf meine Meinung beharren sollen! Jetzt muss ich da wohl durch. - „Muss ich echt jetzt?“, fragte ich laut. Mit meinen Händen spielte ich aufgeregt an meinem Pullover herum. Ein dumpfes „Jaa!“, kam mir von der anderen Seite entgegen. Aber ich versuchte der Situation weiter auszuweichen. „Das ist doch echt idiotisch! Wir sind doch keine Kinder!“ Ein ungewöhnlich nervöses „Mach schon!“, hörte ich nun von ihr. Warum drängte sie mich so? Ich biss die Zähne zusammen. Noch einmal sah ich mich in dem nun dunklen Zimmer um. Durch die Lücken in den Jalousien am Fenster drang etwas

Laternenlicht von draußen hinein. Und langsam gewöhnten meine Augen sich auch an die Finsternis. Das große Bett und die Regale am Fenster konnte ich schon etwas erkennen. Doch für mehr reichte meine Konzentration nicht mehr. Überall nur Schatten, gruselige Schatten. Ich hatte eine Gänsehaut, als wenn ein Geist direkt hinter mir stehen würde. Ein letztes Mal holte ich tief Luft und schüttelte den Kopf. „Jetzt geht es los. Ich werde es machen! Ich werde einen Dämon rufen. Ich rufe einen Dämon! Ich werde es machen!“, faselte ich leise und tätschelte meine Wangen. „LOOOS!“ brüllte es aus dem Flur. Sofort schreckte ich zusammen und drehte mich um,

„BOA! JA!“ Vor Angst hielt mir meine Hand auf die Brust und stellte mich wieder aufrecht hin. Dann noch etwas auf der Stelle hüpfen und die Arme aus schlackern. „Dann mal los…“, sagte ich mir selber und schloss die Augen. „Also los! Schattenmann! Ich habe keine Angst. Komm her und zeig mir was du kannst! Los! Schattenmann! Ich habe keine Angst. Komm her und zeig mir was du kannst!“, brüllte ich in den Raum und presste meine Augenlider fester zusammen. Krampfhaft runzelte ich vor Angst die Stirn und traute mich nur ganz langsam meine Augen zu öffnen. Doch es war leise. Niemand war dort. Ängstlich blickte ich umher. Am liebsten

hätte ich mich wie eine Maus in ihrem Mauseloch verkrochen. Mein Herz begann zu rasen. Es pochte so stark, dass ich es bis zum Hals spüren konnte. Mein Bauch schmerze vor Aufregung und ich konnte nur schwer atmen. Voller Furcht versuchte ich im Raum etwas zu erkennen. Es wirkte so schaurig düster. Alles war leise. Selbst Nami war nicht aus dem Flur zu hören. Kein Schattenmann, keine Geräusche, nur Stille. Aber es war niemand da. Kein Dämon. Jetzt lächelte ich wieder und atmete auf. „Siehst du Nami! Ich habs gemacht.“, entspannte ich mich und löste meine verkrampfte Stirn. „Nami?“ Doch ich

erhielt keine Antwort. „Nami! Keine Scherze jetzt!“, grinste ich unsicher und legte meine Hand auf den Schalter. Doch die Lampe an der Decke reagierte nicht. Hektisch bewegte ich den Regler herauf und herunter. „Warum geht das nicht?“ - Nami will mich doch nur ärgern! – Also wollte ich nun die Tür schnell öffnen. Ich griff nach dem Henkel und wollte mit Schwung die Tür aufreißen. Aber sie bewegte sich nicht. Egal wie sehr ich daran zog, sie ließ sich nicht öffnen. Ich klopfte gegen die Holztür. „Hallo?! Mach auf! Das ist nicht witzig!!!“ brüllte ich wütend. Ich merkte wie mein Körper immer wärmer wurde. Mit ganzer Kraft rüttelte ich an dem Knauf. „Mach auf!“

Ich stampfte gegen die Tür. „NAMI! Mach auf!“ Mich überkam wieder die Angst. Panisch füllten sich meine Augen mit Tränen. Meine schwache Stimme wurde leiser. „Bitte! Bitte! Ich…-“ Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir. Ich riss die Augen auf, denn ein kalter Hauch lief über meinen Rücken. Es war wie ein kalter Atem, der sich mir näherte. Ich war wie versteinert. „Nami…?“ flüsterte ich. Meine Hände zitterten. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Nur sehr langsam nahm ich die Hand zurück. Ich spürte jemanden hinter mir.  Angst durchfuhr meine Knochen, Adrenalin schoss in die Höhe, Schweißperlen liefen meiner Stirn

entlang. Auch wenn mein Körper sich umdrehen wollte, hielt meine Angst mich jedoch auf. Langsam kamen die Schritte näher. Ich konnte es hören. Das langsame Laufen. Luft zu holen wurde immer schwerer. Es fühlte sich an, als würde mir etwas die Brust zu schnüren. Ich konnte mich nicht bewegen. Die Schritte kamen näher und näher. Meine Beine wurden schwer. Sollte ich schreien? Die Schritte waren fast bei mir. Sollte ich mich umdrehen? Ich biss die Zähne zusammen und riss die Augen auf. Panisch drehte ich mich um und sah dem Klang der Schritte entgegen. Plötzlich war es wieder still.

Ich blickte in den düsteren Raum und versuchte etwas darin zu erkennen. Das Bett stand an seiner Stelle und auch die Couch und der Fernseher. Doch was war das in mitten des Raumes vor mir? Plötzlich blieb mir der Atem stehen und mein Blut gefror. Ein Schatten war zu sehen. Eine Person stand im Raum und beobachtete mich. Oder wollte meine Angst mir nur einen Streich spielen? Ich fixierte diesen Schatten also ganz genau. Stand dort wirklich jemand? Leicht kniff ich die Augen zu und trat vor, aber erstarrte verschreckt. Dieser Schatten gehörte nicht in den Raum! Ich hielt die Luft an.

„Was?!“ Plötzlich bewegte es sich auch auf mich zu! Es war so schnell. Vor Schreck warf ich mich rückwärts auf den Boden. Es krachte. Ich hielt mich auf den Händen und kroch in die Ecke neben der Tür. Mit starrendem Blick erkannte ich, wie diese Person auf mich zu stürmte. „Du hast mich gerufen.“, hörte ich eine Stimme flüstern. „Sei mir nützlich, indem du stirbst.“ Wie gelähmt starrte ich diesen Schatten an. Eine eisige Hand packte mich plötzlich am Hals. Ich war hilflos. Ich hatte solche Angst. Dann wurde ich zur Seite geworfen. Ich wurde brutal in den Raum geschleudert und fand mich am

Boden liegend wieder. Erst versuchte ich mit meinem Armen Halt zu finden und drehte mich schockiert um. Doch ehe ich mich besinnen konnte, kniete sich dieser Schatten locker vor mich und griff erneut meinen Hals. „Nein! Nein! Warte!“, kam es panisch aus mir, und ich versuchte mich noch weiter zurück zu lehnen. Doch ganz langsam kam seine eisige Hand mir näher, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Er drückte mich einfach zu Boden und würgte mich. Ich versuchte nach Luft zu schnappen. Ich hatte keinen klaren Gedanken mehr. Nur Panik! Pure Panik! Ich haute mit Armen und Beinen um mich. Ich versuchte Lärm zu machen

und hoffte auf Hilfe. Wo war Nami? Konnte das wirklich gerade passieren? Auch als ich versuchte seine Hand von mir zu drücken, hatte ich keinen Erfolg. Mir wurde so heiß. Mein Kopf dröhnte. Tränen kullerten bereits an meinen Schläfen hinunter. Dann erkannte ich etwas metalisch, glänzendes über mir. Ein Dolch. Ich griff wieder seinen Arm an meinem Hals und versuchte damit den Druck zu lockern. „Warte!“, versuchte ich ihn aufzuhalten. Und riss meine Hand hoch. „Ich… ich will dir anders nützlich sein! Es … tut mir… leid.“, keuchte ich atemlos mit letzter Kraft. Mir wurde langsam schwindelig. Es

fühlte sich an als würde mein Kopf platzen. Sollte ich nun hier sterben? Sollte ich tatsächlich hier und jetzt getötet werden? Meine Augen wurden immer schwächer. Sollte ich mich also nun dem Augenblick ergeben? Wie dumm ich nur war. Wieso hatte ich das mitgemacht? Warum habe ich mich dazu überreden lassen? Bevor ich bewusstlos wurde, lockerte sich sein Griff plötzlich und er nahm den Dolch herunter. Ich konnte wieder atmen. Verstört stemmte ich mich sofort zur Seite und rang nach Luft. Ich keuchte. Ich hustete. Mein Herz schlug so sehr, dass es beinahe stehen blieb. Meine Hände zitterten so sehr. Mein Blick war

wie benommen. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Meine Gedanken waren so konfus. Hatte ich doch überlebt? „Anders nützlich?“, hörte ich seine Stimme fragen. Dann stand er wieder auf. Von mir kam jedoch noch keine Antwort. Ich hustete nur und atmete schwer. Ich hielt meinen Hals fest und drehte mich zu ihm. Noch immer konnte ich es nicht glauben. Ich konnte nicht fassen was passierte! Grob packte er mich nun am Arm und zog mich hoch. Ich war noch immer so schlaff und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Schwach gebeugte ich mich vor und stützte mich an meinen Beinen. Schwer atmend sah ich zu ihm

auf. Er schaute mich mit stechend hellen Augen an. Seine Nähe verbreitete Angst in mir. Die schwarze Schattengestalt. Direkt vor mir. Doch kaum zu erkennen. „Gib mir einen Grund dich nicht zu töten.“, sprach er zornig. „I…. I… ich… kann dir vielleicht helfen!“, stotterte ich gedankenlos. Noch nie hatte ich eine solche Angst in meinem Leben. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Es platzte einfach aus meinem Mund. Mein Wille zu überleben war größer als alles andere in diesem Moment. „I… Ich helfe dir! Und du lässt mich am leben!“, jauchzte ich voller Angst und hustete wieder. Ich spürte schon gar nicht mehr wie die

Tränen weiter an meinen Wangen herunter kullerten. Langsam wandte er sich von mir ab und sah weg. „Ein Packt?“, fragte er nachdenklich und spielte an der Spitze des Dolches. „Ja! Ja! Ein Packt!“, antwortete ich schnell und nickte ihm immer wieder zu, in der Hoffnung, gnädig mit mir zu sein. „Hm…“, er drehte sich weg und lief in den Raum hinein. In diesem Moment versuchte ich mich zu fangen und einen klaren Gedanken zu bekommen. Ich raffte mich wieder etwas auf und auch meine Atmung beruhigte sich. Mit Angst saß ich da und beobachtete ihn zitternd. Schließlich drehte er sich mir wieder zu und streckte mir seine Hand entgegen.

„Angenommen!“, sagte er und schaute mich wartend an. Der Schattenmann starrte mich wieder mit seinen tief blickenden Augen an und schwieg. Verdattert hob auch ich meine schwache Hand und schlug ein. Er war so kalt. Was hatte ich nur getan? Er hielt meine Hand fest. Plötzlich spürte ich etwas Warmes auf meiner Handfläche. Je länger er meine Hand hielt, desto mehr hatte ich das Gefühl, meine Kraft zu verlieren. Mein Körper wurde schwer und meine Arme schwach. Was war das? Sollte ich nun doch sterben? Benommen blickte ich noch einmal zu ihm auf. „Träume schön.“, sagte er zuletzt und strich mit seiner

Hand vor mein Gesicht. Alles begann vor mir zu verschwimmen. Ich merkte nur noch, wie sich meine Augen verdrehten und ich die Kraft über meinen Körper verlor. Benommen fiel ich in einen tiefen, dunklen Schlaf. Schwach stand ich in einem endlosen schwarzen Raum. „Du widerst mich an!“, hörte ich jemanden schreien. Dann erschien ein alter Mann vor mir. „Du bist nicht besser als dein Vater!“ Er schrie und erhob seine Hand gegen mich. „Warum gibt es dich nur?!“ Ich fand mich im Körper meines jungen Ichs wieder. Dieser Mann kam mir

bekannt vor. Er hasste mich. Das wusste ich. Doch ich stand hilflos dort und tat nichts. Als er ausholte um mich zu schlagen, schepperte plötzlich etwas zu Boden. Ich drehte mich um. Dann öffnete ich erschrocken die Augen. Es war nur ein Traum. Meine Augenlieder müde geöffnet, starrte ich in die Leere ohne mich zu bewegen. Mein Körper fühlte sich schwer und schlaff an. Einen Moment lang verarbeitete ich still den Albtraum der mich nur kurz beunruhigte. Erst langsam realisierte ich, dass ich schon länger auf etwas helles und funkelndes blickte. „Ein… Kamin?“,

flüsterte ich mir selber zu. Feuer brannte in ihm und wärmte mich. Es war so schön warm und angenehm. Als ich mich langsam auf meine Hände stemmte, bemerkte ich die rote Couch, auf der ich lag. Mir gegenüber knisterte das Feuer in einem riesigen, prachtvollen Kamin. Verschlafen rieb ich mir die Augen. Unter mir lag ein wunderschöner großer Teppich. Die Couch war bequem und hier war es ruhig. Nichts war zu hören, als das zarte Knistern des Feuers. Ich brauchte etwas Zeit um mich zu sammeln. Wo war ich? Was war das letzte, an das ich mich erinnern konnte? Hatte ich nicht schreckliche Angst? Sollte ich nicht sterben? War ich tot?

Nein. Perplex sah ich auf. „Hä?“ Ich schaute verwundert umher. Immer wieder bewegte ich meinen Kopf nach links und rechts. „Was war den nochmal passiert?“, fragte ich mich und legte meine Hand nachdenklich auf meinen Kopf. Wie ein Blitz erfasste es meinen Körper. Es fiel mir wieder ein. „Der Schattenmann!“, schrie ich laut und sprang panisch auf. Ich hatte seinen stechenden Blick vor Augen. Und seinen Versuch mich zu töten. Die Erinnerung an seine eisige Hand an meinem Hals, stärkte meine Furcht. Doch wo war er? Und wie war ich dort hingekommen? Irgendwer musste mich her gebracht haben! Mit schnellen Schritten rannte ich

in den Raum hinein. „Hallo? Nami?!“, fragte ich laut und sah mich um. Im gesamten Raum standen Regale, die mit Büchern gefüllt wurden. Sie wurden nicht nur hineingestellt, sondern sie waren hineingequetscht und an jeder Ecke hingen die Bücher unordentlich heraus. Egal wohin ich sah, überall lagen Bücher. Tausende von Büchern auf Tischen, in den Regalen und einige Stapel auf dem Boden davor. Es sah aus wie eine uralte Bibliothek, in welcher niemand mehr jemals ein Buch lesen würde. Rechts neben der Kaminecke, war eine riesige Tür. Sie war mit goldenen Schnörkeln verziert und erschien pompös

und antik. Der Raum bestand aus zwei Stockwerken. Eine kleine, steile Wendeltreppe führte hinauf zu noch mehr Regalen mit ebenso vielen Büchern. Doch warum Bücher? Warum war ich in einer Bibliothek? Neugierig schaute ich mich weiter um. „Hallo?! Hallooo?! … Was mache ich denn hier?“ Fassungslos drehte ich mich einige Male und blickte an die Decke. Nirgends waren Fenster angebracht, aber auch keine Lampen und trotzdem war alles sehr hell. Dann lief ich durch die Regalreihen. Kein Buchrücken war mit einem Titel bezeichnet. Einige schienen alt und zerfleddert. Einige Lederdeckel waren

zermackt und andere waren beinahe unberührt. Erwartungsvoll nahm ich ein Buch heraus und schlug die erste Seite auf. Jede Seite war handgeschrieben. Doch dort standen keine sinnvollen Sätze. Zu lesen waren nur aneinandergereihte Namen. „Andy, Makoto, Hector…“ und auch die nächsten Seiten verschluckten einfach nur Namen. „Seltsam…“, ich schlug das Buch wieder zu und stellte es wieder weg. Dann wandte ich mich wieder in den Raum. Immer wieder richtete ich meinen Kopf in die Höhe. Denn so einen riesigen Raum hatte ich noch nie gesehen. An einer Wand, links neben der Kaminecke, erkannte ich noch eine einfache,

unscheinbare Holztür. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich durch die prachtvolle Tür gehen sollte, die scheinbar der Ausgang war, oder ob meine Neugier mich zu der kleinen Tür führen sollte. Ich stand mitten in der Halle und drehte mich einige Male fragend herum. Ich blickte nach links, nach rechts, drehte mich um und blickte auf die obere Etage. Als mein Blick wieder herunter wanderte, erkannte ich einen großen, mit Gold umrandeten Spiegel zwischen den Regalen stehen. Doch er hing nicht an der Wand, stand aber auch nicht auf dem Boden. „Der schwebt ja!!!“ Entsetzt riss ich die Augen auf. „Wie funktioniert

das?!“ Mein Herz wollte sich nicht beruhigen und trotzdem wollte ich diesen Spiegel berühren. Denn meine Neugier war stärker als meine Angst. Erst starrte ich nur mein Spiegelbild aus der Ferne an. Dann traute ich mich doch, langsam auf ihn zuzulaufen. Kaum näherte ich mich dem Spiegel, zischte es plötzlich aus ihm. Er funkelte plötzlich und kleine Blitze leuchteten auf. Sofort erschrak ich und zuckte zusammen. Hatte ich etwas mit dem Spiegel gemacht? Verängstigt rannte ich hinter das nächste Regal und versteckte mich. Doch neugierig schaute ich um die Ecke um mit angehaltenem Atem zu beobachten, was

passierte. Der Spiegel schlug leichte Wellen, wie auf einer Wasseroberfläche. Die Spiegelung wurde immer milchiger und verschwommener. Dann sah ich ein Bein dort hinaus treten, danach folgte der Körper. Ich hielt die Hand erschrocken vor meinem Mund. Ein junger Mann lief aus dem Spiegel heraus. Durch den Kloß in meinem Hals konnte ich kein Wort sagen. Ich starrte nur auf diese Person, die den Raum betrat und duckte mich etwas auf den Boden, hoffend nicht entdeckt zu werden. Nachdem er komplett hindurch gelaufen war, blickte er direkt zu mir hinüber. Seine Kleidung war voller Blut, das auf

den Boden tropfte. Er war wohl ebenso verwundert, mich dort hocken zu sehen, wie ich verwundert war, ihn dort hinaus spazieren zu sehen. Erschrocken hielt ich die Luft an. Hatte er mich etwa direkt erkannt? Meine Augen hätten nicht größer sein können! Meine Haare standen zu berge. Starr bewegte ich mich nicht. Am liebsten hätte ich meinen Kopf im Sand versteckt. Doch langsam näherte er sich mir. Der Mann wirkte wie ein normaler Mensch, war sehr groß und hatte einen düsteren Blick. Er trug knarrende Lederstiefel und eine braune Lederweste. In seiner rechten Hand hielt er einen blutigen Dolch, dessen Schneide auf den

Boden gerichtet war. Mit jedem Schritt verteilte er eine längere Blutspur am Boden. Das Knarren der Stiefel kam immer näher. Schweigend lief er auf mich zu. Wer war er? Was wollte er? Ich konnte mich vor Aufregung nicht bewegen. Noch immer entlief kein Ton meinen Lippen. Was sollte ich nur tun? Ich war ängstlich doch fasziniert zugleich. Doch das Schweigen und seine seltsame, mysteriöse Art bedrückten mich. Seine Anwesenheit bereitete mir Angst. Warum lief er zu mir? Ich sollte mich lieber in Sicherheit bringen. Unauffällig verschwand ich nun hinter dem Regal und lehnte mich mit meinem

Rücken an. Und dachte nach. Langsam huschte ich schließlich am Regal entlang und hielt meine Hand vor dem Mund um nicht laut zu atmen. Dann hörte ich wieder diese Schritte. Plötzlich erschreckte ich und blieb perplex stehen. Denn ich erinnerte mich an diese Schritte! Jeder Schritt, jedes knarren seiner Lederstiefel erzeugten in mir einen schnelleren Puls. Es waren die gleichen Schritte wie in der letzten Nacht! War er etwa der Schattenmann? Rasch schlich ich mich zum Regalende und setzte mich verängstigt hin. Meine Hände begannen zu zittern. Eingeschüchtert blickte ich hinter mich. Doch der Mann war mich nicht gefolgt.

Ich schluckte aufgebracht. Dann richtete ich mich wieder nach vorn. Plötzlich sah ich ihn direkt vor mir hocken. Wild schreckte ich auf. „WAS?!“, schrie ich und sprang auf. Der Schock riss mich direkt nach hinten. Erst stolperte ich über einen Stapel Bücher, danach rannte ich einen Tisch um. „Nein! Geh weg!!!“, ich fuchtelte tollpatschig mit meinen Händen vor mir. Bis ich schließlich zu Boden plumpste. Es krachte laut. Dann fand ich mich auf dem harten Steinboden wieder. Erst robbte ich mich etwas nach hinten, dann hob ich meinen Arm schützend vor mein Gesicht und kniff die Augen zusammen. „Nein! Bitte! …“, zitterte meine

Stimme. Er starrte mich währenddessen mit hochgezogener Augenbraue an. Während ich voller Angst auf dem Boden lag, wurde sein leises, vergnügtes Lächeln immer breiter. Es passierte nichts. Er sagte nichts. Ein paar Mal blinzelte ich mit den Augen. „.. W… Was..?“ Dann sah ich duckend zu ihm auf. Unsere Blicke trafen sich eine Weile. Er sah mir tief in die Augen. Obwohl sein Gesicht etwas mit Blut befleckt war, lächelte er mich lieb an. Ich blickte ihn erstarrt an und traute mich nicht zu reden. „Erholsam geschlafen?“, unterbrach er nun die Stille. Seine Stimme wirkte ruhig

und zutraulich. Er grinste und ließ sein Messer mit einem Schnipsen in grauen Nebel verpuffen. Gleichzeitig verschwand auch all das Blut was er an sich hatte. „Tu mir nichts!“, flehte ich, während ich mich zusammenkauerte. Dann kam er mir langsam näher. „Lass mich!“, sagte ich wieder und hielt die Hände vor mich. Vor lauter Angst kamen mir beinahe die Tränen. Der Junge kniete sich interessiert neben mich. „Es ist für mich unmöglich dir etwas anzutun. Wir haben einen Pakt geschlossen.“, versuchte er mich zu beruhigen. Es dauerte eine kurze Zeit, bis ich meine Hände von meinem Gesicht nahm. „W…

was für einen Pakt?“, fragte ich zögerlich. Er zuckte mit den Schultern. „Tja, du hast mich gerufen! Und mich herausgefordert! Und dann hast du mit mir einen Pakt geschlossen!“, antwortete er selbstverständlich.  „Das weißt du doch noch?“ Ich rieb mir die Augen und richtete mich zum Boden. „Hmh..“, nickte ich schwach ohne begreifen zu wollen was geschehen war. „Na du wirst mir ja eine tolle Hilfe sein!“ Er lehnte sich etwas zurück und kratzte sich den Kopf. Meine Angst hielt mich zaghaft zurück, doch neugierig fragte ich ihn. „Bist du…-“ „Der Schattenmann?“, unterbrach er mich. „Ja, der bin ich.“, sagte er ernst und stellte sich

selbstsicher vor mich. Erstaunt sah ich zu ihm auf. Das sollte der Schattenmann sein? Der Mann aus der Nacht? Langsam verstand ich, dass es die Realität sein musste. –Was ist nur passiert?- Ich atmete schwer. Dann sah ich herab. Eine kleine Träne kullerte an meiner Wange entlang als ich darüber nachdachte was ich getan hatte. Ich winkelte meine Knie an und umklammerte meine Beine. Ich war nicht zuhause. Ich war nicht bei Nami. Ich war irgendwo. Ich war bei einem Fremden. Ich war alleine. Nachdem ich meinen Kopf auf meine Beine legte, begann ich nun leise zu wimmern.

Ich wollte es nicht fassen. Aber ich musste mich mit meiner Lage abfinden. „Und… das ist kein Traum?“, flüsterte ich traurig. „Natürlich nicht. Wie ist dein Name?“, antwortete er grummellig und stellte sich mit seinen Händen in den Hosentaschen vor mich. Verwirrt sah ich ihm in seine hellen Augen. „Ehm.. eh.. Yuki...", antwortete ich zögerlich. „Setz dich lieber noch ein wenig an den Kamin und beruhige dich, Yuki.“, meinte er und drehte mir wieder den Rücken zu. „Ich habe keine Lust hier meine Zeit mit einem weinenden Mädchen zu vergeuden.“, motzte er und lief von mir

weg. Sprachlos sah ich ihm nach. Dieser Junge ignorierte mich und setzte sich an den Tisch an der Couch. Anscheinend beachtete er mich nicht mehr. Ich bekam seine geballte Ignoranz zu spüren und fühlte mich vollkommen verloren. Eine Weile saß ich noch dort am Boden. Er lief manchmal durch die Bibliothek ohne mich anzusehen. Es lief sogar an mir vorbei, ohne mich anzusprechen. Mir war nicht bewusst wie lange ich noch auf dem Boden saß. Ich schaute eine Weile auf meine Hände. Dann streifte ich mir durch die Haare. Zwischendurch blickte ich auch an den Regalen entlang. Meine Gedanken

schweiften umher. Doch langsam wurde mir klar, dass ich nicht weiter grübeln, sondern etwas tun sollte! Noch immer schweigsam, schaute ich hinter mich. Dieser Junge saß auf der Couch und schrieb etwas mit einer Feder. Ich beobachtete ihn eine Zeit lang. Er war sehr blass, seine Haut war fast weiß. Seine etwas zotteligen Haare waren pechschwarz. Einige Strähnchen fielen ihm ins Gesicht. Dabei trug er eine braune Weste und ein weißes Shirt, eine schwarze Hose und alles war mit Schnallen und Lederriemen geschmückt. Seine Hosenbeine verschwanden in seinen dunkelbraunen Lederstiefeln. Er war groß und muskulös. Aber

zusammenfassend wirkte er nicht wie ein Dämon sondern wie ein einfacher Mensch. Ob er merkte, dass ich ihn ansah? Je länger ich ihn betrachtete desto weniger Angst hatte ich. Ständig lief er durch den Raum, nahm ein Buch, las etwas, stellte es zurück, setzte sich an den Tisch bei der Couch, schrieb etwas und stand wieder auf. Das ging eine ganze Weile so. Nach langer Beobachtung merkte ich, wie mein Rücken langsam schmerzte. Der Boden war zwar nicht kalt, jedoch irgendwann sehr ungemütlich. Also stand ich auf. Ich richtete meine Kleidung etwas, und näherte mich zögerlich der

Kaminecke. Er saß mit dem Rücken zu mir und beachtete mich nicht. „D… du..?“, stotterte ich und legte meine Hände schüchtern hinter meinen Rücken. Er drehte sich nicht zu mir aber antwortete mit einem tiefen: „Hm?“ Ich wischte mit meinem Fuß nachdenklich über den Boden. „Ehm… also… ich… was passiert denn nun?“, fragte ich endlich. Nach dieser Frage legte er die Feder weg. Dann machte er mit seiner Hand eine leichte Bewegung und das Buch, das vor ihm offen lag, schloss sich auf magische Weise von allein. „Hast du dich beruhigt?“, fragte er als erstes. Jetzt blickte ich ihn erwartungsvoll an

und nickte. Er wirkte zwar mürrisch aber nicht mehr so angsteinflößend. „Na dann. Ich erkläre es dir.“ Seine Stimme klang beruhigend. Doch ich hatte  Angst vor dem, was er als nächstes sagen würde.

Das Fuchsmädchen & der Fremde

Mein Atem blieb stehen. Es war einen Moment leise, als mein Blick den des Schattenmannes kreuzte. Ich konnte noch nicht realisieren war geschehen war. Wie kam es zu diesem unglücklichen Ereignis? Zu dem Moment, an welchem ich hier hin reiste? Warum war ich hier? Warum bei dem Schattenmann? Was trieb mich dazu, ihm zu folgen? Ich blickte ihm in die Augen und verstand langsam, dass der Zwang mich hier hin drängte. Aber wie kam es zu diesem Zwang? Warum musste ich alles schlimmer machen? Warum konnte ich mich nicht

zusammenreißen, und hätte bei Nami bleiben können? Nun war ich alleine. Ohne Nami. Ohne meine Freundin, die mich immer unterstützte. Ohne meine Freundin, die ich immer um Rat fragen konnte. Ohne Nami, die doch immer an meiner Seite war. Wir waren immer zusammen. Es gab keinen Tag, an welchem wir uns nicht sahen. Es gab keinen Moment, an welchem wir nicht an den anderen dachten. Zuhause wartete nur die Einsamkeit auf mich. Ich beschloss mich von dieser Einsamkeit nicht mehr beherrschen zu lassen und lebte die meiste Zeit bei

Nami. So wie mein Vater täglich weg war, mussten auch Namis Eltern immer das Haus verlassen. Ihr Bruder studierte im Ausland und ihre Eltern waren auf Geschäftsreisen. Somit schien unsere Freundschaft perfekt. Wir konnten immer für den anderen da sein. Auch wenn uns diese Einsamkeit verbündete, waren meine Gedanken oft bei meinem Vater. Er arbeitete schwer und tat alles um mich glücklich zu machen, selbst wenn er mir nichts, außer seiner Liebe schenken konnte. Wir lebten zu zweit in einem kleinen Bungalow, welches genügend Zimmer bot und Platz für uns beide hatte. Meine

Mutter starb während meiner Geburt. Das konnte mein Vater nie verarbeiten. Er war ein sehr lieber Mann, der Seelisch jedoch zerfallen war. Nach dem Tod meiner Mutter brach sein Leben in sich zusammen. Er verlor seinen gut bezahlten Job und baute Schulden auf. Selbst mich hätte er beinahe verloren aufgrund unzureichender Umstände für ein Kind. Doch ich hätte ihn nie verlassen wollen! Der Vater meiner Mutter trug viel dazu bei, unser Leben zu verschlechtern und es meinem Vater so schwer wie möglich zu machen. Er hasste uns. Er machte uns für den Tod meiner Mutter verantwortlich. Und das ließ er uns

spüren. Davon ließ mein Vater sich nicht unterkriegen. Er kämpfte für mich! Nach vielen Rückschlägen raffte er sich wieder auf und versuchte mich nicht im Stich zu lassen. Welche Opfer er dafür bringen musste, war mir damals nicht klar. Für mich schien meine Kindheit einfach perfekt, mit einem perfekten Vater. Jeden Morgen stand er am Herd und machte mir ein ordentliches Frühstück. Montags und Mittwochs gab es Pfannenkuchen. Dabei tanzte er immer wild umher und summte Lieder vor sich. Ich musste immer lachen, da er seine Tanzkünste wohl von einem betrunkenen Waschbären abgeguckt hatte. Meine

Tanzkünste hatte ich wohl von ihm gelernt. Dann half er mir in meine Jacke und lief Hand in Hand mit mir zur Schule. Ich sah ihn immer nur lächeln. Für mich war er immer mein großer Held. Ich fühlte mich aber groß genug um den Heimweg alleine zu bewältigen. Er holte mich nur selten ab, doch auf diese Tage freute ich mich immer am meisten! Dann liefen wir einen kleinen Umweg am Bach entlang und kamen an einem Spielplatz und Eiskaffee vorbei. Wenn es im Sommer zu heiß war, kaufte er mir meine Lieblingskugeln Eis und ich spielte an dem Springbrunnen in der Nähe. Im Winter jedoch gab es eine heiße Tasse

Schokolade. Egal welche Jahreszeit war, ich freute mich so sehr, wenn er mich abholte. Er selber kaufte sich jedoch nie etwas. Er sagte immer, dass er keine Milch mag. Somit blieb das Eis oder der Kakao nur für mich. Was das aber wirklich bedeutete, fand ich erst sehr spät heraus. Mit der Zeit wurde ich älter. Mein Tunnelblick, der nur auf die schönen Dinge gerichtet war, breitete sich aus und langsam erkannte ich auch die schlechten Seiten im Leben. Sein Gesicht verlor mit der Zeit immer mehr das breite Lächeln und gewann an Augenringen und Falten. Mir wurde erst später bewusst, dass er sein letztes Geld

nur für mich ausgeben wollte. Immer trug er die gleichen Schuhe. Ignorierend wie viele Löcher in der Sohle waren, oder wie oft er seine Schnürsenkel nach dem Reißen wieder zusammen knoten musste. Eines Nachts, blieb ich länger wach als ich sollte. Ich ließ mein Licht am Nachttisch an und las heimlich ein Buch. Doch die Stille wurde plötzlich durch ein leises Wimmern aus dem Flur unterbrochen. Neugierig schlich ich aus meinem Zimmer und blickte in den Flur. Das Geräusch kam aus dem Schlafzimmer meines Vaters. Ich schlich leise über die Holzdielen und

blickte heimlich durch einen kleinen Spalt in das Zimmer meines Vaters. Diesen Anblick würde ich niemals vergessen. Ich erschreckte leise und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Ich sah, wie er auf dem Bett saß und ein Bild meiner Mutter in seiner Hand hielt, während er noch die verschmutzte Kleidung seiner Arbeit trug. In diesem Augenblick wurde mir klar, welche Lasten mein Vater zu tragen hatte. Jeden Tag und jede Minute in der ich ihn nicht sah, Arbeitete er hart. Er belud Lastwagen mit riesigen Paketen, putzte Toiletten und zwischendurch half er auf einem Baugelände. Er schuftete ohne mir zu zeigen, wie schlecht es ihm

ging. Das alles machte er nur für mich. Für seine kleine Tochter, die er über alles liebte und nicht verlieren wollte. Ich hatte mich nie getraut, ihn auf diesen Abend anzusprechen. Eines Tages zeigte er mir am Frühstückstisch zwei Eintrittskarten. Sie waren für den Zoo. Mein Vater wollte mit mir einen „Vater- Tochtertag“ erleben, nachdem ich in die 5te Klasse wechselte. An diesem Tag wollte er mich direkt von der Schule abholen und mit mir meine Lieblingstiere ansehen. Ich hätte ihn schon mittags sehen können und konnte

den ganzen Tag Zeit mit ihm verbringen. Umso mehr freute ich mich auf diesen besonderen Tag! Ich konnte es kaum erwarten. Die ganze Zeit wippte ich auf meinem Stuhl und malte Tiere auf einem Stück Papier. Jede Pause nervte ich Nami mit dem gleichen Satz. „Mein Papa ist der Beste! Wir gehen in den Zoo! Mein Papa ist der Beste!“ Nami half mir sogar meine braunen Haare zu zwei Zöpfchen zu flechten. Ich zappelte mit meinen Beinen herum und spielte mit meinen Zöpfchen. Meinen Blick ständig auf die Uhr gerichtete, klingelte es endlich! Der Unterricht war vorbei. Ich packte meine Bücher ein und raste zum Tor. Selbst

Nami hatte ich vergessen zu verabschieden. Die anderen Kinder liefen an mir vorbei. Am Tor stand auch schon ein Mann den ich als meinen Vater erkennen wollte. Doch gerade als ich die Hand grinsend hob, holte er bereits ein anderes Kind ab. Es war nicht mein Vater. Beschämt erstarrte ich und stellte mich mit einem roten Gesicht an die andere Seite des Tores. Aber auch das konnte mir meine Laune nicht verderben! Also kicherte ich mir selber zu. „Nicht mehr lange und Papa holt mich ab! Das wird der beste Tag meines Lebens!“ Meine Gedanken schwirrten fröhlich umher. Welche Tiere wollte ich mir als

erstes ansehen? Gäbe es vielleicht auch Giraffen? Pinguine mochte ich am liebsten! Ungeduldig wartete ich und sah wie der Schulhof immer leerer wurde. Die Kinder rannten vom Hof. In kleinen Gruppen oder mit ihren Eltern. Auch der Parkplatz an der Seite wurde immer leerer. Weit im Hintergrund sah ich sogar aufgeregt einen Krankenwagen davon fahren. Und irgendwann drehte ich mich wieder zum Schulgebäude und erkannte nur noch einen verlassenen Schulhof. Nur Vögel pickten die letzten Brotkrumen vom Boden. Und noch immer wartete ich am Tor. Wahrscheinlich durfte mein Vater doch

nicht früher von seiner Arbeit gehen. Aber das war mir egal! Auch wenn er zu spät käme! Wir konnten den ganzen Tag noch zum Zoo! Ich wollte nicht zulassen, dass mir irgendetwas diesen Tag verderben konnte! Also wartete ich weiter. Nach einer Weile spielte ich alleine mit einer Malerei auf dem Boden. Hätte ich doch nur Nami verabschiedet. Sie hätte bestimmt noch mit mir gewartet. Jetzt war ich hier ganz alleine. Hatte er mich vergessen? Nachdem ich nun schon Stunden wartete, der Himmel sich mit dicken Wolken bedeckte und mich das Spiel langweilte,

dass ich alleine spielte, lief ich endlich betrübt zu meiner Tasche. Enttäuscht hielt ich meinen Rucksack fest in der Hand, blickte auf den Boden und lief los. Weinen wollte ich nicht. Nicht vor meinem Vater. Ich nahm den schnellsten Weg nach Hause. Den Blick niemals aufsehend. Auf den letzten Metern begann es zu regnen. Der Himmel weinte für mich. Endlich angekommen, öffnete ich die Tür in eine dunkle Wohnung. Es war niemand da. Wo war denn mein Vater? Ich hatte schon immer Angst vor der Dunkelheit. Immer wenn ich nichts sehen konnte, schloss ich meine Augen und hielt meine Hände vor meinem Gesicht,

bis es wieder hell wurde. Als ich die Tür schloss und im Türrahmen einrasten hörte, klingelte plötzlich das Telefon. Ich schreckte zurück und sah das Telefon auf dem Regal an. Es überkam mich ein seltsames, schlechtes Gefühl, dass mein Magen sich zusammenzog. Langsam näherte ich mich dem Klingeln und nahm das Telefon ab. Auf der anderen Leitung hörte ich meinen Großvater aufgebracht motzen. Er beschwerte sich, warum ich so lange wartete um an das Telefon zu gehen. Denn er musste mich zu sich holen. Mein Vater hatte einen Unfall. Als er sich auf dem Weg zu Schule beeilte um

mich abzuholen, wurde er von einem Auto angefahren. Mit einer Notoperation konnte sein Bein noch gerettet werden. Das war also mein Vater Tochter Tag. Der schlimmste Tag meines Lebens. Ab diesem Moment begann ich zu lernen, für mich alleine zu sorgen. Denn mein Vater wurde seitdem immer schwächer und wollte für uns beide stark sein. Es wirkte wie ein Wunder, dass genau Nami ab diesem Moment immer an meiner Seite war. Sie half mir bei allem, tröstete mich und interessierte sich für mich. Damit auch ich meinem Vater keine Last mehr war. Und jetzt war auch Nami nicht bei mir.

Ich war wieder alleine. Angespannt stand ich vor dem Schattenmann. Er saß noch immer auf der Couch, den Blick zu mir aufgerichtet. Wieder spielte ich beunruhigt an dem Pullover meiner Schlafkleidung. Er schaute mich entspannt an und merkte wie nervös ich wurde, je länger er mich betrachtete. Belächelte er etwa meine Angst? Warum sah er mich so lange an? Ich wurde immer nervöser. Ich stand mit nichts da und gleich sollte man mir alles erklären. Es wirkte als erinnerte er sich an etwas. Zögerlich runzelte ich die Stirn. „Was ist denn jetzt? Wolltest du

nicht..-“ „HALLÖÖCHEN!“, unterbrach mich plötzlich ein lautes Quietschen am Eingang. Panisch schreckte ich auf und drehte mich um. Der Junge rollte die Augen und sah genervt zur Tür. „Sollst du nicht klopfen?“, maulte er. Ein Mädchen kam glücklich durch die große goldene Tür gelaufen. Ein kleines, süßes Mädchen. Ein kleines, süßes Mädchen mit roten Haaren. Mit roten Haaren, zwei langen Fuchsohren und einem Fuchsschwanz. Sie lief direkt auf diesen Jungen zu mit den Händen hinter ihrem Kopf. „Ehh?“, überrascht wanderten meine Blicke immer wieder an ihr hinauf und

hinunter. „Shiro, Shiro!!“, rief das kleine Mädchen mich ignorierend und hopste glücklich zu dem Kamin. Dann blieb sie vor dem Feuer stehen und drehte sich verspielt zu dem Mann um. „Du sollst nicht immer so launisch sein, Shiro!“, lachte sie und wedelte mit ihrem Schwanz. Sie kicherte und grinste kindlich. Dann wanderte ihr Blick langsam auf mich und ihr Grinsen verging sofort. „HÄ? Wer bist du denn?“, fragte sie und kam neugierig auf mich zu. Verdattert blieb ich stehen und starrte sie an. Sie schnupperte neugierig an mir wie ein Hund. Dann sah sie zu mir auf und hob die Hand. „Ich bin Kitsune! Und du

bist?“, doch sie hielt kurz inne, „ … EIN MENSCH!“, schrie sie geschockt. „DUUUU bist ein Mensch! Shiro! Da ist ein Mensch! Hast du die schon gesehen? Ein Mensch! Hier?!“, schrie sie und fuchtelte mit ihren kleinen Armen hin und her. Immer mit einem ausgestreckten Zeigefinger auf mich. Sie riss die Augen auf und tanze vor mir herum um die Aufmerksamkeit des Mannes zu bekommen. Ich machte nur große Augen und sah mir verwundert dieses Schauspiel an. Sollte ich Angst vor diesem kleinen, süßen, quietschenden Fellball haben? Plötzlich schnellte ein Buch auf das kleine Mädchen zu. Es traf direkt ihren

Kopf, prallte von ihr ab und fiel zu Boden. „Sei ruhig!“, kam es wütend vom Schattenmann. „Ich weiß, dass sie da steht! Du solltest dich zügeln! Ihr Name ist Yuki! Sie hat einen Pakt mit mir! Ende!“, erklärte er mit böser Miene. „Aua… das tat weh…!“ kam es von Kitsune als Antwort und sie rieb sich jammernd den Hinterkopf. Der Junge wandte sich zurück zu seiner Feder und dem Buch. Er versuchte uns wohl wieder zu ignorieren. Dann sah das Mädchen mich wieder an. Kitsune lief mehrmals ungezügelt um mich herum und musterte mich. „Du siehst ja komisch aus! Man, hab ich schon lange keinen Menschen mehr hier

gesehen!“ Ich blieb stehen und schwieg. Was sollte ich antworten? „Du redest ja nicht so viel… Sag mal. Bist du eigentlich Fett? Oder was trägst du da?!“ Sie meinte damit meinen breiten Pullover, welchen ich zur Nacht bei Nami angezogen hatte. Dazu trug ich nur eine sehr kurze Hose. An den Füßen hatte ich nicht an. Nachdem sie mich auf mein Gewicht ansprach riss ich die Augen auf. „Was?! Sei mal nicht so frech du- WAA?!“, plötzlich zog sie mein Oberteil hoch. „Haha! Fett bist du nicht! Aber du hast große Brüste!“ lachte sie gehässig. Schnell, mit knallrotem Kopf zog ich

meinen Pullover wieder hinunter. „Was sollte das?!“, schrie ich und ging einen Schritt zurück. Doch das Mädchen reagierte gar nicht auf mich. Sie war schon längst wieder zu dem Jungen gegangen. „Kein Wunder, dass du sie im Pakt hast, Shiro!“, sagte sie und knipste ihm ein Auge zu. Dann hielt sie eine Hand an der Seite ihres Mundes und flüsterte mir zu. „Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Du musst wissen, er rastet oft mal aus, ist aber eigentlich total lieb!“, kicherte sie. „KITSUNE!“, brülle der Mann plötzlich, als hätte sie ein Geheimnis verraten. Er donnerte sein Buch zu. „WAS!“, begann er laut doch zügelte sich. „... Was

möchtest du eigentlich hier? Ich habe doch gesagt, dass ich für einige Tage nicht gestört werden will.“, beruhigte sich nun seine Stimme. Er legte seinen Kopf schief und schaute das kleine Mädchen an. „Ach ja!“ sie drehte sich zu ihm. „Du sollst zu Renekton! Ich habe einen Diener unten am Markt getroffen. Ich glaube es geht um die Gesichtslosen. Sonst macht es Bastet.“ Der Junge seufzte, „Ach dieses dumme Krokodil. Er weiß doch ganz genau, dass… ach egal.“, und stand auf. Er richtete kurz seine Kleidung und blickte zur Tür. „Dann werde ich ihn noch kurz warten lassen

müssen!“ Bevor er loslief, sah er zu mir herüber, wie ich ahnungslos einfach da stand, meinen Pullover noch immer fest umklammernd und nichts von dem verstand, was sie sagten. „Folge mir!“, meinte er nun wieder ganz ernst und schaute mich erzürnt an. „ ... Bleib dicht bei uns und lass dich von niemandem ansprechen oder mitnehmen! Spute dich. Ich brauche keinen, der nicht mithalten kann. Ob eine Seele mehr, oder weniger. Mir ist das gleich.“, sagte er und lief schließlich los. Mit seinem düsteren Blick machte er mir wieder Angst. Wer war er nur? Gerade sah er sogar noch ganz freundlich aus, bevor

Kitsune kam. Jetzt war er wieder so geladen. „Komm jetzt! Wir müssen etwas für dich besorgen!“, holte er mich aus meinen Gedanken. Überrascht schüttelte ich kurz den Kopf, dann nickte ich und lief ihm hinterher. „J.. ja!“ Im Hintergrund sah ich Kitsune mit einem breiten Grinsen die Tür öffnen. „Ich weiß zwar nicht, was er vorhat, aber es wird bestimmt aufregend!“, flüsterte sie mir zu. Aufgeregt waren meine Blicke nur auf die Tür gerichtet. Nervös formte ich mit meinen Händen Fäuste. Was würde auf der anderen Seite auf mich warten?

Die Tür öffnete sich langsam. Ich hörte jede Menge Gewusel. Waren es Menschen? Oder vielleicht noch mehr dieser Dämonen, die laut vor sich her lachten und schrien? Je mehr sie die Tür öffnete, desto klarer erkannte ich Stimmen. Kitsune richtete fragende Blicke auf mich. „Was ist denn? Du bist nervös oder?“ Gespannt fummelte ich an den Ärmeln meines Oberteils und schaute zu ihr hinunter. Sie erschien mir gerade als einzige Verbündete. Sie wirkte sehr nett. Anders als dieser Junge, der mal nett und dann wieder wütend wirkte. Sollte ich mich ihr anvertrauen? Eine andere Möglichkeit hatte ich gerade

nicht. Also nickte ich zögernd und versuchte ein kleines Schmunzeln zu zeigen. „Keine Sorge! Ich bin bei dir. Frag mich ruhig wenn du etwas wissen möchtest! Ich bin nicht so griesgrämig wie Shiro.“, lächelte sie lieb und nahm meine Hand. Ich war überrascht. Mit ihrem Mitgefühl hatte ich nicht gerechnet. Sie gab mir Mut. Das war ein gutes Gefühl nach diesem ersten Schock. „Ihr solltet nicht trödeln.“, sagte der Mann nun mürrisch und lief als erster durch die Tür. Ich hielt kurz die Luft an. Dann liefen Kitsune und ich ihm hinterher. Hinter der Tür lag ein leerer, kurzer

Gang. Er war weiß und hell. Der Boden, die Wände, so wie die Decke waren mit weißen Kacheln bedeckt. Am Ende des Ganges gab es nur eine weitere Tür, aus welcher wohl diese Stimmen kamen. „Das hier ist der Übergang!“, erwähnte das Mädchen nun. Ich blickte zur Seite. „Übergang…?“ „Ja! Dieser Gang bringt dich aus dieser Bibliothek heraus. Es ist eine Art Schutz, dass niemand so einfach hinein kommt.“, grinste sie nun stolz, mir ihr Wissen weiter zu geben. „Sind wir… im Himmel? Oder gehen wir in die Hölle …? Bin ich etwa doch tot?!“, frage ich ungestüm. „Sei still!“, kam es nun von dem Jungen.

Er drehte sich um und blieb vor der nächsten Tür stehen. „Es gibt keine Hölle und der Himmel ist nicht für uns bestimmt! Klar?!“ Zurückhaltend nickte ich ihm einfach zu. Ich erblasste und schluckte meine nächste Frage hinunter. „Eh… K… klar.“ Jetzt holte er tief Luft und mäßigte seine Wut. „Du darfst nicht so auffallen. Beeil dich! Und Kitsune! Wir gehen zuerst zu Mephisto. Wir müssen da durch.“, sagte er und drückte den Henkel hinunter. Verwirrt sah ich zwischen beiden hin und her. Wovon sprach er? Wo müssen wir durch? Doch ehe ich mich versah, öffnete sich die zweite Tür. Das war das Startzeichen.

Mir kam ein warmer Hauch entgegen und mein Herz begann zu klopfen. Gelbes Licht strahlte nun durch den Türbogen. Diese Stimmen wurden immer lauter. Ich war wie benebelt und blickte direkt in eine mir unbekannte, neue Welt. Hinter der Tür war eine riesige Halle. Überall liefen Massen von Wesen herum. Wesen, die wie ganz normale Menschen aussahen. Wesen die wie Tiere aussahen, sich aber wie Menschen bewegten! Wesen mit Schwänzen, Wesen mit Hörnern! Riesige Wesen! In unnatürlichen Farben! Aber was heißt hier denn noch unnatürlich? Alles lief und drängelte in einem

einzigen Gewühl. Meine Blicke wanderten nach links und rechts, nach oben und unten. Es gab viel zu viel auf einmal zu sehen. War ich geschockt, oder erstaunt? Anstatt mich zu beeilen, was mir mehrmals befohlen wurde, wanderten meine Blicke neugierig umher. Sogar in der Luft schwebten seltsame, kleine Flocken und Wesen. Manche waren dreckig und gruselig, doch andere waren putzig und bunt. „Was ist das hier?“ Ich war so verzaubert, dass ich ganz vergessen hatte meinen Mund zu schließen. Auch wenn vieles sehr gruselig aussah, war es doch einfach

wundervoll. Kitsune hielt noch immer meine Hand. Sie ließ mich diese Umgebung bestaunen und grinste vergnügt. Es gab mehrere Etagen. Weiter hinten konnte man über eine große Treppe hinauf und hinunter gehen. Beinahe wie ein Einkaufszentrum. Diese ganze Halle, ja fast schon Turm, wurde von 4 riesigen Säulen gehalten die vier Ecken des Gebäudes trugen. Alles war sehr natürlich gehalten in weiß/grauen Steinen oder einfachem Holz. Wir waren wohl auf der zweiten Etage. Wenn man über das hölzerne Geländer sah, erkannte man sehr tief unten einen Eingang, durch welchen so

viele Wesen ein und aus liefen. Lief man nach links, über den noch ruhigen Gang, an dem wir standen, erblickte ich sofort eine Masse von drängelnden und schupsenden Wesen, die auf engstem Raum über eine Art Markt stampften. Direkt auf der anderen Seite, quer über den Hof, war ein weiterer Gang, der wohl zu einem anderen Bereich führte. Stutzig wartete ich noch immer in der Tür. Der Junge lief etwas voraus und drehte sich kurz zu uns. „Jetzt kommt!“, maulte er genervt. Da blieb mir kurz das Herz stehen. „Da durch?", zögerte ich nur. Und blickte in die Masse. Ohne mich weiter zu beachten, lief der

Junge weiter und startete durch die Menge. „Hey! Warte!“, rief ich überfordert und lief ihm hinterher. Angespannt und verwirrt versuchte ich ihm hinterher zu rennen. Doch kaum war ich in das Getümmel hinein gelaufen, verlor ich ihn schon aus den Augen. Erschrocken blieb ich stehen und sah mich um. Plötzlich spürte ich, wie jemand meine Hand griff. „Yuki! Trenn dich nicht von mir!“, hörte ich Kitsune nur sehr leise, die mir nachgerannt war. Wir waren inmitten dieses Gewühls. Es war so laut und chaotisch. Die Wesen waren alle so riesig und breit. Ich hatte schwere Probleme dem Jungen hinterher

zu kommen. Denn immer wieder wurde ich zur Seite gedrängt oder der Weg war versperrt. Zwischendurch flog ein Schwarm von riesigen Insekten vor mir her. Es war wie der Strom eines Flusses dem man einfach nicht folgen konnte, da er in alle Richtungen floss. Viele blieben einfach abrupt stehen oder wechselten einfach die Richtung. Ich blickte von unten in die riesigen Gesichter von aufgequollenen Warzenmonstern und glitschigen Fischwesen. Die großen Wesen waren die schlimmsten. Die liefen einfach kreuz und quer herum, ohne sich umzusehen. Wir versuchten einfach weiter zu rennen. Auch wenn wir den Jungen aus den

Augen verloren hatten, so hatte ich ja noch Kitsune an der Hand, die wusste wohin wir gehen sollten. Zwischendurch murmelte sie vor sich hin und fluchte über die anderen. Für sie war es anstrengender, da sie nicht größer als ein Kind war. „Soll ich dich tragen?“, fragte ich sie und drehte mich während des Laufens zu ihr. „Was?“, hörte ich nur ganz dumpf von ihr. „Ob ich dich tragen soll!“, fragte ich wieder, doch plötzlich rempelte ich einen riesigen, grünen, dicken, stinkenden Golem an und ich blieb erschrocken stehen. „Hmh?“, grimmig sah er auf mich herab.

„Oh.. eh.. Entschuldigen sie.“, lächelte ich ihn verdutzt an. Obwohl sein Blick wütend und grimmig war, tadelte er mich nur mit einem stechenden Blick. Dann drehte er sich wieder desinteressiert von mir weg und lief weiter. Doch während er sich drehte, stieß er mich mit seinem riesigen, dicken Arm zur Seite und Kitsune und ich wurden auseinander gerissen. „Waa!“ Dieser heftige Schub riss mir den Boden unter den Füßen weg. Ich wurde zurück gedrückt und wackelte zwischen den Massen herum. Bevor ich umfallen konnte, schupste mich jedoch irgendein Echsenwesen weg und ich rannte die

nächste Person an. „Oh. Entschuldigung. Wa! Hey. Sorry. Ich.. will doch nur.. Aua!“ Immer wieder rempelte ich andere Wesen an, das mich wieder weg drückte und gegen ein anderes schupste. Alle hatten ihre Blicke nur geradeaus gerichtet und drückten mich einfach von sich weg. Sofort verlor ich die Orientierung und versuchte mich panisch umzusehen. „Moment! Hey!“ Erfolglos. Von links nach rechts drängelten sich alle durch die Massen. Wer nicht gegen den Strom ankam, hatte Pech. Mich überkam die Angst. Ich konnte mich kaum halten. Immer wieder wurde ich hin und her gerissen bis ich merkte, wie ich den Halt

auf meinen Beinen verlor. Mein Körper war wie gefesselt. Meine Schultern schmerzten. Meine Füße zitterten. Ich hatte Angst zu fallen. Sie würden einfach auf mir herum trampeln. Ich musste wenigstens stehen bleiben! Doch da war es auch schon geschehen. Ein letztes Mal wurde ich von einem großen Ork an der Schulter erwischt und ich fiel rückwärts zu Boden. Panisch versuchte ich bei jemandem Halt zu suchen, aber alle machten einfach einen Bogen um mich und wandten ihre Blicke von mir weg. Keiner Half mir. Also fiel ich. Ich sah wie die Masse immer größer wurde, ich merkte ich wie ich dem Boden

immer näher kam. Doch bevor das schlimmste eintrat und ich mich auf dem Boden wiederfand, fing mich plötzlich jemand auf. Kräftige Hände hielten mich fest und ich spürte einen warmen Körper hinter mir. „Aufpassen, junge Lady.“, hörte ich eine beruhigende Stimme sagen. Ich war ganz starr, jemand griff mich sanft an Rücken und Schulter und sah auf mich herab. Ich konnte nicht sprechen. Der Schock war zu groß. Ich blickte stumm in das Gesicht eines jungen Mannes, der sich leicht über mich lehnte. „Alles wieder in Ordnung? Hast du dir etwas getan?“, fragte er und schaute mich charmant an. Ich war wie gelähmt.

Seine Arme schützten mich. Niemand kam in unsere Nähe. Es fühlte sich so sicher an. Kein Wort kam aus meinen Lippen, denn ich spürte noch immer seine beruhigende und irgendwie bekannte Hand an meinem Rücken. Einen Moment lang blendete ich alles aus. Ich wollte gar nicht aufstehen und lag ruhig in seinen Armen. Keine Geräusche hörte ich um mich herum und die Massen verschwanden aus meinem Blick. Alles was ich sah, war dieser Mann, der mich aufgefangen hatte. Groß, kräftig, blond, strahlende grüne Augen, charmant, hübsch, perfekt. Noch immer lächelte er mich an. Sein Lächeln beruhigte mich. Mein Herz schlug

langsamer und meine Angst verging. Ich musste wohl träumen. So jemanden konnte es doch nicht geben. Als ich mich selber dabei erwischte, wie ich ihn anstarrte, kniff ich kurz die Augen zu und kam wieder zu mir. „Wie.. was?“ Mein Gesicht musste ganz rot gewesen sein. Doch er sah mich noch immer so lieb an. „Du hast dir doch nichts getan oder?“ Sanft streifte er einige Strähnen aus meinem Gesicht. Seine Berührung war so sanft. Er war mir so nahe und einen Moment lang hatte ich das Gefühl von vollkommener Sorgenlosigkeit. Warum kam er mir so bekannt vor? Warum tat seine Nähe mir so

gut? Doch ich sprang plötzlich auf und ging errötet einen Schritt nach hinten. In meinem Zustand traute ich mich nicht, ihm in die Augen sehen. „Alles gut!... Mir geht es gut!“, stotterte ich, „Danke. Ich… ich muss los...“ Ich war so nervös. Er kam mir so vertraut vor und doch hatte ich sein hübsches Gesicht noch nie gesehen. Doch ich musste mir bewusst machen, dass ich hier in einer anderen Welt war und ich wusste nicht, wer Freund und Feind war. Außerdem sollte ich mich doch beeilen, eher der Schattenmann wieder sauer werden würde! Schnell drehte ich mich um und wollte

Kitsune suchen. Doch der Junge faste meine Hand. Als ich seine Berührung spürte, wollte ich nicht weiter laufen. Ich ließ mich einfach von ihm halten. Was war das nur für ein Gefühl? Seine Anwesenheit, sie war so angenehm. „Du bist ein Mensch, oder?“, hörte ich ihn nun fragen. Dieser Satz traf mich wie ein Blitzt! Ich wich zurück und sah ihn schockiert an. „Was?!“, fragte ich mit aufgerissenen Augen. Aber er ließ mich los und lächelte mich liebevoll an. „Du solltest hier nicht so alleine herum laufen.“, antwortete er, „Es kann gefährlich werden wenn andere eine Menschenseele einfach herum streunen

sehen.“ Direkt ergriff mich wieder die Furcht. Doch er legte seine Hand auf meinen Kopf und grinste. „Keine Angst. Ich tue dir nichts. Mit wem bist du denn hier? Du bist sicherlich nicht alleine. Man verirrt sich hier schnell.“ Was sollte ich tun? Was sollte ich nur tun? Sollte ich ihm vertrauen? Zögerlich begann ich zu stottern. „… Ich…. Ich bin… also…“ „YUKI!“, hörte ich plötzlich von der Seite. Das kleine Fuchsmädchen quetschte sich durch die Massen zu mir hin. Sie drückte sich gewitzt an den Beinen und Körpern vorbei. Als letztes schubste sie noch einen Zwerg weg, der

einfach in ihrem Weg stand. Es sah etwas anstrengend aus, aber sie kam schließlich bei mir an. „Yuki! Da bist du ja! Pu… ist das hier nervig! Ich weiß warum Shiro sonst nur Portale macht! Diese blöden Golems! Die haben echt nie Rücksicht! Und in ihrem Kopf ist nur...“, dann erstarrte sie. Geschockt blickte sie meinen blonden Retter aufdringlich an. „Deeon? Seit wann bist du wieder hier?!“, fragte sie entsetzt. „Deeon?“, flüsterte ich verwundert und sah zwischen beiden her. Der Blonde nahm elegant meine Hand zu sich. „Entschuldige, ich habe mich ja gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Deeon!

Und du heißt dann also Yuki.“ Als Deeon meinen Handrücken küssen wollte, riss Kitsune meinen Arm weg und zog mich ruckartig zur Seite. Ich war geschockt. Was sollte das? Noch bevor ich etwas sagen konnte wurde der Blick von Kitsune sehr ernst. „Wag es dich nicht!“, drohte sie ihm. Dabei legte sie ihre langen Fuchsohren drohend nach hinten. Deeon blieb schweigend stehen. Er respektierte sie, aber sah sie gelassen an. Plötzlich griff sie meinen Arm, drehte sich um und zog mich ganz schnell mit. „Wir müssen gehen! Schnell! Man wartet sicherlich schon auf uns…!“, erklärte sie nur hektisch, ohne mich anzusehen.

Überfordert sah ich zu ihr herab, aber sie lief stur weiter. Ich ließ mich von ihr weiter ziehen und folgte ihr schweigend. Dann blickte hinter uns. Deeon stand noch dort und sah uns nach. Langsam verschwand er aus meinem Blick, in der Masse von Dämonen. Dann hieß es wieder: laufen, rennen, aufpassen. Zwischendurch musste ich darauf achten, dass ich auf keines der noch kleineren Wesen trat. Wir rannten geradeaus, bogen mal hier ab, duckten uns unter einer Gruppe riesiger Baummenschen, hüpften über die Schwänze der Echsenmenschen

und doch waren meine Gedanken die ganze Zeit bei Deeon. War er denn ein Mensch? Er sah zumindest nach einem Menschen aus. Schnell rannte ich Kitsune also hinterher und dachte an meinen Retter. Würde ich ihn wohl wiedersehen? Langsam wurden die Massen weniger und Kitsune blieb stehen. „Da sind wir!“ sagte sie nun und blieb mit mir an der Ecke eines Ganges stehen. Ich musste erst wieder zu Atem kommen. Kurz stützte ich mich auf meinen Beinen und atmete tief ein und aus. Warum war sie plötzlich so wütend gewesen? Warum ist sie plötzlich so gerannt? Schließlich drehte ich mich zur

Seite und sah mich um. Wir standen an der Ecke einer Gasse. Schilder waren aufgestellt, oder hingen von den Wänden. Zwischen den Gängen waren Bänder befestigt, an denen Laternen hingen. Direkt an der Ecke, an welcher wir standen, war eine hölzerne rote Tür an einem düsteren schwarzen Gebäude. „Hier?... Was machen wir hier?“, fragte ich und sah zur Tür. „Das ist Mephistos Laden. Und Shiro müsste eigentlich schon hier sein!“, die Kleine blickte suchend umher. „Shiro. Heißt der Schattenmann so?“, fragte ich nachdenklich. Sie sah mich überrascht an. „Hm? Was?

Oh nein. Hihi. Ich nenne ihn nur so.“, erklärte sie. „Er hat keinen Namen. Also er hat ganz viele Namen. Aber er..-“ „Ihr habt aber lange gebraucht!“, unterbrach der Schattenmann sie und lief direkt auf uns zu. „Ich dachte schon sie wurde gefressen.“, kam es gelassen von ihm. Doch Kitsune sah ihm mit ernstem Blick in die Augen. „Deeon ist wieder da…“, flüsterte sie. In diesem Moment biss er die Zähne aufeinander und ballte seine Fäuste fest zusammen. „Ich weiß...“, antwortete er gezügelt. Doch dann sah er weg und legte die Hand an die Tür. „Los. Weiter.“ Er drückte sie einfach auf und trat ein.

Eine kleine Glocke erklang, als die Tür geöffnet wurde. Der Schattenmann ging zuerst hinein. Dann schaute ich in einen dunklen Raum. Es war finster. Ich konnte nicht viel erkennen. Doch mit langsamen Schritten folgte ich dem Jungen nervös hinein. Als ich endlich durch diese Tür lief, stand ich in einem kleinen Laden. Er war aufgebaut wie ein Kiosk. Dieser war sehr finster und ich konnte nur äußerst gruselig anzusehende Dinge finden. Komische Steine in verschiedenen Farben, verpackte Kräuter, Bücher, Staub und weitere ungewöhnliche Dinge. In einem Regal weiter hinten lag ein

Skelettkopf, der mir das Gefühl gab, mich zu beobachten. Es war sehr leise. Einige Windspiele hingen an der Decke aber bewegten sich nicht. Man hörte auch nicht mehr den Lärm von draußen, als die Tür sich wieder schloss. Nur eine Uhr hing an der Wand, welche zu jeder Sekunde tickte und diesen Ort noch schauriger machte. Die Fenster waren komplett mit schwarzer, durchsichtiger Farbe zugekleistert. Man konnte die Figuren, die an dem Laden vorbei liefen nur erkennen, wenn sie nahe an den Scheiben entlang liefen. Der Boden des Ladens bestand aus knarrenden Holzdielen und die Wände waren einfach nur

schwarz. Ich traute mich nicht ein Wörtchen zu sagen. Mein Körper krampfte und zitterte ein wenig. Wir liefen hintereinander durch den Laden. Ich sah mich immer wieder um, in der Hoffnung, dass nichts aus einer dunkeln Ecke springen würde. Je weiter wir in den Laden liefen, desto dunkler wurde es. Dabei fürchtete ich mich doch so sehr in der Dunkelheit. Langsam fing ich an, nervös an meinem Pullover zu fummeln. Während des Laufens sah ich schaurige, ausgestopfte Tiere auf den obersten Regalen herum stehen. Ein seltsames Geschöpf irritierte mich am meisten. Es war ein Hase mit Geweih, Fangzähnen und Flügeln. Ich

blieb vor Angst stehen und starrte es an. „Das ist nur ein Wolpertinger! Komm.“, erklärte Kitsune leise und lief an mir vorbei. Die Ecken waren voller Spinnweben und Staub. Immer wieder knarrte der Boden unter unseren Füßen. Dann kamen wir an einer langen Theke an und blieben stehen. Auf dieser stand eine alte Kasse. Hinter der Theke war ein großes Regal mit Flaschen und Skelettköpfen zu sehen. Ich wollte wieder weg. Es war zu gruselig! Ich war doch ein Angsthase! Mit aufgerissenen Augen sah ich ständig um mich, bevor mich nicht doch etwas angreifen und fressen wollte! Meine Arme hatte ich ganz nahe an meinen

Körper gepresst. Und Da! Ich sah etwas hinter der Theke huschen! Irgendetwas bewegte sich dort! Mir stiegen die Haare zu berge. „W… was war das?“, flüsterte ich verängstigt. Doch Kitsune und der Junge beachteten mich nicht. Mein Körper hätte sich am liebsten komplett zusammengekrampft und auf den Boden geworfen. Besonders dieses nervige Ticken der Uhr ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Tick-Tack. Tick-Tack. Als wir nun da standen, sah ich zum Ausgang zurück. Könnte ich nicht einfach wieder heraus rennen? Könnte ich vielleicht einfach flüchten? Der Weg zu Tür war direkt vor mir. Ich könnte

einfach rennen. Nachdenklich hatte ich mich zur Tür gedreht, während die anderen auf etwas warteten. Plötzlich hörte ich etwas aufschreien. „Oh, DARLING!“, rief jemand und sprang erfreut mit erhobenen Armen hinter der Theke hervor. Sofort schreckte ich zusammen. Ich wich etwas zurück, drehte mich um und kreischte. „KYAAAA!“

Mephisto

Mit dem schrillsten Ton den meine Stimmbänder erzeugen konnten, schrie ich durch den ganzen Raum. Dann sprang ich mit einem Satz verängstigt hinter den Schattenmann und drückte mich mit zitternden Händen an ihn. Sollte es den ganzen Tag so weiter gehen? Dunkle Räume, Monster und mehr gruselige Räume und noch mehr Monster!? Ich stand da und wartete. Ich hatte die Augen zusammengedrückt und zitterte auf meinen weichen Knien. Doch es passierte nichts. Es war leise. Wieder war nur das Ticken der Uhr zu

hören, wie das ironische Zirpen einer Grille. Nachdem mein Quieken langsam verstummte, blickte ich heimlich mit ganz kleinen Augen um mich. Kitsune sah mich mit zurück gelegten Ohren und aufgerissenem Blick an. Der Schattenmann drehte nur seinen Kopf ein wenig zur Seite. Ich sah zu ihm hoch und erkannte wie er auch mich schweigend anblickte. Es folgte ein Moment der Stille. War er sauer? Wollte er mir helfen? Ich wurde nicht schlau aus ihm. Doch die Stille wurde schnell wieder gebrochen. „Hey!? Wer ist dieses Mädchen denn?“, moserte plötzlich eine arrogante

Männerstimme. Wir drei traten ein wenig auseinander, ich richtete meine Kleidung und rappelte mich wieder auf. „Mephisto! Ich brauche deine Hilfe! Mehr geht dich diese Angelegenheit nicht an.“, erklärte der Schattenmann mit ernster Miene. Ich sah mir diesen Mann genauer an, der mich so erschreckt hatte. Mephisto hatte ein feines, blasses Gesicht, spitze Ohren und lange rote Haare. Seine Kleidung war sehr dunkel und feminin gehalten. Ebenso hatte er manikürte schwarze Nägel. Er bewegte sich auch sehr weiblich. Doch ganz besonders fiel mir seine graue Sweatshirt-Jacke auf, die ihm immer wieder von seiner rechten Schulter

rutschte. Er trug ein aus schwarzen Kugeln bestehendes Armband und eine lange, dazu passende Kette um den Hals. Hochmütig starrte er mich an und machte schweigend einige Schritte auf mich zu. Ich kreuzte seinen Blick mit ängstlichen, ahnungslosen Augen. Je näher er mir kam, desto mehr lehnte ich mich zurück und sah ihn überfordert an. Dann blieb er direkt vor mir stehen, hob seine Hand, knautschte meine Wangen und drehte mein Gesicht zur Seite. Snobistisch musterte er mich. „Hmpf!“, stöhnte er nur zickig. „Diese Metze ist doch nur ein Mensch! Was willst du von ihr!“, fauchte er und sah den Jungen fragend

an. Er behandelte mich wie einen unwichtigen Gegenstand. Langsam wurde Mephisto immer ernster und seine Stimme tiefer. Seine Blicke wurden immer stechender und irgendwie wirkte er eifersüchtig. „Sie soll lieber hier weg. Dreckiges Menschengesocks! Bevor sie noch gefressen wird.“ Er beugte sich etwas auf. Hinter ihm wirkte sein Schatten, als würde er immer größer werden. Sein Schatten stieg an den Wänden und Regalen hinauf. Ich sah ängstlich zur Seite. Dann bedeckte der Schatten die ganze Wand und wuchs immer weiter! Die Wände begannen von seinem Zorn zu

beben. Ein Bild viel zu Boden. Erschrocken blickte ich zur Seite. Alles wurde noch dunkler. Der Schatten wurde gigantischer und der Raum verfiel in einem schwarzen Nichts. „Was passiert hier...?“ Schützend hob ich die Hände, doch sein Blick wurde immer schwerer. Der Boden fing an zu beben und mir wurde ganz heiß. Mein Herz klopfte wie wild und mein Gesicht wurde blass. Mephistos Augen leuchteten rot. Dann hob er seine Hand. Seine Finger begannen schwarz zu werden. Er kam mir näher und wollte mich damit packen. „Soll dir doch die Pest anhaften! Du-!“ Plötzlich griff der Schattenmann ein und

unterbrach Mephisto. „Das reicht!“, befahl er und stellte sich schützend vor mich. Der Rothaarige stoppte sein dämonisches Ritual und alles um mich wurde sofort wieder normal. Panisch sah ich mich um. Kitsune beugte sich sorgenvoll zu mir. „Alles gut..?“ Ich atmete schwer. Trotz zitternder Knochen nickte ich leicht. „Ja.. alles.. ist gut. Glaube ich.“ „Püh. Die Pest wird sie schon irgendwann dahin raffen.“ Beleidigt, ohne Reue drehte Mephisto sich weg und überkreuzte die Arme. „MEPHISTO!“, schrie der Schattenmann und griff ihn an seinem Kragen. „Wage

es dich nicht noch einmal diesem Menschen einen Fluch anzulegen!“, brüllte er wütend und zog ihn zu sich. Überrascht sah der Rothaarige ihm in die Augen. „Wa… was…?“, stotterte er wieder mit seiner hohen Stimme. Mephisto runzelte die Stirn. „Ach Gottchen, als wenn ich ihr was tun würde. Aha ha ha…“, kicherte er und belächelte das Geschehen. Dabei hob er eine Augenbraue hoch und zog feminin seinen schmunzelnden Mund zur Seite. Der Schattenmann ließ ihn wieder los. „Ach mein Süßer! Was darf ich dir denn für einen Gefallen tun? Ich habe dich schon seit Tagen nicht gesehen. Was war denn los mit dir?“ Er stellte sich

gelassen hin, legte einen Arm in seine Hüfte und tat so, als sei nichts geschehen. Er fuchtelte gelassen mit seiner Hand hoch und runter und lächelte. „Das nächste Mal darfst du gerne fester zupacken…“, flüsterte er noch und zwinkerte dem Jungen zu. Kitsune und ich standen wortlos daneben. „Was eine Diva.“, bezeichnete das kleine Fuchsmädchen den Rothaarigen und rollte die Augen. Der Schattenmann sprach im ernsten Ton weiter. „Ich will eine Seelenbünde machen, und brauche das Papier.“, erklärte er streng. „Waaas? Mein Herz! Warum machen WIR beide denn keine

Seelenbünde? Wir kennen uns schon so lange!“, bezirzte Mephisto den Mann und streichelte ihm über die Brust. Doch ihm kam nur ein kalter, stummer Blick entgegen. Ein Blick ohne Worte, der ihn aber zu tiefst tadelte. Also verging Mephistos Grinsen auch ganz schnell „Hmpf… dann kommt mal mit…“, schnaufte er und lief hinter die Theke. „Ich weiß ja nicht ob ich dieses Luder herein lassen sollte. Aber wenn mein Schatz es so will, widerspreche ich nicht.“, faselte er laut genug um mir noch mehr zu zeigen, wie er mich verabscheute. Hinter der Theke war eine Holztreppe die hinab führte. Die beiden Männer liefen

voraus. Ich stand noch ein wenig starr im Raum. Benommen von Angst. Schnell wischte ich meine Tränen aus den Augen und schniefte kurz. Dann sah ich zu Kitsune hinunter. Sie lächelte mich nur an. „Keine Sorge, Mephisto ist nur eifersüchtig!“ „Na toll… also hasst er nur speziell mich?!“, fragte ich vorwurfsvoll. Doch die Kleine kicherte nur und folgte den anderen hinunter. Ich sah ihr hinterher. Die Holzstufen knarrten laut. Gerade als ich als letzte hinunter gehen wollte, sah ich mich noch einmal um. Ich war alleine. Dann erkannte ich wieder die Tür am Ende des

Ganges. Ich hielt erfasst die Luft an. Sofort packte mich wieder der Gedanke zur Flucht. Sollte ich gehen? Wohin? In die Massen zurück, die mich wieder erdrücken würden? Es war doch eigentlich egal wo ich war. Ob hier oder da draußen. In Sicherheit würde ich nie sein. Unsicher traute ich einen Blick die Treppe hinab, doch dort stand niemand. „Jetzt oder nie!“ Dann schaute ich überzeugt zur Tür zurück. „Und los!“ Ich machte einen Schritt, dann rannte ich zurück zum Ausgang. Einen Fuß nach dem anderen! Schnell! Einfach hinaus! Meine Schritte waren sehr laut auf den

knarrenden Dielen. Mein Herz raste. Ich blickte noch einmal zur Sicherheit in Richtung der Theke. Doch es folgte mir niemand. Ich wollte einfach raus hier. Einfach weg von allen. Als ich mich wieder nach vorn richtete, stand plötzlich der Schattenmann vor mir und versperrte mir den Weg. Bevor ich mit ihm zusammenstieß schreckte ich mich und machte einen Satz nach hinten. „WAH!?“ Ich sah mit rasendem Herzen zu ihm auf. „Was? Wie hast du das gemacht?!“, fragte ich ihn wütend. „Wo geht’s denn hin?!“, kam es mir jedoch nur lächelnd entgegen. Langsam

kam er auf mich zu. Doch ich ging einen Schritt zurück. „Halt! Nein! Ich will nicht!“, motzte ich ihn an. Doch er lief an mir vorbei, griff meinen Arm und hielt mich problemlos fest. Dann zog er mich hinter sich her. „Hey!“ Mit Händen und Füßen versuchte ich mich von seinen kalten Händen zu befreien. „Ich will nicht da runter!“, jammerte ich wütend und versuchte stehen zu bleiben. Ich lehnte mich mit meinem Körper nach hinten, doch er zog mich über den Boden. „Das hast du nicht mehr zu entscheiden!“, antwortete er gelassenen und belächelte meinen Fluchtversuch. „Lass mich los!“ schrie ich und schlug

gegen seinen Arm. Plötzlich drehte er sich zu mir um und ich verstummte sofort. Ich hob meine freie Hand um ihn von mir weg zu halten. Aber er kam mir immer näher. Grob drückte er mich plötzlich gegen die Wand. Er stand mir so nahe und sah mir tief in die Augen. Ich erstarrte vor Schreck. Seine Hand war so kalt. Mein Atem zitterte, mein Körper war wie gefesselt. Einen Moment sah er mich nur an. Er tat mir nichts. Er beobachtete mich nur. Bevor er sprechen wollte, bemerkte er die kleinen Tränen in meinen Augen und nahm etwas Abstand. „Entweder du kommst mit, oder ich werde dich quälen

bis du nicht mehr schreien kannst.“, flüsterte er mir zu und zog eine Augenbraue arrogant hoch. Ich sah beleidigt weg. „Tolle Aussichten..“, meinte ich leise. Auf einmal packte er mich und warf mich über seine Schulter. „Wa! Hey! Ich komm ja mit! Ich komm ja mit!“, sagte ich laut. „Wenn du raus gehst, stirbst du auf jeden Fall. Hier vielleicht nicht.“, erklärte er sarkastisch und lief mit mir zurück zur Theke. Ich trampelte in der Luft herum. „Lass mich runter! Ich mach doch was du sagst!“, versuchte ich mich zu wehren und klopfte ihm mit einen Händen auf

den Rücken. Er trug mich sicher, bis zur Theke und lief mit mir auch die steile Treppe hinunter. Wie eine Katze versuchte ich mich an den Sprossen festzukrallen. „Warte! Warte! Nicht die Treppe!“, flehte ich. Doch er lief weiter und ignorierte mich. Nachdem wir die wackelige Holztreppe überwunden hatten, blickte ich über seine Schulter und fand mich in einem Flur einer normalen Wohnung wieder. Es war sauber, aufgeräumt und wirklich neumodisch. Dann ließ der Schattenmann mich runter. Mürrisch richtete ich meine Kleidung und sah mich um. Zu den Seiten erkannte

ich Räume aus denen einfache Möbelstücke wie Schränke oder Sessel zu sehen waren. Anscheinend ein Wohnzimmer, eine Küche und ein Bad. „Da lang!“ Der Schattenmann packte meine Schultern und drehte mich nach rechts. Dann deutete er auf eine braune Tür, die nur einen Spalt weit offen war und lief hinter mir her. Schnell lief ich hinein. Kitsune stand mitten im Raum und beobachtete, wie Mephisto in seinen Schränken wühlte. „Wo ist es denn... wo...?“, dann nahm er einen kleinen Hocker und stellte ihn vor ein Regal. Überall lagen Zettel und Bücher herum. An der Seite stand ein Schreibtisch, welchen man voller Papiere

kaum noch erkannte. Auf dem Boden waren ebenso Bücherstapel verteilt und auch lange Papierrollen. Auf einem Regal standen kleine Phiolen und Gläser. Daneben war eine kleine Schüssel mit einem Hobel, die wohl eine Zeit lang nicht benutzt wurden. Alles war unaufgeräumt und wirkte seit langer Zeit unbenutzt. „Wo ist es denn…“, der Rothaarige wackelte ein wenig mit seiner Hüfte herum und suchte weiter. Dann streckte er sich weit nach oben, „Ahh ja genau hier!“, er zog vorsichtig aus dem obersten Regal ein braunes Papier unter einem Stapel Bücher hervor. Dabei fielen einige dieser Bücher herunter und

plumpsten laut auf den Boden. Zuletzt drehte sich Mephisto um und machte einen Hüpfer vom Hocker hinunter. „Was bekomme ich dafüüür mein Süßer?“ Er beugte sich etwas vor und wedelte mit diesem Papier herum. „Du bist mir sowieso noch etwas Schuldig.“, bekam er vom Schattenmann als Antwort. Da brach Mephisto zusammen und warf sich theatralisch auf einen Stuhl. „Ach Darling… manchmal habe ich das Gefühl, dass du mich gar nicht liebst! Und egal wer hier Arbeiten würde! Dir wäre es egal!“, jammerte er herum und bewegte seine Hand wie eine Diva. Ich realisierte schnell, dass Mephisto die

Aufmerksamkeit liebte und er dafür sehr laut und schrill wurde. Der Junge nahm ihm unkommentiert das Blatt ab und wandte sich mir wieder zu. Er sah mir direkt in die Augen. „W… was?...“, fragte ich ihn überrascht, überkreuzte die Arme ineinander und runzelte böse die Stirn. Der Junge legte das Papier auf den Tisch. „Es wäre sinnlos dir jetzt alles direkt zu erklären. Aber hiermit, werden dich Dämonen nicht mehr als Menschen erkennen.“, sagte er mit einer beruhigenden Stimme. Ich wunderte mich. Wieso war er plötzlich so nett? Er wirkte nicht böse wie sonst. Ich spürte, dass er mir helfen

wollte. Aber warum? Zögernd stellte ich mich neben ihn und sah auf das Blatt. „Und, was passiert mit dem Blatt?“, fragte ich zaghaft. Währenddessen holte er einen seiner Dolche hervor. Ich erschrak etwas und schaute mir still an, was er vor hatte. Mephisto und Kitsune beobachteten ebenso ganz genau, was nun geschah. Beide starrten an ihm vorbei und sahen neugierig auf das Papier. Der Junge schnitt sich tief in seine Handfläche und etwas Blut glitt hinaus. Nun presste er seine Hand auf das Blatt, bis dieses sein Blut eingesogen hatte und er seinen blutigen Abdruck hinterließ.

„Jetzt du.“, sagte er und nahm meine Hand. Ich aber zog meine Hand abrupt zurück. „Was? Wieso?“ „Vertrau mir.“, sagte er leise und lächelte sanft. Meine Unwissenheit belustigte ihn. Wir sahen uns eine Zeit lang schweigend an. Schließlich nickte ich ihm zu und legte meine in seine kalte Hand. Mir blieb ja doch nichts anderes übrig. Er legte seinen Dolch auf meine Handfläche. Nervös machte ich mich auf den Schmerz gefasst und schloss die Augen. Ich spürte ein Brennen, dass mit einem stechenden Schmerz verbunden

war. „Aua…“, sagte ich leise und öffnete wieder die Augen. Meine Hand pochte. Doch der Schnitt war sehr vorsichtig und kurz. Nicht so grob wie der Schnitt, den er sich zugezogen hatte. Langsam drückte sich mein Blut durch die Wunde. Der Schattenmann drehte meine Hand und drückte meine blutende Wunde auf seinen Abdruck. „Er macht es wirklich… Du bist so verrückt Shiro…“, flüsterte Kitsune fasziniert. Es war so aufregend. Ich beobachtete wie es unter meiner Hand plötzlich zu strahlen begann. Es war warm. Erst wurde es immer heller, bis es langsam einfach aufhörte. Woher

kam das Leuchten? Was passierte hier? Dann nahm er meine Hand wieder weg. Er drehte sie, dass die Wunde nach oben zeigte und fuhr sanft mit seiner Hand über meine. „Keine Sorge, das ist schnell verheilt.“, sagte er leise. Das Blut verschwand und die Narbe schloss sich in einem sanften, gelben leuchten, während er erneut über meine Wunde glitt. Fasziniert sah ich zu ihm auf. „Aber wie...?“, staunte ich. Denn meine Schmerzen waren weg und die Wunde verschwand. Nicht einmal eine Narbe blieb zurück. Stolz lächelte er mich an. Sein Lächeln war so lieb und herzlich, dass ich etwas errötete. Wieso war er plötzlich so

anders? „SO! Jetzt ist gut!“, sagte Mephisto in seiner schrillen Stimme. Er drückte uns beide auseinander und wollte das Papier greifen. Doch der Junge zog es ihm unter der Hand weg. Zickig drehte Mephisto sich zu ihm. „Hey! Schatz! Vertraust du mir nicht? Du wirst das Papier sowieso hier lassen müssen!“, sagte er und war wieder voll in seiner Rolle. „Oh mein Gott! Darling!...“, begann Mephisto zu reden, „Wenn das Jemand mitbekommt… Du beschädigst heilige Gegenstände!“ „Heute interessiert das niemanden. Außerdem verrottete dieser heilige Gegenstand Jahre unter deinem Staub.“,

antwortete der Schattenmann wieder emotionslos. Mephisto hob die Augenbrauen. „Hmmh… diese herrische Art mochte ich schon immer an dir…“, und leckte sich über die Lippen. Der Schattenmann drehte sich wieder zu mir und zeigte mir kurz dieses mysteriöse Papier. „Da du jetzt mit der Seele eines Dämonen verbunden bist, kannst du dich vor anderen Dämonen zeigen!“, sagte der Junge schnell und lief einfach wieder aus dem Zimmer. „Eh… Moment… was ist mit wem verbunden?!“, rief ich ihm hinterher. Kitsune schüttelte den Kopf. „Oh man, ich hab ihn noch nie so nervös gesehen.

Haha.“, lachte sie. Ich stand planlos im Raum und blickte ihm fragend hinterher. Mephisto schlug die Arme über den Kopf. „Los! Raus ihr beide!“, motzte er eifersüchtig und schickte uns weg. „Warte wir brauchen noch Kleidung!“, meinte Kitsune. „So kann sie doch nicht weiter hier herum laufen! Mephisto! Du hast doch bestimmt etwas!“ „Also, ob ich in ihrer Größe etwas da habe weiß ich nicht. Aber nehmt doch was ihr wollt! Da, das Zimmer gegenüber! … Mein Herz ist sowieso schon gebrochen! Mir ist alles egal!“, jammerte er und drehte sich weg. Ich lief Kitsune hinterher, die in das

andere Zimmer lief. Es war ein großes Schlafzimmer mit edler, goldener Tapete. An der Decke hing ein Kronleuchter und an der Wand stand ein pompöses rotes Bett. Alles war ein wenig verdunkelt. Kitsune schnüffelte in einem riesigen schwarzen, mit Lack umhüllten Kleiderschrank. Ich konnte nur ihre kleinen Beinchen sehen und den Fuchsschwanz, der wild hin und her wedelte. Der Rest ihres Körpers war in dem Schrank verschwunden. „Hier! Zieh das an!“ sagte sie und warf mir Kleidung entgegen. Eine blaue Sweatshirt-Weste und eine graue Jeans, sowie schwarze, einfache Schuhe. Ich fing sie irritiert auf und sah Kitsune

an. „Los, zieh dich um! Ich fange an zu erklären während wir zum Aufzug laufen!“ „Aufzug? Erklären? Was denn?“, fragte ich verwirrt und legte die Kleidung auf das Bett. „Na, du brauchst doch mal einen kleinen Crash-Kurs über das alles hier! Anscheinend wirst du ja einfach nur in kaltes Wasser geworfen. Ich bin für dich da! Ich werde dir helfen!“, grinste sie mich an. Rasch tauschte ich die Kleidung. Ich ließ meinen Pullover liegen und auch meine kurze Hose. Kitsune drehte sich währenddessen um. „Hör gut zu!“, fing sie währenddessen an zu

erzählen. „Es gibt zwei Welten! Die Welt der Menschen und die Welt der Dämonen! Dann gibt es noch den Himmel! Vor langer Zeit hat sich ein Engel im Himmel gegen Gott gewandt. Immer wieder stellte er seine Taten in Frage und somit begannen auch andere Engel an Gott zu zweifeln. Nur um zu zeigen, dass sie nicht mehr seinen Regeln folgen wollten, verwandelten sie sich in die Gestalten von Menschen und stolzierten auf der Erde herum! Sie hatten dort ihren Spaß und genossen es ihre Gier an Wein und körperlicher Nähe zu befriedigen. Viele menschliche Frauen wurden von

ihnen schwanger. Doch ihre Kinder waren keine Menschen. Es waren Dämonen! Es waren Kinder die wie Monster aussahen. Kinder mit nur einem Auge! Kinder mit tierischen Körpergliedern! Kinder, welche die Frauen noch im Unterleib auffraßen! Aber auch Kinder die wie ganz normale Menschen aussahen und doch nicht ganz normal waren. Wir nennen sie einfach „Dämonen“, ob sie nun eine menschliche Gestalt haben oder nicht! Je mehr Finsternis ein Engel in sich trug, desto stärker wurde das Kind. Es ging Jahrzehnte so weiter. So haben sich auch ihre Kinder vermehrt. Über die

ganze Welt! Und es sah aus, als würden die Dämonen die Welt bald beherrschen. Bis Gott eines Tages einschreiten musste und eine riesige Flut über die Welt ziehen ließ, die alles auslöschen sollte! Nur einem Mann wurde dieser Plan mitgeteilt! Er sollte für sich und seiner Familie ein Schiff, eine Arche bauen mit so ein paar anderen Menschen und Tieren. Total unfair! Und nur die sollten überleben! Und alle anderen Menschen und auch Dämonen, selbst die, die nichts damit zu tun hatten, sollten sterben. Doch diesen Plan bekamen auch die Dämonen mit. Sie mussten sich also selber einen Zufluchtsort suchen, an dem

die Welle sie nicht erreichen könnte! Also brachten sie all ihre Macht zusammen und erschufen diese Welt! Hier waren wir sicher und überlebten. Eine neue Flut würde Gott nicht erschaffen. Also trauten sich einige mächtige Dämonen wieder in die Menschenwelt. Es gibt in vielen Ländern auf der Menschenwelt verschiedene Religionen und Götter. Vielleicht kennst du Ägyptische Götter wie Horus, Anubis oder Griechische Götter wie Zeus oder Hera! Das waren alles nur sehr mächtige Dämonen! Keine Götter. Die Menschen haben sie nur als Götter verehrt. Doch als Engel des Himmels die

Dämonen auf der Menschenwelt gefunden haben, die sich für Götter hielten, wurden sie ausgelöscht. Denn es gibt nur einen Gott. Und einige dieser „falschen Götter“ wurden dann ausgelöscht. Aus Angst blieben die Dämonen also in ihrer Welt und Gott lies das zu. Zwischendurch tapsen nur die mutigsten Mal in die Menschenwelt. Das wertvollste was es hier in der Dämonenwelt gibt, sind die Menschenseelen! Je mehr du hast, desto stärker bist du! Dämonen spüren an deiner Seele, dass du ein Mensch bist! Wenn du in der Masse aufgefallen wärst, hätte es zu Schwierigkeiten geführt! Alle sind ganz vernarrt in Menschenseelen, da

sie so selten sind. Diese Seelenbünde die du und Shiro gemacht haben, dient als Seelenvermischung! Das können nur sehr wenige Dämonen richtig machen! In eurem Fall ist es so, dass ein Teil seiner Seele nun in deiner ist. Also du bist noch ein Mensch, aber man erkennt deine Seele nur sehr schwer als menschliche! Diese Seelenbünde ist heute verboten. Damals gab es ein ganzes Buch voll dieser Blätter. Doch es wurde bis auf ein paar Seiten verbrannt. Bei euch ist es nun so, dass deine Seele von Shiros Seele versteckt wird! Das ist so faszinierend! Shiro ist der zweitmächtigste Dämon den ich kenne!

Irgendwie bin ich schon neidisch auf dich.“ Kitsune erklärte mich alles über diese Welt und ich hörte ihr aufmerksam zu, während ich mich umzog. Dann folgte ich Kitsune wieder auf Schritt und Tritt. Ich ließ mir mehrmals ihre Geschichte durch den Kopf gehen. - Also gibt es diese Dämonen und Geister tatsächlich. Und wenn das Knacken in meinem Zimmer damals wirklich ein Geist war und gar nicht das Holz? - Ich war etwas geschockt und lief einfach weiter. Über die Treppe, durch den Laden und schließlich nach draußen. Auch als wir

vor der Tür standen, waren meine Gedanken noch durcheinander und mein Gesicht in einer Art Schockstarre. Es war seltsam mit der Grundregel aufzuwachsen, dass es keine Monster gibt und dann in einer Welt zu spazieren, die von Dämonen und Monstern erschaffen wurde. Das alles musste ich erst verkraften. Gerade als wir bei dem Schattenmann ankamen, der schon auf uns wartete, lief mir ein blauer Mensch mit vier Augen und sechs Armen entgegen und eine Frau mit eleganten schwarzen Hörnern und grauer Haut. Natürlich war das alles etwas angsteinflößend. Doch irgendwie

hatte mich das alles so sehr in den Bann gezogen, dass ich es eher fantastisch, anstatt gruselig empfand. „So. Hier lang.“, sagte der Schattenmann nun und lief um die Ecke. Unser Weg führte an einer langen Mauer entlang. Hier war es angenehmer zu laufen, da sich nur wenige Dämonen dort herumtrieben. An der Wand waren mehrere hölzerne Türen, die sich auf zogen und wieder schlossen. „Sind das Fahrstühle?“, fragte ich überrascht. „Er fährt nicht wie normale Fahrstühle hoch und runter. Er bringt dich einfach zu dem Raum, wo du hin möchtest.“, kicherte Kitsune. „Es ist so ähnlich wie

der Schutzgang vor Shiros Bibliothek. Damit wird sichergestellt, dass es nur einen Eingang gibt und niemand in die Räume hinein teleportieren kann.“ Sie wusste, dass alles in dieser Welt neu für mich war. Doch für sie war das der Alltag. Es machte sie fröhlich, mir die tollen Dinge zu erklären. Als würde ich frische Luft in ihren Alltag bringen. „Und was machen wir nun hier?“, fragte ich weiter. Der Schattenmann drückte ein kleines Knöpfchen und holte dadurch den Fahrstuhl zu uns. „Ein Dämon hat einige Probleme, die er nicht bewältigen kann. Ich werde ihm helfen.“, antwortete der Mann und schaute dabei wartend zur Tür.

Kurz darauf hörte ich schon ein lautes „Ping!“ Der Fahrstuhl war bei uns angekommen. Ich überlegte nicht weiter und stellte mich direkt davor. Sobald die Tür sich öffnete, wollte ich hinein laufen. Doch als ich mich davor stellte, zog der Junge mich plötzlich zur Seite. Ich war etwas überrascht. Er faste mich behutsam mit seinen kalten Händen und drückte mich etwas an sich. „Warte.“, flüsterte er ruhig und machte Platz. Überrascht wartete ich bei dem Jungen, bis die Türen sich aufzogen. Dabei spürte ich wieder, welche Kälte der Junge an sich hatte. Keine Kälte wegen seines Charakters, sondern eine

Kälte wegen seiner Körperwärme. Schließlich waren die Türen auch offen. Tatsächlich standen im Fahrstuhl zwei Fischmenschen. Sie hatten grüne klebrige Haut und erinnerten mich an Frösche. Einer quakte sogar laut und wischte mit der Nickhaut über seine Glubschaugen. Doch sie beachteten uns gar nicht und patschten mit ihren dicken Bäuchen und dürren Beinen an uns vorbei. Erst dann nahm der Junge die Hände von meinen Schultern und lief in den Fahrstuhl. Fasziniert sah ich den Kreaturen nach. Diese Figuren machten mir überhaupt keine Angst. Sie waren eher witzig und interessant.

„Los Yuki. Geh rein.“, unterbrach mich Kitsune. „Eh.. eh! JA!“, ich drehte mich um und lief schnell hinein. Dann sah ich fragend zu Kitsune, die mir gegenüber stand. Sie war noch draußen. „Kommst du nicht mit?“, fragte ich überrascht. „Entschuldigt bitte, aber ich muss noch etwas erledigen. “, sagte sie und lächelte Shiro mit einem breiten, auffälligen Grinsen an. „Was..? Aber du kannst mich nicht mit-“, doch die Türen schlossen sich wieder ehe ich meinen Satz aussprechen konnte. Nur kurz konnte ich noch sehen, dass sie mir zu winkte. Dann waren die Türen

verschlossen und es war wieder ruhig. Angespannt atmete ich auf. Ich war also alleine mit dem Schattenmann. Irgendwie gab mir das ein flaumiges Gefühl im Magen. Unsere erste Begegnung war brutal. Er griff mich an. Danach wachte ich in dieser Bibliothek auf. Seit dem war die Kitsune da. Jetzt waren der Schattenmann und ich wieder alleine. Wir standen nebeneinander, sahen uns nicht an und schwiegen. Wortlos sah ich etwas hinab und zögerte zu sprechen. Für den Jungen war es anscheinend egal, ob es nun leise war oder nicht. Er wartete einfach und schwieg solange.

Doch ich wollte die Gelegenheit nutzen, um mit ihm zu reden. Mich vielleicht mit ihm anzufreunden? Nervös fummelte ich etwas an meiner Weste herum und sah zu ihm hoch. „Ehm…“, fing ich an zu haspeln. Ich wusste nicht, wie er reagieren würde wenn ich die Stille unterbrach. „Warum ist Kitsune denn jetzt nicht mitgekommen?“, fragte ich leise. Ich war gespannt wie er nun reagieren würde. Oder ob er überhaupt reden würde? Doch er nahm meinen Versuch an, eine Konversation zu führen und sah zu mir. Er verschränkte ein wenig die Arme. „Kitsune ist nie dabei, wenn ich Aufträge

von Renekton annehme. Das ist der Dämon zu dem wir jetzt gehen. Außerdem nervt sie ihn immer nur.“, erklärte er und sah wieder geradeaus. Seine Worte brachten mich zum grinsen. Ich sah ihn an und nickte. „Ja… am Anfang kam sie mir wie ein freches Gör vor. Doch jetzt fehlt sie mir etwas.“ „Macht es dir etwa Angst, alleine bei mir zu sein?“, fragte er und sah zu mir herunter. Da wich ich etwas zurück. „Was? Wie… also… Ich… irgendwie.. naja… Nein. Aber du.. ehm..“, schnell versuchte ich das Thema zu wechseln. Ich sah etwas hin und her und überlegte verzweifelt

was ich sagen sollte. „Ehm! Warum sind deine Hände eigentlich so kalt?“, fragte ich aufgebracht. Doch der Junge sah mich überrascht an. Ihm blieben kurz die Worte weg. Deprimiert hob er seine Hände und betrachtete diese. Der Junge runzelte betrübt die Stirn „Naja, das ist eine etwas längere Geschichte.“, sagte er nur, ohne weiter drauf einzugehen. Ihm war das Thema sehr unangenehm und ich merkte, dass er darüber nicht reden wollte. Wieder kam diese bedrückende Stille auf. Betroffen sah ich wieder hinab und wusste nicht, was ich sagen sollte. „Du…“, fing ich wieder zurückhaltend

ein Gespräch an. Der Schattenmann antwortete, blickte aber weiter geradeaus. „Hm?“ Wir beide waren niedergeschlagen. Doch daran merkte ich, dass ich wirklich keine Angst vor ihm haben musste. Er wirkte sogar menschlich. „Ehm… werde ich wieder nach Hause dürfen?“, fragte ich und biss mir auf die Lippe. Auf die schlimmste Antwort hatte ich mich vorbereitet. Vielleicht werde ich ja nie wieder in meine Welt zurück kehren? Darüber hatte ich bisher gar nicht nachgedacht! Mein Magen krampfte, während ich auf die Antwort

wartete. „Natürlich.“, hörte ich von ihm. Da fiel mir ein Stein vom Herzen! Ich sah ihn verwundert mit großen Augen an. Hatte ich richtig gehört? Diese Antwort erfüllte mich wieder mit neuer Hoffnung. „Was? Ich dachte ich könnte nie wieder nach Hause!“ „Wir beide haben einen Pakt. Ich lasse dich am leben und dafür hilfst du mir. Und wenn ich in die Menschenwelt gehe und du mir hilfst, darfst du auch nach Hause.“, erklärte er mir. Dennoch war mir eines noch nicht ganz klar. Wie konnte ich ihm denn helfen? Ich erinnerte mich daran, was ich in Namis Zimmer zu ihm gesagt habe. - Ich

will dir helfen!- Aber ich wusste ja selber nicht, was ich damit meinte. Er ließ mich dafür am leben. Das war das Wichtigste. „Aber was soll ich denn jetzt machen?“, fragte ich. Nun drehte er sich wieder nach vorne und wurde emotionslos. Es war ihm klar, dass mir seine Antwort nicht gefallen würde. „Wenn ich Menschenseelen jage, wirst du mir helfen. Egal wie.“ Mir blieb die Luft weg. Ich riss meine Augen auf. Ich konnte nicht sprechen und starrte in sein emotionsloses Gesicht. „W.. warte. Ich soll dir helfen.. Menschen zu töten?“ Ich schaute ihn

erschrocken an. Doch er antwortete nicht. Ich wollte nicht glauben was er von mir verlangte! Ich wusste nicht was ich sagen sollte. „Ich kann das nicht!“, begann ich entsetzt zu reagieren. „Wofür brauchst du die Seelen überhaupt? Hast du die wirklich nötig?“, fragte ich und ging auf ihn zu. Aber er hatte einen sturen kalten Blick, der mir keine Antwort geben würde. Er war wieder so ernst und kalt. Im nächsten Moment kam der Aufzug schon an. Ich hörte wieder das laute „Ping!“ vom Aufzug und die Tür schob sich auf. Unerwartet sah ich jemanden hinter der Tür stehen und hielt inne. Ich blinzelte mit den Augen und

schluckte. „Deeon..?“, fragte ich nur. Der blonde Mann stand mir gegenüber und sah mich ebenso überrascht an. „Yuki?“, sagte er verblüfft aber glücklich. Doch dann wanderten seine Blicke zum Schattenmann hinüber. „Und du? Ich wusste ja nicht, dass Yuki bei dir-“ Doch plötzlich holte der Schattenmann aus und schlug ihm mit voller Wut in sein Gesicht.

Der Grund der Verzweiflung

Ich dachte, mich sollte so schnell nichts mehr in dieser magischen Welt wundern. Und dann erschreckte mich doch ein normales, instinktives, leichtfertiges Handeln. Etwas, das auch in meiner Welt passieren konnte. Etwas Menschliches. Es passierte direkt vor meinen Augen, als der Schattenmann auf einmal seine Faust zusammenballte und Deeon ins Gesicht schlug. Es kam mir vor, als würde alles in Zeitlupe ablaufen. Wie er seinen Arm hob und ein rasanter Windschub an mir vorbei glitt. Mein Haar wurde dabei etwas aufgewirbelt. Doch der schlag war so schnell, dass ich

ihn kaum sehen konnte. Entsetzt erkannte ich nur, dass Deeon wie durch eine unnatürliche Macht nach hinten geworfen wurde und an der nächsten Wand aufprallte. Es passierte alles so schnell. Sofort zuckte ich zusammen, hielt mir meinen Mund zu und schreckte zurück. Gewalt habe ich schon immer gehasst. Gewalt! Immer Gewalt! Warum musste ich ständig Gewalt miterleben?! Nicht nur Gewalt aus Spaß. Auch wenn ich diese ebenso unnötig finde. Sondern Gewalt aus Hass und Wut. Das Gefühl der Hilflosigkeit in solchen Situationen. Der starre Körper, der sich nicht mehr bewegen wollte. Weder um sich zu

wehren, noch um einzugreifen oder zu fliehen. Oder Gewalt die man einfach dulden musste. Geschockt riss ich meine Augen auf und blickte aus der Tür. Ich war wie eingefroren. Hinter Deeon zerbrachen einige Steine an der Wand und etwas Sand stieg auf. Ich sah in eine helle, sandige Vorhalle. Der Boden war mit braunem Sandstein und die Wände mit sandfarbenen Quarzsandsteinen gebaut. Einige Fackeln loderten an Halterungen den Wänden und mir kam es so vor, als sei die Luft viel wärmer. Mitten im Raum stand eine Statue eines prachtvollen, ägyptischen Krokodils. Durch den

Aufprall, stieg der Staub bis zur der Statue auf. Diese Kraft hinter dem Schlag war so unheimlich und voller Rachedurst. Schaudernd stand ich da und hielt mir noch immer die Hände vor den Mund. Einen Schritt stand der Schattenmann aus dem Fahrstuhl und sah wartend in die Richtung von Deeon. Er war so aufgebracht, dass er sich nur schwer zusammenreißen konnte nicht direkt auf ihn los zu stürmen. Seine Augen wurden zornig und er starrte mit seinem stechenden Blick nur gerade aus. Er presste die Fäuste zusammen und die Zähne aufeinander. Er machte sich bereit jeden Moment los zu

rennen. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Bis gerade eben hat der Schattenmann noch meine Sympathie gewonnen. Dass ich versucht hatte, in ihm einen netten Jungen zu sehen, war wohl doch ein Fehler. Was wäre, wenn er nun auch mich angreifen würde? Ich stand direkt hinter ihm. Er war so launisch und sprunghaft. Ich verstand noch nicht, weshalb er Mal lieb und Mal so schrecklich war. Ein Mensch konnte solch einen Schlag nicht überleben. Deeon überzeugte mich von der Tatsache, dass auch er kein Mensch war und diesen Schlag überstanden hatte. Es wurde ruhig in der Halle. Die letzten Brocken fielen von der

Wand und langsam legte sich der Staub. Dann erkannte ich erleichtert wie Deeon vom Boden aufstand und gelassen etwas Dreck von seiner Kleidung schlug. Entsetzt riss ich die Augen auf. So viel Blut überschüttete sein Gesicht und sein Arm war gebrochen. Die Haut in seinem Gesicht war an einigen Stellen zerrissen. Ich konnte nicht sprechen. Am liebsten hätte ich laut geschrien und gekreischt! Ich war so verstört, dass ich nicht einmal Zittern konnte. Dieser Anblick, dieser Hass der im Raum stand war so schrecklich. Schließlich lief Deeon unbekümmert auf uns zu. Für ihn war der Angriff nicht so tragisch. Es war ihm sogar bewusst, dass

der Schattenmann so reagieren würde. Er hustete etwas und griff mit seinem gesunden Arm, seinen gebrochenen. Mit einem Ruck richtete er seinen wieder und ich vernahm ein lautes Knacken. „Du bist also noch stärker geworden?“, sagte er locker. Doch der Schattenmann stemmte sich einen Schritt vor. „SCHNAUTZE! DU HAST MEINE SEELEN GESTOHLEN!“, schrie er wutentbrannt, „AM LIEBSTEN WÜRDE ICH DICH AUSEINANDER REISSEN!“ Doch Deeon blieb ruhig. Er lief einige Schritte weiter und richtete seine blonden Haare. Noch immer hatte er das viele Blut im Gesicht. Anscheinend machte ihm der Schlag nichts aus, denn er grinste verlegen zur

Seite. „Nun ja… ich brauchte so viele Seelen, für einen guten Zweck...“, dann setzten seine Wunden sich langsam zusammen und sein Blut verschwand. Überrascht sah ich, wie nicht eine Narbe und kein Kratzer hinterlassen wurden. Als ich die beiden dort stehen sah, erkannte ich, wie unterschiedlich sie waren. Der Schattenmann trug so viel Wut und Hass in sich. Das zeigte sich auch in seiner kalten, blassen Haut, so wie in seinem grimmigen Gesicht und seinen pechschwarzen Haaren. Anders als Deeon. Er war wie der erwachsene, große Bruder. Mit seinen eleganten blonden Haaren und seiner aufrechten Erscheinung hätte er schon

fast ein edler Ritter sein können. Schließlich konnte sich der Schattenmann nicht mehr zurück halten. Er rannte auf Deeon zu. Sein Abstoß war so stark, dass der Windstoß mir die Beine weg riss. Ich fiel plötzlich zu Boden und wurde in einem Sandnebel zurück gelassen. Dieser Ruck riss mich jedoch aus meiner Starre. Schnell stemmte mich wieder auf, lief aus dem Fahrstuhl und blickte zu Deeon und dem Schattenmann. Doch ich merkte, dass ich mich beiden nicht nähern sollte. Mit blitzschnellen Schritten lief der Schattenmann auf den Anderen zu. Man konnte ihn kaum sehen. Erneut holte er zum Schlag aus und raste ihm mit der

geballten Faust entgegen. Ein leises „Nein!“, schlich aus meinem Mund. Ich war zu starr um lauter zu rufen. Meine Angst hielt mich dort fest, wo es sicher war. Mein Körper wollte nicht zulassen, dass ich mich in diese gefährliche Situation begebe. Doch es war falsch was er tat. Ich wollte ihn aufhalten, aber ich konnte nicht. Geschickt wich Deeon dem Schlag mit einer Drehung aus und der Schattenmann traf die Wand hinter ihm. Der Blonde mache einen schwebenden Sprung nach hinten und drehte sich um. „Du bist zwar stärker geworden, aber hast nichts dazu gelernt! … Ein toter Mensch, der noch immer nicht seine Emotionen im Griff

hat!“, sagte Deeon eisern und schüttelte den Kopf. Das stachelte den Dunkelhaarigen noch mehr auf! „Schnauze..“, sagte er grimmig, riss seine Hand aus der Mauer und griff erneut an. Ein Fausthieb mit der Rechten, dann einen mit der Linken, schließlich ein Tritt in Richtung Knie. Doch jedes Mal wich Deeon aus. Mal zur Seite, dann bückte er sich nach hinten und schließlich sprang er einige Meter zurück. „Lass es. Bitte. Ich wollte dir nie schaden.“, erklärte Deeon und wich immer aus. Deeon wehrte sich nicht. Er beobachtete nur und tat alles um nicht von den Hieben getroffen zu werden. „Schnautze!“, schrie der Schattenmann

jedoch nur und griff in weiter in Rage an. Dieser Kampf ging so schnell. Ich war schockiert und doch gefesselt. Ich wollte ihnen nicht zusehen! Ich hätte weg rennen sollen! Aber ich stand nur da. „Wieso?“, fragte ich leise und lehnte mich an die Wand. Entgeistert ließ ich mich langsam auf den Boden sinken. Dann realisierte ich Deeons Worte. Er nannte den Schattenmann - Einen toten Menschen – Was meinte er damit? Plötzlich kamen beide mir näher. Ich blickte erschrocken auf aber konnte mich nicht bewegen. Wieso konnte ich nicht aufstehen? Mein Körper war zu starr. Alles ging zu schnell. Warum nur hat der Schattenmann, Deeon so gehasst? Wer

war der Böse in diesem Schauspiel? Wurde der Schattenmann zu Recht wütend? Oder war Deeon der gute Held in dem Kampf? Es war nicht zu bestreiten, dass der Schattenmann hier die Rolle des Antagonisten spielte. Unterbewusst wollte ich, dass der Schattenmann nicht nur aufgibt, sondern verliert. Ihr Kampf wurde immer schneller und kräftiger. Der Wind wirbelte den ganzen Sand auf. Darin sah ich nur die Silhouetten der beiden. Plötzlich sprang der Schattenmann aus dem Sandwirbel heraus. Ich erschrak. Gerade als ich wieder auf sah, sprang der Junge aus dem Kampf heraus, blickte kurz über seine

Schulter und ließ zwei Dolche in seinen Händen erscheinen. Dann verschwand der Schattenmann urplötzlich von der Stelle. Er war einfach weg. Mitten im Kampf war er plötzlich verschwunden. „W… was?“, stotterte ich. Ich wusste nicht was geschehen war. Es war auf einmal so leise. Deeon wich zurück und blieb hellhörig stehen. Nun bewegte sich niemand mehr. Die Luft knisterte vor Aufregung. Aufmerksam sahen seine Blicke abwechselnd zu allen Seiten. „Er ist weg…“, flüsterte ich und sah mich um. Nichts war mehr zu hören. Keine Schläge, keine Schreie, keine Schritte. „Er ist weg!“, sagte ich wieder und stand erleichtert auf. Ich lächelte. Es

war, als würde mir ein Stein vom Herzen fallen. Dieses bedrückende Gefühl, welches den Raum füllte, war nicht mehr da. Ich konnte wieder aufatmen! Die Person die mir am meisten Angst machte, war endlich weg! Deeon bewegte sich jedoch immer noch nicht und war mit dem Rücken zu mir gewandt. Also lief ich zu ihm. „Deeon!“, lächelte ich. Doch er hörte mich nicht. Weiter stand er dort in Kampfposition. Warum? In meinen Augen war er der Gute und der Schattenmann der Böse. Und das Böse war endlich weg. „Der Schattenmann, er ist weg.“, fing ich an und lief weiter in seine Richtung. Da erschrak Deeon. „Bleib weg, Yuki!“,

unterbrach er mich und sah mir mit riesigen Augen entgegen. Er zeigte mit seiner Hand weg und lief panisch auf mich zu. Plötzlich hörte ich hinter mir ein seltsames Geräusch. Ein zischen oder knistern. „Was…?“, fragte ich leise und drehte mich um. Innerhalb von wenigen Sekunden griff Deeon meinen Arm und wollte mich zur Seite ziehen. Direkt vor mir erschien der Schattenmann aus dem Nichts. Er sprang Deeon und mir entgegen, mit seinen Messern in den Händen. Alles ging wieder so schnell. Auch wenn Deeon mich packte und vor dem Schlag schützen wollte, sollte es mich nicht retten. Ich erkannte den kalten, toten Blick in

den Augen des Schattenmannes, der eigentlich für Deeon gedacht war. Dieser Blick änderte sich in Verwunderung und Panik als er mich vor sich stehen sah. Er wollte Deeon hinterrücks angreifen und hatte schon sein Messer erhoben und für den Schlag ausgeholt. Doch nun sollte er nicht Deeon treffen sondern mich. Obwohl Deeon mich weg zog und der Schattenmann aus Verwirrung seinen Angriff abzubrechen versuchte, wollte das Schicksal wohl, dass er mich traf. Als unsere erschrockenen Blicke sich kreuzten, spürte ich auch schon ein schmerzendes Gefühl in meinem Bauch. Das hätte ich nicht einfach überleben können. Ich sah zwar nicht mein Leben

vor meinen Augen daher ziehen, aber das geschockte und fassungslose Gesicht vom Schattenmann. Er biss die Zähne zusammen und versuchte sich weg zu drehen um den Schlag von mir abzuwenden. Ich sah wie er es bereute zugeschlagen zu haben. Er wollte mich nicht treffen. Doch sein Hass machte ihn blind. Und deshalb traf er mich. Aus dem Stechen wurde ein Pochen und aus dem Pochen ein schreckliches Ziehen. Plötzlich hörte der Schmerz auf und drang nicht tiefer. Im Gegenteil. Eine Art Schockwelle pochte aus meinem Inneren. Mit einem Mal riss diese helle Schockwelle den Schattenmann von mir weg. Es war wie ein Schutzschild,

welches in Sekunden aus meinem Körper schoss und ihn abhielt mich zu verletzen. Der Boden erschütterte. Die Wände wackelten durch diese Schockwelle und plötzlich durchstach ein heller Blitz den ganzen Raum. Ein plötzlicher Druck warf mich zurück. Einer seiner Dolche zersplitterte bei dem Aufschlag und der Schattenmann wurde von mir weg geschmettert. Ich fiel rückwärts in Deeons Arme, welcher mich immer noch fest hielt und wir wurden zusammen auf den Boden geworfen. „Kyaa!“, ich schrie und wusste nicht was mit mir geschah. Vor Angst kniff ich die Augen zu. Es war, als würde ich eine Zeit lang schweben. Bis ich mit einem Ruck auf

etwas Weiches landete. Mein Körper krampfte zusammen. Ich hielt meinen Kopf schützend zwischen meinen Armen und strengte alle Muskeln meines Körpers an. „Nein nein nein nein…“, flüsterte ich vor Angst. Ich lag dort und wollte mich nicht bewegen. Langsam legte sich auch der Sand und das laute Grollen des Knalls verstummte. Erst nach einigen Sekunden bemerkte ich schützende, warme Arme um mich. Sie hielten mich sicher. Dann bemerkte ich einen sanften, ruhigen Atem und ein leises Herzklopfen. War es mein Herz? Ich wollte die Augen nicht öffnen. Ich wollte nichts sehen! Ich wollte nichts anderes hören als dieses sorglose

Geräusch. Es beruhigte mich. Meine Hände legte ich vor meine Augen und unterdrückte mein Weinen. Es dauerte etwas, bis ich schließlich ein sachtes „Yuki?“, hörte. Ich wusste, dass es Deeon war. Ich spürte die ganze Zeit, dass er bei mir war. Aber ich wollte nicht aufstehen. Zum ersten Mal spürte ich ein so angenehmes Gefühl in dieser Welt. Ein bekanntes Gefühl. „Nein…“, flüsterte ich als Antwort und drückte mich tiefer in seine Arme. Warum kam er mir so bekannt vor. Warum war seine Nähe so normal für mich? „Warum ist er so ein Monster? Warum muss ich das mitmachen?“, wimmerte ich. Aber der der Blonde schwieg und sah

nachdenklich weg. Er antwortete mir nicht sondern umarmte mich schützend. Seine Nähe war so vertraut und erleichternd. Nach einem Moment faste er mich schließlich und stand mit mir in den Armen auf. Langsam stellte ich mich hin und wischte mir über die Wangen. Wir schwiegen uns lange an. Es kam mir so vor, als könnte ich Deeon vertrauen. Als würde ich ihn kennen! Als könnte ich ihm alles sagen. Aber sollte ich das? Ich bin ganz alleine in dieser Welt. Ich sollte Niemandem vertrauen. Langsam beugte sich der Blonde zu mir und legte seine Hand behutsam auf meine Wange. „Alles wird gut.“, sagte er nur und lächelte. „Du wirst bald alles

verstehen. Aber du darfst nie Angst haben. Vor Nichts! Du kleiner Angsthase.“ Ich blickte zu Boden und dachte nach. Das musste ich wohl so hinnehmen auch wenn ich es nicht wollte. Aber was sollte ich schon tun? Die Hoffnung, dass alles nur ein schlechter Traum war, hatte ich schon aufgegeben. Schweigend nickte ich, auch wenn ich nicht alles verstand. Deeon sah mit ernstem Blick hinter mich. Also drehte ich mich um. Der Schattenmann lag bewusstlos am Boden. „Was ist passiert? Ist er… tot?“, fragte ich. „Nein. Doch ich habe ihn lange nicht so unachtsam gesehen.“, antwortete Deeon. Ich wartete noch etwas und

starrte den Dunkelhaarigen lange an. Sollte ich es fragen oder nicht? Doch ich war wie benommen. Worüber sollte ich mir noch Gedanken machen. „Was passiert jetzt? Und...“, meine Stimme wurde leiser. Auch wenn ich Angst vor diesem Schattenmann hatte, so machte ich mir Sorgen um ihn. Ihn so dort liegen zu lassen konnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. „Was wird nun mit ihm? Wir... ich kann ihn dort nicht so liegen lassen.“, sagte ich, mit dem Gedanken an unseren Pakt. Immerhin war es meine Aufgabe, ihm zu helfen. Deeon blickte zu mir hinunter und lächelte. „Ich dachte mir, dass du das sagst“, grinste er und näherte sich dem

Bewusstlosen. „Wir sollten ihn in seine Bibliothek bringen.“, fügte er noch hinzu. Ich wich zurück. „Was? Aber er wollte dich töten! Du hilfst ihm?“ Natürlich war seine Entscheidung das Richtige. Doch es wunderte mich, dass er ihm helfen wollte. „Nein… er kann mich nicht töten.“, erklärte er gelassen und wandte sich mir wieder ab. Wieder waren es nur Bruchstücke dir mir hingeworfen wurden. Ich konnte mir kein Bild von all dem machen. Und nie bekam ich eine ausreichende Antwort. Also packte ich Deeon am Arm. „Warte!“, sagte ich bevor er sich zu dem Jungen bückte. Ich war nervös. Immerhin hielt ich ihn einfach auf und forderte eine Antwort obwohl er

mir nichts schuldig war. „Ich will endlich wissen was hier los ist! Was ist er!? Was ist das alles hier? Warum ist er ein toter Mensch?“, fragte ich ihn. Ich hatte keine Nerven mehr. Das alles machte mich fertig. Ich wollte unbedingt eine Antwort. Denn auch er wusste ja nun, dass ich ein Mensch war und neu in dieser Welt. Deeon sah mich mit seinem entspannten und beruhigenden Blick an,während er sich zu dem Bewusstlosen am Boden beugte. „Wenn wir ihn hier weg gebracht haben, dann erkläre ich dir alles. Versprochen.“, meinte er und hob den Jungen mit einem Ruck auf seine Schulter. „Jetzt sollten wir uns beeilen.“

Schließlich lief er zum Aufzug zurück. Ich folgte ihm leise bis zum Aufzug. Wir gingen hinein und die Türen schlossen sich hinter uns. Nun standen wir zusammen in dem kleinen Raum. Deeon grinste mich an. „Er ist eigentlich ein ganz lieber Typ. Er braucht nur jemanden der ihn auf den Boden zurück holt, wenn er wieder abhebt.“, lächelte er. Ich sah ihn nur fragend an. Kitsune sagte das gleiche. Aber irgendwie konnte ich mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, dass dieser Typ lieb sein soll. Also nahm ich es einfach so hin. Dann richtete ich mich wieder schweigend nach vorn. Der Weg zurück war dieses Mal sehr schnell. Es war fast der gleiche Weg zurück, wie

wir hin gingen. Aber mit Deeon an meiner Seite, machten die Dämonen eher einen Bogen um uns, statt uns hirnlos umzurennen. Den ganzen Weg blieb ich ganz nahe bei Deeon. Irgendwie freute es mich, dass er bei mir war. Wir liefen sehr zügig, denn es sollte keiner sehen, dass wir den Schattenmann dabei hatten. An der Eingangstür angekommen, öffnete ich die letzten beiden Türen und trat schließlich wieder in die Bibliothek. Deeon lief zur Couch, auf welcher ich vor einigen Stunden aufwachte. Er stellte sich zwischen Couch und Tisch und beugte sich vor.„So! Mein Freund.“, meinte er und warf den Jungen lieblos auf das gepolsterte Möbelstück. Ein Arm

hing herunter und er war so groß, dass seine Beine über der Armlehne hingen. „Da wären wir!“, sagte Deeon erleichtert und richtete seine Kleidung. Ich setzte mich auf einen Sessel neben ihm. „Und?“, fragte ich fordernd und blickte ihn neugierig an. Erst sah er mich etwas überrascht an, dann grinste er. „Gut, dass du dich setzt. Es wird wohl etwas länger dauern.“, meinte er und setzte sich vor die Beine des Schattenmannes. Ich sah ihn gespannt an. Deeon überlegte erst und kratze sich am Kinn. Dann sah er auf den kleinen Tisch und erkannte das Buch in welches der Schattenmann vorher noch geschrieben hatte. „Du weißt nicht was das für Bücher sind, oder?“, fragte er

und öffnete dieses. Darauf schüttelte ich neugierig den Kopf. „Nein. Ich weiß gar nichts… außer, warum diese Dämonenwelt entstanden ist.“ Deeon betrachtete mich eine Weile und überlegte. Wo sollte er anfangen? „Hm… Nun gut. Ich versuche dir so viel wie möglich zu erzählen bevor er wieder aufwacht. Ich denke nicht, dass er mich hier gerne sieht.“ „Warum?“, fragte ich ihn jedoch. „Hm?“ „Warum will er dich hier nicht sehen? Warum hasst er dich so?“ Daraufhin lachte er kurz. „Hahaha. Also ich weiß nicht genau, was du alles mitbekommen hast. Aber ich habe den Jungen bestohlen. So wie er gesagt hat. Aber glaub nicht, dass ich dadurch ein

böse bin!“ „Naja… ich kann hier wohl niemanden beurteilen können… ihr seid keine Menschen…“, seufzte ich und sah zur Seite. Das Feuer brannte noch im Kamin. Es war die ganze Zeit nicht ausgegangen. „Er ist ein Mensch!“, kam mir von Deeon entgegen. Ich sah ihn überrascht an. Interessiert richtete ich meine Blicke wieder zu ihm. „Was ist er nun genau? Ist er ein Dämon? Oder Monster?“ „Wie gesagt.“, redete er weiter, „Der Junge ist ein Mensch. Das alles was ich dir erkläre, wird er dir wohl niemals von alleine sagen. Aber es ist wichtig, dass du das weißt. Deshalb mache ich es! Also hör

zu: Dieser Junge ist ein Mensch. Ein toter Mensch. Er lebt aber schon viele Jahrhunderte. Ein paar davon verbrachte ich mit ihm. Damals gab es eine Zeit, in welcher die Menschen mit Gewalt Schuldige suchten. Und das waren besonders die Ketzer. Also um alle Personen, die nicht an die offizielle Lehre der Kirche glaubten. Vielleicht sagt der Begriff „Inquisition“ dir ja etwas? Jedenfalls war er ein einfacher Junge mit einer kleinen Schwester, Vater und einer Mutter. Eine kleine Familie, doch sehr liebevoll. Sie hielten stark zusammen. Alles Menschen. So

menschlich und sterblich wie Menschen nur sein konnte. Es waren harte Zeiten. Sein Vater starb sehr früh. Er lag Tagelang im Bett. Da sich seine Gesundheit nicht verbesserte, versuchte die Mutter auf allen Wegen eine Heilung zu finden. So suchte sie nach Heilerinnen und Hexen. Sie beschäftigte sich selber mit Pflanzenkunde. Doch nichts half. Während sein Vater im Sterben lag, musste der Junge sich um das Einkommen kümmern. So war er nicht anwesend, als sein Vater starb. Zugleich wurden seine Schwester und Mutter der Hexerei Beschuldigt, da man glaubte, die Mutter hätte ihren Mann vergiftet. Als er also nach längerer Arbeit und

mehreren Tagen zurück kam, stand das Haus bereits leer und seine Familie war verschwunden. Die Frauen wurden während seiner Abwesenheit auf brutalster Weise von der Inquisition gefoltert, bis sie sich zur Hexerei bekannten. Er hatte nicht einmal mehr die Möglichkeit mit ihnen zu reden. Als er vor seinem Haus stand, bemerkte er erst, dass die Straßen leer waren. Dann hörte er das Jubeln von Menschen und die Schreie von Frauen. Panisch folgte er den Geräuschen und fand Mitten in der Stadt einen riesigen Scheiterhaufen. Sie schrien vor Angst und Schmerzen und die Zuschauer jubelten nur. Sie wurden elendig verbrannt. Schließlich loderten

die Flammen so hoch wie Häuser. Niemand hatte sich gewagt ihnen zu helfen! Denn Jeder der eingegriffen hätte, hätte sich selber strafbar gemacht. Nur einer wagte es, laut zu werden. Nur er versuchte sich durch die Massen durchzukämpfen doch wurde noch von denen zurück gehalten, die die Verbrennung nur schmerzlich mit ansahen. Niemand half ihm. Mit aller Macht schrie er ihnen zu. Mit aller Kraft wollte er sich durch die Menschenmassen durchkämpfen. Doch es war zu spät. Man hatte ihm alles genommen. Er hatte nichts mehr. Keine Familie und keinen Willen mehr zu leben. Jeder Anwesende war für ihn nur ein Schuldiger. Für ihn

waren alle für den Tod seiner Familie verantwortlich. Selbst er selber, da er sie nicht retten konnte. Er hatte nur den tiefen Hass der Rache und die verbitterte Verzweiflung der Machtlosigkeit in sich. Am Ende forderte er die „Hexerei“ heraus welche seiner Familie vorgeworfen wurde. Wenn es sie wirklich gäbe, solle sie auch ihn heimsuchen. Aus tiefster Verzweiflung rannte er also in den Wald. Er konnte das Leid seiner Schwester und seiner Mutter nicht aushalten. Er war so in Hass versetzt, dass er nicht einmal weinen konnte. Es war finster und kalt. Niemand war dort, denn alle feierten die Verbrennung. Er flehte Gott an, ihm zu helfen oder

einfach sein Leben zu beenden, er schrie und schlug um sich und warf sich zu Boden, doch ihm antwortete nur die Stille. Bis eine Frau mit weißem Haar zu ihm trat und ihm lächelnd ihre Hand reichte. Sie half ihm, machte ihn zu einen Dämon und er wurde endlich erhört. Nur leider nicht von Gott. Später traf ich auf ihn und er nannte sich bald auch selber Dämon. Das alles ist ungefähr 700 Jahre her. Seit dem lebt er ganz alleine mit diesem Hass in sich und keiner hatte es geschafft ihm zu helfen. Aber Yuk! Ich weiß, dass du ihn verstehen wirst. Auch wenn er sich wie ein böser Dämon gibt, ist er nur eine

verlorene traurige Seele.“ Meine Augen füllten sich mit Tränen als ich die Geschichte des Schattenmannes hörte. Ich war geschockt. Es kam mir vor, als würde ein fürchterlich schwerer Stein auf meiner Brust liegen, der mir das atmen erschwerte. Ich richtete meine Blicke auf den Schattenmann. Wie konnte so etwas passieren. Es tat mir so leid, egal wie schlecht er mich schon behandelt hatte. Der Schattenmann lag still auf der Couch und atmete gleichmäßig ein und aus. Ich erkannte nicht mehr diesen brutalen und abscheulichen Dämon, sondern einen verzweifelten und einsamen Jungen. Wie

konnte es sein, dass er ein Mensch war und all die Jahre mit dieser Last lebte? Es musste so schrecklich gewesen sein. Diese Einsamkeit und dieser Verlust, trotz jeder Bemühung. Eine Träne kullerte an meiner Wange hinunter. Vor Scharm setzte ich mich wieder richtig hin und wischte mir diese schnell weg. „Entschuldige…“, räusperte ich mich. Deeon ließ mir einen Moment, um mich zu beruhigen und wieder zu sammeln. Mitfühlend sah er mich an und wartete. Schließlich nahm er das Buch, welches auf dem Tisch lag und blätterte in diesem die alten und vergilbten Blätter zurück. „Hmm.. Hier drin stehen die Namen aller

Seelen, die er gesammelt hat!“, erklärte er nun weiter. Ich hörte wieder aufmerksam zu. Dabei versuchte ich mein Mitgefühl und die Trauer zu unterdrücken. Man konnte mich schnell zum Weinen bringen. Nami nannte mich immer einen „extremen Empath“, also jemand, der sich gut in die Gefühle der anderen hinein versetzen konnte. Doch egal wie sehr ich weinte. Sie schaffte es immer mich wieder zum Lächeln zu bringen. Durch meine Empathie fühlte ich mich ständig mit anderen verbunden. Und in diesem Fall konnte ich mich sehr gut in seine Einsamkeit hinein versetzen. Wenn man alleine im Dunkeln steht und darauf wartet, dass man gefunden wird.

Wenn einem das gebrochene Herz mehr schmerzt als die Kälte des Regens. Man kann nichts dafür. Dieses Gefühl ist einfach da! Egal ob man will oder nicht. Dieses Stechen was du los werden willst. Doch weder weinen noch schreien kann helfen. Wenn man hinfällt und nicht mehr alleine aufstehen kann. Und man wartet und horcht in die Stille, ob jemand das eigene Wimmern hört. Wenn einfach nichts, absolut nichts funktioniert und man doch nur möchte, dass jemand deine Hand nimmt und dich nach Hause bringt, weil da einfach keine Kraft mehr ist alleine zu gehen. Doch dieses Gefühl will nicht verschwinden. Bis du dein Herz schließlich weg sperrst,

um nicht mehr weinen zu müssen. Ich atmete auf und beugte mich wieder etwas vor. Deeon sprach weiter. „Hör mir nun gut zu! Diese Frau, die im Wald war ein Dämon. Aber nicht irgendein Dämon! Sondern Lilith. Das erste Kind des stärksten Wesens in dieser Dämonenwelt. Glaube nicht, dass dieses Wesen ein Dämon ist! Nein, es ist alles andere als das! Es ist ein Engel! Du kennst seinen Namen bestimmt.“ Ich riss die Augen auf und sah zu ihm. „D… der Teufel?“, zitterte meine Stimme. Deeon nickte mir ernst zu. „Genau! Als das Kind Luzifers, besitzt sie eine enorme Macht und lässt diese

auch jeden spüren. Aus Langeweile und Zeitvertreib lässt sie andere Leiden und hat daran ihren Spaß. So auch bei ihm. Im Gegenzug zu seiner Seele gab Lilith ihm die Macht, sich an alle rechen zu können, die ihm Unrecht angetan haben. Sie schenkte ihm für seine Rache eine dämonische Seele. Und er nutzte diese Gelegenheit ohne zu zögern. Jeder Mann starb durch seine Hand. Jede Frau tötete er und auch die Kinder brachte er um. Die Seelen sollte er in Büchern sammeln. Und Lilith anschließend liefern. Er rottete das gesamte Dorf aus. Doch als das Massaker vorbei war, hielt er seine Vereinbarung nicht ein! Er hätte die Dämonenseele, seine Seele und auch die

der Toten Lilil überreichen müssen um als leere Hülle sterben zu müssen. Doch er verschwand und nahm die Seelen mit sich. Seit dem versteckt er sich vor ihr. Die vielen Seelen die er nun hatte, waren das Fundament seiner gigantischen Kräfte die er nun besitzt. Und seine Kraft wuchs weiter. Seitdem ist er ein Mensch, der mit einem kalten, toten Körper und einer falschen Seele lebt.“, erklärte Deeon schließlich. Ich musste erschrocken schlucken. Das alles wollte ich erst einmal verarbeiten. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Stehen, sitzen, lachen, ihn noch schockierter ansehen? Nun legte ich meine Hände auf die Lehnen und

stemmte meinen schwachen Körper auf. Ich stellte mich hinter den Sessel und atmete tief ein. Überwältigt von all dem, wischte ich mir kurz durch mein Gesicht und streifte durch meine Haare. „Puuu…“, atmete ich nachdenklich aus. Deeon schwieg nur und sah zu mir hinauf. Mit kurzen Schritten bewegten mich ganz langsam von ihm weg. Immer wieder sah ich zum Boden und zur Seite. Ich rieb mir den Nacken, bis auf meine Lippen und fuchtelte nervös mit meiner Hand gegen meinen Oberschenkel. Mitten im Raum blieb ich schließlich stehen und verschränkte die Arme ineinander. Jetzt hatte ich realisiert, dass diese Welt nicht nur kitschige, klischeehaft, gruselige und

fantasievolle Seiten hatte. Sondern auch knallhart, brutal und grausam war. Und ich sollte nun in dieser Leben? Es wurde mir unangenehm, dass Deeon dort saß und wartete, ich jedoch keinen Ton von meinen Lippen ließ. Ich näherte mich dem Kamin mit dem warmen Feuer und starrte sorgenvoll in die heißen und knisternden Flammen. „Und..“, begann ich zu reden. „Ja?“ Ich zögerte einen Moment. „Dieses Mädchen… Lilith. Sie sucht ihn immer noch?“, fragte ich dann und sah beunruhigt zu dem schlafenden Jungen hinüber. „Yuki..“ sagte Deeon mit seiner beruhigenden Stimme und stand schnell auf. Er legte das Buch zurück auf den

Tisch und lief zu mir. Noch bevor er etwas sagen konnte, erzählte ich ihm meine Sorge. „Ich bin an diesen Jungen gebunden. Was passiert denn mit mir, wenn Lilith ihn findet? Nun bin ich mitten in dieser Geschichte hinein geraten! Ich will kein Opfer eines verrückten Dämonenmädchens mit zu viel Zeit und Macht werden!“, sagte ich leise und zupfte an meinem Pullover herum. Immer wieder biss ich mir auf meine Lippe. Die schlimmsten Gedanken fesselten mich und ich starrte einfach nur in das Feuer. Ja was würde denn dann passieren? Wenn er stirbt, sterbe ich auch? Oder gehöre ich diesem Mädchen? Kann ich nie wieder nach Hause? Ich

fummelte immer hektischer an meinem Pullover herum! Plötzlich stellte Deeon sich neben mich und packte mich an meinen Schultern. Er drehte mich behutsam zu sich und beugte sich etwas zu mir hinunter. „Yuki! Yuki, nein. Du brauchst keine Angst zu haben! Ich passe auf dich auf! Und Lilith kann ihm nicht einfach so die Seele rauben.“ Überrascht sah ich in seine Augen. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Er verwirrte mich. „Aber du hast doch… gesagt..“, stammelte ich vor mich hin. „Ja, sie will seine Seele haben! Sie liebt seine Seele. Und die Macht die sich dahinter verbirgt. Sie will diese Seele aber nicht in sich aufnehmen. Lilith will

sie als Trophäe besitzen. Die Seele, der sie seit mehreren hundert Jahren hinterher Jagt. Sie kann sich seine Seele aber nicht einfach so an sich reißen. Sie braucht seinen Namen. Anders geht es bei Dämonen nicht.“ „Seinen Namen..?“ „Ja, dir ist bestimmt schon aufgefallen, dass ihn jeder anders nennt, oder man nur Schattenmann zu ihm sagt. Er besitzt keinen Namen. Und eine Dämonenseele ohne Namen, kann man sich nicht einfach nehmen. Dafür müsste sie ihn erst finden und besiegen. Und eine Namenlose Seele zu finden, ja selbst eine Namenlose Person zu finden, ist sehr schwer.“ Ich konnte zwar noch nicht alles verstehen was er sagte, doch ich merkte,

dass ich mir keine Sorgen machen musste. Zurückhaltend sah ich zu Boden und nickte. „Oke..“, sagte ich nur. Zwar hatte er mir meine Angst damit etwas genommen. Doch ich wusste, dass ich mich hier nie wirklich sicher fühlen könnte. Was wird denn noch alles kommen? „Darf ich dich um einen Gefallen bitten Yuki?“, hörte ich dann von Deeon. Wieder spürte ich dieses bekannte Gefühl von Deeons Nähe. Ich mochte dieses schützende Gefühl, welches er mir jedes Mal gab, wenn wir uns nahe waren. Verwundert runzelte ich die Stirn und sah ihm errötet in die Augen. Er hatte einfach so viel Charme und diese

stattliche Haltung. Hoffentlich merkte er nicht, wie schüchtern ich ihn doch anhimmelte. Verlegen legte ich meine Arme auf die Brust und betrachtete seine hellen Augen. „J.. ja?“ Erst lächelte er zufrieden. Doch sein Lächeln wurde zu einem bedenklichen, fast schon traurigem Gesichtsausdruck. Für Deeon war es wichtig und er wollte auch, dass ich seine Meinung ernst nehme. „Wir kannten uns vor langer Zeit und standen uns wie Brüder nahe.“, meinte er und richtete sich zum Schattenmann. „Ich mache mir Sorgen um ihn.“, fuhr er fort, „Das letzte Mal habe ich ihn vor 17 oder 18 Jahren gesehen. Und zuletzt hatte ich sein

Vertrauen zerstört, indem ich ihm einige seiner Seelen stahl. Aber bitte glaube mir!“ Er griff nach meiner Hand, „Diese Seelen waren wirklich wichtig für mich!“, erklärte er unruhig und sah mir etwas verzweifelt in die Augen. Er gab zu, die Seelen gestohlen zu haben. Ich wollte nicht glauben, dass er vielleicht etwas Böses damit beabsichtigt hatte. Denn nun war es kein gespieltes, charmantes Getue vom ihm, sondern wahre Gefühle. Er sah mich an und dachte nach. Dann hielt seine Hand vorsichtig an meine Wange. Wie ein Eisblock stand ich plötzlich ganz starr, doch mein Gesicht war so rot wie ein dampfender Wasserkocher. Was hatte er

vor? Er kam mir so nahe. Ich wünschte mir seine Nähe sehr. Doch ich war zu nervös. Mein Herz pochte wild und mein Magen kribbelte, doch ich konnte einfach nichts sagen. Wir sahen uns lange an. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Aber eine schöne Ewigkeit. Ihm wieder so nahe zu sein. Das einzige schöne Gefühl, welches ich in dieser Welt bisher hatte. Ich wollte, dass er bei mir bleibt. Mir hilft das alles zu überstehen! Er sollte mir noch näher kommen. Auch wenn ich ihn vor kurzem erst kennen lernte, fühlte es sich an, als würden wir uns doch schon Ewigkeiten kennen. Dann fing er wieder an zu reden.

„Yuki…“ „Ja?“ Noch ungeduldiger hätte ich wohl nicht sein können. - Was willst du mir sagen? Sag es einfach. - Meine Hoffnung stieg immer weiter. Jetzt bewegten seine Blicke sich zu dem Schattenmann. „Yuki! Ich möchte dich bitten auf ihn aufzupassen!“, sagte er schnell. „Er ist sehr stur aber du darfst keine Angst vor ihm haben, er kann dir nichts tun.“, erklärte er weiter. Meine Hoffnung schmolz dahin. Ich ließ meine Haltung hängen. Innerlich zersplitterte mein Herz theatralisch. - Natürlich, der Schattenmann. - Meine romantische Vorstellung war nun geplatzt. Ich atmete traurig ein. Dann versuchte ich ihn aber unauffällig

anzulächeln. „Ehh… eh… ok…“, kam mit letztem Atemzug von mir, bevor ich enttäuscht weg sah. „Danke..“, flüsterte er noch erleichtert und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Ich wunderte mich und errötete. Habe ich ihm eine Freude gemacht? Nun konnte er wieder sein hübsches Lächeln zeigen. Er war zufrieden. Ich wollte nicht, dass dieser Moment endet, doch so sehr ich es mir auch wünschte, Deeon wich auch schon wieder von mir ab. „Er wird gleich wach. Ich sollte besser gehen. Sonst eskaliert es gleich wieder.“, lächelte er und lief an mir vorbei, zur Tür. „Wir kennen ja sein Temperament.“ „Ja. Stimmt.“, nickte ich

ihm zu und lehnte mich an den Sessel. „Aber im Inneren, ist er ein lieber Kerl“ Er ging zum Ausgang und drehte den Henkel. Ich sah ihm träumend hinterher. Kurz sah er noch zu mir „Mach dir keine Sorgen! Wir werden uns bestimmt wiedersehen.“, grinste er und lief schließlich heraus. Ich sah ihm stumm nach. Dann schloss er auch schon die Tür hinter sich. Einfach so, ging er aus dem Raum und ließ mich wie angewurzelt dort stehen. Meine Knie waren ganz weich und mit meinem vernarrten Blick auf die Tür gerichtet, ließ mich auf die Armlehne plumpsen. Noch immer sah ich zur Tür. Wenn Deeon bei mir war, gefiel mir diese

Welt doch ein wenig. - Was geschieht nur immer mit mir, wenn ich ihn sehe? - Gedankenlos schaute ich ihm immer noch nach. Dabei fühlte ich mich so unbesorgt und leicht. Er gab mir so ein schützendes Gefühl. „Hach..“ Nun überkreuzte ich meine Arme auf der roten Sessellehne und legte meinen Kopf darauf. Ein erfreutes und unbekümmertes seufzen ließ ich von mir. „Hmm… Deeon... danke.“, flüsterte ich. Auch wenn es kein Kuss war den ich mir doch so wünschte. Doch er war so lieb zu mir. Ich wollte gar nicht, dass er geht. Während ich vor mich hin räumte, hörte ich noch ein Seufzen. Es war jedoch nicht meines, es kam von dem Jungen

hinter mir. Dieses Seufzen war mit viel Schmerz und Ächzen untermalt. Schließlich hustete er auch und ich drehte mich fragend um. „Hm?!“ Der Schattenmann wurde wach. „Arg…“, er grummelte und wischte sich über sein Gesicht. „Was zur Hölle…?“ Genervt sah ich zur Seite. Denn kaum war diese warme, schöne, romantische, kuschelige und doch traumhafte Stimmung weg, wurde sie auch schon mit seinem kalten, gestressten Verhalten ersetzt. Ich schnaufte kurz. Dann drehte ich mich zu ihm. „Du bist wieder wach!“, sagte ich überrascht. Also schüttelte ich schnell meinen Kopf, klopfte mir fix auf die Wangen und lief zu dem Jungen.

„Geht, geht es dir gut?“ „Wie sind wir hier her gekommen?!“, maulte der Junge und lehnte sich auf seinen linken Arm. Sein Gesicht war durch den Schmerz verzerrt und er verbreitete wieder dieses negative Gefühl im ganzen Raum. „Äm… also Deeon hat-“, stotterte ich. Ich wusste, dass er diesen Namen bestimmt nicht wieder hören wollte. Und genau so reagierte er auch. „DEEON?“, schrie der Junge. Ich zuckte bei seinem Geschrei etwas zusammen und biss die Zähne unsicher zusammen. „Er war hier drin?! Wo ist der?!“ Verärgert versuchte er aufzustehen. Er drehte sich zur Seite und setzte erst den einen, dann den anderen Fuß auf den Boden. Voller Wut wollte er

sich nun aufstemmen. Ich erkannte, wie er auf seinen Beinen schwankte. Trotz seiner Schmerzen beharrte er auf seinen Hass. „Setz dich lieber..“, sagte ich, doch trat respektvoll einen Schritt zurück. „Lass mich! Wo ist der Typ?“ Er war so hektisch. Was sollte ich tun? Als er nun selber versuchte stehen zu bleiben, kam er ins schwanken. Er zitterte am ganzen Körper, aber er war zu stolz um sich wieder zu setzen. „ARG! Dieser Mistkerl!“, fluchte er wild. Ich erinnerte mich wieder an Deeons Worte. -Yuki! Ich möchte dich bitten auf ihn aufzupassen! Er ist sehr stur aber du darfst keine Angst vor ihm haben, er kann dir nichts

tun.- „Ich… werde den.. fertig machen..“, nörgelte der Junge weiter. Dann verlor er an Kraft. Der Junge schwankte immer mehr und er verdrehte die Augen. „Pass auf!“, sorgte ich mich. Doch er würde doch sowieso nicht auf mich hören. Ich raffte mich zusammen! Er ist auch nur ein Mensch! Er sollte mal lernen seinen Hass im Zaum zu halten! Er wollte an mir vorbei, zur Tür laufen. Ich hatte aber keine Lust, mir seine gespielte extrem männliche und stolze Seite anzusehen! „HEY!“, sagte ich laut und versuchte ihm zu helfen. „Bleib einfach sitzen!“ Aber er drückte mich weg. „Lass… mi..-“ Doch kaum machte

er einen weiteren Schritt, da konnten seine Beine ihn nicht mehr halten. Er brach zusammen. Doch bevor er auf den Boden fiel, stellte ich mich vor ihn und fing ihn auf. „Heee..!“, moserte ich und stemmte mich gegen ihn. Ich wollte nicht auch noch unter ihm zusammen zu brechen. Er war so groß, muskulös und schwer. War er etwa wieder bewusstlos? Er wurde immer schwerer. „Hey! Setz dich… setz dich wieder! Hallo?“ Irgendwie war ich sauer auf ihn! Er hätte einfach nicht aufstehen sollen! Und er ist auch noch so stur und lässt sich nichts sagen! „Du.. bist so schwer… ah!“ Mit aller Kraft versuchte ich ihn wieder zur Couch zu tragen. Ich sackte selber etwas

ein. „Nein! Ich werde bestimmt nicht auch noch hinfallen!“, setzte ich mir als Ziel. Seinen Arm legte ich unbeholfen über meine Schulter. Dabei spürte ich wieder, wie kalt er doch war. Schritt für Schritt näherte ich mich der Couch. Es war so anstrengend! Wenn er nur gehört hätte! Ich hätte ihn einfach fallen lassen sollen! Noch ein Bisschen, dann hievte ich ihn wieder auf die Couch. „SO!“, atmete ich wieder auf. „Hmgh…“ hörte ich leise von ihm. Es waren unverständliche Laute. Er war noch wach. Doch bewegte sich kaum. Ich legte seine Beine wieder hoch und stellte mich vor ihn. „Was?“, fragte ich. Schnell kniete ich mich neben ihn. Ich

streifte die Haare von seiner Stirn und fühlte nach Fieber. - Was auch sonst, er ist eiskalt. - „Was kann ich für dich tun?“,fragte ich überfordert. Der Junge hob leicht seinen Arm. „Das.. verdammte Buch!“, murmelte er. „Was? Ein Buch?“ Ich stand schnell auf und lief zum nächsten Regal. „Buch? Hier sind so viele? Was für eins?“ Sofort griff ich einfach eins und rannte wieder zurück. „Hier! Und jetzt?“ Schnell legte ich es ihm offen auf seine Brust. Ich erkannte viele Namen auf den Seiten. Aufgelistete Namen. Wie es wohl auch die anderen Bücher hatten. Sind das nicht die gesammelten Seelen von denen Deeon mir erzählte? Ich kniete mich wieder

neben ihm und achtete darauf, was er als nächstes machen wollte. Der Schattenmann hob langsam seine Hand, und fuhr mit dem Finger über die einzelnen Namen. Sie begannen rot zu leuchten! Staunend betrachtete ich die Buchstaben. Ein unangenehmer Hauch fuhr plötzlich durch den Raum. Ich hörte Stimmen. Leise Stimmen. Ich sah mich kurz um. Sie kamen aus dem Buch! Es war ein Weinen! Nein! Ein Schreien?! Aber es war nicht nur eine Stimme! Ich hörte plötzlich so viele leidende Stimmen! Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich bekam Gänsehaut. Verstört sah ich in das Buch. Mit der Zeit

verschwanden die leuchtenden Buchstaben. Je mehr Namen verschwanden, desto entspannter wirkte sein Gesicht. „W… was tust du da..?“, zitterte meine Stimme. Er schloss die Augen und atmete zufrieden ein und wieder aus. Dabei lösten sich alle Namen einer ganzen Seite auf. Einen Moment sah ich noch auf die nun leere Seite. Dann schlug der Junge das Buch direkt wieder zu und ich zuckte kurz zusammen. Die leisen Stimmen waren wieder weg und dieser kalte Hauch war auch vorbei. Der Schattenmann stemmte sich wieder fit auf. „Das waren die letzten Worte der Seelen, bevor sie in das Buch geschrieben wurden..“, erklärte

er kalt. „Frag nicht weiter…“, meinte er noch und sah betrübt zur Seite. Wir schwiegen eine Zeit lang. Ich glaubte zu wissen, was mit den Seelen nun geschehen war. Doch ich traute mich nicht es auszusprechen. Nachdenklich sah ich zum Boden. Der Junge saß ebenso Trübsal blasend vor mir, und versuchte meine Blicke zu meiden. Stumm stand ich auf und nahm das Buch wieder an mich. „Es tut mir so leid…“ flüsterte ich dem Buch zu und lief an dem Jungen vorbei. Die Seelen waren wohl nun endgültig tot. Er hatte sie ausgelöscht. Der Schattenmann sah noch immer von mir weg. Meine leisen Worte trafen wohl

auch ihn. Wir beide bemitleideten wohl auf gleicher Weise die Seelen doch sprachen nicht darüber. Ich trottete langsam zum Regal zurück und legte das Buch wieder hinein. Behutsam streifte ich über die ledrigen Rücken der anderen Bücher und dachte nach. Es war so still. Was er wohl nun dachte? Er war doch auch nur ein Mensch. Es hatte sicherlich auch eine Bedeutung für ihn. Sonst würde er nicht so reagieren. Er tat mir leid. Natürlich hätte ich geschockt von ihm sein können. Aber ich wusste, dass er auf eine Art gezwungen wurde, das alles zu tun obwohl er sich dabei schuldigfühlte. Doch er konnte sich nicht aus diesen

Fesseln befreien. Egal wie sehr er es wollte. Es hieß ja, fressen oder gefressen werden. Und das äußerte sich so, indem er die Seelen der Menschen auslöschen musste. Lange sah ich durch die Regale und musste über den Jungen und seine Vergangenheit nachdenken. Doch ich wollte nicht, dass er weiter durch seine kalte Welt laufen musste. Er hatte niemanden. Dadurch musste er alles alleine bewältigen und passte sich eben dieser kalten Welt an. Ich wollte etwas sagen. Da ich wusste, dass er ein Mensch war, fühlte ich mich mit ihm verbunden. Doch ich wusste nicht was ich sagen sollte. Dann biss ich

auf meine Lippe. „Es ist nicht deine Schuld..“, unterbrach ich die Stille. „Ich.. ich weiß wie es dir gehen muss..“, redete ich traurig weiter und sah zu Boden. Der Junge antwortete nicht. Ich wusste nicht einmal, ob er mir zuhörte. Doch ich wollte ihn nicht ansehen. Sollte ich ihm sagen was ich wusste? Auch wenn ich mich dabei so schrecklich fühlte, ihn auf seine Vergangenheit anzusprechen. „Ich.. also..“, stotterte ich, „Du bist auch nur ein Mensch. Du musstest so fiel ertragen. Ich weiß, was dir.. passiert ist.“ Ich musste schwer schlucken. Mein Magen krampfte etwas zusammen als ich weiter reden wollte. Es musste auch schwer für ihn sein, daran

erinnert zu werden, an das Schlimmste was ihm in seinem Leben passiert ist. Doch er sollte darüber reden! Er sollte nicht versuchen diesen Kampf alleine bewältigen zu wollen. Nur wenn er darüber redet, kann er Hilfe bekommen. Und ich wollte ihm doch helfen! Würde er nun sauer sein? Würde er wieder ausrasten? Ich erinnerte mich an die Geschichte. Wir er panisch vor dem Feuer stehen musste und ihm niemand half. Er wurde allein gelassen. Ich fing an zu weinen. War es weil ich mich schuldig fühlte? Oder weil er mir so leid tat? Der Junge, der mir doch mein Leben nehmen wollte. Obwohl ich versucht hatte es zu unterdrücken,

kullerten Tränen an meinen Wangen hinunter. „Damals... als deine Familie...“ Ich konnte es nicht aussprechen. „Es tut mir so leid, was dir passiert ist…“, weinte ich. Noch immer hörte ich nichts von ihm, nur mein pochendes Herz. Ich sah voller Kummer auf den Boden. Dann legte ich meine Hände in mein Gesicht und weinte weiter. Warum musste ich mit dem Thema anfangen? Was sollte das schon bringen? Ich hatte ihm sicher nur damit weh getan. War ich es, die ihn darum bat, mir zu helfen mit der Situation klarzukommen, oder wollte ich ihm helfen? Plötzlich spürte ich wie er hinter mir stand. Ich schreckte auf, doch traute

mich nicht mich umzudrehen. Dann legte er seine Arme um mich. Ich riss meine Augen auf und merkte wie er mich an sich drückte. Er umarmte mich Wortlos. Da wusste ich was Kitsune und Deeon meinten. – Er ist ein lieber Typ.- Sagten sie. Wieder erkannte ich ihn ihm diesen hilflosen Jungen. Den Jungen, der spürte wie traurig sein Leben war. Der Junge der spürte, dass nun jemand da war, der sich für seine Geschichte interessierte. Wollte er das überhaupt? Ich faste seinen Arm und presste mich an ihn. „Entschuldige…“, sagte ich niedergeschlagen und schniefte. Aber er überspielte schließlich wieder seine Trauer und fing an zu grinsen. „Du

erinnerst mich an mich selber… Hör auf zu heulen! Das ist doch meine Vergangenheit, nicht deine.“



Der Junge mit den Hörnern

Es war leise. Es war dunkel. Es war ruhig. Meine Augen waren geschlossen. Ich atmete entspannt und lag auf etwas weichem. Auf mir spürte ich einen wärmenden Stoff. Langsam öffnete ich die Augenlider und schaute an eine Decke. Sie kam mir bekannt vor, denn es war die Decke meines Zimmers. Hatte ich geschlafen? Hatte ich nur geträumt? Verschlafen stöhnte ich leise und streckte mich. Ich rieb mir meine verschlafenen Augen und sah mich müde um. „Bin ich.. zuhause? Aber… habe ich etwa nur geträumt?“ Ich fand mich in meinem Zimmer, in meinem Bett liegend

wieder. An dem Fenster zu meiner Rechten stand ein kleiner Tisch, auf welchem mein Laptop lag. Er war offen und die Kabel lagen lose davor. Zu meiner Linken stand mein Nachttisch mit der Uhr die ich jedoch ignorierte. Mir gegenüber war mein großer Kleiderschrank mit einer Spiegeltür in welcher ich mich selber sehen konnte. Von rechts drang das Sonnenlicht durch mein Fenster und blendete mich etwas. Doch sie war angenehm warm. Nur das Gurren der Tauben auf der Fensterbank unterbrach die Stille gelegentlich. Noch benebelt vom Schlaf saß ich erst eine Weile da und starrte nachdenklich

umher. Ich konnte mich kaum noch erinnern, wie ich dort hingekommen war. Warum wirkte alles so komisch und warum war ich mir so unsicher? Ich legte die Decke weg und stand langsam vom Bett auf. Welcher Tag war es? Nun schaute ich mit gerunzelter Stirn aus dem Fenster, in den Garten hinab. Es war wirklich mein Zuhause. „Komisch.“ Ich fuhr durch meine Haare und wollte zur Tür laufen. „Woha… was ein Traum!“, gähnte ich und streckte mich erneut. Dann lächelte ich zufrieden. „Es ist schön, dass doch alles normal ist.“, kicherte ich. „Meine Güte. Auf was für Ideen ich komme wenn ich schlafe. Das kam bestimmt von Nami´s

Horrorfilmabend!“, moserte ich. Doch ich blieb mitten im Raum stehen. „Moment. Wie bin ich hier hingekommen?“, fragte ich mich. Plötzlich hörte ich etwas Klingeln. Sofort schreckte ich zurück. „Kya!“, und starrte wachsam, mit ausgebreiteten Armen durch mein Zimmer. Eine süße Melodie begann zu spielen doch sie war nur dumpf zu hören. „Mein Handy!“ Schnell lief ich dem Ton nach. Es führte mich zu meiner Tasche neben dem Schrank. Ich öffnete sie und durchwühlte meine Sachen, bis ich mein Handy fand. Ohne auf den Display zu schauen wischte ich über den grünen Button. „Ja?“, sagte ich noch etwas aufgeweckt vom

plötzlichen Klingeln. „Hey! Yuki. Geht es dir gut?“, hörte ich Nami am anderen Telefon fragen. Verdutzt sah ich zur Seite. „Eh… ja. Warum?“ „WO BLEIBST DU? Der Unterricht fängt gleich an!“, schrie sie mich plötzlich an. Ich schreckte auf. „Waas?!“ „Los! Schnell! Schlafmütze! Beeil dich! Sonst musst du wieder Nachsitzen! Boa. Wenn ich nicht immer auf dich aufpassen würde!“, hetzte sie mich zum Schluss und legte auf. Perplex lief ich zu meinem Schrank. Ich musste meine Uniform schnell anziehen. Also riss ich die Tür einfach auf und packte in meine Wäsche. Dabei riss ich dieses und jenes Kleidungsstück mit raus. Doch das war mir gerade egal. Ich

nahm einfach meine Kleidung und schlug die Tür wieder zu. Doch als ich mich dann plötzlich im Spiegel sah, hielt ich die Luft an. Mich überkam plötzlich eine Gänsehaut. Mein Herz begann laut zu pochen. Denn diese Kleidung die ich trug, war nicht meine. Ich trug noch immer die blaue Weste und die Hose von Mephisto. Ich konnte mich vor Schock nicht bewegen. „Wie kann das sein?“, fragte ich und sah mich verstört an. Ich traute meinen Augen kaum. Für eine Weile war ich ganz starr. – War das etwa doch kein Traum? War der Schattenmann Wirklichkeit? Aber wie bin ich dann wieder hier her gekommen? - Ich wusste

nicht was ich tun sollte. Es fühlte sich an, als hätte ich etwas vergessen. Als wenn mir etwas fehlen würde. Doch ich wusste nicht was. Das einzige was ich wusste, war, dass mir Zeit fehlte. Denn ich musste zur Schule! Und ich war spät dran. Was sollte ich also tun? „Verdammt!“ In einer rasenden Geschwindigkeit zog ich mich um, schnappte meinen Rucksack, rannte aus der Haustür. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich tat, als hätte ich die Dämonenwelt nie gesehen und versuchte mich so zu verhalten, wie ich es immer tat. Mein Vater war nicht zu hause. Das wusste ich. Er hätte mich nicht so lange

schlafen gelassen. Vermutlich war er wieder arbeiten. Ich wusste nie genau, wann er da war und wann nicht. Doch genauso ging es ihm. Denn auch ich änderte immer die Zeiten, wann ich wieder nach Hause kam. Schleunigst spurtete ich die Straße entlang. Mein Hemd hing noch halb aus dem Rock heraus und meine Strümpfe rutschten etwas herunter. Dabei machte ich es mir schwer meine Tasche zu tragen, während ich meine Kleidung richtete. „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“, fluchte ich und steckte mein zerzaustes Hemd in den Rock. Mein Weg zur Schule war nicht besonders lang. Schnell durch den Park,

an dem Bäcker vorbei und über die Brücke. Gegessen hatte ich auch nichts. Nach zehn Minuten hastigen Rennens, erkannte ich schon den Schulhof. Die große Uhr in der Mitte des Gebäudes zeigte fünfzehn Minuten nach Acht an. Ich war bereits eine Viertelstunde zu Spät. „Na toll. Albträume, verschlafen, kein Frühstück und jetzt auch noch zu spät kommen!“, ärgerte ich mich und schoss über den Hof in das Gebäude. Der Boden unter meinen Schuhen quietschte, als ich gehetzt die Stufen des Treppenhauses hinauf rannte. Ich übersprang jede zweite Stufe und verlor beinahe meine Bücher aus der Tasche, die ich den ganzen Weg

vergessen hatte zuschließen. Schweratmend sprintete ich von der Treppe in den Gang hinein und rutschte die letzten Schritte bis zur Tür meines Klassenraumes. Sofort griff ich den Henkel der Tür. Doch bevor ich diese öffnete, holte ich tief Luft und schloss die Augen schuldbewusst. Dann riss ich sie auf. „Entschuldigen sie bitte, dass-“ „Yuki! Du kommst zu spät! RAUS!“, wurde ich jedoch böswillig unterbrochen. Meine Lehrerin stand mit einem großen Lineal an der Tafel und zeigte damit auf mich. Aus ihren bösen Augen stachen beinahe kleine Blitze, als sie mich dort stehen sah und tadelte. Erschöpft sah ich in den Raum und

atmete schwer. Einige lachten leise und kicherten. Ein Gemurmel ging los. Und dann sah ich ein liebes Lächeln inmitten des Gelächters. Nami saß dort und winkte mir heimlich zu. Doch ich schmunzelte nur und schloss die Tür wieder vor meiner Nase, wären die anderen mir hinterher sahen und die kurze Unterbrechung genossen. „Na klasse…“, murmelte ich bedrückt und lehnte mich an die Wand. Mürrisch wischte ich mit meinem Fuß über den Boden und sah betrübt hinab. Dann hockte ich mich knurrend hin und legte meine Arme um meine Beine. „Das kannst du gut Yuki..“, spottete ich mich selber und

seufzte. Der Flur in dem ich saß war mit langen Fenstern ausgebaut, aus denen ich betrübt hinaus blickte. Meinen Kopf legte ich auf meine Arme und ich beruhigte mich langsam. Jetzt hieß es warten. Denn ich sollte die ganzen zwei Stunde vor der Tür bleiben. Ich hatte Zeit um über diese Dämonenwelt aus meinem Traum nachzudenken. Sie wirkte so real auf mich. Aber es war nichts mehr von ihr zu sehen. Kein Schattenmann, keine Monster, kein kleines Fuchsmädchen. Aber was war mit der Kleidung? – Was ist nur passiert? - Es nervte mich, nicht

zu wissen was geschehen war. Und besonders nervte es mich, dass ich mit meinen Gedanken alleine war. Doch egal wie sehr ich mich aufregte, oder mir den Kopf daran zerbrach. Es änderte nichts an der Tatsache, dass ich nun hier saß und schmollte. Ebenso brachte nichts davon eine Antwort auf meine Fragen. Also versuchte ich mich abzulenken. Ich begann an andere Dinge zu denken. Welchen Unterricht ich am Tag haben werde. Welchen Tag wir überhaupt hatten. Was ich heute essen werde. Ich war in meiner normalen Welt, in dem einfachen Alltag, meines langweiligen Lebens. Nach einer Weile dachte ich an meinen Vater, ob er wusste, wo ich die

Nach über war. Ich dachte über Nami, ob ich ihr über meinen verrückten Traum erzählen sollte. Aber dann viel mir wieder der Schattenmann ein. Egal woran ich dachte. Immer wieder führten mich meine Gedanken in die gleiche Richtung. An diesen großen blassen Typen der mich in die Dämonenwelt brachte. Ich erinnerte mich, dass ich zuletzt geweint hatte. Er nahm mich in seine Arme. Sein Körper war so kalt. An mehr konnte ich mich nicht erinnern. Aber wieso? Warum hatte ich plötzlich den Rest vergessen? Ich wusste, dass noch etwas passiert war. Auch wenn es nur ein Traum gewesen war. Ich spürte, dass mir noch etwas fehlte. Außerdem

wusste ich nicht, wie ich sonst von Nami nach Hause gekommen war. Irgendwas war merkwürdig an dem letzten Abend. Nachdenklich fummelte ich an meinem Rock herum. Ich legte immer wieder die gebügelten Falten übereinander und ließ sie wieder fallen. Dann richtete ich meinen Kragen und meine Schleife, die ich vergessen hatte zu binden. Als ich wieder nach draußen sah, flogen einige Vögel in den nächsten Baum, nahe des Fensters. Sie zwitscherten und einer trug ein paar kleine Äste im Schnabel. Da mir der Boden langsam zu unbequem wurde, stand ich nach einer Weile auf und ging zum Fenster. Ich legte eine Hand an die kalte Scheibe und beobachtete die Vögel.

Einer versuchte sein angefangenes Nest weiter zu bauen. Er wird würde bald eine süße kleine Familie gründen, dort ein paar Eier hinein legen und seine schwache Brut beschützen! Liebevoll begann ich zu lächeln. Es war ganz ruhig und still um mich. Die Stimmen aus dem Klassenzimmer, welche dumpf aus der Tür schallten, hatte ich schon ganz ausgeblendet. Und meine traurigen Gedanken hatte ich auch schon wieder vergessen. Meine Aufmerksamkeit lag ganz alleine bei den kleinen Vögeln, die nichts anderes in ihrem Leben taten, als versuchen zu überleben. Und das auf eine faszinierende Art und Weise. Ich sah wie

der Vogel seine Äste auf das halbfertige Nest legte. Er schüttelte sein kleines Köpfchen und sprang etwas zur Seite. Doch plötzlich sah er auf. Er schaute zu mir. Er blickte direkt in meine Richtung. Erst fand ich es belustigend. Doch dann bemerkte ich, dass dieser Blick unheimlich war. Kurz hielt ich die Luft an. Er starrte mich mit stechenden Augen an. Irritiert bewegte mich etwas nach hinten. Wieso fühle ich mich gerade so seltsam? Ein Schauer lief mir den Rücken herunter. Ich fühlte mich plötzlich so unsicher. Plötzlich öffnete der Vogel sein Maul und ich erkannte spitze Reißzähne in seinem Schnabel. „Was?!“, panisch sprang ich zurück und

erschreckte mich. Doch dabei rempelte mich plötzlich jemand an. „Waa!“, ich schrie hecktisch und fiel zu Boden. Ich war aus meiner Träumerei gerissen worden und spürte wieder den kalten realen Boden unter meinen Händen. Doch bevor ich aufstand, starrte ich mich erst noch geschockt zu dem Baum. Doch der Vogel war verschwunden. Was hatte ich nur gesehen? „Ehm. Entschuldige..“, zitterte meine Stimme unsicher als ich aufstand und mich zu der Person richtete, die ich angestoßen hatte. „Habe ich dir wehgetan?“, fragte ich noch und wischte den Dreck von meinem Rock. Doch die Person lief schweigend an mir vorbei.

Als ich ihm hinterher sah, erstarrte mein Blick. Es war wohl ein Schüler. Doch etwas war anders an ihm. „Hörner!“, stammelte ich zu mir selber und riss die Augen auf. Mein Körper erschauerte bei diesem Anblick. Sofort blieb Junge kurz stehen und drehte sich ertappt um. Ich erschrak als ich seinen schaurigen Blick sah. Er war anscheinend genauso überrascht wie ich. Der Junge stand einfach da und wir starrten uns an. Ich musste es mir klar machen. Der Junge hatte Hörner. Diese Hörner kannte ich! Ich hatte sie schon einmal in der Dämonenwelt gesehen! Gab es sie also doch? War sie kein Traum? Oder bildete ich mir das alles nur ein? „Wer bist du?“,

fragte ich und machte einen Schritt auf ihn zu. Doch dann klingelte es plötzlich. Ich blieb stehen und sah zu den Türen. Die Schüler stürmten aus den Räumen und der Junge rannte schnell um die Ecke. Nachdenklich stand ich dort. „Was ist denn nur los?“, fragte ich mich und biss auf meinen Finger. Im nächsten Moment hörte ich ein lachendes „Yuki!“, von der Seite. Ich besann mich wieder und sah zu Nami. Sie stand neben mir und umarmte mich liebevoll. „Was ist los? Du siehst ja aus als hättest du einen Geist gesehen!“, grinste sie. Ich runzelte die Stirn. „Ach.. ist schon gut.“, sagte ich leise und blickte dem Jungen immer noch nach.

„Typisch Montag!“, sagte Nami und harkte sich in meinen Arm ein. „War doch klar, dass du wieder zu spät kommst. Immer muss ich mich um dich kümmern.“, quasselte sich vor sich hin und zog mich mit. Zusammen liefen wir den Gang in die andere Richtung hinab. Nami und ich gingen, wie all die anderen Schüler, auf den Hof. Während des Laufens begann Nami irgendwelche Dinge zu erzählen. Über den Unterricht und anderen Schülern aus der Klasse. Ich hörte nebenbei heraus, dass sie sich über die Lehrerin lustig machte und jede Menge Spaß beim Erzählen hatte. Es war schön, wieder ihre Anwesenheit zu spüren. Zu wissen, dass sie für mich

da war. Doch ich war abwesend und hörte ihr gar nicht wirklich zu. Ich sah nur auf den Boden und dachte an diesen Jungen im Gang. Oder besser gesagt, Dämon. Hatte ich wirklich Hörner auf seinem Kopf gesehen? Kam er aus der Dämonenwelt? War ich noch in der Dämonenwelt? Nein. Ich war mich sicher, wieder in meiner Heimat zu sein. „HEEY! Yuki?!“, quietschte Nami nun und fuchtelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht. „Was ist los? Alles ok bei dir?“, fragte sie besorgt. Ich schüttelte den Kopf erschrocken. „Eh! Nein! Es ist nichts! D.. danke!“, und versuchte schwindelnd zu lächeln. Sie kniff etwas die Augen zusammen und betrachtete

mich energisch. Natürlich wusste sie, dass ich gelogen hatte. Doch was sollte ich ihr schon sagen? Sie würde es mir doch nicht glauben. Zusammen liefen wir aus dem Gebäude und geradewegs zu einer Bank, an welcher wir uns jede Pause trafen. „Was ist denn los? Du bist so still. Ist doch nicht schlimm, dass du wieder mal zu spät kamst!“, kam es mir entgegen. „Oder bedrückt dich etwas anderes?“, sprach sie weiter und setzte sich mit mir auf die Bank. Ich fühlte mich die ganze Zeit von ihrem stichelnden Blick beobachtet. Aber ich wusste noch immer keine Antwort. „Ich.. ehm. Also.. eh..“, stotterte ich. Warum fragte sie mich

plötzlich so sehr aus. Es war typisch für sie, ständig zu brabbeln, jedoch war es selten, dass sie so oft nach mir fragte, statt von sich zu reden. „Aha!“, sagte Nami laut und sprang auf. Abrupt blickte ich zu ihr auf. „Hmh?“ Dann beugte sie sich zu mir herunter und hob einen Finger. „Liebeskummer?!“, fragte sie mit einem breiten Grinsen. Ich schreckte zurück „He? Wie kommst du denn jetzt darauf?!“, antwortete ich laut. „Hey! Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst!“, kicherte sie und stubste mir mit ihrer Hand auf den Kopf. Ich blickte mürrisch zu ihr auf. Ich hatte keinen Liebeskummer. Ich dachte an die Dämonen, an die Dämonenwelt und dass

ich einen Dämon in der Schule gesehen hatte. Jedoch fühlte es sich nicht richtig an, ihr davon zu erzählen. Sie hätte mich als verrückt abgestempelt. Also war es mir recht, dass sie das Gespräch auf dieses Liebeskummer-Thema fixiert hatte. „Kenn ich ihn? Wie sieht er aus? Wie lange kennst du ihn? Ist er von der Schule?“, fragte sie mich aus. „Und warum hast du nicht vorher was gesagt!“, plapperte sie weiter. Was sollte ich ihr antworten? Ich hatte doch niemanden, in den ich verliebt war. Doch so wie Nami sich lächelnd vor mich stellte, dachte ich an Deeon. Verlegen wurden meine Wangen rot und ich blickte sie mit

verschlossenen Lippen an. Schon als Kind fühlte ich mich zu schlecht für eine Beziehung. Ich fand mich nicht besonders hübsch wie andere und ich war auch nicht so attraktiv. Natürlich hatte ich mir oft gewünscht einen Freund zu haben. Doch habe ich mich nie getraut jemanden anzusprechen. Das hatte Nami schon immer gestört. Sie wollte, dass ich glücklich werde. Ihrer Meinung nach wird man schneller glücklich, wenn man eine Beziehung hat, und jemanden hat, zu dem man sich zurück ziehen kann und sich nicht verstellen muss. Sie kannte mein recht graues Leben und wollte, dass ich es

farbig gestalte. Doch das traute ich mich nie. Als sie nun das Thema ansprach, dachte ich an Deeons edle Gestalt. Seine blonden Haare und hellen Augen. Wie er mich gerettet hatte und mir ganz nahe war. Sein Lächeln war so hübsch. Verlegen legte ich die Hand vor den Mund und sah mit meinem tomatenroten Gesicht weg. Mein Herzklopfen sprühte ich bis zu meinem Hals als ich an seine Nähe dachte. Er fing mich auf als ich von diesem Golem umgestoßen wurde und er hielt mich fest in seinen Armen, als wir durch den Druck der Schockwelle im Kampf gegen den Schattenmann

weggestoßen wurden. – Ist das denn überhaupt passiert? Hatte ich etwa Gefühle für eine Person aus meinem Traum? - Es war mir so peinlich. Eigentlich hasste ich dieses Thema. Doch Nami lachte. „Hahaha! Das finde ich gut! Endlich ist meine kleine Yuki verliebt! Lass mich raten! Muskulös. Dunkle Haare, helle Augen? Vielleicht etwas blass…?“, zählte sie auf. Schüchtern sah ich zu Boden. „Ehm.. naja.. .“, erzählte ich zurückhaltend. Ich fummelte wieder aufgeregt an meiner Kleidung herum. „Also.. er ist sehr groß.. und gute gebaut. Er.. er hat so helle Augen..“, begann ich zu erklären. Glücklich hörte Nami mir ganz genau zu und war schon

auf meine Erklärung gespannt. Ich wollte ihr zwar nichts von der Dämonenwelt erzählen. Aber sie musste ja nicht wissen, dass er von dort käme, wenn es ihn wirklich geben sollte. Dann faselte ich weiter. „Er.. also wir kennen uns kaum! Aber er hat mir vor kurzem geholfen als ich Probleme hatte… also ehm..“ Nami freute sich für mich und hörte mir weiter erwartungsvoll zu. Zwischendurch hörte ich ein Kichern von ihr und sie hüpfte vergnügt vor mir her. „Naja, er hat blonde lange Haare.. und sein Name ist Deeon..“, sagte ich zuletzt. Plötzlich hörte Nami auf zu grinsen. Ihr Lächeln wurde zu einem blassen, geschockten Gesichtsausdruck. Sie sah

mich mit großen Augen an und konnte kaum fassen, was ich gerade gesagt hatte. Ich glaubte, sie noch nie so stumm erlebt zu haben. Verunsichert biss ich auf meine Lippe. „W… was ist?“, fragte ich und spielte in meinen Haaren. Eine kurze Zeit schwieg sie noch. Nami sah nachdenklich zur Seite und runzelte die Augenbrauen. „Er hat blonde Haare?“ Sie versuchte ihren Schock mit einem getäuschten Lächeln zu übermalen. „Ich dachte nicht, ... dass du auf blonde Typen stehst.. .. hehe“, ihre obere Lippe zuckte etwas bei ihrem aufgelegtem Lächeln. War sie so geschockt, dass sie mit ihrer „dunklen Haare-Theorie“ falsch lag? „Und, du bist

dir sicher, dass du den Typen magst?!“, fragte sie um noch mal ganz sicher zu gehen. Ich schubste sie etwas. „He. Jetzt erzähle ich dir das schon, und du machst dich lustig über mich!“, motzte ich sie an. „Nein.. ich mache mir nur… Sorgen…“, sagte sie leise. Sie wusste nicht wie sie weiter reagieren sollte und konnte mir gar nicht mehr in die Augen sehen. Auch ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. War es richtig, von Deeon zu erzählen? Als wir uns anschwiegen, vernahmen wir plötzlich ein Getöse von weiblichen Stimmen. “Hey! Was machen die denn da?!“, versuchte Nami das Thema zu wechseln und zeigte auf das Tor es

Hofeinganges. Eine wilde Meute von ein paar Mädchen sammelte sich vor dem Tor und sie kreischten und schnatterten mit ihren schrillen Stimmen. „Was ist denn da passiert?“, fragte ich stumpf und stand neugierig auf. „Lass mal dahin! Was ist da passiert?!“, grinste ich Nami an. „Ich wusste, dass du deiner Neugier nicht widerstehen kannst!“, grinste sie und stimmte mir unterschwellig zu. Dann lief sie einige Schritte voraus. Ich folgte ihr. Irgendwie war ihr Benehmen seltsam. Und dann blieb sie plötzlich wieder stehen und starrte erschrocken zur Masse. „Oh verdammt… das gibt es doch nicht.“, hörte ich sie flüstern. „Was ist denn?“,

fragte ich sie als ich an ihr vorbei lief und mich fragen zu ihr umdrehte. „ACH weißt du! Ich habe noch etwas vergessen! Ich muss noch mal kurz in das Klassenzimmer! Geh du schon mal vor! Erzähl mir, was die Mädels haben! Bis später!“, stotterte sie ganz nervös und drehte mir den Rücken zu. Sofort lief sie fluchtartig in das Gebäude zurück. „Hey! Was ist denn jetzt los?!“, schrie ich ihr hinterher. Aber sie reagierte nicht auf mich und war schon in der Tür verschwunden. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch und schaute ihr fragend hinterher. „Oke..?“ Dann hörte ich auch schon wieder das Gekicher der Mädchen am Tor. Ich drehte mich um und lief

weiter auf die Masse zu. Die Mädchen waren ganz aufgeregt und freuten sich über irgendwas. Sie hatten sich um jemanden versammelt. Je näher ich kam, desto besser erkannte ich was geschah. Sie standen in einem Halbkreis um jemanden. Ein Junge stand bei ihnen, der wohl für diesen Wirbel sorgte. „OH! Wow! Du bist so hübsch! Darf ich deine Handynummer haben?“ „Nein ich will deine Handynummer!“ „Bist du neu hier?“ „Kommst du bald auf unsere Schule?“ „Du siehst so gut aus!“ „Hast du eine Freundin?“ „Du bist so süß! Woher kommst du?“ Sie redeten alle durcheinander und himmelten diesen Jungen an. Ich stellte mich abseits der

Masse um mehr sehen zu können und rollte die Augen. „Hmpf… ich dachte, es passiert etwas interessantes.“, seufzte ich. „Die Mädchen an meiner Schule haben doch echt immer nur ein Thema im Kopf.“, grummelte ich und sah mir die gaffenden Gesichter an. Der Junge wirkte überfordert. Er wollte sie gar nicht um sich haben, doch es ließ ihn niemand ausreden. Dabei versuchte er sie zu beruhigen doch wich ständig zurück, als sie ihn berühren wollten. Der Junge wurde etwas zurück gedrängt und konnte sie einfach nicht besänftigen. Ich legte den Kopf schräg und sah noch mal genauer hin. Er war sehr groß, muskulös und hatte schwarze Haare. Er

trug eine braune Lederweste. Seine Haut war so blass. -Moment!- „Du!!!?“, sagte ich laut und zeigte erschrocken mit dem Finger auf ihn. – Das ist der Schattenmann! Aber wie kommt er hier her?! Und warum ist er hier?! Also gibt es ihn doch! Also bin ich nicht verrückt geworden! – Ich begann glücklich zu grinsen. Denn sein Auftreten zeigte mir, dass die Dämonenwelt kein Traum war. Ich hatte mir das alles nicht eingebildet. Ich musste also nicht an meinem Verstand zweifeln. Nachdem ich mich freute, den Schattenmann zu sehen, musste ich

jedoch etwas lachen. Der sonst so sture und böse Dämon, war nun ein ganz schüchterner Junge. „Ich.. hey! Also! Was ist ein Handy? Was? Hey!“, hörte ich nur von ihm stammeln. Als er durch die Gesichter der kichernden Mädchen schaute, erkannte er mich schließlich in der Ferne stehen. Er musste zwei Mal hinsehen, bis er schließlich seinen Blick nicht mehr von mir abwandte. Langsam schauten auch die Mädchen in meine Richtung. „Hey! Ist das nicht Yuki?“ „Was? Warum guckt er sie so an!“ „Hey! Hast du was mit dem zu tun?!“, wurde mir nun entgegen gebrüllt. Ich schreckte kurz auf. „Hä? Was?!“, antwortete ich überrascht.

Doch der Schattenmann blickte sie mit seinem finsteren Blick an. „Verzieht euch.“, sagte er wütend und blickte auf sie herab. Die Mädchen schauderten und sahen ihn mit erschrockener Miene an. Im nächsten Augenblick rannten sie davon uns suchten das Weite. Dann stand er nur noch da und wartete auf mich. Er schaute mich beruhigt an und ich lief langsam auf ihn zu. Irgendwie war unser Verhältnis nun anders zueinander. Viel freundlicher. Er steckte gelassen seine Hände in seine Hosentasche. „Das hast du nie gesehen…“, grummelte er. „Haha! Hast du viele Handynummern bekommen?“, kicherte ich. Der

Schattenmann sah befangen zur Seite und holte drei kleine Zettelchen aus seiner Hosentasche. „Sind das Handynummern?“ Es war ihm sichtlich unangenehm sich nicht auszukennen und das merkte ich auch. Doch irgendwie machte ihn diese kindliche Unwissenheit Sympathisch. Ich war wirklich glücklich ihn zu sehen und lächelte ihn an. „Hihi. Ja genau! Ich erkläre dir später mal was ein Handy ist.“, sagte ich mütterlich, um ihn zu ärgern. „Hmpf..“, schnaubte er und überkreuzte seine Arme. Aber ich hob die Hand fraglich und legte den Kopf schief. „Aber was tust du denn eigentlich hier?!“ Er stellte sich überrascht vor mich und sah zu mir hinunter. „Was? Was

machst du denn überhaupt hier? Wir hatten besprochen, dass du wieder mitkommst!“, meinte er fragend. „Wann haben wir das besprochen? Ich erinnere mich nicht!“ Der Junge verzog seine Stirn. „Moment. In der letzten Nacht, haben wir die Entscheidung getroffen, dass ich dich zurückbringe, damit du dich vorbereiten kannst für den nächsten Tag. Du hast mit keinem Wort erwähnt, dass du woanders hingehst!“ Er klang ein wenig sauer. Doch ich konnte mich nicht mehr an diese Vereinbarung erinnern. „Was..?“, fragte ich schockiert und dachte nach. Warum wusste ich davon nichts mehr? Was war letzte Nacht passiert? Plötzlich klingelte die

Schulglocke und ich blickte verschreckt auf. „Ah! Ohje. Der Unterricht..“, sagte ich leise. Sollte ich mit ihm gehen? Aber was meinte er mit Vorbereitung? Wollte ich etwa erst etwas regeln? Ich musste mich erinnern! Doch wenn der Schattenmann mich wieder mitnehmen würde, hätte ich keine Zeit mehr. Gespannt dachte ich nach. – Wenn ich noch den ganzen Schultag hätte, hätte ich mehr Zeit meine Erinnerung wieder zu finden. Vielleicht habe ich das alles nur verdrängt? Aber warum nur? Ich kann nicht mit ihm gehen, ohne zu wissen was ich gesagt habe. Und wenn ich ihm mein Problem erkläre, könnte er das vielleicht nur ausnutzen. Was soll ich tun? –

Nachdenklich sah ich auf und schaute zu den Schülern, die wieder in das Gebäude liefen. „Wenn die Schule vorbei ist, treffen uns wieder genau hier!“, meinte ich und sah über meine Schulter zu ihm. Doch er schaute mich mit seinem genervten Blick an und sagte nichts. „Eh.. das.. gehört noch zu meiner Vorbereitung!“, grinste ich ertappt und lief langsam von ihm weg. „Du hast gesagt, dass ich mich vorbereiten darf! Also. Wir sehen uns später!“, sicherte ich ihm zu. Er kniff etwas die Augen zusammen, als würde er merken, dass mit mir etwas nicht stimmte. „Hmmh.“ Doch sein Schweigen war eine unterschwellige Zustimmung. Unsicher lief ich von ihm

weg und merkte seinen beobachtenden Blick in meinem Rücken. – Hat er etwas bemerkt? – Mich traf ein ungutes Gefühl, weil ich ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte. Doch angelogen hatte ich ihn doch auch nicht. Immerhin, zählte ich meinen Versuch mich zu erinnern, auch als Vorbereitung. Ich biss die Lippen aufeinander und ging in das Gebäude. Der Schattenmann stand noch am Tor uns sah mir nach. Als ich aus seiner Sicht verschwunden war, legte er wieder die Hände gelassen in seine Hosentaschen. „Und wann ist die Schule vorbei?“ fragte er sich selber und lief vom Schulhof.

Meine Gedanken schweiften umher. Ich setzte mich an meinen Platz in dem Klassenzimmer und schaute auf meinen Tisch. Die Tatsache, mich nicht mehr an den vergangenen Abend erinnern zu können, lag mir noch schwer im Magen. Es fühlte sich falsch an. Es war wie ein Black-Out nach einer Party. Es war einfach wie ausradiert. Betrübt sah ich auf und schaute aus dem Fenster, auf den Sportplatz hinter der Schule. Zwischen meiner Grübelei dachte ich kurz an die Situation mit dem Schattenmann. Ich dachte an die Mädchen, die ihn ansprachen und ihn

umgarnten. Dabei hatten sie keine Ahnung wozu er fähig war. Und sie hatten keine Ahnung, was er war. „Dämonen... Dämon....“, sagte ich immer wieder leise um mich zu erinnern. - Es gibt die Dämonenwelt. Und es gibt Dämonen. - rief ich mir immer wieder in den Kopf und biss auf meinen Finger. Dann schreckte ich auf. - Moment! Ist dann dieser Typ mit den Hörnern auch ein Dämon? Ist es normal, dass andere Dämonen hier auch herum laufen? Aber warum hat sonst niemand seine großen Hörner gesehen? Und was war mit dem Vogel? Er wirkte auch, als gehöre er nicht in diese Welt. Aber warum fällt nur mir das auf? -

So sausten meine Gedanken durch meinen Kopf ohne, dass mir eine Antwort nahe war. Natürlich ignorierte ich dabei den Unterricht. Ich wusste nicht einmal welches Fach gerade unterrichtet wurde. Mein Schädel brummte. „Warum.. erinner ich mich nicht..?“, flüsterte ich mir verärgert zu und hielt meinen Kopf zwischen meinen Händen. Als ich knirschend auf meinen Tisch starrte, bemerkte ich plötzlich ein zusammengeknülltes Papier, dass auf meinem Tisch kullerte. „Hmh?“ Dann traf mich ein zweites am Kopf. „Hey... psst!“, flüsterte Nami mir zu. Sie saß rechts von mir und versuchte meine

Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ich drehte mich zu ihr. „Was denn?“ „Ist alles ok?“, frage sie. „Warum?“ „Ich mache mir Sorgen. Du bist so komisch“, antwortete sie flüsternd. Doch ich hob die Hand und fuchtelte leicht in der Luft. „Nein. Alles ist-“ „YUKI!“, unterbrach mich der Lehrer lautstark. Ich sprang auf und warf meinen Stuhl nach hinten. Schockiert starrte ich nach vorne. „J.. Ja!?“, fragte ich mit aufgerissenen Augen und strammen Stand. „Kannst du wiederholen was ich gesagt habe?“, forderte der Lehrer mich auf und sah mir wütend entgegen. Ertappt blickte ich ihn an. „Ehmm..“, dann huschte mein Blick durch den Raum, in die Augen der

anderen Schüler. Ich hoffte auf Hilfe. Doch die Meisten wussten selber keine Antwort. Sie schauten entweder weg, oder grinsten mich mit einem breiten, gemeinen Grinse an. Andere kicherten nur gehässig. Sie warteten darauf wie ich mich weiter blamierte. „Du hast ja nicht einmal die richtigen Bücher auf dem Tisch! Was soll das?“, kam es mir wieder von dem Lehrer entgegen. „Ich.. also.. also...“, kam es stotternd aus meinem Mund. Musste jetzt ein Tadel nach dem anderen kommen? Vor all den anderen? „Nachsitzen!“, war sein letztes Wort. Ich biss die Zähne zusammen und wurde ganz starr. Im Hintergrund wurde das

Gelächter immer lauter. „Ja...“, ich sah traurig auf meinen Tisch. Stumm setzte ich mich wieder und fummelte nervös an meiner Schleife. - Wie peinlich. Ständig gerate „ich“ in solche Situationen. - Grimmig sah ich dann zu meiner Rechten. Mir wurde ein ertapptes, jedoch mitfühlendes, Lächeln von Nami entgegen geworfen. Doch es wäre unrecht gewesen, ihr die Schuld zu geben. Sie wollte mir nur helfen. Somit schmollte ich also den ganzen restlichen Unterricht lang. Eine Unterrichtsstunde folgte der anderen. Bis zur letzten Stunde verging die Zeit so langsam wie nie. Wenn man eine schöne Zeit hat, verfliegen die

Stunden stets so schnell, doch sobald man unangenehme Erfahrungen sammeln muss, scheint der Tag niemals zu enden. Es kam noch etwas Englisch, und Erdkunde dran, zuletzt musste ich nur noch den Kochkurs überstehen. Die ganze Zeit grübelte ich nach. Ich versuchte mich einfach an den ganzen gestrigen Tag zu erinnern, ab dem Moment, an dem ich den Schattenmann rief. Mein Nachdenken an den letzten Abend, führte jedoch nur zu mehr Ärger. Während des Abgießens des heißen Nudelwassers, bemerkte ich nicht meine falsche Haltung. – Ich weiß nur noch, dass Deeon und der Schattenmann gekämpft haben. Dann saßen wir in der

Bibliothek. Zuletzt weinte ich… und der Schattenmann. .. Er.. hatte mich getrötet…- Plötzlich floss das kochende Wasser über meinen Arm. „Ahh!! Heiß!“, schrie ich laut und ließ sofort den Topf fallen. Es schepperte laut und das Essen breitete sich am Boden aus. Meine Mitschüler begafften mich sprachlos, bis mein Lehrer zu mir rannte. „Yuki! Raus!“, wurde ich angeschrien. Beschämt blickte ich ihn an und sah überrascht um mich. Essen durfte ich nicht mehr mit den anderen, denn ich sollte die Wunde direkt behandeln lassen. Nachdem ich allein zum Krankenzimmer lief und dort die Tür öffnete, war ich

auch dort alleine. Ich kühlte meine Hand und rieb die Stelle mit einer Salbe ein. Nach all den Vorkommnissen, hatte ich keine Energie mehr. Also saß betrübt im Krankenzimmer und sah herab. Ich war allein. Es war ganz leise. Niemand war bei mir. „Wenn Deeon nur hier wäre. Er würde sich wieder um mich kümmern. Er würde mir helfen.“, flüsterte ich mir zu. Als ich meine Hand sah, erinnerte ich mich an den Schnitt in meiner Handfläche für dieses Ritual. Der Schattenmann hatte diese Wunde sofort geheilt und mir geholfen. Wenn er da wäre, würde er mir nun auch helfen? „SEINETWEGEN hatte ich den Schnitt überhaupt in meiner Hand!“, regte ich

mich sinnlos auf. Ich schnappte mir noch mehr Salbe und rieb die große rote Fläche auf meiner Hand damit ein. Als ich mich wieder beruhigte, strich ich vorsichtig über die Wunde und seufzte nachdenklich. Die Stelle fühlte sich noch immer warm an und es pikste wenn ich sie berührte. Dann nahm ich mir einen weißen Verbandsstoff und umwickelte grob meine Hand damit. Als ich fertig war, sah ich mich im Raum um. Es war so leise denn es war ja noch Unterricht. Ich Nutzte die ruhige Zeit für mich und stellte mich an das Fenster. Die Sonne ging schon unter. Es war schon spät. Die Schule sollte schon bald vorbei sein. Zumindest für die anderen.

Nami wollte ich nicht mehr sehen. Ich war sauer auf sie und das wusste sie genau. Doch alleine zu sein, war auch manchmal angenehm. Es war beruhigend keine Stimmen um mich zu haben. Es tat gut mal alleine zu sein und in Ruhe über Dinge nachdenken zu können. Hatte ich mich vielleicht schon so sehr daran gewöhnt, alleine zu sein? Wenn Nami nicht bei mir war, war die Einsamkeit ständig mein Begleiter. Ich war niemand besonderes. Ich war jemand, den man ignorieren und schnell vergessen konnte. Ich war jemand, der Problemen aus dem Weg gehen wollte. Ich war jemand, der

versuchte, einfach seine Ruhe zu finden. Ich verstand es nicht, wie man sich jeden Tag wohlfühlen konnte, wenn man sich ständig anpassen musste, nur um einer Gruppe anzugehören. Dass man ständig etwas Besonderes sein wollte, nur um den Anderen zu gefallen. Doch in einer Sache war ich nun auch etwas Besonderes. Denn ich hatte einen Pakt mit einem Dämon geschlossen. Mein Leben würde nun anders sein. Doch ich hatte ja noch keine Ahnung, wie sehr sich mein Leben verändern würde. Ich blieb die Restliche Zeit im Krankenzimmer. Nachdem es schon wieder klingelte trottete ich geradewegs

in das Beratungslehrerzimmer, denn ich musste ja noch ein paar Stunden nachholen. Genervt stellte ich mich vor die Tür. Dann atmete ich auf und klopfte an. „Herein.“, wurde mir direkt zugerufen. Ich schob die Tür vorsichtig auf und trat ein. Im Raum sah ich jedoch niemanden, also schaute ich mich kurz um. Rechts stand ein großer Schreibtisch mit einem riesigem Stapel von Dokumenten und Blätter. Einige vielen schon auf den Boden und andere waren zwischen Seiten von Büchern gesteckt. Hinter diesem Haufen erkannte ich die Glatze eines Mannes. „Ehm...“, überrascht lief ich näher zum Tisch. Ich hörte das Knacken

seines Stuhls, als er sich langsam zur Seite lehnte um mir grimmig in die Augen zu schauen. „Yumiko Ohada! Ja ja, ich habe schon gehört, dass Sie mal wieder kommen.“, sagte der ältere Mann und schob seine Brille auf seinen Nasenrücken. Meinen vollen Namen habe ich schon lange nicht mehr gehört. Aber sobald ich ihn hörte, gab es höchstwahrscheinlich Ärger. „Ich habe leider keine Zeit für Sie! Aber ich weiß, dass die Küche Hilfe braucht! Nehmen Sie sich so einen Schein von dort.“, sagte er weiter und zeigte neben der Tür auf ein Regal, „Dann gehen Sie zur Küchenleitung! Lassen Sie sich den Zettel dort ausfüllen. Sie wissen ja wie

das geht! Los los! Ich brauche Ruhe hier!“, schob er mich ab. „Toll...“, schnaufte ich und schnappte mir garstig einen dieser Zettel. Dann ging es auch schon zur Küche. Die Treppe komplett wieder runter, sofort Rechts und den Flur entlang. Nur schleppend ging ich voran. Mit gesenktem Kopf setzte ich einen Schritt nach dem anderen. In Gedanken versunken und nur noch mit dem Wunsch nach Hause zu gehen. Gerade lief ich um die Ecke, da stieß ich plötzlich mit jemanden zusammen. Sein Gang war viel strammer. Darum verlor ich direkt den Halt auf meinen Beinen und fiel zu Boden. Überrascht sah ich wieder auf.

„Oh.. eh! Entschuldige...“, stotterte ich. Doch dann sah das Gesicht dieser Person. Ich kannte diesen Jungen. Seinem Blick zufolge kannte er mich auch. „Hörner!“, sagte ich wieder laut und zeigte auf seinen Kopf. Es war dieser grimmig guckende, große aber dünne Junge, mit den ordentlich gekämmten Haaren und der dezenten Brille. Er hatte eine kleine Narbe auf der Wange aber wirkte wie ein Musterschüler. Und ganz besonders stachen seine schwarzen, gedrehten Hörner heraus. Eine angespannte Stille entstand als wir uns ansahen. „Wieso kannst du sie sehen?“, fragte er dann wütend und rückte seine Brille richtig. Doch schnell

drückte ich mir meine Hände gegen den Mund. - Das hätte ich lieber nicht sagen sollen. - Mit einem ertappten Gesicht stand ich einfach auf und lief an ihm vorbei. Ich versuchte weitere Blicke zu vermeiden und spürte nur dieses bedrückende, gefährliche Gefühl das von diesem Junge ausgestrahlt wurde. Seine stechenden Blicke verfolgten mich weiter und machten mich nervös. Also lief ich etwas schneller. Nur noch den Gang runter. Ich hatte einen stumpfen Tunnelblick dessen Ende die Tür zur Küche war. Mit schnellen Schritten lief ich weiter ohne mich umzudrehen. Aber dieses bedrückende Gefühl wollte nicht aufhören. Wieso kam mir der Gang

plötzlich so weit vor? Als wenn ich nie ankommen würde. Egal wie viele Schritte ich auch machte, ich kam nicht näher. Neben dem leisen, immer schneller werdenden Klopfen meines Herzens, hörte ich nicht nur meine Schritte, die durch den Flur hallten, sondern auch die Schritte dieses Jungen, welcher sich in meine Richtung bewegte. - Bilde ich mir das vielleicht nur ein? Nein. Er verfolgt mich! - Dann rannte ich los, bloß nicht stehen bleiben. Wenn er nicht hinter mir her war, dann würden seine Schritte auch nicht schneller werden. Aber dann rannte mein Verfolger auch. Panik erfüllte meinen ganzen Körper. Innerlich wollte ich nur schreien, doch

nach außen verschloss die blanke Panik meinen Mund. Was sollte ich schon tun? Wegrennen ist die beste Möglichkeit Problemen zu entkommen. Also rannte ich einfach so schnell ich konnte. Die Tür kam endlich näher, nur noch wenige Schritte. Während des Laufens hob ich bereits meine Hand um nach der Türklinke zu packen. Ich spürte den Jungen direkt hinter mir. Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Ich spürte wie er mir nichts Gutes wollte. Er hatte mich fast. Er griff nach mir. Und dann ging vor mir die Tür auf. Sofort blieb ich stehen. Ich sah in ein erschrockenes, altes Gesicht einer dicken, kleinen Dame.

Trotz der faltigen Haut und den kleinen Augen riss sie ihre Augenlider so weit auf, dass ich das Funkeln in ihren Augen sehen konnte. „Huch!“. Die Frau trat mir überrascht aus der Küche entgegen. Ich blieb stocksteif stehen. Schnell drehte ich mich um. Dieser Junge müsste direkt hinter mir stehen. Doch ich sah nur einen leeren Gang. Noch einmal sah ich mich genau um. Ich trat etwas zur Seite. Vielleicht hatte er sich hinter den kleinen Schränken im Gang versteckt? Oder ist in einen der anderen Räume gehuscht? Doch es war keine Spur von dem Jungen. Hatte ich mir das doch nur eingebildet? Aber ich habe es wirklich gespürt. Er war da. Auch wenn ich es

nicht gesehen habe. Der Junge war wie ein Schatten, direkt hinter mir. „Was wollen Sie hier junges Fräulein?“, hörte ich die Dame hinter mir. Verwundert drehte ich mich wieder um und besann mich. Ich schüttelte leicht meinen Kopf um mich zu erinnern was ich hier eigentlich wollte. „Ich... ehm... hier... der Zettel. Ich soll hier aushelfen.“, faselte ich. „Gut gut! Dann sind Sie das Mädchen! Man hat mir schon Bescheid gesagt. Hier. Dann können Sie diese Säcke schon mal in die Container bringen! Danach sofort wieder her kommen!“, befahl sie mit ihrer alten Stimme und zeigte auf zwei volle Müllsäcke, welche direkt neben der Tür

standen. „Ehm, haben sie diesen Jungen hinter mir gesehen?“, fragte ich leise und griff mir die Säcke. „Welchen Jungen? Los los! An die Arbeit. Nicht quatschen!“, sie klatschte bestimmend in ihre Hände und lief zurück in die Küche. Noch einmal blickte ich den Gang zurück. Anscheinend war dort wirklich kein Dämon. Mühsam schleppte ich die Säcke einen kleinen Weg, draußen hinter der Schule entlang. Der Weg führte zwischen der Umzäunung der Schule und dem Gebäude her. Ich war

alleine. Nervös sah ich mich immer wieder um. Zwischendurch blickte ich panisch hinter mich. - Das kann nicht sein. Der Junge war direkt hinter mir. - Dieser Gedanke lies mich nicht los. Vielleicht bin ich seit der Dämonenwelt einfach nur paranoid geworden? War dieser Junge denn noch hier? Ich blickte achtsam zu allen Seiten. Ich sollte vorsichtig sein. Denn ich hatte noch immer dieses ungute Gefühl. Langsam lief ich also den Weg weiter. Er war relativ eng, also musste ich schon von weitem sehen, wenn jemand auf mich zu lief. Nur noch um die Ecke, da standen dann auch die Container. Noch

einmal blicke ich hinter mich, bevor ich die Säcke mit Schwung hinein werfen wollte. Ich konnte niemanden sehen. Dann hörte ich plötzlich ein lautes Geräusch aus eines des Fenstern. Achtsam blieb ich stehen und lief zum Fenster aus dem das Geräusch kam. War es der Junge? Vielleicht war es jemand anderes? Zufall? „Hallo..?“, fragte ich zögernd und spähte durch das Fenster. Es war dunkel im Raum. Also konnte ich kaum etwas erkennen. Dann sah ich einen Schatten durch das Zimmer huschen. „Da!“ Ich erschrak und hielt den Atem an. Dann spürte ich wie plötzlich jemand hinter mir stand. Mir

lief ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Mein Puls wurde immer schneller. Ich merkte wieder einen Atem in meinem Nacken. Hinter mir wurde es plötzlich kalt. Dieses Mal war tatsächlich jemand hinter mir. Da war ich mir sicher. Was sollte ich tun? Ich konnte nicht schnell genug denken um eine kluge Entscheidung zu treffen. Meine Panik überkam mich erneut. Wer weiß was er wollte? Ich hatte so eine Angst. Dann packte er mir an die Schulter. „KYAAA!“ Ich schrie und schlug entsetzt mit dem Beutel zu. Doch er wurde mir noch in der Luft aus der Hand geschlagen. Er löste sich im Flug und all

der Inhalt verteilte sich auf dem Boden. „Hey!“, wurde mir mürrisch entgegen gebrüllt. Ich öffnete meine Augen und stützte mich an die Wand. Ein freundliches Gesicht sah mich verdutzt an. Nicht das schaurige, welches ich erwartet hatte. Der Schattenmann stand vor mir. Schockiert sah ich ihm lange in die Augen. Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Beine zitterten. „Was hast du denn jetzt schon wieder?“, fragte er mich genervt. Doch ich antwortete nicht. Der Schock klapperte immer noch in meinen Knochen. Auch wenn ich wusste, dass mir nichts passieren würde und ich glücklich war ihn zu sehen. Immer noch

stand ich nur da. Ich senkte meinen Blick. „Was ist geschehen?“, fragte er und nahm meine verbundene Hand. Der Junge zog die Augenbrauen fraglich hoch. „Es wäre von Vorteil, mal auf deine Umgebung zu achten. Denkst du das nicht auch?“, neckte er mich. Doch ich schwieg. - Ich würde ja gerne besser auf mich aufpassen. Aber wie soll ich das, wenn ich schon mit meiner Angst überfordert bin? - Schwach ließ ich auch den anderen Beutel fallen. „Wie soll mir so ein ängstlihes Gör helfen können? Sei nicht so tollpatschig“ Er wollte einfach nicht aufhören auf mir herum zu hacken. Es war schlimm genug, was ich den ganzen

Tag schon erleben musste, nun auch noch so etwas. „Hey. Schweigen macht es nicht besser.“, meinte er und ließ meine Hand wieder los. Auch wenn seine Worte nicht böswillig waren, trafen sie mich tief. Ich biss die Zähne zusammen und sah weg. „Und was ist nun schon wieder?“, fügte er noch hinzu. „LASS MICH!“, schrie ich den Tränen nahe und ballte meine Hände. Entgeistert sah er mich mit aufgerissenen Augen an. „Ich hatte Angst...“, fing ich an zu weinen. Ich sah wieder herab. Meine Haare verdeckten mein Gesicht. Einige Tränen kullerten von meiner Wange direkt auf den Boden. „Vielleicht ist das für dich alles normal. Aber ich habe das Gefühl,

ständig um mein Leben Angst haben zu müssen!“, weinte ich weiter. „Ts... typisch Menschen...“, motzte er und griff erneut behutsam nach meiner Hand. Er wollte den Verband sanft abnehmen „Schwach... und ängstlich... Du solltest nicht immer flennen wenn du dich fürchtest!“ Schockiert starrte ich ihn an. Hatte er überhaupt begriffen wie es mir ging? „DU MUSST JA AUCH KEINE ANGST MEHR HABEN! DU LEBST JA NICHT MEHR!“, schrie ich ihn an und riss meine Hand von ihm. Dem Jungen blieb kurz die Luft weg und sein erschrockener Blick starrte mich an. Doch egal wie sehr es ihn getroffen

hatte, ich stieß ihn von mir, rannte einfach weg und ließ ihn dort alleine stehen. Weinend rannte ich den Weg zurück. Ich versuchte einige Tränen weg zu wischen, doch es kamen immer wieder neue. Ich konnte einfach nicht aufhören. Es brach aus mir heraus. Alle hatten es auf mich abgesehen. Wieso versteht mich denn niemand? Alle verlangen ständig irgendetwas von mir. Ich kann das nicht mehr. Winselnd blieb ich stehen. Dann lehnte ich mich mit meinem Rücken gegen die Mauer. Ich brauchte jemanden. Ich kann das nicht alles alleine schaffen. „Deeon. Ich wünschte du wärst hier.“, flüsterte ich ins

Nichts. Ich stand da. Und wartete darauf, dass jemand endlich kommt und mich hier weg bringt. Nicht aus diesem Ort. Sondern aus diesem Leben. In ein besseres Leben. Doch es sollte kein Wunder geschehen. Es dauerte, bis ich mich beruhigen konnte. Ich wischte mir durch mein Gesicht. Dann hörte ich etwas neben mir knacken. Das Fenster wurde plötzlich aufgerissen. Ehe ich mich umdrehen konnte, packte mich jemand an meinem Shirt und riss mich mit Gewalt durch das Fenster. „AAHH!“, unsanft wurde ich auf den Boden geworfen. Dann stieß ich mir

meinen Kopf an der Wand. Jemand griff mich am Hals und hob mich hoch. Was passierte hier? Ich konnte nicht klar denken. Meine Hände zitterten. Ich bekam keine Luft. Dann drückte man mich erneut brutal gegen die Wand. Alles geschah so schnell. Ich konnte nichts erkennen. Mit aller Kraft krallte ich mich in den Arm der Person, die mich würgte. „Was haben wie denn hier?“, freute sich seine Stimme. Ich versuchte ihn zu treten und mich zu befreien. Aber nichts half. Mein Herz raste. Ich spürte meinen Puls bis in den Kopf. Doch was sollte ich tun? „Was für außergewöhnliche Seele in diesem schwachen, hübschen Körper

ist.“, sprach die Person weiter. Mir wurde schwindelig. „Nein.. bitte...“ Ich kratzte an seinem Arm. Doch ich wurde immer schwächer. Mit letzter Kraft sah ich in sein Gesicht. Diese Augen, die Brille, die Hörner! Es war der Junge der mich verfolgt hatte. Er grinste mich verrückt, mit stechend roten Augen an. „Ich weiß zwar nicht, warum du in der Menschenwelt bist, aber dieser Ort gehört mir. Und ich werde mir meine Leckeren Seelen nicht von dir wegnehmen lassen! Und deine werde ich mir als erstes nehmen.“ Der Dämon drehte sich um und warf mich mit voller Wucht auf einen Tisch. Stühle vielen dabei um und der Tisch knirschte einige

Meter über den Boden nach hinten. Ich konnte mich einfach nicht wehren. „Nein...“, flüsterte ich nach Luft ringend. Dann beugte er sich über mich. Mit seiner anderen Hand fuhr er an meinem Hals herunter. „Genau da.“, lächelte er wie besessen. In der Mitte Meiner Brust drückte er seine flache Hand gegen meinen Brustkorb. Plötzlich spürte ich einen schrecklichen Schmerz in meiner Brust. Die berührte Fläche begann zu leuchten und schwer zu brennen. Mir wurde schwindelig. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Kraftlos ließ ich meine Hände am Tisch herunter hängen. Meine Augen verdrehten sich. Ich fühlte mich so

kraftlos. So hilflos. Das einzige was ich empfand war der schreckliche Schmerz in meiner Brust. Ich konnte nicht einmal Schreien. Er griff in mich hinein. So sollte sich also der Tot anfühlen? Der Dämon griff sich mein Inneres, meine Seele. Ich habe es gespürt, wie er mit seiner glühenden Hand mein Inneres packte. Meine sanft schwebende Seele, die von seinem Schatten fast zerquetscht und herausgerissen wurde. Er packte zu. Er hatte es fest in der Hand und lachte. „Jetzt gehört sie mir! Sie sieht so lecker aus.“ Dann begann er zu reißen. Er zog mich aus meinem Körper. Dabei ließ er meinen Hals los. Doch mein Körper war paralysiert. Ich spürte nur noch ein

immer stärker werdendes Pochen in meinen Adern. Mein Blick wurde schwarz. Es war ein grässlicher Schmerz, als er mein Leben aus mir herausreißen wollte. Sein Lachen wurde immer dumpfer. „Warum ist sie so schwer? Diese Seele! Ich will sie!“ Er zog und zog, doch meine Seele blieb in mir. „Warum geht das nicht?!“ Doch dann stoppte er erschrocken. „Was?!“, er riss seine Hand aus meinem Körper und sprang zurück. Mit einem Mal konnte ich wieder atmen. Der Druck in meiner Brust war weg. Voller Panik drehte ich mich zur Seite und schnappte hustend nach Luft. Mir war so schwindelig. Ich röchelte nur

noch und hielt mir meinen Hals fest. Doch egal wie ich mich bewegte, in meiner Brust steckte noch immer der Schmerz. „Wie ist das möglich! Das ist nicht deine Seele!“, schrie er außer sich. „Wer bist du!?“ Doch ich konnte nicht darauf reagieren. Wieder wollte er auf mich zu rennen und hob seine Hand. „Sag mir wer du-“ Noch bevor er mich jedoch packen konnte, zischte ein Dolch durch den Raum und durchbohrte seine Hand. Der Dämon hielt sich entsetzt seinen Arm in welchem der Dolch steckte und schrie entsetzt. „ARGH! Wer ist da?!“ Er brach zusammen und sah zur Tür. Der Schattenmann stand dort. „Du hast

recht. Es ist meine Seele.“, sagte er locker und lief mit langsamen Schritten auf ihn zu. Die durchbohrte Hand blutete extrem. „Wer bist du? Moment. Das kann nicht sein!“, mit panischem Blick sah er den Schattenmann an. „Dich gibt es doch? Ich werde mich aber nicht von dir besiegen lassen!“ Dann atmete er immer tiefer. Seine Augen wurden finsterer und sein Körper änderte die Form. Er röchelte und lachte mit einer finsteren Stimme. Der Dämon wurde immer größer, seine Haut begann zu rot zu qualmen und seine Hände formten sich zu Krallen. Seine Zähne wurden spitzer, seine Augen angsteinflößender. Seine Kleidung riss

an einigen Stellen und die Brille fiel von seiner Nase. Verrückt grinste er den Schattenmann an. „Ich lasse mich nicht aufhalten!“ Dann rannte er auf ihn zu. Mit seiner gesunden Hand wollte er ihn angreifen und holte zu einem kraftvollen Schlag aus. Er war nun viel größer als der Schattenmann und sah auch stärker aus. Doch der Schattenmann hob blitzschnell seine Hand und wehrte ohne großen Aufwand die Faust seines Gegners ab. „Was?!“, erschrak der Dämon panisch. Er fletschte seine Zähne und versuchte seine Hand wieder zurück zu ziehen. Der Schattenmann lächelte kurz mit seiner emotionslosen Miene. Dann drehte

er die Faust und brach damit das Handgelenk des Dämons. Dieser riss fassungslos die Augen auf, fiel auf die Knie und schrie wie am Spieß. „AAH!! Du Monster! Das wirst du bezahlen! Du mieser Dreckskerl!“ Unbeeindruckt von seinen Worten, legte der Schattenmann einen Finger auf die, von Schmerz verzogene Stirn des Dämons. Dann schnipste er dagegen. Mit enormer Kraft wurde der Dämon an die Wand geschleudert. Er prallte an ihr auf und fiel auf die Knie. Ich sah wie der Schattenmann durch den Raum schritt. Langsam. Voller Geduld. Diese bedrohliche Aura kam wieder von ihm. Sollte ich auch Angst vor ihm

haben? „Du mieses Schwein!“, zitterte der Dämon. „Achso?“, fragte der Schattenmann und kniete sich zu ihm. Mit gelangweilter Miene griff er nach seinem Messer, das noch immer in der Hand des Dämons steckte. „Nein!“, bettelte er. Schließlich riss der Schattenmann sein Messer in die Vertikale und spaltete die riesige Pranke des Dämons. Ein heftiger Blutfleck spritze auf die Tapete. Der Dämon brach zu Seite. Er kreischte wie verrückt. „Gaaar! Meine Hand!!“ Ich realisierte nur noch die Schreie des Dämons. Wie er immer lauter wurde. Wie die Schmerzen immer tiefer gingen. Und

ich spürte die kalte Freude des Schattenmannes. „Nein...“, flüsterte ich und kam langsam wieder zu mir. „Stopp..“ Ich drehte mich weiter und streckte meine Hand nach ihm aus. Ich wollte nicht, dass er so etwas Grausames tat. „Bitte...“, schwach versuchte ich mich aufzustemmen. Doch der Schmerz in meiner Brust brannte noch zu sehr. Der Schattenmann hörte mich nicht. Er legte seine Hand auf das Kinn des Dämons und drehte sein Gesicht etwas. Mit kaltem Blick schaute er ihm arrogant in die Augen und lächelte. „Mieser Bastard..“, krächzte der Dämon schmerzerfüllt. „Du sagst ja immer noch so schmutzige

Worte“, antwortete der Junge. Dann griff er den Kiefer des Dämons. „Nein! Nein!“, schrie der Dämon. Es knackte laut, dann riss er mit einem Ruck den Knochen des Kiefers aus seinem Gesicht. Im Hintergrund schallten noch immer seine schrecklichen Schreie. Ich konnte mich noch immer kaum bewegen. „Nein!“, mit letzter Kraft wollte ich aufstehen. Ich setzet mich also auf und stellte meine Füße auf dem Boden ab. Ich stemmte mich auf meine Beine. „Aufhören...“ Egal was der Dämon getan hatte. Ich wollte nicht, dass er ihn quält und ich wollte nicht, dass er ihn tötet. Langsam zitterte ich auf meinen Beinen. Erst einen Schritt, dann

den zweiten. Doch ich wackelte schwach. Mir wurde übel. Mein Magen krampfte sich zusammen. Alles kam mir so dunkel vor. Verschwommene Bilder umgaben mich. Ich versuchte mich auf einen Stuhl zu lehnen, doch warf diesen direkt um. Auch ich verlor den Halt auf meinen Beinen und fiel zu Boden. „Hör auf..“, waren meine letzten Worte, als ich mich am Boden liegend wieder fand. Doch die Schreie verstummten plötzlich. Es war leise. Was war geschehen? Einen Moment lang geschah nichts. Als ich aufsah, kniete der Schattenmann vor mir. „Alles in Ordnung?“, fragte er erschrocken. Sein Gesicht, es war voller Blut. „Hör auf... bitte.“, stotterte ich

kraftlos, als er mich auf meinen Rücken drehte. Seine kalten Hände hoben mich sanft in seinen Schoß. Ich fühlte mich so müde und ließ mich einfach von ihm halten. Noch immer hatte ich diesen tiefen Schmerz in meiner Brust, der mich nicht verließ. Dieser Schmerz zerrte an mir. Er zerrte noch an meinem Leben. Es waren Flammen die unermesslich in mir loderten und mich von innen verbrannten. „Ich.. habe Angst...“, flüsterte ich. Eine Träne kullerte aus meinem Auge. Er sah mich behutsam an. „Ich bleibe bei dir. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“ Dann legte er seine kalte Hand

auf meine warme Stirn. Mein ganzer Körper verbrannte von innen. „Ich habe vor dir .. Angst...“, zitterte aber meine Stimme. Mir begegnete nur sein erschrockener Blick. „Du hast ihn getötet.“, wimmerte ich leise. „Nein... er lebt noch. Er ist weg. Alles ist gut.“, antwortete er besorgt. „Es tut mir leid...“, gestand er. „Es war meine Schuld... bitte verzeih mir.“ Er sah mir in meine verweinten schwachen Augen. Ich sah ihn überrascht an. Eine Träne kullerte meine Schläfe hinunter. Warum entschuldigte er sich? Nun beugte er sich langsam vor. „Das wird etwas kalt...“, flüsterte er. Dann legte er seine eisige Hand an die Stelle

meiner Brust, die noch immer so schmerzte. Seine Berührung fühlte sich so beruhigend an. Der stechende, heiße Schmerz verging. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Diese sanfte Kälte löschte langsam das stechende Feuer in meinen Körper. Endlich konnte ich wieder atmen. Diese Eiseskälte durchfuhr meinen gesamten Körper. Ich merkte das leicht stechende Gefühl bis in die Fingerspitzen, als würde ich in Schnee packen. Ich fühlte mich sicher. Nachdem ich tief einatmen konnte, atmete ich nun einen eisigen Hauch aus und sah in seine Augen. Das Blut in seinem Gesicht war verschwunden. Wir sahen uns eine Zeit

lang schweigend an. Behutsam hielt er mich sicher in seinen Armen. „Besser?“, seine Stimme beruhigte mich und meine Hände hörten auf zu zittern. Ich lächelte ihn an. „Ja...“ Auch er lächelte. Dieses ruhige Lächeln kannte ich nicht von ihm. Es war das Gegenteil von seinem grausamen, mörderischen Verhalten. „Danke.“ flüsterte ich erleichtert. „Hmh“, er nickte mir nur zu und hielt mich fest. Wir schwiegen einen Moment und vergaßen alles um uns herum. Doch auf einmal sah er weg. Er räusperte sich etwas und legte wieder seine ernste Miene auf. „Du solltest wieder laufen können!“, sagte er streng. „Los, steh

auf.“

Der Tee

Die Sonne war schon unter gegangen. Schweigend lief ich durch die Stadt. Ich folgte dem Weg nach Hause, den ich am Morgen schon einmal in die andere Richtung gerannt war. Es wardunkel und nur wenige Laternen beleuchteten die Umgebung. Der Wind fegte durch die Gassen, die Nächte wurden schneller düsterer und es waren kaum noch Menschen zu sehen. Am Himmel fand man nur wenige Sterne die durch die Risse der Wolken schienen. Auch der helle, runde Mond war kaum zu erkennen. Ich versuchte gar nicht viel nachzudenken und machte einfach einen

Schritt nach dem anderen. Hinter mir folgte der Schattenmann mir. Genau wie ich, versuchte er jede weitere Konversation zu vermeiden. Wie er zu mir stand oder ich zu ihm, verstand ich noch nicht. Kurz hatte ich das Gefühl zu ihm durchzudringen. Aber im nächsten Augenblick wirkte er wieder so distanziert. Vor seiner grausamen Seite hatte ich Angst, aber sobald er gutmütig wurde, spürte ich wie angenehm seine Nähe sein konnte. Seit des Angriffs des Dämonen, waren nur ein paar Stunden vergangen. Ich war müde und ich war erschöpft. Der Tag machte mir zu schaffen. Ich bat den Schattenmann, mir noch eine Nacht

Zuhause zu schenken. Kommentarlos erlaubte es mir auch und folgte mir seitdem schweigend. Warum er mir folgte, war mir jedoch unklar. Doch es fühlte sich dank ihm sicherer an. Ich dachte darüber nach ihm zu danken. Aber wie? Egal wie ich versuchte ein Gespräch anzufangen. Er sah stets weg und beachtete mich nicht weiter. Er wollte jeder Konversation aus dem Weg gehen. Ohne weitere Anstalten zu machen folgte ich meinem Weg weiter. Nach einer Weile begannen Regentropfen sanft auf den Boden zu fallen. Mir wurde kalt und meine letzte Kraft hielt mich noch auf den Beinen. Ich überkreuzte meine Arme ineinander und ging

schneller, denn ich wollte einfach endlich nach Hause. Meine Freude, nach Hause gehen zu können und jemanden dort zu haben, der mich einfach in den Arm nimmt war mein letzter Trost für den Tag. Mein Vater würde nicht mal nach dem Grund fragen. Er würde mich einfach an sich drücken. Das wärmende Gefühl einer liebenden Person, die einem Zeit und Kraft schenkt, ist das schönste Geschenk, das man im Leben bekommen kann. Denn Zeit kann man nie wieder ändern. Während des Laufens merkte ich, wie der Schattenmann nicht mehr unmittelbar hinter mir war. Er blieb plötzlich stehen. Überrascht drehte ich mich zu ihm um.

Ich zeigte ihm mit einer Kopfbewegung, weiter laufen zu wollen. Aber er reagierte nicht. Er stand einfach dort. Ehe ich ihn fragen wollte warum er stehen blieb, verstummte ich bei seinem friedlichen Anblick. Abwesend stand er nur dort und sah in den Himmel. Er hob seinen Arm und öffnete langsam seine Hand. Die kalten Tropfen fielen auf seine Handfläche und tropften auf seine entspannte Miene. Er genoss das Gefühl des kalten Windes und des nassen Regens an seinem Körper. Erleichtert atmete er tief ein. Starr stand ich dort. Wie gefesselt beobachtete ich seine faszinierende Person. Mir war egal, dass es stärker

regnete und ich merke nicht, dass ich durch die Kälte kein Gefühl mehr in den Fingern hatte. Dann wurde es mir klar. Ich sollte keine Angst vor ihm haben. Mehr noch. Ich erkannte, dass ich ihm helfen sollte. Er zeigte keinem wie er innerlich vor Schmerz und Einsamkeit brannte. Nur selten kam von ihm ein Hilfeschrei, welcher sich durch erbarmungslose und brutale Handlungen zeigte. Ich hatte das Gefühl, ihn zu verstehen. Es machte mich traurig ihn so zu sehen, auch wenn es ein glückliches Bild war. Langsam lief ich vor und blieb kurz vor ihm stehen. Der Regen wurde nun immer stärker. Was sollte ich sagen? Oder lieber

schweigen? „Es.. ist lange her...“, unterbrach er jedoch die Stille, ohne mich anzusehen. „Die Luft ist viel leichter geworden, seit ich sie das letzte Mal in der Menschenwelt spüren konnte. … Aber der Regen ist noch immer erfrischend.“ Mitfühlend biss ich auf meine Lippe und spielte nachdenklich an meinem Rock. Wenn ich nun nach Hause ginge, um die liebevolle Umarmung meines Vaters zu genießen, würde der Schattenmann wieder in seinen einsamen, kalten Raum zurückkehren müssen. Ich wusste zwar nicht wie Dämonen fühlten, aber er war kein Dämon, er war ein Mensch. Auch wenn er es bestreiten

würde, doch er war wie ich. Und ich wusste was Menschen brauchten! Ich wusste was er brauchte! Egal wie stur er sein würde. Er brauchte jemanden, der für ihn da ist. Er brauchte zwei Arme die ihn halten würden. „... Bleib doch länger hier.“, flüsterte ich lächelnd, jedoch den Tränen nahe und verschränkte meine Arme hoffnungsvoll vor meine Brust. Wenn ich ihn so stehen sah, erinnerte ich mich an seine schreckliche Vergangenheit und stellte mir die Zeit vor, in welcher er so einsam leben musste. Sollte ich ihn zu mir nach Hause einladen? Ich konnte ihn doch nicht alleine lassen? Doch diesen Dämonenjungen einzuladen, ihm eine

Tasse Tee anzubieten und ihm meinen Vater vorzustellen, war für mich schwer vorstellbar. Doch überraschenderweise lächelte er mich beruhigt an, legte seine Hand auf meinen Kopf und tätschelte diesen. Er sah mich an wie ein Wolf der sein Junges beschützte. Sein Junges, das noch viel zu wenig von der Welt wusste. Ein Junges, das nur sein Nest kannte und nicht die steilen und steinigen Berge die es zu bewältigen gab und tiefen und dunkeln Höhlen in die man fallen konnte. Von meinen Haarspitzen tropfte der Regen herunter. Wir waren komplett durchnässt. Doch das war uns beiden

egal. Ich dachte immer, mein Leben sei hart. Ich hatte kaum Freunde, kaum Geld und war sehr oft alleine. Doch ich hatte eine Familie. Auch wenn es nur eine kleine kaputte Familie war. Aber nun realisierte ich, dass der Schattenmann nicht einmal das hatte. Doch wie sollte ich ihm helfen? Eine Träne lief mir schließlich über die Wange während ich erwartungsvoll in seine hellen Augen sah. „Hör auf.“, forderte er mich auf und nahm seine Hand von meinem Kopf. Ich ging einen kleinen Schritt zurück und wischte durch mein nasses Gesicht um meine Unsicherheit zu überspielen. „Alle

gut!“, antwortete ich glücklich. „Weinen macht es nicht besser.“, kam mir plötzlich entgegen. „Es zeigt nur, dass du nicht weißt was du tun sollst... dass du schwach bist.“, fügte er mürrisch hinzu. Ich runzelte verwundert die Stirn. „Was?“, fragte ich entgeistert. Doch er ging schweigend an mir vorbei. „W... was... wieso..?“, stotterte ich ihm hinterher. Er reagierte jedoch nicht. Während ich mir Sorgen um ihn machte, begegnete er mir mit dieser kalten Beleidigung. Erst stand ich verwirrt da und sah ihm befangen hinterher. Aber dann stampfte ich beleidigt auf den Boden. Ich lief schnell durch die Pfützen zu ihm und

griff seinen kalten Arm. „Hey! Warum musst du direkt so herzlos reagieren!“, motzte ich ihn an. Genervt drehte er sich um und stand mir gefährlich nahe. Mit seinem zornigen Blick versuchte er mich einzuschüchtern. Doch ich wusste, dass er mir nichts tun konnte. „Bist du wohl nicht gewohnt, dass jemand so mit dir redet?! Hör auf so gefühlskalt zu tun!“, brach es aus mir heraus. Ich konnte es nicht leiden, wenn man sich so stark verstellte, weil es einem schlecht ging. Er riss die Augen auf und biss seine Zähne grimmig aufeinander. Langsam stieg in ihm die Wut. Er sah mich so wütend an. Der Schattenmann starrte mir

tief in die Augen und kam mir näher. Doch sofort drehte er sich mit geballter Faust von mir weg. Wütend entfernte er sich einige Schritte von mir. „Du solltest darüber reden. Ich höre dir zu.“, sagte ich enttäuscht und sah ihm hinterher. „Du solltest nicht immer so grausam sein.“, versuchte ich ihm zu erklären „Hör auf das ständig abzublocken!“ und griff wieder nach seinem Arm. Mit wutverzerrtem Gesicht riss er seinen Arm weg, „Was weißt du schon!“. Er drehte sich so Hass geladen zu mir. Seine Bewegung löste eine leichte Druckwelle aus und sein Stampfen zertrümmerte den steinigen Boden. Seine Bewegung war

mit solcher Wucht, dass ich vor Schreck auf den nassen Boden viel. Das Licht der Laterne neben uns flackerte einige Male hinter mir und der wenige Staub legte sich sofort wieder. Mein Atem blieb stehen. Auch wenn ich mir sicher war, dass er mir nichts tun würde, hatte ich Angst. Meine Augen waren geweitet. Aus meinem Mund kam kein Ton mehr. Ich sah ihn nur noch fassungslos an. Verloren sah er weg und zog seine Faust enttäuscht zu sich. Er hielt seine Hand bekümmert vor sein Gesicht. Dann schnaufte er nur grimmig, drehte sich um und lief von mir weg. „... Wieso?“, fragte ich traurig. Einsam saß ich dort im kalten Regen und sah

noch in die dunkle Gasse in welcher er verschwand. - War das falsch von mir? – Statt aufzustehen ich noch eine Zeit lang dort und dachte entrüstet nach. Ich war von oben bis unten nass und fror bis auf die Knochen. „Ich hätte ihn nicht darauf ansprechen sollen.“, sagte ich bedauerlich zu mir. „Ich meinte es doch nicht so.“, wimmerte ich weiter. „Ich bin so ein Dummkopf!“. Ich ballte meine Fäuste fest zusammen. „Ich bin so dumm!“ Das hatte ich davon. Nun saß ich alleine im Dunkeln, im Regen auf dem kalten Boden. Lange hockte ich dort und kauerte mich zusammen. „Ich habe ihn schon wieder verletzt... dabei wollte ich mich noch bedanken...“, sagte ich leise,

als ich meine Beine anzog und mich an sie drückte. „Warum kann ich nichts richtig machen?“, fragte ich mich und legte meinen Kopf auf meine Knie. Nur weil ich dachte, dass ich etwas bewirken könnte, dass ich helfen könnte, habe ich es nur noch schlimmer gemacht. Eigentlich fühlte ich mich so schlecht, dass ich weinen wollte. Doch es fehlte mir die Kraft dazu. Zitternd stellte ich mich auf die Beine. Und mit langsamen Schritten versuchte ich nun wieder meinen Weg aufzunehmen. Ich schaute mich fragend um und sah in die schwarzen nassen Straßen. Es war keine Spur vom

Schattenmann. Also lief ich mit verschränkten Armen weiter. Ich zitterte. Ich fror. Der Weg wirkte nun so viel länger. Durch den Park und am Bäcker vorbei. Dabei plätscherte der Regen immer mehr auf mich herab. Die Straßen waren trotz der Laternen sehr dunkel und durch den aufprallenden Regen erkannte man kaum die Ferne. Doch als ich meinen zittrigen Blick langsam hob, schaute ich auf ein Licht an meinem Hauseingang scheinen. Ein großer Mann mit braunen Haaren stand in der Tür. Er hatte dunkle Augenringe und einen ungepflegten, stoppeligen Bart. „Yuki?“, hörte ich besorgt. Ich fing an zu weinen und lief

schnell auf ihn zu. „Papa...“ Erschrocken öffnete er die Tür weit und nahm mich in den Arm. „Was ist passiert Schatz? Komm rein!“, sagte er sanft zu mir. Ich umarmte ihn nur noch stärker. „Papa. Ich habe dich so lieb.“, nuschelte ich in seinen Pullover. „Es ist alles gut mein Schatz. Was ist passiert? Du bist ja eiskalt.“, er hielt mich fest im Arm. „Papa.. ich.. Papa..!“, ich schluchzte immer lauter. Ich konnte ihm nicht erzählen was in mir vor ging. Ich weinte zu sehr. Ich weinte laut. Ich weinte stark. War es ein glückliches Weinen, weil ich meinen liebenden Vater hatte? Oder war es ein trauriges Weinen, weil ich nicht wusste was ich tun sollte? Sein Körper

wärmte mich. Mir war so kalt. „Papa...“, winselte ich einfach nur. „Komm Yuki. Beruhige dich.“, sprach er mir leise zu und lief langsam mit mir ins Haus. Ich spürte meine Finger nicht mehr. Meine Nase war ganz rot, so wie meine Ohren. Die Kälte zog sich durch meine Kleidung. Ich Zitterte am ganzen Körper. Noch immer liefen mir Tränen über die Wangen. Ich schniefte und versuchte meine Tränen weg zu wischen. Doch es kullerten immer mehr hinterher. Schnell lief mein Vater ins Bad und holte ein großes Handtuch, welches er mir über meine Schultern legte. „Du hast Fieber Yuki! Leg dich lieber ins Bett.“ Ich

schaute in seine liebevollen, müden Augen. In die Augen eines Mannes, der sich nach seiner harten Arbeit auch noch seine nichtsnutzige Tochter kümmern musste. „Papa. Es tut mir leid.“, machte ich mir Vorwürfe. „Mein Schatz. Egal was passiert ist. Es muss dir nicht leid tun.“, versuchte er mir neutral zu erklären. Plötzlich wackelte ich auf meinen Beinen. Mir wurde schwarz vor Augen. „Papa..“, faselte ich wieder und verlor den Halt. Ich sah nur noch die Silhouette wie mein Vater voller Sorgen auf mich zu kam und mich fest hielt. „Yuki!“, hörte ich dumpf von ihm. Dann verschwand meine Sicht und ich verlor mich in der

Bewusstlosigkeit. Wieso muss ich es allen so schwer machen? Ich wollte nicht, dass man sich Sorgen um mich machte. Ich wollte nicht, dass es anderen schlecht ging wegen mir. Und doch schaffe ich es ständig, einfach alles falsch zu machen! Nach dem Schock vom Abend zuvor, spürte ich, wie ich beruhigt aus meinem Schlaf erwachte. Es war leise. Ich träumte von nichts. Doch mich quälte eine nicht aufhörende Hitze. Das Atmen viel mir schwer und mein Körper war so schwach. Auch wenn ich merkte, dass ich wieder zu Bewusstsein kam, hielt ich

meine Augen geschlossen. Ich wusste, ich war zuhause. Meine Decke hatte ich bis zu meiner Nase gezogen. Es war kuschelig und gemütlich. Gerne hätte ich einfach weiter geschlafen, doch irgendetwas hielt mich wach. Eigentlich müsste ich alleine zuhause sein, doch ich hatte das Gefühl, dass ständig etwas durch mein Zimmer huschte. Egal wie lange ich versuchte meine Augen geschlossen zu halten, begann dieses Huschen mich zu beunruhigen. Es ging von links nach rechts. Und von rechts nach links. „Was...?“, ich runzelte die Stirn erschöpft und öffnete doch langsam die Augen. Alles wirkte noch sehr

verschwommen. Schwach versuchte ich mich aufzusetzen. Ich nahm die Decke etwas herunter und beugte mich auf. Da sprang mir plötzlich ein kleines Mädchen auf mein Bett. „Yuuukiiiii!“ Ein Mädchen mit roten Haaren saß plötzlich mit glücklicher Miene neben mir und grinste mich an. „WAAS?!“ Ich schrie vor Schock, schreckte zurück, riss meine Decke mit mir und stürzte rückwärts vom Bett. Es bollerte laut als mein Körper sich auf dem Boden zwischen Bett und Kommode Platz suchte. „Yuki! Was machst du denn?!“, fragte dieses Mädchen und sah verwundert vom Bett auf mich herab. „Aua...!“, jammerte ich und rieb mir

meinen Hintern. Meine Decke hing über mir und verdeckte mir die Sicht. Mit einem Bein hing ich noch im Bett und meinen Kopf stieß ich an der Wand. Ich brauchte etwas Zeit um mich zu sammeln. Denn ich war noch immer sehr benommen und konnte nicht klar denken. Erschöpft konnte ich mich nur sehr langsam bewegen. „Kitsune?“, fiel mir nun ein. Gerade als ich meine Decke weg zog sah ich, wie sich meine Zimmertür plötzlich öffnete. „Was ist passiert?“, fragte die Person besorgt, die in mein Zimmer stürmte. Die Person schwieg ganz plötzlich und starrte mich an. Ich starrte zurück. Was war hier los? Dann erkannte ich ihn. Es war der

Schattenmann. Wieso war er hier? Und wieso schaute er mich mit so großen Augen an? Er hatte seine Blicke so beschämend und doch starrend auf mich gerichtet und bewegte sich nicht mehr. Im nächsten Moment merkte ich, dass ich nur leicht bekleidet war. Ich trug lediglich ein Höschen und ein Nachthemd, welches durch meine Lage nun nicht einmal mehr ganz meinen Bauch bedeckte. Also konnte er fast alles sehen. Er sah mich noch immer wie ein Eisklotz an und schluckte. Doch so überrascht er auch war, so starrte ich nur stumpf zurück. Langsam begriff ich erst, dass die Lage peinlich für mich war. Mein

Kopf lief rot an. „RAUS!“, schrie ich, griff nach meinem Kissen und bewarf ihn damit. Doch er war schneller aus meinem Zimmer verschwunden als ich es sehen konnte. So traf das Kissen nur die geschlossene Tür. „Was ist hier los?!“, fragte ich schließlich im bösen Ton und versuchte mich wieder aufzuraffen. „Yuki! Yuki! Wir sind bei dir! Shiro und ich!“, kicherte Kitsune, griff meine Hand und half mir auf. Ich stemmte mich schwach auf mein Bett und richtete meine Kleidung. Schnell musste ich mich setzen, denn ich merkte, wie wackelig meine Beine waren. Meine Nase war zu und mein Hals kratzte. Mein Gesicht war

noch ganz rot. Vom Fieber oder von der Situation gerade? „Aber... wieso bist du hier..?“, fragte ich hustend und legte die Bettwäsche wieder auf mein Bett. „Na, Shiro hat mich hergebracht.“, grinste sie. „Naja... eigentlich habe ich ihn überredet.“, berichtigte sie sich. Shiro? - Fragte ich mich. Es fiel mir ein. So nannte Kitsune ja den Schattenmann. Ich schüttelte unverständlich den Kopf und kniff meine Augen leicht vor Kopfschmerzen zusammen. Das Fuchsmädchen wedelte verspielt mit ihrem Schwanz. „Oh... Shiro war die ganze Nacht so aufgebracht.“, fing sie an zu erzählen. „Also ich wollte eigentlich

zu Mephisto. Aber der hatte wieder so einen dicken Golem bei sich im Laden. Und die stinken immer so. Ohh.. und dann dachte ich erst der würde schnell wieder gehen, aber das hat sich doch als falsch herausgestellt. Dann bin ich in den nächsten Laden..-“ „Kitsune! Ich muss nicht alles wissen!“, unterbrach ich sie genervt und hielt meine Hand auf meine Stirn. Sie sah mich überrascht an. Dann holte sie tief Luft. „EEHH... auf jeden Fall wollte ich wieder zu Shiro, um ihm etwas erzählen. Aber als ich in die Bibliothek kam, lief er die ganze Zeit nur auf und ab! Und er hat mir gar nicht zugehört! Und er war total gestresst. Lief ständig um den

Tisch. Lief von einem Regal zum nächsten und war total durcheinander. So habe ich ihn noch nie gesehen! Und dann wollte er plötzlich weg. Aber ich wollte so unbedingt mit! Aber er wollte nicht. Aber ich wollte. Und dann hat er mich her gebracht!“, faselte sie so schnell sie konnte. Ich wischte mir durch mein Gesicht und atmete schwer. Anscheinend sollte ich mich nicht einen Moment ausruhen dürfen. „Und... was wollt ihr hier?“, rollte ich mit den Augen. Kitsune nickte erst verständlich „Jaaa...“,doch dann schüttelte sie den Kopf „Keine Ahnung... Das musst du Shiro fragen.“ Ich überlegte kurz. Warum war er hier?

Gestern noch hatte er mich einfach zurück gelassen. Es war seine Schuld, dass es mir so schlecht ging. Obwohl ich ihm nur etwas Gutes tun wollte. Zwar gab ich mir gestern noch selber die Schuld an der Situation. Doch irgendwie realisierte ich nach dem Schlaf, dass ich mich nicht immer für alles verantwortlich machen sollte. Müde und genervt warf ich die Decke wie einen Mantel um mich. Dann stand ich langsam und wackelig auf, mummelte mich in meine Decke und lief auch schon aus meinem Zimmer. Das Haus war nicht sehr groß. Von meinem Zimmer kam ich direkt in das Wohnzimmer und lief desinteressiert in die Küche. Kurz den

Wasserkran angemacht, den Wasserkocher drunter, den Knopf betätigen und schon fing das Gerät an zu arbeiten. Währenddessen merkte ich, dass der Schattenmann am Tisch im Wohnzimmer saß und einfach wartete. Ich war absichtlich ignorierend an ihm vorbei gelaufen. Er saß nur da und hatte seine Hände nachdenklich ineinander gefaltet. Doch ich ignorierte ihn weiter. Erst wollte ich mich um mich selber kümmern. Es dauerte nicht lange, da kochte das Wasser schon. Ich öffnete eine Packung Pfefferminztee, legte einen Beutel in eine Tasse und schüttete das Wasser hinein. Ich nahm mir extra lange Zeit

dafür. Wie eine Schildkröte mit dickem Panzer und langsam auf den Beinen schleppte ich mich schniefend zum Tisch. Ich setzte mich auf die andere Seite und sah dem Schattenmann genervt in die Augen. Mich konnte gerade nichts mehr aus der Fassung bringen. Wegen ihm saß ich gestern im kalten Regen. Wegen ihm bin ich nun krank. Wegen ihm hatte mein Vater sich so große Sorgen gemacht. Was sollte das? Warum war er plötzlich hier? Wollte er wieder ausrasten und hier irgendetwas kaputt schlagen? Es wäre mir gerade vollkommen egal. Wenn ich bei ihm nichts mit Nettigkeit schaffen würde, dann könnte ja vielleicht das

Gegenteil etwas bei ihm bewirken. Noch immer schaute ich einfach zu ihm und wartete was er nun machen würde. Er sah von meinem stechenden Blick weg. Es war ihm unangenehm doch fand er lange keine Worte. Mehrmals versuchte er meinen Blick zu kreuzen, doch brach jedes Mal seinen Versuch verunsichert ab. Träge schlürfte ich meinen Tee und versuchte ihn noch immer mit meinen Blicken zu durchbohren. Ein angespannter Moment der Stille und keiner von uns beiden sollte diese Stille lösen. Ich versuchte ihm mit meiner mürrischen Art zu zeigen, wie schlecht ich von ihm dachte. Mit Erfolg. Erst

rutschte er auf dem Stuhl weiter zurück. Er sah mehrmals zur Seite und wischte über sein Kinn. Doch er konnte nicht ruhig sitzen bleiben. Wieder setzte er sich anders hin und sah schließlich hinab. Mehrmals atmete er tief ein um ein Gespräch zu beginnen. Aber meine Blicke störten ihn noch immer. Zusammengekauert hockte ich dort und tat einfach nichts. Das einzige was ich tat, war, sein nervöses Verhalten zu beobachten. Nachdem er sich versuchte lockerer hinzusetzen, überkreuzte er seine Arme ineinander. Noch einmal versuchte er meinem Starren stand zu halten. Dieses Mal schaffte er es auch. Sollte er nun

endlich reden? Doch gerade als er Luft holte, legte er seine Hand noch nachdenklich vor seinen Mund. Worte hatte er noch immer nicht gefunden. Doch ich quälte ihn einfach weiter mit meinen Blicken. „Yukiii! Was trinkst du da?!“, versuchte Kitsune die Situation zu retten und lief grinsend auf mich zu. Sie lehnte sich an meinen Arm, der leicht aus der Decke heraus schaute und die Tasse fest hielt. Doch ich ließ mich nicht ablenken. Fixiert auf den Jungen schob ich die Tasse zu ihr herüber damit sie den Tee selber nehmen und probieren konnte. Dabei bemerkte ich wie der Junge schließlich wieder meinem Blick auswich

und die Zähne zusammenbiss. „Es...“, begann er schließlich. Unverändert saß ich noch dort und lauschte seinen verklemmten Worten. „.. Es... es... war nicht meine Absicht... dich in... unglückliche Situationen zu bringen..“, stotterte er. Doch ich begegnete ihm ungerührt, „Meinst du das in meinem Zimmer gerade? Oder, als du mich im Regen liegen lassen hast? Dass ich eine der Schlimmsten Nächte wegen dir hatte. Oder als du mal wieder ausgerastet bist und mich fast mit deinem Messer erschlagen hättest? Oder als-“ „Ist gut!“, unterbrach er mich. „Ich habe es verstanden.“, gestand er

unangenehm. Kitsune stand erschrocken da und sah mit offenem Mund zwischen uns beiden hin und her. „Wow...“, flüsterte sie und entfernte sich mit meiner Tasse leise zur Couch. Dann setzte sie sich hin, beobachtete uns und schlürfte den Tee. „Warum bist du hier?“, fragte ich nun um endlich auf den Punkt zu kommen. Er versuchte meinem bisher übergeordneten Verhalten entgegen zu arbeiten und zog die Augenbraue gespielt hoch. „Du hast noch immer einen Pakt mit mir, wenn ich dich sehen will, dann komme ich einfach.“ Doch er reagierte direkt wieder verwirrt auf seine eigene Aussage. „Eh... also nicht, dass ich dich... also...“, er

räusperte sich schnell und drehte sich gelassen zur Seite. „Du wolltest dich vorbereiten.“, fuhr er fort. Doch ich grummelte ihn an. „So krank soll ich dir helfen?“, fragte ich ihn und sah ihn wütend an. Doch dann blickte ich nachdenklich herab und sah auf meine Finger. „Ich.. kann mich nicht mehr erinnern, was wir besprochen haben.“, gestand ich schlich. „Was? Woran kannst du dich nicht erinnern?“ „Na, an alles was am Abend passier ist. Ich weiß nicht wie ich nach Hause kam. Und ich weiß nicht was wir besprochen haben. Ich weiß nur noch, dass wir in deiner Bibliothek waren. Mehr nicht.“ Nachdenklich hielt er seine Hand an sein

Kinn. „Das Überschreiten zwischen den Welten hat auf Menschen nur eine schwächende Wirkung. Zwar bist du ein Mensch aber immerhin bist du mit einem Teil meiner Seele verbunden. Und so schwere Auswirkungen hatte das noch nie. Du weißt also auch nicht, wie du hier her gekommen bist? Ich habe dich nicht hier hin gebracht.“, erklärte er weiter. „Was? Aber ich.. dachte, du hättest mich in die Menschenwelt zurückgebracht!“, fragte ich ihn grimmig. „Sprich Klartext!“, scheuchte ich ihn weiter. Er sah wieder weg, „Ja. Das habe ich! Aber als ich dich von der Dämonenwelt in diese Welt zurückbrachte, habe ich dich nicht

hierher gebracht.“, erklärte er verdächtig angespannt. Doch ich klimperte entsetzt mit den Augen und spielte nervös an meiner Decke. „Was? Aber was hat das zu bedeuten? Ich bin verwirrt.“, erklärte ich ergriffen. Mein Herz wurde immer schneller. Was meinte er damit? Ich wurde nervös, biss auf meine Lippe und sah ihn erwartungsvoll an. „Wo... hast du mich den hingebracht?“ Ich hielt einen Moment lang meinen Atem an. „Ich habe dich dorthin zurückgebracht, wo du mich gerufen hast.“, war seine Antwort. Ich sah zu ihm hinauf. „Du hast mich zu Nami... also.. bei meiner Freundin gebracht... Aber.. sie hatte nichts dazu erwähnt!“, erklärte ich und dachte über

unsere Gespräche nach, welche wir den Tag in der Schule geführt hatten. Nun stand der Schattenmann stand auf „Es ist gut möglich, dass ihr Gedächtnis auch Manipuliert wurde. Wenn sie eine Lücke in ihrer Erinnerung hat, wissen wir mehr. Nur mächtige Wesen haben die Fähigkeit Gedächtnisse zu verändern. Anscheinend musst du nach deinem Eintritt in die Menschenwelt Kontakt mit einem dieser Wesen gehabt haben!“ Er sah mich voller Ernst an. Plötzlich lief Kitsune an unf vorbei. „Dann müssen wir sie fragen!“, grinste sie voller Elan und lief schon mit gehobener Hand zur Haustür. Doch der Schattenmann packte sie am Rückenteil ihres Oberteils uns

hob sie hoch. „Moment!“, stoppte er sie. Hilflos baumelte sie in der Luft herum „Aber... Shiroo! Wir könnten doch raus gehen! Uns mal die Stadt ansehen!“, jammerte sie. Er sah sie grimmig an „Nein. Du weißt, dass Dämonen nicht in der Menschenwelt herumirren sollten!“, fauchte er sie an. Wieder war er so verbittert. „Du kannst doch nicht einfach-“, regte ich mich auf. Doch ich begann zu husten. Ich beugte mich benommen vor und konnte nicht weiter sprechen. Dabei versuchte ich mich an dem Tisch festzuhalten, doch ich verlor meinen halt. „Hey..“, der Schattenmann ließ Kitsune

lieblos fallen und hielt mich behutsam fest. Einige Male hustete ich noch stark. Meine Brust schmerzte. Ich konnte kaum atmen. Ich griff mich schmerzerfüllt in seinen Arm. Kitsune sah gerade so über den Tisch. „Aua!“ motzte sie. „Ich bin dir wohl voll egal! Das tat weh! Hallo? Was hat Yuki denn überhaupt? Ist das normal bei Menschen?“, übertrieb sie kindisch und rieb sich den Hintern zickig. Aber er reagierte nicht auf sie. Er half mir mich wieder richtig hinzustellen. „Du solltest dich besser-“, fing der Schattenmann an. Aber ich drückte ihn beleidigt weg. „Lass mich! Du hast mich gestern doch auch einfach liegen gelassen! Du weißt

ja wohl warum ich so Verschnupft bin!“, moserte ich und begann wieder zu husten. „Verschnupft?“, fragte Kitsune. Erneut hatte ich einen Schwächeanfall und musste mich am Tisch stützen. Ich keuchte laut und schnappte nach Luft. Meine Knochen taten weh und mir wurde unangenehm warm. Ich konnte einfach nicht aufhören zu husten. Der Schattenmann sah mich still an, bis ich mich beruhigen konnte. „Was?“, fragte ich forsch mit schmerzverzerrtem Gesicht. Plötzlich packte er mich und hob mich in seine Arme. „HEEY!“, schrie ich während er mit mir durchs Zimmer lief. „Was soll das?! Lass mich runter!!!“,

brüllte ich immer lauter. Ich hämmerte auf seine Brust und fuchtelte mit meinen Beinen herum. Doch ich konnte mich aus seinem Griff nicht losreißen. Ehe ich mich versah, legte er mich mit einem Schwubs in mein Bett. „Leg dich hin.“, sagte er nur und drehte mir wieder den Rücken zu. Während er mit schnellen Schritten aus meinem Zimmer lief, versuchte ich mich sofort wieder aufzustemmen. „Ich bin nicht dein Hund.“, motzte ich und lehnte mich auf meinen Arm. Doch er machte eine kleine Handbewegung in meine Richtung und wie durch Zauberei, zog sich meine Decke bis zu meinem Hals. Verwundert verlor ich meinen Halt, warf

mich auf mein Bett und schaute zur offenen Tür. Im liegen spürte ich erst, wie erschöpft ich wirklich war. Meine Augen waren schwer und meine Brust schmerzte noch vom Husten. Ich wollte mich gar nicht mehr bewegen. Kaum wenige Minuten später kam er auch schon wieder in mein Zimmer herein. In seiner Hand hielt er eine Tasse. „Shiro! Shiro!“, hörte ich noch im Hintergrund. Kitsune wollte ihm folgen. Doch der Junge machte wieder eine kleine Handbewegung und die Tür fiel vor ihrer Nase zu. Ein leises und enttäuschtes Motzen war nur noch von außen zu hören. „Was tust du?“, fragte ich ihn erschöpft

und versuchte grimmig zu bleiben. Er stellte mir die Tasse auf meinen Nachttisch. „Trink das.“, sagte er nur und drehte sich wieder um. „Werde erst wieder gesund. Danach kümmern wir uns weiter um dein Gedächtnis. Und..“, er machte eine kurze Pause beim sprechen und schaute leicht über seine Schulter. „Kitsune weiß nicht, dass ich ein Mensch war oder mich mit Menschen auskenne. Dämonen kennen sich mit menschlichen Krankheiten nicht aus. Behalte das bitte für dich.“, fügte er hinzu. Der Satz klingelte in meinen Ohren. Eigentlich wollte ich ihn gehen lassen, um endlich meine Ruhe zu genießen. Doch ich konnte nicht anders. „Aber du bist doch

ein Mensch!“, sagte ich bevor er die Tür öffnen konnte. Ich sah wie er seine Hand auf den Türknauf legte, ihn jedoch nicht bewegte. Er stand still da und rührte sich nicht weiter. - Wird er nun wieder sauer? Schreit er wieder? Schlägt er etwas kaputt? - Er drehte sich zur Seite und sah zum Boden. „Ich... weiß es nicht...“, antwortete er zurückhaltend. Ich war überrascht. Er reagierte gar nicht wütend. Sondern eher als würde ihm eine Last von den Schultern fallen. Könnte ich nun erneut versuchen, mit ihm zu reden? Würde er es dieses Mal zulassen? Doch wie sollte ich anfangen? Ich sah zur Tasse die er mir gebracht

hatte. „Was ist da drin? Und wieso kannst du mich nicht einfach heilen?“, fragte ich schließlich um das Gespräch zu beginnen. Noch immer stand er dort. Mit der Hand am Knauf dachte er nach. Er klammerte sich schon fast stur an den Knauf. Dann sah er mich an. Er ließ die Tür schließlich doch los und stöhnte kurz. Doch er lächelte leicht. „Ich kann nur Wunden heilen, jedoch keine Krankheiten oder Vergiftungen. Dafür kann man aber mit Kräutern dagegen angehen.“, erklärte er und lief zu mir. „Ich habe damals eine alte weise Frau kennen gelernt. Sie hat ein Buch über Kräuterkunde geschrieben.“, sprach

er weiter. Kurz vor meinem Bett setzte er sich auf den Boden und lehnte sich an meinen Schrank. Ich lächelte erfolgreich. „Und was für Zauber-Zutaten sind da jetzt drin?“, fragte ich. Ich drehte mich zu ihm und kuschelte mich unter meine Decke. Dann sah ich wie er dort hockte. „Honig und Kamille. Etwas Besseres habe ich nicht in deiner Küche gefunden. Honig und Kamille helfen gegen Entzündungen und Krankheiten.“, sagte er locker. Da begann ich leicht zu grinsen und legte meine Decke vor meinen Mund. Ich hatte damit gerechnet, dass er mit außergewöhnlichen Zutaten kommen würde. Doch dann war es doch so etwas Normales. Leise kicherte ich.

Auch der Schattenmann begann zu lächeln, doch sah gleich wieder bedrückt weg. „Wieso bist du her gekommen?“, fragte ich ihn nun in Ruhe. Er sah mich verdattert an. „Das habe ich dir doch erzählt.“ „Nein.“, unterbrach ich ihn. Der Junge fühlte sich ertappt. Er zog die Augenbrauen fragend hoch und sah nachdenklich weg. „Hmmh...“ Dann lehnte er seinen Kopf nach hinten und sah zur Decke hoch. „Ich lasse meinen Teil der Seele nicht einfach komplett unbeschützt. Also... bin ich letzte Nacht noch in deiner Nähe geblieben und habe gesehen, wie du zu deinem Vater gegangen bist.“ „Also hast du dir Sorgen

gemacht.“, lächelte ich. Er wurde leicht rot und räusperte sich. „Falls man dich wieder angegriffen hätte, hätte ich meine Seele nur beschützt!“, begegnete er mir darauf, ohne meine Aussage zu verneinen. „Du hast dir Sorgen gemacht.“, kicherte ich wieder. „Siehst du, das ist doch menschlich. Du bist ein Mensch!“, sagte ich glücklich. Doch sein Gesichtsausdruck wurde immer düsterer. „Ein toter Mensch... mit einem kalten Körper und einer geklauten Dämonenseele.“ Das verschlug mir kurz die Sprache. Er sah immer alles so negativ. Warum zog er alles immer ins schlechte? Warum war er so pessimistisch? Wie konnte ich ihn

aufheitern? Verzweifelt bis ich auf meine Lippe. Was sollte ich sagen? Mir wurde wieder so warm. Mein Kopf brummte. Aber ich wollte mit ihm reden. Der Junge ballte die Faust. „Das war eine dumme Idee.“, fauchte er zu sich und wollte aufstehen. „Möchtest du leben?“, fragte ich schnell um ihn aufzuhalten. Er blieb tatsächlich sitzen. Doch er runzelte die Stirn und sah mich fragend an. „Ich... habe keine Ahnung was es mit den Seelen und dem ganzen mystischem Gedöns auf sich hat. Aber!“, betonte ich, „Aber ich weiß wie man lebt! Und dabei ist es egal, welches Wesen man ist oder was für eine Seele man hat!“, sagte ich mutig. Voller Eifer stemmte ich mich auf

und sah ihn mit flammenden Augen an. „Ich werde dir zeigen, dass du noch immer ein Mensch bist! Ob tot hin oder her! Du bist hier! Das zählt. Dann bist du eben ein Mensch, mit besonderen Fähigkeiten! Es ist doch total cool was du alles kannst! Du kannst zaubern! Das kann nicht jeder.“ Er sah mich unglaubwürdig an. „Dämonen können das.“, warf er schnell mit genervtem Blick dazwischen. „Das ist egal!“, hob ich den Finger und kniete mich hin. „Ich helfe dir! Ich helfe dir, nicht mehr so negativ zu sein!“, sagte ich laut. Dabei bemerkte ich nicht, wie ich langsam anfing zu nuscheln. Ich war so im Rausch, alles positiv zu sehen, dass mir

nicht mal mein plötzlich hohes Fieber auffiel. „Du bist ein Mensch der so etwas kann! Weißt du überhaupt wie cool das ist? Was da alles hinter stecken muss!“, ich hörte mich leicht betrunken an. Er sah mich mit großen Augen verwundert an. „Nun ja... harte Arbeit...“, antwortete er zurückhaltend. Er war verwirrt von meinem extrem positiven Verhalten. „Genau!“, sagte ich laut. „Du... bist, also warte… du.. wie hast du das alles... boa mir ist so warm.“, faselte ich durcheinander. Benommen nahm ich die Decke von mir herunter. „So warm..“. Dann ließ ich mich wieder auf das Bett fallen. Ich kullerte mich hin und her und

schob dabei mein Nachthemd hoch. Es war so warm. Mein Körper brannte so schlimm. Ich wurde ganz träge. Noch bevor ich meine Kleidung hoch ziehen konnte griff der Schattenmann meine Hand. „Was tust du? Lass das!“, motzte er verwirrt. „Es ist aber so waaarm!“, motzte ich nuschelnd zurück. Ich fuchtelte weiter an meinem Hemd herum doch er zog es mir immer wieder richtig an. „Lass mich doch!“, maulte ich. „Dann mach das, wenn ich weg bin!“ „Mir ist aber jetzt warm!“ „Dann gehe ich jetzt!“ „NEIN! Bleib hier! Ich muss mich um dich kümmern!“ „Was zur-?...

Nein!“ Unser Gespräch wurde immer lauter. Währenddessen versuchte er mich wieder unter die Decke zu bekommen. Doch ich wehrte mich ständig und versuchte seine Hände zu greifen. Mir war ganz schwindelig aber ich wollte mich nicht beruhigen. „Ich will nicht unter die Decke!“ „Solltest du aber!“ „Ich will nicht alleine sein!“ „Du nervst mich aber!“ „NEEEIN!“ Mit Schwung drückte ich mich gegen ihn um mich endlich von der Decke zu befreien. Doch ich wackelte so sehr auf meinen Knien, dass ich glatt vom Bett

fiel. Ich hielt mich dabei noch an seinen Händen fest, doch ich zog ihn zugleich mit mir auf den Boden. Es krachte laut. Dann war es ruhig. Ich spürte nur wie angenehm kalt es unter mir war. Denn ich lag auf ihm. „Hmmmmh... das ist schön...“, faselte ich im fiebrigen Kopf und kuschelte mich an ihn. Er schwieg einfach und starrte an die Decke. Nach einem kurzen Moment legte er seine Hand genervt über seine Augen. Seine Wangen wurden leicht rot. Dann atmete er grimmig ein. „Run-ter!“, keifte er mich an. Vor der Tür hockte Kitsune belustigt auf der Couch und trank ihren Tee aus.


AM Morgen

Eine sanfte Stimme rief meinen Namen. „Yuki.“ Sie hörte sich so schön an. „Yuki. Du machst das gut.“ Diese beruhigende Stimme. Ich kannte sie. „Deeon?“, fragte ich und öffnete meine Augen. Ich lag noch in meinem Bett. Durch mein Fenster erkannte ich, wie einige dicke Wolken den hellen Mond bedeckten. Es war wohl mitten in der Nacht. Dann kam jemand an mein Bett. Lange blonde Haare, wunderschönes Lächeln, elegantes Auftreten. Ich setzte mich auf. „Deeon!“, erkannte ich ihn überrascht. „Aber.. aber...“, ich

wurde rot. Hatte er mich beim Schlafen gesehen? Und ich trug doch nur mein Nachthemd. Wie peinlich. „Du machst deine Arbeit wirklich gut. Ich danke dir, dass du dir solche Mühe gibst. Ich weiß wie viel du durchmachen musst Yuki.“, sagte er leise, schon fast flüsternd und setzte sich neben mich. „Ich weiß, dass du das schaffen wirst.“ „Ich.. Ich eh..“ stotterte ich und sah ihn mit großen Augen an. Noch immer viel mir das Atmen schwer. Mein Fieber war auch noch spürbar. „Das mache ich doch gerne.“, sagte ich und versuchte mich nicht von meinen Kopfschmerzen ablenken zu lassen. Plötzlich kam er mit ganz nahe und legte

seine Hand auf meine Wange. „Yuki.“ Mir wurde noch wärmer als mir schon war. Ich sah ihn überrascht an und mein Herz schlug immer wilder. Ich spürte meinen Puls bis zum Hals. Mein Gesicht war ganz rot und ich hatte glatt das Atmen vergessen. „Yuki. Egal was passiert, vergiss bitte nicht, dass ich auf deiner Seite bin! Das musst du dir immer sagen! Versprichst du mir das?“, erklärte er mir. Er sah mich dabei so liebevoll an. Doch ich sah Sorgen in seinen Augen. Warum nur? Ich nickte zuversichtlich, „Natürlich! Ich würde nie darauf kommen, dass du mir etwas böses wollen würdest!“. Ich griff

nach seiner Hand. In diesem Augenblick hätte ich alles für ihn getan. Er lächelte und küsste mich auf die Stirn. Es fühlte sich so wohl tuend und sanft an. „Ich gebe dir Kraft. Yuki. Du bist so tapfer, aber mehr kann ich erst mal nicht helfen.“ Entspannt schloss ich meine Augen. Meine Schmerzen waren wie ausgelöscht. Kein Fieber, kein Husten. „Deeon.. ich...“, flüsterte ich verlegen. „Du kommst ganz nach deine Mutter.“, hörte ich noch von ihm. Fragend öffnete ich meine Augen wieder, „Meine Mutter?!“ Doch ich sah plötzlich in mein Zimmer. Er war verschwunden.

Und es war auch gar nicht mehr Nacht. Durch mein Fenster drang das Licht der schon hoch stehenden Sonne. Habe ich geträumt? Ich faste mir an die Stirn. Dort wo er mich küsste. Verblüfft legte ich meine Hände auf die Brust und sah zu Boden. „Natürlich würde er nicht zu mir kommen…“, sagte ich enttäuscht und atmete tief ein. Noch im gleichen Atemzug drehte ich mich zur Seite und warf mich mit meinem Gesicht in das Kissen. „Wie bescheuert bin ich denn?! Warum sollte jemand wie Deeon extra Nachts zu mir ans Bett.... und so süß und lieb…

und… arg!“, mir waren meine eigenen Gedanken peinlich. Verärgert drückte ich mich fester in mein Kissen und moserte mit gedämpfter Stimme alle möglichen Schimpfwörter heraus. Wie ein Kind Mit einem Tantrumanfall, dass sich auf den Boden wirft weil es sich ärgert, Trampelte ich mit meinen Beinen auf dem Bett herum. Kurz danach lag ich nur dort. Ich bewegte mich keinen Zentimeter. Am liebsten wollte ich mich im Sand vergraben. Zum Glück kannte ja niemand meine Gedanken. Waren es denn wirklich nur Gedanken? War es wirklich nur ein Traum? Langsam drehte ich meinen Kopf zur

Seite. Deprimiert schnappte ich nach Luft. Ich sah dabei zu meinem Nachttisch. Dort erkannte ich die Tasse, welche der Schattenmann mir hingestellt hatte. Ohje. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern was gestern passiert war. Ich wusste nur, dass ich mir in den Kopf gesetzt habe, dem Schattenmann zu helfen! Ich erinnerte mich, dass mir so extrem warm wurde.Ich erinnerte mich, an den Tee. Dann sah ich auf meine Uhr, die direkt neben der Tasse stand. Ich sprang schockiert von meinem Bett. „Was?! Schon 9.30 Uhr?!“, ich griff mir

die Uhr und schüttelte sie einige Male um sicher zu gehen, dass sie auch funktionierte. Vielleicht ist sie ja stehen geblieben? Nein. Der Zeiger tickt. Ich musste doch zur Schule! Schnell rannte ich zu meinem Kleiderschrank. Welche Ausrede konnte ich mir jetzt noch einfallen lassen? Ich werde wieder auf dem Flur warten müssen. Ich werde bestimmt wieder nachsitzen müssen. Erst sah ich betrübt zum Boden. „Ich werde einfach nicht hingehen!“, sagte ich dann zu mir und sah in den Spiegel meines Schrankes. „Das sehe ich gar nicht ein!“, motzte ich laut und sah mich entschlossen an. „Ich werde mir

heute einen schönen Tag machen! Genau!“. Ich ballte meine Faust fest zusammen und nickte mir zu. Genau das war der Plan! Einfach das tun was ich wollte! Ich fühlte mich plötzlich voller Energie! Mir von keinem heute etwas sagen lassen! Und einfach fröhlich sein! Ich lächelte. Mein Strahlen ging von einem Ohr bis zum anderen. Direkt lief ich aus meinem Zimmer, durch das Wohnzimmer, in Richtung Bad. Mir blieb noch der ganze Tag! Was sollte ich denn als erstes tun? Im Bad angekommen drehte ich auch schon die Dusche auf. Schnell zog ich mich aus und sprang unter das warme

Wasser. Eine lange, erfrischende Dusche. Das hatte ich schon lange nicht mehr. Ich ließ das Wasser über mein Gesicht fließen. Eine lange Zeit stand ich nur dort und schloss die Augen. „Hmmmh... das tut so gut...“, stöhnte ich zu mir. Nach einer Weile putzte ich mir noch die Zähne und war auch schon fertig. Ich schnappte mir ein weißes Tuch und wuschelte mir nur fix durch die Haare. Danach legte ich mir das Tuch um meinen Körper. Die Dusche war so warm, dass der ganze Raum voller Wasserqualm war. Selbst mein Spiegelbild konnte ich nicht mehr erkennen, da der Spiegel vollkommen

beschlagen war. Ich wischte mit meiner Hand über den Spiegel und sah mich an. „Heute wird ein guter Tag!“, sagte ich fröhlich und biss mir lächelnd auf die Lippe. Ich war voller Energie. Ich war voller Eifer und Tatendrang. Ich konnte nur gute Laune haben! Nebenbei summte ich ein Lied und wippte meinen Kopf hin und her. „Was ziehe ich nur an?“, fragte ich mich und tapste mit leicht nassen Füßen zurück in mein Zimmer. Ich stand vor meinem Schrank und öffnete die Türen. „Heute mal was schickes! Es ist ja nicht ganz so kalt!

Vielleicht ein Kleid?“ Doch ich merkte wie meine Haarspitzen noch tropften. „Oh nein!...“ Am Boden vor meinem Schrank war bereits eine kleine Pfütze. Schnell nahm ich mein Tuch von meinem Körper. Ich legte es vor mir auf den Boden und wischte die Pfütze weg. „Ich sollte mir erst die Haare trocknen, bevor ich alles hier unter Wasser setze.“, sagte ich zu mir und ging wieder zu meiner Tür. Splitterfasernackt, nur mit dem Tuch leicht vor mich gehalten stand ich da. Schnell wollte ich wieder ins Bad um meine Haare zu machen. Dort war es

immerhin noch schön warm. Ich legte den Türknauf um und öffnete meine Zimmertür. Doch als ich heraus huschen wollte stand jemand vor meinem Zimmer. Der Schattenmann befand sich mit gehobener Hand vor der Tür. Anscheinend wollte er klopfen. Er sah mich verwundert an. Ich sah ihn verwundert an. Dann sah er an mir herunter. Mit schockiertem Blick und stehen gebliebenen Atem starrte er mir schließlich in die Augen. Wie vereist versuchte er mit aller Kraft nicht erneut an mir herunter zu sehen. Auch ich war verstummt. Ich blickte zu

ihm hinauf. Dann wurde ich knall rot. „DU SPANNER!“, schrie ich und knallte ihm die Türe vor seiner Nase wieder zu. Ich hob das Tuch beschämt vor meinen Körper, lehnte mich an die Tür und versuchte wieder zu atmen. „DU! KANNST DU AUFHÖREN STÄNDIG ZU SPANNEN!?“, schrie ich noch und rannte zu meinem Schrank. Schnell zog ich mir ein T-Shirt und eine Hose über. Dann stürmte ich direkt wieder aus meinem Zimmer heraus. Ich sah wie der Schattenmann am Tisch saß, mir den Rücken zugewannt, und sich nicht bewegte. Voller Wut wollte ich sofort wieder

Motzen. „WAS-“ begann ich, doch ich sah wie beschämt er seinen Handrücken vor seinem Mund hielt. Was ist mit ihm? Es hört sich sicher seltsam an, aber ich mochte es, wenn er verlegen wurde. Dann erkannte ich wieder den Menschen in ihm. Kurz holte ich Luft und beruhigte mich etwas. „Was willst du hier?!“, fragte ich. Er drehte sich um doch schwieg zunächst. Dann sah er zur Seite und lächelte. „Ich wollte nur wissen wie es deinem Gesundheitszustand geht. Anscheinend ja wohl besser.“ Ich runzelte verwundert die Stirn. War er

nur deswegen gekommen? Dann setzte ich mich ihm wieder gegenüber. „Du hättest dich ankündigen sollen...“ schmollte ich, ohne ihm weiter böse zu sein. „Ich war dabei.“, begegnete er mir darauf und sah weg. Ich wurde rot und sah auf meine Finger die nervös an meinem Shirt fummelten. „Du... du hast nichts gesehen?“, fragte ich unsicher. Natürlich wird er etwas gesehen haben. Immerhin bedeckte das Tuch kaum meinem Körper. Aber ich stand ja etwas hinter der Tür also wird er vielleicht doch nichts gesehen haben. Oder vielleicht doch? „Ich habe nichts gesehen.“, antwortete er

sicher. „Du hast gar nichts gesehen?“ „Ich habe gar nichts gesehen.“ „Wirklich?“ „Wirklich.“ „Nichts?“ „Nichts.“ „Also komplett ehrlich jetzt?“ „Nicht so ganz...“ Ich lehnte mich schweigend zurück und sah wieder weg. Davon lasse ich mir nicht den Start in den Tag versauen! Dann kicherte ich und wartete bis er mich fragend ansah. „Hihihi.. Du hast mich in weitaus schlimmeren Situationen gesehen. Da ist das auch nicht mehr schlimm.“, lächelte

ich ihn an, um die Situation zu lockern. „Kann man sowieso nicht mehr rückgängig machen. Aber das ist kein Grund das zu wiederholen!“, sagte ich ihm und stand auf. „Ach. Gut, dass du da bist!“, fügte ich noch hinzu. Er sah mir hinterher, wie ich wieder in mein Zimmer lief. „Ich habe was mit dir vor!“ Der Junge schreckte etwas zurück. „Heute mache ich mir einen schönen Tag! Kein Stress, keine Schule, und KEINE Dämonen-Monster-Viecher die brutal sind! Und du wirst mich dabei begleiten!“, erklärte ich entschlossen. Er atmete beruhigt aus. „Du denkst ich habe Zeit für solche Spielereien? Ich

wollte nur sehen wie es dir geht. Es verwundert mich, dass du so schnell wieder gesund bist. Aber dann kann ich direkt wieder gehen.“, versuchte er mir meinen Vorschlag madig zu reden und stand eben so auf. Er lief in Richtung der Haustür. „Hey!“, motzte ich. „Warte! Hey!“ An der Tür blieb er schweigend stehen. Ich sah aus meinem Zimmer heraus. „Es ist meine Aufgabe dir zu helfen! Und dadurch werde ich dir helfen! Also sei kein Feigling!“ Er drehte sich provozierend um. „Und das soll ich mir von dir sagen lassen?“ Aber ich ließ mich nicht von ihm ärgern. „In einer Stunde!“, sagte ich

laut. Er sah mich erstaunt mit großen Augen an. „Hmh?“ „In einer Stunde an dem großen Platz in der Stadt. Da ist in der Nähe ein großer Brunnen!“, ich wurde deutlicher mit meiner Stimme, „Da wo du mich im Regen sitzen lassen hast.“ Sein Blick verdüsterte sich. Beleidigt drehte er sich wieder um und ging aus der Tür heraus. Mit einem Knall war sie auch schon wieder im Türrahmen eingerastet. „Ich lasse mir den Tag nicht verderben!“, grinste ich erfolgreich. Eine Stunde hatte ich angegeben.

In der Zeit schaffte ich es auch mit fertig zu machen. Am schwierigsten war natürlich die Auswahl der Kleidung. Etwas langes? Etwas kurzes? Es wurde langsam Winter. Es war etwas windig, aber warm. Die Haare zusammen? Oder offen? Doch nur kurze Zeit später hatte ich schon mein Outfit zusammen. Meine Haare in einem lockeren Zopf, einen grauen Düffelmantel, darunter einen weißen einfachen Pullover, einen schwarzen Faltenrock, kniehohe Strümpfe und Stiefeletten. Schick aber gemütlich. Ich wollte mich doch wohl fühlen wenn ich aus dem Haus

gehe. Die Kleidung hatte Nami mir natürlich geschenkt. Schließlich zog ich noch meinen Mantel zurecht und bewegte mich zur Türe. Als ich endlich aus dem Haus wollte, griff ich mir noch meine Handtasche. Da viel mir noch etwas ein! Ich blieb stehen und dachte nach. Meine Tasche. Ich hatte meine Schultasche mit meinen Sachen und meinem Handy in der Schule vergessen. Wann sollte ich mir das wieder holen? Heute schon? Nein. Das wäre unsinnig. Glücklicherweise hatte ich mein Portmonee in meiner Handtasche vergessen, was mir nun ganz gelegen kam. Dort war auch noch eine gut

angesparte Summe drin. Immerhin hatte Nami mir die letzten Wochen immer alles bezahlt, wodurch ich kaum Ausgaben hatte. Aber wann kümmere ich mich um die Schultasche? „Nein!“, stoppte ich meine Grübelei, „Ich lasse mir von nichts den Tag verderben!“, flüsterte ich mir wieder zu. Zielstrebig legte ich mir meine Tasche um meine Schulter und lief aus dem Haus, „Keine Sorgen machen! KEINE Sorgen machen!“, und zog die Tür hinter mir zu. Mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg. Ich lief aus der Haustür

und an meinem Haus vorbei. Kurz links abgebogen und wieder rechts durch die kleinen Gassen. Währenddessen genoss ich die Sonne, die zwischen den kleinen Häuschen auf mein Gesicht strahlte. Es war ein schönes Wetter. Was ein Glück. So ein schönes Wetter würde man gerne mit seinen Liebsten verbringen. Mit wem wäre ich am liebsten hier? Meinem Vater? Nami? Leider hatte ich gar nicht so viele Menschen, mit denen ich meine Freizeit teilen wollte. Doch diejenigen mit denen ich meine Tage verbrachte, waren mir ans Herz gewachsen. Dann senkte ich nachdenklich meinen

Blick. Was wäre, wenn Deeon jetzt hier wäre? Und mit mir den Tag verbringen würde? „Hmh.. ich wünschte er wäre hier.“, nuschelte ich verträumt. Hatte ich Deeon wirklich nur in meinem Traum gesehen? Werde ich Deeon überhaupt wieder sehen? Eigentlich hatte ich doch gar nichts mit ihm zu tun. Warum sollten unsere Wege uns noch einmal kreuzen? Ich hatte wieder sein Gesicht vor Augen. Sein beruhigendes Lächeln, und seine sanfte Art. Die schützenden Arme die mich hielten und in denen ich für immer bleiben wollte. Doch warum ich? Warum hatte er mich so beschützt? Nicht weil ich es bin. Sondern

weil der Schattenmann mich in diese Situation gebracht hat. „Ich möchte ihn so gerne wiedersehen...“, murmelte ich leise und stoppte meinen erst aufrechten und glücklichen Gang. Ich runzelte die Stirn und und fühlte mich schlecht. Er war ein so edler Mann, der wahrscheinlich schon viel in seinem Leben erlebt haben muss. Wieso sollte er sich für mich interessieren? Die, die doch nichts kann. Die nichts besonderes ist. Aber darüber zu grübeln machte es auch nicht besser. Was hätte ich schon tun können? Hach, es war doch zum verrückt werden.

Mag er mich überhaupt? Aber sonst wäre er doch nicht so nett zu mir. Bin ich überhaupt sein Typ? Diese Unsicherheit. Mein Magen drückte sich zusammen und mein Herz wurde schwer. So fühlte es sich wohl an wenn man verliebt ist. Verärgert blieb ich stehen, „ARGH! Mano!“, fauchte ich laut und stampfte zickig auf den Boden. „Ich muss damit aufhören! Ich mach mir einen schönen Tag!“ Krampfhaft versuchte ich meine Laune zu ändern. Doch zielstrebig lief ich nun weiter mit dem Gedanken im Hinterkopf, nicht so viel zu grübeln. Einen Schritt nach dem anderen. Es dauerte auch gar nicht so lange, da war ich schon am

großen Stadtplatz angekommen. Ich lief zum Springbrunnen, welcher genau in der Mitte des Platzes stand und sah mich um. In der Zeit, in welcher ich wartete, beobachtete ich die Leute, wie sie herum liefen. Es waren nicht so viele Leute unterwegs. Manche mit einem grimmigen Gesicht, andere mit neutraler Miene. Keiner versuchte aufzufallen und alle liefen unbemerkt aneinander vorbei. Kurz noch nach links und nach rechts geschaut und dann setze ich mich auf den Rand des Brunnens. „Ob er wohl kommen wird?“, fragte ich mich. Tief im Innern hoffte ich es. Einerseits tat er mir so leid. Dieser

einsame Junge, dem so viel Leid angetan wurde. Doch auf der anderen Seite war er so stur und dickköpfig, dass ich mich einfach nur über ihn aufregen konnte. Für den Fall, dass er wirklich kommen sollte, wusste ich auch schon, was ich ihm als erstes zeigen wollte. Nicht weit von hier war mein lieblings- Kaffee. Dort wo ich als Kind immer von dem letzten Geld meines Vaters eine Kugel Eis bekommen habe. Ich erinnerte mich daran, wie sehr ich in dieses Eis vernarrt war. Je älter man wird, desto weniger schätzt man solche Kleinigkeiten. Damals war es für mich der Höhepunkt am Tag. Es war etwas so besonderes.

Doch heute ist diese Freude einfach unterdrückt. Man ist nicht mehr in der Lage von diesen Momenten begeistert sein zu können, weil die Sorgen sich im Leben nur noch zu einem riesigen Berg häufen und die schönen Dinge verdecken. Nachdem mich der Anblick der spazierenden Leute langweilte betrachtete ich den Himmel und die Vögel, welche weit über mich flogen. „Hallo?“, hörte ich plötzlich eine junge Stimme von der Seite. Sanft weckte sie mich aus meiner Träumerei. Ich schüttelte kurz den Kopf. „Ehm.. eh. Ja?“, dann sah ich in das verweinte Gesicht eines kleinen Mädchens. „Ich suche... was.“, stotterte sie und

streckte mir einfach ihre Hand entgegen. Eine Sekunde zögerte ich, doch verwundert kniete ich mich schließlich zu ihr hinunter „Was suchst du denn Kleine?“ „Ich... ich suche etwas... bitte...“ Immer wieder öffnete und schloss sie mit ihren kleinen Fingern ihre Hand. Doch sprach nicht weiter. Ich nahm ihre Hand bedenkenlos in meine. „Aber was suchst du denn? Hast du etwas verloren?“ „Nein...“, sie schüttelte zurückhaltend den Kopf und richtete ihren Blick zum Boden. Ich kam mir paranoid vor einem kleinen, weinenden Mädchen kein Vertrauen zu

schenken, das mich ängstlich um Hilfe bittet, doch hatte ich ein ungutes Gefühl in ihrer Nähe. Eigentlich habe ich es immer vermieden mit kleinen Kindern in Kontakt zu kommen, aber einfach gehen konnte ich nun auch nicht mehr. Doch ich konnte dieses kleine Kind doch nicht einfach hier alleine stehen und weinen lassen. „Komm kleine Maus. Ich helfe dir. Sei nicht mehr traurig. Ok? Wir werden es schaffen.“, versuchte ich sie aufzuheitern. Erschrocken starrte das Kind plötzlich hinter mich. Ich erschreckte mich und drehte mich sofort um. „Was ist

da?“ Eine dunkel gekleidete Person stand nicht weit hinter mir und lief auf uns zu. Meine Sorge verging jedoch direkt und ich atmete beruhigt auf. „Ach. Das ist nur ein Freund von mir. Er hilft uns bestimmt auch!“, versicherte ich dem Mädchen und drehte mich wieder zu ihr. Doch sie war verschwunden. „Was?“, fragend stand ich auf und schaute mich um. Weder auf dem Platz noch auf dem kleinen Weg war sie zu sehen. Auch nicht an den Häusern oder am Brunnen. Sie war einfach verschwunden. „Wo... ist sie hin...?“, fragte ich verwirrt und sah in die Ferne. „Wer soll wo sein?“, verhörte der

Schattenmann mich. „Kaum bin ich weg, hast du schon wieder Probleme?“ Hochmütig verschränkte er die Arme und sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. Es war seine Absicht mit wieder mit seiner Äußerung zu provozieren, doch das ließ ich an mir vorbei fliegen. „Schön, dass du doch noch gekommen bist!“, grinste ich frech und wandte mich zu ihm. „Ja... wie auch immer. Was hast du jetzt vor?“, rollte er als Antwort mit den Augen. Ich kicherte nur. „Folge mir!“ Dann lief ich zu ihm, und legte meine Hand auf seine Arme. Der Junge blickte mich ganz

verwundert an. Seine Arme öffneten sich. Schließlich hielt ich ihn an seiner Hand und lief voraus. Es verschlug ihm direkt die Sprache. Er sah mich nur mit großen Augen an, schluckte kurz und folgte mir ohne weiteres Murren. Seine Hand war kalt. Natürlich. Es machte mir schon nichts mehr aus. Ich lief mit ihm einfach etwas über den Platz, bis zu der Ecke eines Gebäudes. Draußen sah man die weißen runden Tische mit den passenden Stühlen stehen. Es sah aus wie eine kleine Veranda, die von einem süßen weißen kleinen Gitter eingegrenzt wurde. Es nicht sehr groß, doch es sah sehr gemütlich aus. Über

dem Glaseingang hing ein großes Schild mit der Aufschrift – Eiskaffee – . Ohne Zeit zu verlieren machte ich es mir direkt auf einem dieser Stühle bequem. Der Schattenmann jedoch blieb stehen und sah mich nur reglos an. „Setz´ dich!" grinste ich und zeigte auf die andere Seite meines Tisches. Er verschränkte wieder seine Arme ineinander, „Wieso sollten wir uns einfach hier hin setzen?“ Doch ich reagierte nicht auf seine Frage. Erneut deutete ich mit meiner Hand auf den Platz. „Na los.“, lächelte ich. „Es passiert schon nichts schlimmes.“ Wieder sah er mich verdutzt an und zog die Augenbrauen hoch. Doch ihm wurde

klar, dass ich nicht auf seine Fragen antworten würde. Er fügte sich und trottete zum Tisch. Angespannt setzte sich mir gegenüber. Einen Arm über die Stuhllehne, den anderen auf den Tisch. Etwas seitlich hatte er auf dem Stuhl platz genommen und sah sich zuerst die Umgebung an. Es war ihm sichtlich unangenehm und er blickte ständig beunruhigt umher. „Entspann dich.“, versuchte ich ihn zu beruhigen und lächelte liebevoll. „Mir gefällt nicht wie du grinst.", antwortete er nur launisch. Um schnell der Situation zu entkommen griff ich mir die Eiskarte und huschte dahinter. "Hmh was nehme ich und was

sollte er nehmen. Etwas besonderes aber nicht zu außergewöhnlich. Schoko-Mandel-Banane-Eis-Mix-Würfel-Wolken-Becher? Caramel-Tropfen-Vanille-Kescher-Wasserfall-Split-Eis? Oder lieber eine einfache große Kugel? Oh man. Was die Leute für Ideen haben.“ Ich blätterte weiter und schaute mir die verschiedenen Eissorten an während der Junge nur mürrisch da saß und wartete. Nachdem ich einige Minuten schweigend hinter der Karte verschwunden war, blickte ich kurz über den Rand zum Jungen. Seine beobachtenden, verärgerten Blicke trafen mich. Mit seinen Fingern klopfte er ungeduldig auf den

Tisch. Zurück auf der Speisekarte viel mir doch direkt ein Bild auf. „HA!", sagte ich. „Ich weiß was wir nehmen!" Grinste ich ihn an, schlug die Karte zu und legte sie mit einem Schwung auf den Tisch. „Was ist das?", er lehnte sich vor um die Speisekarte zu nehmen. Doch im gleichen Moment zog ich ihm die Karte unter seiner Hand weg. „Warte! Du wirst das schon sehen.", lächelte ich glücklich. Doch er begegnete mir wieder mit einem Gesichtsausdruck aus welchem man gereizte Nerven und schlechter Laune lesen konnte. "Du weißt schon, dass ich wichtigeres zu tun habe?"

„Nein! Heute entspannst du dich mal!", widersprach ich ihm und lehnte mich bestimmerisch über den Tisch. Ohne Antwort drehte er sich wieder von mir weg. Soll er doch. Sobald er das Eis schmecken sollte, wird es ihm schon besser gehen! Davon war ich fest überzeugt. Dann begrüßte uns auch schon eine Frau mit Schürze, Zettel und Stift. „Willkommen!“, lächelte sie nett. Ihr Blicke wanderten erst zu mir und dann zum Schattenmann. Unnötig strafte er auch die Kellnerin mit seiner finsteren Miene. Sie machte schützend einen Schritt zur

Seite und lächelte überfordert. „Eh... Haben sie sich schon entschieden?“ Ich hob die Hand und zeigte zwei Finger. „Zwei mal Spagetti!“, antwortete ich. „Alles klar. Sofort.“ Sie notierte kurz etwas auf ihrem Zettel und sprintete sofort zurück in das Kaffee. Als sie im Eingang verschwunden war, stützte ich meinen Kopf lächelnd auf meine Hände und betrachtete den Jungen ganz auffällig. Er versuchte mich zu ignorieren. Doch meinen Blicken konnte er nicht entkommen. Seine Hand wurde ungeduldiger und sein Gesichtsausdruck genervter. Immer schneller tapste er mit seinen

Fingern auf den Tisch. Bis er plötzlich seine Faust zusammendrückte. „Was ist?!“, moserte er. „Erzähl mir was!“, antwortete ich gewappnet auf seine Frage. Der Junge zögerte kurz. „Was soll ich dir denn erzählen?“ „Also erst mal solltest du mal lockerer werden. Und das wirst du indem du mir etwas erzählst! Ehm... Wie war dein Tag bis jetzt! Wie hast du geschlafen?“, versuchte ich mit ihm eine Konversation zu starten, welche nicht direkt negativ beginnen sollte. Kurz sah er weg und atmete schwer ein. „Ich.. schlafe nicht.“, verriet er mir und richtete seinen Blick nachdenklich auf

den Tisch hinab. Überrascht sah ich ihm in seine von Trauer geplagten Augen. Erst zögerte ich. Doch ich konnte meine Neugier nicht zügeln. „Du schläfst überhaupt nicht?“ Er setzte sich gerade hin und wurde wieder ganz ernst. „Nein. Es ist Jahre her, da schlief ich vor Erschöpfung ein. Ach ja. Und vor kurzem, als dein Schild meinen Angriff geblockt und auf mich zurück geworfen hat.“, erklärte er unangenehm. Mein Schild? Ich erinnerte mich wieder. Ja! Mein Schild. Das passierte wenn er mich angreifen sollte. Durch unseren Packt ist es ihm

nicht möglich mich zu verletzen. -Er lässt mich am leben und im Gegenzug werde ich ihm nützlich sein.- „Aber dann träumst du ja gar nicht! Träumen ist doch so schön.“, ich lehnte mich betrübt zurück und drehte meinen Kopf schräg. „Das ist auch der Grund. Ich beabsichtige es nicht zu träumen. Es sind ja doch nur Albträume.“, seine Worte wurden immer leiser. Wieder legte sich eine düstere Stimmung um uns. Mein Versuch ihn abzulenken und aufzuheitern funktionierte nicht. Das war uns beiden sehr unangenehm. Ich biss mir nachdenklich auf die Lippe. Es konnte doch nicht sein, dass einfach

alles was er erzählt unangenehm ist und eine schlechte Stimmung verbreitet! „Nein!“, sagte ich laut und schlug auf den Tisch. Der Junge schreckte zurück und sah mich verwirrt an. „Ich will keine schlechte Stimmung heute!“, ermahnte ich ihn motzend.

Am Mittag

Lange starrte er mich nur schweigend an. Mit meiner Reaktion hat er nicht gerechnet. Der Schattenmann wollte wieder in seinen deprimierenden Emotionen ertrinken. Das wollte ich nicht zulassen! Er sollte heute einen schönen Tag haben! Doch dann drehte er sich lächelnd zur Seite und lachte still und kurz. Ich hatte ein riesiges Fragezeichen im Gesicht. „Hä..?“ Hatte ich es geschafft? Hatte er endlich gute Laune? Verunsichert begann ich auch zu lächeln. „Was...? Was findest du... denn so

witzig?“ Doch die Antwort sollte mir gar nicht so gefallen wie ich hoffte. „Es ist süß zu sehen, wie eine so schwache Person versucht etwas bestimmen zu wollen.“, lachte er. Ich war irritiert. Eigentlich wollte ich mich über sein Kommentar aufregen. Doch er lächelte. Das war doch schon mal ein guter Anfang. Also hielt ich meinen Ärger zurück. Denn es war es doch gar nicht so böse gemeint wie ich im ersten Augenblick aufgefasst hatte. „Püh. Du weißt gar nicht wie stark ich sein kann!“, schmunzelte ich und drehe mich gespielt beleidigt

weg. „Frauen müssen nicht stark sein.“, sagte er. Seine Stimme klang nun so ruhig und entspannt. Als ich fragen wollte weshalb er dieser Meinung sei, verstummte ich jedoch bei seinem plötzlich so eindringlichen und liebevollen Blick. Ich brachte einfach keinen Ton von meinen Lippen. „Frauen sind reine Wesen. Das macht sie so zerbrechlich. Männer sollten stark sein um sie beschützen zu können.“ Es war so viel Anmut in seinen Worten. Wieso wurde ich so starr? Wieso traute ich mich nicht darauf zu reagieren? Ich ertappte mich wie ich die Luft

angehalten hatte. Noch immer sah er mich so vertraulich an. Was war das plötzlich? Verlegen presste ich meine Lippen aufeinander und spürte wie meine Wangen warm wurden. Was ist los mit mir? Ich konnte ihm nicht mal mehr in seine hellen fast weißen Augen schauen. Es war nicht unangenehm. Sondern ungewohnt liebevoll. Für den Moment wusste ich nicht was ich tun oder antworten sollte. Dabei spürte ich seinen beobachtenden Blick. Doch der Schattenmann löste die Stille und kicherte. „Und genau so schweigen sollten Frauen auch!“, dann wurde sein

Ton wieder so genervt wie vorher. „Und nicht immer quasseln wie ein Wasserfall!“, fügte er noch schnell hinzu. Das war wieder ein Klingeln in meinen Ohren. Schon wieder versuchte er mich zu provozieren. Ich schmunzelte und sah ihn unbeeindruckt an. „DANKE.“, erwähnte ich mit überdeutlicher Stimme. Aber seine Miene blieb bei einem entspannten Grinsen. Diesen Blick mochte ich von ihm. Sein Lächeln zeigte er so selten. Warum sollte ich diese Tatsache für mich behalten? Jeder mag Komplimente! Also lehnte ich mich selbstbewusst nach

vorn. „Ich mag es wenn du so lächelst!“ Daraufhin verging sein Lächeln sofort wieder. „Aha.“, seine Stimme klang nicht mehr so beruhigend, sondern wieder eher mosernd. Das ärgerte mich. „Du bist immer so launisch! Dein Lächeln sehe ich so selten! Dabei macht dich das viel hübscher!“, munterte ich ihn auf. Moment, was habe ich da gesagt? Erst als ich mir meinen Satz noch einmal durch den Kopf gehen lassen hatte, riss ich ertappt die Augen auf. „Ehm. Also..“ Auch er war etwas verwirrt von meiner Aussage. Warum hatte ich das gesagt? Ich hatte es gesagt, weil es stimmte.

Jetzt erst viel mir auf wie attraktiv er aussah. Seine Augen waren die hellsten die ich bisher gesehen hatte. Sie waren so klar und sahen mich aufrecht an. Ich konnte in seinem Blick bisher nur Ärger, Trauer und Hass erkennen. Doch nun war der Hass eine Weile verschwommen. Durch seine dunkle Weste die er trug, kamen seine breiten Schultern und muskulösen Arme sehr gut zur Geltung. Auch wenn seine Haut sehr hell war, war sie rein. Seine Hände waren groß und kräftig. Und seine dunklen Haare umrandeten sein ansehnliches feines Gesicht. Dazu war er auch noch sehr groß und stabil gebaut. Ich ertappte mich wie ich ihn

begutachtete und blickte nervös mit knallrotem Gesicht zur Tür des Kaffees. „Ah! Da kommt es schon!“, meinte ich hektisch und deutete auf die beiden Teller mit dem Eis, welche uns genau in dem Augenblick gebracht wurden. Der Schattenmann schwieg lediglich und richtete seinen fragenden Blick nun auf das, was die Kellnerin uns servierte. „Guten Appetit ihr beiden!“, wünschte uns die Frau und platzierte die Teller mit den Speisen vor uns. Zwei große Portionen cremiges Vanilleeis, geformt als Nudeln. Darauf eine appetitliche Erdbeersoße die über das Nudeleis gegossen wurde und an manchen Stellen zart hinunter floss.

Kleine Vanilleschokoladenraspeln auf dem Ganzen verzierten alles noch schmackhaft. Der Junge sah sich das Spagettieeis genau an. „Und was ist das?“, fragte er neugierig. „Das ist Eis. Iss nicht alles auf einmal!“, erklärte ich kurz um ihm nicht die Überraschung des Geschmacks zu nehmen und nahm direkt einen Löffel in den Mund. Zurückhaltend nahm er den kleinen Löffel mit dem langen Griff. Ich wollte seine Meinung wissen. Würde es ihm schmecken? So etwas hat er bestimmt noch nicht gegessen! „Mit dem Löffel kannst du das essen.“,

meinte ich aufdringlich. „Das weiß ich selber!“, fauchte er zurück. Dann nahm er etwas von dem Eis auf den Löffel. Ich beobachtete detailgenau was er tat. „Könntest du aufhören mich so anzugaffen?!“, er sah mich grimmig an und zögerte das Essen weiter hinaus. Schnell sah ich wieder auf meinen Teller und aß still weiter. Doch als er das Eis in den Mund nahm und probierte, stoppte er plötzlich. Er riss die Augen auf und blickte mich fassungslos wie ein Stein an. Ich erschreckte leicht. Was war plötzlich los? Er wirkte von jetzt auf gleich so

angespannt. Stumm sah ich ihn einfach nur an. Er schlug mit seinem Löffel in der Hand auf den Tisch und ich schreckte konfus zurück. „Ist.. alles ok?“, fragte ich mit der Angst, er würde wieder ausrasten. Bitte nicht hier. Hier wo so viele Menschen sind. Dann zeigte er auf den Teller. „DAS IST LECKER!“, rief er freudestrahlend, „So etwas habe ich noch nie gegessen!“, und schlemmte sein Eis weiter. Mir viel ein Stein vom Herzen. Beruhigt atmete ich aus. Während er weiter genüsslich sein Eis aß wurde ich immer

glücklicher. Es hatte funktioniert. „Freut mich dass es dir schmeckt.“, kicherte ich und beobachtete seine muntere Gestalt. Ich habe geschafft, dass er, wenn auch nur für einen Moment, sorgenfrei und heiter war. Endlich. Es dauerte eine Zeit, bis er sich beruhigte. Jeden Löffel genoss er innig. Ich fühlte mich gut meiner Aufgabe nun schon einmal nachgekommen zu sein. Fühlte ich mich deshalb so gut? Oder war es, weil ich sein strahlendes Lächeln sehen konnte und wusste, dass ich ihm eine Freude gemacht

habe. „Was isst du denn sonst?“, viel mir dann ein. Er war schon fast mit seiner Portion fertig und löffelte erst das geschmolzene Eis mit der Soße bevor er sich wieder dem Festen widmete. „Nichts. Ich brauche kein Essen.“ Betroffen legte ich den Löffel zur Seite. „Kein Essen? Kein Schlaf?“ „... Nein...“, antwortete er und löffelte das letzte geschmolzene Eis. „Du kennst dich nicht so sehr aus.“, er wurde immer ruhiger im Ton. „Denk nicht ich sei arrogant, doch ich bin in diesem Bereich der Dämonenwelt der weitaus Stärkste... Diese Seelen und die Macht die ich

dadurch besitze, stärken mich. Dadurch brauche ich dieses unnötige Zeug nicht.“, erklärte er ganz offen. Ich starrte auf meinen leere Teller und dachte nach. Natürlich wollte ich eigentlich nicht weiter über das Thema reden, denn es sollte nur wieder einen unangenehmen Nachgeschmack haben. Doch ich war so neugierig. Ich wollte doch so unbedingt mehr erfahren. Und gerade er. Der Schattenmann, über den ich oft gehört und gesehen hatte wie mächtig er war, öffnete sich mir nun. „Warum willst du denn... so stark sein?“, tastete ich mich langsam an das Thema. Er legte den Löffel hin und lehnte sich wieder an den Stuhl. „Um mich gegen

jemanden wehre zu können.“ „Wehren? Aber wer würde dich schon herausfordern, wenn man doch weiß wie stark du bist?“, fragte ich im Vertrauen, dass er ehrlich zu mir sein wird. Der Schattenmann belächelte meine Frage. „Nicht viele. Manche sind so töricht und wollen mich herausfordern. Eigentlich gibt es kaum jemanden der es gegen mich schafft oder auch nur den Hauch einer Chance hat in einem Kampf gegen mich zu überleben.“ Mir fiel der Kampf ein, den er in dieser Halle hatte. „Und was ist mit Deeon? Schafft er es gegen dich?“ Der Name traf ihn wie ein Schlag in den Magen. Es war unangenehm für ihn über

Deeon zu reden. Nach einer Weile antwortete er trozdem. „Dieser schmierige Verräter. Wärst du nicht gewesen (!!!) -“, er wurde immer lauter doch bremste sich selber. „Wärst du nicht an dem Tag da gewesen, hätte ich diesen Dieb zerstückelt. Er denkt, nur weil er ein schmieriger Engel ist, dass er alles könnte!“ Mir blieb kurz die Luft weg. „Engel?“ Doch er sprach gereizt weiter. „Nur ein Angeloi! Dessen Aufgabe es mal war den Menschen Botschaften zu liefern. Doch dieses miese Schwein war schon immer gut darin Vertraute zu hintergehen! Also ist er nun ein verfluchter, abtrünniger

Engel!“ Ergriffen versuchte ich zu begreifen, was er meinte. Ein abtrünniger Engel. Ein gefallener Engel. Ein Engel der sich gegen die Regeln stellte. Ein Engel der sich gegen Gott stellte. Ich schluckte. Mein Bauch krampfte zusammen. Das wollte ich doch gar nicht hören. Deeon war nicht böse. Ich wollte das nicht glauben! Der Junge presste seine Faust zusammen und seine Zähne aufeinander. „Ich war so weit! Und er hatte alles zerstört.“, in seinen Augen erkannte ich wie er sich schmerzhaft erinnerte. Ich traute mich nicht etwas zu sagen.

Doch mich verletzten seine Worte. „Er hat dich beklaut.“, sagte ich mutig. „Er hat mehr als nur die Hälfte meiner Seelen geklaut! Er hat mich ausgenutzt und hintergangen! Meine Arbeit zu Nichte gemacht! Und dann einfach für Jahre verschwunden! Feigling!“. Jedes seiner Worte stach in mein Herz. „Er ist nur eine verlogene Schlange, ohne Stolz! Jemand ohne Prinzipien. Ein Lügner dem man nicht vertrauen kann!“ „Hör auf!!!“, schrie ich ihn an und sprang mit Wuttränen in den Augen auf. „Hör auf immer alles und jeden so zu hassen!“, schimpfte ich. „Ich weiß nicht was er dir alles angetan hat! Doch ich weiß, dass es ihm leid tut! Ich will nicht

glauben, dass er so schlecht ist!“, weinte ich und schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass du verletzt bist! Aber, gib ihm doch noch eine Chance!“, mein Herz pochte wild. Meine Knie zitterten. Ich fühlte meinen Herzschlag bis in meinen Kopf. Auch wenn Deeon, der Mann den ich so in mein Herz geschlossen hatte, wohl ein gefallener Engel war, wusste ich, dass er ehrlich zu mir war. Er hatte mir erzählt, was er getan hat. Er wusste, dass er etwas schlimmes damit getan haben musste. Und ich habe gemerkt, dass er es bedauerte den Schattenmann damit verletzt zu haben. Doch der Schattenmann atmete nur schwer. „Hat er dich auch schon um den

Finger gewickelt?“, verpönte er mich. Wütend ging ich einen Schritt zurück „Hast du ihn überhaupt mal gefragt, wieso er das getan hat? Wieso-“, doch plötzlich stieß ich mit einer Kellnerin hinter mit zusammen. Mit Wucht schubste ich sie etwas zur Seite. Dabei verlor sie eine Kanne aus ihrer Hand. Ehe ich mich versah, spürte ich heißen Kaffee auf meinem Bein. „Aua! Ahh!“, ich setzte mich schmerzerfüllt wieder hin und beendete meine Heulerei. „Oh nein! Das tut mir so leid!“, entschuldigte sich die Frau und hielt sich fassungslos die Hand vor den Mund. „Yuki!“ Der Schattenmann stand sofort

auf und kniete sich zu meinem Bein herunter. Schnell wischte ich mit einer Serviette den Kaffee ab. Doch er hatte sich schon in meinen Strumpf gesogen. Er hob seine Hand und legte sie über mein Bein. „Tolpatsch. Warte nur kurz.“ „Nicht!“, stoppte ich ihn. Ich wusste, dass er meine Wunde heilen wollte. Genau wie er den Schnitt in meiner Hand geheilt hatte. Doch in der Öffentlichkeit Magie anzuwenden würde die Menschen nur verschrecken. Er verstand mich ohne weitere Worte. Dann nickte er und zog mir meinen Kniestrumpf herunter. Ich riss mein Bein weg. „Hey! Was

machst du da!?“, fragte ich beschämt und wollte seine Hand weg schlagen. Doch er hielt sie fest und ich erschrak leicht. „Möchtest du den heißen Strumpf anbehalten und dich weiter verbrühen?“, fragte er mich. „Ehm... nein.“, dann zog ich meine Hand wieder zurück und ließ ich ihn weiter machen. Er zog meine Stiefelette aus und meinen Strumpf herunter. „Einen kalten Lappen!“, forderte er von der Kellnerin. Sie nickte verwirrt mit dem Kopf. „Ja! Natürlich!“, und rannte schnell in das Gebäude. „Auuu...“, quengelte ich wieder und gaffte auf mein Bein. Der Schattenmann

hielt es etwas hoch. Dadurch konnte ich gut die verbrühte Haut sehen, welche schon ganz rot war. „Hör auf zu plärren.“, kam der Junge mir entgegen. „Du bist ständig so ungeschickt. Das Jammern hilft da auch nicht mehr.“ Ich schniefte und wischte mir meine Tränen weg. Meine Finger zitterten leicht und ich war ganz starr vor Schreck. „Das dauert zu lange!“, ärgerte sich der Schattenmann. Plötzlich stellte er sich wieder auf. Dann griff er mich am Rücken und unter meinen Beinen und hob mich wie eine Feder hoch. Ich spürte wieder seine kalten Hände.

Doch er trug mich behutsam in seinen Armen als er schnell in das Gebäude lief. „Junge Dame! Verzeihen sie Uns bitte! Wir-“, uns kam ein Mann uns entgegen. Doch der Schattenmann unterbrach ihn mit seiner mürrischen und bestimmten Art. „Kaltes Wasser! Jetzt!“ „Natürlich. Kommen sie bitte hier her!“ Der Mann führte uns zu einem kleinen Abstellzimmer. Der Junge setzte mich auf eine kleine Kiste und die Kellnerin rannte schon mit einem Eisbeutel in unsere Richtung. Ich erstarrte kurz auf als die Kälte mein Bein berührte, doch der Schattenmann legte dein Eisbeutel ganz behutsam auf meine verletzte Haut. Der Beutel war

etwas kälter als die Hand des Schattenmannes. Wir schwiegen beide eine ganze Weile. Ich beobachtete ihn nur, wie er mein Bein kühlte und mich gar nicht weiter ansah. Sollte ich mich bedanken? Aber er hatte mich vorher noch so angebrüllt. Wieso ist er nur so? „Geht es wieder?“, fragte er schließlich nur. „Hmh.“, ich nickte. Lange war ich zu schüchtern um ein Wort von meinen Lippen zu geben. Es war mir unangenehm, dass durch mich schon wieder so ein Trubel verursacht wurde. Ich hatte Sorge, dass der Schattenmann

wieder böse sein würde. Aber er war ganz anders. Ich erinnerte mich, wie er mich im Regen sitzen ließ oder mich alleine in der Dämonenmasse untergehen lies. Wie wir uns in der Schule gestritten hatten, er mich nach seinem Kampf anbrüllte oder mir voller Hass die Luft abschnürte als ich ihn rief. Und jetzt? „Jetzt sitzen wir hier und du hältst mir Eis an mein Bein.“, lächelte ich besorgt. Er sah kurz zu mir herauf doch reagierte nicht weiter. Ich biss nachdenklich auf meine Lippe und fummelte an meiner Jacke. Natürlich war er noch sauer. Doch ich merkte, wie er sich zurück

hielt. Ich seufzte kurz. Doch mein Lächeln verging nicht. „Meine Mutter ist gestorben.“, begann ich zu erzählen. Bestürzt sah der Schattenmann mich an. „Sie starb bei meiner Geburt. Ich lebe alleine mit meinem Vater. Und er versucht alles, damit er mir ein gutes Leben bereiten kann.“, sprach ich weiter. „Mein Großvater hat mich öfters geschlagen. Er war der Vater meiner Mutter. Ich sehe so aus wie sie, hat er immer gesagt. Er gibt mir die Schuld an ihrem Tot. Ich war nie gut genug für ihn. Er hätte die Möglichkeit meinem Vater zu helfen. Doch wegen mir, muss auch

mein Vater leiden.“, mir schossen Tränen in die Augen, als ich ihm das erzählte. Der Schattenmann tupfte ein wenig den Eisbeutel auf mein Schienbein. „Es würde ihm nicht besser ohne dich gehen. Er liebt dich. Alles andere ist deinem Vater egal.“, erklärte er und nahm den Beutel wieder weg. Schniefend nickte ich ihm zu. „Ich weiß.“, drang gerade so aus meinem Mund ehe ich kurz zu weinen begann. Aber ich wischte mir sofort durch mein Gesicht und lächelte wieder. „So. Jetzt habe ich dir auch etwas unangenehmes von mir erzählt.“ Er wirkte zwar noch nachdenklich, doch erwiderte mein

Lächeln. Dann legte er plötzlich seine Hand auf meine wunde Haut und strich schnell, sanft berührend über mein Bein. Überrascht sah ich auf die Rote, schmerzende Stelle. Es hörte auf zu brennen und das rot färbte sich wieder normal. „Hey! Du solltest das doch nicht machen!“, grinste ich empört. „Als wenn ich auf dich hören würde.“, begegnete er mir mit leichtem Unterton und stand auf. „Stell dich wieder hin. Du wolltest doch einen stressfreien Tag.“ Ich zog meinen anderen Strumpf auch aus und zog meine Stiefeletten wieder

an. „Es tut mir leid.“, zögerte ich leise. Ohne mich anzusehen nahm er meine Hand und lief mit mir zur Tür. „Hör auf zu jammern.“ Ich folgte ihm überrascht. „Dann möchte ich mich bedanken!“, sagte ich schnell. Vor der Tür drehte er sich kurz am. Alles was er tat war: zu lächeln. Dann gingen wir wieder nach vorne in den Eingangsbereich. Glücklicherweise bedauerte der Chef des Kaffees noch einmal diesen Zwischenfall und wir mussten das Eis nicht bezahlen. Glück im undglück. Ich griff mir meine Tasche und schwang

sie um meine Schulter. Aber als wir zum Ausgang liefen blieb der Schattenmann plötzlich stehen. Er beobachtete etwas draußen. Das kleine Mädchen, welches mich zuvor ansprach stand an der Scheibe. Es sah aus, als würde es uns anstarren. Sie wirkte total gruselig. „Was? Was ist los?“, fragte ich. Er zögerte einen Moment. „Ich bin mir nicht sicher.“ Doch dann lief das Mädchen wieder weg und seine Anspannung legte sich wieder. „Egal. Lass uns weiter.“ Kaum von der Situation berührt flüsterte ich ihm zu. „Das war ja eigentlich ganz praktisch. Es war zwar ein kurzer

Schmerz, aber das Eis war umsonst.“, kicherte ich und lief mit ihm aus dem Gebäude. Und der Rest des Tages sollte angenehm werden. Der Anfang ja war etwas holperig. Dennoch war es mir gelungen einen schönen Tag zu haben und dazu das grimmige Gesicht des Schattenmannes zum Lächeln zu bringen. Im weiteren Verlauf des Tages lief er mit mir durch die halbe Stadt. Ich zeigte ihm alles Mögliche was ihn interessieren könnte. Kleidergeschäfte, an dessen Fenstern ich jedes mal stehen blieb und er genervt auf

mich wartete. Kleinen Entchen, die manchmal von dem Teich am Brunnen weg gingen und durch die Stadt quakten. Sie kamen dem Schattenmann nie zu nahe. Anscheinend spürten sie seine dunkle Aura. Auch wenn er ihnen am liebsten voller Ärger ein Messer hinterher werfen wollte und ich ihn gerade eben so davon abhalten konnte, war es einfach nur witzig. Natürlich blieben wir an jedem weiteren Geschäft stehen, das Fastfood verkaufte. Chips, Pommes, Nudeln, Pizza, Bratwurst, Burger. Es war nicht viel was ich ihm kaufen konnte, doch er konnte von allem etwas probieren. Ich zeigte ihm den kleinen Park und die

Vögelchen dort. Mit Krumen von Waffelhörnchen fütterten wir die Vögel, die nicht so scheu waren. Dann kaufte ich uns Limonade aus dem Automaten und wir saßen lange auf der Bank neben dem großen Kirschblütenbaum. In der ganzen Zeit viel kein Wort mehr über die Dämonenwelt, Deeon oder seine Vergangenheit. Generell sprachen wir nicht viel miteinander. Wir beide genossen einfach nur die freie, ruhige Zeit. Ich freute mich jedes Mal, dass ich ihm etwas neues zeigen konnte.Und er war von einfach allem fasziniert. Er zeigte es nur selten, denn meistens versuchte er seine Freude mit seiner mürrischen Art

zu überspielen. Aber ich wusste, dass es ihm gefiel. Das Kino und die Eishalle waren auch auf unserem Weg, doch es zog ihn jedes Mal wieder zum Essen. Wir stritten uns nicht mehr. Natürlich wussten wir beide, dass es noch viel Unangenehmes zu besprechen gab. Aber das hielten wir uns für einen anderen Moment. In diesem Fall waren wir uns mal einig. Es war seltsam mit ihm den ganzen Tag zu verbringen. Aber auch schön. Langsam merkten wir beide, dass wir gut miteinander auskommen können. Als dann der Tag zu ende war und die

Sonne unter ging, war auch mein Geld verbraucht. Langsam machten wir uns also wieder auf den Rückweg. „Praktisch, dieses kugelförmige Eis! Und dann in diesen Hörnchen, die man auch noch essen kann!“, meinte er staunend und leckte an seinem letzten Nusseis während wir wieder durch die Stadt zu mir nach Hause liefen. Doch ich lachte nur „Dass du so viel essen kannst! Ich müsste das meiner besten Freundin erzählen. Die kann genau so viel essen wie du.“ und lief neben ihm gemütlich weiter. Plötzlich blieb er stehen. Wie erstarrt hörte er auf das Eis zu essen.

Aufmerksam versuchte er auf seine Umgebung zu achten. „Hmh? Was ist denn?“, fragte ich beunruhigt. „Shirooo!“, schrie eine schrille Stimme plötzlich hinter uns. Noch bevor wir uns umdrehen konnten sprang ein kleines rothaariges Mädchen dem Jungen um den Hals. „Kitsune?!“, fragte ich fassungslos und wich zurück. „Aber, was...?“ Dann rannte noch jemand zu uns. „Oh mein Geliebter!“, kreischte die zweite Person. Sie rannte zum Schattenmann, riss Kitsune von ihm und umklammerte ihn selber.

Ich konnte meinen Augen nicht trauen. „M.. Mephisto?!“ Der Schattenmann blieb genervt wie ein Fels stehen. „Wir haben uns so Sorgen gemacht!“, wimmerte der rothaarige, klammernde Typ. „Du bist sonst nie so lange weg! Schon den ganzen Tag! Kitsune hat mir nur erzählt wie du die Nacht lang gedankenversunken durch deine Bücherei gedackelt bist! Und plötzlich warst du den ganzen Tag weg! Wie kannst du mich nur mit so einem gewöhnlichen, herzlosen Mädchen hintergehen!!!?“, schimpfte er tragisch. „Was? Meinst du... Hallo? Meint der

mich?!“ ich stellte mich mit den Händen in der Hüfte verärgert neben ihn. „Natürlich du! Ich wusste von Anfang an, dass du mir meinen Schatz klauen wolltest!“, fauchte er herrisch.

Am Abend

Mephisto drückte seinen Kopf auf die Brust des Schattenmannes und hielt ihn fest umschlungen. Dabei jammerte er mit schriller Stimme. „Wie kannst du mir nur so einen Schrecken verpassen! Ich dachte du-“, doch er schwieg bei dem grimmigen Blick des Schattenmannes. Er strafte ihn einfach nur mit seiner kalten, genervten Miene. Sofort löste Mephisto seinen aufdringlichen Griff und sprang entsetzt zurück. Doch seine Furcht ging direkt in einen Flirt über. „Uhu. Mein Liebling. Ich liebe diesen eiskalten und herrischen Blick von dir. Bestrafe mich ruhig! Rawr.“, turtelte

er. „Ehm... oke...?“, fragte ich überfordert, nicht wissend wie ich mit der Situation umgehen sollte. „Ach halt du dich raus! Nur wegen dir war er so unachtsam!“, schimpfte er und richtete sich wieder seinem Liebling zu. „Schatz, ich kenne es ja gar nicht von dir. Normal hättest du uns doch Kilometer vorher bemerken müssen.“, dann wurde seine Stimme tief und sinnlich. „War da jemand abgelenkt. Hmh?“, fragte er und deutete auf mich, und danach auf das Eis, welches sich noch in der Hand des Jungen befand. Doch unbeeindruckt hob der Schattenmann sein Hörnchen und ließ es

gewissenlos auf den Boden fallen. Bestürzt sah ich, wie das Eis auf den Pflastersteinen aufschlug. Das Hörnchen zerbrach etwas und die Cremekugel hinterließ eine Pfütze. Kommentarlos erkannte ich dann wieder die emotionslose Mine des Schattenmannes. Wieso? Bis gerade eben noch platzte er fast vor Freude dieses Eis essen zu können. Und nun warf er es einfach weg. Er ignorierte meine enttäuschten Blicke und drehte uns den Rücken zu. „Ihr solltet nicht hier sein. Ihr wisst, dass es gefährlich ist.“, kam es genervt von ihm als er den Weg weiter lief. Mephisto folgte ihm penetrant. „Ich muss doch bei

dir sein! Außerdem fragt Renekton ständig nach dir.“ Er brabbelte während des Laufens seinen Monolog weiter. Ich blieb bekümmert stehen und sah auf das weggeworfene Essen. Wieso hatte mich das so getroffen? Warum verletzte mich das so? Wieso fühlte ich mich selber so weggeworfen? „Yuki?“, fragte Kitsune besorgt. „Alles gut?“ Ich schaute den beiden Jungs hinterher. Doch der Schattenmann drehte sich nicht einmal zu mir um. Traurig biss ich meine Zähne fest aufeinander und drehte mich nachdenklich weg. „Yuki?“, hörte ich erneut von dem

kleinen Fuchsmädchen. Sie zupfte an meinem Ärmel. „Hmh... ja. Alles ok.“, log ich sie an. Es war gar nichts ok. Denn heute sollte doch mein schöner Tag werden. Ich hatte mich gefreut. Er hatte sich gefreut. Es gab zwar zwischendurch Reibereien. Doch schließlich genossen wir doch die Zeit. Die Zeit die er nun weggeworfen hatte. Welchen Grund hatte er nur dafür? Anstatt wieder zu überreagieren, sollte ich lieber einen Zeitpunkt nehmen um ihn zu fragen. Dennoch fühlte ich mich verletzt. „Komm, wir gehen weiter.“, meinte ich beruhigend und deutete mit dem Kopf

nach vorn. Mephisto und der Schattenmann waren schon aus unserer Sichtweite. Anscheinend machte es ihnen nichts aus, dass wir nicht bei ihnen waren. „Schau mal.“ Kitsune hielt noch meinen Ärmel fest als ich los laufen wollte. „Was? Wie? Wo?“, verwirrt sah ich erst zu ihr hinunter, dann folgte ich ihrem Finger, der in eine kleine Gasse zu unserer Rechten zeigte. Ein Mädchen saß dort. Das Mädchen, welches mich am Mittag angesprochen hatte, als ich auf den Schattenmann wartete. Sie hockte in einer Sackgasse und weinte. „Das Mädchen!“, überrascht lief ich mit

schnellen Schritten auf die Kleine zu. „Yuki! Warte! Ich denke du solltest das nicht machen!“, versuchte sie mich noch aufzuhalten. „Nein nein. Ich kenne das Mädchen!“, beruhigte ich sie und näherte mich dem Mädchen weiter. Sie saß ganz alleine in der Sackgasse und wimmerte. „Hey Kleine. Was hast du. Warum weinst du?“, ich kniete mich zu ihr hinunter. „Eh.. Yuki...“, hörte ich wieder von Kitsune. Aber ich reagierte nicht auf ihre besorgten Worte. „Ich lasse dieses kleine Mädchen nicht hier vereinsamen. Ich hatte sie schon alleine gelassen! Nun weint sie auch

noch ganz bitterlich hier! Ich musste ihr helfen! Schon, weil ich es selber kannte alleine gelassen zu werden!“, erklärte ich nur stur. Behutsam hob ich meine Hand und wollte ihr damit die Haare aus dem Gesicht streichen. „Hast du noch nicht gefunden, was du gesucht hast?“ Plötzlich packte sie meinen Arm. Ihr Griff war so fest, dass ich ihn nicht zurück ziehen konnte. Ich erschreckte. Dann sah sie zu mir auf. Es starrte mich ein bleiches Gesicht an. Ihre Augen waren nur noch schwarze große Löcher und ihr Mund war breit und mit messerartigen Zähnen versehen. Ihr

Grinsen riss von einer Wange, bis zur anderen. „ICH. Ich. Ich habe es gefunden! Gefunden! Hahahahaha. GEFUNDEN!“, lachte sie mich irre an. Entsetzt wollte ich mich von ihr los reißen. Doch sie zog mich ohne Mühe zu sich. „Er hatte recht! RECHT! Hatte er. Ja! Ja hatte er! Hehehehehe.“ Ihr Lachen war so voller Schrecken, dass mein Bauch krampfte und mein Blut gefror. Kitsune rannte mir zur Hilfe entgegen. „YUKI!“, hörte ich sie noch rufen. Doch das blasse Mädchen wandte ihren Blick zu der Kleinen. Aus dem Nichts schoss eine tief schwarze Mauer vom Boden. Sie erstreckte sich bis zu den Dächern der Gebäude und versperrte

Kitsune den Weg. Dann stand das Mädchen auf, drückte ihre Hand noch fester zusammen und grinste mich diabolisch an. Vor Angst konnte ich mich nicht auf den Beinen halten. Mein Herz schlug wie wild. Regungslos blickte ich nur in das dämonische, Angst einflößende Grinsen. Meine Hände zitterten. Hilflos lehnte ich mich mit meinem Körper von ihr weg, doch sie hielt noch immer meinen Arm fest. „Hehehehe. Sie wird sich freuen! Freuen wird sie sich! JA FREUEN!“ Sie zog mich an sich, dann ließ sie mich los. Doch eine Art Schatten umfasste meinen Bauch und hielt mich stattdessen

fest. „Was willst du von mir?!“, fragte ich sie zögernd. Bewegen konnte ich mich nicht. Dieser Schatten griff mich zu fest. Doch der Dämon lachte leise. Sie antwortete mir nicht. Plötzlich riss mich dieser Schatten in die Höhe. Ich schrie vor Schreck. „KYAA!“ Kein Wort fand seinen Weg von meinen Lippen. Wie ein Stein, der meinen Hals verstopfte gelangen nichts außer schreiende Geräusche aus meinem Mund. Dieser feste Halt des Schattens um meinen Bauch quetschte mich schmerzhaft zusammen. Das Mädchen tapste vergnügt unter mich und schaute zu mir hinauf. „Danke!

Danke für die Seele. DANKE! Sie will nur seine. NUR seine! Dann. Dann nehme ich deine! Ja? Ich nehme deine. Deine. Deine.“, je länger sie sprach, desto mehr verzog sie ihr grauenhaftes Gesicht. Dann lachte sie laut. Ich hatte Angst. Was würde sie tun? Ich erinnerte mich an den Schmerz in meiner Brust, als meine Seele aus mir versucht wurde heraus zu reißen. Dieser Schmerz. Diese Angst. Ständige Angst. Immer wieder. Warum sollte ich in ständiger Angst leben? Ich wollte das nicht mehr. Doch ich ballte die Fäuste mutig zusammen. „Du kannst mich mal!“, schrie ich mit aller Kraft und spuckte auf

sie herab. Noch immer musste ich in diese tiefen, seelenlosen, schwarzen Augen sehen. Doch Aus dem Grinsen wurde eine grimmige Miene. „Du. Du! DU!! Du.... du verfluchtes Stück. STÜCK!“, sie wurde immer schriller und grantiger. Dieser Schatten, schmetterte mich mit Wucht zu Boden. Der Schmerz des Aufpralls durchstieß meinen ganzen Körper. Mir blieb die Luft weg. Meine Knochen schmerzten. Ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Meine Ohren piepten. Dann sah ich alles um mich nur noch in verschwommen Silhouetten. Nur benommen spürte ich wie zwei

Schattenschlingen meine Hände griffen und mich auf den kalten, steinigen Boden drückten. Mein Körper war zu schwach. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Der stechende und pochende Schmerz in meiner Brust erlaubte es mir nur schwer nach Luft zu ringen. Lachend setzte sich das Mädchen auf meinen Bauch und lehnte sich über mich. „Gib sie mir! GIB SIE MIR!!! MIR! LOS!“, brüllte sie. Dann riss sie den oberen Teil meines Mantels auf. „Ich spüre sie! JA!“, mit gaffendem Blick starrte sie auf meinen Körper. Sie schob ihren Ärmel hoch und legte ihre Flache Hand auf meine Brust.

Ich hatte Angst. Warum konnte ich mich schon wieder nicht wehren? Warum passiert das hier? Was hatte ich schon getan? Sollte das nun wirklich das Ende sein? Innerlich wünschte ich mir den Schattenmann an meiner Seite. Er würde mich retten. Warum ist er nicht bei mir? Sollte ich nun sterben? Es viel mir schwer meine Augen offen zu halten. Doch ich versuchte es mit aller Kraft. Doch auf einmal schaute das Mädchen auf und wich von mir zurück. „NEIN!“, schrie sie. „NEIN!!! NICHT DU! Du! Du!!! Geh weg!“, kreischte sie entsetzt

und löste die Schattenschlingen von meinen Händen. Benommen erkannte ich zwei Lederstiefel an mir vorbei laufen. Gemächlich machte er einen Schritt nach dem anderen auf das immer nervöser werdende Kind zu. „Hallo Edan.“, hörte ich den Schattenmann sprechen. Ich konnte meine Erleichterung nur mit einem schweren Lächeln und einer Träne ausdrücken. Denn ich wusste, dass ich nun in Sicherheit war. „VERSCHWINDE!“, befahl sie. Nervös lief sie immer weiter zurück an ihre Schattenwand. Als sie sich schließlich an diese presste runzelte sie die Stirn angespannt. Beide

sahen sich mit fokussiertem Blick an. Dann schnellte ein spitz zusammenlaufender Schattenstab aus der Wand auf den Jungen zu. Doch gelassen machte er nur eine Bewegung zur Seite und näherte sich ihr weiter. „Deswegen konnte ich dich nicht bemerken. Du schleichst als Schatten herum und vergreifst dich jetzt sogar an den lebenden Körpern von Kindern?“, sagte er herablassend mit seiner grimmig klingenden doch arroganten Stimme. Doch sie warf verzweifelt noch einen Schatten auf ihn. Erfolglos. Er wich erneut unbeschwert aus und trat vor sie. Sie wussten beide, dass er überlegen sein

würde. „NEIN!“, brüllte sie, als sie sich an die Wand hockte und ihre Aussichtslosigkeit erkannte. Brutal griff der Schattenmann sie am Hals und hob sie hoch. „Ich hasse es, wenn jemand an meine Seele will.“, erklärte er leise und gewissenlos. Doch das Mädchen fing an zu schmunzeln. „Sie will ihre Seele wieder! HA! Sie! Sie holt sich ihre Seele! Ihre Seele! HAHA! Du hättest ihn töten sollen! Ihn! Er hat keinen Kiefer mehr! Kiefer! Herausgerissen! Dein zweiter Dolch ist zerstört. ZERSTÖRT. Sie weiß das. Sie weiß das ALLES! Du bist dumm. Du bist erledigt! Du weißt, dass sie

kommt! Du weißt es. HAHAHA.“ Erschrocken riss der Junge die Augen auf. Was sie sagte erzürnte ihn. Er würgte den Hals des Mädchens noch fester zusammen. Wie ein Fisch am Harken zappelte sie. Verärgert biss er die Zähne zusammen und hob nun seinen anderen Arm. Ein Messer tauchte in seiner Hand auf. Währenddessen versuchte ich mich wieder aufzuraffen. Der Schmerz ließ langsam nach und ich konnte wieder bedenkenlos Atmen. Doch war ich noch sehr zitterig. Geschwächt kroch ich zur Seite und lehnte mich an die Mauer des Hauses.

Mein Kopf pochte noch, aber die restlichen Schmerzen ignorierte ich durch die Aufregung. Ängstlich legte ich meine Hand auf meine Brust und sah, wie beide Dämonen weit von mir weg standen. Er drückte sie an die Wand und hatte sie fest im Griff. Immer wieder versuchte sie sich mit Zappelleien und Kratzen an seinem Arm zu befreien. Jedoch zeigte nichts davon eine Wirkung. Ohne viel Kraft zu verschwenden hielt er sie weiter. Doch unbekümmert holte er mit seinem Dolch aus. Plötzlich sah mich dieses kleine Monster an. Dann blickte sie panisch zurück zu ihm. „Wenn du mich

tötest. Tötest du auch das kleine Mädchen! DAS Mädchen! Mädchen!“, grinste sie frech, ihrem Schicksal jedoch entgegensehend. Ich wunderte mich und richtete mich aufmerksam zu ihnen. Denn sie hatte recht. Sollte es wirklich ein Dämon sein, der nur Besitz von diesem menschlichen Körper hatte, würde er das Mädchen auch töten. Der Junge wartete einen Moment, doch dachte nicht länger nach. „Hmh.“, ohne dass es ihm nahe stand, wollte er auf sie einstechen. „Nein!“, schrie ich. „Du tötest das Mädchen damit!“ Er stoppte seinen Stoß unfreiwillig. Er

wollte zustechen. Er wollte sie töten. Er wollte mich beschützen. Er wollte den einfachsten Weg wählen. Doch ließ sich von mir aufhalten. Der Dolch lag nun stramm an ihrem Hals, doch schadete ihr nicht. Er stand nun zwischen zwei Fronten. Der von dem Dämonen besessenem Mädchen, welches ihn dreist angrinste, und mir, die ihn bat sie zu verschonen. Einen Moment lang war es still. Seine Blicke waren ohne Ausnahme auf sie gerichtet. Würde er sie laufen lassen, konnten wir nicht wissen, ob sie auch uns verschonen würde. Mir war klar, dass der Junge sich dafür

entscheiden würde, auch das Kind zu töten. Also lehnte ich mich vor. „Bitte. Gibt es keinen anderen Weg?“, besorgt stand ich auf und stützte mich ab. Die Situation war angespannt. Er zögerte noch. „Bitte.“, flehte ich und lief kraftlos einige Schritte vor. „Der Schattenmann lässt sich von so einer Schlampe aufhalten?“, kicherte das Mädchen leise. Wütend drückte er sie wieder fest am Hals. Sein Blick war voller Hass. Dann griff er seinen Dolch wieder entschlossen und wollte durch ihren Hals stechen. Ängstlich stemmte ich mich von der

Wand weg. „Nein! Bitte!“, rief ich zaudernd und wollte auf ihn zu gehen. Auf einmal verlor ich erschöpft den Halt. „Ah!“ Ich erschrak und stürzte zu Boden. „Yuki!“, er drehte sich besorgt zu mir. In genau dieser Sekunde nutzte das Mädchen ihre Chance. Sie erschuf aus der Schattenwand erneut einen spitzen Starb. Sofort schnellte er auf den Jungen zu und durchstieß seine Brust, ehe er sich zu mir drehen konnte. Ich sah auf und wurde starr vor Schreck. Es war still. Blut fiel zu Boden. Der Junge hielt krampfhaft die Luft an und bewegte sich nicht mehr. Das kleine Mädchen öffnete ihr

hässliches Grinsen wieder weit auf und kicherte. Ich starrte geschockt zu ihm. Wie gelähmt konnte ich nur zusehen, was geschah. Der Junge richtete sich schmerzerfüllt wieder dem Mädchen. "Du kleines Drecksvieh.", biss er dir Zähne krampfhaft zusammen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht holte er erneut aus. Als er versuchte noch mit seinem Dolch zuzuschlagen, durchbohrten ihn zwei weitere Schatten. Der Schattenmann riss die Augen auf. Dann spuckte er fassungslos Blut. Die Schmerzen ließen ihn nur noch

Schweigen. Entgeistert löste er seinen Griff. Seinen Dolch und das Mädchen fielen herunter. Fast bewusstlos hielten ihn nur noch die Stäbe aufrecht. „Nein!!! NEIN!“, schrie ich nur immer wieder. Aber ich war einfach nur hilflos. Was hätte ich nur tun können? Blut überströmte den Boden. Er versuchte noch einen der Schatten zu greifen. Aber er war nicht stark genug um ihn heraus zu ziehen. Dann ließ er den Kopf sinken, hing nur noch kraftlos dort und bewegte sich nicht mehr. Das Mädchen lachte laut und stemmte sich auf. „Haha. Abgelenkt. Der Schattenmann. Abgelenkt. PA!“ Dann

ging sie wieder auf mich zu. Ich hockte nur dort und konnte meinen Augen nicht trauen. Ist das gerade wirklich passiert? Das kann nicht sein. Dieser Anblick war schrecklich. Ich hatte Angst was nun mit ihm passierte. Weniger dachte ich an mich. Das Mädchen drehte sich zu mir und lief glücklich auf mich zu. Sollte der Schattenmann mir nicht helfen können, war ich aufgeschmissen. Doch er bewegte sich nicht mehr. Seine Hände hingen herunter. Blut tropfte auf den Boden und floss seinen Körper entlang. Vergnügt stand sie nun vor mir. Sie

packte mein Gesicht und drückte meine Wangen. "Schau ihn dir an.", flüsterte sie mir zu und richtete mein Blick zum Schattenmann. Ich sah wie er leblos dort hing. "Das ist deine Schuld.", grinste sie und wollte mich verletzen. Als sie es schließlich schaffte, meinen Willen zu brechen, warf sie mich ruckartig zur Seite. Aber plötzlich spührte sie etwas, das ihr wohl gar nicht gefiel. Grimmig blickte sie mich mit ihren schwarzen Augen an und zögerte. Wütend biss sie ihre Zähne aufeinander und überlegte einen Moment. "Argh!", sie schimpfte und wand sich dann erbost von mir ab. Schnell drehte

sie sich weg und rannte. Ihre Schatten verschwanden und sie floh aus der Gasse. Nachdem sie ihre Schattenspehre zurück zog, viel der Schattenmann zu Boden. Er kniete noch mit letzter Kraft. Aufstehen gelang ihm nicht mehr, denn er viel immer wieder aus seine Beine. Sein Atem war angestrengt und schwer. Schwach hielt er seine Hand vor seine Wunden und hustete. Dann spuckte er erneut Blut. Ohne weiter nachzudenken rannte ich auf ihn zu und griff ihn an seinen Schultern. „Was soll ich tun? Was soll ich bloß tun?", weinte ich. Ich konnte nichts anderes als

weinen. Benommen lehnte er sich gegen mich. "Yuki.", flüsterte er mit Schmerzen. Schwach wollte er noch meine Hand halten, doch streifte nur mit seiner Blutigen Hand an meinem Arm und viel gleichzeitig zur Seite. Panisch legte ich seinen Kopf auf meinen Schoß und weinte nur. "Nein. Nein... Bitte. Sag mir was ich tun soll." Ich sah mir seine Wunden an, aus welchen unheimlich viel Blut floss. Mit meinen zitternden Händen tastete ich ihn ab. "Bitte..." Meine Hände waren voller Blut. Auch mein Gesicht hatte etwas Blut abbekommen durch meine hektischen

Bewegungen, als ich meine Haare aus meinem Gesicht streifte. Doch hilflos saß ich einfach da und weinte. Kein Wort beschrieb es besser als Hilflosigkeit. Ich sah wie er besinnungslos versuchte seinen Kopf nach oben zu richten. „Bleib hier. Alles wird gut. Es wird alles wieder gut.“, stotterte ich voller Angst. Doch schon im nächsten Augenblick wurde er ganz schwer. Er schloss seine Augen. Seine Hände vielen zu Boden und sein Kopf drehte sich zur Seite. Ich wurde ganz starr. War er tot? "Yuki!", hörte ich Kitsune erschrocken

rufen. Ich blickte auf und erkannte Mephisto und das kleine Fuchsmädchen die auf mich zu gerannt kamen. Sie blieben geschockt vor mir stehen. "Was hast du getan?", begegnete mir Mephisto empört. Tränen trieften an meinen Wangen herunter. "Ich, ich weiß nicht. Ich weiß nicht was ich tun soll. Da war dieses Mädchen und Schatten griffen an ... Und dann-" , er verpasste mir eine Ohrfeige. "Hör auf zu flennen!", keifte er wütend und blickte mich ernst an. Entgeistert saß ich nur noch starr da. "Geh, wenn du nicht weißt was zu tun ist!", motzte er hektisch und zeigte

weg. Im nächsten Augenblick legte Mephisto den Kopf des bewusstlosen Jungen auf den Boden. "GEH!", schrie er mich an. Schnell stand ich auf und stellte mich gegenüber an die Mauer. "Kitsune. Hilf mir.", befahl er und deutete neben sich. Sie nickte ängstlich und kniete sich zu ihm. Dann drehte er den Schattenmann auf die Seite. Dabei öffnete er seine braune Lederweste und Zog seine Kleidung hoch. Man konnte die drei Einstichswunden sehen. Alles war blutrot. "Du musst versuchen ihn zu heilen.

Versuch alles was du kannst." Doch sie sah ihn mit Tränen in den Augen an. "Aber das habe ich schon so lange nicht mehr gemacht!", sagte sie eingeschüchtert. "Kitsune.", er packte sie an ihrer Schulter. "Du kannst das! Er stirbt wenn du es nicht versuchst." Mutig nickte sie ihm erneut zu. "Ok!" Dann faltete sie ihre Hände zusammen und pustete sanft gegen sie. Sie begannen in einem warmen gelben Ton zu leuchten. Dann legte sie ihre Hände auf den blutigen Rücken. "Gut so. Mach weiter", lobte Mephisto sie. Schließlich klatschte er zwei mal in

seine Hände. Ein kleiner Schnürbeutel pufte aus dem Nichts vor ihm auf. Schnell nahm er ihn aus der Luft, ehe er zu Boden fallen konnte. Er öffnete den Beutel und holte immer wieder kleine Fläschchen heraus. "Falsch. Das auch nicht. Wo ist es - Ah da! Phönixfedern." "Mephisto! Er hat aufgehört zu atmen Mephisto. Wenn er nicht atmet kann ich ihn nicht heilen!", erklärte Kitsune besorgt. "Keine Sorge. Das haben wir gleich" Der Rothaarige versuchte die Ruhe zu bewahren. Er öffnete den kleinem Korken eines Fläschchens. Die Flüssigkeit strahlte

weiß und funkelte in goldenen Tönen. "Trink das.", er legte dem Schattenmann die Flasche an seine mit Blut befleckten Lippen und kippte ihm etwas dieser Flüssigkeit in den Mund. Dabei drehte er seinen Kopf leicht nach oben. "Bitte trink es doch.", wurde er ungeduldig. Doch die Flüssigkeit floss aus seinem Mundwinkel wieder heraus. Ich saß nur hilflos daneben. Steif vor Schock konnte ich mich nicht einmal vom Boden bewegen. Zitternd saß ich da und erkannte das viele Blut an meinen Händen. Ich weinte wieder. Was ist nur geschehen? Das ist wieder

meine Schuld gewesen. Was ist wenn er nun stirbt. Wäre ich nur nicht aufgestanden. Hätte ich mich nur nicht eingemischt. Ich hyperventilierte und streifte nervös immer wieder über meine Beine. "Bitte. Du darfst nicht sterben.", flüsterte ich leise. Ich fühlte mich so klein und unbedeutend. Ich war völlig fehl am Platz. Ich konnte nichts tun. Ich würde alles doch nur schlimmer machen. Mein Herz wollte nicht aufhören zu rasen. Unruhig griff ich in meine Haare und kniff meine Augen zusammen. Im Hintergrund hörte ich nur Kitsune und Mephisto reden. Sie saßen in der

Blutfütze und versuchten ihr Bestes. Und ich saß einfach nur heulend herum und war für nichts gut. Immer wieder beugte ich mich nervös vor und zurück. "Es tut mir so leid. Es tut mir so leideal!", heulte ich. Doch auf einmal bemerkte ich, wie mein Herz sich beruhigte. Meine Augen hörten auf zu Tränen. Nichtsahnend bemerkte ich plötzlich eine weiße Feder, welche sanft vor mir hinab glitt. Ich blickte sie verträumt an. Wieso fühlte ich mich plötzlich so wohl? Sie wärmte mich. Fragend richtete ich mich zum Himmel,

von wo eine zweite herunter glitt. Dann lächelte ich überraschend glücklich. Der Schattenmann sollte nicht dort und auch nicht an diesem Tag sterben. Und ich behielt Recht. Der Schattenmann war lange bewusstlos und die Situation hatte sich schon längst beruhigt. Alles war leise. Erschöpft öffnete er seine Augen und starrte an eine Zimmerdecke. Sein Blick war noch sehr verschwommen. Doch er bemerkte, dass er in einem Raum lag, in welchem er schon lange nicht mehr

war. Er spürte wie er in dem großen Bett seines Schlafzimmers lag. Es war groß und altmodisch. Zugedeckt war er bis zum Bauch und er hatte ein weiches Kissen unter seinem Kopf. Alles war ganz still um ihn herum. Auch wenn er noch sehr schwach und müde war, versuchte er sich ungeduldig umzusehen. Doch er spürte etwas schweres auf seinem rechten Arm. Er blickte fragend zur Seite und erkannte wie ich neben seinem Bett saß. Ich hatte mich herüber gebeugt und war auf seiner Hand eingeschlafen. "Y.. Yuki.", flüsterte er ausgelaugt und

beobachtete mich überrascht. Doch dann lächelte er sanft und legte sich beruhigt wieder hin. Meine Haltung war sehr unbequem daher hatte ich auch nur einen unruhigen und leichten Schlaf. Ich bemerkte sofort die Bewegung und wurde davon wach. "Hmh?" Müde richtete ich mich auf und blickte zum Schattenmann. So wie ich ihn immer ansah, seitdem er dort lag. Aber ich musste zwei mal hinsehen um mich zu vergewissern. "Du bist wach?", fragte ich leise, noch ganz unglaubwürdig. Dann sah ich wie er sich leicht zu mir

drehte. Wir sahen uns einen Moment schweigend an. Dann sprang ich freudestrahlend auf. "DU BIST WACH!!! Du bist wach!!!", konnte ich immer nur wiederholen. "Du bist wach!", ich lehnte mich über ihn und umarmte ihn so fest ich konnte. „Wow. Hey..“, überwältigt von mir war er ganz verwirrt. "Ich wusste, dass du wieder wach wirst!“, begann ich freudig zu weinen. Geduldig nahm er die Umarmung einfach an und schwieg. Ich drücke ihn ganz feste. Es fühlte sich an, als wenn sein Körper gar nicht mehr so kalt war wie sonst. Doch ich freute mich einfach so sehr, dass ich es kaum

realisiert hatte. Schließlich setzte ich mich neben ihn auf sein Bett und wischte mir die Tränen weg. „Freudentränen?“, fragte er leise. Man merkte, wie schwach er noch war. Er konnte sich nicht einmal aufsetzen, sondern legte seinen Kopf kraftlos wieder auf das Kissen. Ich grinste fröhlich und nickte ihm zu. Plötzlich ging die Tür auf. "Ist er wach?" Mephisto und Kitsune kamen herein gerannt. „OH mein Liebling! Ich bin ja so froh, dass du wieder wach bist!!“, kreischte der Rothaarige und kam verliebt hereingeflattert wie auf Wolke 7. Kitsune

aber hielt ihn noch an seinem Oberteil zurück. „Hey. Mephistoteles! Er braucht Ruhe!“, kicherte sie glücklich. Der Schattenmann hielt sich geschwächt die Stirn. „Wie lange.. war ich weg?“, fragte er. Ich streifte meine Haare hinter mein Ohr. „Einen ganzen Tag.“ Wir alle hielten uns nun etwas zurück. Denn wir wussten was als nächstes kommen sollte. „Was ist passiert?“, wollte er nun wissen. Wir hatten uns auf diese Frage eingestellt. „Also.“, begann ich zögernd, „Nachdem du angegriffen wurdest haben Mephisto

und Kitsune alles versucht. Aber... du warst so gut wie tot.“. Ich konnte ihm zunächst nicht in die Augen sehen. Wie erkläre ich es ihm, ohne dass er wieder emotional wird? „Also... sie kamen an ihr Limit. Und... also...“, stotterte ich bedenklich. Doch dann kam noch jemand in den Raum. „Ich habe dich zurück geholt. Mal wieder." Der Schattenmann riss vor Wut seine Augen auf. „Du.“, er biss verbittert die Zähne zusammen. Deeon kam herein und stellte sich schweigend vor sein Bett. Auf einmal stemmte der Schattenmann sich auf. Doch er hatte nicht bedacht,

dass er noch kraftlos und schwach war. „Du!“, grummelte er wieder. „Hör auf!“, schimpfte ich und drückte ihn an seinen Schultern wieder herunter. Es war nicht schwer. Er viel wie ein Sandsack wieder zurück und stöhnte einen kleinen Schmerzlaut aus. „Ah.. verdammt...“ „Er hat dich gerettet!“, fing ich an lauter zu werden und stand sauer auf. „Bitte. Hör auf immer so voller Hass zu sein! Das regt mich auf! Wie kann man nur so stur sein!“ Alle, auch Deeon und der Schattenmann richteten ihre Blicke verwundert auf mich. Keiner hatte es sich herausgenommen, so mit ihm zu

reden. Doch er lies sich nicht von meinem Tadel belehren. „Wenn ich wieder stehen kann, bringe ich dich um.“, drohte er Deeon und blickte ihn voller Abscheu an. „Ich brauche nur ein Buch mit meinen Seelen. Dann bist du dran.“ Eine dunkle Atmosphäre verdichtete sich im Raum. Der Schattenmann durchbohrte Deeon mit seinen Blicken. Deeon jedoch blieb entspannt und locker. „Nicht mal ein Dankeschön, dass ich dich gerettet habe, damit du mich doch noch töten kannst?“, grinste er neckend. Sofort machte der verletzte Junge sich bereit ihm seinen vollen Hass entgegen

zu bringen. Schnell löste ich diese dichte Angespanntheit und schnipste dem Jungen gegen den Kopf. „Au!“, moserte er. „Du musst dich ausruhen!“, ermahnte ich ihn. „Einen Scheiß muss ich!“ Deeon trat jedoch vor. „Sie hat recht.“, unterbrach er unseren wieder angehenden Streit und legte seine Hand auf meine Schulter. „Du wurdest von drei Schattenspehren durchbohrt. Einer ging durch deine Seele. Du musst dich erst wieder erholen. Und deine Seele muss verheilen. Erst dann wird es dir wieder möglich sein deine Seelen als Energie zu

verwenden. Und bis dahin. Bist du nur so schwach wie ein einfacher... Ein einfacher Dämon. Du besitzt nur die physische Kraft deines Körpers. Mehr nicht.“, erklärte Deeon mit seiner beruhigenden Stimme. Zunächst beobachtete der Junge Deeon. Danach wanderte sein Blick auf die Hand die er schützend auf meine Schulter legte und schließlich traf er auf meine besorgten Blicke. Er überlegte einen Moment. „Tz..“ Dann drehte er sich einfach beleidigt von uns weg und zog die Decke über seine Schulter. „Bitte. Ruh dich aus. Wir sind alle da, wenn du etwas brauchst.“, enttäuscht

ging ich vom Bett weg. Deeon machte mir den Weg frei und deutete mit seiner Hand vor sich, damit ich vor ihm laufen kann. „Kommt. Lasst uns gehen.“ Selbst Mephisto hatte darauf nichts mehr zu sagen. Wir waren alle sehr mitgenommen von der Situation und gingen betrübt aus der Tür heraus. Doch Kitsune blieb als letztes noch am Bett stehen bevor sie ging. „Shiro. Sei bitte nicht so. Yuki saß Stunden an deinem Bett und hat gewartet bis du wach wirst. Wir alle hatten so Angst um dich. Auch Deeon.“, sagte sie flüsternd. Doch der Schattenmann machte keine Andeutung, darauf zu

Reagieren. „Sie hatte Deeon angefleht dich zu retten. Sei doch bitte etwas dankbarer...“, waren ihre letzten Worte bevor auch sie ging. Zuletzt machte Deeon noch die Tür zu.


Ein Mensch



Ich hatte die Bilder vor Augen. Mein Körper zitterte, meine Augen tränten. Er stand so weit entfernt. Blut überströmt und blickte mich an. Sein Gesicht war hasserfüllt. In seinem Körper sah ich die 3 Wunden aus denen einfach nur Blut floss. Ich wollte zu ihm laufen. Wieso konnte ich meine Beine nicht bewegen? Egal wie sehr ich mich anstrengte. Sie waren wie festgefroren. Dann wandte der Schattenmann sich zu mir. Er sah mich mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Doch als er mir näher kam

ergriff mich die Angst. "Deinetwegen...!" konnte er nur mit tiefer Stimme keuchen. Was? Was sagte er? Ich erschrecke und wich zurück. Vor seinem strafenden Blick fürchtete ich mich. Meine Beine wurden ganz schwach. Ich fand mich plötzlich kniend am Boden wieder. "DEINETWEGEN!", schrie er und rannte auf mich zu. Dann riss ich meine Augen auf. Ich stemmte mich hoch und fand mich plötzlich auf meinem Bett wieder. Was ist passiert? Ich fühlte das Pochen meines Herzes durch meinen gesamten Körper. Als ich zur Seite blickte erkannte ich mit

verschwommenen Augen das Fenster meines Zimmers. "Nur ein Traum. Wie immer.", beruhigte ich mich. Langsam setzte ich mich nachdenklich auf. "Hoffentlich geht es ihm gut." Mein schlechtes Gewissen plagte mich sogar im Schlaf. Ich wollte die Nacht lang bei dem Schattenmann bleiben. Ich wollte ihn nicht alleine lassen. Auch wenn ich wusste, dass er wieder wach war und in guten Händen. Doch Deeon schickte mich nach Hause. Ich erinnerte mich an gestern. Mephisto kümmerte sich um die Verbände welche den Oberkörper des Schattenmannes umwickelten. Er nahm

den Verband komplett ab und umwickelte einen Neuen zum letzten Mal. Auch wenn es ihn natürlich gefreut hatte den muskulösen Oberkörper zu pflegen, machte er es ernst und seriös. „Die Wunden sind schon sehr gut verheilt. Morgen kannst du den Verband komplett weg lassen.“, erklärte er ruhig. Er war gar nicht mehr so kindisch und aufdringlich wie zuvor. Wir alle waren von dem was geschehen war, sehr mitgenommen. Der Schattenmann saß jedoch nur im Bett. Er sprach nicht und wechselte mit niemanden Blicke. Kitsune bewachte derzeit die Bibliothek und ließ niemanden herein. Keiner sollte

wissen, dass der Schattenmann und seine Seelen nun angreifbar waren. Ich saß müde auf der Couch am Kamin und schwieg. Meine Beine hatte ich angewinkelt und mit meinen Armen umschlungen. Nachdenklich betrachtete ich die Holzscheitel, in welchen nur noch ein leichtes Glühen zu sehen war. Das Feuer, welches ich zuvor darin gesehen hatte, war schon längst erlischt. Dann fühlte ich eine Hand, die meine Schulter sanft berührte. „Du solltest nach hause gehen.“, flüsterte Deeon. „Keine Sorge. Ich habe mich darum gekümmert, dass dir dort nichts mehr geschehen wird.“, erklärte er lieb. Seine Nähe beruhigte

mich. Müde sah ich über meine Schulter. „Aber ich kann doch jetzt nicht einfach gehen.“, antwortete ich betroffen. Dann füllten meine Augen sich mit Tränen. „Das alles ist doch nur wegen mir passiert.“, schniefte ich und versuchte das Weinen zu unterdrücken. Deeon lächelte mich tröstend an. Dann setzte er sich neben mich auf die Couch und nahm mich schweigend in seine Arme. Ich legte meinen Kopf auf seinen Arm und beruhigte mich. Ich wollte nicht schon wieder in Tränen ausbrechen. Auch wenn alles nun wieder in Ordnung zu seinen schien, so zerrten noch die Worte

des Dämonenmädchens an mir. - „Schau ihn dir an! Das ist deine Schuld!“ - Immer wieder sah ich ihr Gesicht vor Augen und den blutigen Anblick des Schattenmannes. „Es ist nicht deine Schuld. Keiner gibt dir die Schuld daran. Hör auf dir das einzureden.“, antwortete Deeon und streichelte mein Haar. „Er ist stur und stark. Und er wird das überstehen. Das Spielchen haben wir beide schon einmal durch gemacht.“, sprach er. Fragend lehnte ich mich wieder zurück, runzelte die Stirn und sah ihn an, während ich meine Tränen aus den Augen wischte. „Naja, ich denke du wirst dir nie

vorstellen können, dass er und ich mal enge Vertraute waren.“, sagte er mit einem ironischem Lächeln. „Doch.“, begegnete ich ihm. „Ehrlich gesagt schon.“, dann sah ich wieder verträumt zum Kamin „Weil er dir so sehr vertraut hat, hasst er dich nun so sehr.“, sagte ich ohne über meine Wortwahl zu achten. Er sah betrübt weg. „Nein! So meinte ich.. also..“, stotterte ich und fuchtelte mit meiner Hand herum. „Ist schon gut.“, beruhigte er mich und lächelte wieder. „Ich weiß, dass ich ihn sehr verletzt habe. Doch es war wichtig was ich getan habe. Ich bereue es

nicht.“, dann lehnte er sich an. Neugierig biss ich mir auf die Lippe. Ich mochte das Gefühl, wenn er in meiner Nähe war. Bei ihm fühlte ich mich so sicher und verstanden. Verlegen wibbelte ich mit meinen Beinen vor und zurück. „Du bist ein gefallener Engel. Richtig?“, fragte ich. „Ich dachte solche Engel seien... böse.“, meinte ich nachträglich. Er belächelte meine Aussage und sah mich ehrlich an. „Hmmh. Natürlich. Ein Engel der sich gegen die Regeln Gottes stellt, wird vom Himmel verbannt.“, gab er mir geheim Recht. Ich drehte meinen Kopf etwas schräg und sah ihn neugierig an. Deeon konnte nicht aufhören über mein

Verhalten zu lächeln. „Ich war dort eine ganze Weile. Es war wirklich schön.“, erinnerte er sich. „Doch die Menschen hatten mich fasziniert. Ich wollte mehr Zeit auf der Erde verbringen als im Himmel. Doch Engel werden überheblich auf der Erde. Und arrogant.“ Seine Stimme wurde immer ernster. „Wir haben auf Menschen einen starken Eindruck. Wir geben ihnen das Gefühl von Glück und Wärme. Sie machen fast alles was wir ihnen sagen.“ Er war nicht stolz auf das, was er sagte. Doch sprach weiter. „Damals nutzte ich das aus. Doch irgendwann traf ich einen Jungen, dessen Geist nicht auf mich reagierte. Seine Seele schien tot. Dazu

hatte er aber ein so starkes Herz. Ich wusste zunächst nicht wieso.“ Ich setzte mich auf. „Der Schattenmann?“ „Ganz recht.“, er nickte mir zu. „Nachdem er sich mit der Dämonenseele von Lilith vereinte, war es seinem Körper nicht möglich, all diese Kraft zu beherrschen. Er wurde innerlich aufgefressen.“, dann verstummte er einen Moment. Ich rechnete eins und eins zusammen. „Hast du ihn vor dem Tod bewahrt?“, fragte ich. Deeon atmete tief aus. „Ja. So wie auch gestern. Dies funktioniert aber nur bei mächtigen Wesen, dessen Energie ich

umkehre um sie zu retten. Ich bin nur ein Engel. Ich bin zwar mächtig, doch solche Taten brauchen viel Kraft.“, erklärte er in Erinnerung schwelgend. „Ich hatte seine Dämonenseele mit seinem Körper und seiner menschlichen Seele verknüpft, dass er wie ein Dämon leben konnte.“, nun lehnte er sich etwas vor und steckte nachdenklich seine Finger ineinander. „Doch in der Menschenwelt konnte er nicht bleiben. Lillith suchte nach ihm. Also versteckte und kümmerte ich mich um ihn. Ich trainierte ihn im Kampf und in der Anwendung von Magie.“, Deeons Stimme wurde immer leiser. „Je mehr er trainierte und je mächtiger er wurde, desto mehr versperrte er seine Gefühle

und öffnete mir meine damals noch arroganten Augen.“, sagte er still. Dann sah er mich mit offenem Blick an. „Nun ja, ich musste es tun. Ich musste ihm die Seelen stehlen.“, lächelte er, um auf ein anderes Thema abzulenken. „Ob er es mir jemals verzeihen wird?“, er wirkte sehr zurückhaltend und gedankenverloren. „Bestimmt.“, lächelte ich ihn liebevoll an. „Ich merke, wie viel du ihm noch bedeutest.“ Deeon runzelte die Stirn. „Tatsächlich?“, fragte er ahnungslos. Ich kicherte. Meine Augen wurden schwer und ich spürte wie die Müdigkeit mich

überfiel. Er legte seine Hand um mich, sodass ich meinen Kopf auf seine Schulter legen konnte. „Siehst du das denn nicht?“, lächelte ich erschöpft. Es fühlte sich so angenehm bei ihm an. Er war so warm. Dieses Gefühl von Vertrauen hatte ich vermisst. „Ihr Menschen erstaunt mich doch immer wieder.“, kam es nur beruhigt von ihm. „Aber ich möchte mehr wissen.“, nuschelte ich und kuschelte mich an ihn. „Genug für heute.“, antwortete er jedoch. „Aber. Warum hast du es denn getan? Wofür hast du ihn beklaut?“, flüsterte ich nun zuletzt und setzte mich wieder richtig

hin. Es war einen Moment still. Deeon betrachtete den kalten Kamin und sah die kaputten Hölzern darin. „Liebe.“, antwortete er und streichelte mir über den Kopf. „Hmh...“, auch ich sah nun verträumt in den dunklen Kamin. „Ich bringe dich nach Hause.“, beendete er unser Gespräch. „Habe keine Angst. Ich werde auf dich wachen. Du wirst nicht alleine sein.“, waren seine letzten Worte, ehe wir aufstanden und er mich durch den großen Spiegel zurück nach Hause brachte. Dabei wollte ich dort bleiben. Ich wollte

bei Deeon bleiben. Und ich wollte bei dem Schattenmann bleiben, bis ich wüsste, dass es ihm wieder gut geht. Aber meine Anwesenheit würde nichts verbessern. Eher würde ich alle aufhalten. Auch wenn ich nun bedenkenlos wieder in der Menschenwelt sein konnte und nun wieder normal leben durfte, konnte ich die Dämonenwelt nicht los lassen. Ich rieb mir verträumt durch das Gesicht und tätschelte meine Wangen. Dann stand ich auch schon von meinem Bett auf. Ich war früher wach, als ich sonst für die Schule aufstand. Nun sollte mein normaler Alltag weiter

gehen. Direkt ging ich an meinen Schrank und holte meine Kleidung heraus. Ob ich so nun einfach zur Schule könnte? Sollte ich Angst haben? Sollte wieder etwas passieren? Deeon sagte mir, mir wird nichts passieren. Er wache über mich. Sollte mir das meine Angst nehmen? Schnell zog ich meine Kleidung an. Ich konnte doch nicht einfach vergessen oder ignorieren was gestern passiert war. Dann schritt ich launisch aus dem Raum und lief in Richtung Bad um mich frisch zu machen. Ich fühlte mich gedankenverloren. "Wie es den anderen nun geht?

" Ich fühlte mich so ausgeschlossen und schwach. Ich fühlte mich unwohl, obwohl es mir doch nun gut gehen sollte? Warum konnte ich nicht aufhören an den Schattenmann zu denken? Warum hatte ich das Gefühl, dass es ihm noch immer schlecht geht? Warum beruhigten sich meine Gedanken nicht? Gerade als ich durch den Flur tapste, sagte plötzlich jemand meinen Namen. "Yuki! Yuki!!", hörte ich Kitsunes Stimme klar und deutlich. Sie klang verängstigt und aufgebracht. "Hä?", nichts ahnend drehte ich mich zur Stimme um. Sie kam aus meinem Zimmer.

Es wunderte mich nicht mehr, dass plötzlich irgendwelche Stimmen meinen Namen riefen. Da es jedoch Kitsunes Stimme war, lief ich bedenkenlos zu ihr. "Ja?", fragte ich und ging einige Schritte zurück. Dann lehnte ich mich zur Seite und schaute um die Ecke. "Yuki! Komm schnell!", rief Kitsune. Dann sah ich, wie sie aus meinem Zimmer rannte und sich hastig nach mir umsah. Ich blieb verwundert stehen und blickte sie schweigend an. Dann erkannte sie mich. Ihre Augen waren mit Sorgentränen gefüllt. Ihre Ohren waren deprimiert nach hinten gelegt und ihre

Körperhaltung verriet mir, das etwas schlimmes geschehen sein musste. Mein Körper wurde steif vor Angst. "Was ist passiert?" Innerlich wollte ich nicht hören, was sie mir sagen wollte. Ich wollte mich vor schlechten Neuigkeiten verstecken. "Du musst unbedingt kommen! Beeil dich! Deeon will, dass du zu Shiro kommst!“, forderte sie mich überstürzt auf und griff meine Hand. Sie zog mich mit zu dem Portal, was noch in meinem Zimmer offen stand. Man konnte auf der anderen Seite die Bibliothek in der Dämonenwelt erkennen. Kitsune sprang sofort wieder hindurch. Ich lief ihr unbedacht hinterher und kam

auf der anderen Seite aus dem Spiegel heraus. "Was ist denn nur los?" Ich wurde immer panischer. Meine Hände zitterten und ich wusste nicht, was auf mich zu kommen würde. Ich machte mich auf das schlimmste gefasst. Kitsune drehte sich gerade um und wollte zu sprechen beginnen. "Shiro.. Er..", stotterte sie. Doch sie wurde unterbrochen von einem lauten qualvollen Schrei. "AAHH! ARGH!!" Das Geschrei war aus dem Schlafzimmer des Schattenmannes zu hören. Leid und Schmerzen. Es hörte sich grauenvoll an. Die Schreie waren so sehr mit Schmerz erfüllt, dass sie nur noch verzweifelte Töne ausstießen.

Ein solches Geschrei aus Wehklagen, Geheul, Gebrüll und Gekreische hatte ich noch nie gehört. Mein Gesicht wurde ganz bleich. Es verschlug mir die Sprache. Vor Angst wollten meine Beine nicht weiter gehen. Kurz wurden die Schreie leiser. Sofort sah ich wie die Tür zum Zimmer aufgerissen wurde und Deeon mich ernst ansah. "Yuki! Komm! Kitsune, hol Mephisto!", rief er. Ich nickte und rannte sofort auf ihn zu. Das Fuchsmädchen lief aus der grosen Eingangstür heraus. Es waren die schlimmen Schreie des Schattenmannes, welche durch die ganze

Bibliothek bebten. Doch je näher ich dem Raum kam. Desto stiller wurden die klagenden Töne. "Gut, dass du gekommen bist Yuki.", sagte Deeon und legte mir seine Hand auf meine Schulter. „Du musst zu ihm.“ Verwirrt blickte ich erst ihn an. Doch dann schaute ich schweigend in den Raum hinein. Es war vollkommen verwüstet. Schränke waren um geschmissen, die Kissen vom Bett waren zerrissen und die Decken lagen auf dem Boden. Federn verstreuten sich im ganzen Raum und Bücher waren überall verteilt. Dann erkannte ich den Schattenmann. Seine Kleidung war zerfleddert. Seine

Hände waren Blutig. Er war überall mit blauen Flecken versehen und sein ganzer Körper war Schweiß gebadet. Jeder Muskel war angespannt, er rekelte sich erbärmlich im Bett und er atmete viel zu schnell. Dazu biss er die Zähne zusammen und schloss die Augen um sein Schreien zu dämmen. Er hatte noch nicht bemerkt, dass ich in seinem Zimmer stand. Ich sah sein verzerrtes Gesicht. Es war ganz fiebrig. Doch je näher ich an Bett trat, desto ruhiger wurde er. Starr beobachtete ich ihn und lief mit kleinen Schritten zu ihm. Dann erst erkannte ich seine braunen Haare. Seine sonst tief schwarze Frisur

war nun Eichenbraun. Auch seine Hautfarbe war nicht mehr so fahl und blass. "Was ist passiert?!", fragte ich verstört und drehte mich zu Deeon um. „Du musst in seiner Nähe bleiben.“, erklärte Deeon kurz und deutete wieder auf den Jungen. Ich kniete mich an das Bett. Schützend legte ich meine Hand auf seine Stirn. Seine Haut glühte. Doch meine Berührung linderte plötzlich seine Schmerzen. Ich fasse ihn vorsichtig an Stirn und Arm. Daraufhin setzte seine Atmung kurz aus, und ging erholt und gleichmäßig weiter. Seine Brust bewegte sich beruhigter auf

und ab. Seine Arme und Beine entspannten sich. Auch sein Gesicht war nicht mehr schmerzverzerrt. Tief atmend öffnete er langsam die Augen. Dann drehte er seinen Kopf ausgelaugt in meine Richtung. "Yuki..?", erkannte er mich leise und sah mich müde an. Es erblickten mich jedoch keine kalten, weiß-blauen Augen. Ein dunkles Braun schmückte nun seine Augen. Weiter kreuzten unsere Blicke sich nicht, denn er drehte sich erschöpft wieder weg und schloss beruhigt die Lider. Ich setzte mich fassungslos hin und hielt nur noch seine Hand. "Was ist passiert Deeon?", fragte ich nur noch und blickte ihn bestürzt an.

Er überkreuzte die Arme. "Ich dachte mir, dass eine Berührung seine Schmerzen lindert." "Aber wieso? Was ist denn los? Und warum sieht er so anders aus?!", meine Stimme klang erzürnt und verwundert. Doch Deeon lächelte nur stolz. "Nun ja. So sieht er als Mensch aus. Er hat keine dämonischen Kräfte.", erklärte er und kam mir näher. Die Situation beruhigte sich. "Die Dämonen Seele in ihm ist nicht nur verletzt durch den Angriff der Schattenspehre. Sondern auch unvollständig durch die Durchführung eines spaltenden Rituals. Yuki. Er hat

doch sicherlich ein Ritual mit dir vollzogen, damit ein Teil seiner Seele dich schützt, richtig?" Ich sah wieder zum bewusstlosen Jungen und überlegte. "Ehm ja... Er hatte auf irgend einem Zettelchen unsere Blut vermischt..." erinnerte ich mich schwach. An dem Tag Schnitt er in die Hand. Ja. Ich erinnerte mich, das war der erste Tag in dieser Welt. "Yuki. Du solltest in seiner Nähe bleiben.", begann Deeon. Ich sah ihn überfordert an: "In seiner Nähe? Jetzt? Warum?" "Bis er wieder gesund ist.", antwortete er. Ich erschrak. "Was? Aber kann er das

Stück dieser Seele nicht einfach wieder zurück nehmen?", erwiderte ich verwirrt. "Er kann seine Seele nur wieder zusammenfügen, wenn er sie auch wieder unter Kontrolle hat.", erklärte er. "Er hat Schmerzen, je weiter seine Dämonen Seele auseinander gerissen wird. Er hat die Macht seiner Dämonenseele verloren. Die sich in ihm so verwurzelt hat, dass sein Körper wie der eines Dämons ist. Dämonen Seelen heilen. So wie eine Wunde auf der Haut heilt, heilt jede Wunde einer Seele. Wenn die Seele jedoch zu weit zerrissen ist, kann der Heilprozess nicht beginnen. Verstehst du das? Je weiter du von ihm weg bist, desto mehr zerreißt die Verbindung der

Seele. Und seine Wunden können nicht verheilen, sondern zerreißen ihn immer weiter.", versuchte er mir zu erklären. Ich musste begreifen was Deeon mir sagte. Ich musste also in seine Nähe bleiben. Bis er gesund ist. Tage lang. "Aber warum ist er nun ein Mensch? Ich kann doch nicht die ganze Zeit lang hier bleiben. Ich muss doch-" "Wirst du auch nicht.", unterbrach er mich. "Du bleibst in deiner Welt. Machst was du den ganzen Tag lang tust. Und er begleitet dich.", fing er an zu schmunzeln. „Seine Dämonenseele hat sich deaktiviert. Wie eine Art Schutzmechanismus. Sie schwirrt nun

inaktiv in ihm, um sich zu regenerieren. Sonst würde die Macht der Seele seinen Körper und seine menschliche Seele töten. Sie beruhigt sich, solange sie nicht erneut gestört wird. Sie beruhigt sich, solange du in seiner Nähe bist. Je näher du ihm bist, desto schneller regeneriert sie sich." Betrübt sah ich wieder zum Jungen. Er lag dort und ruhte sich aus. Unser Gespräch hatte er wohl nicht mitbekommen. Schweißperlen kullerten noch an seiner Wange herunter. Ich streifte ihm sanft seine nun braunen Haare aus seinem Gesicht. Dann betastete ich seine Wärme. "Sein Fieber ist wieder gesunken.", flüsterte ich

erleichtert und lächelte Deeon an. „Geht es ihm wieder gut?“ Gerade als ich meine Hand wieder zu mir nehmen wollte und mich wieder zum Schattenmann drehte, sahen mich plötzlich seine braunen Augen mürrisch an. "Lass das. Ich brauche das nicht.", moserte er düster. Ich lehnte mich zurück und rollte die Augen. Das gab mir die Antwort auf meine Frage. Dann nahm ich meine Hand zurück. „Wie geht es dir?“, fragte ich kümmernd. Der Schattenmann sah genervt an mir vorbei zur noch offen stehenden Tür. Deeon stand noch dort und ihre Blicke kreuzten

sich. „Dir geht es schon wieder besser? Du bist wirklich hart im nehmen. Sogar als Mensch.“, lächelte der Engel. Der Schattenmann setzte sich langsam auf und wischte sich seine Haare aus dem Gesicht. Es schien ihm wohl wieder gut zu gehen. „Lass deine Sprüche.“, moserte er nur und sah weg. „Du musst keine Angst vor mir haben. Das weißt du.“, erklärte Deeon. „Ich weiß zumindest, dass ich dir nicht vertrauen kann!“, kam es ihm jedoch wütend als Antwort. Genervt holte Deeon Luft. Er hatte sich die gesamte Zeit geduldig. Aber dann sah

er zur Seite und schüttelte unverständlich den Kopf. Sein Ton wurde ernster. „Du wirst am Tag bei Yuki bleiben!“, befahl er. „Was?!“, schrie der Junge sauer zurück. „Du hast mir gar nichts zu befehlen!“ „Willst du Schmerzen haben?!“, schrie er zurück. Deeon wurde so sauer wie ich ihn noch nicht erlebt habe. Mein Mund blieb fest verschlossen und meine Augen wurden ganz groß. „Willst du wieder so wehleidig jammern wie die ganze Nacht über!? Willst du schwach sein!? Willst du alle anderen gefährden!? Willst du Yuki in Gefahr bringen!?“, brüllte Deeon. Der Schattenmann schwieg verbittert und

konnte ihm nicht ins Gesicht blicken. Verbissen drehte er einfach den Kopf weg und versuchte den Engel zu ignorieren. Deeon trat wieder an sein Bett. „WAGE ES DICH NICHT MEINE WORTE ZU IGNORIEREN! UND LASS DEIN EGO AUS DEM SPIEL! HIER GEHT ES NICHT NUR UM DICH!“ Doch im gleichen Moment stand der Junge aus dem Bett auf und kam Deeon ganz nahe. „WIESO SOLLTE ICH AUF DICH HÖREN?! DU HAST DOCH SOWIESO NUR WIEDER IRGEND EINEN HINTERHÄLTIGEN PLAN!“ Beide rasten vor Wut.

„Du solltest deine Worte besser weise wählen!“ „WOZU? UM DEINEN PLAN NICHT AUFZUDECKEN?“, er griff Deeon an seinem Oberteil. „DAMIT DU DIR WIEDER VORTEILE VERSCHAFFEN KANNST?“ Doch Deeon schlug seine Hand mit Wucht weg. „UM YUKI ZU BESCHÜTZEN!“, antwortete er wütend. Der Schattenmann riss schweigend seine Augen auf, nahm seine Hand herunter und sah ihn ertappt an. Deeon faste ihm mit seinem Finger auf die Brust. „Du solltest nicht immer an deinen Stolz denken! Nur darum bist du

jetzt in dieser Lage!“, fauchte Deeon ihn zum Schluss an. „Du kannst froh sein, dass sie deinetwegen hier ist!“, waren seine letzte Worte. Dann drehte er sich direkt wieder um und lief aus dem Raum heraus. Mit einem Knall rastete die Tür wieder im Rahmen ein. Plötzlich griff der Schattenmann sich ein Buch vom Boden. Er holte aus und schmiss es schreiend mit ganzer Kraft gegen die sich gerade geschlossene Tür. „Rooaar!“ Das Buch prallte an der Türe ab und plumpste wieder herunter. Mein Körper wurde ganz starr. Nun saß

ich hier alleine. Es war ein unangenehmer Augenblick. Deeon so sauer zu sehen machte mir Sorgen. Doch er war wohl der Einzige, der ihm ohne Bedenken die Meinung sagen konnte. Dass er aber so wütend werden konnte, hatte ich nicht erwartet. Wütend hatte der Junge noch den Rücken zu mir gerichtet und atmete schwer. Während er sich innerlich beruhigte stellte ich mich hin und setzte mich langsam auf die Kante des Bettes. Einen kleinen Moment wartete ich noch und faltete meine Hände geduldig auf meinen Schoß. Dann ließ ich meine Beine mit gesenktem Blick hin und her baumeln. Doch ich musste langsam schmunzeln. Er

hörte mich zufrieden seufzen. „Was?!“, frage er genervt und drehte sich erzürnt zu mir. „Du kannst dich wieder aufregen. Das heißt, dass es dir besser geht.“, antwortete ich glücklich. Er blickte mich mit verwunderter Miene an und schwieg. Ich war erleichtert über diese Situation. Auch wenn er sich wieder nicht kontrollieren konnte und wieder laut wurde wusste ich, dass ich mir keine Sorgen machen musste. Die Schreie, die ich in der Bibliothek hören konnte, der panische Anblick Kitzunes, und meine Angst ließen mich das schlimmste vermuten.

Doch wenn die Lösung gegen seinen Schmerz meine Nähe sein soll, so werde ich mich nicht mehr weit von ihm entfernen. Das war ich ihm schuldig. Und es machte mir tatsächlich nichts aus bei ihm zu bleiben. Nur wegen mir, war sein Zustand so kritisch. Nun setzte er sich neben mich und blickte herab zum Boden. Ich war etwas überrascht, wie schmerzfrei er nun wirkte und wie schnell er sich wieder aufraffen konnte. Seine Hände waren noch etwas blutig und sein Oberkörper glänzte noch durch den Schweiß. Es war seltsam, ihn mit

helleren Haaren und lebhafter Haut zu sehen. Um die Situation aufzulockern lehnte ich mich etwas vor und lächelte ihn lieb an. „Kann ich etwas-“ „Lass es. Es ist nicht nötig, dass du in meiner Nähe bleibst.“, unterbrach er mich sofort. „Geh einfach.“ Er wollte wieder in Selbstmitleid versinken und sein Ego nicht verletzen. Jedoch wollte ich nicht, dass er sich einredet, keine Hilfe annehmen zu müssen. Er versuchte noch immer stark zu wirken. Doch war er nun geschwächt und hatte Hilfe dringend nötig. Ich wusste jedoch, dass ich mit nettem Einreden nicht von seiner sturen Art

ernst genommen werden würde. „Wirklich? Es ist nicht schlimm für mich, hier zu bleiben. Und ich denke, dass es dir gut tun würde nicht die ganze Zeit hier alleine zu sein.“, meinte ich. Er wollte mir jedoch immer noch nicht in die Augen blicken. „Geh einfach. Ich bleibe so lange hier drin, wie ich das will.“, kam es mir mürrisch entgegen. Diese Antwort erwartend, sprang ich vom Bett auf. „Wie du meinst. Wenn du keine Hilfe willst.“, antwortete ich mit einem selbstsicherem Unterton und lief Richtung Tür. Mit einem kleinen Hopser ging ich über das am Boden liegende Buch, öffnete die

Tür, lief heraus und schloss sie sofort wieder hinter mir. Ich wusste, dass er Schmerzen bekommen sollte, sobald ich mich aus dem Raum bewegte. Also ging ich mit schnellen Schritten so weit wie möglich auf die andere Seite der Bibliothek um so viel Entfernung wie möglich von ihm zu haben. Deeon saß auf der Couch am Kamin und betrachtete nachdenklich den verbrannten Holzhaufen. Doch als er bemerkte, dass ich auffällig schnell an ihm vorbei lief, drehte er sich zu mir. „Yuki?“, fragte er überrascht und sah wie ich bis zur anderen Seite des Raumes tapste. „Was

tust du?“, fragte er wieder beruhigt. „Ich möchte nur etwas testen.“, grinste ich ihn an, zeigte auf die Tür und stellte mich an die Wand. Dann war es einen Moment lang still. Deeon sah mich weiterhin an und wartete gespannt, was passieren sollte. Ich richtete mich zur Tür des Schlafzimmers. Auch ich wartete auf das was passieren sollte. Würde mein Plan aufgehen? Aufmerksam lehnte ich mich an die Wand und überkreuzte sicher meine Arme. Noch war es leise. Es sollte nicht mehr lange dauern. Deeon sah nun auch zur Tür. Plötzlich hörten wir ein Rumpeln. Die

Geräusche kamen aus dem Zimmer. Ich begann zu lächeln. Denn ich erwartete das, was nun kam. Dann rumpelte es erneut. Etwas viel zu Boden. Dann krachte etwas. Der Schattenmann begann schmerzerfüllt zu fluchen. „Verdammt! Argh!“, hörten wir es dumpf aus dem Zimmer kommen. Dann schmiss er sich wohl an die Tür. Der Knauf bewegte sich, die Tür wurde aufgerissen und er viel schwach aus dem Raum. Noch konnte er sich an der Wand aufrecht halten, doch seine Atmung war schwer und er faste sich mit der Hand auf seine Brust. Erst erkannte ich Panik in einem Gesicht. Doch als er sich dann aufrichtete und

mich an der Wand stehen sah, schluckte er erleichtert. Gekrümmt versuchte er sich langsam auf mich zu zubewegen. Doch als er schließlich die Hand von der Wand nahm und sich alleine aufrecht halten musste, wackelte er auf den Beinen. Ich bemerkte Deeons fragende Blicke. Nun viel der Junge zu Boden und konnte sich nur noch auf den Knien halten. Man sah ihm eindeutig die Schmerzen an. Er biss die Zähne aufeinander und verzog sein Gesicht. Länger wollte ich ihn nicht leiden lassen. Also lief ich zu ihm. Seine Schmerzen vergingen mit jedem Schritt immer mehr. Ich stand nun vor ihm und sah zu ihm

hinunter. Es war seltsam zu sehen, wie ich nun auf ihn herab sehen konnte. Wie schwach er vor mir kniete und hilflos ohne mich war. Doch ich kniete mich eben so auf den Boden und drehte etwas den Kopf. „Ich will nicht, dass du diese Schmerzen hast.“, sagte ich besorgt und doch stolz, ihm endlich die Augen geöffnet zu haben. Sein schlimmstes Gefühl galt der Hilflosigkeit. Das war mir klar. Ich wusste, dass er sich in seiner Ehre gekränkt fühlen würde. Doch anders konnte ich ihm nicht helfen. Denn ich musste ihm schmerzhaft zeigen, dass er

unsere Hilfe annehmen sollte. Er sah weg und atmete tief ein. Dann strich er mit seiner Hand durch sein Gesicht. „Tz.“, begann er ohne mich anzusehen. Er stand auf, richtete seine Kleidung und atmete schwer aus. „Dann bleibe ich halt in deiner Nähe.“, gab er noch stolz vortäuschend zu. Deeon sah uns beide zu und musste lächeln. „Yuki. Das machst du wirklich gut.“, flüsterte er glücklich.


Die Feder

„Du darfst nicht sofort die Fassung verlieren.“, forderte ich Mephisto auf und sorgte mit ausgestreckten Armen für Distanz. Wir standen in der Bibliothek und ich versperrte ihm die Tür zum Schlafzimmer. Mit modischer und schicker Kleidung fiel er mal wieder extrem auf. Er stand mit hoch gezogenen Augenbrauen und arroganter Mine vor mir und wartete. „Süße, ich weiß ja nicht was so besonders ist, aber mich kann gar nichts mehr aus der Fassung bringen.“, er schnipste mit dem Finger vor meiner Nase herum und spreizte seinen

Zeigefinger. Dann sah er mit einem Diva-artigem Blick an mir herunter. „Du solltest dich nicht immer so in den Mittelpunkt stellen. Ich sollte doch so dringend die Tränke bringen. Und jetzt lass mich zu meinem armen Patienten.“, meinte er nur und drückte mich bei Seite. Ich nahm mir seine mies gelaunten Worte nicht zu Herzen und versuchte ihn noch zu warnen. „Ehm aber. Warte.“, zögerte ich ihn zu stoppen und hob meine Hände zaghaft. Doch ich sah ihm nur nach, wie er die Tür öffnete und in das Zimmer trat. Als er Deeon mit überkreuzten Armen, wartend im Zimmer sah, blieb er direkt stehen. „Aha. Du schon wieder.“, fauchte

er und schmunzelte genervt mit den Lippen. „Was ist denn heute los mit euch? Echt-?“ Schließlich erkannte er den Schattenmann auf dem Bett sitzen. Er blieb stehen vor Schreck, ließ seine Arme schockiert fallen und glotzte ihn mit offenem Mund an. Ich wartete auf ein Kommentar oder rügen Spruch. Doch der Dämon stand erst nur starr vor ihm. Der Schattenmann saß schweigend und griesgrämig auf dem Bett. Er blickte nur mit den Augen auf zu Mephisto und wartete ebenso auf eine weitere außerordentliche Bemerkung. Aufmerksam lehnte ich mich in den Raum hinein und schickte Deeon meine neugierigen Blicke. Doch auch er war

interessiert und wartete achtsam, was passieren sollte. „Darling!“ war plötzlich von Mephisto empört zu hören. „Oh Schreck! Was haben die bloß mit dir gemacht?!“, fragte er bestürzt und stürmte auf ihn zu. Er setzte sich neben ihn auf das Bett und betastete seine Arme, Schultern und Stirn. Dann knautschte er ihm im Gesicht herum. Der Junge ließ es einfach über sich ergehen. „Wo ist nur dein kalter, herzloser Blick? Wieso? Was? Warum?“, fragte er verwirrt. Deeon stand nur abseits und wartete das Schauspiel weiter ab. Ich jedoch lief etwas auf sie zu. „Also er

ist nun.. also. Es ist so...“, versuchte ich ihm stotternd zu erklären, was passiert war. Immerhin dachte doch jeder, dass er ein Dämon sei. Und nun müsste jeder merken, dass er ein Mensch ist. Doch wie sollte man das erklären? Seine ganze Tarnung würde dadurch doch auffliegen? Was sollte ich sagen? Und warum war ich die einzige, die sich wohl darüber Gedanken gemacht hatte? Überfordert grinste ich, um meine Unsicherheit zu überspielen. „Oh man. Was soll ich nur sagen?“, fragte ich mich selber. Doch der Rothaarige ignorierte mich gekonnt. „Mein Herz. Warum bist du denn wieder ein Mensch?!“, motzte

Mephisto entrüstet und zerknautschte noch immer seine Wangen. „-“Wieder?!“-“, kam es laut aus mir, „Aber woher..?“, ließ ich meine Gedanken zu laut sprechen. Ich biss ertappt auf meine Lippen und sah Mephisto mit großen Augen an. Er beendete sein Tun und drehte sich langsam und verärgert zu mir. „Meine liebe kleine Yuki.“, er stellte sich herrisch vor mich. „Was denkst DU denn? Deeon bat mich damals um Hilfe als unser süßer Schattenmann hier her kam. NATÜRLICH weiß ich das.“, betonte er vorwurfsvoll. Ich konnte ihn nur stumm ansehen. Meine Gedanken waren ganz

verwirrt. Dann runzelte er die Stirn und drehte seinen Kopf etwas seitlich. „Sag mal, hast du eigentlich schon mal meinen Namen gehört? Weißt du eigentlich wer ich bin? Ich bin nicht einfach irgendwer. Google mich mal, Schätzchen.“, er wedelte abstoßend mit seiner Hand und wandte sich wieder dem Jungen zu. Verdattert sah ich zu Deeon. Er jedoch lächelte nur belustigt und hob kurz, wehrlos seine Schultern. „Aber wie willst du denn hier bleiben, wenn du ein Mensch bist?“, plapperte Mephisto wieder laut und nach Aufmerksamkeit haschend. Doch nun trat Deeon einen Schritt vor.

„Wird er nicht.“, antwortete er autoritär. „Er geht mit Yuki in die Menschenwelt.“ Erbost wandte Mephisto sich zu ihm. „Wer sagt das?“, fragte er grimmig und sah ihn mit schlitzartigen Augen an. „Wir haben es so entschieden.“, antwortete der Engel. Deeon und Mephisto standen sich ernst gegenüber. Der Dämon war etwas kleiner als der Engel, trotzdem kuschte er nicht vor ihm. Einen Schritt ging Mephisto fordernd auf Deeon zu und blickte ihn verärgert in die Augen. Deeon jedoch trat auch einen Schritt vor um zu demonstrieren, dass er sich Mephistos Worten nicht unterwerfen wird. Ihre Blicke wurden immer

finsterer. „Du bist nur ein Gefallener. Davor habe ich keine Angst.“, flüsterte Mephisto drohend. „Dämonen sollten von Engeln nicht so herablassend sprechen. Wir sind viele.“, konterte Deeon ebenso bedrohlich. Beide plusterten sich gegeneinander auf und keiner wollte vor dem anderen nachgeben. Ich stand nur entnervt in der Tür und rollte die Augen. „Och Leute. Ehrlich jetzt?“, haute ich dazwischen, ohne, dass jemand mein Motzen beachtete. Sie stachelten sich weiter auf und bewirkten eine gestresste Atmosphäre. Gelangweilt schmollte ich und sollte mir

wohl dieses Theater bis zum Ende ansehen müssen. „Männer..“, stöhnte ich gestresst und ließ mich tatenlos hängen. Es ging noch immer weiter. Anscheinend gab es hier auch eine lange Vorgeschichte zwischen den beiden zu erfahren. Als ich mir eingestand, dem nachzugeben und einfach zu warten bis es ein Ende fand, stand der Schattenmann plötzlich auf und stellte sich schweigend vor mich. Er wirkte melancholisch und wartete, bis ich ihm den Weg frei machen sollte. Dabei vermied er jeden Blickkontakt zu mir. Ich drehte mich zur Seite und schaute ihm überrascht nach. „Was machst du?“,

fragte ich, doch er beachtete mich nicht. Schnell lief ich ihm hinterher. Er wirkte so bedrückt und müde. „Hey? Was hast du denn?“, fragte ich erneut. „Ich habe keine Interesse daran, wie ein Kind bemuttert zu werden.“, meinte er launisch und näherte sich dem großen Spiegel am Ende des Raumes. Nun berührte er die spiegelnde Oberfläche. Er sah sie eine Weile an und berührte sie erneut. Doch nichts passierte. Dann senkte er den Kopf. „So ein verdammter Mist. Ich will einfach nur weg.“, flüsterte er deprimiert. Er musste sich wirklich schlecht gefühlt haben.

Seine Prinzipien lagen in der Pflege seiner Eigenständigkeit und Stärke. Er war ein Einzelgänger, dem es einfach fiel, sich alleine durchzuschlagen. Und nun versuchten alle um ihn herum seinen Vormund zu spielen. Das Schlimme war für ihn tatsächlich die Hilflosigkeit und ungewollte Abhängigkeit zu den anderen. Ich beobachtete ihn gerührt. Sicherlich fühlte er sich unwohl. In dieser Umgebung, in welcher er nun gefangen war. Unter diesen Leuten, die bestimmten was sie wollten. Und in seinem Körper, der nun schwach und „normal“ war. Wie konnte ich helfen? Ich wollte nicht, dass er so niedergeschmettert wirkte.

Doch ich konnte nur da stehen und überlegen. Dann half mir jedoch ein lautes, mir sehr bekanntes Geräusch. Der Schattenmann stützte sich wehleidig mit flacher Hand an dem Gestell des Spiegels und legte die andere Hand an seinen Bauch. Ein lautes Knurren verlautete sein Magen. Niedergeschmettert wusste er nicht mit diesem Gefühl umzugehen. Ich stand einige Meter von ihm weg und blickte verwundert drein. Dann musste ich mir auf die Zunge beißen, ehe ein vergnügtes Lachen aus mir brach und durch die Bibliothek hallte. Amüsiert hielt ich meine Hand vor dem

Mund und unterdrückte mein Gelächter. Es gelangen nur kleine „Pf-“ Luftgeräusche aus den Seiten meiner Lippen. Einen sonst so starken und arroganten Dämonen nun als einen hungrigen Jungen zu sehen, der sich dadurch im Sterben liegend fühlte, war einfach urkomisch mitanzusehen. Grinsend ging ich zu ihm. Dann faste ich ihm auf die Schulter. „Hihi. Warte kurz. Ja?“, kicherte ich. Er drehte sich nur erschöpft zu mir um zu zeigen, dass er mich wahrgenommen hatte. Egal, was ich gesagt hatte. Schnell spurtete ich dann in das Schlafzimmer zurück. „Deeon!“, rief ich

entschlossen und bleib im Türrahmen stehen. „Wir wollen los!“, forderte ich glücklich und unterbrach die Beiden, sich noch immer Streitenden. Sie sahen mich überrascht an. Ein Blick schenkte mir ein verwundertes, aber zufriedenes Lächeln. Der andere Blick durchbohrte mich mit einem geladenem Starren. „Waas?“, begann Mephisto wieder schrill zu werden. „Dann geht.“, nickte Deeon mir zu und machte eine leichte Handbewegung in Richtung des Spiegels. Wir waren uns somit beide heimlich einig, was zu tun war und verstanden den anderen schweigend.

„Und Yuki!“, stoppte er mich noch kurz bevor ich aus seiner Sicht verschwand. „Mach dir keine Sorgen.“, lächelte er stolz und ließ mich laufen. Ich nickte ihm mit einem breiten Grinsen zu und winkte zum Schluss. Dann lief ich zurück. „Moment! Halt!“, schrie Mephisto uns hinterher. Er stürmte aus dem Zimmer und schaute uns entrüstet nach. Ein Portal öffnete sich im Spiegel. In ihm erkannte ich mein Zimmer. „Los.“, forderte ich den Schattenmann fröhlich auf. Doch seine Blicke waren noch ahnungslos und unentschlossen. Mit schnellen Schritten näherte ich mich

dem Jungen. „Komm schon.“, lachte ich und drückte ihn vor mich zum Spiegel. „He! Warte!“, kam es plötzlich überrascht aus seinem Mund geschossen. Er wehrte sich kaum und schaute noch einmal überfordert über seine Schulter. Doch es gab kein Zurück. Mit einem Schwubs schubste ich ihn hindurch und folgte ihm flott. Es war ein leichtes, kribbelndes Gefühl durch das Portal zu schreiten. Kaum waren wir angekommen und änderten die Räumlichkeiten von einer riesigen, hellen Halle zu einem kleinen, gemütlichen Zimmer, da schloss sich das Portal sofort hinter uns. Ein unbeabsichtigter Verfolger sollte

damit ausgeschlossen werden. Ich hielt noch immer meine Hände an seinem Rücken und blieb mit ihm in meinem Zimmer stehen. Dann sah ich mich etwas um. „Na. Da sind wir.“, erwähnte ich positiv. „Setz dich an den Tisch!“, sagte ich und tapste an ihm vorbei. Ohne Mucken folgte er bedingungslos meinen Worten und schleppte sich ausgelaugt zum Tisch im Esszimmer, den er bereits aus vorherigen Besuchen kannte. Doch anstatt dort aufrecht und stolz wie sonst Platz zu nehmen, breitete er seine Arme auf der Tischplatte aus und legte

seinen Kopf niedergeschlagen hin. „Ich muss zurück.“, hörte ich ihn leise quengeln. „Deeon muss mich heilen. Oder Mephisto. Oder beide.“, maulte er kraftlos weiter. „Ach quatsch. Die müssen gar nichts.“, begegnete ich seinem Unmut nur und lief in die Küche. Schnell die Kühltruhe auf, eine Packung heraus geholt, diese fix geöffnet, den Ofen an geschmissen und Essen hinein gelegt. Den Müll warf ich einfach auf die Arbeitsplatte. Wohlfühlend setzte ich mich ihm wieder gegenüber und grinste. „Fünfzehn Minuten.“, sagte ich. Doch es blickten mich nur zwei mürrische, dunkelbraune Augen von

unten an. „Soll ich dir etwas zu Trinken holen? Du musst auch etwas trinken!“, fragte ich eifrig, ohne mich von seinen bohrenden Blicken verunsichern zu lassen. „Ich muss nichts trinken. Deeon hat mich nur nicht richtig geheilt.“, grummelte er. „Der kann nichts richtig machen. Ich bin schwach. Ich kann nichts tun. Ich bin erbärmlich. Ich-“, gerade als er weiter über sich selber herziehen wollte grummelte erneut sein Magen. Er krümmte er sich direkt etwas und hielt inne. Ich sah ihn einen Moment lang an. „Man, kannst du jammern.“, sagte ich und stemmte meine Hände in die Hüfte.

Beobachtend stellte mich zwischen Küche und Esszimmer. Doch er richtete sich erzürnt auf. „Sei Still.“ „Du hast einfach Hunger!“, antwortete ich darauf und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Hunger! Hunger?.. Hunger...“, er erinnerte sich. Nachdenklich sah er weg. „Du könntest recht Haben.“ Er wirkte besänftigt doch immer noch angespannt. „Natürlich! Wie kann man das Gefühl vergessen? Wie lange hattest du denn schon keinen Hunger mehr?“, fragte ich verblüfft und hob die Hände. Doch seine Miene wurde düster. Er zog verärgert seine Arme an sich und

überkreuzte sie auf dem Tisch liegend. Dann lehnte er sich etwas vor. Mit einem bösen Blick strafte er meine Frage. Ich sollte die Antwort doch schon wissen. „Seit dem ich tot bin?!“, hörte ich von ihm. Aber mit einer gleichgültigen Handbewegung ging ich in die Küche zurück. „Hör auf das zu sagen! Du sitzt doch total lebendig dort und kannst motzen!“, rief ich. „Und wenn du so herum motzt und mürrisch wegen des Hungers bist, kannst du noch nicht tot sein!“ Er biss die Zähne verärgert aufeinander und ballte eine Faust. „Hätte ich sie einfach weiter in der Dämonenwelt

herumirren lassen.“, nuschelte er gestresst. Dann aber knurrte sein Magen erneut. Es rumorte laut und er legte seinen Kopf mit der Stirn voran wieder auf den Tisch. „Ich werde sterben...“ Die angegebene Zeit verging rasch. Währenddessen saß der Schattenmann halb liegend dort, und starrte gedankenverloren in den Raum umher. Er musterte das Esszimmer, welches ebenso ein Wohnzimmer war. Auf der anderen Seite des Raumes stand ein kleiner Fernseher und eine Couch. Links und rechts davon standen kleine Schränke. Einer war mit einigen Bilderrahmen

geschmückt, auf dessen Fotos immer nur mein Vater und ich zu sehen waren. Auf dem anderen standen einige Topfpflanzen. Auch an den Wänden hingen einige Bilderrahmen. Gerade als er sich aufstemmte um durch Neugier seiner Langeweile und dem Hunger zu entfliehen, platzierte ich einen Teller vor ihm auf den Tisch. „Da! Lass es dir schmecken!“ Er erschrak etwas und sah mich verblüfft an. Dann steuerte sein Blick hinunter auf das Essen. Einen Moment lang zögerte er und sah es verdutzt an. „Was ist das?“ Doch ich stöhnte genervt. „Iss es einfach! Das ist Pizza!“ Zurückhaltend blickte er auf die acht

geschnittenen Stücke herab. „Es ist zwar noch nicht einmal Zehn Uhr, aber Pizza schmeckt immer!“, lächelte ich und schnappte mir ein Stück. Der Schattenmann beobachtete, wie ich dieses Stück Pizza in die Hand nahm daran knabberte. Ich bemerkte wie er sich unsicher war, in dieser Situation etwas zu essen. Doch Essen sollte ihm helfen. Immerhin war er nun ein Mensch. Und mit Menschen kenne ich mich aus. „Das wird dir schmecken. Das weiß ich. Ich habe doch schon gesehen was du gerne verschlingst.“, grinste ich ihn lieb an. Es verbreitete sich ein wirklich köstlicher Geruch im Raum. Die Pizza

dampfte noch etwas und der Käse zerlief an den Enden, aus denen ich das Stück geklaut hatte. Der Teig war innen weich und an den Rändern perfekt knusprig. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er musste sich wirklich zusammenreißen, nicht über diese Pizza her zu fallen. Schließlich bediente der Junge sich an einem Achtel und biss ab. Schnell zerkaute er den Bissen und schluckte ihn hungrig herunter. „Das schmeckt so köstlich!“, starrte er mich mit großen Augen an. Ich nickte ihm jedoch nur fröhlich zu. „Ich weiß.“, kicherte ich und stützte meinen Kopf auf meinen Arm. Gemütlich aß ich mein Stück und wartete, bis er in

kürzester Zeit alle restlichen sieben Stücke verputzte. Seine Laune verbesserte sich mit jedem Stück. Noch bevor er das eine Stück herunter schlingen konnte, griff er sich schon mit der anderen Hand das nächste. Bis er schließlich den Rand des letzten Achtels gesättigt wieder auf den Teller zurück legte. Mit halbvollem Mund lehnte er sich erleichtert zurück. Kurz strich er sich mit der Hand über Mund und Kinn. „Das war wirklich nötig.“, stöhnte er satt und glücklich. Ich hatte meine Ellenbogen auf den Tisch gelegt und stützte mit meinen Händen meinen Kopf. Es war schön zu sehen,

dass eine so belanglose Sache ihn wieder stärkte. „Freut mich, dass es dir besser geht. Wenn ich zickig oder grummelig werde, liegt es meistens daran, dass ich hungrig bin, Schlafen muss oder duschen will.“, erklärte ich gelassen. Er drehte sich nun etwas seitlich auf den Stuhl und setzte sich bequem hin. Einen Arm legte er wieder über die Lehne und den anderen legte er gelassen neben den Teller. Ich merkte, wie er nicht mehr gestresst und jämmerlich über dem Tisch hing, sondern sich wieder normal verhielt. Essen bewirkt wohl doch Wunder. Doch mein breites Lächeln verging als

unsere Blicke sich trafen. Der Schattenmann sah mich auf einmal so tief und fokussiert an. Verwundert setzte ich mich Kerzen gerade auf und presste meine Lippen aufeinander. Aber es kam nichts von ihm. Warum sah er mich plötzlich so an? Hilflos sah ich mit meine Augen nach links und rechts. Was sollte das? Aber sein Blick war noch einen Moment lang standhaft. Ich erkannte, wie er die Zähne aufeinander biss und etwas sagen wollte. Nervös tippte er mit seinem Zeigefinger einige Male auf und ab. Fragend lehnte ich mich zurück und drückte mich mit den Armen etwas vom Tisch. „Was ist?“ Doch er drehte sich

sofort weg und schmollte etwas. Seine Wangen erröteten leicht. „Danke..“, antwortete er leise und kaum hörbar. Doch ich kratzte mich verlegen am Kopf. „Ach quatsch! Das ist das mindeste was ich tun konnte.“, lachte ich beschämt und wandte mich ebenso von ihm ab. „Immerhin, ist das doch alles nur meine Schuld.“, sagte ich betroffen und leise. Mein Blick wurde trübsinnig und traurig. Ich erinnerte mich wieder an die Gasse. An den Augenblick, als er mich beschützen wollte, und wegen mir verlor. Das Gefühl, als ich weinend am Rand saß und nur zusehen konnte, wie er sterbend am Boden lag und nicht einmal mehr von Kitsune und Mephisto gerettet werden

konnte. Mein Herz pochte ein wenig schneller und mein Magen zog sich zusammen. „Nur wegen mir wärst du... ach egal..“, stoppte ich mich selber Trübsal blasen. Ich drehte mich wieder zu ihm. Sein Blick überraschte mich jedoch. Er sah mich ernst und verständnisvoll an. Wollte er etwas dazu sagen? Doch er schwieg nur zu dem Thema. „Gibt es hier eine Möglichkeit wo ich mich waschen kann?“, wechselte er das Gespräch und deutete zupfend auf seine Kleidung. Sie war noch zerrissen, und etwas Blut war daran noch zu sehen. Da er nun ein Mensch war, war es sicherlich unangenehm in dieser Kleidung zu

stecken. Ich schüttelte perplex den Kopf und blinzelte einige Male mit den Lidern. „Ehm. Ja! Klar!“ Damit hatte ich nicht gerechnet. „Ich zeige dir wo die Dusche ist!“ Direkt sprang ich auf und lief mit ihm zum Bad. Er folgte mir still und blieb vor dem Raum stehen. Seine Laune hatte sich extrem verbessert. Er war zwar jetzt wieder etwas distanziert und ruhig, doch nicht mehr so nörgellig und nervig. Schnell drehte ich den Knauf und öffnete die Tür. Dann huschte ich als erste hinein. „Hier, ein Handtuch, und da ist die Dusche. Wenn du diesen Duschhebel

bewegst, geht das Wasser an und aus und wird warm oder kalt.“, quasselte ich, öffnete die Duschtür und bediente kurz zur Schau den Regler. „Und mit dem Gel, kannst du dich waschen. Und abtrocknen natürlich mit dem Tuch. Und wenn-“ „Den Rest schaffe ich ohne dein Gequatsche.“ Er stand wartend vor mir und sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Schweigend standen wir uns nun gegenüber. Er jedoch, weil er auf mein Verlassen des Raumes wartete und ich, weil ich einfach nur keine Gedanken sortieren konnte. Der dämonische, menschliche, tote und lebende, kräftige und nun schwache

Schattenmann würde nun bei mir duschen. Es fühlte sich seltsam an. „Eh.. Eh.. ja. Klar.“, schüttelte ich wieder den Kopf und drehte mich zur Tür. Mit sinkendem Blick faste ich mir an den Kopf. „Was ist denn nur los?“, flüsterte ich mir selber unsicher zu und schloss die Tür hinter mir. Nun stand ich im Flur. Die Tür rastete mit einem leisen Knall wieder in das Schloss ein. Sofort hörte ich das Wasser aus dem Duschkopf fließen und am Boden auf prasseln. „Ich suche dir Kleidung meines Vaters!“, fiel mir noch ein. Schnell drehte ich mich wieder um und lehnte mich an die Tür. „Hallo?“ Jedoch bekam ich keine

Antwort. Das Plätschern war lauter, anscheinend war er schon unter der Dusche. „Hm..“, ich ging vom Bad weg und lief in Richtung des Zimmers meines Vaters. Er wird sicherlich nichts dagegen haben. Was sollte er sonst tragen? Moment. Wenn er was neues tragen muss, dann trägt er gerade... „Was denk ich denn da?!“ zwang ich meine Gedanken zu stoppen. Gerade als ich das Schlafzimmer betreten wollte, vernahm ich ein lautes Fluchen aus dem Bad. Und Etwas rumpelte in der Dusche. „Argh! Scheiße!“, motzte der Schattenmann schmerzhaft. Ich verzog mein Gesicht ertappt. „Ups..“

Sollte ich mich zu weit von ihm entfernen, beginnen seine Schmerzen erneut. Das hatte ich ganz vergessen. „Ich Idiot!“ Ohne Zeit zu verlieren stellte ich mich sofort wieder an die Tür. „Aber.. wie mache ich das denn jetzt?“, fragte ich mich und legte meinen Finger nachdenklich auf meine Lippe. „Vielleicht, wenn ich ganz.. langsam..“, ich hockte mich hin und setzte mich auf den Boden. Langsam kroch ich mit den Füßen voraus durch den Flur. Erst den einen Fuß nach vorn, dann mit meinem Arm abstützen und mit dem Hintern vor rutschen. Danach das andere Bein. Konzentriert robbte ich mich also

langsam voran. Immer wieder sah ich zurück und lauschte, ob ich wieder sein Grölen vernehmen würde. Erneut war ich am Schlafzimmer angekommen. „Ha!“, grinste ich. „Das wäre doch gelacht! Funktioniert doch!“, freute ich mich übereifrig. Warum auch immer dachte ich, dass leise und langsame Bewegungen die Distanz zwischen und beiden hemmen würde. Ich kickte die Tür bei Seite und kroch weiter hinein. „YUKI!“, schallte es plötzlich aus dem Bad. „Verdammt! Lass das!!!“ Ich riss die Augen auf und robbte sofort im Rückwärtsgang zurück in den Flur. „Ja, ja, ja, ja..“, schnaubte ich genervt

und hockte mich neben die Tür. „Ach meno. Was mache ich denn die ganze Zeit jetzt?“ Ich musste warten und saß die Zeit lang auf dem Fußboden. Mal streckte ich das linke Bein, dann das Rechte. Es war nicht wirklich bequem, doch Stehen wäre unangenehmer gewesen. Ich lehnte meinen Kopf mal an die Wand, dann ließ ich ihn nach vorne hängen. Zeit um unsinnige Gedanken wieder hochzuholen hatte ich leider genügend. Ob er weiß, dass es mir leid tut? Ob er mich deswegen verurteilt? Ob er wieder denkt, dass ich einfach nur dumm und

schwach bin? „Oooch...“, nörgelte ich und zog die Beine ran. Betrübt legte ich mein Gesicht auf die Knie und atmete tief und gelangweilt aus. Wie soll ich denn das Thema ansprechen? Sollte ich das überhaupt? Es lag mir schwer auf der Seele. Aber wie soll ich nur anfangen? Ruhelos zuppelte ich an meiner Schulkleidung, welche ich noch immer trug. Ich faltete meinen Rock zusammen und ließ ihn wieder fallen. Eine Bewegung, die ich ständig tat, wenn ich sonst nichts zu tun hatte. Dann fummelte ich an meinem Shirt. Wäre er sauer wenn ich ihn darauf

anspreche? Ich weiß es nicht. „Oh maan!“, ich legte meine Hände verzweifelt über mein Gesicht und jammerte weiter. Meine Füße bewegte dabei ich unruhig hin und her. „Alles in Ordnung?“, hörte ich plötzlich den Schattenmann fragen. Ich hatte die Zeit aus den Augen verloren. Dass das Wasser nicht mehr plätscherte und dass er die Tür öffnete hatte ich auch vollkommen ausgeblendet. Der Schattenmann stand nun neben mir und blickte zu mir herab. Sofort erschreckte ich mich und sprang vom Boden auf. „JA! Eh. Ja! Ja... Klar!“, log ich ihn an und wedelte überrascht mit meinen

Händen. Doch dann erst realisierte ich, wie er vor mir stand. Lediglich mit einem Handtuch um seiner Hüfte bekleidet, trat er vor mir und blickte mich wartend an. Sein Körper war noch etwas nass. Und von seinen, kurz mit dem Handtuch durch gerubbelten Haaren tropfte ein wenig Wasser herunter. Ich schaute ihn nichtsahnend, verstummt und verlegen an. Mein Gesicht erglühte rot, als ich ihn total auffällig und Kopflos begutachtete. Ich konnte nicht von seiner breiten Brust und seinen muskulösen Schultern wegsehen. Die Tropfen liefen an seiner Haut herunter, über seinem Hals und

seinem Bauch. Und da waren auch drei längliche Narben zu sehen, welche ihm erst vor kurzem zugefügt wurden. Dort war die Haut etwas heller. Mit einer Hand hielt er etwas das weiße Handtuch fest und befestigte es um sich. Doch tiefer gelangte mein Blick nicht. „Könntest du das Gaffen sein lassen?“, kam es von ihm genervt und desinteressiert. Er spielte die gleiche Macho-Nummer wie ich es von ihm gewohnt war. „Oh je.“, ich tätschelte mir auf die roten Wangen. „Trockne dich richtig ab. Du wirst alles nass machen!“, lenkte ich mich ab und lief an ihm vorbei. Dabei hielt ich meine Hand beschämt an der

Seite meiner Schläfe um sein Ansehen zu verbergen. Mein Herz hatte entweder kurz ausgesetzt, oder raste vor Verlegenheit. Ich konnte es nicht unterscheiden. „Ich gebe dir Kleidung meines Vaters!“, wiederholte ich ohne ihn erneut anzusehen. Mit schnellen Schritten lief ich endlich in das Zimmer. Er folgte mir unauffällig. Der große Kleiderschrank meines Vaters gab nicht so viel Kleidung her. Jedoch hatte er noch das eine oder andere Kleidungsstück für gute Tage aufbewahrt. Da er viel arbeitet und auch nicht gerade klein war, sollte dem Schattenmann die Kleidung passen. Ich durchsuchte die Hemden an den

Kleiderbügeln. Ein weißes zog ich direkt heraus und warf es auf das Bett hinter uns. Dann suchte ich nach einer passenden Hose. Mit Recken und Strecken versuchte ich an die oberen Fächer zu kommen. Dort waren seine Hosen verstaut. Ich stellte mich auf Zehenspitzen um jedoch kaum ran kommen zu können. Dann hopste ich etwas, doch fassen konnte ich die Kleidung immer noch nicht. Während ich mühevoll versuchte die Hosen zu greifen, hörte ich ständig meinen Namen. „Yuki?“, sagte eine dumpfe Stimme. „Yuki?“, sie kam näher. Der Schattenmann drehte sich

aufmerksam zur Tür. „Da kommt jemand!“, sagte er wachsam. „Oh nein! Wenn das mein Vater ist! Der soll dich nicht sehen! Er würde ausrasten dich hier so zu finden! Oh Gott!“, ich hüpfte schneller, jedoch nicht höher. „Warum hat er die Hosen so weit oben versteckt?“, motzte ich leise. „Hand weg!“, forderte der Junge flüsternd und stellte sich ganz nah hinter mich. Er griff über mich hinweg und packte in das oberste Fach. „Hättest du nicht eher helfen können?“, fauchte ich eben so leise zurück. „Du hast ja nicht gefragt!“ „Du hast das doch gesehen!“ „Was davon willst du

jetzt?“ „Das da!“, tuschelte ich und zeigte mit noch immer gestrecktem Rücken und auf Zehenspitzen stehend auf eine der Hosen. „Die?“ „Nein! Da drunter!“ „Die?!“ „Eine weiter runter!“ „Willst du mich verar-“ „Yuki?“, die Person aus dem Flur trat vor den Raum und schob die Tür langsam auf. Sehr eng beieinander stehend und ausgestreckten Armen, sahen der Schattenmann und ich erschrocken zum Ausgang. Währenddessen zog der Schattenmann die Hose endlich herunter.

Eine blonde Gestalt stand zwischen Flur und Zimmer. Er sah uns etwas schmunzelnd aber überrascht an. „Ich komme später wieder“, sagte Deeon lächelnd und verschwand direkt wieder aus unserem Blick. „Deeon!“, sagte ich laut und sah ihm hinterher. „Warum muss so etwas immer mir passieren!?“, moserte ich und duckte mich unter den Armen des Schattenmannes herunter. „Warte! Deeon!“, rief ich ihm nach und rannte aus dem Zimmer. „Warte! Das war doch nur...“, doch als ich im Flur stand, war er bereits verschwunden. Ich schaute enttäuscht in den dunklen Gang und

runzelte die Stirn. „Deeon...“, flüsterte ich und ließ meine Schultern traurig hängen. Mit kleinen Schritten bewegte ich mich wieder in das Wohnzimmer. „Warum bleibst du nicht bei mir? Und warum warst du da?“, nuschelte ich mir selber zu und blickte in das leere Zimmer. „Der hat nur die Ampullen mit dem Sanitatem gebracht. Der Trank den Mephisto mir geben sollte. Da auf dem Tisch. Du bekommst auch gar nichts mit!“, hörte ich den Schattenman hinter mir. „Was findest du überhaupt an dem Typen?“, fügte er mit leicht genervtem Unterton hinzu und verschränkte die Arme

ineinander. Mit einem Mal drehte ich mich verdächtig zu ihm um. „Was? Wie? Was meinst du?“, stotterte ich und streifte mein Haar auffällig mit leicht zittriger Hand hinter mein Ohr. „Sieht doch jeder, dass du auf ihn stehst. Du schauspielerst übrigens echt schlecht.“, erklärte er selbstverständlich und nickte dabei herablassen mit dem Kopf. Meine Augen wurden ganz groß. „Was...?“, fragte ich ertappt und legte meine Hände auf meine Wangen um meine Verlegenheit zu verstecken. „Aber weißt du was ICH gefunden habe?“, meinte er nun und hob seine

Hand. „Schau.“ Er hielt eine weiße Feder in der Hand. „Was? Woher?“, verblüfft schaute ich sie an und näherte mich ihm etwas. Beim Ansehen fühlte ich mich wieder so wohl und beruhigt. Sie ähnelte der weißen Engelsfeder, die ich auf dem Boden in der Gasse sah. „Sie fiel herunter, als ich die Hose heraus zog.“, erklärte er nun. „Dann lag sie im Schrank meines Vaters? Aber warum? Ist es vielleicht eine normale Feder?“, überlegte ich und nahm sie in meine Finger. „Nein.“, widersprach er selbstsicher. „Auch wenn ich keine dämonischen Kräfte mehr besitze, merke ich, dass es

etwas magisches ist! Das spürst du doch sicherlich auch! Die Frage ist nur, von wem diese Feder ist.“, meinte er und stellte sich nachdenkend neben mich. „Könntest du dir mal etwas anziehen?“, kommentierte ich ihn jedoch. Ungeachtet was ich sagte, riss er plötzlich die Augen auf. „Halt!“, sagte er aufdringlich und sah mich bestürzt an. „Wie ist Deeon her gekommen?!“, fragte er aufgebracht. „Na, ich schätze mal durch ein Portal. Wie wir auch.“, ich zuckte unbekümmert mit den Schultern. „Aber woher wusste er, wo wir hin mussten?“ Er wurde immer ernster und nahm mir die Feder aus der Hand.

Sorgenvoll lief er auf und ab. „Er.. ist doch ein Engel. Irgendwie wusste er das halt.“, antwortete ich unsicher und setzte mich an den Tisch. Meine Augen folgten seinen Schritten hin und her. Schließlich sah er mich mit seiner typischen genervten Miene an. „Wenn ich das Frage, wird es einen Grund haben. Hör auf irgendetwas herein zu werfen, wovon du keine Ahnung hast.“ Ich sah schmunzelnd herab. „Tschuldige.“, meinte ich leise und zog ihm die Feder wieder aus den Händen. Dann drehte ich sie gedankenversunken hin und her. „Man kann nur ein Portal zu einem Raum

öffnen, in welchem man bereits war. Es sei denn, man wird explizit gerufen.“, fuhr er fort. „Hör mir zu!“, motzte er und nahm mir die Feder wieder weg welche ich träumend ansah. „Yuki! Er könnte etwas mit deinem verlorenem Gedächtnis zu tun haben!“ Er haute die Feder auf den Tisch. „Was? Das würde er nicht machen! Das... nein. Das würde er nicht. Ich kann Deeon vertrauen! Das weiß ich!“, widersprach ich seinem Verdacht. „Natürlich!“, motzte er. „Dieser Dreckskerl! Irgendetwas hat er wieder vor!“, er biss wütend die Zähne aufeinander. „Wo ist deine Freundin? … Da wo du mich gerufen hattest! ... Wohin

ich dich damals zurück gebracht hatte!“, er wirkte total aufgebracht. „Nami? Sie ist in der Schule!“, antwortete ich zögernd. „Dann müssen wir jetzt zur Schule!“, er schnappte sich die Feder und deutete zum Ausgang. Im Nachhinein: Yuki: ... Gib mir die Feder wieder! Ó_ò > Schattenmann: Nein. -_-



Warum?

Wir liefen schon eine ganze Weile durch die Stadt. Mit schnellem Schritt folgte ich dem Schattenmann. Er lief vor mir her und hatte ohne Weiteres ein rasches Tempo aufgelegt. Meine schmollenden Blicke sah er hinter sich nicht. Vielleicht bemerkte er sie, reagierte jedoch nicht darauf. Schließlich versuchte ich ihn einzuholen. „Warum hast du es denn so eilig?“, jammerte ich, „Es ist noch sehr früh. Nami wird noch lange genug in der Schule sein.“ Es erfolgte keine Antwort. Er lief strickt und gedankenversunken weiter, ohne sich nach mir

umzudrehen. „Hey. Halloo? Das nervt total wenn du nicht antwortest!“, nörgelte ich und verlangsamte wieder mein Tempo. Er drehte seinen Kopf nur leicht zur Seite und sah mich kurz an. „Ich muss wissen, ob deine Freundin etwas über den Abend weiß.“, antwortete er leise und richtete sich wieder nach vorn. Dass ich Probleme hatte, mit ihm Schritt zu halten um ihn akustisch zu verstehen, interessierte ihn gar nicht erst. „Deeon MUSS etwas damit zu tun haben! Und falls sie auch unter einer Gedächtnislücke leidet, muss ein Engel etwas damit zu tun haben! Und dieser Engel ist Deeon.“, erklärte er immer

leiser werdend. Aufmerksam hörte ich zu und steigerte mein Tempo, welches ich jedoch nicht lange halten konnte. Ich holte etwas Anlauf. Dann hopste ich ihm schnell nach, doch er war wieder schneller und wurde einfach nicht langsamer. Er faselte seinen Monolog ungeachtet weiter, ohne, dass ich mehr mitbekommen durfte, was er sich selber sagte. Also blieb ich schnurstracks stehen, „Hey!“, und stampfte auf den Boden. „Ohne mich kannst du sowieso nicht weiter!“, rief ich ihm hinterher und überkreuzte meine Arme wütend ineinander. Ich begann gerade mit dem Fuß auf den Boden zu klopfen und auf

seine Reaktion zu warten. „Warum denkst du immer nur so schlecht von Deeon! Was ist, wenn er nichts damit zu tun hat? Fragen wir ihn doch einfach!“, fügte ich hinzu. Endlich blieb der Junge stehen. Einen Moment lang stand er nur schweigend dort und sah über seine rechte Schulter zurück. Dann drehte er sich zu mir um und sah mich mit seinem grimmigen Blick an. Diese Miene hatte ich schon oft genug gesehen. Sie machte mir schon keine Angst mehr. Unsicher, ob ich nun weiter sprechen sollte, konnte ich trotzdem nicht meinen Mund geschlossen halten. Als er mich schließlich aus der Ferne ansah und seine

Hände wartend in seine Hosentaschen legte, forderte er mich schweigend auf, weiter zu laufen. Ich wollte seine Sturheit aber nicht unterstützen. „Du solltest unbedingt mal lockerer werden.“, riet ich ihm und hob den Finger grinsend. Nun hörte ich ein genervtes Stöhnen von ihm. Mit gleichbleibender genervter Art kam er plötzlich auf mich zu. Seine Augen blickten grimmig auf mich herab und er kam mir ganz nahe. Ich wich überrascht zurück und hob schützend die Arme vor mich. „Äh... erst so distanziert und jetzt plötzlich so bedrängen.“, sagte ich ängstlich und doch grinsend. Aber nur mit dem Hintergedanken, ihn mit ein wenig Spott

von seinen finsteren Gedanken abzubringen. Doch sein Blick wurde nicht freundlicher. „Sei einfach still.“ Seine Reaktion erschrak mich etwas. Hatte ich wieder zu viel gesagt? Habe ich ihn mit meinen Worten verletzt? Immerhin war es für ihn ein ernstes Thema und ich respektierte es nicht. Im Gegenteil, ich versuchte ihn sogar zu ärgern.War das falsch? Ich biss auf meine Lippe und sah nachdenklich herab. Auch wenn er nun ein normaler Mensch war und mit mir nun in meiner heimischen Umgebung spazierte, vergaß ich, weshalb wir das taten. Für einen kurzen Moment hatte ich

den Ärger und das Negative ausgeblendet. Ich wollte nicht, dass ständig eine düstere Stimmung herrschen sollte und versuchte unterbewusst, dagegen anzukämpfen. War das richtig? Ich erkannte nun die Situation. Bedrückt zupfte ich etwas an meinem Rock. „Es tut mir- WUA!“ doch ehe ich etwas sagen konnte, packte er meinen Arm, faste meine Hüfte und hob mich plötzlich mit Schwung über seine Schulter. „He.. Hey! Was wird das?!“, fragte ich panisch. Ich fuchtelte hektisch mit den Füßen und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. „Du bist mir zu langsam.“, bekam ich nur

gelassen als Antwort. Ich hörte, wie seine Stimme von einem dezenten Grinsen untermalt wurde. Der Schattenmann hielt mich an meinen Beinen und an meinem rücken Rücken, drehte sich um und folgte wieder seinem Ziel. Ich musste kurz begreifen, was nun passiert war. Denn ich hatte die Situation wohl falsch gedeutet. Er war nicht sauer oder verletzt. Meine Worte nahm er sich nicht einmal zu Herzen. Es störte ihn nur, mein langsamer Gang. Ergeben und erleichtert ließ mich schlapp an seinem Rücken herunter hängen. „Pizza ersetzt wohl deine Kräfte, was?“, nuschelte ich lächelnd und und

drehte gelangweilt meinen Kopf zur Seite, zwischen meinen herunter baumelnden Armen. Es war still. Ich genoss es von ihm getragen zu werden. Besonders aber erfreute mich die Tatsache, dass er nicht sauer auf mich war. Auch wenn ich meinen Mund wieder nicht zügeln konnte. Doch die Stille wurde nach einer nachdenklichen Minute des Schattenmannes unterbrochen. „Was findest du nur so besonders an dem Typen?“ Hörte ich ihn plötzlich fragen. „Ich denke, dir ist bewusst, dass er nur so besonders auf dich wirkt, weil er ein Engel ist.“, murmelte er mürrisch weiter. Sein Schritt wurde

energischer. „Nein. Das ist es nicht.“, antwortete ich ehrlich während ich mit meinen Gedanken bei Deeon war. „Ich weiß was du meinst, aber es ist nicht diese Ausstrahlung die du meinst. Das was ich fühle, ist viel vertrauter. Seine Nähe fühlt sich so vertraut an. Als wäre er schon immer bei mir gewesen. Auch wenn wir uns kaum kennen, weiß ich, dass er so etwas... wie ein Verbündeter ist.“ „Wir sind doch auch Verbündete... Deeon ist doch nur ein Lügner.“, kam es unterschwellig und zögernd von ihm. Auch wenn wir uns nicht in die Augen sehen konnten, spürte ich seine

Ehrlichkeit und seine Unsicherheit. Wie auch er meine Gefühle und mein pochendes Herz für Deeon aus meinen Worten hören konnte. Meine Wangen wurden rot und ich richtete mich etwas mit meinem Oberkörper auf. „DU!“, begann ich laut zu werden. „Von wegen Verbündete! Wegen DIR gerate ich immer nur in Schwierigkeiten! Du bist ein Spanner! Und du bist dickköpfig!“, motzte ich ihn an und fuchtelte mit meinen Beinen herum. Er setzte seinen Griff nach und drückte mich mit seiner Schulter etwas hoch. „DU kümmerst dich doch selber darum, immer in Schwierigkeiten zu geraten!

ICH habe keinen Dämon beschworen, den ich herausfordern wollte!“ „Nami hat mich gezwungen! Das war Gruppenzwang!“ „Ich habe auch keinen Dämon in der Schule dumm angestarrt, sodass er mich töten wollte!“ „Er hat mich angerempelt!“ „Und ich wollte auch nicht, - obwohl ich weiß dass ich klein und schwach bin, - in einer dunklen Seitengasse ein gruseliges, total auffälliges Mädchen trösten, das mich töten wollte!“ „Das war nicht meine Schuld, dass ich alleine war!“ „Und ich bin keine Heulsuse, die ständig gerettet werden-“ „Du bist zu weit

gelaufen!“, unterbrach ich unseren Streit. Der Schattenmann zügelte seine Rage und blieb verdattert stehen. „He?“ Ich klopfte mit einer Hand auf seinen Rücken und mit der Anderen zeigte ich zur Seite. Stumm sah er den Weg entlang. Dort erkannten wir auch schon das große ummauerte Gebäude der Schule. „Endlich!“, atmete er gelassen aus und stellte mich wieder ab. Schnell richtete ich meine Kleidung und drehte mich in die gleiche Richtung. Ehe der Schattenmann weiter laufen konnte, hielt ich ihn jedoch an seinem weißen, hoch gekrämpelten Ärmel. „Warte!“, forderte ich ihn mit Bedenken

auf. Er sah mich überrascht an. Dass ich ihn nun so nachdenklich und zurückhaltend ansprach, verwunderte ihn. „Also... die Schule ist ein Ort, wo ich fast mehr Zeit als zu Hause verbringe. Bitte stell nichts doofes an. Egal was andere sagen.“, zögerte ich und wurde immer leiser mit der Stimme. Ich faltete ein wenig meinen Rock hin und her und sah zu Boden. „Es.. gibt Leute an der Schule, die sind ziemliche Raufbolde. Und... die mögen mi- ... die mögen manche Leute nicht.“, versuchte ich stotternd zu erklären. „Sobald du zu auffällig wirst... dann... naja. Lass es

einfach.“ Er sah kurz wieder zu Schule und überlegte nicht lange. Ohne zu zögern zuckte er mit den Schultern. „Hmh. Meinetwegen.“ Plötzlich merkte ich seine Hand auf meinem Kopf. „Mach dir keine Sorgen.“, lächelte er mich nun freundlich an. „Wenn etwas schief geht, benutze ich einfach die!“, grinste er und zückte die Engelsfeder aus seiner Hosentasche. „Für alle Menschen, die mich damit sehen, werde ich imponierend, anziehend, heroisch, attraktiv, respektabel und beachtlich wirken.“ erklärte er stolz und hielt die Feder selbst überzeugt hoch. Spannend sah ich erst auf die kleine,

weiße Feder in seiner Hand. Danach wanderte mein Blick auf sein überhebliches Gesicht. Ich betrachtete ihn einen Moment. Schließlich grinste ich frech und blickte ihn direkt an. „Und warum wirkst du auf mich nur voreingenommen und arrogant?“ Sein Stolz zerfiel in ein genervtes Zähneknirschen und runzelnde Stirnfalten „Weil du einfach eine Ziege bist! Deswegen!“, motzte er und schlug mir leicht auf den Kopf. Auf den letzten Schritten bis zum Gelände, erklärte ich ihm einige, für Schüler selbstverständliche Regeln an diesem Ort. Dass man Lehrern Respekt

zeigen muss, indem man ihnen zuhört oder sie zumindest nicht unterbricht, dass man bestimmte Orte nicht betreten darf, wie als Mann, die Frauentoilette, dass man den Raum während des Unterrichts nicht einfach verlassen darf und auch nicht von seinem Platz aufstehen sollte, waren dem Schattenmann ganz neue Regeln. Einfache Regeln, die jedoch nicht mit seinem Ego übereinstimmten. Stundenlanges Herumsitzen, nur um jemanden zuzuhören, danach das Aufgenommene anzuwenden und je nachdem wie gut der Lehrer den Inhalt erklärt hat, wie gut man es verstehen konnte und wie gut man es wiedergeben

konnte, eine Benotung zu erhalten, die vorgibt, wie toll man im späteren Leben sein soll und was man arbeiten darf. Das fand er unangemessen um sich Wissen aneignen zu dürfen. Doch ihm den Sinn der Benotung zu erklären oder überhaupt mit ihm darüber zu diskutieren fand ich Aussichtslos. Ich hatte eher ein kleines Augenrollen mit einem Schmunzeln dafür übrig. Schließlich betraten wir den Schulhof. „So da sind wir!“, sagte ich erleichtert und deutete mit ausgestreckter Hand auf das große Gebäude, welches aus einem großen Gebäude in der Mitte bestand und links und rechts jeweils ein abstehendes,

kleineres Gebäude angebaut wurde. Der Schattenmann lief neben mir her und war nicht weiter beeindruckt. Immerhin hatte er ja schon diesen Ort gesehen. Er wollte nur zu Nami, um an Informationen zu kommen, um alles zu erfahren, was sie wusste. Das war sein Ziel. Ich nahm meinen Arm wieder herunter und deutete mit einer kleinen Kopfbewegung auf den Eingang der rechten Seite. „Da durch, dann auf den Innenhof und zu der Bank. Es ist noch Pause. Entweder sitzen wir auf der Bank vor dem Gebäude oder hinter dem Gebäude. Da sie hier aber nicht sitzt, wird sie hinten wohl sitzen.“ erklärte ich und lief voraus. Der Schattenmann

wirkte jedoch etwas angespannt und blieb noch einen Moment steif stehen. Er blickte sich unauffällig und kampfbereit um. Trotz lässiger Miene war er innerlich nervös. Er drehte seinen Kopf leicht zur Seite und beobachtete die anderen Schüler. Ich ging wieder zurück. „Was hast du denn?“, fragte ich und legte lächelnd einen Finger auf meine Wange. Ich kannte diesen Blick. So angespannt saß er beim Eisessen auch am Tisch und sah sich stets um. Dass er immer auf der Hut war, konnte ich ihm nicht verübeln. Doch nun war er bei mir und er war kein Dämon mehr. Ich fühlte mich dafür verantwortlich, mich um ihn in dieser

Welt zu kümmern. Er war geschwächt und war aufgeschmissen in dieser Welt, in welcher ich mich jedoch sehr gut auskannte. Ich war die einzige Bezugsperson für ihn. Ich konnte ihn nicht dieser ständigen, angespannten Wachsamkeit überlassen. Also sanft seine Hand und deutete mit einem kleinen, langsamen Schritt auf den Eingang. „Du brauchst keine Angst zu haben. Deeon sagte mir, dass er aufpassen wird.“ Irgendwie versuchte ich ihm seine Angst zu nehmen. Doch er sah verblüfft meine Hand an, welche seine umfasste. Dann blickte er weg. „Vielleicht auf dich. Aber nicht auf mich.“, flüsterte er mir verärgert zu und

stellte sich näher vor mich. „Merkst du nicht, dass wir ständig angestarrt werden? Jeder könnte ein Dämon sein. Und ich würde es nicht einmal merken.“, gab er misslaunig zu. Nichtsahnend sah auch ich mich nun um. Mir blieb der Atem stehen. Er hatte recht. Entgeistert erkannte ich gaffende Blicke, die wir auf uns gezogen hatten. Sie tuschelten, richteten sich zu uns und drehten sich schnell wieder weg. Es war nur vereinzelnd, bereitete mir dennoch Bedenken. Unter dieser Atmosphäre wurde ich nervös. Warum sahen sie her? Was flüsterten sie? Ich drehte mich ratlos zum Schattenmann. Auch er fühlte sich

unwohl. Wir wirkte wie zwei Außenseiter, auf denen ein heller Spot gerichtet war. Langsam drehte ich mich etwas zur Seite und stellte mich näher an ihn. Wir fasten unsere Hände fester ineinander. Ob seine Nähe nun mich beruhigen oder meine Nähe ihn beschützen sollte, war mir unklar. Beides würde wohl nicht helfen. Sollte uns ein Dämon angreifen, wären wir ihm kraftlos ausgeliefert. Ich hoffte nur noch auf Deeons Hilfe. Es ergriff mich der Ernst und die Angst. Leicht schaute ich über meine Schulter und beobachtete aus welcher Richtung das Starren kam. Es waren überwiegend Mädchen, die uns beobachteten. Manche

zeigten ein entzücktes Lächeln, andere ein böses Grübeln. Einige dieser Gesichter kamen mir sogar bekannt vor und gehörten meinem Jahrgang an. Da kam es mir plötzlich wie ein Blitz! Ertappt riss ich die Augen auf und richtete mich vom Schattenmann weg. Sofort richtete ich meinen Blick verlegen zu Boden und faste mir mit der anderen Hand vor den Mund. Mein Gesicht wurde glühend rot. „Yuki! Was hast du?“, ihn beunruhigte meine plötzliche Reaktion. Doch vor Scham drehte ich mich nicht zu ihm um. „Komm schon! Mach dir keine Sorgen. Es ist alles ok. Vertrau mir.“, antwortete ich ihm nur abgewandt. Ich

wollte nicht, dass er mein beschämtes Gesicht sieht. Aus meinem sanften Halten seiner Hand wurde nun ein fester Griff an seinem Arm. Ich packte ihn sofort am Handgelenk und zerrte ihn schweigend hinter mir her. Wir ernteten diese Stielaugen, da ich mit dem Schattenmann hier war. Der Junge, der vor Kurzem noch von einem Schwarm Mädchen begrüßt wurde, nur weil er an dem Schultor stand. Und nun konnte jeder sehen, dass ich ihm irgendwie nahe stand. Das letzte Mal ging die Meute verärgert weg, als sie erkannten, dass er nur meinetwegen gekommen war. Ich stellte Konkurrenz dar. Aber gerade ich,

die nie etwas mit dem anderen Geschlecht zu tun hatte und allem versuchte aus dem Weg zu gehen, macht nun so auf sich aufmerksam. Immerhin war er tatsächlich hübsch und ansehnlich. Besonders, nachdem er nun menschlicher aussah. Was glauben sie nur über mich? Hoffentlich komme ich dadurch nicht in Schwierigkeiten. Ich malte mir alle typischen Möglichkeiten aus, wie über mich hergezogen werden konnte. Während ich mich innerlich extrem ärgerte, folgte der Schattenmann mir nur stillschweigend. Zwar wusste er die

Situation nicht richtig einzuschätzen, doch bemerkte er wohl, dass ich die Angelegenheit durchschaut hatte und konnte sie als ungefährlich einstufen. Er war von meinen gelaunten und doch drängenden Worten etwas konfus, nahm es jedoch bedenkenlos hin und ließ sich von mir wegbringen. Da ich nun wusste, um welches Thema es sich bei der Tuschellei handelte, verstand ich sogar diesen und jenen Satz. „Yuki mit dem heißen Typen? Wer ist das? Oh schnell weg, sie guckt.“ „Was macht so einer zusammen mit Yuki?“ „Die ist doch sonst unattraktiv.“ „Der wird sich doch nie so eine aussuchen.“ „Er hat bestimmt eine Wette verloren.

Das ist immerhin Yuki.“ Ich drückte die Zähne nachdenklich aufeinander und stampfte einfach weiter. Einige ihrer Worte verletzten mich. Diese Lästereien kannte ich nur zu gut. Sobald sie merken, dass man sich nicht wehrt, ist man ein gutes Ziel. Daher war es wichtig für mich, nicht aufzufallen, damit es auch kein Gesprächsstoff über mich geben konnte. Auch wenn ich nie etwas falsch gemacht hätte, fänden Menschen immer ein Thema zum lästern. Nur um ihre Langeweile zu füllen, suchen sie nach dem nächsten Opfer. Nicht immer ist ein Angriff damit beabsichtigt, doch viele merken nicht, dass diese Worte oft bemerkt werden und

verletzen. Mein Gang war nun schnell und verbissen. Die fragenden Blicke des Schattenmannes merkte ich in meinem Rücken, konnte sie aber nicht beantworten. Also machte ich stur einen Schritt nach dem anderen, ohne aufzublicken. Meine Haare verdeckten mein errötetes Gesicht. Schnell flüchtete ich mit ihm in das Gebäude. Eine kleine Gruppe von Mädchen standen direkt am nächsten Fenster. Sie sahen uns überrascht an und suchten sofort das Weite. Ich hatte das Gefühl, als würden wir verfolgt werden. „Was ist denn los?“, hörte ich den

Jungen aufmerksam hinter mir. Seine Worte versuchte ich zu ignorieren und einfach meinem Weg zu folgen. Sollten wir gleich an der Bank ankommen, müsste sich das Getuschel legen. Denn dieser Ort war sehr abgelegen. Doch besonders hier im Gebäude gerieten wir extrem unter den Beschuss neugieriger Blicke. Also nur noch schnell durch den Flur und der anderen Tür zum Hinterhof. Doch dann spürte ich, wie der Schattenmann meine Hand faste und mich zu sich zog „Yuki!“, er blieb verärgert stehen und drückte mich an einen der Spinde, die an der Wand standen. Mit einer Hand versperrte mir den Weg. „Was ist los mit dir? Ich vertrau dir, aber du

musst mit mir reden, sonst kann ich dich nicht beschützen!“, flüsterte er mir deutlich und aufrecht zu. Mein Puls wurde immer schneller. Mein Kopf platze fast vor Röte. Ich hörte mein Herzklopfen klar und deutlich. Es pochte so laut, dass ich seine Worte kaum noch vernahm. Doch ich konnte mein Gesicht und meine Verlegenheit noch mit meinen Haaren verstecken. Schüchtern und aufgeregt biss ich auf meine Lippen und konnte nur nervöse Töne von mir geben. Überfordert spielte ich an meinem Shirt. Ich wollte, dass er geht. Er sollte mir nicht so nahe treten und einen falschen Eindruck vermitteln. Ich drehte mich von ihm weg und

erkannte am Ausgang sogar kichernde Mitschüler. Mit großen Augen sahen sie, wie der Schattenmann mir schon schamhaft nahe kam. Dampfte mein Kopf etwa schon? Warum war mir das überhaupt so peinlich? Bemerkte er überhaupt, wie das aussehen musste? War das Absicht? Er wollte nur eine Antwort für mein Verhalten. Doch es wagte sich kein Wort von meinen Lippen. Zart aber grummelig faste er mir nun an meine Wange und drehte meinen Kopf zu sich. Es war so weit. Mein Herz sprang aus meiner Brust. Mein Körper brannte. Mein Atem blieb stehen und ich spürte meine Beine nicht mehr.

  Warum machte mir seine Nähe so viel aus? Warum wurde ich vor ihm plötzlich so nervös? Es lag an den Blicken der Anderen. Daran musste es gelegen haben! Im Hintergrund hörten wir ein quietschendes, freudiges Gekreische. Mit riesigen, ertappten Augen blickte ich ihn nun an. Vor Aufregung war mein ganzes Gesicht rot angelaufen. Zitternd verschränkte ich meine Hände vor meine Brust. Als meine Maske fiel und unsere Blicke sich kreuzten, sah ich erst ein wenig Wut und Sorgen in seinen Augen. Nachdem er jedoch mein peinlich

berührtes Gesicht erkannte, wich er perplex zurück. „W.. Was hast du?!!!“, fragte er total überfordert, zog seine Hände weg und gab mir einen angepassten Freiraum. Er hatte sie Situation tatsächlich nicht verstanden. Zwar war es mir peinlich, wegen ihm so in Verlegenheit zu geraten, doch nun war ich auch sauer. Da er wohl nichts von alle dem begriffen hatte, konnte ich es ihm doch nicht noch erklären! Wütend kniff ich meine Augen zusammen und ballte meine Fäuste „Das verstehst du nicht!!!“, motzte ich ihn an und flüchtete sofort zum Ausgang. Nur noch um die Ecke und wir waren

angekommen. Verärgert stampfte ich die letzten Schritte zur Bank. „Was? Wo ist sie denn?“, fragte ich und blieb starr stehen. Der Schattenmann ging einen Schritt nachdenklich vor. „Vielleicht hat Deeon sie! Er weiß genau was wir vorhaben. Wir sind nur schwache dumme Menschen. Vielleicht gibt er ihr noch eine Gehirnwäsche, oder hält sie gefangen, hat einen Fluch auf sie gelegt oder.. wird sie ausschalten...“, dachte er laut nach und verschränkte die Arme ineinander. Genervt richtete ich mich zu ihm. „Oder sie ist wo anders, weil sie hier nicht alleine sitzen wollte.“, rollte ich die Augen. Dann sah ich an dem Gebäude

hinauf, in die Richtung meines Klassenraumes. „Vielleicht werden sie in der Klasse finden. Es beginnt gleich schon der Unterricht.“ Der Schattenmann steuerte schon startbereit dem Eingang zu. „Wir sollten keine Zeit verlieren!“, meinte er gelassen und öffnete bereits die Tür. „Halt warte!“, stoppte ich ihn jedoch. „Du kannst doch nicht einfach los gehen! Du weißt doch gar nicht wohin!“, moserte ich ihn an und zog wieder an seinem Ärmel. „Dann geh vor.“, kam es mir kalt als Antwort entgegen. Er deutete in den Flur hinein und machte mir Platz. Im Gegensatz zu mir war er strukturiert,

mit einem Plan. Auch wenn er nur zielstrebig darauf zu arbeitete und nichts anderes im Kopf hatte. Ich jedoch war ganz durcheinander und wusste nicht so genau, was ich tun sollte. Mein Unbehagen versuchte ich mit der aufgesetzten Motzerei zu überspielen. Ich fühlte mich wie benommen und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Es fühlte sich seltsam an, hier mit ihm alleine zu sein. Sonst machte es mir nichts aus. Aber hier schon. Besonders nach dieser Aktion gerade. Kopflos ging ich also an ihm vorbei in das Gebäude. Mein Puls war immer noch nicht wirklich entspannt. Auffällig unauffällig lief ich mit angespannten,

weiten Schritten in den Flur. Durch den Versuch mich normal zu verhalten, wirkte ich jedoch nur noch absurder. „Was ist mit dir los?“, maulte der Schattenmann und lief mir wieder hinterher. Ertappt blieb ich stehen. Als würden sich meine Nackenhaare aufstellen schüttelte sich mein Körper kurz und ich drehte mich zu ihm. Gerade als ich ausholte um ihm wieder schlecht gelaunte Worte an den Kopf zu werfen, erblickte ich jedoch ein blondes Mädchen hinter ihm auf dem Hinterhof. Ich schluckte meine unnötigen Nörgeleien herunter und lief an ihm vorbei. „Nami!“, rief ich und hob meine Hand. Ich erkannte diese langen, blonden

Haare und die Silhouette dieses perfekten weiblichen Körpers überall. Doch einen Moment lief sie noch weiter. Hatte sie mich nicht gehört? „Nami! Warte!“, rief ich noch einmal lauter. Dann blieb sie endlich stehen. Erleichtert begann ich zu lächeln.   Überrumpelt drehte Nami sich zu mir um. „Ah. Eh. Yuki.“, lächelte sie mir zu. „Was machst du denn plötzlich hier? Geht es dir besser? Deine Tasche habe ich in deinen Spind gelegt.“, erklärte sie direkt. Glücklich blieb ich vor ihr stehen und umarmte sie. „Hay. Danke! Ja. Ja mir geht es schon viel besser.“, antwortete ich ihr fröhlich und stellte mich wieder

aufrecht vor sie. Ein Stein fiel mir vom Herzen als ich sie endlich fand. Ich war nicht mehr so allein. Endlich war jemand da, mit dem ich reden konnte. Verdächtig sah sie hinter mich. „Wer ist das denn?“, fragte sie und streifte nervös ihre Haare hinter ihr Ohr. Der Schattenmann folgt mir schlendernd mit seinen Händen in den Hosentaschen und stellte sich zu uns. „Nami?“, fragte er ernst und sah sie angespannt an. Ehe ich etwas sagen konnte lächelte sie ihn nett an und reichte ihm die Hand. „Hay. Ja. Ich bin Nami. Kennen wir uns?“, fragte sie höflich. Der Schattenmann antwortete ihr aber nicht. Er begrüßte sie auch nicht

angemessen, sondern starrte sie immer noch ernst an. Doch Nami hatte keine Furcht vor seinem richtenden Blick und schien der Situation gewachsen zu sein. „Wie ist denn dein Name? Du musst wissen, dass Yuki eine sehr gute Freundin von mir ist. Da wundert es mich, wenn ich ihren Freund nicht kenne.“, lächelte sie noch immer lieb und nahm ihre Hand wieder zurück. Der Schattenmann durchbohrte sie fast mit seinem Starren und antwortete ihr wieder nicht. Ich jedoch ging perplex einen Schritt vor. „Nein! Nein! Das ist nicht mein Freund!“, lachte ich und wedelte

schamhaft mit meinen Händen. Dann boxte ich dem Schattenmann mit meinem Ellenbogen gegen den Bauch. „Hey! Jetzt hör auf so stur zu sein! Begrüß sie! Stell dich vor oder sowas! Sonst wird sie dir gar nichts sagen!“, flüsterte ich ihm mahnend zu. „Sagen? Was soll ich sagen?“, kicherte sie und legte ihre Hand vergnügt vor ihre Lippen. Plötzlich war mein Mund verstummt. Als würde eine hohe Mauer meinen Worten den Weg versperren. Ich wusste nicht wie ich das Thema anfangen sollte. Wo sollte ich beginnen? Was wollte ich genau fragen? „Ehm. Ehm. Also.“, stammelte ich und kratze mir mit meinen Fingern

über meine Wange. Nami legte ihre Hand behutsam auf meine Schulter. „Reden wir doch, wenn wir wieder zur Klasse gehen.“, unterbrach sie diese unangenehme Situation. Ich hörte auf zu stottern und konnte nicht aufhören zu schmunzeln. Es ging mir immer so gut, sobald Nami da war. Sie wusste immer, was zu tun war. Ihre Nähe beruhigte mich jedes Mal, dass ich all den Stress vergessen konnte. „Dann kommt mal mit!“, forderte sie uns auf und harkte sich mit ihren Arm, in meinen Arm ein. Während wir zurück in das Gebäude gingen, waren mir auch die Blicke der

anderen Schüler egal. Nami und ich gingen voraus. Der Schattenmann folgte uns still grummelnd. „Das ist aber nicht der Typ, von dem du mir erzählt hast.“, tuschelte sie grinsend „Deshalb warst du die letzte Zeit nicht in der Schule. Du hast dich mit dem Brummbären da getroffen oder?“. Unsicher musste ich mit erröteten Wangen anfangen zu grinsen. „Nein nein. So ist das nicht wie du denkst!“ „Nicht?“, fragte sie enttäuscht. „Schade. Denn er sieht echt nicht schlecht aus.“, antwortete sie und zwinkerte mir zu. Ich rollte verlegen mit den Augen „Ach Nami. Du wieder.“, musste ich lachen. Nami ließ mich los und hüpfte kichernd

voraus. Sie tapste zur Treppe und sprang einige Stufen hoch. „Hihi. Das freut mich, dass du endlich- Wha!“, plötzlich rutschte sie von einer Stufe ab und verlor den Halt. Starr vor Schreck sah ich, wie sie plötzlich rückwärts von der Treppe viel. Sie konnte nicht nach dem Geländer greifen und war nun im freien Fall. Wieso machte der Schattenmann nichts? Sie fiel genau auf ihn zu. Wie in Zeitlupe sah ich, wie er sogar gelassen einen Schritt zur Seite machte. Ich konnte nicht fassen, dass er sie nicht auffangen wollte. Sofort, ohne zu zögern, stürmte ich auf sie zu. Ich übersprang einige Stufen und

hob meine Hände. Rechtzeitig konnte ich sie noch auffangen und mit meinen Händen nach oben stemmen. „Nami! Pass auf!“, rief ich noch, als ich sie mit Schwung wieder nach oben hievte. Doch im gleichen Augenblick griff jemand Namis Hand und zog sie nach oben. Ich verlor nun das Gleichgewicht und rutschte mit meinem Fuß über die Stufe. Auch ich konnte nach keinem Geländer greifen. „Ahh!“ Verzweifelt fiel ich einfach nach vorn und kam auf dem harten Steinstufen auf. „Aua!“, motzte ich und drehte mich zum Schattenmann. „Hättest du nicht mal helfen können?“, fragte ich und hielt mir meine Schulter

fest. „Du solltest deine Umgebung besser beobachten. Tollpatsch!“, begegnete er mir jedoch nur. Zwar sagte er dies mit einem genervten Unterton, doch er hielt mir helfend seine Hand hin. Schmollend griff ich diese und wurde mit einem Ruck von ihm aufgehoben. „Hey! Was sollte das?!“, rief plötzlich jemand von oben. Überrascht sahen wir hinauf. Ein blonder Junge stand dort und hielt Nami schützend in seinen Armen. Er zeigte wütend auf den Schattenmann. „Wer bist du?! Wie kann man nur so egoistisch sein und diese Mädchen fallen lassen!“, brüllte er. Eine kleine Schülermasse

formte sich um ihn herum. Sie wollten alle begaffen, was passierte. „Das ist Takumi! Der Jahrgangssprecher!“, flüsterte ich dem Schattenmann zu. „Diese Information ist für mich nicht von Interesse. Komm, wir müssen weiter.“, sagte er nur und ging gelassen hinauf. Der Jahrgangssprecher war dafür bekannt edel, gutmütig, klug und dazu noch stark und hübsch zu sein. Es war kein Wunder, dass er Jahre lang der Jahrgangssprecher blieb. Trotz der vielen Liebesgeständnisse wurde er nie hochmütig und setzte sich selbst für den Schwächsten dieser Schule ein. Er lebte

aber in einer Welt, an welcher ich niemals heranreichen würde. Oben angekommen stellte er sich vor Nami und wartete. „Du kommst nicht von dieser Schule! Dann geh auch wieder! Solche Egoisten wie dich brauchen wir hier nicht!“, forderte Takumi und zeigte mit dem Finger weg. Doch der Schattenmann ignorierte ihn und hatte nur ein leises Seufzen für ihn über. Dann sah er träumend aus dem Fenster und wartete. Er wartete, dass Nami weiter gehen würde. „Ignoriert der mich etwa?“, maulte Takumi in die Runde. Ein Gemurmel

begann. „Wer ist der?“ „Den hat doch Yuki mitgebracht!“ „Was macht der hier?“ „Hat er die Mädchen vielleicht geschubst?“ Das Gemenge wurde größer und das Getuschel lauter. „Wie heißt du!“, fragte er wieder, ohne eine Antwort zu erhalten. Der Jahrgangssprecher ging mit schnellem Schritt auf den Schattenmann zu und packte ihn an seiner Schulter. „Du solltest mich besser ernst nehmen!“ Kalt sah der Schattenmann ihn seitlich an und zog die Augenbraue hoch. „Wenn du keinen Namen hast und auch nicht sagst was du hier willst, kannst du auch gehen. Man sollte dir mal Manieren beibringen!“, schüttelte Takumi

verständnislos den Kopf. „So ein Ego vertuscht doch nur, dass du schwach bist.“, fügte er noch hinzu und wollte sich auch schon vom Schattenmann abwenden. Doch er hatte seinen wunden Punkt getroffen. Der Schattenmann riss verärgert die Augen auf. Auf einmal griff er Takumis Arm, riss ihn zu sich und griff ihn an seinem Kragen. Wütend sah er ihm ins Gesicht und biss seine Zähne zurückhaltend aufeinander. „Du hast ja keine Ahnung!“, drohte er unterschwellig und zog seinen Kragen hoch. Doch Takumi grinste. „Du kannst ja doch reden!“ und wich seinem Blick nicht aus. „Hört auf!“, rief Nami plötzlich und

schlichtete die Auseinandersetzung. Es war einen Moment still. Dann sahen alle zu ihr. „Takumi. Bitte lass gut sein. Es war doch nicht seine Schuld.“, bat sie und ging zu den Beiden sich streitenden. Der Schattenmann ließ Takumi los und ging einen Schritt zurück. „Bitte Takumi. Lass ihn. Ich weiß, du möchtest nur, dass alles gerecht abläuft. Und du bist ein sehr guter Jahrgangssprecher. Aber bitte lass ihn.“, mit dem süßesten Blick den sie hatte, sah sie ihn tief in die Augen und fasste zart seine Hand. „Bitte.“ „Hmh..“, grübelnd sah er weg, dann nickte er und richtete sich wieder dem

Schattenmann. „Es tut mir leid. Ich war etwas forsch zu dir.“, erklärte er und reichte ihm die Hand. Doch der Schattenmann stellte sich locker hin und überkreuzte die Arme ineinander. „Hmpf.“ Innerlich kochte er. Das wusste ich. Doch er musste sich zurückhalten. Ich stand noch immer auf der Treppe und beobachtete alles von einem sicheren Abstand. Am ende blieb mir nur ein Grinsen für diese Situation übrig. Ich stellte mir vor, was er tun würde, wenn er seine Kräfte wieder hätte. Dann würde sich niemand wagen, so mit ihm zu reden. Es ist bestimmt schon lange her, dass ihm so wenig Respekt gezeigt

wurde. Das alles so mit anzusehen war belustigend. „Los Leute. Hier gibt es nichts zu sehen!“, rief Takumi den Schaulustigen zu. Dann ging auch Nami vor. „Leute. Ich verstehe, dass es interessant ist, was hier passiert. Aber es ist gemein von euch, uns so zur Schau zu stellen. Bitte geht!“, sie drehte sich zur Masse und hob bittend die Hände vor sich. Enttäuscht aber verständnisvoll löste sich nun der Menschenknubbel auf. „Wie öde.“ „Wer hätte wohl gewonnen?“ „Takumi hätte den Hübschling besiegt!“ Nachdem auch die letzten endlich in

ihren Räumen verschwunden waren, richtete Nami die Hand zu mir. „Yuki. Komm. Der Unterricht beginnt gleich.“ „Ja!“, ich nickte ihr zu und lief schnell hinauf. Doch bevor ich zu ihr ging, stand ich vor dem Schattenmann. „Du brauchst einen Namen! Und wann willst du Nami endlich fragen?“, flüsterte ich erwartungsvoll. Er lief mit mir weiter. „Ich will noch etwas beobachten.“, flüsterte er. Dann blieb er entschlossen stehen und hielt mich kurz an meinem Arm. „Ich mag deine Freundin nicht. Der Grund fehlt mir nur noch.“, erklärte er angespannt. Kurz sahen wir zu Nami. Sie lächelte uns an und wartete, bis wir weiter

liefen. „Spricht da vielleicht die Paranoia aus dir? Hast du lange keine netten Menschen mehr getroffen?“, grinste ich. „Was? Nein. Ich spreche mit dir! Irgendetwas stimmt mit ihr nicht. Aber mit meiner schwachen Menschenseele kann ich es nicht erkennen.“ „Das ist Nami! Ich kenne sie seit der Kindheit! Mach dir keine Sorgen!“, ich klopfte ihm gelassen auf den Rücken und ging vergnügt zu Nami. „So! Lass uns gehen.“   Ich mochte es nicht, dass er meine beste Freundin unter Verdacht hatte. Doch ich verstand seine Sorgen. Immerhin war ihre Freundlichkeit wirklich nicht weit

verbreitet. Nicht alle hatten so ein Verständnis und eine so große Güte wie sie. Und da er nun Jahre unter gewalttätigen Wesen lebte, in der die einzige Regel – fressen oder gefressen werden – lautete, musste ein so lieber Mensch ihm wohl komisch vorkommen. Er würde bestimmt seine Meinung zu ihr ändern! Ich fragte mich nur, was er noch beobachten wollte? Auch den restlichen Weg zur Klasse befragten wir Nami nicht nach dem, weshalb wir überhaupt gekommen waren. Der Schattenmann sollte einen Plan haben. Solange er nichts tat, ließ ich das

Thema auch bei Seite. Das Einzige was er tat, war schweigen und beobachten. Als wir endlich in der Klasse angekommen waren, bewegten wir uns direkt zu unseren Plätzen. Einige Schüler saßen schon und andere kamen erst noch. Nami und ich saßen nebeneinander. Wohin sollte der Schattenmann sich setzen? Nachdenklich sah ich mich um und überlegte nach einer Lösung. „Hmh. Wie machen wir das denn am besten?“ Doch im nächsten Augenblick sah ich, wie Nami zu ihrer Sitznachbarin ging. Ein braunhaariges Mädchen mit langem Zopf saß dort und unterhielt sich mit Freunden. „Cleo?“, sprach Nami sie lieb an, berührte sie an ihrer Schulter und

lehnte sich von der Seite zu ihr rüber. „Du. Ich weiß, das kommt jetzt total unangemeldet. Aber Yuki hat einen Besucher mitgebracht, es wäre total lieb, wenn wir drei nebeneinander sitzen könnten. Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir deinen Platz haben dürfen? Nur für heute! Und wenn du das nicht möchtest, verstehe ich das natürlich.“, fragte sie ganz lieb. „Gar kein Problem! Klar.“, antwortete Cleo und packte direkt ihre Tasche. „Ich kann mich dahinten hinsetzen. Heute habe ich sowieso keine Lust zuzuhören!“, lachte sie. „Oh. Das ist so lieb von dir! Ehrlich! Danke.“, bedankte sich Nami herzlich

und verbeugte sich leicht. Dann richtete sie sich erfolgreich zu uns. „So! Geschafft! Ich setze mich hier hin! Dein Freund kann dann zwischen uns!“, zwinkerte sie mir wieder zu und zeigte mir mit zwei Fingern das Peace-Zeichen. „So. Ich helfe Cleo eben, ihre Sachen an den anderen Platz zu bringen.“ Ich setzte mich verblüfft auf meinen Platz und sah Nami träumend hinterher. „Hach...“, seufzte ich. Der Schattenmann war noch immer brummig. „Was?“, fragte er genervt und stellte sich vor mich an den Tisch. „Ich wünschte, ich wäre auch so taff wie sie. Und wüsste immer, was zu tun ist...“, schwärmte ich von ihr und lehnte

meinen Kopf auf meinen Arm. „Ich bin so froh, dass sie meine beste Freundin ist.“ Doch diese Antwort gefiel ihm nicht. „Pa...“, murmelte er grimmig und beobachtete Nami mit bösem Blick. Wie kann man einem so lieben Menschen nur so wenig vertrauen? „Sie ist das genaue Gegenteil von mir.“, begann ich deprimiert zu reden. „Sie hat es gerade geschafft, alle gaffenden Leute zu beruhigen und weg zu schicken. Und was kann ich? … Ich bin total überfordert und beschämt wenn mich alle anstarren. Ich versuche allem aus den Weg zu gehen. Während sie oben stand und alles regelte, stand ich unten an der

Treppe und versuchte mich raus zu halten...“ Ich runzelte die Stirn und sah herab. Es war schon immer so. Zwar wirkte sie mit mir zusammen total verspielt und kindisch. Aber in Wirklichkeit war sie es, die immer einen Rat hatte. Das mache mich stolz. Denn sie blieb immer an meiner Seite. Aber neidisch war ich auch. Warum traute ich mich nie, vor anderen zu reden? Warum musste ich nur so ein Angsthase sein? Es ärgerte mich, zu sehen wie toll Nami mit allem klar kam und ich am liebsten schüchtern in der letzten Ecke stehen

wollte. „Hör auf dich mit anderen vergleichen zu wollen. Denn dann bist du immer der Verlierer.“, hörte ich vom Schattenmann, der sich gerade an seinen Platz setzte. Ich blickte überrascht zu ihm rüber und lächelte. „Hmh. Stimmt.“ Plötzlich rannten drei, geschminkte und von oben bis unten herausgeputzte Mädchen zu uns und stellten sich zwischen mir und den Schattenmann. „Oh! Du bist so süß!“ „Wie heißt du?“ „Bist du neu hier?“ „Hast du eine Freundin?“ „Du siehst echt gut aus!“, überrumpelten sie ihn. Sie setzten sich auf seinen Tisch um ihre Beine zu

präsentieren, oder lehnten sich vor um ihren Ausschnitt zu zeigen. Er lehnte sich mit offenem Mund und weiten Augen zurück. Seine Wangen wurde etwas rot und es verstummte jedes Wort. „Eh... Ich.. eh...“, stotterte er. „Hihi du bist wirklich süß“ Da lief auch schon der Lehrer in das Klassenzimmer. „Setzen!“, rief ein älterer, großer, weiß bärtiger Mann mit Brille und legte mit einem lauten knall sein Buch auf das Pult. Sofort verließen die Mädchen den Platz und gingen zu ihren Stühlen. „Bis nachher“, sagte eine noch leise und warf ihm einen Kuss zu. Wie eine steife Puppe saß er dort und

zuckte nur kurz mit dem Auge. Er bewegte sich keinen Zentimeter. Ich belächelte seine vereiste Gestalt und kicherte leise. „Wir haben einen neuen Schüler?! Warum weiß ich von nichts?!“, schimpfte der Lehrer und schob seine Brille auf seine Nasenspitze. Ich fühlte mich ertappt. Natürlich sollte diese Situation kommen. Ich hatte vergessen ihn anzumelden oder Bescheid zu geben. Zögernd wollte ich aufstehen. „Ehm. Also-“ „Herr Unohara!“, sagte Nami laut und stand von ihrem Stuhl auf. „Bitte erlauben sie, dass dieser Schüler für diesen Tag hier bleiben darf. Er ist ein

Bekannter von Yuki und mir. Wir hatten vergessen die Formulare auszufüllen. Bitte verzeihen sie uns. Durch familiäre Schwierigkeiten haben wir eine Anmeldung vergessen.“, sagte sie standhaft. Der Lehrer sah Nami mit runzelnder Stirn an. Dann wandte er seinen Blick zum Schattenmann. Schließlich sah er mich an, die nervös an ihrem Rock zupfte. „Hmmh...“, einen Moment überlegte er noch. Dann schloss er nachdenklich die Augen und setzte sich. „Das ist eine Ausnahme!“, stöhnte er und schob seine Brille wieder hoch. Ich atmete glücklich

auf. „Vielen Dank!“, sagte Nami und verbeugte sich leicht. „Dann sollte der junge Mann sich mal vorstellen, würde ich sagen!“, forderte Herr Unohara und nickte dem Schattenmann zu. Dieser richtete jedoch nur fragende Blicke zurück. Dann sah er mich fragend an. „Du musst nach vorne! Stell dich vor!“, flüsterte ich ihm energisch zu. „Was? Das geht nicht!“, motzte er genau so leise zurück. Ich bemerkte wie uns alle ansahen. „Los!“, sagte ich lauter und deutete mit meinem Kopf nach vorn.

„Geh!“ Nun drehte er sich wieder zum Lehrer. Auch dieser wartete auf eine Vorstellung. Der Schattenmann legte seine Hände auf die Oberfläche seines Tisches, drückte den Stuhl etwas zurück und stellte sich hin. Dann ging er zur Tafel und drehte sich zur Klasse. Er blickte durch den Raum und betrachtete alle Schüler einmal. Die Mädchen himmelten ihn an. Manche quietschten leise und tuschelten. Dann atmete er schwer ein und wieder aus. „Ihr könnt mich... Shiro nennen. Meine Anwesenheit ist nur für kurze Zeit als Besucher bei Yuki. Das sollte genügen.“, sagte er emotionslos und wollte sich

direkt wieder seinem Platz nähern. „Wie heißt du mit Nachnamen!“ „Gibst du mir deine Handynummer?“ „Von welcher Schule kommst du?“ „Der war bestimmt auf einer Privatschule! Hör mal seine Aussprache!“ „Das klingt so cool!“ „RUHE!“, schrie Herr Unohara nun und sorgte damit für Stille. Ich sah den Schattenmann verblüfft an. Denn er hatte sich selber einen Namen gegeben. Bisher hatte ich ihn nie mit Namen angesprochen. Das bemerkte ich erst jetzt. Es war ein komisches Gefühl. Denn er war für mich der namenlose Dämonenmensch. Und nun? Wie sollte ich damit umgehen? Es war der Name, den Kitzune ihm immer gab. Wohl die

beste und schnellste Lösung für diesen Augenblick. Durfte ich ihn nun auch so nennen? Heimlich musste ich grinsen. Ich mochte es, dass er immer mehr den Eindruck eines Menschen machte. Jetzt hatte er sogar einen Namen. Das freute mich. „Gut. Setzt dich Shiro!“, meinte der Lehrer noch und stand wieder auf. „Dann machen wir mal weiter, mit der Vektorrechnung im dreidimensionalem Raum.“ Nach dieser Ansage kam ein lautes, unüberhörbares, negatives Gestöhne von der gesamten Klasse. Der Unterricht war nicht weiter

interessant. Der Schattenmann durfte seinen Tisch an meinen schieben, damit ich ihm einiges dazu erklären konnte. Glücklicherweise waren meine Unterlagen sicher in meinem Tischkasten untergebracht. Somit musste ich nicht noch zu meinem Spind rennen, um meine Tasche zu holen. Der Junge jedoch blickte die meiste Zeit nachdenklich aus dem Fenster. „Du..“, flüsterte ich ihm zu. „Hm?“ „Darf ich dich auch Shiro nennen?“, schmunzelte ich ihn an. Er sah genervt weg. Dann blickte er nach vorn zum Lehrer. Danach auf das Buch auf meinem Tisch. „Mach was du

willst.“, erlaubte er mir unterschwellig. Ich lächelte ihn glücklich an. Dann arbeitete ich an meinen Unterlagen weiter. Doch ich sah noch im Augenwinkel, wie auch er lächelte. Nachdem endlich zwei Stunden Mathematik vorbei waren, sprangen alle auf und spurteten in die Pause. Ich lehnte mich erst einmal zurück und streckte mich gähnend. „Uhhaa. Ich hasse Mathe!“, nörgelte ich. „Aber wenigstens bekomme ich jetzt wieder etwas vom Thema mit!“ Shiro stand auf. „Ich erkenne immer noch keinen schwerwiegenden Grund, den Unterricht so zu gestalten! Es

funktioniert nicht über eine so lange Zeitspanne! Menschen können sich nicht durchgehend auf eine Sache konzentrieren.“, regte er sich auf und stellte sich hin. Ich lachte kurz. Es war ein ständiges, niemals endendes Thema. „Naja. So ist es halt. Und man kann es nicht ändern.“ „Schwachsinn.“, murmelte er. Dann lehnte er sich auf meinen Tisch. „Yuki! Wir müssen gleich auf das Dach!“, sagte er mir plötzlich ganz ernst. Ich sah ihn verdattert an. „Eh. Oke?“, da rief Nami mir schon zu. „Yuki! Treffen wir uns gleich unten? Ich muss kurz noch Bücher schleppen! Ich nehme Cleo die Aufgabe ab.“, hörte ich

von Nami, die winkend an der Tür stand. „Warte! Nein lass uns auf dem Dach treffen! Aber wir können dir helfen!“, schnell sprang ich auf und ging auf sie zu. „Nein. Passt schon! Bis gleich!“, waren ihre letzten Worte dazu. Dann verschwand sie auch schon aus der Tür. „Hmh. Komisch.“, ich stand da und und fühlte mich zurück gelassen. „Wirkt sie heute anders als sonst?“, Shiro trat neben mich. „Nein. Also. Naja. Es ist heute nur etwas anders, weil du ja da bist. Sie setzt sich immer so sehr für mich ein. Und ich kann mich nie revanchieren.“, erklärte ich betrübt. Doch dann schüttelte ich kurz

meinen Kopf. „Na los! Dann lass uns mal rauf gehen! Wirst du Nami denn gleich fragen?“ Zusammen gingen wir den Flur entlang und die Treppen hinauf. „Ich werde sie fragen. Ich habe schon fast genug gesehen!“, meinte er. „Nur fast?“ „Irgendwas stimmt mit ihr nicht. Siehst du das nicht!“ „Hör auf immer so negativ zu sein! So ist sie immer. Jeder mag sie!“ „Dann hör du auf, solch ein Tolpatsch zu sein!“ „Hey! Das mache ich nicht extra! Das kann ich nicht

abstellen!“ Als wir auf dem Dach ankamen, setzte ich mich direkt auf die nächste Bank. Shiro aber blieb vor mir stehen und sah sich wieder um. Obwohl es sehr weit oben war, spielten einige jüngere Schüler auf dem Dach mit einem Ball. Da das Dach sehr groß war, war sogar ein kleiner Sportbereich mit einem Zaun abgegrenzt, auf welchem sich jedoch nur die paar Kinder austobten. „Versuch dich doch mal zu entspannen.“, sagte ich und legte meinen Kopf gemütlich in den Nacken. „Wenn dich ein Dämon angreift und

tötet, dann kannst du dich genug entspannen!“, begegnete er mir kalt. „Ach. Ich habe doch gesagt, dass Deeon auf mich aufpasst! Und ich glaube nicht, dass er dich nicht beschützen würde.“ „Beschützen...“, er rieb nachdenklich sein Kinn. „Beschützen! Genau!“, sagte er nun und sah auf. „ACHTUNG!“, schrie jemand aus dem Hintergrund. Erschrocken drehten wir uns zum Schrei. Ein schwarz weißer Fußball kam geradewegs auf uns zu gestürmt. Er kam so schnell angeflogen, dass ich kaum sehen konnte, wo er aufprallen würde. Doch im nächsten Augenblick schnellte der Ball direkt auf Shiro zu und traf ihn

mit einem lauten Geräusch auf der Stirn zwischen seinen Augen. Der Ball fiel in die Luft und der Schattenmann wurde mit einem Mal auf den Boden geschleudert. Wie erstarrt hielt ich die Hand vor meinem Mund und konnte nur mit ansehen, was passierte. Ich sah wie er stürzte und wie er am Boden ankam. Doch kaum lag er, verwandelte sich meine Schockstarre in ein tosendes Gelächter. „PFFF-PAHAHA!“, ich hielt mir vor Lachen den Bauch und kugelte mich zur Seite auf die Bank. „Von wegen nur ich wäre tollpatschig!“, lachte ich laut. Seine gelassene und kalte Art verging als

er wütend aufstand. „Was soll der Scheiß!“, maulte er und griff sich den Ball. Auf seiner Stirn war nun ein roter Abdruck des Balles zu erkennen. „Drecksteil!“, schrie er und schoss den Ball wütend zurück, weiter als er ihn eigentlich schießen müsste. „Scheiße! Das tat weh! Verdammt!“ Der Ball flog jedoch über den Zaun und schließlich vom Gebäude herunter. „Haut gefälligst ab! Ich hasse Kinder!“, motzte er die und verfolgte sie mit seinem hasserfüllten Blick, als sie schnell wieder in das Gebäude rannten. Dann waren wir alleine. Ich versuchte mein Lachen zu unterbinden, als er mich erzürnt

anblickte. Doch es gelang mir nur sehr schwer. Dieser Moment zeigte mir, dass auch er nur ein Mensch war. Der zwar versuchte alles irgendwie zu durchschauen, doch am Ende auch nicht fehlerfrei war. Vergnügt wischte ich die Tränen von meinen Augen und kicherte noch. „So lange du Schmerzen spürst, weißt du, dass du noch lebst!“, versuchte ich ihn aufzumuntern und hielt mir noch die Hand vor dem Mund. Er richtete seine Kleidung und stellte sich wieder aufrecht hin. Verärgert sah er von mir weg und streifte über seine Stirn. „Haha. Das tut mir voll Leid, dass ich

dich so auslache! Aber es war so witzig.“, nuschelte ich und rollte mich noch immer über die Bank. „Was ist denn hier so witzig? Ich will auch lachen!“, Nami kam aus dem Gebäude direkt auf uns zu. „Was ist das denn für eine Feder?“, fragte sie nun. Sofort sprangen Shiro und ich gleichzeitig auf und sahen Nami sprachlos an. „Feder?“ Die Engelsfeder war aus seiner Hose gefallen und fand den Weg vor Namis Füßen. „Sie ist so weich.. und so schön.“, erwähnte sie verträumt und drehte sie in den Fingern. „Nami!“, sagte Shiro plötzlich ganz

deutlich. Er trat vor sie und nahm ihr die Feder aus der Hand. „Als du und Yuki euch das letzte mal zuhause saht, woran kannst du dich noch erinnern? Wie ist Yuki gegangen?“, fragte er ernst und hielt die Feder vor sich. Sie schmunzelte etwas und ging einen Schritt zurück. Aufmerksam sah ich zu beiden hoch. Das war die Frage, die wir uns seit Tagen stellten. Es war ein wichtiger Augenblick. Sollte Nami auch ein Gedächtnisverlust haben? Sollte sie vielleicht mehr wissen? Was wusste sie noch? Damals hatte Shiro mich einfach mitgenommen. Ohne, dass jemand etwas davon gesehen hatte. Was war nun ihre

Antwort? Shiro presste neugierig seine Fäuste zusammen. Auch mich plagte die Neugier. Doch Nami runzelte die Stirn. „Ehm. Wann haben wir uns das letzte mal gesehen? Ist das nicht schon total lange her? Eigentlich hatten wir vor, noch einen Filmeabend zu machen. Aber dazu kam es letztes Wochenende nicht.“, grinste sie verwirrt. „Eh?!“, ich ging geschockt auf sie zu. „Was?!“ Hatte sie gar keine Erinnerung mehr an den Abend? Wusste sie gar nichts mehr? Wieso!? „Yuki! Warte!“, stoppte der Schattenmann mich und hob die

Hand. „Was ist denn los?“, fragte Nami. „Wir müssen gleich wieder in die Klasse. Wir sollten wieder runter gehen.“ Sie hob verwirrt die Hände vor sich und wollte zurück. „Kommt.“, sagte sie und ging nervös zum Eingang. Shiro war plötzlich so ernst. Was ist passiert? Was hatte er nur vor? „Vertrau mir!“, er sah mich über seine linke Schulter blickend an. Mir war sofort klar, dass es sein voller Ernst war. Warum war er nur so angespannt? Plötzlich ging der Schattenmann mit schnellem Schritt auf Nami zu. Dann holte er aus und verpasste ihr eine Ohrfeige.

Schockiert sprang ich zurück. „Was soll das?!!!“, fragte ich entgeistert. Ich rannte auf ihn zu. „Bist du verrückt! Was soll das!?“ Doch er ignorierte meine Worte und wandte sich Nami nicht ab. Diese hielt sich genau so geschockt die Hand vor ihrer Wange. Einige Haare verdeckten nun ihr errötetes Gesicht. Dann wimmerte sie leise. „Warum?... Was.. was auch immer ich getan habe. Es tut mir leid.“, sagte sie zögernd und sah ihn mit verweinten Augen an. „Verarsch mich nicht!“, schrie Shiro wütend und griff sie am Hals. „Lass sie in ruhe!!! Hör auf damit!“, ich

schlug panisch gegen seine Hand. Doch sein eiskalter Blick schockierte mich. Mein Atem blieb stehen. Es fühlte sich an, als würde mein Herz für einen Moment aussetzen. Diese hassenden Augen. Es war der gleiche Blick, den er Deeon stets schenkte. Dann riss er seine Hand von Nami weg und schubste sie leicht nach hinten. Zitternd viel sie zu Boden. „Was soll das!!!?“, schrie ich ihn wieder an und rannte zu Nami. Ich kniete mich neben ihr hin. „Es tut mir leid.“ Doch Shiro ging schweigend von mir weg. „Hör auf so zu sein!!! Hör auf so zu sein!!! Hör auf damit!“, schrie ich immer

wieder erschüttert und lief ihm hinterher. Ich hatte keine Angst vor ihm. Aber ich hatte Angst vor dem, was er Nami antun wollte. Kurz vor dem Dachende blieb er jedoch stehen. „Was ist los mit dir!? Scheiße!“, schrie ich mit Tränen in den Augen. Dann drehte er sich zu mir um. Doch er sah an mir vorbei. Er beobachtete nur Nami. Ich drehte mich ebenso zu ihr. Sie stand langsam auf und hielt sich noch immer die Wange. „HÖR AUF DIE SCHWACHE ZU SPIELEN!“, hörte ich Shiro plötzlich brüllen. „MACH WAS!“ Dann spürte ich,  wie er meinen Arm griff. Ich erschrak.

Mit Schwung zog er mich plötzlich zu sich, und drückte mich wieder von sich weg. Ich stolperte einige Schritte rückwärts. Dann merkte ich, wie ich gegen das Geländer stieß. Durch den Schwung rutschte ich aus fiel herüber. Ich merkte, wie ich den Halt verlor. Schnell versuchte ich noch nach Shiros Hand zu greifen, doch er zog seinen Arm zurück. Er machte keine Anstalten sich auch nur nach mir umzudrehen. „Warum?“ Wie versteinert fiel ich vom Dach. Ich riss meine Augen auf. Ich sah das Gebäude. Über den Rand des Daches sah ich Namis schockierten Blick. Ich spürte die Tiefe unter mir. Ich spürte die Luft über mir. Ich spürte die plötzliche

Angst in mir. Ich spürte meine innere Leere. „Warum?“ Ich sah die dicken Wolken. Ich sah, wie ich mich Shiro immer mehr entfernte. Egal wie weit ich meine Hände ausstreckte. Ich fiel. Ich sah wie eine Träne sich von meinem Auge löste und langsamer fiel als ich. „Warum?“ Und dann sah ich einen riesigen, weißen Flügel, der sich am Himmel über mir ausbreitete.

Die Wa̱hrheit

Träume ich? Nein. War ich wach? Bestimmt nicht. Mich begleitete die gähnende, bodenlose Leere der Dunkelheit. Um mich herum erkannte ich nichts. „Warum?“ Es war das einzige Wort, welches sich in meinem Kopf ständig wiederholte. Sekunden waren Stunden. Der Wind pustete durch meine Haare. Meine Hände schwebten in der Schwerelosen. Ich war so schlapp und gelähmt. Was war nur passiert? Shiro... Er hat mich vom Dach geworfen. Wieso? Ich drückte meine Hände vor meine Brust und schloss die Augen. „Deeon. Bitte

hilf mir.“, flüsterte ich wimmernd und kauerte mich zusammen. „YUKI!“, hörte ich plötzlich eine weibliche Stimme schreien. Ich riss die Augen auf und besann mich wieder. Ich schwebte nicht, ich fiel! Die Zeit blieb nicht mehr stehen. Im Gegenteil. Alles raste an mir vorbei. Ich erkannte das Gebäude an welchem ich herunter schnellte. Dann sah ich in den Himmel. „Nami?“ Sie kam mir entgegen geflogen und streckte mir ihre Hand entgegen. Doch entgeistert erblickte ich einen weißen, riesigen Flügel. Von diesem lösten sich mit jedem Flügelschlag vereinzelnd kleine weiße Federn, welche

ganz langsam hinunter glitten. „Was... bist du..?“, fragte ich leise, noch immer fallend wie ein Stein. Ich bemerkte wie tief ich schon gefallen war. Es war nicht mehr weit bis zum Grund. „YUKI!“, schrie sie erneut und griff schließlich meine Hand. Mit einem kleinen Ruck spürte ich, wie sie mich zu sich zog. Sie hatte mich sicher in ihren Armen. Schützend legte sie ihren Flügel um uns und wir schwebten ganz sacht hinunter. Sprachlos bemerkte ich, wie meine Angst verschwand. Meine Sorgen waren wie ausgelöscht und mir wurde angenehm warm in ihren Armen. Wie immer. Auf meinen Armen legte sich eine

prickelnde Gänsehaut. „Yuki. Yuki! Alles ist gut!“, flüsterte Nami mir mit ihrer wohlklingenden Stimme zu und umarmte mich. Ich jedoch traute mich nicht ihre Umarmung zu erwidern und sie zu berühren. „Nami...“, stotterte ich befangen. Sanft merkte ich den Boden unter meinen Füßen und blieb wie angewurzelt stehen. Mit sorgenvollem Gesicht erkundigte sie sich nach meinem Zustand. „Was soll das alles?“, fragte ich betroffen. Ich wich einen großen Schritt zurück. „Was bist du?!“ Meine Stimme wurde wütender. Wie konnte es sein, dass alles um mich herum, sich immer als unmenschlich

entpuppt? War das überhaupt Nami? Was war sie für ein Wesen? War sie das schon immer? Ich fühlte mich so hintergangen. Wieso wusste ich nichts davon? Hielten mich alle für dumm? Mein Magen drückte sich zusammen. Meine Beine wurden ganz schwer und mein Atem kurz. Doch um zu weinen war ich zu wütend. „Sag es mir!“, schrie ich sie an. Erschrocken hob Nami die Arme. „Yuki... Es.. es ist nicht so einfach..“, begann sie und wollte ihre wärmenden Hände auf meine Schulter legen. Verärgert schlug ich diese weg. „Las das!“, maulte ich sie an und schüttelte

verachtend den Kopf. „Du hast mich belogen.“ „Nein! So darfst du das nicht sehen!“, versuchte sie sich zu rechtfertigen. „Ich verstehe, dass du wütend bist! Aber bitte hasse mich nicht! Yuki! Ich bin doch immer noch deine Freundin!“ Ich erkannte Tränen in ihren Augen und Angst in ihrem Gesicht. War es echt? War es gespielt? Oder war das auch eine Lüge? Ich drehte mich kalt von ihr weg. „Ich.. ich weiß es nicht..“, antwortete ich leise und sah an dem Gebäude herauf. Von dort oben wurde ich geschmissen. Shiro. Er müsste noch dort sein. Wir sind so weit von einander entfernt. Er müsste

sicherlich Schmerzen haben. „Wir... sollten zum Schatten-... ich meine zu Shiro.-“ „Ich weiß wer er ist..“, unterbrach sie mich schuldig und sah herab. Ich biss die Zähne aufeinander, „Du wusstest das die ganze Zeit...“, und ballte die Faust. Betroffen traute sie sich nicht, mich anzublicken. „Ja..“ „Bring mich zu ihm.“, forderte ich sie kalt auf. Nami brachte mich den gleichen Weg hinauf, den ich auch hinab gekommen war. Sie hielt mich in ihrem Arm und schwebte mit mir hinauf.

Diese Nähe. Da war sie wieder. Diese angenehme und vertraute Nähe, die ich nun hassen lernte. Oben angekommen, fanden wir Shiro schwer atmend am Boden knien. Den Schmerz unterdrückt, hielt er eine Hand am Geländer und mit der anderen hielt er eine leere Phiole, aus welcher er den Inhalt getrunken hatte. Sein Blick war dem Boden gerichtet. Doch zwischen den einzelnen Strähnen, welche sein Gesicht verdeckten, erkannte ich seine bleiche und schwitzende Haut. „Shiro!“, rief ich und rannte auf ihn zu. „Shiro! Shiro! Ich bin da! Geht es dir besser!?“, fragte ich

und half ihm sich langsam hinzusetzen. Er lehnte seinen Rücken gegen die Mauer, wischte sich über sein Gesicht und atmete tief ein und wieder aus. Dann blickte er auf. Jedoch hatte er nur ein gelassenes Grinsen für die Situation übrig. „Ich... hatte Recht.“, ergötzte er sich locker und blickte Nami hochmütig und zufrieden an. Seine Reaktion entsetzte mich. Darüber dachte er nach? War ihm bewusst, dass er mich  vom Dach gestürzt hatte? Dass ich von einer tödlichen Höhe gefallen war? Und nun hatte er nicht eine Sekunde verschwendet, sich nach mir zu erkundigen. Nein. Er nutzte mich aus. Er nutzte aus, mich in Gefahr zu bringen.

Ich fühlte mich wie ein Spielzeug. Wie ein Mittel zum Zweck. Benutzt von ihm, nur um zu beweisen, dass er Recht hatte. Um sein ewiges Ego zu stärken. Verbittert bis ich meine Zähne aufeinander und blickte herab. „Du bist das Letzte...“, kam es leise aus meinem Mund. Überrascht wandte er sich mir zu. „Was?“, fragte er nichtsahnend. Diese naive unschuldige Art. Er hatte keine Ahnung, was er getan hatte. Aber es war ihm auch egal. Wutentbrannt sprang ich auf. „Du bist das Letzte!!!“, schrie ich ihn blind an und holte mit meiner Hand aus. Schnell schlug ich ihm mit flacher Hand in sein Gesicht.

Es schellte laut und meine Handfläche hinterließ einen roten Abdruck auf seiner Wange. Ich schlug so stark zu, dass selbst meine Hand einen leichten Schmerz bemerkte. Einen Moment war es still. Nur der Wind traute sich zu bewegen und um uns herum zu irren. Nami stand sprachlos hinter mir und hielt sich entsetzt die Hände vor den Mund. Shiro blickte schweigend von mir weg. Es dauerte bis wir alle die Situation realisierten. Dann faste er sich auf die pochende stelle. Entgeistert drehte er sich schließlich mir zu und sah mich mit riesigen Augen an. „Geht´s noch?!“,

maulte er wütend. „Ich dachte ich könnte dir vertrauen!!!“, schrie ich zurück, während sich kleine Tränen in meinen Augen füllten. „Ich hatte Angst! Ich... ich.. du. Es geht immer nur um dein Ego! Du bist das Letzte!!!“, konnte ich nur noch wiederholen. Ich fand keine Worte mehr für meinen Schmerz. Es war mir unerklärlich, wie man nur so denken konnte. Wie man so sorgenfrei leben konnte. Doch er sah mich weiter mit dieser fragenden Miene an. Er war sich keiner Schuld bewusst. Ich konnte sein uneinsichtiges Gesicht nicht länger ertragen. Mein Herz pochte vor Wut. Mein Hals schmerzte vor

Aufregung und meine Augen wollten einfach nicht aufhören zu tränen. „Ach, vergiss es!“, schmiss ich ihm an den Kopf und drehte mich zum Eingang des Gebäudes. Ich wollte einfach weg von hier. Weg von ihm. Weg von allen. Ich brauchte Ruhe. Doch ehe ich nur einen Schritt gehen konnte, packte er plötzlich meine Hand. Erschrocken blieb ich stehen und richtete mich zu ihm. „Du kannst mir vertrauen!!!“, kam es wütend aus seinem Mund. Shiro sah mich mit ernster Miene an. „Du hast mich vom Dach geworfen!“, weinte ich empört und zog an meiner

Hand. Shiro sah mich grimmig an und wollte mich nicht gehen lassen. „Ich wusste, dass dir nichts passieren wird! Ich wusste, dass sie dich rettet!!!“ „Woher willst du jetzt auf einmal gewusst haben, dass sie ein Engel ist?!“ Immer wieder zog ich an meinem Arm, um mich aus seinem Griff zu lösen. Egal wie ich meinen Arm drehte, seine Hand blieb fest an meinem Handgelenk. Er schaffte es sogar, mich weiter zu sich zu ziehen. „Ich wusste es! Vertrau mir!“, sagte er zwar mit wütender, aber nun eher verzweifelt klingenden Stimme. - Vertrauen -. Wie sollte man so jemanden vertrauen? Er versuchte doch

nur, seinen Ruf zu schützen. Wie immer. Ich erinnerte mich an die Eiscreme, welche er achtlos auf den Boden fallen lies. Nur um vor den anderen nicht sein Ehre zu verlieren. So war es nun auch. Er sagte, er könne als Mensch keinen Dämonen wahrnehmen. Wieso hätte er da einen Engel bemerken können? „Lügner!“, noch einmal versuchte ich mich mit aller Kraft von ihm zu befreien. „Es geht dir immer nur um dein Ego! Bloß nicht vor anderen zeigen, dass du nett sein kannst. Bloß nicht vorstellen! Bloß nicht helfen, wenn jemand auf der Treppe ausrutscht! Lüge mich doch nicht so dreist an!“ „Engel manipulieren

Menschen!“ „Jetzt komm nicht wieder damit!“ „Hör mir doch zu!“ Plötzlich zog er mich zu Boden. Ich erschrak und fand mich sitzend vor ihm wieder. Noch immer hielt er mich fest. „Hast du es nicht gemerkt?!“, fragte er vorwurfsvoll. Ich hielt inne und sah ihn fragend an. „Merkst du nicht, diese angenehme Wärme, die von deiner tollen Freundin ausgeht? Das Gefühl von Sicherheit in ihrer Gegenwart? Der Gedanke, dass diese Person niemals etwas böses tun könnte? Hast du nicht gesehen wie sie die anderen ständig überredet? War es nicht auffällig, dass sie jeden mit ihrem Gefasel um den Finger gewickelt hatte?

Wie Deeon!“     Nein. Ich hörte was er sagte, wollte es aber nicht verstehen. Schockiert runzelte ich die Stirn. „Das... ist nicht war! Du lügst! Deeon... Nami... Das würden sie nicht-“ „Ach komm schon! Natürlich!“, wurde er wieder laut. „Ich hielt Abstand von ihr, um mich nicht beirren zu lassen! Ich beobachtete sie, um herauszufinden, wie andere auf sie reagieren. Ich fing sie nicht auf, damit sie mir nicht zu nahe kommen konnte! Sie berührte jeden! Damit manipuliert sie Menschen! So sind gefallene Engel!“ Was er sagte, traf mich wie ein Schlag. Es hörte sich an, wie eine Beleidigung

gegen Nami. Mein Herz schlug immer lauter. Ich fühlte meinen Puls am Hals. Ich konnte nicht sprechen. Es war wie ein Stein auf meiner Brust, der mir die Luft wegdrückte. Zögernd sah ich zu Nami. Sie wich meinem blick schuldig aus und hielt sich schüchtern den Arm fest. „Das stimmt... Yuki. Es... es tut mir-“ Doch der Schattenmann unterbrach sie wutentbrannt. „HÖR AUF DAMIT!“, biss er wütend die Zähne aufeinander. „Shiro! Lass es!“, ermahnte ich ihn. „Ich will das alles nicht hören! Lasst mich in Ruhe!“, begann ich zu weinen. Wurde ich mein Leben lang von Nami manipuliert? Konnte ich ihr überhaupt

vertrauen? Wenn das alles war ist, konnte ich Deeon überhaupt vertrauen? Ich fühlte mich so alleine gelassen. Plötzlich bröckelte mein halbes Leben auseinander. Wie konnte das alles nur passieren? Wieso? Wem konnte ich noch vertrauen? Meine Brust war so schwer. Mein Herz zerriss langsam. Meine Augen wurden langsam und müde. Konnte ich nicht einfach aufwachen aus diesem Traum? Konnte ich nicht einfach die Augen öffnen und in meinem Bett liegen? Tränen kullerten an meinen Wangen herunter. „Wieso..? Wieso willst du mir so weh tun?“, fragte ich Shiro leise

wimmernd. Er erstarrte schockiert und riss die Augen auf. „Nein!“, sagte er laut und aufdringlich. „Nein, nein, nein! Ich will dir die Wahrheit zeigen! Bevor du verletzt wirst!“, erklärte er und zog meinen Arm zu sich. „Lügner.“ Ich dachte an den Abend, als er mich im Regen sitzen ließ. Ich dachte an den Moment, an dem er mich mit Kitzune in der Dämonenwelt alleine ließ. Ich dachte an seine ständige Distanz mir gegenüber. Ich dachte an seine wütenden Ausbrüche, die er immer wieder hatte. Ich erinnerte mich an das weggeworfene Eis. Ich erinnerte mich an seine kalten Augen, die mich anstarrten, als er mich

am ersten Tag umbringen wollte. Rasch holte ich aus und wollte ihn nun mit meiner freien Hand schlagen, um mich zu befreien. „Als würde dich interessieren, was mit mir passiert!“, schrie ich so laut ich konnte. Ich kniff die Augenlider fest zusammen und vergaß alles um mich herum. Ich wollte weg! Doch ehe mein Schlag ihn treffen konnte, griff er auch diese Hand. „Yuki!!! Hör mir zu!“, sauer hielt er meine Arme fest. Egal wie sehr ich mich sträubte und wehrte. Ich hob die Arme, senkte sie wieder. Ich riss an ihnen. Immer wieder mit Schwung.  Plötzlich verlor ich den halt in der Hocke. Sofort drückte Shiro mich nach hinten und ich

fand mich liegend auf dem Rücken wieder. „HÖR MIR ZU!“, schrie er mich plötzlich verzweifelt und erbost an. Sein Schrei war so laut, dass ich zusammenzuckte und verstummte. Meine verschwommene Sicht auf alles verging, als ich erkannte, dass er sich über mich lehnte. Er drückte meine Arme auf den Boden und sah ernst zu mir hinunter. „Ich bin immer zurück gekommen wenn es dir nicht gut ging! Ich habe mich um dich gekümmert! Ich habe dich beschützt! Immer und immer wieder! Ich habe Zeit mit dir verbracht! Ich habe mich dir angepasst. Ich habe dich geheilt! Ich habe auf dich gehört! Ich

hätte diesen Jungen umgebracht! Ich hätte dieses Kind getötet! Wegen dir habe ich es gelassen! Ich habe mich dir geöffnet! Ich habe dir einen Teil meiner Seele gegeben! Ich helfe dir! Ich habe dir immer die Wahrheit gesagt! Ich habe dich nie belogen! Ich beschütze dich! Mich interessiert sehr wohl, wie es dir geht!“, sprach er direkt und aufgebracht. Fassungslos starrte ich in seine braunen, besorgten, ehrlichen Augen. Dann erst spürte ich, dass er nicht grob meine Arme auf den Boden drückte, sondern, dass unsere Finger ineinander verhakt waren. Er umfasste besorgt meine Hände. Eine letzte Träne glitt an meiner Schläfe herunter, als ich ihn ahnungslos

anstarrte. „A.. aber.. Warum?" stotterte ich leise. Doch er biss die Zähnen zusammen und sah gestresst weg. Dann wandte er sich mir wieder zu. Er blickte mir tief in die Augen, „Weil ich mich um dich sorge.. Weil. Weil du mir wichtig bist! Verdammt!“, schnauzte er zögernd und lehnte sich wieder auf. Er ließ meine Hände los und hockte sich vor mich. Sprachlos setzte auch ich mich langsam auf. Es war ruhig. Ich merkte, wie der Schattenmann weitere Blicke zu mir vermied. Ich sah, wie er innerlich mit sich kämpfte. Ich wusste, dass er sich von etwas befreien

wollte. Shiro legte seinen Arm auf sein angewinkeltes Knie und streifte sich nervös durch die Haare. Nachdenklich lehnte er seinen Kopf auf seine Hand. Er wirkte plötzlich so schwach. Er wirkte plötzlich so hilflos.  Er wirkte plötzlich so einsam. Was war es, das ihn so bedrückte? Ihn so leiden zu sehen, machte mich traurig. Plötzlich grinste er verzweifelt und richtete sich etwas auf. „Tz...“ Seine Augen funkelten durch die Tränen, welche sich langsam in seinen Augen füllten. Mit zitternder Stimme sprach er weiter. „Bestraft zu werden, nur weil man nett und schwach ist. Verfolgt zu

werden. Nirgends hinzugehören. Ganz einsam. Gefoltert zu werden. Albträume. Diese Angst... vor den Qualen. Zerrissen und wieder zusammengeflickt. Der Terror. Nur wegen dieser hässlichen Dämonenseele.", zögernd legte er seine Hände in seinen Nacken. "Nur überleben können, wenn man stärker wird als jeder andere. Wenn man mehr Macht hat als jeder andere. Wenn sie dich fürchten. Keine Schwäche Zeigen. Innerlich.. nur noch... kalt.. und tot... Was macht es denn noch alles für einen Sinn? Wofür das alles? Nur noch den Gedanken zu haben, sich das Leben zu nehmen. Tag für Tag. Jahr für Jahr. Der Tot als einziger Ausweg. Aber zu feige zu sein,

es durchzuziehen...“ Paralysiert saß ich dort und hörte seine Worte. Tränen lösten sich von seiner Wange und tropften zu Boden. Mich ergriff eine erschütternde Trauer. Mir war nicht klar, was er alles erleben musste. Ich hatte ihn ständig aufgefordert, netter zu sein. Doch nie gefragt, warum er so voller Hass war. Ich fühlte mich schuldig. Ich hatte ihm Unrecht getan. Diese Distanz. Dieser Hass. Diese Wut. Es brodelte noch so viel mehr in ihm, als er mir sagte. Das alles unterdrücken zu müssen. Sich die Angst nicht anmerken zu lassen. Dadurch so emotionslos zu werden. Er musste sich jahrelang

durchkämpfen. Und wenn plötzlich mal ein schönes Gefühl den Weg zu seinem Herzen fand, konnte er damit nicht umgehen. Nun verstand ich es. Ich hörte ihn wimmern. Er kauerte sich zusammen und lehnte seinen Oberkörper auf seine angewinkelten Beine. Es braucht viel um einen starken Mann zu brechen. Doch wenn den stärksten Mann nur noch eine Fassade aufrecht hält, findet man dahinter ein kraftloses Kind. Ein Kind, dass nur noch weinen konnte vor Hilflosigkeit. Nun blickte er auf. Er sah mich mit seinen verweinten Augen einen Moment lang an und lehnte verträumt seinen Kopf auf seine Hand. „Und als es fast so weit

war. Als ich den Willen fasste meine Erlösung zu finden.. rief mich eine junge Stimme... und da stand plötzlich.. so ein dummes, heulendes Gör vor mir. Zu rein um es zu verletzen. Zu zart um es zu ignorieren. Ich weiß nicht, was sie mit mir gemacht hat. Doch diese kleine Ziege fand plötzlich mein vergessenes Lächeln. Und ich fand wieder einen Sinn.“, beichtete er schweren Herzens. Ich war wie vereist. Mein Körper war starr. Mein Mund war wie zugenäht. Wie sollte ich nur damit umgehen? Was sollte ich sagen? Auch ich begann zu weinen. Weil ich mich schuldig fühlte? Weil ich

Mitleid fühlte? Oder wegen seiner rührenden Worte am Ende? Vermutlich führten alle drei Gründe zu meinen Tränen. Kaum begann ich zu schluchzen, kniete ich mich neben ihn und umarmte ihn sanft. Ich konnte nicht in Worten fassen, was ich nun empfand. Nicht einmal meine Gedanken waren in der Lage meine Gefühle zu ordnen. Trauer, Mitleid. Der Wunsch ihm zu helfen. Die eigene Hilflosigkeit. Schuldgefühle. Diese und noch mehr waren in meinem Kopf so zerstreut, als hätte man sie in eine Schneekugel gesteckt und kräftig durcheinander geschüttelt.

Wir saßen lange so da und schwiegen. Es war uns egal, dass der Boden unbequem und kalt war. Shiro hatte den Kopf deprimiert in seine Knie gelegt und atmete schwer. Dass ich ihn noch immer im Arm hatte, störte ihn nicht weiter. Auch wenn ich ihm damit vielleicht etwas zu nahe getreten war, wollte ich jedoch zeigen, dass ich bei ihm war. Dass ich ihn nicht alleine lassen wollte. Dass ich ihn verstehe. Im Vergessenen geraten, sah ich Nami nun zu uns laufen. Leise trat sie an Shiro heran und beugte sich zu ihm. Sie faste

ihn sanft an seiner Schulter. „Nami..?“, flüsterte ich leise und stand auf. Doch dann bemerkte ich, dass Shiros Atmung ruhiger wurde. Seine Schultern entspannten sich und seine Arme wurden lockerer. Schließlich atmete er erleichtert auf. „Danke...“, nuschelte er erschöpft. Dann richtete er sich etwas auf und blickte nur mit den Augen verärgert zu Nami. „Ich kann dich trotzdem nicht ausstehen.“, nörgelte er leise. Nami grinste. „Hihi. Das macht nichts.“, kicherte sie und lächelte verständnisvoll. Ich sah sie mit großen Augen an. Was war passiert? Sie erkannte meinen fragenden Blick

sofort. „Ich habe ihm seine Trauer genommen. Nur für den Moment.“, erklärte sie mir. Dann sah sie in die Ferne. Dunkle Wolken begannen den Himmel zu bedecken. „Ja... manipulierend. Ich weiß. Dir half das auch immer.", sagte sie, ohne mich anzusehen. "Ich sollte gehen... Es beginnt bestimmt gleich zu regnen.“ „Nein warte Nami!“, ich ging sofort einen Schritt vor. „Ich habe so viele Fragen. Nami. Ich … ich.. Warum... bist du ein Engel. Ich verstehe das nicht... Wie kann das sein? Wir kennen uns doch seit wir klein waren!“ Shiro stand zwischen uns auf und berappelte sich wieder. Er räusperte sich

und richtete seine Kleidung. „Ich kenne keinen gefallenen Engel, mit nur einem Flügel.“, fügte er meiner Frage hinzu. Sie überkreuzte die Arme. „Hmpf. Das ist nicht nett Engel ständig zu beleidigen.“, sagte sie und deutete mit dem Finger auf ihn. „Außerdem.. bin ich kein "gefallener" Engel.“ Shiro wich einen Schritt zurück und erschreckte. Ich blickte verwirrt zwischen beiden hin und her. „Was? Ich verstehe nichts!“, sagte ich aufdringlich. Nami lächelte verlegen. „Ich habe nur einen Flügel, weil ich erschaffen wurde. Ich bin ein halber Engel! Mehr kann ich dazu nicht sagen...“, wich sie vom

Thema ab. „Erschaffen?!“, fragte ich laut. „Erschaffen? Von wem?!“, kam es ebenso entsetzt vom Schattenmann. „Das kann ich nicht sagen...“ „War es ein Engel?! War es ein Dämon?“ „Ich sagte doch bereits, darüber kann ich nicht reden.“, dann drehte sie ihren Kopf leicht senkrecht. „Leg es nicht drauf an. Noch bist du mir unterlegen.“, lächelte sie mit ironischem, drohenden Unterton. Dann drehte sie sich zu mir und nahm besorgt meine Hände. „Yuki. Ich kann dir aber sagen, dass ich als Mensch geboren wurde. Und du bist meine beste Freundin! Und das bleibt auch so!“, erklärte sie mir ehrlich. Langsam trat sie

zurück. „Du bist klug, Schattenmann. Ich hätte nicht gedacht, dass du mich erkennen würdest.“, sagte sie erfreut und ging einige Schritte rückwärts. „Eine Frage noch!“, stoppte Shiro sie. Er ging auf sie zu und blickte sie streng an. „Hast du ihr Gedächtnis gelöscht?“ Nami schmollte nachdenklich mit ihrem Mund. „Hmh... nein... aber ich kann dir auch dieses mal nicht sagen, wer es war.“, dann grinste sie wieder und ging weiter bis zum Ende des Daches. „Bis bald! Wir sehen uns wieder!“, rief sie uns noch zu, als sie gerade über das Geländer sprang und ihren Flügel ausbreitete. Ich rannte erstaunt bis zur kleinen Mauer

des Geländers und betrachtete, wie sie fort flog. Shiro stellte sich neben mich und wir sahen in die Ferne. „Ist das nicht total auffällig?“, fragte ich Shiro, ohne von dem Halbengel wegzusehen. „Ach Menschen sind dumm. Die merken das nicht.“ Ich grinste ihn an. „Hey! Du bist auch ein Mensch!“ „Ich bin ja auch eine Ausnahme!“, er legte entspannt seine Hände in seine Hosentasche. „Dann komm. Ich habe keine Lust noch mehr langweiligen Unterricht zu verfolgen. Und es regnet gleich! Wir sollten auch gehen.“, hörte

ich nun von ihm während er zurück zum Eingang lief. Verträumt sah ich noch in den Himmel. Einige Regentropfen erreichten bereits den Boden. Dann drehte auch ich mich um. Ich sah Shiro in der Tür stehen. Er lächelte mich wartend an. „Shiro...“, begann ich zurückhaltend und legte meine Hände vor meine Brust. „Es... also. Es tut mir leid. Das vorhin.. ich war so-“ „Lass gut sein.“, unterbrach er mich. „Komm endlich! Nochmal trage ich dich nicht!“, meinte er und deutete in das Gebäude. „Ja!“, nickte ich ihm sicher zu und folgte

ihm. Im nächsten Moment begann es auch schon zu regnen. Während wir hinunter zu meinem Spind gingen, verlief der normale Alltag in der Schule weiter. Wir hörten die Lehrer aus den Räumen unterrichten. Wir hörten den Regen gegen die Scheiben prasseln. Doch vor allem hörten wir den Hall unserer Schritte, da keiner von uns beiden sich traute zu reden. Schnell nahm ich meine Tasche, welche Nami mir zuvor in meinen Spind gelegt hatte und griff mir meinen Regenschirm. Wir gingen bis zum Ausgang der Schule und unter die kleine Überdachung. Noch

immer schwiegen wir. Die Straßen waren schon vollkommen nass und die Äste der Bäume bewegten sich leicht im Wind. Ich öffnete den Schirm und hielt ihn hoch. Kurz wartete ich noch und sah zu ihm hinauf. Immer wenn ich ihn ansah, traute sich kein Wort aus meinem Mund. Ich wollte etwas sagen. Irgendetwas. Doch die einzige Kommunikation zwischen uns war das unangenehme Schweigen. Es ähnelte dem Moment im Aufzug, nur dass ich das Gefühl hatte ihn nun besser zu kennen. Er sah mich nicht weiter an und akzeptierte einfach den Weg durch den

Regen, unter meinem Schirm. Dann liefen wir los. Die Situation hatte sich zwar beruhigt, dennoch spürten wir einen negativen Nachklang durch Namis Aufdecken. Der Regen patschte unter unseren Füßen und der Himmel wurde immer grauer. Beim Laufen dachte ich viel nach. Grübelnd sah ich zu Boden und biss auf meine Lippe. War es Schicksal, dass alles um mich herum plötzlich verrückt spielte? Vor kurzem war mein Leben noch so langweilig und normal. Und plötzlich entpuppt sich meine beste Freundin als ein heiliges Wesen. Wie sollte ich damit umgehen? Es war alles zu viel für mich. Mein Kopf hörte nicht

auf zu rasen. „Hey!“, motzte Shiro plötzlich. „Pass auf! Ich werde ganz nass!“, durchbrach er die Stille. Meine Gedanken sammelnd, sah ich perplex auf. Wir blieben beide stehen und sahen und einen Moment lang an. Dann streifte er über meine Hand und übernahm das Halten des Schirmes. Auch wenn er sich über den Regen beschwerte, lehnte er den Schirm mehr schützend über mich als über sich selber. Er sah mich nicht an, sondern nur weiter gerade aus. "Na los. Weiter." Ich musste anfangen zu lächeln. Ihn wieder motzen zu hören, machte mich glücklich. Denn ich wusste, dass er dies nicht tat, weil er mich verachtete,

sondern weil er sich sorgte. Gemütlich liefen wir weiter. „Was ein Tag..“, sagte ich und blickte dabei auf den Weg vor uns. „Hmh...“, stimmte er mir wortlos zu. Wir unterhielten uns, ohne den anderen dabei anzusehen. „Wie lange glaubst du, brauchst du noch, bis deine Seele wieder geheilt ist?“ „So lange du bei mir bleibst, verheilt sie bestimmt rasch.“ „Eh, was?!“, fragte ich erschrocken und sah ihn mit roten Wangen an. „Wenn du ständig abhaust und meine Seele zerreißt, kann sie ja nicht verheilen!“, kam er mir jedoch nur gelassen

entgegen. „Achso... das meinst du..“, ich schüttelte den Kopf. Was war den plötzlich los mit mir? Woran habe ich denn nur gedacht? „Yuki.“, begann Shiro wieder ganz ernst. „Du sagtest mir, dass du mich gerufen hast, weil Nami dich überreden konnte. Richtig?“ „Ehm.. ja! Wieso?“ Er sah nachdenklich weg. „Hmh... schon gut.“ Sein Stimme wurde immer leiser. „Nein.. was? Wieso fragst du das?!“, fragte ich naiv und klammerte mich an seinen Arm. Shiro blieb stehen. „Die wichtigere Frage ist, wo ich heute übernachten kann?“, dann sah er zu mir herunter. „Gäbe es die

Möglichkeit für mich, bei dir zu bleiben?“, fragte er mit der zartesten Stimme, die ich von ihm kannte. Meine Augen wurden ganz groß. Ich zog die Augenbrauen hoch und verzog meinen Mund überrascht. Ich soll einen Mann mit mir die Nacht bei mir verbringen lassen? Glühend wie ein Wasserkocher sah ich weg und klatschte mir gegen die Wangen. Was denke ich denn da wieder! Was ist bloß los mit mir?! Das ist doch nur Shiro! Was soll den schon passieren?!

Ein Kuss

Draußen legte sich ein dämmerndes, leichtes Licht über den Nebel. Die Sonne wagte sich nur ganz langsam über den Horizont hinaus zu schauen. Von den Blättern der Sträucher und Bäume lösten sich die letzten Regentropfen, welche der Abend zuvor hergegeben hatte. Die Straßen waren noch nass getränkt und bildeten an unebenen Stellen kleine Pfützen. Leises Vogelgezwitscher war bereits zu hören. Ich öffnete meine Augen und erkannte durch mein Fenster ein einzelnes Licht aus dem Haus gegenüber strahlen. Wie spät war es? Wie lange hatte ich

geschlafen? Ich lag still auf meinem Bett und verschwendete keine Zeit mehr zu versuchen wieder einzuschlafen. Leise drehte ich mich also zu meinem Nachttisch und nahm mein Handy. Als ich den Knopf betätigte, blendete mich ein greller Bildschirm. „Urgh...“, die Augen halb zugekniffen starrte ich auf die digitale Zeitangabe auf dem Gerät „Samstag. Und erst fünf Uhr morgens...“, flüsterte ich mir selber zu und schnaufte. Schließlich sah ich auf mein Hintergrundbild. Darauf waren Nami und ich zu erkennen. Wir hielten uns Arm in Arm und grinsten mit dem glücklichsten Lächeln das wir hatten, in die

Kamera. Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Es war so viel passiert. Und ich hatte noch so viele Fragen. Was würde noch alles auf mich zu kommen? Und warum war unbedingt „ich“ mitten in dieses Geschehen verwickelt? Und was war nun mit Shiro. Ich konnte doch nicht einfach ignorieren, welchen Gedanken er ausgesetzt war! Wie sollte ich mit ihm nun reden? Sollte ich so tun als wäre am gestrigen Tag nichts geschehen? „Kannst du nicht mehr schlafen?“, wurde die Stille dann plötzlich unterbrochen. Schnell machte ich mein Handy wieder aus und setzte mich auf. Dann lächelte ich beruhigt. „Du anscheinend auch

nicht.“, antwortete ich flüsternd. Shiro lag auf einer einfachen Matratze an meinem Bettende auf dem Boden. Er blickte nachdenklich an die Decke und war beinahe zu groß für die Matratze gewesen. „Ich bin langen Schlaf nicht gewohnt.“, erklärte er kurz Direkt legte ich mich wieder hin. „Verstehe..“, sagte ich so dahin, dann drehte ich mich auf die Seite. „Mein Vater sollte schon wieder weg sein. Wir können froh sein, dass er nichts bemerkt hat. Er würde dich umbringen.“ „Ehrlich?“, grinste er. „Ich hoffe du hättest nichts dagegen, wenn ich mich in einer solchen Situation wehre..“ „Nein, könntest du nicht.“, antwortete

ich strickt mit ernstem, schon ironischem Unterton, „Er würde dich ganz langsam und schmerzvoll erledigen. Und du kannst nichts dagegen machen.“, schmunzelte ich mit tiefer, verspielter Stimme. „Achso. Dann bin ich ja froh, dass es nicht so weit gekommen ist.“. Sein unterschwelliges Grinsen war nicht zu überhören. Dann war es wieder leise. Wir beide genossen den angenehmen, ruhigen Moment denn er und ich machten wohl in letzter Zeit viel durch. Und nach der anstrengenden Zeit am gestrigen Tag, beschlossen wir auf dem Weg, uns einfach des restlichen Abend auszuruhen.

Also legten wir nach unserem schweren Besuch in der Schule die Engelsfeder sorgfältig zurück in den Schrank meines Vaters, zerrten eine alte Matratze unter meinem Bettkasten hervor und ließen den Abend müde und wortlos ausklingen. Da mein Vater sehr spät von der Arbeit kam und stets seiner Routine folgte, in welcher das Betreten meines Zimmers nicht enthalten war, war es nicht schwer den Schattenmann vor ihm zu verheimlichen. Doch so früh der Abend sein Ende gefunden hatte, so früh begann der neue Morgen. Eine kurze Zeit lagen wir also noch

schweigend da. Diese Zeit nutzte ich um nachzudenken. Ich lag alleine in meinem Bett, während er alleine auf dem Boden lag. Es war ein angenehmes Gefühl zu wissen, dass er da war. Auch wenn es seltsam war mit ihm im gleichen Zimmer zu schlafen. Ich denke wir hatten uns beide an den anderen gewöhnt. Es war ruhig. Es war sicher. Es war entspannend. Es war schön. Doch mein fröhliches Lächeln wurde zur ernsten Miene. Ich runzelte die Stirn. „Du...“, begann ich schließlich. „Shiro..? Wie entsteht eigentlich ein halber Engel? Ich meine... Also ist man nicht von Anfang an ein halber Engel wenn ein Mensch und ein Engel sich

lieben?“ „Nein.“, begegnete er mir abrupt. „Das Ergebnis der Liebe eines Menschen und eines Engels wird zu einem Dämon. Immer.“ „Stimmt...“, ich drehte mich nachdenklich zur Seite. „Aber... wie entsteht denn dann ein „halber“ Engel?“, fragte ich neugierig, den Blick träumend aus dem Fenster gerichtet. Doch der Schattenmann schwieg einen Moment. „Ich bin mir unsicher... So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich könnte mir vorstellen, dass für ein solches Werk eine enorme Kraft benötigt wird. Viele Seelen, ein Opfer oder eine Art Ritual. Sie war ja anscheinend nicht

von Geburt an ein Engel.“, sprach er weiter. „Aber warum unbedingt Nami..?“ Shiro lehnte sich leicht auf. „Ich weiß es nicht... Es ist lange her, dass mich solch eine Unwissenheit plagte...“ Plötzlich hörten ich ein Knacken aus dem Flur und ich sprang geschockt auf. „Was war das?!“, unterbrach ich ihn. „Was war was?“, auch Shiro riss seine Decke von sich und stand mit einem Mal neben mir. Ich war überrascht. Sein Anblick brachte mich leicht aus der Fassung. Meine Wangen wurden rot und ich hielt mir die Hand vor dem Mund. Dann zeigte ich mit dem Finger auf ihn und sah an ihm

herunter. „Wo ist deine Kleidung! Du trägst nur eine Hose und diese ist auch noch offen!“, motzte ich so leise und doch so tadelnd wie es möglich war. Er flüsterte mir eben so tadelnd zurück: „Wie soll ich denn sonst hier schlafen? Mensch sein ist ziemlich unbequem!“ „Du könntest aufhören ständig in meiner Gegenwart so herumzulaufen!“ Doch er legte seinen Kopf leicht schräg und sah mich an. „Sieht das denn so schlimm aus?“ Ich wich zurück und betrachtete reflexhaft seinen Körper. Seine braunen Haare, passend zu seinen braunen Augen. Die breiten Schultern, der muskulöse Torso der zur schmaleren Hüfte überging.

Die drei Narben die noch immer seine Haut auf eine maskuline Art zierten. Und diese trainierten Arme. „Ehm.. also.. Es ist ja immer noch verbesserungswürdig“, log ich, in der Hoffnung, dass er meine lange Nase nicht bemerken würde. Dann schüttelte ich den Kopf und deutete zur Tür. „Mein Vater! Er ist noch da! Du musst dich verstecken! Und... und die Matratze! Die muss weg!“ Wir arbeiteten ohne Worte als Team. Ich packte Decke und Kissen vom Boden und warf diese hinter mein Bett. Gleichzeitig griff Shiro sich die Matratze und wuchtete diese zwischen Schrank und Wand. Dann klopfte es plötzlich an meiner Tür.

Es war ein klares, sanftes, gleich klingendes Klopfen. Wie vereist blieben wir stocksteif stehen und starrten dem Geräusch entgegen. Ich hielt einen Moment die Luft an. Dann klopfte es wieder. „Schnell!! Da rein!“, sofort öffnete ich meinen Kleiderschrank und schob Shiro hektisch hinein. „Was? Was zu Hölle soll das?!“, frage er und wehrte sich nur sehr dezent. „Schnell! Los! Sei leise!“, moserte ich nur und schloss mit Gewalt wieder hinter ihm meinen Schrank. Dann klopfte es ein drittes Mal. Im gleichen Augenblick hörte ich jemanden im Flur sprechen. „Ich werde einfach

herein kommen!“, kam es dumpf von der anderen Seite der Tür. Schließlich wurde diese aufgerissen. Mein Körper wurde blass vor Schreck. Was sollte mein Vater nur davon halten, mich mit einem halbnackten Mann in meinem Zimmer zu finden?! Doch die Person sie herein gerannt kam war nicht mein Vater, sondern ein schlanker, rothaariger Mann. „Mephisto?“, fragte ich unglaubwürdig. Er stürmte mein Zimmer. „Darling! Hast du mich vermisst?“, fragte er mit erhobenen Armen und blieb stehen. Dann sah er sich um. „Wehe dir du hintergehst mich!!!“, schrie er skeptisch und schrill. Verdattert erkannte er mich schließlich

und blieb direkt vor mir stehen. Er sah mich hochmütig an. Dann schaute er mit seinem arroganten Blick an mir herunter, umschlug mit seinem Arm seinen Oberkörper und stützte sein Kinn mit der anderen Hand. „Hmh. Soso... Yuki. Habe ich euch gestört? Du wirkst so überrascht?!“, sprach er gelassen und zog die Augenbrauen hoch. Dann rumpelte es in meinem Schrank und Shiro kam heraus. „Mephisto! Weshalb erscheinst du hier plötzlich?“, fragte er erleichtert und doch erzürnt um seine Maske vor ihm zu bewahren. Ich wandte mich leicht zu Shiro und legte die Hand flüsternd vor meine Lippen. „Das frage ich mich ständig,

wenn ihr hier immer aus dem Nichts auftaucht.“ Mephisto zwängte sich zwischen uns und begutachtete den Schattenmann mit interessierten Blicken. „Aha. So weit ist es also schon?“, erwähnte er und lief nachdenklich, sein Kinn reibend um ihn herum. Ich hatte jedoch nur ein Augenrollen und ein Schmunzeln für seine, um Aufmerksamkeit ringende Aktion übrig. „Weshalb bist du gekommen? Wer bewacht meine Bibliothek?“, fragte Shiro dann aber erzürnt. „Hach!“, begann der Rothaarige und begab sich zu meinem Bett. „Naja, ich komme nur, weil ich eine Lösung für

dein Problem habe Schatz!“ sagte er und setzte sich auf die Bettkante. „Also, ich meine nicht DIESES Problem da.“, fügte er noch hinzu und deutete mit zappelnder Hand auf mich. „Hey!-“ Ich legte meine Hände verärgert in die Hüfte. „Jaja.“, unterbrach er mich jedoch. „Darling, ich weiß, wie deine Seele verheilt!“, sagte er und überhörte mich. Shiro schritt überrascht vor. „Was? Sprich!“ Mephisto grinste und blickte Shiro verführerisch an. „Hmhh..“ und tippte sich mehrmals zeitschindend auf die Wange. Schließlich lehnte er sich zurück. „Es gibt zwei Wege mein Herz.“, begann

er. „Entweder, sie stirbt und deine Seele fügt sich wieder zusammen! - Ich übernehme gerne den Part des Mörders.“, erklärte er entspannt. Ich wich erschrocken zurück. Geschockt blickte ich zwischen beiden hin und her. Kam diese Möglichkeit wirklich in Frage? Nein. Das glaube ich nicht. Oder doch? „Die zweite Variante wäre, wenn eure Seelenteile sich auf die geringste Entfernung nähern. Eure Seelen müssen sich schon fast vereinen. Ihr könntet miteinander schlafen!“ Innerlich schreckte ich auf. Doch nach außen zeigte ich einen entgeisterten, versteinerten Blick. Beide Arten kamen

für mich nicht annähernd in Betracht. Shiro aber stand mit dem gleichen Ausdruck neben mir und wir starrten Mephisto schweigend an. „Oh meine Güte.“, seufzte Mephisto. „Ein Kuss sollte auch ausreichen!“, sagte er genervt und sah schnippisch weg. Dann legte er seinen Finger vor seine Lippen und sah uns verführerisch an. „Aber das wäre nicht so aufregend...“, flüsterte er noch. Doch ich trat entrüstet zurück und presste meine Arme um mich. Meine Wangen strahlten kochend rot „Das geht trotzdem nicht!“, sagte ich laut und hob eine Hand. „Es wäre doch nur ein Kuss!“, schob der

Rothaarige wieder ein. „Stell dich mal nicht so an! Menschen küssen sich jeden Tag!“, verdrehte er die Augen und kreuzte seine Beine übereinander. Ich fummelte nervös an meinem Shirt. Doch Mephisto war es egal, wie ich dazu stand. Dann sah ich mit großen Augen zu Shiro. Doch er wich meinen Blicken aus und stand nachdenklich vor Mephisto. Was war denn plötzlich wieder los mit ihm? „Das geht nicht...“, stotterte ich immer leiser werdend. „Ich kann doch nicht... Nein. Shiro! Das geht nicht!“, jammerte ich und richtete mich um Hilfe bittend zu ihm. Shiro jedoch ignorierte meinen Hilferuf und lief zum Bett. Er lehnte sich

langsam zur dahinter geworfenen Wäsche und holte sein Hemd schweigend hervor. Dann starrte ich wieder hilflos dem Rothaarigen in die Augen. Das konnte nicht sein Ernst sein. Doch Mephisto sah zum Schattenmann, dann drehte er sich wieder zu mir und belächelte mich. „Tz. Nur ein Kuss! Es muss ja nicht mal emotional sein! Stell dich nicht so an!“, fauchte Mephisto zickig und wedelte wieder arrogant mit seiner Hand. Im Hintergrund zog Shiro schweigend sein Hemd wieder an. Ich sah schüchtern zu Boden und spielte an meinen zerzausten Haaren. Mit meinem Fuß streifte ich in kreisender Bewegung über den Boden. „Ich kann ihn

nicht küssen...“, dann blickt ich erschrocken zu Shiro. „Also nicht, dass ich dich nicht küssen möchte, nein also. Ich meine ich möchte! Also ich möchte dir helfen! Aber.. Argh...“, verhaspelte sich meine Zunge. Ich legte meine Hände verwirrt und hoffnungslos vor mein Gesicht. „Mein.. mein erster Kuss... sollte doch mit der Person sein, die ich Liebe...“, nuschelte ich leise und sah herab. Mephisto stand genervt auf. „Och je. Niemand hatte sich bisher erbarmt sie zu Küssen. Los. Macht schnell dann habt ihr es hinter euch! Und das ganze Schlamassel ist gelöst!“ Shiro stand erbost vor ihm. „Mephisto!“,

ermahnte er ihn mit grimmiger Stimme. „Lass sie.“ Ich stand noch da und zupfte an meiner Kleidung. In was für eine Situation war ich nur geraten? Ein Kuss? Aber ich hatte doch noch nie jemanden geküsst. Mein erster Kuss darf doch kein ungewollter sein. Plötzlich fühlte ich eine Hand an meiner Schulter. „Yuki.“, sagte Shiro beruhigend. Ich drehte mich erschrocken zu ihm und sah ihn mit großen Augen an. „Shiro?“ Ich erkannte seinen aufrechten Blick. Ich sah seine braunen, offenen Augen. Ich merkte seine Nähe. Ich fühlte seine warme Hand auf meiner

Schulter. Wir sahen uns lange an. Mein Puls pochte so stark. Die Zeit blieb einen Moment lang stehen. Ich hörte nichts als meinen Herzschlag und spürte meinen tief anhaltenden Atem. Warum kam er mir so nahe? Warum kribbelte mein Bauch wenn er mich so liebevoll ansah. War da mehr? Nein. Das konnte nicht sein. Wollte mir mein Kopf das nur einreden? Meine Wangen wurden ganz rot, als unsere Blicke sich eine gefühlte Ewigkeit kreuzten. Zögernd legte ich meine Arme auf meine Brust. Wollte er mich nun doch einfach küssen? Würde ich das zulassen wollen? Sollte ich es? Sollte ich das praktisch und

emotionslos betrachten? Aber das wäre mein erster Kuss. Würde ich es denn überhaupt bereuen? Genau. Das war die Frage. Würde ich es bereuen? Will ich es nicht vielleicht sogar? Einen sanften Kuss von seinen warmen Lippen. „Yuki!“, sagte er wieder. Ich klimperte verdattert mit den Augen und besann mich wieder. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde mir deinen ersten Kuss nicht erzwingen. Verspreche ich dir. Und nimm Mephisto nicht so ernst. Er meint es gar nicht so böse wie es sich immer anhört.“ grinste er und stellte sich wieder locker hin. Erstarrt klimperte ich einige Male mit

meinen Lidern. Und im nächsten Augenblick drehte ich mich von ihm weg und schlug mir gegen die Wangen. Was hatte ich da nur gedacht? Was war nur los mit mir? Dann streifte ich durch meine Haare. Was wollte ich mir denn vorstellen? Wie bescheuert. Mir waren meine Gedanken wieder peinlich. Natürlich darf ich da nicht emotional dran gehen! Was ein Quatsch. Als wenn da noch mehr wäre. Da ist nichts! Und Shiro wird keine Gefühle für mich haben, also habe ich keine für ihn. - Redete ich mir ein. „Arrrgghh...“, ich zerknautschte mit meinen Händen mein Gesicht und schaute

beschämt zur Decke. „Soll ich sie einfach töten?“, frage Mephisto nun. Schnell räusperte ich mich und drehte mich wieder zu ihm. „Ehm.. Hey!.. Was?“ „Nein. Keine Sorge. Das ist nicht sein Ernst.“, lächelte Shiro und ging an mir vorbei. Ich sah ihm hinterher. Er könnte mich einfach überrumpeln. Er könnte ganz einfach seine Kraft wieder bekommen. Er könnte mich locker töten. Oder wäre auch in der Lage einen Kuss zu erzwingen oder mehr. Aber er respektierte mich und meine Entscheidung.

Doch mich wunderte, weshalb Mephisto auf Shiro hörte, obwohl er nur ein Mensch war. Ich ballte meine Faust und runzelte ernst die Stirn. Es war nur meine Schuld, dass er in diese Lage geraten war! Es war meine Pflicht ihm zu helfen! Ja! Ich musste es einfach praktisch sehen! Wenn ihm ein Kuss helfen sollte, dann soll er einen Kuss bekommen! Und wenn mein erster Kuss von jemanden sein soll, den ich liebe. Dann sollte ich meinen ersten Liebeskuss schnellstmöglich „abholen“! Damit ich Shiro meinen zweiten Kuss schenken konnte! Schnell lief ich ihm hinterher. „Shiro!“,

ich sah ihn energisch an und griff ihn an seinem Ärmel. Er verzog überrascht die Augenbrauen und wich etwas zurück. „Hmh?“ „Ich helfe dir! Aber vorher, brauche ich Deeons Hilfe! Wie kommen wir zu ihm?!“, sagte ich und hob den Finger lehrend. „Was? Deeon? Wie sollte er denn hilfreich sein?“, kam es arrogant aus meinem Zimmer und Mephisto folgte uns. Zögernd zog ich meine Hand zurück. „Ehm.. also... ich.. Ist doch egal! Ich brauche seine Hilfe! Wir müssen zu ihm! Wie kommen wir denn jetzt zu ihm? Können wir ihn einfach rufen oder

so?“ Doch Shiro tätschelte mir den Kopf. „Nimm das alles nicht so ernst. Meine Seele verheilt schon von alleine. Auch Deeon kann da nicht viel dran ändern.“ Ich presste meine Hände ineinander und blickte zu ihm hinauf. „Bitte...“ Dann erröteten meine Wangen und ich sah weg. Shiro erkannte mit überraschten Blick meine Gedanken. Ich musste ihm helfen. Und daher musste ich schnellstmöglich meinen ersten Kuss  von der Person, die ich liebe erhalten. Und das war Deeon. Das bedeutete ja, dass ich ihm meine Liebe gestehen

müsste! Wie nur beichte ich ihm davon? Würde er mich denn Küssen? Würde er meine Gefühle erwidern? Würde er wenigstens meine Bitte erhören? Gedankenverloren legte ich meine Hände auf meine Wangen und träumte vor mich hin. Er würde seine Hände auf meine Wangen legen und mir tief in die Augen sehen. Vor Aufregung könnte ich mich nicht bewegen und wäre ihm vollkommen erlegen. Doch seine wärmende Nähe würde mein vor Aufregung rasendes Herz beruhigen. Seine liebevolle Stimme würde mir auch seine Liebe gestehen. Das er, wie ich, seit unserer ersten

Begegnung nur an mich denken konnte. Dann legt er sanft seine Hand an meine Hüfte und würde mich an sich drücken. Und unsere Lippen berühren sich ganz zart. Und mein Herz und Körper gehören ganz ihm. „Hach...“, stöhnte ich verliebt ohne zu bemerken, dass Shiro genervt von mir weg ging und in die Küche lief. Dann schüttelte ich den Kopf. „Hey! Shiro! Was ist denn jetzt?!“, fragte ich und schaute ihm hinterher. Er kam aus der Küche mit einem Apfel und setzte sich wieder an den Tisch. „Meine menschliche Hülle ist geschwächt. Ich muss sie erst wieder

stärken!“, meinte er mürrisch und biss hinein. Ich setzte mich aufgeregt vor ihn. „Wann gehen wir denn zu Deeon?“, fragte ich aufdringlich. Doch Shiro aß einfach weiter. Ich durchbohrte ihn mit meinem aufdringlichen Blick. Er sah mich an, dann biss er wieder vom Apfel ab, sah weg und kaute weiter. „Heey!“, moserte ich aufdringlich. „Wie kommen wir zu Deeon?“ „Du solltest frühstücken. Das ist wichtig für einen Menschen!“, sagte er und deutete auf seinen Apfel. Ich kniff meine Augen zu einem grimmigen Schlitzt zusammen und starrte

ihn an. „Heey! Antworte mir! Wieso weichst du vom Thema ab?“ Shiro lehnte sich zurück. Schließlich sah er mich an und legte seinen Apfel auf den Tisch. „Es ist nicht notwendig, dass wir zu Deeon gehen. Er wird nicht helfen.“, sagte er und zog kurz die Augenbrauen hoch. Ich biss auf meine Lippe. „Doch... also. Er wird helfen.“, meinte ich stotternd. Mephisto mischte sich wieder ein und lehnte sich an die Couch. „Ich würde es bevorzugen, wenn Deeon nicht hilft! Dieser arrogante, gefallene Engel kann uns doch gestohlen bleiben! Ich weiß sowieso nicht, warum du so viel von ihm

sprichst!“ Ich setzte mich nervös auf. „Ehm... ist egal! Man! Jetzt lass doch endlich zu Deeon! Dann haben wir es hinter uns! Wie du gesagt hast!“, forderte ich beide auf und schnappte den Apfel vom Tisch. Ich ließ ihn sanft von einer Hand in die andere fallen und betrachtete dessen rote Schale. Schließlich begegnete ich Shiro mit einem traurigen Hundeblick. Doch er wich nur wieder aus und tippte mehrmals nachdenklich mit seinem Finger auf den Tisch. Ich wusste, dass er keine Hilfe von Deeon annehmen wollte. Es hätte jede andere Person sein können, außer er.

„Was soll Deeon schon tun können?“, moserte Mephisto und hob die Augenbraue. „Außer wenn er dich töten würde oder... Oh. Achso.“ Ich biss auffällig die Lippen aufeinander und errötete. Mephisto wusste wohl, was ich vor hatte. Er lief langsam auf mich zu und schmunzelte arrogant. „Liebes, er ist ein Engel. Er wird dich nicht küssen!“, sagte er und hielt mich an meinen Schultern. „Es ist nur die Aura, die Menschen so verführen.“ Aber ich ging von ihm weg und ballte die Fäuste. „Nein! Da ist noch mehr! Ich weiß es!“, sagte ich laut und

energisch. Aber Mephisto lachte laut und verdrehte die Augen. „Pah! Das sagt wohl bestimmt jede die er verführen will! Jaja, er ist was besonderes. Er ist ja auch ein Engel! Aber meine Süße...“, er wurde von seiner hellen, schnippischen Stimme immer finsterer und ernster, „Er ist ein gefallener Engel. Das hat auch einen Grund. Vergiss das nicht.“ Mich überrumpelte die Tatsache, die er ansprach. Aber ich wollte nicht aufgeben! Ich wusste, dass uns etwas verbinden musste! Da war noch mehr! Dieses Gefühl, das ich habe wenn er mich in den Arm nimmt. Die Art wie er mich beschützt. Da muss mehr sein!

Ich wollte Mephistos Worten nicht weiter zuhören. Es musste einen Grund haben, warum ich Deeon getroffen habe! „Shiro! Bitte...“, ich wandte mich wieder dem Schattenmann zu der grübelnd wegsah. „Ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst. Aber ich weiß, dass er mir nicht wehtun würde. Ich weiß dass er mir helfen wird.“, war ich der festen Überzeugung. Um ihn jedoch nicht aufzuregen und dadurch ein Einverständnis zu gefährden, blieb ich ruhig und still sitzen. Ich war etwas nervös. Ich wollte Deeon unbedingt sehen. Auch wenn ich mich dadurch selber zwingen müsste, ihm

meine Gefühle zu offenbaren, wollte ich schnellstmöglich zu ihm. Trotz leichter Angst, freute sich mein Herz. „Mephisto. Bitte.“ Nun ging ich zu dem Rothaarigen und hielt seine Hand fest zwischen meinen Händen. „Mephisto..“, bat ich mit strahlenden Augen. Ich wollte es unbedingt. Überrascht verzog er sein Gesicht. „Oh meine Güte. Du bist ja echt überzeugt. Das ist dumm und naiv.“, hörte ich erstaunt von ihm und er drehte sich fragend zu Shiro. Dieser stand schließlich auf und strich sich durch die Haare. „Meinetwegen!“, fauchte er unglücklich und stellte sich hin.

Mein Lächeln wurde immer breiter. Glücklich sah ich zu ihm und schmunzelte erleichtert „Und wie kommen wir zu ihm?“ Doch Shiro überkreuzte seine Arme ineinander. „Wir können nicht einfach zu ihm. Wir sind Menschen. Und ich kann nicht sagen wo er sich aufhält. Daher kommt er hierhin!“ „Gut!“, strahlte ich und hüpfte zu ihm. „Und wie kommt er hier hin?“ „Du könntest versuchen ihn zu bitten. Ruf ihn doch. Aber ich denke nicht, dass er dich hören wird.“ Mephisto hob zickig die Hand. „Natürlich wird er nicht von alleine

kommen.“ „Rufen? Wie? Einfach so?!“, fragte ich stirnrunzelnd. „Ja. Stell dich hin. Dann nennst du aufrichtig seinen Namen. Aber Engel sind immer sehr eigen. Besonders gefallene. Er wird bestimmt nicht kommen.“, erklärte Shiro brummig. „Na gut!“, sagte ich bereit und stellte mich gerade hin. Ich schloss meine Augen und legte meine Hände zusammen auf meinen Brustkorb. Dann atmete ich tief ein. Mephisto und Shiro standen nebeneinander. „Das wird doch nie was.“, flüsterte Mephisto Shiro zu. Ich hörte die Zweifel, wollte mich aber

nicht ablenken lassen! „Deeon. Deeon! Bitte komm zu mir.“, flüsterte ich. „Bitte komm her.“ Dieser Wunsch kam aus den Tiefen meines Herzens. Ich wollte ihn so sehr sehen. Ich wollte ihm endlich sagen, was ich fühlte. Dann war es leise. Ich wartete einen Moment und öffnete meine Augen wieder. „Hat es geklappt?“ Doch Shiro sah mich genervt an. „Nein.“ „Sag ich doch!“, nörgelte Mephisto. „Vielleicht war es zu leise?“, schnell schloss ich wieder meine Augen. „Deeon. Komm bitte zu uns! Deeon!“, forderte ich etwas lauter. „Yuki! Hör auf. Der wird nicht kommen!“, sagte Shiro und legte seine

Hände in seine Hosentaschen. „War doch klar, dass er nicht helfen wird...“, fügte er leise hinzu. Ich war etwas geschockt. Sollte meine Hoffnung nun einfach dahinschwinden? Nur weil er mich nicht hört? Hartnäckig faltete ich meine Hände ineinander und richtete meinen Kopf betend herab. „Deeon bitte. Ich muss dir doch etwas sagen.“ Shiro stellte sich vor mich. „Lass es. Er enttäuscht dich nur.“ Niedergeschlagen sah ich in Shiros wütenden Augen. Er war nicht wegen mir sauer, sondern wegen Deeon. Dann legte er seine Hand auf meine Schulter. „Wenn er nicht von alleine

kommt, zwingen wir ihn eben!“, seufzte er und setzte sich. „Was...? Oh... Ok.!“, antwortete ich deprimiert und setzte mich ebenso zurück an den Tisch, meinen Blick immer aufmerksam auf ihn gerichtet. Energisch ließ er seine Fingerknöchel laut knacken und seinen Nacken. „Dann mal los!“ Er blickte zu Mephisto. „Wir brauchen eine deiner Sigillen!“, sagte er direkt. „Sigille?“, fragte er und wich zurück. „Das solltest du nicht tun!“ Ich verstand kein Wort von dem Gespräch. Beide ignorierten mich jedoch auch so gut, dass sie es nicht für nötig

hielten, mich aufzuklären. Wie eine zurückgelassene Katze saß ich dort und starrte beide an. Mir war egal was passiert. Hauptsache ich sehe Deeon. „Du weißt, dass gerade du in deinem Zustand besser aufpassen solltest was du tust.“, Mephisto stellte sich locker mit einer Hand in der Hüfte hin und spreizte den Zeigefinger mit der anderen erhobenen Hand. „Gib mir das Amulett mit der Sigille für Engel!“, sagte Shiro und und öffnete seine Handfläche fordernd. Zögernd blickte Mephisto auf seine Hand und seine ernste Miene. Dann schnipste er brummig mit seiner erhobenen Hand

und eine Tasche puffte in der Luft auf. Der Rothaarige fing diese gelassen und griff hinein. „Du benimmst dich seltsam Darling. Ich bin erleichtert, wenn du wieder ein Dämon bist und bei klarem Verstand!“, murmelte er dabei vor sich hin. Heraus holte er ein kleines silbernes, Münzen ähnliches Amulett. Es war nicht besonders groß und wirkte wie eine Art Anhänger. Drauf graviert war ein kleines Muster mit geraden Strichen und Punkten. Von der Weite war es zu klein um es genau zu erkennen. „Hier, aber bedenke was du tust.“, sagte er zögerlich und biss sich auf die Lippe. Shiro nahm das Amulett und wurde ganz

ernst. „Ich nicht. Sie macht es.“ Nun ging er kurz in die Küche. „Was mache ich?“, fragte ich plump und stand auf. Plötzlich kam er wieder zurück und stellte sich ganz nahe vor mich. „Gottchen! Du wirst deinen Deeon beschwören! Denk doch mal mit!“, motzte Mephisto und stöhnte laut. „Hmh?!“, überrascht sah ich ihn mit großen Augen an. „Mit einer Sigille kannst du bestimmte Wesen rufen, die sogar damit geschwächt werden können. Dafür wird nur die Kraft der Sigille gebraucht und Blut des Beschwörers!“ „Blut?“, fragte ich. Dann sah ich

plötzlich ein Messer in Shiros Hand. „WOW!“, ich wich erschrocken zurück, doch er hielt meine Hand sicher fest. „Hey! Was machst du!“ Ich hatte keine Angst vor ihm. Ich war mir sicher, dass er mir nichts schlimmes antun würde. Doch die ganze Situation kam mir suspekt vor. „Halt still. Das tut ein bisschen weh! Aber du willst ja Deeon sehen!“, sagte er und legte mir das Messer leicht mit der Schnittseite in die Handfläche. Dann wartete er auf meine Einverständnis. „Oh... ok.“, nickte ich zögerlich. Neugierig beobachtete ich, was er tat, auch wenn es schmerzte. Es war ein kleiner, flacher Schnitt. Nicht sehr tief,

aber tief genug, damit etwas Blut heraus glitt. Mephisto betrachtete das Geschehen schweigend, stehend von der Couch aus. Ich biss die Zähne zusammen und runzelte die Stirn. „Hmmh. Aua...“, jammerte ich. „Und wie soll das helfen Deeon zu holen?“ Shiro legte mir das Amulett in die Hand, sodass es etwas mit meinem Blut bedeckt wurde. „Lege es auf den Boden! Richte deine Gedanken auf Deeon! Dann sprichst du seinen Namen und nimmst etwas Abstand.“ „Ehm.. okee.“, zögerte ich. Dann ließ er mich los und ich stellte mich in die Mitte des

Raumes. Das Amulett hatte etwas Blut an sich haften. Ich drehte es in meiner Hand und kniete mich auf den Boden. Würde Deeon gleich hier sein? Was soll ich sagen, wenn er da ist? Moment! Ich war noch nicht bereit! Mein Körper war plötzlich wie eingefroren. Alle meine Muskeln verkrampften sich zu einer starren Statue als ich mein Problem erkannte. Ich wollte Deeon meine Gefühle offenbaren. Würde er sie denn annehmen? Würde er mir meinen ersten Kuss schenken? Wie reagiert er? Mein Atem blieb eine Zeit lang stehen und ich starrte mit aufgerissenen Augen herab in Richtung

meiner Hand. Wenn ich dieses Amulett nun dort hinlege, wird er erscheinen. Wie bereite ich mich denn vor? Ich hatte darüber doch gar nicht nachgedacht! Plötzlich war mir das alles zu schnell, auch wenn ich wollte, dass ich ihn schnellstmöglich sehen kann! „Jetzt mach schon!“, kam es hinter mir von dem rothaarigen Dämon. Ich schluckte nervös. „J..jaa... Ich mach ja schon!“, zitternd legte ich das Amulett auf den Boden. Jetzt gleich geht’s los. Augen zu und durch! Ich kniff meine Augenlider fest zusammen und presste meine Hand auf den Boden. „Deeon!“, sagte ich laut und deutlich. Ich dachte an sein Gesicht. An

seine hellen Augen und sein blondes Haar. An sein immer lächelndes Gesicht wenn er mich anblickte. Mein Herz fühlte sich ihm hingezogen. „Deeon!“ Langsam bemerkte ich eine sanfte Wärme die von der Münze ausging. Als ich meine Handfläche von ihr nahm, erstrahlte ein Licht hervor. „Hmh?“ Schnell stand ich wieder auf und bewegte mich einen Schritt zurück. „Und jetzt?“ Ich richtete mich fragend zu Shiro. Er saß wieder gelassen am Tisch und lehnte seinen Kopf auf seine Hand. Seine Miene zeigte ein gemäßigtes aber erfreutes Lächeln. Worüber freute er sich denn jetzt? Mephisto stand mit überkreuzten Armen

noch immer an der Couch. Auch ihm konnte man eine gewissen Freude vom Gesicht lesen. Warum? Das Amulett glänzte. Dann entstand ein großer, weiß strahlender Kreis am Boden. Er breitete sich etwas aus und erhellte den kompletten Raum. Aufgeregt beobachtete ich, was geschah. Einige Male pochte dieses Leuchten in einem angenehmen, beruhigenden Tempo. Dieses Licht war so schön und erstaunlich. Langsam wurde es immer greller. Es war wie ein Lichtstrahl durch das ganze Haus. So grell, dass ich leicht weg sehen musste und die Hand schützend vor meinen Augen hielt. Und dann war es endlich so weit. Ich sah

die Silhouette einer Person. Je dumpfer das Licht wurde, desto besser konnte ich Deeon erkennen, welcher in dem Kreis auftauchte. Auf einmal verdunkelte sich der Strahl und nur der Kreis blieb am Boden bestehen.

Ein Gespräch

Ich lächelte vor Glück. Deeon wird sich bestimmt wundern, dass ich ihn gerufen habe. Doch ich freute mich so sehr, dass er endlich da war. Er stand dort und blickte sich fragend um. Dann erkannte er mich. „Yuki?“ Ich lief fröhlich auf ihn zu. „Deeon! Hihi! Du bist wirklich hier! Das freut mich!“, sagte ich und stellte mich nahe vor ihn. Ich was so glücklich und doch nervös. Wie sollte ich nur beginnen? Ich schaute ihn wie von Amors Pfeil getroffen an, er jedoch sah ernst an mir vorbei zu Shiro. „Wieso hast du das getan?!“, kam es erzürnt von ihm. Dann sah er zu Mephisto. „Was habt ihr vor?!

Warum habt ihr das getan?!“ Deeon wirkte überrumpelt und wütend. Er stellte sich aufmerksam hin um auf alles gefasst zu sein. Shiro aber grinste vergnügt und zeigte auf mich. „Sie war es.“, erklärte er mit schadenfrohem Unterton. Unwissend blickte ich zwischen beiden her. Hatte ich etwas falsches gemacht? „Deeon! Ich wollte, dass du her kommst! Ich.. ich hatte dich gerufen.“, nahm ich die Schuld auf mich. „Yuki. Was hat er dir angetan?!“, Deeon erkannt das Blut an meiner Hand. „Was ist passiert?“, er wollte sanft meine Hand halten. Doch sobald er über die Umrandung des Kreises hinaus wollte,

blitzte plötzlich eine Barriere auf. „Argh!“ Schnell zog er seine Hand weg. Auch ich wich schockiert zurück. „Was.. war das?!“ Mephisto lief neben mich und sah Deeon triumphierend an. „Du wolltest, dass er her kommt. Und weil unser lieber Herr „gefallener Engel“ ja nicht von alleine kommen wollte, musstest du ihn in diesem Käfig beschwören.“ grinste er. „Käfig?!“, fragte ich laut. „Passend für dieses geflügelte Wesen! Nur du kannst zu ihm hinein und wieder heraus. Und er bleibt dort, solange das Medaillon auf dem Boden liegt.“ Erschrocken drehte ich mich zu Deeon und legte meine Hand vor den Mund.

„Das wusste ich nicht! Deeon! Es.. tut mir leid! Ich... ich...-“ „Das konntest du nicht wissen. Ist schon in Ordnung.“, beruhigte er mich. Dann öffnete er seine Hand, so dass ich meine beruhigt hineinlegen konnte. „Sag mir, was so wichtig ist, dass du mich unbedingt jetzt brauchst.“, lächelte er mich an. Mir gegenüber hegte er keinen Gräuel. Im Gegenteil. Auch jetzt noch beschützte er mich liebevoll. Er trat einen Schritt zurück sodass ich zu ihm gehen konnte. Nun stand ich ganz nahe bei ihm. Durch den Kreis am Boden wirkte es wie ein kleiner Raum, wodurch unsere Nähe sich noch vertrauter

anfühlte. Meine Wangen wurden rot. Ich sah ihm lange in seine wunderschönen Augen. Dieses beruhigende Lächeln und seine ritterliche Art gaben mir eine Gänsehaut. Seine warmen Hände gaben mir das Gefühl von Sicherheit und seine aufrichtige Art vernichtete alle Trauer und Sorgen die ich hatte. „Ich wollte.. dich um deine Hilfe bitten!“, sagte ich zögernd und blickte wieder weg. Mein Herz schlug wie wild. Ich werde es ihm nun sagen. Jetzt kommt der Augenblick. „Wobei darf ich dir denn helfen?“, fragte Deeon

ruhig. „Ich... ich...“, dann drehte ich mich zu Shiro und Mephisto um, die uns beobachteten. „Könntet ihr wohl bitte den Raum verlassen?!“, motzte ich mit rotem Gesicht. Genervt stand Shiro auf. „Tz..“, schüttelte er den Kopf und erfüllte meine Bitte. Er lief mürrisch in mein Zimmer und Mephisto folgte ihm mit lautem Gestöne. „Och. Zufrieden?!“ und schloss die Tür mit einem Knall. „Wie kann ich dir helfen Yuki?“, sanft legte Deeon seine Hand auf meine Wange und drehte meinen Kopf in seine Richtung. „Du hast sie ja schon gut im Griff, was?“, lächelte er.

Ich kicherte leise. Doch mein Herz schmolz dahin als wir uns so unendlich nahe kamen. Meine Beine wurden ganz weich und meine Brust warm. „Deeon...“, begann ich leise und legte meine Hand auf seine Brust. „Ich weiß... das kommt vielleicht unerwartet, aber... ich...“ Ein stottern kam von meinem Mund. Es wollte einfach nicht aus mir heraus. Was sollte ich sagen. So Etwas habe ich noch nie gemacht! Ich biss auf meine Lippen und schloss kurz die Augen. Dann holte ich tief Luft. Ich beruhigte mich und sammelte meinen Mut. „Deeon! Ich empfinde mehr für dich! Seitdem du mich damals

aufgefangen hast, muss ich immer wieder an dich denken! Ich bitte dich... würdest du mir meinen ersten Kuss schenken?“, platzte es aus mir heraus und ich stellte mich schüchtern, leicht vorgebeugt vor ihn hin. Ich konnte ihm dabei nicht in die Augen sehen. Aber endlich hatte ich es gesagt! Dann war es still. Nach ein paar Sekunden öffnete ich das linke Auge, dann das Rechte und sah zu ihm hinauf. Er schwieg. Doch dieses Mal mit einem Mitleid fühlendem und besorgtem Blick. „Was sagst du dazu?“, zögerte ich, um

die unangenehme Stille zu brechen. Er legte seine Hand auf meinen Kopf und streichelte mein Haar. „Yuki... Ich fühle mich geehrt, dass du mir das offenbarst. Und ich weiß, dass es dir sicher schwer gefallen haben muss. Und du hast sehr viel Mut aufgenommen um das zu sagen.“, dann legte er seine Hand an mein Kinn, hob mein schüchternes Gesicht. Ich legte meine Hand beruhigt auf seine. Er sah mich innig und aufrichtig an. „Aber meine Liebe gehört schon jemanden. Ich kann dir deinen Wunsch nicht erfüllen. Es tut mir Leid. Deine Gefühle werde ich niemals erwidern

können.“ Mein Herz zerbrach wie ein zerschlagener Spiegel. Warum hörten sich seine seichten Worte und seine beruhigende Stimme gerade so schmerzhaft an? Als würden sie mit Messern meine Seele erstechen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Äußerlich klimperte ich kurz mit den Augen um mich in meinem schmerzvoll vereistem Körper zu besinnen. „Ehm.. ok. Das.. verstehe ich.“, stotterte ich und trat zurück. „Ehm.. das ist nicht schlimm. Hehe.“, peinlich berührt streifte ich mein Haar hinter mein Ohr. Da meine Augen sich leicht mit Tränen

füllten, versuchte ich mich von ihm ab zu wenden. „Gut gut. Ja. Ok. Ehm.. tut mir Leid, dass ich dich dann gerufen habe und so... ich.. ehm... ich nehme das hier mal weg.“, faselte ich vor mich hin und nahm schnell das Amulett vom Boden auf, immer bemüht ihm nicht meine tränenden Augen zu offenbaren. Der weiße Kreis verschwand und der Bann wurde aufgelöst. Sofort drehte ich mich weg und wischte mir die Augen. „Ja.. Ehm.. Also dann...“, zitterte meine Stimme tapfer. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich fühlte mich so schlecht. Meine Gedanken waren wie gelöscht. Und dann fühlte ich hinter mir, seine Hand auf meiner

Schulter. „Yuki. Es tut mir Leid.“, sagte er zuletzt und verschwand zusammen mit dem Kreis. Der Schattenmann hockte diese Zeit in meinem Zimmer an der Tür. Mephisto stand nur schweigend neben ihm und lehnte sich an den Schrank. Gehört hatten sie nichts. Jedoch störte Shiro der Gedanke, dass ich mit Deeon alleine war. „Warum immer er..?“, ärgerte er sich und sah aus dem Fenster. Die Sonne war nun komplett aufgegangen und die Wolken hatten sich verzogen. Dann wischte er sich betroffen durch seine Haare. „Darling. Das bist du doch selber Schuld.

Wenn du ihn auch noch her bringst.“ Shiro lehnte seinen Kopf an die Tür. „Verdammt.. was ist nur los mit mir?“ „Schatz. Lass sie doch! Du hast immer noch mich!“, versuchte Mephisto die Stimmung zu lockern und hielt ihm die Hand hin. Einen hasserfüllten, tödlichen Blick erhielt er nur als Antwort. „Haaach.“, er zog die Hand wieder zurück. „Gut, dass du nur ein Mensch bist. Sonst wäre ich jetzt bestimmt ausgelöscht. Hehe...“, kratzte er sich nun an der Schläfe. Dann machte er eine leichte Kopfbewegung zur Tür. „Sind die schon fertig?“, fragte er. Ruhelos stand Shiro auf. Dann legte die

Hand auf den Türhenkel und drückte ihn leise herunter. Mit kalter aber neugieriger Miene blickte er heimlich durch einen kleinen Schlitz. Deeon war bereits weg. Also öffnete er die Tür komplett und stellte sich überrascht in den Rahmen. Mephisto schaute ihm über seine Schulter. Sie sahen mich deprimiert auf dem Stuhl sitzen. Ich hatte mich mit meinem gesamten Oberkörper auf den Tisch ausgebreitet und verzog keine Miene. Mit meinem Arm verdeckte ich mein jämmerliches Gesicht. Ich fühlte eine tiefe emotionslose Leere. Mein Herz schmerzte höllisch und mein Körper fühlte sich so schwer an. Ich

wollte mich weder bewegen, noch jemanden sehen. Ich wollte einfach alleine sein. Ich hatte nicht einmal die kraft meinen Unmut in Tränen auszudrücken. Mephisto lief verwundert an Shiro vorbei und auf mich zu. „Was ist denn mit dir passiert? Hat Deeon dir nun endlich geholfen?“, frage er und beugte sich etwas zu mir herunter. Diese Worten trafen mein blutendes Herz. Langsam drehte ich meinen Kopf zu ihm und legte ihn wieder auf dem Tisch ab. „Er... er... Nein...“, flüsterte ich niedergeschlagen. Sofort legte ich demütig meine Hand wieder vor mein

Gesicht. Der Schattenmann verzog etwas seine Augen. „Was ist denn passiert? Was ist los mit ihr?“, fragte er aus sicherem Abstand. Doch von mir war nur ein Seelenloses, verzweifeltes Stöhnen zu hören. Die Zeit verging als ich in diesem vegetierendem Zustand harrte. Die Stunden waren mir egal. Irgendwann saß ich am Boden und lehnte mich seitlich an das Holzende meines Bettes. Wie bin ich überhaupt hier hin gekommen? Ich hatte mich wohl irgendwie hier hin geschleift und mich in meiner Decke verkrochen. Mit dem Rücken zur Tür gedreht starrte

ich auf meinen kleinen Fernseher der an der Wand auf dem Boden stand. Mit dunklen Augenringen sah ich pausenlos auf den leuchtenden Bildschirm. Alles um mich herum blendete ich aus. Mir war alles egal. Nie fühlte ich mich so niedergeschmettert und leer. Es war, als würde mir etwas fehlen. Nun hatte ich schon Nami nicht mehr vertrauen können, meinem Vater konnte ich nicht von meinen neuen Erfahrungen erzählen und nun wandte sich auch noch Deeon von mir ab. Ich wollte nicht mehr. Ich wollte nichts mehr tun. Ich wollte nichts mehr sagen. Ich wollte mich nicht mehr bewegen. Einfach hier herumsitzen und alles

vergessen. „Ohje, das sieht wirklich nicht gut aus. Soll ich sie nicht doch lieber umbringen? Ist besser für uns alle.“, sagte Mephisto und begutachtete mich nachdenklich von Weitem. Er und Shiro standen in der Tür wie besorgte Eltern und beobachteten mich. Der Schattenmann überkreuzte seine Arme beunruhigt ineinander und wandte seinen Blick nicht ab. „Wie lange will sie sich noch so benehmen? Sie isst nicht. Und sie trinkt nicht. Schon den ganzen Tag.“ Der Rothaarige sah sich in meinem Zimmer um und sah die volle Tasse

Baldriantee, welcher mir Shiro zur Beruhigung hingelegt hatte. Auch der Teller mit der, nun wieder kalten Pizza lag unberührt neben mir. Mephisto drehte sich zu Shiro und zog die Augenbrauen verdächtig hoch. „Findest du nicht, dass du sie zu viel bedienst, Darling!?“ Ertappt vertuschte Shiro seine Sorgen hinter seinem typischen genervtem Blick. Dann lehnte er sich vor, griff den Türhenkel und schloss die Tür wieder. „Ich weiß nicht was ich noch machen soll.“, schimpfte er und setzte sich an den Tisch. „Sie spricht nicht mit mir. Sie hockt einfach da und starrt auf dieses leuchtende

Gerät.-“ „Fernseher.“ „Und wenn ich mit ihr rede, dann schaut sie mich nicht einmal an! Sondern achtet nur auf diese bewegten Bilder.-“ „Film.“ Shiro atmete schwer aus und lehnte er sich ratlos zurück an die Stuhllehne. Der Rothaarige schmollte grübelnd und faste sich nachdenklich an sein Kinn. „Hmh... Darling. Hör auf dir solche Sorgen zu machen. Soll sich doch irgend eine Freundin um sie kümmern?!“, erklärte Mephistoteles und begutachtete dabei seine Nägel. „Freundin?“ Shrio begann zu grinsen. „Das wäre ein Versuch wert. Aber das

wird dir gar nicht gefallen.“ „Was wird mir nicht gefallen?“ Es dauerte gar nicht lange, da herrschte wieder eine unruhige Stimmung. So ruhig und kalt es draußen auf den Straßen war, so kochte die angespannte Atmosphäre im Haus. Während ich noch immer nichtsahnend und desinteressiert vor meinem Fernseher hockte, standen Mephisto und Nami sich im Wohnzimmer grimmig gegenüber. Die Luft knisterte von ihrer zurückgehaltenen Wut. Mephisto stand mit seinem giftigen Blick im Raum ließ Nami keine Sekunde aus den Augen. Diese stand selbstbewusst an der Haustür

mit den Händen in der Hüfte und hielt dem hassenden Blick stand. Keiner von beiden wollte nur ansatzweise Schwäche zeigen. Und keiner von beiden hörte mit den giftigen Blicken auf. Shiro saß am Tisch und blickte nur gelangweilt in den Raum. „Wie lange wollt ihr das noch machen?“, fragte er und tippte nachdenklich mit seinem Finger auf dem Tisch herum „Könnt ihr damit aufhören? Es hat einen Grund warum du hier bist. Und der Grund hockt in diesem Raum.“, sagte er zu Nami und zeigte auf die Zimmertür. Mephisto lockerte seine Halting und kämmte sich mit der Hand durch sein Haar. „Hmh... stimmt. Ob gefallener,

oder halber Engel. Auf dieses Niveau will ich mich nicht begeben.“, erklärte er hochnäsig und richtete seine Kleidung. „Pff. Ein eingerosteter alter Dämon. Ich nehme es dir nicht böse, dass du so griesgrämig  und faltig geworden bist. Wir werden alle nicht jünger.“, antwortete Nami schnippisch und deutete auf Mephistos Gesicht. Shrio stand auf und ging langsam zu ihr. „Lass es lieber.“, sprach er ihr ernst zu. „Immerhin ist er ein vollkommener Dämon. Und kein halber.“, sagte er mit gemeinem Grinsen. „Sagt gerade der Dämon, der als Mensch vor mir steht.“, konterte sie und hob die Augenbraue. Dann berührte sie mit nur

einem Finger kurz seinen Bauch. Vor Schmerz riss Shiro die Augen auf, umklammerte seinen Bauch und viel verkrampft und plump zu Boden. „Uhhrg..“ Man hörte noch ein leises keuchen als er am Boden hockte. „Ich gehe jetzt zu Yuki! Das wird ein Mädchengespräch. Also haltet euch entfernt!“, befahl sie und lief an ihrem Opfer vorbei zur Tür. Mephisto half Shiro auf und grummelte ihr hinterher. „Tz... ein Halbengel. Das gefällt mir wirklich überhaupt nicht.“, flüsterte der Dämon. Dann klopfte es an meiner Tür. „Yuki? Yuki ich bin es Nami! Ich komme jetzt

rein.“ Vorsichtig schob sie die Tür auf. „Hey... wie geht’s dir?“, frage sie und trat ein. Eine Zeit sah sie zu mir herüber. Mein Zimmer wirkte sehr dunkel. Ich saß noch immer an meinem Platz und wachte nicht aus meiner Traumwelt auf. Behutsam drückte Nami die Tür zurück in das Schloss. „Yuki? Was ist denn los mit dir?“, fragte sie vorsichtig und ging einige Schritte zu mir. „Yuki. Hey. So erschüttert habe ich dich ja noch nie gesehen.“, sie setzte sich auf mein Bett. „Was ist passiert?“, fragte sie und lehnte sich zu mir herüber. Sie wirkte sehr fürsorglich und sacht. Doch auch darauf antwortete ich nicht. Ich wollte meine Ruhe. Ich wollte meine

Gedanken sammeln. Wie sollte Nami mir helfen? Was konnte ich ihr nach alle dem noch anvertrauen? Ich fühlte mich so schlecht. Je mehr sie versuchte mir ihre Hilfe aufzuzwingen, wollte ich, dass sie geht. Ich wusste nicht mehr was richtig und was falsch war. Ich wollte einfach alleine sein. Nami sprach jedoch weiter. Worüber sie redete interessierte mich nicht. Es war ein dumpfes Gefasel, welches ich mit Hilfe der Filmmusik gut überhörte. Sie würde schon gehen und mich in Ruhe lassen. Ich hätte noch so viele Fragen. Aber auch diese waren mir gerade egal. Ich hatte einfach keine Kraft mehr mir wieder Gedanken zu

machen. Ich wollte das nicht mehr. „Wirklich. Wenn du möchtest, mache ich das für dich.“, hörte ich zuletzt, bevor Nami plötzlich neben mich trat und meine Schulter berühren wollte. Ich wich zurück. „Lass das!“, sagte ich kränklich und haute ihre Hand weg. Mit meinen schwachen Augen und meinem blassen Gesicht starrte ich sie über meine Schulter an. Sie schreckte zurück und nahm ihre Hand wieder zu sich. „Ich will nicht von dir manipuliert werden. Lass mich einfach allein.“ Das wollte ich nicht wieder durchmachen. Wieso musste sie mich so verletzen? Wieso wollten mich alle verletzen? Egal

wie sehr meine Wort sie trafen. Ich wollte nicht, dass sie bei mir ist. Nami akzeptierte verwundert meine Meinung und schluckte kurz. „Ok...“, antwortete sie leise. Betrübt drehte ich mich wieder von ihr weg und schenkte ihr keine Aufmerksamkeit mehr. „Lasst mich doch einfach alle in Ruhe..“, sagte ich so dahin, als Nami wortlos wieder mein Zimmer verließ. „Was habt ihr mit Yuki gemacht?! Was ist passiert?!“, keifte es in das Wohnzimmer als Nami die Tür wieder schloss. Mephisto und Shiro schreckten leicht zusammen und sahen sie

unbeeindruckt an, als sie sich garstig mit den Händen in der Hüfte vor ihnen stellte. „Oho! Nein wir haben nichts gemacht! Bist ja anscheinend doch keine so gute Freundin! Sollten wir dir dann überhaupt etwas anvertrauen?“, fauchte Mephisto skeptisch zurück und lehnte sich mit überschlagenen Beinen gemütlich zurück. „Tze... das muss ich mir nicht antun.“, verweigerte Nami ein weiteres Gespräch. „Ich hau hier wieder ab!“, keifte sie und lief gerade Wegs zur Tür. Mephisto rollte die Augen und streifte sich die Haare aus seinem Gesicht. „Pf.. geh. Ich halte dich nicht auf!“ Doch sie blieb noch kurz an der Haustür

stehen und drehte sich um. „Wehe ihr tut ihr etwas an!“, drohte sie noch. Dabei blickte sie direkt Shiro in die Augen. Er erwiderte verdutzt ihren Blick aber schwieg. Mit einem Knall war die Tür wieder zu und Nami verschwunden. „Zicke..“, lästerte der Rothaarige und sah beleidigt weg. Shiro runzelte die Stirn und legte seinen Mund nachdenklich auf seine ineinander gelegten Hände.  „Sie hatte sich ganz anders benommen.“ Betrübt blickte er träumend auf den Tisch. Der Rothaarige stand aufgebracht auf und sah Nami nach. „Dieser gefallene Engel kann niemals ihre Freundin sein! Irgendwas stimmt mit ihrer Seele nicht...

Ich weiß nur nicht was.“, dann drehte er sich wieder zum Tisch. „Dass sie überhaupt ein halber Engel sein soll wundert mich!“, redete er sich selber in Rage. Doch dann erkannte er Shiros gedankenversunkenen Blick und hielt inne. Seine weitere Wut herunterspielend schloss er kurz die Augen und atmete tief aus. „Hach. Menschen! Ihr macht hier echt ein Drama draus!“ Shiro blickte noch immer Gedankenverloren in die Leere ohne seinen dämonischen Freund zu beachten. Plötzlich griff er sich schmerzerfüllt an seine Brust und biss seine Zähne aufeinander. „Arg..“ Sofort griff er eine der Phiolen vom Tisch, schnipste den

Korken ab und trank die Flüssigkeit, welche seine Schmerzen linderte. Diese Schmerzen entstanden durch die Entfernung von uns beiden. Dass wir nur in zwei verschiedenen Zimmern saßen, verschlimmerte schon seinen Zustand. Mephisto beobachtete mitfühlend wie der Schattenmann das Fläschchen zu den anderen vier leeren Phiolen schmiss und behielt seine Gedanken diesbezüglich für sich. „Haaaaach.“, stöhnte Mephisto. „Alles muss man selber machen!“, sprach er laut und ging in Richtung meines Zimmers. „Töte sie nicht! Das ist mein Ernst.“, ermahnte Shiro ihn. Mephisto knipste ihm ein Auge zu. „Ach

Schatz. Das würde ich nie tun.“, lächelte er und legte die Hand auf die Türklinke. Wieder hörte ich, wie jemand in mein Zimmer kam. Meine Nerven waren bis an ihr Limit gereizt. Wer kam nun schon wieder? Wütend versuchte ich der Person hinter mir keine Aufmerksamkeit zu schenken. Ich lehnte meinen Kopf weiter an das Bettende und starrte auf den Fernseher. Durch sein leises Summen wusste ich, dass es Mephisto war. Er setze sich anmaßend auf mein Bett. Ich versuchte ihn einfach zu ignorieren, so wie die anderen. Innerlich bereitete ich mich schon vor seine arroganten und

selbstverliebten Sprüche herunter zu schlucken und mich nicht provozieren zu lassen. Ob er nun wieder damit beginnen sollte mich zu beleidigen oder sich selber hoch zu loben. Ich war bereit von allem was mir schaden sollte Abstand zu halten. Doch er setzte sich nur hin und schwieg. Ihm keine Beachtung schenkend verfolgte ich meinen Film weiter. Wenn er nur da sitzen sollte und mich nicht ansprechen wollte, dann hatte ich auch keine Probleme damit. Auch wenn mir seine Art ziemlich verdächtig vorkam. Doch es war noch immer still. Saß er etwa dort und sah auf den Fernseher? Wollte er den Film mit schauen? Warum

war er hier? Ich ertappte mich selber, wie ich neugierig zu ihm sehen wollte aber blieb starr in meiner Haltung verankert. Doch egal wie sehr ich versuchte ihn zu ignorieren, mich machte seine schweigende Anwesenheit stutzig. Unauffällig versuchte ich meine Kopf in seine Richtung zu drehen um über meine Schulter einen Blick zu erhaschen. Mephisto hatte sich nach hinten gelehnt und stützte sich auf seinen Arm. Die andere Hand hielt er hoch und begutachtete seine Finger. Doch er bemerkte meine heimliche Bewegung und sah mich ruhig an und zog eine Augenbraue

hoch. Schnell drehte ich mich wieder weg um seinem Blick auszuweichen. Ich fühlte mich beobachtet und irgendwie nervös. Dabei saß er nur dort und betrachtete seine Nägel. Ich kuschelte mich einfach wieder in meine Decke und änderte meine Haltung in einer mehr sitzenden Position. Soll er doch dort sein. Hartnäckig versuchte ich wieder der Handlung des Filmes zu folgen. Doch ein räusperndes „Hmh..“, hinderte mich daran. Erst sah ich nur mit den Augen zur Seite. Dann drehte ich mich langsam wieder in seine Richtung. Er starrte mich auffällig

an. „Dein Zimmer ist ziemlich klein.“, warf er einfach in den Raum. Ich runzelte die Stirn. Was wollte er damit bewirken? Schmollend wandte ich mich wieder von ihm ab. „Warum sperrst du dich hier ein? Kein wunder, dass du so depressiv wirst wenn du den ganzen Tag hier hockst.", sprach er weiter. Stur wollte ich seine Worte einfach überhören und machte den Fernseher lauter. Er wollte mich ja doch nur wieder provozieren. Aber dann drehte er auffällig auf den Bauch. Seine Beine hob er an und lehnte seinen Kopf auf seine Hände. „Weißt du, dass du anstrengend bist?“, sagte er

verspielt und schnippisch. Ich sollte anstrengend sein? Natürlich. In seinen Augen lag es immer an mir. „Dann geh doch einfach und lass mich in Ruhe.“, flüsterte ich ihm wütend zu. Wenn er ein Problem mit mir hatte, warum kommt er dann zu mir? Er wedelte mit seinen Füßen hin und her. „Hmhmhm..“, kicherte er. „Da. Schon wieder! Einfach nervig und anstrengend!“, grinste er. Wie konnte er mir das sagen und dabei noch so lächeln? „Dann töte mich doch einfach. Das willst du doch die ganze Zeit schon...“, bekam er als Antwort. „Hach.. wenn das so einfach wäre. Leider darf ich das nicht.", seufzte er albern.

„Damit würde ich mir nur Feinde machen.“, erklärte er und drehte sich auf den Rücken. Er legte sich flach hin und streckte die Hand in die Luft. Dann zählte er von seinen Fingern ab. „Da wäre erst mal deine komische Engelsfreundin. Ja sie ist ein Engel und hat es dir erst jetzt gesagt! Na und? Sie macht sich Sorgen um dich! Dann unser lieber Schattenmann. Oh man, der macht fast alles für dich! Kitzune würde mir das auch nicht verzeihen. Die hat dich total lieb! Ach ja! Und Deeon. Der dich aus irgendeinem Grund besonders mag." Als er Deeons Namen aussprach fühlte es sich an, als würde mein Herz wieder zerreißen. Grimmig richtete ich meine

Decke über meinen Schultern. Ich glaubte nicht daran, dass es diese Personen stören würde wenn ich nicht mehr da wäre. „Als wenn die-" „Alles Freunde, die du schlecht behandelst!“, unterbrach er mich ernst. Ich riss meine Augen auf und drehte mich bestürzt zu ihm. Was meinte er damit? „Sei nicht so überrascht! Es war doch deine Absicht alle zu ignorieren und schlecht zu behandeln! Als wärst du der Mittelpunkt des Universums. Und willst mit deinem theatralischem Getue bei allen um Hilfe betteln. Aber begegnest ihnen dann mit Hass und deiner schlechten Laune!“, verärgert setzte er

sich auf und schaute zu mir herab. Seine Augen wirkten so ernst und erzürnt. Aber ich drehte mich zu ihm. „Nein! Das stimmt nicht! Das wollte ich nicht!“, antwortete ich ihm laut und eingeschüchtert. Dann sah ich herab. „Du... verstehst das nicht.“ Es fühlte sich an, als läge ein schwerer Stein auf meiner Brust. Ich konnte es nicht aussprechen. Meine Augen füllten sich mit Tränen. „Mir wird das alles-“ „Dir wird das zu viel?“, beendete er meinen Satz. „Schätzchen, so geht es jedem mal! Aber das ist kein Grund andere so mies zu behandeln!“, nun stand er auf. Seine Stimme klang nun ruhig und mitfühlend. „Es ist nicht schlimm

mal traurig zu sein. Und es ist nicht schlimm nicht weiter zu wissen. Aber aufzugeben, ist eine sehr egoistische Eigenschaft! Besonders wenn da so viele sind, die sich Mühe für dich geben.“ Er hob die Hand und spreizte einen Finger. „Gib nicht so schnell auf! Sei ruhig sauer auf die, die dich schlecht behandeln! Aber behandle Freunde nicht schlecht und verletze sie! - Du weißt nicht was du tun sollst? Du fühlst dich einsam und nicht verstanden? Wie soll man dich verstehen, wenn du dich niemandem öffnest!?“, dann ging er wieder zur Tür. Sprachlos sah ich ihm nach. Er blieb stehen, ehe er die Zimmertür

öffnete. "Lass dich nicht von einem Ereignis so herunter ziehen. Dein Menschenleben ist viel zu kurz. Hör auf alles alleine in dich hineinzufressen, wenn doch jemand da ist, der dich liebt und dir helfen will deine Lasten zu tragen!", dann atmete er schwer ein und wieder aus. „Ihr Menschen seid wirklich anstrengend...“, waren seine letzten Worte. Dann öffnete er die Tür, trat hinaus und verschwand wieder dahinter. Mit einem leisen Klacken war die Tür wieder im Ramen eingerastet. Perplex saß ich noch dort und starrte ihm hinterher. Meine Decke war mir halb herunter gerutscht und der Fernseher strahlte noch im Hintergrund für

niemanden. Ich sah hinab auf meine Hände. “Ich habe sie verletzt?”, fragte ich mich traurig. “Aber.. das wollte ich nicht...”, begann ich zu schluchzen. Und legte meine Hände vor mein Gesicht. Ich fühlte mich plötzlich so schlecht. Ich hatte meine Freunde verletzt. Ich war egoistisch. Ich hatte sie vergrault. Ich saß einen Moment lang dort und trauerte. Weinend sah ich dann neben mich. Dort stand die Tasse mit dem Tee und die kalte Pizza. Nicht einmal die habe ich angerührt. Shiro hatte sich für mich die Mühe gemacht, diese Sachen für mich zu machen. Nami kam extra her um sich

meine Probleme anzuhören und Deeon beschützte mich obwohl er in einer unangenehmen Situation war. Wieder begann ich laut zu winseln. „Das wollte ich doch nicht!“, jammerte ich. Aber ich war so einsam! Ich hatte das Vertrauen in meine beste Freundin verloren. Die Person, die mich stets auffing, wenn ich fiel. Die Person, die mein Halt war wenn ich auf meinen Beinen wackelte! Und ich hatte die Hoffnung in meine Liebe verloren. Die einzige Person, die meine Gefühle verstand. Die einzige Person bei der ich mich geborgen und beschützt fühlte. Sie waren einfach weg. Und das alles in einer schweren Zeit. In einer

fürchterlichen, angst einflößenden Zeit. In einer Zeit, in der ich ohne sie einsam und verloren war. Deprimiert wischte ich mir meine Tränen vom Gesicht. War ich wirklich einsam? Hatte ich sie wirklich verloren? Ich erinnerte mich an Mephistos Worte. Nami, Shiro, Kitzune und Deeon. Sie waren alle für mich da! Die ganze Zeit schon! Auch wenn Nami ein Geheimnis hatte. Sie hatte es mir verraten! Und nur weil Deeon meine Liebe nicht erwidert, sollte das auch kein Weltuntergang sein! Ich hatte mich in meiner kleinen falschen Welt zu sehr über die schlechten Dinge geärgert und versucht es mit mir selber

auszumachen. Und die letzte Situation brachte meine zurückgehaltenen, verängstigten Gefühle zum überlaufen. Obwohl ich es einfach nur überspitzt gesehen hatte. Ich war nicht alleine! Und nicht alles war schlecht! Es war aufregend! Und spannend! Ich durfte den Eindruck in eine fantastischen, zauberhaften und unglaublichen Welt haben! Und hatte außergewöhnliche und tolle Freunde um mich! „Er hat recht...“, flüsterte ich. „Nicht aufgeben!“ Ich schmunzelte. Der Dämon, der mich sonst so verachtete, half mir nun. „Danke Mephisto...“ Er gab mir neuen Mut! Es

war nicht gemein was Mephisto mir sagte, sondern die Wahrheit. Energisch presste ich meine Fäuste zusammen und nickte aufrichtig. „Davon lasse ich mich nicht entmutigen!“ Das hatte ich gebraucht. Kein schnulziges Verhätschle. Ich musste auf den Boden der Tatsachen gebracht werden! Und nun musste ich das Beste daraus machen! Mit erhobenem Haupt! Mit schnellen Schritten ging ich aus meinem Zimmer. „Mephisto!“, rief ich, als ich durch die Tür ging. Ich blickte glücklich in das Wohnzimmer aber ein Rotschopf war nicht zu sehen. „Hmh? Wo ist er?“ Nur Shiro saß am Tisch und blickte

grübelnd aus dem Fenster am Ende des Raumes. “Mephisto musste zurück zu meiner Bibliothek.”, dann lehnte er seine Wange auf seinen Arm. “Geht es dir besser?” Ich nickte fröhlich gleichzeitig ertappt. „Ja. Mephisto... hat mich.. wieder zurück geholt. Hehe..“ sagte ich leicht beschämt und lief auf ihn zu. Dabei hielt ich die Hände verspielt hinter meinem Rücken und machte große Schritte zu ihm. Shiro grinste sanft „Er hat dich nicht bedroht?“ „Hihi. Nein dieses Mal nicht.“ schüttelte ich schmunzelnd den Kopf. Ich sah, wie Shiro müde und erschöpft dort saß. Neben sich lagen einige Leere

Phiolen auf dem Tisch. Anscheinend hatte er alle getrunken gegen den Schmerz. Und dennoch lächelte er mich an. Ich grübelte kurz und sah von ihm weg. „Shiro... entschuldige bitte mein Verhalten.“ Nervös spielte mich hinter meinem Rücken mit meinen Fingern. „Schon in Ordnung. Es ist echt viel für dich momentan.“, antwortete er beruhigt und sah wieder auf den Tisch. Ich verzog den Mund in eine Richtung und dachte nach. Er wirkte so schwach und müde. Die Schmerzen machten ihn wohl zu schaffen und das Wissen, seine Seelen nicht beaufsichtigen zu können. Das Problem, dass er nur ein Mensch

war, war nicht bedeutungslos sondern schwerwiegend. Es könnte so viel passieren, nur weil er seine Kraft nicht mehr hatte. Das erkannte ich erst jetzt. Sollte ich mich einfach zusammenreißen und ihm zu seiner Dämonengestalt helfen? Sollte einen Kuss praktisch sehen? Nur eine kurze Sekunde um ganz viele Probleme zu lösen. Ich sollte es nicht so dramatisch sehen! Ja! Ich wollte ihm helfen! „Shiro!“ begann ich also und legte den Kopf seitlich. Überrascht sah er auf und schenkte mir schweigend seine Aufmerksamkeit. Ich sprach weiter und wollte mich ihm gegenüber setzen. „Ich finde, dass-“

Doch ein Klopfen an der Haustür überrumpelte mich. Kurz bevor ich mich setzen konnte, hielt ich mich noch an der Tischkante fest und sah zur Tür. „Wer ist das?” Auch Shiro sah in die gleiche Richtung. „Erwartest du jemanden?“ „Nein. Aber vielleicht ist es Mephisto!“, überlegte ich. Auch er hatte so geklopft, als er in mein Zimmer kam! Er konnte es nur sein! Sofort lief ich zur Tür. „Warte!“, rief Shiro mir noch hinterher und sprang erschrocken vom Stuhl auf. Ich drehte mich zu ihm. „Keine Sorge. Das ist doch nur Mephisto!“ sagte ich und zwinkerte zuversichtlich. Shiro lief langsam zu mir und stellte sich

neben mich. „Sei vorsichtig..“, sagte er und hielt die Tür zu. Grinsend griff ich nach dem Henkel. „Wer sollte das sonst sein?“, fragte ich. Ich hatte im Hinterkopf, dass ich so schlecht zu allen war. Darum versuchte ich meine negativen Gedanken einfach zu überspielen. Ich wollte wieder die glückliche und liebe Yuki sein, die man kannte! Mit einem liebevollen Lächeln riss ich die Tür auf. „Du musst nicht klopfen! Komm rein!“ Doch im nächsten Augenblick blieb mir der Atem stehen. Ich wurde kreidebleich. Meine Augen wurden groß und mir lief ein eisiger Schauer über den

Rücken. Ich starrte in das grinsende Gesicht eines kleinen Jungen. Dieses Grinsen! Dieses grauenhafte, entsetzliche Grinsen! „Hehe. Gefunden! Ich.. ich habe euch.. euch gefunden! Ja! Ihr.. ihr werdet sterben!”

Die Überraschung

Schwarze, seelenlose Augen. Sie starrten mich mörderisch an. Scharfe spitze Zähne, die mich angrinsten. Eine blasse, graue Haut. Es war ein Horrorszenario. Alle Knochen in meinem Körper zitterten, das Blut in meinen Adern gefror, mein Herz raste und doch konnte ich mich nicht bewegen.  „Hehe... Ja. Sterben! Ich.. ich werde euch endlich töten! TÖTEN!“, kicherte der kleine Junge diabolisch. „YUKI! ZURÜCK!“, sofort trat Shiro die Tür zu, packte mich am Arm und riss mich

zurück.  Im gleichen Augenblick wurde die Haustür mit einem lauten Knall und enormer Kraft aus der Wand gewuchtet wurde flog uns entgegen. Einzelne Holz und Steinteile lösten sich und wirbelten dichten Staub auf. Die Wand war komplett zerstört. Ich war wie benommen. Meine Ohren piepten. Was ist passiert? Panisch sah ich mich um. Die Möbel im Wohnzimmer waren umgeworfen und die Lampe an der wand heruntergerissen. Als hätte ein vernichtender Wirbelwind durch das Zimmer gefegt, lag alles zerstreut und zerbrochen auf dem Boden. Nichts war noch an seinem Platz. Alles war

voller Staub. Dann hörte ich ein dumpfes Geräusch von links. „Yuki! Yuki! Komm!“, schrie Shiro mir zu.  Er hockte neben mir und blutete stark an seiner Schulter. Wir saßen am Boden vor der Küche. Dort schützte uns die Ecke der Wand, welche den Flur abgrenzte.  „Du.. blutest..“, stotterte ich gedankenlos. „Los! Komm!“, Shiro griff mich erneut und zog mich hoch. „Hehe. NICHT so schnell!!!“, kicherte der Junge und lief langsam durch den Rauch. „Ich.. ich brauche doch deine Seele... hehe...“ Er hob die Hand und warf eine riesige schwarze Kugel auf

uns.  Shiro packte mich und sprang mit mir hinter die Couch in Sicherheit. Die Kugel knallte direkt in die Küche und verwüstete alles. Scherben klirrten zu Boden, Regale brachen zusammen.  Der dämonische Junge balancierte drei kleine schwarze Kugeln in seiner Hand und kam uns langsam immer näher. „Hmh.. der Schattenmann... PA! Ein Mensch! Mensch! Kein wunder... dass sie so wütend ist! Mensch! Dummer Mensch!“, krakelte er und blieb im Raum stehen. Wir lagen zwischen der Couch und den umgeschmissenen Stühlen. Das Zimmer war plötzlich wie

zerbombt. Shiro lehnte sich schützend über mich und biss die Zähne zusammen. Über seinen Arm triefte das Blut herunter. „Wir.. wir müssen hier raus..“, flüsterte er geschwächt. Ich sah wie er sich mit letzter Kraft über mich hielt. Wenn das Monster käme, würde er ihn treffen und nicht mich.  Schmerzerfüllt blickte er leicht über seine Schulter um nach dem Dämon zu sehen.  Ich musste mich konzentrieren! Wir mussten hier weg. Wohin? Da kam mir eine Idee! „Das Fenster in meinem Zimmer!“, antwortete ich wach. Mein Zimmer war direkt hinter uns. Wir

mussten nur von der Couch aus dort hin kriechen.  Shiro sah zur Seite um die Entfernung bis zum Zimmer zu erkennen. „Ok.“, nickte er schwer atmend. „Kannst du dort hin rennen?“ Plötzlich schossen die drei Kugeln des Dämons in die Tür neben uns ein. „Haha! Ihr.. ihr könnt nicht fliehen! Ich... ich kriege euch!“ Er machte ein Spiel daraus, uns zu jagen. „Nochmal.. nochmal entkommt ihr mir nicht!“, rief er laut und hüpfte über den liegenden Tisch in unsere Richtung. Es war der gleiche Dämon von der Nacht damals! Der Dämon, der Shiro fast tötete! Der Dämon, der ihm seine

Dämonenkraft raubte. Die Dämonenkraft!  Shiro brauchte seine Dämonenkraft! Ich richtete mich entschlossen zu ihm. „Shiro! Küss mich!“, sagte ich direkt. Er wich etwas zurück und runzelte die Stirn. „Was? Wie..? Darf ich?“ Doch wir durften keine Zeit mehr vergeuden. Ich lehnte mich auf, und legte meine Hände an seine Wangen. Überrumpelt riss er die Augen auf. „Hey.. warte!“ Dann zog ich ihn zu mir und küsste ihn.  Aufgeregt schloss ich die Augen.  Es wirkte so angespannt und erzwungen. Ich wusste, dass es nur für einen guten Zweck

war!  Aber dann war es, als würde die Zeit stehen bleiben. Ich bemerkte seine warmen Lippen zart auf meinen. Ich spürte seinen schützenden Körper über mir. Sanft legte er seine Hand an meinen Nacken und drückte mich an sich.  Er war mir so nahe. War es wirklich nur ein praktischer Kuss?  Langsam lehnte er sich weiter über mich und legte mich weich zu Boden. Wir küssten uns noch immer. Er bewegte seinen Kopf zur anderen Seite und berührte mich nicht mehr sanft sondern innig und mit mit einem angenehmen Druck. Sein Atem streifte schwach über

meine Haut. Seine Lippen waren trocken und weich. Seine Hand faste behutsam in meine Haare. Ich ließ es einfach geschehen. Es waren nur wenige Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Langsam aber, verschwand diese angenehme Wärme und wurde zu einer überraschend erfrischenden Kälte. Moment. Stopp!  Ich wich etwas zurück, öffnete die Augen und nahm meine Hände überrascht zurück. Als ich ausatmete glitt ein eisiger Hauch aus meinem Mund.  Unsere Blicke kreuzten sich einen Moment lang.  Ich bemerkte eine schamhafte

Ungewissheit in mir. Er jedoch blickte mich mit tiefster Ruhe an und lehnte sich etwas auf. Von seinem schmerzhaft verzerrtem Gesicht war keine Spur zu erkennen.  Verwundert bemerkte ich, wie seine braunen Augen die Farbe änderten. Sie waren nicht mehr dunkel, sondern weiß blau. Seine Haut schien wieder bleich. Seine Haare wurden vom Ansatz bis zu den Spitzen dunkler, bis sie ein tiefes Schwarz erreichten.  Meine Wangen wurden rot, als ich bemerkte, wie tief wir in der Privatsphäre des anderen standen.  Sollte das ein einfacher Kuss gewesen

sein? Shiro sah mich wieder mit diesem emotionslosen Blick an. Da wusste ich, dass er wieder ein Dämon war.  „Danke.“, lächelte er erleichtert und atmete beruhigt ein und wieder aus. Dann stand er auf.  Ich besann mich wieder und sah zu ihm.  Noch immer war dieses Dämonenwesen hier und wollte uns töten! Es stand noch im Raum und führte einen verrückten, kichernden Monolog. „Ja. Töten! TÖTEN!“, sagte es immer wieder. Als Shiro sich zeigte, schleuderte das Monster ohne zu zögern schwarze Schattenkugeln auf ihn. „HAB ICH

DICH!!!“ Doch diese waren mit einer leichten Handbewegung einfach weggedrückt und bohrten sich in die Wand hinter ihm.  Das Grinsen des Dämonenjungen verging. „WAS?! Nein! Nein! Nein! Warum! Sie sagte! Sie es! Das kann nicht sein!!!“, kreischte der Dämon und trat schockiert zurück. Plötzlich verschwand Shiro und tauchte hinter ihm wieder auf.  „Hallo Edan.“, flüsterte der Schattenmann ihm zu und blieb fürchterlich ruhig. „So sehen wir uns wieder. Nun nutzt du sogar schon einen toten Kinderkörper? Ekelhaft.“ Der Dämon sprang vor und drehte sich

panisch um. „Das kann nicht sein! Kann nicht! Nein! NEIN!“, er schrie immer lauter und schriller.  Dann schoss er ihm eine Schattenkugeln entgegen, welcher Shiro entspannt auswich.  „Wir haben noch eine Rechnung offen.“, sagte Shiro und lief langsam und bedrohlich auf ihn zu.  Der Dämonenjungen machte einen Schritt nach dem Anderen rückwärts an die Wand.  Plötzlich blickte er mich an und zeigte mit dem Finger auf mich. „Lass mich!! Lass mich!!! Sonst töte ich sie!!! Ich töte sie! TÖTE!“, lachte der Junge und erschuf eine Schattenkugel in seiner

Hand. Ich schreckte auf „Was?!“ und kroch etwas zurück. Schützend hob ich meinen Arm und starrte ihn verängstigt an. Mein Körper wurde starr. Nicht schon wieder.  Wieder dieses grausame Wesen.  Ich hatte Angst. Ich erinnerte mich. Ich wollte nicht schon wieder Probleme verursachen. Doch Shiro blieb verärgert stehen. Der Junge begann zu grinsen. „Ja! JA! So ists gut! Genau! Ich TÖTE sie wenn du-“ plötzlich schnellte Shiros Dolch durch die Luft und durchstach den Kopf des Jungen. Benommen wackelte er etwas auf den Beinen, fiel rückwärts an die Wand

und brach schließlich blutend zu Boden.  „Kya!“, ich kreischte vor Angst als er vor mir auf dem Boden aufprallte und zog meine Beine zu mir. Seine schwarzen Augen waren aufgerissen und sein breiter verzerrter Mund zeigte seine langen Zähne. Aus seinen Mundwinkeln tropfte ein wenig Blut heraus und in seinem Schädel steckte der Dolch.  Ich zitterte und umklammerte meine Beine. Dieser Anblick war schrecklich, doch ich konnte nicht wegsehen. „Nochmal mache ich nicht den Fehler.“, sagte Shiro kalt und ging auf die Leiche zu. Er kniete sich hin und zog das blutige Messer mit einem Ruck heraus.

„Ah. Da bist du wieder.“, meinte er noch entspannt zu seiner Waffe und stand wieder auf. Nachdem er seinen Dolch an sich nahm, löste der Körper sich einfach auf. Dann stellte er sich vor mich. „Komm.“, sagte er und sah zu mir herunter. Ich war mir unsicher. War das wirklich der Shiro, der vor Hunger eine ganze Pizza verschlingen konnte? Der mich genervt zur Schule trug? Der mir weinend seine Gedanken erzählte? Der mich so emotional küsste? Ich starrte ihn schweigend, mit weiten Augen an.  „Was ist los?“, fragte er.  Doch ich sah hinter ihm auf den blutigen

Fleck am Boden. Ich sah neben mich auf den zerstörten Stuhl und auf die Löcher in der Wand. Und ich sah ihn. Dieser kalte Blick, der wissentlich jemanden sorglos tötete.  „Ich... habe Angst.“, stotterte ich und zog mich etwas zurück. Shiro blickte mich besorgt an. „Du brauchst keine Angst mehr haben. Er ist weg.“, erklärte er mir. In mir bebte ein Gefühlschaos. Ich hatte solche Angst. Meine Knochen zitterten noch immer und mein Körper wollte sich nicht aus seiner klammernden, angespannten Haltung lösen. Was ist, wenn er mich nun auch so kurzfristig töten wollte? Dann könnte er

meinetwegen nicht mehr seine Kraft verlieren. Er war plötzlich wie ausgewechselt. Er war wieder so blutrünstig und kalt. Ein Teil in mir wusste, dass er mir nichts tun würde. Aber was ist, wenn er seine Meinung geändert hatte? „Tu mir bitte nichts...“, zitterte meine Stimme. Wimmernd legte ich meine Hände auf mein Gesicht und krümmte mich an die Couch. Der Schattenmann erschreckte und kniete sich neben mich. „Yuki... Du brauchst keine Angst haben.“, sagte er mir leise. Dann spürte ich plötzlich wie er mich unter meinen Beinen und an meinem Rücken faste und mich in seine Arme

hob.  Verwirrt nahm ich die Hände herunter und sah, wie er mit mir aufstand. Ohne großen Aufwand stieß er die Couch mit seinem Fuß wieder richtig herum und legte mich auf die weiche Fläche. Mit bekümmerter Miene sah er mich an. „Ich werde dir nichts tun! Yuki. Das weißt du doch.“, sprach er mir beruhigend zu und hockte sich vor mich. Ich wischte meine Tränen weg und sah in seine aufrechten, ehrlichen Augen. Auch wenn sie nun eine andere Farbe hatten, waren es dennoch die gleiche Augen, die mir seine Gefühle gestanden, die sich um mich Sorgten, die weinten und mich verwirrt ansahen, bevor wir uns küssten.

Obwohl er nun mit seiner blassen Erscheinung nicht mehr so lieb wirkte, war ich mir wieder sicher mich nicht fürchten zu müssen. Ich nickte verweint. „Ich weiß.“, sagte ich glücklich und lächelte wieder. Shiro kratzte sich unsicher an der Wange „Bereitet meine Erscheinung dir denn solche Angst?“, lächelte er ironisch. Ich kicherte schniefend. „Entschuldige.. ich war nur so.. verwirrt...“, erklärte ich. Dann stand er auf und überkreuzte seine Arme ineinander. „Naja. Ist ja auch viel passiert heute. Das verkraftet ein „kleiner schwacher Menschenkörper“ nicht so einfach.“, betonte er extra. Stutzig setzte ich mich auf und ging mir

durch die Haare. „Nur heute? Schon seit Tagen geht das so!“, schimpfte ich.  Doch er grinste und sah ertappt weg. „Ja. Damit wirst du wohl Recht haben.“ Dann reichte er mir lächelnd seine Hand. „Komm mit mir. Ich werde für dich für Ruhe sorgen.“, sagte er mit beruhigender Stimme. Ich sah ihn einen Moment lang an. „Wohin gehen wir?“, willigte ich unterschwellig ein und legte meine Hand in seine. „Erst in meine Bibliothek. Und danach zeige ich dir Etwas schönes, ja?“ Er war plötzlich wieder so lieb. Anscheinend täuschte mich nur seine erste Erscheinung. „Hmh... na

gut...“ Schließlich half er mir auf. Aber ich blickte mich erschrocken um. „Warte! Was mache ich nur mit der Wohnung?!“, stoppte ich ihn und hob die Hände. Kurz drehte er sich zu mir. „Oh. Natürlich.“, meinte er vornehm und stampfte kurz mit seinem Fuß auf.  Plötzlich bewegte sich die Couch wie von alleine wieder an ihren richtigen Platz. Ich wich ihr aus, als sie an mir vorbei schwebte. Fasziniert drehte ich mich und bestaunte wie sich alles wieder von selber aufräumte. Die Splitter und Scherben fügten sich wieder zurück zu den Lampen und Bilderrahmen. Der Tisch stellte sich wieder auf und die Stühle

schoben sich daran. Die Küchenregale bauten sich wieder auf und die Gegenstände darin waren wie neu. Die Löcher in den Wänden schlossen sich wieder und zuletzt verschwand das Blut vom Boden.  Fassungslos sah ich durch den Raum. „Wow... ich hatte vergessen wie mächtig du bist...“, flüsterte ich verdattert. Dann wandte ich mich wieder zu Shiro.  Er war gerade dabei ein Portal zu errichten und schaute über seine Schulter. „Jahre langes Training.“, antwortete er nur stolz und klatschte in seine Hand. Dann führte er eine Hand grade nach unten und die andere steil nach oben. Dadurch entstand auch schon

ein längliches Portal vor ihm welches uns in die Bibliothek führte. Ich sah ihn dort stehen. Ich sah wie er geduldig auf mich wartete. Ich sah nicht mehr dieses blutrünstige Monster in ihm. Irgendwie erkannte ich trotz seiner Veränderung noch den gleichen liebevollen Shiro den ich kennen gelernt hatte. Das war es nun. Ich hatte ein Leben zwischen Dämonen, Magie, süßen Wesen, seltsamen Wesen, grausamen Geschöpfen und neuen Freunden gefunden. Egal was auf mich zukommt! Ich gebe nicht mehr so einfach auf!  „Kommst du?“, fragte er nun und hob die Augenbrauen

hoch. Ein letztes Mal sah ich mich nochmal im Raum um. „Ja!“, nickte ich ihm dann fröhlich zu und lief zu ihm. Zusammen blieben wir noch kurz stehen und blickten in das Portal.  „Yuki...“, begann er aber noch. „Danke.“, sagte er, ohne mich anzusehen. Ich grinste. „Gerne.“  „Dann mal los.“ Zusammen machten wir einen großen Schritt und liefen durch das Portal hindurch. Ich kannte das Gefühl bereits dort hindurch zu schreiten. Es war seltsam, jedoch nicht unangenehm. Sofort hüpften wir in der Bibliothek schon aus dem großen Spiegel wieder

heraus. Irgendwie war ich glücklich wieder hier zu sein. Erwartungsvoll sah ich in die Richtung des Kamins denn ich erkannte Mephisto und Kitzune dort sitzen. Sie drehten sich fragend zu uns als sie etwas am Spiegel hörten. „Yukiiii!“, schrie mir das kleine Fuchsmädchen plötzlich erfreut entgegen und sprang auf. Ich erwiderte ihre gute Laune mit einem breiten Lächeln. „Hay! Da bin ich wieder!“, antwortete ich und hob die Hand.  Neben ihr sah ich Mephisto. Unerwartet blieb er gelassen sitzen und nickte mir

als Begrüßung lächelnd zu. Doch dann erkannte ich noch jemanden. Es war eine Frau mit langen, seidigen, schwarzen Haaren und etwas dunkleren Haut. Auch sie saß auf der Couch und hatte sich zu uns gedreht. Sie trug auffällige aber elegante Schminke. Es war ein ägyptischer aber moderner Stil und sie trug eine breite goldene Halskette und goldene Armreife.  Ihren Oberkörper mit der betonten Oberweite bedeckte nur ein knapper schwarzer Stoff mit goldenen Nähten. Ein seichter Stoff lag noch über ihren Schultern. Dazu trug sie einen passenden Rock, der aus zwei übereinander gelegten

Stoffen bestand und zu einer Seite länger wurde. Verschlossen wurde er mit einem goldenen, verziertem Gürtel. Hohe goldene Stiefel mit breitem Absatz und besonderen Verzierungen kleideten ihre Beine.  Doch gleichzeitig hörte ich Shiro neben mir fluchen. „Oh Scheiße...“, flüsterte er erschrocken. Er nahm heimlich meine Hand und wollte sich wieder umdrehen. „Lass uns lieber wieder-“ „Akeru!“, rief plötzlich die Fremde und stand auf.  Shiro hatte sich gerade umgedreht und wollte die Flucht ergreifen, als sie ihn jedoch rief und er ertappt stehen

blieb. „Akee..was?“, fragte ich.  Er sah genervt zu mir herab und seufzte. „Erkläre ich dir später..“ Dann drehte er sich wieder mit kalter, emotionsloser Miene zu ihr um. Sie hatte sich schon auf den Weg zu uns gemacht. „Akeru! Wo warst du!?“, frage sie. „Bastet.“, antwortete er stumpf und überspielte seine genervte Art. Ich war verwirrt als sie einfach auf ihn zu lief und ihn liebevoll um den Hals fiel. Als würden sie sich nahe stehen, umklammerte sie seinen Hals und presste sich mit ihren Brüsten liebkosend an ihn. Dabei hob sie ihr Bein sexy an seine

Hüfte und flüsterte ihm in sein Ohr. „Ich hab schon so lange auf dich gewartet.“  Ich ging einen Schritt weg und sah beide überrumpelt an. Doch Shiro legte nur seine Hand auf ihre Stirn und drückte sie unbeeindruckt weg. „Was möchtest du hier?“, fragte er nur. Sie leckte sich die Lippen. „Hmh... hach das liebe ich so an dir.“, dann fuhr sie verführerisch mit ihrem Finger über ihr Kinn. „Du bist wieder so verspannt? Soll ich dich wieder verwöhnen? Hmh?“, fragte sie leise. Ich verzog die Mundwinkel verdattert und riss die Augen auf. „Oh.. okee.“, warf ich ein und ging noch einen Schritt von ihnen weg. Dann sah die Fremde

mich freundlich an. „Oh. Wer ist das? Hay! Ich bin Bastet!“, stellte sie sich vor und streckte mir ihre feine, mit goldenen Nägeln verzierte Hand hin. Ich zögerte erst. Doch dann schüttelte ich ihre Hand. „Hay... ich bin... Yuki.“, stotterte ich. „Nett dich kennen zu lernen!“, freute sie sich. Dann hielt sie plötzlich meine Hand fest und fuhr sanft über meinen Handrücken. „Wow. Du hast so eine weiche Haut!“ Bei dem Kompliment begann ich zu schmunzeln. „Eh. Danke...“ „Schade nur, dass du anscheinend keine Ahnung hast, wie man sich pflegt und kleidet! Du siehst aus wie ein

Straßenkind.“ Mir blieben die Worte weg und mein Lächeln verging. Was hat sie gerade gesagt? Ich brauchte eine Minute um zu realisieren, was sie sagte. „Wie bitte?“, fragte ich verstört. Sie stellte sich prüfend vor mich. „Na deine Haare. Ungestylt. Deine Kleidung, total einfach und langweilig. Deine Lippen sind total dünn! Mit Lippenstift würden sie viel praller aussehen. Apropos prall. Woha. Deine Brüste-“ „Bastet!“, unterbrach Shiro sie genervt und stellte sich vor mich. „Warum bist du hergekommen?“ Ich stand geschützt hinter ihm und schluckte erst einmal den Schock

herunter. Nachdenklich biss ich auf meine Lippen. Sah ich wirklich so schlimm aus? Bastet kicherte. „Ach ja! Hihi“ Dann hob sie die Hand. „Renekton hatte nach dir gefragt! Doch nachdem du dich seit Tagen nicht bei ihm gemeldet hattest, habe ich deine Aufgabe mit den Gesichtslosen gelöst!“, erklärte sie. Dann lehnte sie sich etwas vor. „Du solltest mir danken!“, fügte sie fordernd hinzu.  Doch Shiro blieb weiterhin emotionslos und still. Bastet schmollte etwas. „Naja, wie auch immer. Jedenfalls war das alte Krokodil so erfreut über meine Arbeit, dass er

wieder einen riesigen Ball für morgen Nacht geplant hatte!“, dann begann sie wieder zu grinsen. Sie legte den Kopf etwas seitlich und versuchte während des Sprechens an ihm vorbei, zu mir zuschauen. „Und wir wären alle sehr sehr traurig, wenn du wieder nicht dabei wärst.“ Shiro stellte sich aber einen Schritt zur Seite um ihr den Blick zu versperren. „Nein.“, antwortete er nur abrupt.  Doch sie legte unbeschwert ihre Hand auf seine Brust und spielte an seinem Hemd herum. „Mein liebster Akeru. Du bist nie dabei! Du solltest dich nicht überarbeiten.“, flirtete sie mit ihm.  Aber er packte ihr Handgelenk und sah

sie wütend an. „Ich sagte Nei-“ „Darliiiing!!!“, kreischte Mephisto plötzlich glücklich und sprang ihn von der Seite an „Schatz! Das würde dir mal gut tun!“, sagte er und lehnte sich an seine Schulter. „Dann könnten wir tanzen! Hoooch. Das wird so schön!“, träumend legte er seine Hände auf die Wangen. Bastet stellte sich frech vor ihm und legte ihre Arme in die Hüfte. „Oh ich will auch! Wir tanzen einfach abwechselnd mit ihm!“ „Tanzen! Ich will auch tanzen! Wer tanzt mit mir?“, fragte Kitzune und gesellte sich zu ihnen.  Der Schattenmann holte nur tief Luft und

rollte genervt die Augen.  Sie sprachen von einem Ball. Einer Feierlichkeit.  Nur zu gerne würde ich sehen, wie so etwas in dieser Welt aussehen würde. Und es ist auch nichts gefährliches! Vielleicht wäre das wirklich mal eine schöne Abwechslung. Sanft zupfte ich an seinem Hemd. „Shiro...?“, frage ich zurückhaltend.  Während die anderen sich über das Tanzen unterhielten drehte Shiro sich aufmerksam zu mir um. „Hmh?“ „Dürfte.. ich mit auf diesen Ball? Gehen wir zusammen hin?“, fragte ich

leise. Er sah mich überrascht an und ihm blieb kurz der Atem stehen. „Heh?“ Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, dass auch ich dort hin wollte. „Jaaa! Yuki kommt mit!“, sagte Kitzune und zog verspielt an meiner Hand. „Yuki kommt mit?“, fragte Bastet. „Ja! Das ist doch super Darling! Wenn wir alle gehen, musst du auch mitkommen!“, forderte Mephisto.  „Oh das ist super! Ich mache ihr die Haare!“, erklärte Bastet. „Mir auch! Mir auch!“, sprang Kitzune fröhlich hin und her. Es herrschte ein Gewusel und Shiro stand genervt mitten

drin. „Oh! Ich werde dir einen tollen Anzug geben Darling! Yuki du musst das passende Kleid dazu tragen!“, plapperte Mephisto hinein.  „Also ist es beschlossene Sache! Wir gehen morgen Abend alle!“, freute Bastet sich und haute mit der Faust auf ihre Handfläche. „Ich werde es sofort Renekton berichten!“, sagte sie und bewegte sich schon in Richtung Tür. „Sag ihm, er soll aber genügend Essen bereitstellen!“, rief Mephisto ihr hinterher. Shiro schmollte und sah mich schuldig an. Er wollte auf keinen Fall dort hin.

Doch meinetwegen waren nun alle so aufgeregt, dass er es nicht mehr abschlagen konnte. Mit seinem grimmigen Blick willigte er unterschwellig ein. „Hehe...“, grinste ich ertappt und rieb mir den Kopf. „Entschuldige...“

Damals

„Ok erst links, dann rechts!... Erst links dann rechts. Oder war es erst rechts dann links? Ohje...“, angespannt lief ich durch das riesige Gebäude in der Dämonenwelt. Es herrschte wieder ein heftiges Gedrängel wie auf einem überfüllten Flohmarkt. Unsicher sah ich mich um. „Ob das so eine gute Entscheidung von mir war?“, schmunzelte ich und blickte in die Masse. Aufmerksam schaute ich noch einmal nach links und rechts. Ich war mich sicher, ich musste durch dieses Gewusel hindurch! „Vielleicht muss ich einfach flink

sein?“ Erst hatte ich Bedenken. Sollte ich nicht doch wieder zurück gehen? Was sollte ich tun wenn ich mich verlaufe? Immerhin war ich dieses Mal ganz auf mich allein gestellt. Aber entschlossen nickte ich mir zu. „Ich schaffe das!“, sagte ich und ballte die Hände zusammen. Immerhin war ich klein und schnell. Es sollte nicht so schwer werden mich hindurch zu zwängen. Langsam lief ich vor und hüpfte in die nächste mögliche Lücke. Dann versuchte ich schnellstmöglich mir meinen Weg hindurch zu kämpfen. Seitlich, duckend, hüpfend, beugend, streckend. „Haha!

Geht doch!“, kicherte ich erfolgreich. Es schien als hätte ich den Bogen raus. Die ganzen seltsamen Wesen konnte ich gut ignorieren. Natürlich waren sie noch immer faszinierend für mich. Doch ich hatte in letzter Zeit schon genug sehen müssen, als dass diese Wesen mich noch überraschten. „Ja. Entschuldigung. Darf ich mal. Danke. Sorry!“, drängelte ich mich an ihnen vorbei und ließ mich selber nicht mehr unterdrücken. Bis auf die großen Golems. Ich wollte mich nicht schon wieder von einem umhauen lassen. Aber egal wohin ich sah und egal wohin man ging. Anscheinend lief man immer gegen den Strom. Aber das sollte mich nicht

aufhalten an meinem Ziel anzukommen. Hoffentlich hatte ich nur die richtige Richtung eingeschlagen. Dieses Gebäude war so riesig und hoch. War ich denn auf der richtigen Etage? Echsenmenschen, Katzenmenschen, Steinwesen, Dämonenmenschen mit Hörnern, Dämonen die wie einfache Menschen aussahen, grüne Kobolde, große Golems, süße Feen. Alles trampelte in einem Trott an mir vorbei. Nur gut, dass mich keiner als Mensch erkannte. Denn immerhin war Shiros Seele wieder verheilt und somit schützte ein Teil seiner Seele meine menschliche Seele wieder. Während des Laufens dachte ich nach.

„Gut, dass er wieder ein Dämon ist. Gut, dass... dass wir uns...“, ich erinnerte mich wie Shiro mich anblickte nachdem wir uns küssten. Wie beruhigt und tief er mir in die Augen sah. Es wirkte, als hätte ich ihm damit einen Gefallen getan. Es wirkte, als wäre er sehr glücklich darüber gewesen. Es wirkte, als wollte er das die ganze Zeit schon. Natürlich! Warum auch nicht? Immerhin hatte er dadurch seine Kraft wieder bekommen! „Er war froh, dass er seine Kraft wieder hatte! So war das! Klar!“, redete ich mir konfus ein. „Woran denke ich denn schon wieder. Das war nur praktisch. Natürlich! Das war nur um-“, plötzlich bemerkte ich, wie ich auf etwas

komisches trat. Ich blieb stehen und sah verwirrt zu Boden. „Hä?“ „AAUuu!“, heulte mich ein strubbeliges, graues Wolfswesen böse an. Ich war wohl auf seine Rute getreten. Er fletschte mir wütend seine Reißzähne entgegen. Ich hob ertappt die Hände und nahm den Fuß von ihm. „Oh. Eh. Haha.“, stotterte ich flüchtig und tauchte schnellstmöglich in der nächsten Masse unter. Da sprang ich auch schon wieder auf der anderen Seite des großen Gewusels heraus. „Oh. Da bin ich ja schon!“, freute ich mich erstaunt und sah mich um. „War es jetzt wieder rechts oder wieder links?“, fragte ich und legte mir nachdenklich den Finger auf die Lippen.

Hoffend, dass ich den richtigen Weg genommen hatte, ging ich links weiter. Am besten war es, einfach an der Wand entlang zu laufen. Irgendwann würde ich schon ankommen. Also lief ich weiter, den Blick immer nach vorn gerichtet. Es gab viele verschiedene Läden und Schaufenster. Ich lief auch an einigen Buden vorbei, wo Leute Platz gefunden hatten und eine Art Nudelsuppe aßen. Der gute Geruch zog mich an. Mit einem kurzen Blick über deren Schultern erkannte ich jedoch etwas kleines, sich bewegendes in den Suppen herumschwirren. „Irgh...“, ekelte ich mich und verzog mein Gesicht. „Eine Kostprobe hübsches Fräulein?“,

fragte mich plötzlich jemand auf der anderen Seite des Tresens. Ich sah perplex in ein freundliches Froschgesicht. Er war gerade dabei mir eine Schüssel des gleichen Gerichts zu servieren. „Ah nein danke.“, lächelte ich ihn überrumpelt an und winkte leicht mit der Hand. Eilig lief ich weiter und kam schließlich ich an einer Wegkreuzung an. Hier gab es nicht so ein Gedrängel wie im vorderen Teil des Gebäudes. Nur einige vereinzelte Grüppchen standen hier und da und unterhielten sich. Wenige liefen alleine herum. Endlich sah ich auch schon auf die Ecke eines dunklen Ladens. „Ah! Da ist es!

Gut! Ich habe mich nicht verlaufen!“, freute ich mich und rannte zum Eingang. Ich war an Mephistos Laden angekommen. Er wirkte noch immer düster und gruselig, doch da ich bereits einmal dort war, hatte ich auch keine Angst mehr. Als ich die Tür öffnen wollte, kam mir jedoch schon ein dickes, buckliges, vieräugiges, mit Muskeln bepacktes Wesen entgegen, welchem ich erst den Weg frei machte. Mit dem Zug der sich wieder schließenden Tür hüpfte ich schnell hinein. Es war wie eine Art großer Kiosk. In den Ecken hingen auch noch immer die Spinnenfäden. Obwohl sich nichts

verändert hatte, wirkte der Raum nicht mehr so dunkel und Angst einflößend auf mich wie vorher. Erleichtert, dass ich es bis hierhin geschafft hatte, blickte ich geradewegs auf die Theke hinter welcher ich auch schon Mephisto stehen sah. Er legte gerade einem kleinen, blauhäutigen Dämonenmädchen mit langen Ohren ein kleines seidenes Säckchen hin. „So bitte. Aber nicht alles auf Einmal! Sonst explodieren seine Gedärme.“, zwinkerte Mephisto dem Mädchen zu, die sich belehrend umdrehte, nickte und wieder aus dem Laden ging. Dann erkannte er mich herein kommen. „Yuki!“, rief er mit fragendem Unterton.

„Was machst du denn hier?“, fragte er und räumte seinen Tresen wieder auf. Ich lief mit großen, schwingenden Schritten zu ihm. „Ach.. ich wollte nur... Wegen des Kleides kommen, vom dem du gesprochen hattest.“, meinte ich und blickte umher. Der Rothaarige drehte sich stirnrunzelnd zu mir. „Dafür ist es doch viel zu früh! Wo ist denn außerdem unser lieber Schattenmann? Er sollte doch auch zur Anprobe kommen.“ „Ich.. bin schon mal vor gelaufen..“, erklärte ich und spielte nervös hinter meinem Rücken mit meinen Fingern. „Du bist alleine hergekommen? Aha.“, lobte er mich unterschwellig und

sortierte das Regal hinter sich. „Warum hat er dich denn nicht gebracht? Wäre doch viel angenehmer.“ Aufgeregt kämmte ich durch die unteren Strähnen meiner Haare. „Wollte er auch... eigentlich.“, meinte ich leise und sah in die Regale neben mir. Plötzlich lehnte Mephisto sich verspielt über den Tresen, legte seinen Kopf auf seine Hand und blickte mich erwartungsvoll schmunzelnd an. „Hmmh? Du wolltest nicht mit ihm alleine sein. Habe ich recht?“, fand er heraus und grinste. Nervös blickte ich ihn mit großen Augen an und errötete. „Was? Wie. Warum meinst du das?!“, fragte ich ertappt und

tat, als sei seine Aussage falsch. Er rollte die Augen. „Och Kindchen. Du bist ein Mensch. Und du hast einen schnuckelligen heißen Typen geküsst. Ja, es war weil ihr bedroht wurdet. Und es war auch der einzig sinnvolle Weg! Aber: fandest du es nicht schön?“, fragte er ich mit genussvoller Stimme. Mephito sah mich mit einem verführenden Blick an. „Ehm..“, ich wich etwas zurück und wurde immer nervöser. „Ich... also weißt du...“ „Das nehme ich mal als ja!“, zappelte er mit seiner Hand in der Luft herum und widmete sich wieder seinem Regal. „Und jetzt hast du auch noch eine Nacht bei ihm geschlafen! War das nicht

aufregend?“ Mein Kopf dampfte vor Scham. „Hey!“, regte ich mich auf, aber konnte es ja doch nicht bestreiten. Mein nörgeln wurde zu einem unbehaglichem Seufzer. Ich lehnte mich vor und legte meinen Stirn jämmerlich auf die Theke. Meine Haare verdeckten mein überfordertes, nachdenkliches Gesicht. „Hmmm..“, brummte es nur aus meinem Mund. „Ich konnte die Nacht kaum schlafen... wir hatten gestern Abend extra alles so arrangiert, dass mein Vater denkt, ich wäre bei Nami... und als wir dann wieder in seiner Bibliothek waren... war... es so seltsam... er schrieb wieder so viel in seinen Büchern... und ich lag auf seiner

Couch. Ich meine, ich konnte ja wohl kaum zuhause schlafen, bei allem, was bisher passierte!“ „Und was willst du jetzt von mir?“, fragte er arrogant und arbeitete unbekümmert weiter. Ich legte meinen Kopf zur Seite, sodass nur mein Mund zu sehen war. „Ich wusste nicht wo ich sonst hin sollte.“, sprach ich entkräftet und bewegte mich nicht weiter. Mephisto legte die Hände in seine Hüfte. „Hey! Jetzt willst du mich voll heulen, weil du nicht weißt was du willst?!“ „Was ich will?“ „Liege hier nicht so dumm herum! Wenn du da bist, mach dich nützlich und bring

mir die Kisten da hinten! Ich hab noch viel zu tun bis heute Abend!“, forderte er mich auf und zeigte auf die Wand neben der Tür. Betrübt, ohne Abneigung trottete ich zu drei kleinen Holzkisten, welche gestapelt neben der Eingangstür standen. „Oke...“, atmete ich mutlos aus und griff mir eine der kleinen Kisten. Beiläufig fiel mir auf, dass man nun durch die Schaufenster blicken konnte, welche von außen nicht sichtbar waren. Diese hatten mich schon beim ersten Mal in diesem Laden verwundert. „Wie funktioniert das?“, fragte ich und stellte die Kiste auf die Ecke der Theke. Ohne mich anzusehen legte er kleine

goldene Münzen in seine Kasse. Leise zählte er vor sich hin. „Und was ist das?“, fragte ich neugierig und lehnte mich zu ihm herüber. „Verzaubertes Hexengold?“, grinste ich. „Das, meine kleine, liebe Yuki..“, begann er konzentriert zu erklären und legte die letzten Münzen weg. Dann schob er die Kassenlade wieder zu und schrieb etwas auf einem Stück Papier. „.. das ist Geld. Und das mit den Fenstern zu erklären wäre zu viel für deinen kleinen, dicken Schädel.“ „Hmh... achso.. Geld.“, flüsterte ich verträumt. Plötzlich griff Mephisto mit Daumen und Zeigefinger an meine Wange und bewegte sie Mütterlich hin und her.

„Hach du bist so dumm und naiv! Putzig. Kein wunder, dass er..“, hörte er stutzig mitten im Satz auf. Ich sah ihn fragend an. „Dass er-was?“ Dann hob er gelassen die Augenbrauen und nahm seinen Zettel mit dem Geschrieben in die Hand. „Dass Er-gebnisse von dir schlecht ausfallen! Los mach deine Arbeit weiter! Zack. Zack. Oder du kannst wieder gehen!“, tadelte er mich und wedelte mit dem Zettel vor meinem Gesicht herum. „Ja, ja.“, motzte ich und drehte mich wieder zu den Kisten. Immerhin wollte ich ja hier bleiben. Wo sollte ich sonst hin? Natürlich hatte ich nichts gegen Shiro. Aber mit ihm alleine in einem

Raum zu sein, erschien mir so seltsam. War es wegen dem Kuss? „Hach... Ablenkung tut gut.“, faselte ich vor mich hin. Gerade als ich los laufen wollte, erkannte ich jedoch einen Jungen durch das Schaufenster. Einen Jungen mit Hörnern und Brille. Mit einem schwarzen Tuch hatte er seinen Mund verdeckt. Er stand vor dem Eingang und sah sich einige Male um. Dann lief er auf die Tür zu. Warum kam mir dieser Junge so bekannt vor? Auf einmal riss ich panisch die Augen auf. Mein Atem blieb stehen. Ich kannte ihn! Er hatte mich in der Schule angegriffen! Mit einem Mal sprang ich

hinter die Theke und versteckte mich in der Ecke. Es fühlte sich an, als würde mein Herz aus meiner Brust springen wollen. „Grund Gütiger. Was ist mit dir?“, fragte Mephisto und sah zu mir herab. Doch er erkannte mein ängstliches Gesicht. Zitternd legte ich meinen Finger vor meine Lippen und schaute ihn mit fürchterlichen Sorgen an. Dann bemerkte er den Jungen herein laufen. Gelassen arbeitete er weiter und Kramte in der Kiste herum, welche ich ihm hingestellt hatte. Dabei beobachtete er den Dämonenjungen unauffällig. Er lief etwas in dem Raum herum und

machte langsame Schritte auf die Theke. Immer wieder sah er zur Seite und machte einen seltsamen Eindruck. „Kann ich helfen?“, fragte Mephisto ihn schließlich und stellte sich gerade hin. Der Junge kam auf ihn zu. Ich zitterte noch immer. Shiro war nicht da. Was würde dieser Junge mir nur antun? Könnte Mephisto etwas gegen ihn ausrichten? Würde er das überhaupt wollen? Ich hatte solche Angst. Als beide sich gegenüber standen, wickelte der Junge ernst das Tuch von seinem Gesicht. Ich erhaschte einen ungewollten Blick über die Theke und sah ein schreckliches Bild. Sein Kiefer fehlte. Aus seinem

Aufgerissenem Maul ragte nur eine ekelhaft spitze Zunge und man hörte ein gruseliges, lautes Atmen. Diesen Anblick hatte er Shiro zu verdanken. „Wuhä.“, betonte Mephisto. „Willst du: erstens, Etwas gegen die Schmerzen oder zweitens, etwas gegen dein hässliches Gesicht?“ Grimmig hob der Junge die Hand und zeigte zwei Finger. „Ja. Ich würde an deiner Stelle auch etwas dagegen machen. Sieht echt widerlich aus.“, nickte der Rothaarige ihm angewidert zu. „Aber gegen dein abstoßendes Gesicht kann ich dir nicht helfen.“, grinste er ihn frech an. „Ich kann nur deine Schmerzen lindern wenn

du welche hast. Geh zum Knochenschmied im Nordbezirk. Der kann die bestimmt helfen. Aber hübsch wirst du nicht mehr.“, meinte er schnippisch und schüttelte den Kopf. Verärgert sah der Junge ihm in die Augen und legte seine Hand auf die Theke. Dann hörte man ihn wieder missmutig atmen. Doch Mephisto hielt dem Blick schweigend stand. Endlich drehte er sich um und lief wieder aus dem Laden. Mir fiel ein Stein vom Herz, als ich hörte wie die Tür sich wieder schloss. „Uff..“ atmete ich auf und legte meine Hände auf meine Brust. „War der Schattenmann das?“, fragte

Mephistoteles und hob eine Augenbraue. Er machte einen Schritt zurück und überkreuzte seine Arme. „Ja...“, antwortete ich und stand langsam wieder auf. Ich hielt mich am Tresen fest und zog mich hoch. Sofort blickte ich wieder aus den Fenstern um sicher zu gehen, dass er weg war. „Er war bei mir in der Schule. Komischer Weise habe nur ich seine Hörner gesehen. Und als er das erkannte, griff er mich an und wollte Shiros Seele aus mir herausreißen.“ „Ah. So ist das. Wieso nur hat er ihn nicht getötet? Das kenne ich gar nicht von ihm.“, dachte er nach und sah auch aus dem Laden heraus. Ich spielte an meinem Shirt und zog mit

meinem Fuß kreise am Boden. „Also.. ich.. Hatte ihn gebeten den Jungen nicht zu töten..“ Direkt machte ich mich bereit mir eine Standpauke von ihm anzuhören. Doch er schwieg. Ich sah nur mit den Augen zu ihm. „Du motzt mich nicht an?“, fragte ich zögernd. „Tze.“, er machte eine eingebildete Bewegung wie eine Diva. „Bist du doch selber Schuld! Der Schattenmann kann sich selber beschützen! Aber du hast jetzt das Problem an der Backe.“ Ich legte den Kopf einsichtig schräg. „Stimmt...“, kam erstaunt von meinen Lippen. „Aber mach dir keine Sorgen. Hier ist es

verboten zu Kämpfen oder zu töten. Da wird man direkt raus geworfen!“ „Hier? In der Welt?“ „Och nein! Hier in dem Gebäude! In dem gesamten Gebäude ist es untersagt sich zu duellieren, zu kämpfen oder zu töten!“ „Ich dachte... das hier ist die Dämonenwelt.“, unwissend runzelte ich die Stirn. Das wurde mir alles zu kompliziert. „Du weißt ja echt gar nichts! Dummchen! Wir sind in der Dämonenwelt! Und in der Welt gibt es dieses Gebäude, so wie viele andere Gebäude! Ist doch das gleiche wie in der Menschenwelt!“, erklärte er

ungeduldig. Verblüfft sah ich in die Luft. „Wow.. Das wusste ich nicht...“ „Ja, habe ich gemerkt.“ „Aber Shiro hat hier gekämpft! Gegen Deeon! Warum werden die beiden denn nicht bestraft?“ „Naja, mein Liebster hat ein paar Sonderrechte in gewissen Bereichen. Keiner würde sich mit ihm anlegen wollen. Und so lange es nicht bis zur obersten Etage geht, passiert auch nichts.“, zuckte er mit den Schultern. Dann klatschte er mir mit dem Handrücken gegen die Schulter. „Los! Weiter! Muss man hier alles selber machen?“, forderte er mich auf und lief

zu den Kisten. „Eh.. ja! Ich helfe dir!“, kam ich wieder zu mir und lief ihm hinterher. Während ich eine Kiste nahm sah ich ihn fragend an. „Warum lässt du die nicht mit Magie oder so zu dir kommen? Wie Shiro!“ Genervt schleppte er die Kiste an den Tresen und stellte sie dort ab. „WEIL das viel Übung und Kraft und Talent braucht. Außerdem kann nicht jeder Dämon alles. Denk nicht, dass das alles so einfach wäre! Darum wollen doch alle seine Seele haben. Weil sie stark ist. Aber keiner traut sich, es darauf anzulegen. Außer sie wollen dann so enden wie der Junge gerade eben. Und der hatte nur Glück!“, erklärte er mir und packte

weiter die Kisten aus. Stolz hob ich den Finger. „Die Seele ist von Lilith! Richtig?“, sagte ich. Endlich wusste ich auch etwas. Ich erinnerte mich, was Deeon mir sagte! Damals hatte Shiro das Angebot bekommen sich an seinem Dorf zu rächen für den Tot an seiner Familie. Er hatte dafür eine Dämonenseele von ihr erhalten welche er aber behielt und vor ihr floh. Bei dem Namen zuckte Mephisto zusammen. „Hey hey hey! Ich will nicht, dass du ihren Namen in meinem Laden aussprichst! Davon weiß sonst keiner etwas! Also verplapper dich nicht!“ Ich setzte mich auf den kleinen

Barhocker neben mir. „Warum weißt du das überhaupt?“, fragte ich. „Wenn es doch sonst keiner weiß.“ Verärgert legte er seinen Ellenbogen auf den Tresen und lehnte sich dort an. Er sah mich mit einem zickigen Blick an. „Das sollte ich dich besser fragen! ICH war von Anfang an dabei! ICH hatte meinem Herzblatt geholfen sich hier überhaupt zurecht zu finden!“, dann sah er etwas weg. „Naja.. und Deeon half auch ein wenig.“ Neugierig lächelte ich ihn an, „Wie war das denn damals? Wie war Shiro so?“, fragte ich und hielt meine Arme aufmerksam zwischen meinen Beinen auf dem

Hocker. Dem Redefluss verfallen, lehnte Mephisto sich vor und schaute aus den Schaufenstern heraus. „Er war... lebhafter.“, sagte er verträumt. „Er war aufgeschlossener. Er war dickköpfiger. Naja, so negativ wie jetzt war er schon immer. Aber nie so verbittert. Ich habe ihn schon lange nicht mehr lachen gesehen.“, sagte er verträumt. „Ich lebte in meiner Hütte. Damals hatte ich meine Freizeit mit dem Sammeln von Kräutern und seltenen Materialien verbracht. Und sonst hatte ich eine große Arbeit Verträge mit dummen Menschen abzuschließen, die mir gegen einen Tag Schönheit ihre Seele verkauften. Naja,

jedenfalls saß ich gerade an meinem Tisch und zerkleinerte Kräuter. Es war eine komplett andere Zeit als damals. Es war viel ruhiger und entspannter. Und plötzlich kam mein alter Freund Deeon mit so einem jungen Knaben ohne Namen in mein Haus gestürmt! Irgend ein Bauernjunge der kurz vor dem Tot stand. Doch ob es ein Mensch oder ein Dämon war, erkannte ich nicht. Er stützte ihn und kam wie vom Teufel gebissen herein. Der Junge hatte solche Schmerzen. Er schrie so laut und wollte nicht aufhören. Und plötzlich brach er zusammen. Damals hatte mich die Situation total überfordert. Ja. Ich war auch mal dumm und musste meine Erfahrungen sammeln.

Um seine Menschenseele vor der Dämonenseele zu schützen, welche ihn innerlich zerfressen wollte, hatte Deeon die Idee den Knaben erst zu töten und dann mit all den Seelen die er gesammelt hatte und Deeons heiliger Kraft wieder zu beleben. Ein Mensch hat nur die Kraft seiner eigenen Seele. Er kann sie nicht vielseitig verwenden und kann sie nicht kontrollieren. Sie ist jedoch das, was den Körper auf magische Weise leben lässt und uns ausmacht. Und ein Dämon kann die Kraft anderer Seelen für sich nutzen. Je mehr Seelen ein Dämon also besitzt, desto mehr Magie oder Kraft hat er. Das

weißt du sicher schon. Wessen Dämonenseele er in sich trägt ist unklar, aber sie beruhigte sich, nachdem die menschliche starb. Doch noch bevor sie die Kontrolle des Körpers hatte, belebte Deeon ihn wieder und verschloss das dämonische Wesen in ihm. Kurz gesagt: Er war er aber mit coolen dämonischen Kräften!“ Mephisto begann nostalgisch zu grinsen. „Hmh. Nachdem er wieder zur Besinnung kam brachte ich ihm Essen. Er saß eine ganze Weile am Boden in einer Ecke und grübelte wütend vor sich hin. Als ich ihm den Teller reichte, schlug er ihn mir aus der Hand. Als ich mit ihm reden wollte, drehte er sich von mir weg. Kommt dir

das bekannt vor?“, er sah mich auffällig an. Dann sprach er weiter. „Er hockte Stunden und Tage dort und gab kein Wort von sich. Auch mit Deeon sprach er nicht. Doch langsam begann er sich zu verändern. Er spürte wie sein Körper kalt wurde und immer weniger Schlaf brauchte. Auch verging sein Hungergefühl. Naja. Er war noch so naiv. Irgendwie hatte er von alleine bemerkt, dass er nun besondere Fähigkeiten hatte. Als Deeon also schon Tagtäglich zu Besuch kam um sich nach ihm zu erkundigen saß er noch immer dort. Ich ging meinen Aufgaben weiter nach und hatte ihn schon gut ignorieren können. Doch den einen Tag, hörte ich ihn das

erste mal sprechen. Er wollte mehr erfahren. Er wollte wissen wo er nun war. Und langsam begannen wir ihm alles zu erklären. Er wollte immer mehr und mehr! Er wälzte sich in Bücher. Er lernte von Deeon das Kämpfen. Er war immer bei mir, denn jemand anderen hatte er nicht mehr, doch freute sich immer mehr, wenn Deeon wieder kam. Sie waren wie Brüder. Die Jahre vergingen und er wurde immer stärker. Es war so erfrischend zu sehen, mit wie viel Ehrgeiz und Kraft er sich in die Übungen stürzte. Egal wie oft er einen Trank falsch braute oder wie oft Deeon ihm beim Training mit Magie oder Schwert besiegte. Er hörte einfach nicht

auf. Der dumme, naive Knabe strahlte nach jedem Erfolg immer mehr. Und dann war er uns endlich ebenbürtig. Dummerweise machte das in den Dörfern schnell die Runde und man begann seine Seele zu jagen. Ebenso hatte auch Lilith den Auftrag erteilt ihre verloren gegangene Seele wieder zurück zu bringen und der Lohn war groß. Damals war es nicht ungewöhnlich, dass Dämonen die Seelen anderer Dämonen sammelten. Dort konnten wir ihn also nicht länger verstecken. Er musste viel durchmachen, nur weil er sich mehr anstrengte als alle anderen. Nachts brach man in sein Zimmer,

knebelte ihn und erstach ihn um an seine Seele zu kommen. Seine Heilkräfte waren aber mit Abstand stärker. Er riss sich frei und tötete jeden einzelnen von ihnen. Nachts überfiel man ihn. Falsche Freunde versuchten ihn zu vergiften und selbst am Tag konnte er nicht mehr durch die Straßen laufen ohne das Gefühl zu haben, verfolgt zu werden. Das ganze liebevolle Strahlen aus seinen Augen erlosch und wurde zu dem kalten Gesicht was du jetzt immer siehst. Er schläft nicht mehr und lässt niemanden an sich heran. Die Jahrhunderte vergingen. Wir reisten von Ort zu Ort. Er machte immer mehr

Reisen in die Menschenwelt. Nicht um zu sehen, wie die Welt die einst seine Heimat war sich veränderte. Sondern um Seelen zu sammeln. Um stärker zu werden. Und er wurde stärker als jeder andere. Er machte sich hier einen Namen. Der Schattenmann und sorgte dafür, dass jeder ihn fürchtete und nicht mal auf die Idee kommen würde ihn zu bedrohen. Einen normalen Namen hatte er sich nie geben lassen, damit ihn niemand finden würde und besonders Lilith nicht seine Seele mit seinem Namen finden könnte. Nach langer Zeit hatte man aber schon den Auftrag von Lilith vergessen und man sammelte auch nicht mehr die

Seelen anderer Dämonen. Doch er hörte nicht auf. Er machte weiter. Und vor achtzehn Jahren wandte sich plötzlich Deeon von ihm ab.  Er meinte sich verliebt zu haben. Tze. Als würden Engel das tun. Es war nur eine Ausrede um ihn alleine zu lassen. Und dann beklaute er er ihn heimtückisch, ohne Grund. Er konnte nicht einmal seinem Bruder vertrauen! Ab da war es endgültig um ihn Geschehen. Er war nur noch voller Hass und blutrünstig. Und zieht ständig diesen griesgrämigen, kalten Blick, der ihn zwar ziemlich sexy und interessant macht, aber lieber würde ich wieder diese strahlenden Augen sehen, die mir gezeigt

haben, dass ich mich damals für das Richtige entschlossen hatte.“ Mephisto atmete schwer aus. „So. Nun weißt du so ziemlich alles, du dummes Kücken.“, brachte er schweren Herzens noch von sich. Da er jedoch keine Reaktion von mir hörte, drehte er sich gestresst zu mir. Er erschrecke plötzlich und wich zurück. „Was ist denn mit dir schon wieder?!“, fragte er laut. Ich starrte ihn mit riesigen, tränenden Augen an. „Oh Gott...“, weinte ich mitfühlend und dennoch glücklich. „Das.. war zu viel für mich. Das tut mir alles so leid. Aber du hast etwas so tolles für ihn gemacht und dich für ihn

eingesetzt! Und ihr habt so viel durch gemacht! Und jetzt seid ihr hier und ihr macht weiter! Und und... das ist alles so herzzerreißend.“, plärte ich laut und wischte mir über die Nase. „Krieg dich Mal wieder ein!“, maulte er mich an und drehte sich von mir weg. Doch ich konnte nicht anders. Alle hier machen so einen starken Einruck und sind doch nur einfache Leute. Seine Geschichte hatte meine tiefsten Gefühle berührt. Und das Vertrauen, welches er in mich steckte machte mich so Glücklich. Überwältigt von alle dem, sprang ich auf und umarmte ihn so fest ich konnte. „Mephisto. Das ist alles so traurig und so schön und so traurig und so toll! Aber so

traurig und doch so herrlich!“, plapperte ich laut herum und überschwemmte ihn mit meinen Gefühlen. Mephisto wehrte sich nicht, sondern rollte nur mit den Augen. „Jaja.. ist ja gut.“, nörgelte er. Plötzlich hörte ich die Tür hinter mir. „Ist es etwa schon so spät?!“, fragte der Rothaarige in meinen Armen und blickte auf die Uhr. Ich löste meine Umarmung, drehte mich noch immer heulend um und sah Shiro herein kommen. Dieser blieb bei meinem Anblick gefasst stehen. „Was ist passiert?“, fragte er und sah Mephisto schuldig an. Schnell rannte ich jedoch zu ihm und

sprang ihm um den Hals. „Shiro!!“, rief ich laut und fröhlich. „Alles ist gut!“, lächelte ich ihn an und fasste wieder Boden unter meinen Füßen. „Mephisto war einfach nur nett zu mir!“

Der Saal

Es war zu ruhig. Angespannt saß ich auf Mephistos Bett und sah mich ungeduldig um. Eine ungemütliche und beklemmende Situation, denn zuvor war es noch nicht vorgekommen, dass jemand mich mit teuren Abendkleidern eindecken wollte. Zwar freute ich mich, doch unangenehm war es, mich von anderen ankleiden zu lassen ohne etwas dafür zu zahlen. Die Sekunden zählend wippte ich mit den Beinen herum. Meine innere Unruhe unterdrückend, lehnte ich mich zurück auf das Bett und legte mich auf die weiche Polsterung. Meinen Kopf hatte ich zur Decke über mir gerichtet und

meine Beine hingen noch vom Bett herunter. Ich atmete betrübt und ruhig aus. „Wieso dauert das so lange?“, fragte ich mich unangenehm leise und drehte mich zur Tür. Wieso hatte ich gerade jetzt das Gefühl nicht alleine sein zu wollen? Wo ich das doch sonst gerne war. Je länger ich wartete, desto mehr Zeit hatte ich mit meinen Gedanken. Ich konnte über vieles nachdenken, denn im Augenblick sollte mich nichts ablenken. Ich dachte über alles nach, was vor kurzem passierte. Über den Tag in der Schule. Über Namis Geheimnis. Über Shiros Geständnis. Über den letzten Kampf. Der Junge in Mephistos Laden.

Ich hatte Shiro davon noch nichts erzählt. Und dann war da noch der Kuss. Ich erinnerte mich wie er mich sanft auf den Boden drückte und doch genüsslich meine Lippen berührte. Und als ich zu ihm hinauf sah, blickte er mich so erleichtert aber doch nichts sagend an. Träumend legte ich meinen Finger auf meine Lippe und starrte nachdenklich ins Leere. „Er wurde wieder so kalt…“, flüsterte ich. Nicht nur äußerlich, sondern auch emotional. Als Mensch konnte er wohl seine ganzen Gefühle nicht so unterdrücken, wie mit seiner dämonischen Kraft. Oder konnte er seine Emotionen nicht zurückhalten, weil er als Mensch schwach und angreifbar war

und somit unter Stress stand? Shiro musste so vieles ertragen und aushalten. Und nun wollte er sich vor allen fernhalten und stößt jeden emotionslos ab wie ein grimmiger Eisblock. Nachdem ich Deeons und Mephistos Geschichten gehört hatte, verstand ich, warum er so wurde. Aber ich wollte nicht, dass er weiterhin so düster und negativ bleibt und alles verachtet. Ich wollte, dass er lacht! Ich wollte, dass er aufhört, sich ständig Gedanken zu machen! Aber warum ist es mir so unangenehm, wenn ich mein Ziel erreiche? Wenn ich ihn zum Lächeln bringe. Wenn er beruhigt da sitzt und mit mir redet. Wenn er genüsslich das Essen

verputzt, dass ich ihm gebe. Wenn er mich mit seinem tiefen, träumenden Blick ansieht und glücklich ist. War mir das wirklich unangenehm? War das der richtige Ausdruck für meine Gefühle? „Argh!“, ich raufte mir die Haare und wälzte mich im Bett herum. „Ich sollte selber aufhören mir so viele Gedanken zu machen!“, nörgelte ich und schaukelte mit meinen Beinen hin und her. „Das ist doch bescheuert! Arrr!!“, dann ließ ich meine Arme geschwächt auf mein Gesicht fallen. „Uf…“ Plötzlich riss jemand die Tür auf. „Sooo! Da bin ich! Es war schwer ein Kleid in deiner Größenordnung zu finden, aber

ich denke das sollte passen!“, rief Mephisto und stellte sich mit einem riesigen Haufen Stoff über seinem Arm hängend in den Raum. Doch er wich etwas zurück. „Irgh.. was ist denn mit dir?“, fragte ich schließlich, als er mich entnervt auf dem Bett erkannte. „Ach…“, seufzte ich nur, ohne ihn anzusehen. „Yuki!“, hörte ich dann Bastet rufen. „Zieh dein Kleid an! Ich mach dir die Haare!“, sie kam auch in den Raum hinein gelaufen. Auch jetzt noch lag ich leblos dort und beachtete sie nicht weiter. Wollte ich wirklich auf den Ball? Irgendwie hatten mir meine Gedanken meine Laune

verdorben. „Also wirklich! Los! Hop!“, forderte Bastet und klatschte in die Hände. Langsam raffte ich mich auf und setzte mich hin. Überrascht schaute ich die Beiden herausgeputzten und in edle Kleidung gezogenen an. Bastet trug ein langes, enges, leichtes Kleid, welches eine helltürkise, fast weiße Farbe hatte. Es war schulterfrei und am Hals mit einem goldenem Halsreif zusammengebunden. Verzierungen und Schmuck waren ebenso in reinem Gold. Eine goldene Korsage betonte ihre Figur noch mehr. Dazu trug sie armlange, elegante, seidige Stulpen, welche an einem Ring am Mittelfinger

endeten. Es wirkte alles ziemlich ägyptisch aber doch modern und elegant. Mephisto trug einen edlen, englischen Anzug. Es war ein weißes Hemd, mit sehr dünner, langer Schleife am Kragen. Dazu eine schwarze Anzughose und eine schwarze Anzugweste. Halbe schwarze Handschuhe und ein dezent nach hinten gebundener Zopf rundeten sein Aussehen ab. Im Gegensatz zu den Beiden, die nur vor Schönheit strahlten, hockte ich vergammelt auf dem Bett und versuchte meine Haare wieder zu Bändigen. „Denkst du, du bekommst das wirklich hin?“, flüsterte Mephisto Bastet leise zu. „Natürlich!“, sagte sie laut, legte ihre

Hand fingerspreizend vor ihren Mund und lachte arrogant. „Hahahah! Ich bin Bastet! Die Göttin der Fruchtbarkeit! Der Freude! Und Feste! Da werde ich doch auch so ein hässliches Entlein für einen Ball zu einem wunderschönen Schwan verzaubern können! Hohohoho!“ Was hatte ich mir nur gedacht? Jetzt hatte ich zwei eingebildete Dämonen in einem Raum vor mir. Mephisto legte ihr aber das Kleid schnippisch auf ihren erhobenen Arm. „Du bist keine Göttin! Hör auf dir das immer wieder einzureden! Tz! Hier! Ich bin ja gespannt wie viel noch in dir Steckt!“, rollte Mephisto die Augen und ging zur

Tür. „Pa! Du bist ja nur neidisch, weil du nie als Gott verehrt wurdest!“, rief sie ihm hinterher. Mephistos Kopf ragte noch leicht in den Raum hinein. „Dafür glaubt man an mich heute immer noch!“, kam er ihr gelassen entgegen und warf ihr vergnügt einen Handkuss zu. Dann verschwand er und schloss die Tür. „Hmpf! Dem werde ich es zeigen!“, fauchte sie und schmollte. Ich grinste über die beiden. Zwei mit dem gleichen Temperament in einem kleinen Raum. Das sollte wohl nicht gut ausgehen. Schließlich hob sie das Kleid und

präsentierte es mir. „Tada! Schick oder? Wir mussten etwas finden, was deiner Oberweite passt. Du hast so große Brüste, da war es ziemlich schwer. Haha! Los! Zieh dich aus!“, sagte sie lächelnd und stellte sich erwartungsvoll vor mich. Ich wurde rot und legte meine Hände schützend vor meine Brust. „Hä? Warte!“, rief ich laut. Doch Bastet legte den Kopf schief. „Oh man. Sei nicht so verklemmt! Alleine wirst du das Kleid nicht an bekommen! Vertrau mir. Ich schau auch weg.“, grinste sie und deutete neben sich. Ich biss die Zähne zusammen und sah sie zurückhaltend an. „Hmh.. okay..“ Sie grinste fröhlich. „Raus aus den

Lumpen und rein in das schicke Kleid!“ „Hehe.. ja. Genau..“, grinste ich gezwungen. Ich zog meine Kleidung aus, und schlüpfte in das rosa, lange Kleid. Es war sehr schlicht gehalten. Links hatte es ab der Hüfte einen Schlitz, welcher nach unten breiter wurde. Darunter war ein hellerer Stoff zu sehen. Den Schlitz und Dekolleté entlang, verzierten Rüschen. Ein Schleifenhalsband und armlange Handschuhe waren als letztes an der Reihe. Es wurde ab der Hüfte sehr weit und aufgebauscht. Zu meiner Beruhigung hatten die Pumps dazu keinen so hohen

Absatz wie die von Bastet. Sie half mir, mich anzukleiden. In meinem Nacken band sie mir das Kleid zu und im Rücken schloss sie das Kleid. Die Handschuhe zog sie mir hoch, dass sie genau passten. Sie wirkte, als wolle sie aus mir ein Meisterwerk zaubern. Stolz blickte sie mich von oben bis unten an und ging einen Schritt zurück. „Hach! Hübsch! Sehr hübsch! Jetzt noch die Haare.“, sagte sie und legte amüsiert die Hände ineinander. „Setz dich!“, schnell zog sie einen Hocker vom Schminktisch hinter sich vor. „Heute Abend wirst du strahlen! Und Mephisto wird Augen machen! Pah!“ Ich sah mich kurz im Spiegel an. Für

einen Moment war ich wie verzaubert. Noch nie hatte ich ein solch schönes Kleid tragen dürfen. Und noch nie hatte ich mich selber so hübsch gefunden. Als ich mich verlegen setze lehnte Bastet sich kurz vor. „Dass du mir ja nicht meinen lieben Schattenmann weg angelst. Ha! Aber was rede ich da. Dann müsstest du ja gegen mich gewinnen. Hohoho.“ Ich sah sie mit weiten, ertappten Augen durch den Spiegel an. „Ah.. nein. Nein… Keine Sorge…“, stammelte ich vor mich hin. „Die mache ich mir sowieso nicht!“, lächelte sie und fuhr mir sanft durch die Haare. „Er ist irgendwann mein. Und ich gehöre dann nur ihm.“, sprach sie immer

leiser werdend. Dann räusperte sie sich. „Ehm. Ja. Was ist das überhaupt zwischen euch? Ich wusste nicht, dass er noch einen schwachen und armseligen Schützling aufnimmt?“, fragte sie und steckte mir die Haare hoch. Erst war ich etwas eingenommen. Doch langsam fand ich mich damit ab, dass sie, so wie auch Mephisto wohl gar nicht absichtlich abwertend sprachen. Oder sie merkten nicht wie verletzend die Worte sein konnten. Aber ich wusste, dass ich sie nicht ernst nehmen sollte und versuchte diese Sprüche zu ignorieren. „Moment. Schützling?“, fragte ich verwirrt. „Ja. Warum sollte er sich sonst mit so

jemand schwaches abgeben? Oh! Tut mir leid, wenn dir das peinlich ist.“, antwortete sie gelassen und arbeitete weiter. „Oh ich… ja genau. Schützling. Ja. Er… fand mich hier, und ich fand mich nicht zurecht. Er hat mich dann als Schützling aufgenommen.. Hehe.“, log ich nervös. Ich spielte mit meinen Fingern herum. „Aber, Shiro hat noch einen Schützling? Ich dachte, er versuchte sich immer von allen fern zu halten?“ Sie runzelte die Stirn. „Du wusstest es nicht? Irgendwann hatte er Kitsune vor ein paar Dieben gerettet. Ich weiß nicht wieso. Vielleicht hatte er mal einen guten Tag? Und seitdem steht sie unter

seinem Schutz. Sie ist klein. Und schwach. Und nervig. Sie würde hier gar nicht überleben, wenn er nicht wäre. Naja, Glück für sie.“ Ich lächelte stolz. Das musste bedeuten, dass in ihm ja doch noch ein lieber Mensch steckt. Dann da sah ich herab. Mir war also die Vorgeschichte von Mephisto, Deeon und Kitsune zu Shiro bekannt. „Und wie hast du Shiro kennen gelernt?“, fragte ich sie und sah wieder in die Spiegelung. Sie drehte meine Haare etwas auf und lächelte. „Hmh. Naja, weil du eine Freundin vom Schattenmann bist, erzähle ich es dir! Also. Vor vielen Jahren zog er erst mit Mephisto her. Er begann sofort

jedem zu zeigen, dass er der stärkste ist. Also wurden die Hohen auf ihn Aufmerksam.“ „Die Hohen?“ „Ja! So wie Renekton! Reiche Dämonen! Die hier viel zu sagen haben und denen hier viel gehört! Die viele Anhänger haben! Weißt du denn gar nichts?!“, motzte sie. Doch sie sprach weiter ohne mein überfordertes Lächeln zu sehen. „Naja. Jedenfalls habe ich schon damals für Renekton gearbeitet. Ich bin seine Nummer eins! Und damals sollte ich die neuen in Renektons Namen willkommen heißen. Daraufhin stellte der Schattenmann seine Kraft in Renektons Dienste und wurde hoch belohnt. Er

sorgte für Mephistos Laden und die Bibliothek. Der Schattenmann machte Aufgaben schneller als alle anderen. Er beschützte ihn besser als jeder andere. Er vernichtete Feinde ohne Aufwand. Er schaffte alles. Einfach alles. Was sonst 5 Mann gebraucht hatte, erledigte er alleine. Woran viele verzweifelten, hatte er keine Probleme. Und dann wurde er Renektons Liebling. Und mein Feind! Ich hatte mir geschworen nicht zu verlieren! Und hatte ihn herausgefordert!“, ihre Stimme klang plötzlich so wütend und ihr Gesicht war so angestrengt. „Ich hatte versucht gegen ihn zu kämpfen! Ich versuchte alles gegen ihn! Ich hatte noch nie verloren! Doch für ihn war der

Kampf eine Leichtigkeit. Ich sehe es noch vor mir als wäre es gestern gewesen. Wie ich schwer atmend am Boden kniete, während er gelassen, ohne einen Kratzer vor mir stand und schwieg. Er brachte mich so sehr in Rage, dass… dass…!“, ihre Hände zitterten. Im Spiegel sah ich verängstigt, wie ihre Haut sich begann bleich, fast grau zu färben. Das weiße in ihren Augen wurde tief schwarz. Doch dann nahm sie ihre Hände weg und schloss die Augen. Um sich zu beruhigen atmete sie langsam ein und wieder aus. Dann schüttelte sie ihren Kopf etwas und kam wieder zu sich. „Hach. Entschuldige. Naja. Er machte mich so

wütend, dass ich meine Kraft nicht mehr unter Kontrolle hatte! Und selbst in meiner mächtigen Form hatte er mich haushoch besiegt. Als wäre es nur eine Kleinigkeit für ihn gewesen. Aber das war der Zeitpunkt, an dem ich wusste, dass ich ihm gehören wollte. Ich akzeptierte, dass ich nicht gegen ihn gewinnen konnte. Also wollte ich ihn für mich gewinnen. Seine Kraft. Diese Stärke. Es macht ihn so attraktiv.“, endlich steckte sie mir die letzten Haare hoch. Vergnügt legte sie ihre Hände unter meine Haare und stupste sie etwas hoch. „Fertig! Wunderbar!“, freute sie sich. „So kann selbst mit dir jemand auf dem Ball tanzen! Schön!“, plötzlich

schmunzelte sie, da sie merkte wie ich mich beschämt zurück hielt. „Oh. Oder hast du etwa schon einen Verehrer? Hmh?“, fragte sie und machte mir Platz zum aufstehen. Ich zögerte und hielt mein Kleid zögerlich fest. „Ehm... also.. ich weiß nicht..“, stotterte ich und errötete. Ich dachte an Deeon. Doch ich erinnerte mich an seine nette Abweisung. Zu hoffen, dass er meine Liebe erwidern würde, wäre verschwendete Zeit. Das wusste ich. Doch hatte ich es noch nicht ganz verinnerlicht. Ich wusste, dass er mich nie lieben würde. Und ich wusste auch, dass seine heilige Aura mich ihm so ergeben lassen hatte. Und mit diesem

Wissen, war es schwer für mich noch zu sagen, dass ich in ihn verliebt war. Doch war ich mir im tiefsten Herzen sicher, dass uns etwas verband. Liebe war es wohl jedoch nicht. Doch nur, weil er sich nicht in mich verlieben würde, hieß das nicht, dass ich ihm dadurch weniger vertraute. Aber es war schwer für mich, an ihn zu denken. Lieber ärgerte ich mich mit anderen Gedanken herum, als mein Herz schmerzen zu lassen, indem ich an Deeon dachte. Bastet berührte mich fordernd mit ihrem Ellenbogen. „Na los! Erzähl.“ „Ach...“ begann ich, „Ich war in einen Engel verliebt glaube ich..“, schnaubte ich und legte den Kopf schief.

Bastet ging zur Tür. „Oh was?! Ein Gefallener?“, fragte sie überrascht. „Tze! Tut mir leid wenn ich dir das sage, aber anscheinend weißt du ja selber nicht ganz was du fühlen sollst. Ich gebe dir einen Tipp! Vertraue keinen Gefallenen! Es gibt einen Grund, warum sie hier unten festhängen und nicht im Himmel sind! Die sind die aller Hinterlistigsten! Vertraue keinem Gefallenen! Darum sind sie auch nicht auf dem Ball eingeladen! Naja. Und wenn du einem echten Engel begegnest, dann lauf lieber. Haha“, begann sie herum zu albern. Doch ich verstand nicht, was sie damit meinte und sah sie nur fragend an. Leicht

runzelte ich die Augenbrauen. Doch Bastet lachte. „Haha. Du hast recht. Sagte sie. Du hast dann gar keine Chance mehr zu rennen! Hohoho. Sie würden dich sofort vernichten.“, kicherte sie für sich. Dann legte sie ihre Hand auf den Türknauf und drehte sich noch einmal um. Zwar wusste ich nicht ganz wovon sie sprach, doch wollte ich nicht erneut wie ein dummes, unwissendes Kind erscheinen und ließ ihre Meinung unkommentiert. „So ein gefallener Engel war Schuld daran, dass der Schattenmann sich mir abgewandt hat.“, sagte sie grimmig und öffnete die Tür. Ich stand auf und folgte ihr. „Wie? Seid

ihr ein Paar gewesen?“, fragte ich erschrocken. Sie blieb stehen und streifte mit ihrem Finger über die Tür. „Naja. Wir hatten viel Spaß zusammen. Doch dann, blieb er eine Nacht zu viel bei mir und sollte es sofort bereuen. So ein Gefallener hatte ihn beklaut! Und seit dem ist er so... naja.. Du kennst ihn ja.“ Ich wusste nicht, warum mich diese Tatsache so erfasste. Dass Shiro mit Bastet ein Paar war, hatte ich nicht gedacht. Natürlich hatte ich diese und jene Andeutung von ihr mitbekommen, doch er blockte sie immer so kalt ab, dass mir nicht der Gedanke kam, dass beide sich so nahe standen. Dabei hatte

sie doch nichts falsch gemacht. Betroffen blieb ich aber noch stehen. „Hast du ihn geliebt? Und.. und er dich?“, kam es geschockt aus mir. Warum war mir diese Frage so wichtig? Mein Herz klopfte laut, als ich sie fragte. Sie drehte sich traurig lächelnd zu mir. „Hmh. Ich glaube... er hat mich nie geliebt..“, dann wurde ihr grinsen jedoch breiter. „Dafür haben sich umso mehr unsere Körper geliebt! Hmh. Oh ja! Und irgendwann wird er ganz mir gehören!“, schmunzelte sie überzeugt und ging hinaus. Wenn das stimmt, was Bastet erzählte, musste es ja heißen, dass Shiro schon einiges an Erfahrung hatte. Plötzlich fiel

mir der Kuss ein. Warum zögerte er so, als ich ihm den Kuss erlaubte? Erst küsste er mich zart, und dann wurde es immer leidenschaftlicher. Erstarrt blieb ich stehen und lief glühend rot an. Mein Kopf musste wohl dampfen, so beschämt war ich. Für mich war es der erste Kuss. Und dann hatte er mich mit einem solchen Kuss überrumpelt obwohl das für ihn wohl schon normal war. Ich war wohl in seinen Augen ein dummes, unerfahrenes Küken. „Was ist los? Komm endlich! Vielleicht sind die anderen schon da!“, meinte Bastet und zeigte mit dem Kopf nach vorn.

Ich sah stur zu Boden um mein glühendes Gesicht zu verdecken. „Eh. Ja! Ja ich komme!“, sagte ich und lief schnell an ihr vorbei. Der Weg zum Ball war unkompliziert und schnell. Glücklicherweise war Bastet oft in den Hallen Renektons und konnte somit eine Hintertür nutzen, um mit mir zum Ball zu gelangen. Mit einem kleinen Anhänger, den sie an eine kahle Wand drückte, öffnete sich für einen Moment ein Portal. Als es offen stand hörte ich bereits Stimmen und ein Klavierkonzert von der anderen Seite. „Da kommen wir zum Ball? Ist es dort

voll?“ „Ja! Es wird fantastisch! Ich liebe es, wenn nur die Besten, der Besten, die höchsten der Hohen, die einfach fabelhaftesten Dämonen der Welt in einer Feier aufeinander treffen!“ Ich stoppte einen Moment. „Eh was? Sind das.. viele?“ „Natürlich! Und du darfst als kleiner Krümmel, die Welt der wertvollen, großartigen Kuchen sehen! Du musst dich geehrt fühlen!“ Ich fühlte mich mehr überrumpelt als geehrt. Sollte ich wirklich alleine mit Bastet dort hin? Wo war nur Mephisto? Bei ihm fühlte ich mich jetzt noch am wohlsten. Kitsune konnte mir nicht

helfen. Deeon würde ja nicht her kommen dürfen und mit Shiro wollte ich lieber nicht alleine sein! Ich wusste nicht ganz, ob ich mich wirklich an Bastet halten konnte und ihr vertrauen sollte. Wollte ich überhaupt noch dort hin? War das nicht alles etwas zu hoch für mich? „Hab dich nicht so! Los!“, sie stellte sich hinter mich und drückte mich leicht vor. „Los! Ich höre schon das Klavier! Das möchte ich noch mitbekommen!“ Langsam näherte ich mich dem Portal immer mehr. Doch schließlich musste ich hindurch hüpfen und kam auf der anderen Seite mit Bastet an. Wir standen in einem kleineren, nicht sehr hellen Raum ohne Fenster und

blickten direkt auf eine Holztür. Aus dieser drang auch schon ein lautes Gemurmel, sowie die Melodie des Klaviers. Sofort lief die Schwarzhaarige vor und öffnete die Tür. Ein helles Licht strahlte aufdringlich in den Raum und die Geräusche wurden immer lauter. Es waren jedoch keine angespannten, negativen oder aggressiven Geräusche. Sondern erfreute und harmonische. Nachdem ich die glücklichen Stimmen und das vergnügte Lachen hörte, beruhigte ich mich etwas. So schlimm würde es schon nicht werden! Ich sollte Spaß haben! Erleichtert atmete ich tief ein und wieder

aus. Dann folgte ich Bastet in den großen Ballsaal. Als wir durch diese Tür des Nebenzimmers in den riesigen Saal traten, konnte ich nichts anders tun, als staunen. Es waren so viele Leute auf diesem Ball. Einer schicker gekleidet als der andere. Der Saal war so wunderschön geschmückt mit weißen Schleiern, prachtvollen Blumen und einen wunderschönen mit Diamanten besetzten Kronleuchter der in der Mitte hell erleuchtete. Das alles war ganz anders als alles, was ich hier in der Dämonenwelt gesehen hatte! Sonst war es düster, gruselig und

dreckig! Doch hier war es einfach nur traumhaft schön. Ich sah mich erstaunt im ganzen Raum um. Ich sah hinauf und drehte mich etwas. Die Decke war so hoch, wie ich es noch nie gesehen hatte. Obwohl so viele Leute hier waren, wirkte es dennoch nicht überfüllt oder eng. Und die Dämonen hier wirkten auch gar nicht unheimlich oder Angst einflößend. Die meisten sahen alle aus wie normale, freundliche Menschen. Besonders harmonisch wirkte das alles durch diesen himmlischen Klang des Klaviers. Er war beruhigend und schön. In den vorderen Reihen widmete man der Musik mehr Aufmerksamkeit als in dem

hinteren Bereich des Saals. Die ganze Atmosphäre war beeindruckend und traumhaft. Es verschlug mir die Sprache. Als die Musik immer leiser wurde und schließlich verstummte, bemerkte ich erst, dass Bastet schon viel weiter gelaufen war und in einer angenehmen Menge an Zuhörern vor der Bühne stand. „Wunderbar!“ „Bezaubernd!“ „Wunderschön!“ Alle die dort standen klatschten und bejubelten dem Pianisten vornehm. Als ich mich Bastet näherte, um nicht alleine und verloren herumzustehen, sah ich einen eleganten Mann vom Klavier aufstehen. Er nahm nicht die Stufen, um

von der Bühne herunter zu gehen, sondern hüpfte direkt hinunter. „Das hast du wieder richtig gut hinbekommen!“ „Klasse!“ hörte er von allen Seiten. Er bedankte sich erfreut bei ihnen. Auch Bastet stand dort und überschüttete ihn mit Komplimenten. Es war ein junger Mann in einem klassischem, edlen Smoking. Er hatte kurzes, zurück gekämmtes, braunes Haar, welches einen dezenten Mittelscheitel erahnen lies und blaue Augen. Schüchtern trat ich nur langsam an die Gruppe heran und erfreute mich an ihrem Eifer. Ich wollte nicht stören. Immerhin kannte mich keiner. Und mich einfach

dazuzustellen, war mir unangenehm. Doch bevor ich mich abseits hinstellen und warten konnte, hörte ich plötzlich meinen Namen. „Yuki! Komm! Ich will die einige Götter vorstellen!“, sagte Bastet nett und hatte sich zu mir gedreht. Die Personen hinter ihr, blickten mich neugierig an. Noch einmal wedelte Bastet mit ihrer Hand um mich zu sich zu winken. Einige trugen moderne Kleidung, andere von ihnen traditionelle. Alle jedoch waren sehr elegant. Ich nickte ihr schüchtern zu und lief zu ihnen. Im Hintergrund begann wieder die Musik. Noch bevor Batet weiter reden konnte

trat der Mann, der das Klavier spielte vor und faste sanft meine Hand. „Ein neues bezauberndes Gesicht hier. Das freut mich. Mein Name ist Dionysus. Ich plane diese festlichen Angelegenheiten für Renekton.“, sagte er mit sanfter, vornehmer Stimme und küsste meinen Handrücken. „Euch habe ich noch nie hier gesehen! Dieses hübsche Gesicht hätte ich wiedererkannt.“ Ich errötete überrascht. Doch Bastet viel ihm noch ins Wort. „So Yuki. Das da ist meine Kollegin Hathor. Göttin aus Ägypten. Plutos, griechischer Gott. Das sind zwei Musen, Kalliope und Klio. Auch griechische Göttinen. Dann Uzume

aus Japan. Anaitis aus Persien. Cai Shen aus China und Ananda aus Indien. Ach und Dionysus ist natürlich auch ein Gott Griechenlands. Ananda, ein junger, dünner Mann mit blasser Haut und traditioneller Kleidung sah Bastet mit hochgezogener Augenbraue an. „Na, das wäre schön, wenn man uns noch als Götter betrachten würde. Hör auf, das noch ständig zu sagen. Das macht mich nur traurig.“ Kalliope hatte ein Glas in der Hand und begann zu lachen. „Hahaha. Ananda! Du bist ja auch so klein, dass man dich vergessen muss! Musen werden niemals vergessen werden!“ Es begann ein witziges aber angenehmes

Gespräch zwischen allen. Mich faszinierte der Gedanke, diese Götter gerade tatsächlich treffen zu dürfen. Sie waren alle so aufgeweckt und freundlich. Anders als die Dämonen, die ich bisher treffen musste. Ihre Freude strahlte auf mich ab. Auch ich begann zu lachen, obwohl ich diese Personen kaum kannte. Sie waren alle so herzlich zu mir. Direkt wurde mir ein Glas gereicht mit einem Getränk darin und man bezog mich ganz mit ein. Bastet nahm mich seitlich in den Arm. „Wenn du zu mir gehörst, gehörst du auch hier hin!“, sagte sie mir stolz. Dionysus kam mir plötzlich etwas näher. Er legte seine Hand an mein Kinn und

beugte sich zu mir. „Hmh. Wirklich hübsch. Aus welchem Jahrhundert bist du? Kommst du denn von hier? Woher kennt ihr euch?“, fragte er und sah mich innig an. Vor Scham konnte ich mich nicht bewegen. Doch Bastet klatscht ihm die Hand weg. „Finger weg. Lass das arme kleine Ding mit deinen Spielchen in Ruhe.“, grinste sie ihm entgegen. Auch er begann zu grinsen. „Hmh. Na gut. Ich war nur neugierig.“, strahlte er mich lieb an. „Ich bin eigentlich mit dem Schattenmann hier.“, lächelte ich in die Runde. Plötzlich starrten mich alle überrascht

an. Einen kurzen Moment war es still. Hatte ich etwas falsches gesagt? Plötzlich verbeugte sich Dionysus edel vor mir. „Oh. Entschuldigt, dass ich euch so nahe getreten bin. Ich wusste nicht, dass ihr mit dem Schattenmann hier seid. Ich wollte euch nicht beschämen.“ Klio haute ihm vergnügt gegen die Schulter. „Natürlich wolltest du das! Du willst doch alle um den Finger wickeln!“, lachte sie. Sie war eine etwas kleinere, dunkelhäutige, lockere Frau. Dann sah sie zu mir. „Keine sorge. Wenn er euch nervt, kommt zu mir! Ich halte den Spinner für euch auf!“ Ich hob zurückhaltend die Hände. „Ihr, müsst mich nicht siezen.“, lächelte ich

überfordert. „Na wenn man vom Teufel spricht. Da kommt er.“, sagte Bastet und sah zum Eingang. Erst schaute ich sie fragend an. Doch dann folgte ich ihrem Blick auf das riesige, pompöse Tor. Unwissend blickte ich umher. Viele drehten sich aufmerksam zu der Person, welche den Saal betrat. Viele Gespräche wurden eingestellt, sodass die Musik lauter wirkte. Warum waren alle so still? Immer wieder versuchte ich über die Köpfe der anderen hinwegzusehen. Doch sehen konnte ich nicht mehr als vorher. Ich flüsterte Bastet zu. „Ist das

Shiro?“ Sie nickte. „Alle schauen zu ihm, weil er der stärkste Dämon hier im ganzen Saal ist. Renekton selbst wird ihn gleich empfangen!“, antwortete sie leise zurück und biss sich auf die Lippe. Eine Gasse wurde für den Schattenmann frei gemacht, bis er in der Mitte des Saals stand. Neben ihm liefen Mephistoteles und Kitsune, welche beide jedoch von ihm weg, zu den anderen am Rand gingen. Nun konnte auch ich ihn endlich sehen. Er hatte, ähnlich wie Mephisto ein weißes Hemd an, dessen Ärmel jedoch ordentlich hochgekrempelt wurden. Darüber hatte er eine Anzugweste,

welches vorne schwarz und am Rücken braun war. Eine passende Anzughose dazu und statt der sonst alten, ledrigen Stiefel trug er vornehme Lackschuhe. Der oberste Knopf des Hemdes war offen und eine Schleife oder Krawatte trug er nicht. Wartend legte er seine Hände in die Hosentaschen und schaute mit seiner finsteren Miene auf ein Podest sehr weit oben am Ende des Saales. Dort war noch eine Art Zuschauerraum oder Logenplatz in welchem Renekton sich aufhielt. Es war, als wären Scheinwerfer auf Shiro gerichtet und alle starrten ihn an. „Ist das nicht heiß? Er ist so mächtig!“, sagte Bastet noch

leise. Ich jedoch runzelte die Stirn. In Shiros Gesicht erkannte ich nur wieder diesen kalten, emotionslosen Schattenmann. „Ich finde es eher traurig..“, begegnete ich ihr.

Der Tanz

Alle warteten im riesigen Ballsaal auf das Erscheinen Renektons. Auch ich blickte erwartungsvoll zwischen, dem im Raum stehenden, Shiro und dem erhöhten Platz, aus welchem Renekton kommen sollte. Wo hatte ich diesen Namen nur schon mal gehört? Dieser Name wurde schon mal erwähnt. Da fiel es mir ein. An meinem ersten Tag hier in dieser Welt, kam Kitsune in die Bibliothek und überbrachte Shiro die Nachricht, dass Renekton seine Hilfe bräuchte. Er wurde als Krokodil bezeichnet. Shiro jedoch kümmerte sich erst um mich und meine

Sicherheit. Also liefen wir zu Mephisto, der uns das Papier gab, auf welchem wir beide unser Blut drückten, damit Shiros Seele, meine Menschliche Seele verstecken konnte und ich nicht als Mensch erkannt werden sollte. Danach wollten wir weiter gehen zu Renekton. In einer riesigen Halle trafen wir jedoch auf Deeon. Shiro konnte seine Wut wieder nicht unterdrücken, somit kamen wir nie bei Renekton an. Dass dieses Krokodil eine wichtige Person war, kam mir nicht in den Sinn. Auch nicht, dass Shiro ein so hohes Ansehen hier genießen durfte. Es schien wohl etwas sehr besonderes zu sein, dass Shiro diese Feier besuchte. Und ebenso,

war es extrem wichtig, dass Renekton ihn begrüßte. Dazu war es auch noch für alle ein seltenes aber hoch geachtetes Bild, wenn Renekton sich der Masse überhaupt zeigte. Es fühlte sich an wie eine riesige Show, in welcher nur die größten Berühmtheiten auftraten. War es für mich nicht schon eine Ehre, bei diesen Dämonen zu stehen, welche vor Jahren als mächtige Götter verehrt wurden? Dessen Namen selbst ich aus alten Geschichten und Mythen kannte. Doch ich teilte meine Zeit seit einigen Tagen mit Jemanden, der selbst von diesen Göttern bewundert wurde. Mir war nicht klar, mit welch einer großen Persönlichkeit ich zu tun hatte und wie

nahe ich dieser Person stand. Als ich mich noch einmal umsah und die starrenden Blicke der anderen beobachtete, wurde mir klar, wie unbedeutend ich war. Jeder hier in diesem Raum war etwas Besonderes. Jeder hatte etwas erreicht, auch wenn es schon Jahrhunderte in der Vergangenheit lag. Inmitten dieser bedeutsamen Gesellschaft, stand ich als kleiner Mensch, der nur durch einen kleinen Trick dabei sein durfte. Hatte ich es überhaupt verdient hier zu stehen? Mein Magen zog sich etwas zusammen. Meine Finger spielten besorgt an meinem

Kleid. Bekümmert sah ich nun wieder zu Shiro. Mit seinem kalten, grimmigen Blick stand er dort und wartete vor allen auf den Empfang. Plötzlich drehte er seinen Kopf nur leicht zur Seite. Er sah zwischen den Massen, in meine Richtung. Verwundert stand ich stramm und erwiderte den Blick verwundert. Doch sah er wirklich zu mir? Zwischen all den Besuchern hätte er jeden ansehen können. Er hätte mich gar nicht aus solcher Ferne erkennen können. Sah er vielleicht zu Bastet? Mehrmals schwenkte ich meinen Blick zwischen den Beiden hin und her. Ich reagierte nervös und wurde rot.

Was war das? Ich wollte nicht, dass er sie ansieht. Doch ich würde mich für sie freuen. Wieso auch nicht? Es gäbe keinen Grund, wenn sie endlich die Aufmerksamkeit bekommt, für welche sie Kämpft. Es sollte mich doch für sie freuen?  Trotzdem bekümmerte es mich. Ich war so verwirrt und biss auf meine Lippe. Nun begann Shiro amüsiert zu lächeln und sah noch immer in unsere Richtung. Was brachte ihn so zum Schmunzeln? Die Menge begann zu tuscheln. Ein Lächeln von ihm waren sie nicht gewohnt. „Hey!“, hörte ich hinter mir die Göttin Hathor zu Bastet flüstern und sah, wie

sie ihr auf die Schulter tippte. „Wie hast du das geschafft? Scheint, als hätte er wieder ein Auge auf dich geworfen. Du hast so Glück!“, grinste sie. Als ich dem Gespräch lauschte, fühlte ich mich immer schlechter. Anscheinend war ihre gemeinsame Vergangenheit nicht unbekannt. Es war unangenehm für mich, hier zu stehen. Je mehr sie sich freuten, desto eher wollte ich hier weg. „Bastet…“, sagte ich leise und versuchte mit einem schweren Lächeln meinen Unmut zu überspielen. Sie sah mich erfreut und strahlend an. „Ja?“ Dann zeigte ich zur Seite. „Ich werde mal zu Kitsune und Mephisto gehen,

ok?“ Sie wedelte mit der Hand und wandte sich sofort wieder Shiro zu. Auch sie hatte seinen Blick in unsere Richtung erkannt. „Jaja, mach das. Wir sehen uns später, Süße.“, sagte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit nicht weiter auf mich. Bedrückt drehte ich mich zur Masse, senkte den Kopf und lief langsam los. Dabei bemerkte ich jedoch nicht, dass Shiro mich mit fragendem Blick beobachtete. Kurz darauf hörte man plötzlich eine laute Stimme durch den Saal hallen. „Boggart! Butzemann… Baba Yaga… Boogeyman! Tata Duende! Cuca… oder wie dich alle heute ganz einfach nennen:

Schattenmann!“, kam es laut von dem Podest. Erstaunt blieb ich stehen und drehte mich zur Seite. Ich beobachtete neugierig das Podest. Alle blickten gespannt auf, auch die Musik stoppte. Ein großes, grünes, dickes Wesen stand dort oben und streckte die Arme aus. Er sah aus wie ein Krokodil auf zwei Beinen. Er trug goldene Ketten und Ringe. Dazu eine breite, kurze, weiße Hose und einen Mantel ohne Ärmel, der am Ende etwas eingeschnitten war, damit sein Schwanz hinaus ragen konnte. Seine Schnauze war lang und spitze Zähne konnte man an den Seiten erkennen. Abgesehen von seiner seltsamen Gestalt,

wirkte er jedoch gar nicht angsteinflößend wie es ein echtes Krokodil tun würde. Als nun wirklich alle Renektons Worten lauschten, sprach er weiter. „Es ist mir eine große Freude, dich hier sehen zu dürfen und es ehrt mich zutiefst, dich zu begrüßen! Endlich darf ich mich bei dem stärksten und fleißigsten Dämon erkenntlich zeigen, der für das Fundament meines Anwesens verantwortlich ist! Bitte! Tanz! Genieße das Festmahl! Mit Stolz möchte ich dich hier begrüßen und dich einladen, mit allen Gästen zu feiern!“, sprach er mit lauter, dunkler Stimme. Die Masse begann zu klatschen und zu

applaudieren. Jeder freute sich über diese Ansprache und stimmte seinen Worten zu. Shiro nickte ihm zu. „Vielen Dank für Euer Wohlwollen. Ebenso bedanke ich mich für Eure Einladung. Ich werde den Abend zufrieden genießen.“, antwortete er nur kurz aber elegant. Das Krokodil grinste breit. „Gut! Also los, los!“, er klatschte auffordernd in die Hände. „Die Musik soll weiter gehen!“, sprach er zuletzt. Aus der Bühne spielte das Orchester weiter und die beobachtende Stille verschwand. Die Masse breitete sich wieder aus und Shiro lief langsam auf Kitsune und Mephisto zu.

Ich stand noch entfernt von ihnen. Sollte ich wirklich zu Shiro? Starr blieb ich erst stehen. Doch sobald sich die Lücke zwischen den Leuten öffnete, wandte ich mich ab, ehe Shiro zu mir sehen konnte. Ich lief einfach weiter ohne zu wissen wohin. Die Dämonen lachten und tranken. Überall hatten sich kleine Grüppchen gebildet die sich untereinander unterhielten. Es war lebhaft und laut. Ich jedoch kannte niemanden. Alleine trottete ich zwischen all denen herum bis zum anderen Ende des Saals. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Warum fühlte ich mich nur so schlecht? Sollte ich mich nicht freuen hier zu sein? Nachdenklich gelankte ich zu einem Bereich, an welchem  ein riesiges Büfett aufgebaut war. Dieser leckere Geruch überraschte mich. Neugierig folgte ich diesem traumhaften Geruch des Essens, bis zu den langen, aufgebauten Tischen. Es war schmackhaft aufbereitet. Verschiedene Fleischsorten, nudelähnliche Gerichte sowie Gebäck und Vegetarisches Essen. Nichts von allem erkannte ich wieder. Doch es roch so gut, dass auch ich darüber nachdachte, mir etwas davon gönnen. Wo sollte ich nur anfangen? Ich sah mich mehrmals um und erkannte

schließlich eine lange Schlage am Anfang des Büfetts. Diese war jedoch nur so lang, weil eine Person alle anderen aufhielt. Die Wartenden standen hinter ihm und beklagten sich. Dieser Mann jedoch, wollte sein Spiegelbild in jedem Glas und jedem Löffel, so wie Topf und Kelch, an dem er  vorbeiging bewundern. „Narziss! Das ist echt nicht mehr witzig! Geh endlich!“ „Wie lange dauert das noch?“ „Geht das Mal weiter?“, motzten sie. Ich stand dort und betrachtete das Geschehen vom Weiten. Egal wohin ich ging, überall waren so viele Leute. Gerade als ich mich am Ende der

Schlange anstellen wollte, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. „Yuki.“, sagte Shiro. Mit großen Augen blieb ich stehen und hielt kurz die Luft an. Dann drehte ich mich um.  „Ah… hey…“, stotterte ich und konnte ihm nicht in die Augen sehen. Warum nicht? Ich schämte mich für den Moment vor der Ansprache. Ich wusste nicht mit meinen Gefühlen umzugehen, als er Bastet ansah. Aber warum? Langsam ging Shiro auf mich zu. Er hatte noch immer seinen gelassenen Blick aufgelegt, wirkte jedoch entspannt und beruhigt. „Das solltest du nicht essen.“, sagte er als er nun vor mir stand.

„Hmh?“, ich drehte mich zum Büffet. „Was davon?“, fragte ich und versuchte seinem Augenkontakt auszuweichen. „Alles.“, grinste er jedoch und legte seine Hände in seine Hosentasche. „Das ist dämonisches Essen. Dein Körper würde das nicht überleben. Vieles davon würde dich vergiften oder qualvoll ersticken lassen.“, kam es von ihm. Ich biss erschrocken die Zähne aufeinander. „Was? Warum weiß ich das erst jetzt? Ich.. ich…“, langsam sah ich zu Boden. „Ich gehöre hier nicht hin. Es.. fühlt sich so falsch an. Ich kenne hier nichts und niemanden. Und eigentlich dürfte ich ja nicht Einmal hier

sein! Ich weiß, es ist total toll! Und so überwältigend! Und die Musik ist so schön, dass es zu traurig ist, dass ich dazu nicht tanzen kann! Aber ich sollte hier nicht sein..“, unglücklich sah ich herab und griff sorgenvoll in den Stoff meines Kleides. Ich hoffte, dass er nicht zu wütend mit mir sein würde. Denn auch ich hatte ihn dazu gedrängt, herzukommen. Und nun wollte ich am liebsten wieder gehen. Einen Moment war es still zwischen uns. Warum sagte er dazu nichts? Wieder mache hier alles kaputt. Da er nicht antwortete sprach ich schnell weiter. „Entschuldige. Ich werde mal zu Kitsune gehen. Ich will dir deine Laune

nicht auch noch verderben. Wir treffen uns dann bestimmt später bei Bastet.“, ungeduldig wollte ich an ihm vorbei laufen. Doch er griff mich am Handgelenk und ließ mich nicht gehen. Überrascht sah ich zu ihm. Er zog eine Augenbraue hoch und seufzte. „Du bist eine echte Nervensäge.“, meinte er locker mit grinsendem Unterton. Verwirrt blieb ich stehen und schwieg. Dann drehte er sich um. „Komm mal mit. Ich wollte dir doch noch etwas Schönes zeigen!“, sagte er und lief weiter, ohne mich los zu lassen. Was wollte er mir zeigen? Sprachlos folgte ich ihm durch die Massen hindurch und dachte nach. Als

wir noch bei mir Zuhause waren, öffnete er ein Portal und sagte mir, dass er mir etwas Schönes zeigen wolle, nachdem wir in seiner Bibliothek waren. Aber was sollte das sein? Kommentarlos lief er voraus. Er hatte seinen Arm hinter sich und hielt mich sicher. Ich lief ihm im gleichen Schritttempo hinterher und blickte ihn nur von hinten an. Langsam bemerkte ich, wie er mich nicht mehr an meinem Handgelenk packte, sondern sanft meine Hand hielt. Meine Wangen wurden etwas rot, als die Leute für ihn den Weg frei machten und mich im Vorbeigehen anstarrten. War es mir unangenehm? Oder freute es

mich? Shiro lief abseits der Massen zu einer Tür, die in ein solches Nebenzimmer führte, aus welchem Bastet und ich anfangs herauskamen. Schnell öffnete er die Tür und blieb stehen. „Nach dir.“, sagte er und ließ mir den Vortritt. „Wohin gehen wir denn?“, fragte ich und schaute in den kleinen dunklen Raum. Ich hatte mir schon gedacht, dass er nicht mit mir in dieser kleinen Kammer bleiben würde. Doch wohin wollte er mit mir? Langsam trat ich ein. Als ich mich umdrehte und ihn ansah, erhaschte ich für einen kurzen Moment einen konzentrierten, wütenden Blick aus seinem Gesicht. Dieser galt nicht mir,

denn er hatte sich rasch hinter sich umgesehen und wollte wohl nicht, dass ich dies mitbekomme. „Was ist los?“, fragte ich unwissend. Doch sein finsterer Blick wurde sofort wieder zur lockeren Miene. Ich erkannte ein sanftes Lächeln an seinen Mundwinkeln und machte mir keine Sorgen mehr. „Ich sagte doch, ich zeige dir etwas Schönes.“, lächelte er und schloss die Tür. Nun war es dunkel. Langsam wurde ich jedoch nervös. Würde er denn jetzt mit mir woanders hin gehen? Oder bleiben wir etwa hier?! Was wollte er mir denn jetzt genau

zeigen? Was wollte er hier in diesem kleinen, dunklen Zimmer alleine mit mir? Meine Gedanken rasten. Mein Kopf wurde rot, mein Hals wurde trocken. Woran dachte ich bloß? Plötzlich hörte ich ein klatschen aus seinen Händen und ich wurde aus meinen wilden Gedanken herausgerissen. Ich schreckte kurz auf und sah ein Leuchten aus seinen Händen. Er öffnete nur wieder ein Portal. Erleichtert atmete ich wieder aus. Dann blickte ich in ein dunkles Portal, dessen blaue Ränder die kleine Kammer erhellte. Noch ein Mal sah ich Shiro fragend an. Ich erkannte nicht, was mich hinter dem Portal erwarten würde. Doch ich

vertraute ihm. Er deutete mit seinem Kopf nur auf diesen magischen Kreis vor mir. Also nickte ich, hob mein Kleid leicht, um mit einem großen Schritt hindurchzugehen. Auf der anderen Seite war es nicht heller. Doch es war größer und kälter. Wind wehte durch meine Haare und meinem Kleid. Als ich hinauf sah, erstaunte ich. Denn ich schaute in einen wunderschönen, klaren Sternenhimmel. Nachdem ich einige Schritte vor machte, bemerkte ich, dass wir auf einem riesigen Gebäude standen. Im Horizont sah ich eine mit vielen kleinen Lampen erhellte Stadt mit kleinen Häuschen.

Mein Herz fühlte sich so frei an. Ich konnte nicht aufhören zu lächeln. „Wo sind wir?“, fragte ich Shiro freudestrahlend und drehte mich zu ihm. „Es ist so wunderschön!“ Er lief langsam auf mich zu und sah beruhigt mit mir in die Ferne. „Wird sind auf dem Dach des Atriums.“   „Atriums?“ „In der Halle, in der wir uns die ganze Zeit befanden. Ein Atrium. Davon gibt es sieben in Pangäa, passend zu den Kontinenten der Menschenwelt.“ „Was ist Pangäa?“, fragte ich ihn nun wieder und sah zu ihm auf. Er grinste. „Das ist der Name der Dämonenwelt.“ Ich runzelte die Stirn. „Aber. Ich dachte

das war die Dämonenwelt? Also dieses Gebäude?! Wo alle ständig herumlaufen und alles so eng beieinander lebt!“ „Nein, nein. Die sieben Atrien sind die wichtigsten Orte für Dämonen in der umliegenden Stadt. Von dort wird alles geregelt! Erst gab es die Städte, später erst wurden die Atrien erschaffen welche die Herzen der Städte sind. Sie gehen nicht in die Breite sondern in die Höhe. Dieses Atrium heißt Mercatura. Es wird von Renekton geleitet und ist für den Handel berüchtigt. Ich lebte damals in einer Stadt, welche für ihre Krieger bekannt ist. Dort steht nun das Atrium Bellum. Und so geht es weiter.“, Shiro rieb sich den Kopf nervös und grinste

verlegen. „Hierhin komme ich, wenn ich Ruhe brauche.“ Fassungslos bestaunte ich den Himmel und die Stadt. „Ich hatte ja keine Ahnung! Das ist unglaublich!“ Ich drehte mich wieder zu ihm. „Wenn das hier Renekton gehört, dann hast du ihm ja hierzu-“ „Ein wenig geholfen…“, beendete er meinen Satz. Ich schaute ihn mit ernstem, aber grinsendem Blick an. „Bastet hat mir erzählt, dass du besser in allem warst als alle anderen. Und Renekton hatte dich in seiner Rede erwähnt. Ich glaube du hast etwas mehr gemacht als nur geholfen.“ Mit einem schelmischen, leisen Lachen

stimmte er mir zu. Er war ein großer Dämon mit so viel Kraft. Doch keiner sah seinen Schmerz hinter all dem Erfolg. Ich verschränkte die Arme etwas ineinander und sah träumend in die Ferne. Wir schwiegen. Wir wollten die Ruhe genießen. Nur leise hörte man noch die Musik aus dem Portal klingen. Ich beruhigte mich. Es fühlte sich richtig an, hier zu sein und nicht in dem riesigen Saal zwischen all den Dämonen. Es verwirrte mich, dass ich es genießen wollte mit Shiro alleine zu sein und es mich doch nicht traute. Wir hatten so vieles gemeinsam erlebt und ich hatte ihn

als eine Art Freund kennen gelernt. Doch nun verstand ich wie andere ihn sahen und welch ein Leben er die ganze Zeit führte. Ich atmete schwer. „Shiro… ich bin so verwirrt…“, gestand ich ihm ohne ihn anzublicken. „Manchmal weiß ich nicht, ob es ein Geschenk war das alles kennen zu lernen, oder ein Fluch. Ich meine, ich will nicht, sagen dass ihr-“ „Ich verstehe was du meinst. So ging es mir auch.“, unterbrach er mich verständnisvoll und leise. Verzweifelt seufzte ich und runzelte die Stirn. Immer hastiger begann ich zu reden. „Ich werde hier noch verrückt. Aber ich will hier bleiben! Aber ich habe

niemanden mit dem ich reden kann. Die Person der ich mich immer anvertraut habe, hat mir einen ziemlichen Schock verpasst und die Person bei der ich dachte ich wäre ihm wichtig, lässt mich links liegen. Und dann treffe ich auf Leute vor denen ich gar nicht erst erzählen darf, was passiert ist und was ich überhaupt bin! Und dann bist da noch du…“, ich bemerkte, dass er nicht mehr neben mir war und drehte mich verzweifelt um. Er stand hinter mir und sah mich einfach nur an. Kurz blieben mir die Worte weg als ich ihn dort erblickte. Dann sprach ich leise weiter, bemerkend, dass wir uns in diesem Punkt ziemlich ähnelten. „… Dir ging es ganz

genau so…“ Unsere Blicke kreuzten sich einen Moment lang schweigend. Es schien mir, als sei er die Person, der ich mich anvertrauen könnte. Die Person, die verstand was ich fühlte. Die Person die diesen Zwiespalt, in dem ich lebte, auch durchlebt hatte. Ein Mensch, in der Dämonenwelt. Nach einer Weile streckte er mir seine Hand lächelnd entgegen. „Tanzt du mit mir?“, ein schiefes lächeln umspielte seine Mundwinkel. Ich legte meine Hand zurückhaltend vor mich und errötete. „Ich.. ich kann nicht tanzen… das habe ich doch gesagt…“, stotterte ich.

Er trat jedoch an mich heran und sah mir tief in die Augen. Aus dem Saal hörten wir leise eine Ruhige Melodie spielen. Ich ließ es einfach geschehen und wehrte mich nicht. Sanft nahm er meine Hand und legte sie an seinen Arm, meine andere Hand legte er in seine. Als ich hinunter auf meine Füße blickte, hielt er zart seine Hand unter mein Kinn und hob mein Gesicht. Dann fasste er mich mit dieser an meiner Hüfte. „Ich kann das nicht.“, flüsterte ich überfordert, ihm jedoch immer noch in die Augen sehend. Er lächelte. „Ich zeige dir wie das geht.“, antwortete er genau so leise.

Dann begann er mich zu führen. Wir standen uns so nahe, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Ich ließ mich von ihm leiten. Ein leichter, ruhiger Tanz. So warm trotz des kalten Windes. Da ich nicht mehr denken konnte, ließ ich einfach meine Emotionen arbeiten. Ich bewegte mich nicht mit dem Kopf sondern mit meinem Herzen. Langsam begannen wir uns immer mehr zu der Musik zu bewegen und schaukelten zur Seite. Aus kleinen zarten Schritten, wurde ein eleganter Tanz. Ich vertraute ihm. Wir drehten uns langsam, während unsere Füße die Abfolge der

Schritte wie von alleine durchspielten. Schließlich ging er einen Schritt zurück, hob seine Hand und ich drehte mich. Es war schön. Es war befreiend. Es war himmlisch. Ich wollte nicht, dass dieses Gefühl aufhörte. Als wir uns wieder gegenüber standen und weiter Arm in Arm tanzten, während unsere Körper sich immer näher traten, hielt er wieder sanft meine Hand in seiner. Er sah charmant zu mir herab. „Du siehst hübsch aus..“, schmeichelte er mir. Doch dieses Kompliment zog mich aus meiner Träumerei. Ich blieb plötzlich perplex stehen und sah ihn mit großen Augen und roten Wangen an. Was war los

mit ihm? Warum war er so zu mir? Was war überhaupt los mit mir?! Reagierte ich seit dem Kuss so sensibel auf ihn? Und was war mit Bastet? Ich ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. „Ich.. ehm.. danke… Bastet hatte mich so schick gemacht." sagte ich und streifte zögerlich meine Haare hinter mein Ohr. „Sie… war ziemlich glücklich also du sie-“ „Ich habe dich angesehen. Nicht sie.“, unterbrach er mich ein weiteres Mal. Noch immer wirkte er ruhig und gelassen und fasste meine Hand. Ich blickte verwirrt zu ihm hinauf. Sollte ich ihm sagen, was ich dachte? Wenn nicht ihm, wem sonst? „Warum bist du

so… Shiro ich weiß nicht was ich…“, während ich ihm meine Gefühle beichten wollte erkannte ich plötzlich jemanden an dem Portal stehen. Ich riss die Augen auf. „Shiro!“, rief ich erschrocken und zeigte hinter ihm. „Habe… ich euch…“, hörten wir von der Person finster sagen. Es war ein Dämonenjunge mit Hörnern. Als ich ihn anstarrte, erkannte ich ihn. Es war der Junge aus der Schule, der Junge, der mir in Mephistos Laden gefolgt war! Doch anstatt eines Tuches vor seinem Mund hatte er nun einen weißen, knochigen Unterkiefer. „Du schon wieder!!!“, rief ich erstarrt. Shiro hatte dem Jungen noch den Rücken

zugedreht, doch begann arrogant zu grinsen. „Ich wusste, dass du kommst! Du wagst es, dich noch ein Mal bei mir blicken zu lassen?“, fragte Shiro und drehte sich langsam um. „War dir deine Dummheit nicht schon eine Lehre genug und ein Kiefer weniger? Und nun verfolgst du mich so auffällig?“ Der Junge ging wütend einen Schritt auf uns zu. „Ich bin nicht wegen.. dir hier!“, antwortete er und kam näher. Shiro hob schützend den Arm vor mich. „Ich bin gerade nicht in der Laune Blut zu vergießen. Aber wenn du nicht gehst, hast du gleich einen Kopf weniger.“, drohte er dem Jungen. „Ich will nicht.. kämpfen!“, antwortete

der Junge schwer redend. „Ihr müsst hier weg!“, begann er lauter zu werden. Dann kam er weiter auf mich zu. In seinem verzweifelten Gesicht erkannte ich Demut. Er wollte nicht kämpfen. Er wusste, dass er einen Kampf nicht gewinnen würde. Aber was wollte er dann? Ich drückte Shiros Hand herunter und ging auf ihn zu. „Was willst du von mir?“, fragte ich mutig. Der Junge blieb vor mir stehen. Ich sah Reue in seinen Augen. Aufmerksam beobachtete Shiro ihn grimmig und würde einschreiten, ehe etwas passieren könnte. „Du… hast mein Leben gerettet… und

jetzt will ich dir helfen!“, sprach er weiter. "Ich bin dir dankbar, dass du ihn aufgehalten hast mich zu töten, auch wenn er mir höllische Schmerzen bereitete! ... Doch nur... deinetwegen, lebe ich noch! Darum... will ich auch dir helfen!" „Wobei willst du mir denn helfen?“, fragte ich ihn konfus. Der Junge atmete schwer ein und aus. „Ihr… ihr habt einen Maulwurf in euren Reihen!“ Ich erstarrte erschrocken. „Maulwurf?“ Er sah mir ernst in die Augen. „Ich weiß nicht wer, aber jemand, der euch nahe steht, hat euch verraten!“, er blickte verstört zwischen Shiro und mir hin und

her. „Ihr müsst sofort gehen! Lilith wird gleich hier sein!“

Lilith

Shiro und ich blickten den Dämon an, der sich reuevoll zu mir herunter beugte. „Ihr müsst gehen! Vertraut niemanden! Sie… wird euch sonst finden!“, wiederholte er und faste meine Hand flehend. Plötzlich stellte Shiro sich zwischen ihn und mir und packte ihn fest am Kragen. Er sah ihn wütend an doch sprach langsam und deutlich. „Woher plötzlich dein Sinneswandel?“, fragte er. Dann warf er ihn grob zu Boden. Der Junge schlug auf, hielt sich die Schulter und richtete sich erschrocken zu Shiro. „Erst willst du meine Seele klauen und

mich töten, und nun plötzlich helfen?!“ Aufbrausend hob Shiro seine Hand und ließ seinen Dolch erscheinen. Dann lief er mit langsamen Schritten auf den am Boden liegenden Dämon zu. „Ich habe keine Lust auf Märchen!“, sprach er noch und holte mit seinem Dolch aus. „Shiro!!!“, rief ich und kniete mich schützend neben den Jungen, welcher sich ängstlich die Hand vor sein Gesicht hielt. Als ich dort kniete und zu Shiro hinauf sah, erkannte ich nicht nur Wut in seinen Augen, sondern Verzweiflung und Angst. Er biss wütend die Zähne aufeinander und ließ die Hand sinken. „Du glaubst ihm etwa?!“, schrie er mich wutendbrand

an. „Warum sollte ich dieser Made Vertrauen schenken?!“ „Shiro..“, begann ich leise. „Nein! Wenn ich ihn töte, ist es ein Feind weniger!“, brüllte er und wandte sich nervös von uns ab. Er lief einige Schritte zurück und streifte sich durch die Haare. Dann kam er wieder auf uns zu gerannt. „Geh von ihm weg!“, befahl er mir sauer und zeigte von ihm weg. Er war so verwirrt durch seine Wut. Und noch mehr durch seine Angst. Doch ich sah ihn nur mitfühlend an. Er wirkte nicht mehr locker. Er wirkte nicht mehr arrogant. Er wirkte nicht mehr gelassen. Seine charmante Art war verschwunden. Aus ihm platzte nur noch

die pure Verzweiflung, welche sich in brodelnder Wut äußerte. Ich wusste, dass er nicht mehr klar denken konnte. Ich wusste, dass er sich schrecklich vor Lilith fürchtete. „Shiro! Hör auf! Du bist nicht bei klarem Verstand!“, rief ich verzweifelt. „Der verspottet mich doch nur! Geh weg! Ich bring ihn um!“, schrie er wieder und holte erneut mit seinem Dolch aus. Die Luft knisterte. Shiro kam auf uns zu gelaufen. Der Junge riss ängstlich die Augen auf. Shiro würde ihn töten. Er würde ihm keine Zeit für eine Erklärung geben. Mein Herz pochte wild. Meine Hände zitterten. Ich hatte Angst. Nicht vor ihm, jedoch davor, dass er das

Falsche tun würde. Wie nur konnte ich ihn aufhalten? Ich sah seinen Dolch im Mondlicht aufblitzen. Er schlug zu. „Shiro!“, schrie ich und sprang auf. Während er gerade zustechen wollte, bewegte ich mich auf Shiro zu. Meine Augen tränten vor Aufregung. Er musste sich beruhigen. Der Moment dauerte eine Ewigkeit. Er erschrak als er mich vor sich springen sah. Doch seinen Schlag konnte er nicht stoppen. Verwundert starrte er mich nur an. Er würde mich treffen. Das wusste ich, doch ich wusste auch, dass ich es schaffen würde. Als die Spitze des Dolches beinahe

meine Schulter erreichte, ließ Shiro diesen wieder auf magische Weise verschwinden. Die Gefahr war weg. Ich presste mich an ihn und umklammerte ihn mit meinen Armen. „Shiro! Hör auf!“, rief ich und drückte mich fest an seinen Körper. Ich schloss die Augen und umarmte ihn. Ich wusste wie er sich fühlte. Ich wollte ihm zeigen, dass ich ihn verstand. Er sollte wissen, dass er nicht alleine war. Seine ausholende Hand spürte ich plötzlich sanft an meinem Rücken. Er erwiderte meine Umarmung und drückte mich fest an sich. Sein Körper stand unter Storm. Jeder Muskel war

angespannt. Er atmete schwer. Zuerst verwunderte mich was er tat. Denn trotz seines Wutausbruches hielt er sich zurück und umarmte mich erschöpft. Langsam lehnte ich meinen Kopf an seine Brust. „Shiro… beruhige dich. Ich helfe dir...“, sagte ich ihm leise. Sein Körper war kalt. Wie immer. Doch sein Innerstes war in Flammen. Kurz darauf spürte ich jedoch, wie sein Atem sich beruhigte. Dann umschlang mich sein anderer Arm. Er drückte mich noch fester an sich. Überrascht öffnete ich wieder die Augen. Es hatte funktioniert. Doch diese sehnsüchtige Umarmung von ihm, machte ich

nachdenklich. Wieso hatte er sich plötzlich nicht mehr unter Kontrolle? Sonst versuchte er stets seine Sorgen hinter seiner kalten Mine zu verstecken. Lag es daran, dass er so viel Angst vor Lilith hatte? „Dummkopf… …“, flüsterte Shiro mir kraftlos zu. „… Hätte ich dich wieder getroffen… weißt du doch was passiert wäre…“, sprach er langsam weiter, mit einem ironisch lächelndem Unterton. „Dann weißt du ja jetzt, dass du auf mich hören solltest, wenn du etwas Dummes tust.“, antwortete ich erleichtert. Ich erinnerte mich kurz an den Kampf zwischen Deeon und Shiro. An diesem Tag kam ich während des Kampfes

zwischen beide. Shiro wollte Deeon hinterrücks attackieren, doch traf dabei mich. Durch unseren Packt, war es ihm jedoch nicht möglich mich zu treffen. Sein Angriff hätte mich getötet, das widersprach unserer Vereinbarung, dass er mich nicht töten wird, solange ich ihm hilfreich sein werde. Ein riesiger Schutzschild schleuderte die Wucht seines Angriffes auf ihn zurück, was mit seiner Bewusstlosigkeit endete. Das wäre beinahe auch in diesem Moment passiert. Ich atmete auf. Langsam löste sich unsere Umarmung. Shiro blickte betrübt weg und legte seine Hand vor sein Gesicht. „Entschuldige…“, sagte er und

ging einen Schritt zur Seite. Der Dämonenjunge mit den Hörnern stand wieder vom Boden auf und richtete seine Kleidung. „Ist schon in Ordnung.“, antwortete er. Shiro starrte ihn sofort mit hassendem Blick an. „Das war nicht an dich gerichtet!“, sprach er sauer und wandte sich von ihm ab. Erschöpft lief er zum Geländer des Daches und hockte sich davor. Er lehnte sich an und blickte entnervt in unsere Richtung. Seine Beine hatte er etwas angezogen und gelassen seine Arme auf seine Knie gelegt. Dann schwieg er. Beruhigt, dass Shiro sich ausruhte, sah ich zu dem Jungen mit den

Hörnern. „Er hat nicht ganz Unrecht. Warum sollten wir dir vertrauen? Woher weißt du das überhaupt?“, fragte ich und überkreuzte meine Arme. Der Junge kam etwas zu mir. „Ich sollte mich wohl erst einmal vorstellen. Mein Name ist Deumus. Von den Menschen werde ich jedoch Darius genannt. Seit Jahrhunderten lebe ich nun schon zwischen den Menschen. Die Dämonenwelt wurde mir zu trist. Außerdem ist es hier schwerer an eine leckere Menschenseele zu kommen. Ich bin eher ein Einzelgänger, der versucht einfach nur an sein Essen zu gelangen. Da Schüler ziemlich dumm und naiv

sind, ist es an den Schulen natürlich am einfachsten.“, begann er zu erklären und schob seine Brille hoch. Dann trat er einen Schritt vor. „Als du damals meine Hörner sehen konntest, war mir klar, dass ich nicht der einzige Dämon an der Schule war! Und deine Seele sah so schmackhaft aus! Also hatte ich dich beobachtet und- Aua!“, plötzlich schnipste Shiro ihm schmollend ein kleines Steinchen an die Stirn. „Komm zum Punkt!“, motzte er und blieb in der Ferne am Boden sitzen. Der Junge rieb sich die rote kleine Stelle an seinem Kopf und räusperte sich. „Hmh… Lilith hatte vor Jahrhunderten einen Aufruf für eine Seele geäußert, die

sie Verloren hatte. Sie sagte, dass es einen Menschen gibt, der eine Dämonenseele in sich trägt. Als ich kurz davor war dir deine Seele zu entreißen, spürte ich diese zwei Seelen. Doch ich wusste nicht, dass der Schattenmann damit in Verbindung steht! Nachdem ich fliehen konnte, erinnerte ich mich an die Belohnung für den Fund ihrer Seele! Und kümmerte mich sofort um eine Audienz bei der Dämonenfürstin Lilith. Ich wollte nur einen Jahresvorrat an Seelen, gegen die Informationen zu dieser Seele. Natürlich hatte sie mich nur belächelt und mich fortgeschickt. Besonders wegen meines verkrüppelten Aussegens… Sie hat mich nicht ernst genommen. Ich war

so wütend. Ich wollte diese Belohnung! Tage lang bat ich um eine weitere Audienz! Und als mich heute niemand bemerkte, versuchte ich in ihre Halle zu gelangen um sie von meinem Wissen zu überzeugen!- AU!!!“, Shiro warf ihm erneut ein Steinchen ins Gesicht. Diesmal jedoch gegen die Wange. Darius stampfte verärgert auf den Boden. „Sag mal, könntest du das mal lassen?!“, beschwerte er sich zickig. Doch Shiro zeigte ihm wieder drohend seinen Dolch aus der Ferne. Sofort wich Darius zurück. „Argh!“ „Und wie geht es weiter?“, fragte ich und faste ihn am Arm. Er räusperte sich. „Nun… Als niemand

im Vorraum zu ihrer Halle war, und ich eigentlich hinein stürmen wollte, um ihr meine Meinung zu sagen, hörte ich Lilith jedoch lauthals lachen und ich blieb vor der Tür stehen.“ Neugierig sah ich Darius an. Auch Shiro richtete sich etwas auf und horchte. Der Junge rieb sich Wange und Stirn. „Erst dachte ich, sie hätte mich bemerkt und würde sich über mich lustig machen. Doch sie sprach mit Jemandem. Viel habe ich nicht mitbekommen, doch Lilith sagte, dass sie sich über die guten Neuigkeiten ihrer verschollenen Seele freut; dieser Dämon, mit dem sie sprach gute Arbeit geleistet hatte, indem er irgendwelche Splitter eines Dolches

gefunden hatte und er sollte weiterhin das Vertrauen des Jungen mit den zwei Seelen und dessen kleine Menschenfreundin vortäuschen. Zum Schluss sagte sie sowas wie: „Dann werde ich mich mal für die Feier schick machen und meine Seele holen.“ Als ich mich vor beugte um zu sehen, wer vor ihr stand, wurde ich durch die bewegte Tür erkannt und musste schnell verschwinden! Dann hatte ich mich erkundigt, welche Feier sie meinte. Sie wird sicherlich her kommen! Das ist nur eine Falle! Traut niemandem!“, sprach Darius immer ernster. Ich erstarrte vor Schock. Niemandem vertrauen? Mein Magen schmerze und

mir lief ein Schauer über den Rücken. Meine Brust wurde immer schwerer. Mir blieb der Mund offen. Doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich sah zu Shiro. Er saß noch immer am Boden und schwieg verdächtig. „Wer sollte uns verraten?“, fragte ich schockiert und leise. Im nächsten Augenblick begann Darius rückwärts zu laufen. „Also ich haue hier jetzt ab!“, meinte er und richtete noch kurz sein Oberteil. „Wenn Lilith kommt und nur einen kleinsten Verdacht hat, wird sie alles und jeden vernichten wenn sie Lust dazu hat! Und dann will ich nicht hier sein! Luzifer hat ihr alles gegeben was sie wollte. Sie ist nicht

aufzuhalten.“, er seufzte ironisch. „Tze. So ist das wenn man einen reichen Daddy hat und Einzelkind ist, was?“, lachte er und lief zum Portal. „Darius! Warte!“, rief ich ihm noch hinterher. Er drehte sich ein letztes Mal zu uns um. „Ich danke dir!“, sprach ich dankbar und doch ernst. Durch seinen knochigen Unterkiefer, den er Shiro zu verdanken hatte, erkannte man seine Miene nicht. Doch ich wusste, dass er mir erleichtert zulächelte und zufrieden nickte. „Ich habe dir zu danken..“ Dann sprang er durch das Portal zurück zum Saal und war verschwunden. Nun stand ich da. Auf dem Dach des

Gebäudes. In der Nacht. In der Kälte des Windes. Alleine. Was sollte ich tun? Was sollten wir tun? Jedenfalls wusste ich, dass wir nicht hier oben bleiben sollten! Nachdenklich richtete ich mich zu Shiro. Dieser lehnte jedoch unsicher seine Stirn gegen seine Hände und sah besorgt zu Boden. „Shiro…“, begann ich leise und lief auf ihn zu. Als ich vor ihm stand und mitleidig zu ihm hinunter schaute, machte er jedoch keine Anstalten, zu antworten. Er sah nur herab und hielt sich geschlossen. Ich hatte das Gefühl, ihn unterstützen zu müssen. Er brauchte meine Hilfe. Was war zu

tun? Ich biss auf meine Lippen. Jedenfalls musste etwas geschehen. Ob die Geschichte von Darius nun stimmen sollte oder nicht. Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Ich durfte nicht wieder in Tränen ausbrechen. Egal wie schrecklich diese Geschichte war. Sollte ich ihn auffordern aufzustehen? Sollte ich ihm Mut zureden? Sollte ich ihm Vorwürfe machen, wenn er nichts tun würde? Ich beobachtete ihn. Shiro schwieg noch immer. Ich unterdrückte meine Panik und atmete kurz ein und aus. Dann setzte ich mich ganz einfach neben ihn und lehnte mich ebenso wie er, an das Geländer. Mein

Kleid breitete sich auf dem Boden aus und ich streckte meine Beine. Dann richtete ich meinen Blick wortlos zum Sternenhimmel. Wenn man jemanden nicht verärgern will, sollte man sich der Person anpassen. Mit dem Reflektieren dessen Verhaltens kann man nichts falsch machen. Anstatt Shrio also zu helfen sich aufzuraffen, blieb ich leise und dachte unauffällig nach. Ich betrachtete die vielen Sterne und versuchte mich abzulenken. Es war kalt in dieser hohen Luft. Niemand war zu hören. Selbst die Musik aus dem Portal war zu weit weg, um sie noch vernehmen zu können. In der Stadt

unter uns, kam kein Ton hier oben an. Es war einfach nur leise. Hier konnte ich mich langsam beruhigen. Noch immer schaute ich mir die strahlenden Lichter am Himmel an. „Wenn diese Welt nur von Dämonen erschaffen wurde, hatten sie extra schöne Sterne gemacht? Hatten sie sich Sternenbilder ausgedacht?“, fragte ich gelassen. Es war noch einen Moment leise. Dann bemerkte ich im Augenwinkel, wie Shiro mich betrübt ansah. Lächelnd erwiderte ich seinen mürrischen Blick. „Oder weißt du das etwa nicht?“, fragte ich. Doch Shiro atmete schwer aus und sah

wieder weg. Nachdenklich schaute er wieder zu Boden. Eine Zeit lang war es noch leise. Ich blieb einfach neben ihm sitzen und versuchte die Stimmung nicht noch mehr zu verschlechtern. Also tat ich, als würde ich mir keine Sorgen machen. Nachdem Shiro, seinem Gesicht nach zu urteilen, jede mögliche Situation im Kopf durchspielte, die uns durch ein Treffen mit Lilith passieren könnte, seufzte er laut. Endlich bewegte er sich. Dann sah er auf und fuhr durch seine Haare. „Wir müssen gehen.“, erklärte er plötzlich. Ohne ihn anzublicken nahm ich seine Entscheidung hin. Er hatte sich beruhigt.

Ich vertraute ihm. Ich musste stark bleiben. Denn sollte ich ihm nun auch noch Sorgen bereiten, würde ich alles nur noch schlimmer machen. Nun Stand er entschlossen und doch erzwungen auf und richtete seine Kleidung. „Sollte seine Geschichte wahr sein, müssen wir hier weg. Wir können kein Risiko eingehen.“ „Glaubst du wirklich, dass dich jemand verraten hätte?“, fragte ich sofort und blickte zu ihm auf. Einen stillen Moment sah er weg. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Doch ich bemerkte, dass er sich Sorgen machte. Auch sein Schweigen war eine Antwort

für mich. Also legte ich meine Hand auf das Geländer und zog mich hoch. „Wer.. glaubst du, könnte es sein?“, fragte ich paranoid. Doch ich wollte meiner Angst nicht glauben. Sofort unterbrach ich mich selber und versuchte bedenklich zu grinsen. „Ach quatsch. Als wenn… dich jemand verraten würde!“, begann ich selber zu argumentieren. „Kitsune ist dein Schützling! Und sie ist süß und lieb! Das würde sie nicht tun. Und Mephisto? Der kennt dich seitdem du in diese Welt kamst! Bastet hat noch zu viele Gefühle von alten Zeiten für dich! Sie würde dir nie wehtun wollen! Und … Deeon…“, sprach ich weiter. Bei dem

letzten Namen zuckte Shiro etwas auf. Sollte Deeon ihn verraten haben? Aber dadurch hätte er auch mich in Schwierigkeiten gebracht! Bevor Shiro lauthals über ihn spotten wollte, um sich nur noch mehr aufzuregen, ging ich schnell einen Schritt vor zu ihm. „Deeon war es nicht! Er beschützt mich! Wenn er dich verraten hätte, hätte er mich auch verraten! Außerdem macht er sich ständig Sorgen um dich!“, meinte ich und faste seinen Arm. Wütend zog er diesen weg und sah mich an. „Wer soll es sonst gewesen sein?!“, sprach er laut. Ich wusste, dass er Deeon verdächtigen

würde. Doch in meinem Innersten wusste ich, dass wir Deeon vertrauen konnten. Auch wenn er Shiro einst bestohlen hatte. Er kam wieder zurück und half Shiro. Er konnte es nicht gewesen sein. Ich wollte das nicht glauben. Doch wer war es dann? Stimmte die Geschichte von Darius überhaupt? Doch wir konnten keinen Fehler machen. Nicht jetzt. Ich sah zu Boden und schwieg. Denn ich konnte ihm keine Antwort auf seine Frage geben. Schließlich drehte Shiro mir den Rücken zu und seufzte. Innerlich zerplatze mein Schädel. Ich wollte losweinen. Ich wollte mir meine Haare raufen und heulen. Ich wollte kreischen. Je länger wir hier standen,

desto mehr wurde mir bewusst, wie ernst die Situation war. Doch ich versuchte mich zu zügeln. Ich wollte ihm nicht auch noch zur Last fallen. Doch konnte ich ihm überhaupt helfen? War das was ich sagte, nicht vielleicht zu viel? Brachte ihn das nur noch mehr durcheinander? Ich musste mich an ihn halten. Denn sollte diese Geschichte war sein, wäre ein Gespräch mit jeder anderen Person wie ein russisches Roulette. Also sollte ich ihn nicht zu sehr unter Druck setzen. Ich war von ihm abhängig. Ich saß hier fest. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Doch wenn ich nicht sprechen konnte, dann wollte ich ihm wenigstens zeigen, dass ich bei ihm war. Dass ich ihm wirklich vertraute. Also näherte ich mich ihm zögerlich. Er stand mit dem Rücken zu mir. Langsam faste ich nach seiner Hand. Ich wollte ihn halten. Ich wollte ihm zeigen, dass er nicht alleine war. Ich wollte ihm zeigen, dass auch ich keinen Ausweg wusste, aber nicht aufgeben wollte. Als ich seine kalte Hand berührte, schreckte er auf und drehte sich mit weiten Augen um. Überrascht sah ich Tränen in seinen erschrockenen Augen. Doch im nächsten Augenblick hob er plötzlich seine Arme

und zog mich zu sich. Er umarmte mich fest. Perplex starrte ich erst in die Leere, bis ich seine gewohnte Kälte spürte und die Umarmung erwiderte. Ich grinste ironisch und schloss die Augen. „So aufgewühlt kenne ich dich gar nicht. Du bist doch sonst immer so cool.“, versuchte ich ihn lieb zu necken. „Yuki…“, antwortete er jedoch ernst. Immer noch drückte er mich an sich. Dann nahm er die Arme herunter, ging etwas zurück und sah nachdenklich zur Seite. Er wollte meinen Blick nicht kreuzen. Er konnte mir nicht in die Augen sehen, als er weiter sprach. „Ich… ich kann das hier nicht.. Ich bin so

nicht.. in der Lage.. ich bin… so… durcheinander…“, stotterte er. Ich sah ihn fragend an und schwieg. Ich fühlte wie er. Ich wusste, was er meinte. Langsam hob er seine Hand und sah diese träumend an. Was wollte er nun tun? Er schwieg. Dann wurde sein verzweifelter Blick immer ernster. Plötzlich ballte er seine Hand zur Faust, blickte mich entschlossen und mit kaltem, emotionslosem Blick an und faste einen Entschluss. Seine Stimme klang plötzlich nicht mehr so liebevoll und emotional sondern kalt und ernst. „Wir müssen gehen.“, sagte er mir nun deutlich. Ich erkannte wieder diesen toten

Menschen in ihm. Ich sah wieder diesen kalten Dämon in ihm. Wie am ersten Tag unserer Begegnung. Unwissend sah ich in seine Augen. Was war mit ihm? Wieso war er plötzlich so anders? Auch wenn er meinen fragenden Blick erkannte, drehte er sich ignorant von mir weg, zurück zum Portal, welches noch immer hinter uns schwebte. „Los.“, meinte er und lief voraus. Sprachlos sah ich ihm nur hinterher. Er wollte wohl nicht durch das Portal hindurch, sondern ein neues errichten. Das neben ihm zischte. Gerade als er die Hände zusammenklatschte um ein neues Portal zu erschaffen, sah ich plötzlich

eine Bewegung in dem schon bestehenden Portal neben ihm. „Shiro!“, rief ich schnell. Wir sahen beide zum Portal. „Da seid ihr ja!!! Shiro! Yuki! Was treibt ihr hier?!“, Bastet kam mit einem strengen Ton durch das Portal gehüpft und blieb mit den Händen in der Hüfte stehen. „Los! Kommt zurück! Ihr sollt beide den Ball genießen! Ich will nicht, dass ihr hier seid!“, schnatterte sie und sah zwischen uns hin und her. Erschrocken sah ich zu Shiro. Mir blieb kurz die Luft weg. Was sollten wir tun? Zurück zu gehen, wäre ein schlimmer Fehler, wenn Lilth wirklich kommen sollte. Aber konnten

wir Bastet davon erzählen? Konnten wir ihr vertrauen? Was wäre, wenn genau sie die Verräterin war? Sollte ich das überhaupt denken? Erstarrt sah ich zu Shiro. Seinem Verhalten nach hatte er den gleichen Gedankengang wie ich. Doch er blieb ruhig und ließ sich nichts anmerken. Er lief auf Bastet zu. „Komm.“, sagte er mir rasch und sah mich nur einen kurzen, ernsten Moment an. Er wusste was ich dachte. Ich wusste was er dachte. Doch dann lief er zu Bastet und dem Portal. Er war wieder so emotionslos. Das alles überforderte mich. Gerade als ich ihm folgen wollte, trat Bastet einen Schritt zu mir. „Geh ruhig

vor! Ich wollte sowieso noch kurz mit Yuki sprechen!“, grinste sie Shiro an und ging auf mich zu. Ihre auffällige Art bemerkte ich sofort. Alles schien gerade für mich wie eine Falle. Als wäre es ein geprobtes Theaterstück. Ich riss die Augen auf und hielt den Atem an. Da ich zu eingeschüchtert in dem Moment war, mische Shiro sich zu meiner Beruhigung ein. „Nein.“, antwortete er ihr. „Wir gehen alle! Los!“, befahl er und drehte sich wartend zu uns. Bastet schmollte beleidigt als sie seine Antwort hörte. Doch fix beugte sie sich zu meinem Ohr. „Ich dachte erst, da läuft

was zwischen euch. Aber ich habe mich wohl getäuscht. Du wirst ihn mir doch nicht wegschnappen oder? Kann ich dir vertrauen?“, flüsterte sie mir zu. Ich begann überrascht zu grinsen und hob die Hände. „Was? Nein nein! Keine Sorge!“, versuchte ich meine Unsicherheit zu überspielen. Ein genervtes „Los jetzt!“, von Shiro unterbrach jedoch unser Gespräch. Bastet drehte sich sofort um und zwinkerte mir zu. „Danke.“, lächelte sie und lief zum Portal. Zuerst ging ich hindurch, danach folgte Bastet und schließlich Shiro. Wir kamen wieder in dem kleinen Raum an, in welchem das Portal stand. Wir waren

zurück. Ich war nervös. Immer wieder achtete ich auf Shiros Verhalten. Doch er blieb konzentriert ruhig. Was wird bloß passieren? „Wir haben uns schon gefragt wo ihr seid. Konnte ja nicht sein, dass der Schattenmann nur so kurz auf dem Ball sein würde und sich dann nicht mal verabschiedet!“, plapperte Bastet und ging zur Tür. Doch gerade als sie diese öffnen wollte, stoppte sie. „Was ist denn da los?“, fragte sie plötzlich und horchte an der Tür. „Warum ist denn alles so leise?“ Kurz bevor wir durch das Portal zurück kamen, öffnete sich das Tor der rieseigen

Eingangshalle zum Ballsaal. Die Musik verstummte langsam. Das Gelächter der Masse verging. Die spaßige Atmosphäre wirkte nun bedrückt und unsicher. Die Dämonen und Gäste drehten sich zum Eingang. Sie wirkten erschrocken und starr. Niemand wagte es, weiter zu reden. Denn sie vernahmen Schritte im Eingang. Es waren langsame, aufrichtige Schritte die mit lautem Schall durch den Saal klangen. Mit Gemach schritten sie in die Mitte des Ballsaals. Ein Schaudern glitt durch die Menge. Es war eine dünne Frau mit rötlicher Haut und weißen langen Haaren. Zwei schwarze, geschwungene Hörner stachen

zwischen ihren hell schimmernden Haaren hervor. Sie blickte entschlossen gerade aus. Sie trug ausschließlich schwarze Kleidung. Es war eine schwarze enge Bluse mit einem kurzen Blazer. Ihre Hose war nur sehr kurz, doch der Rest ihrer Beine wurde mit knielangen Stiefeln bedeckt. Also schaute nur ein minimaler Teil der Haut ihrer Oberschenkel hervor. Sie wirkte respekteinflößend und mächtig. Während sie lief, wurde ihr der Weg frei gemacht. Langsam schritt sie voran. Doch in der Mitte des Raumes blieb sie nicht stehen. Sie stolzierte weiter, bis zur Bühne, auf welcher das Klavier stand

und die anderen musizierten. Ehrfürchtig senkten alle die Musikinstrumente und liefen mit geneigtem Kopf von der Bühne. Die Aufmerksamkeit genießend, grinste sie arrogant und lief in selbstverständlicher Ruhe die Treppe hinauf, während die starrenden Blicke der Gäste sie verfolgten. Nun stand sie dort oben. Sie drehte sich zum Raum. Dann blickte sie sich erst einmal um. Noch immer war es totenstill im Saal. Niemand wagte sich zu bewegen. „Hmh…“, lächelte sie hochmütig und schaute elitär zwischen den Dämonen umher. Eine bedrückende Stimmung legte

sich auf alle. Doch sie begann zu kichern. „Hihihi… warum seid ihr denn alle so ernst?!“, fragte sie. Plötzlich hob sie die Arme. „Los! Feiert doch! Ich möchte euch sicherlich nicht vom Feiern abhalten.“, sprach sie mit gestellter, lauter Stimme. Es war noch immer leise. Skeptisch sahen sie zu ihr auf. „Lilith! Welche eine Freude!“, hörte man nun jemanden sprechen. Renekton höchstpersönlich trat von seinem Podest herunter und lief auf diese Frau zu. Mit einer erzwungenen, netten und doch bedachter Freude trat er mit positiver Geste an sie heran. Lilith sah zur Seite zu ihm. Bevor er sie

erreichen konnte, zeigte sie jedoch mit dem Finger auf den Boden. Er blieb zögernd stehen. „Eh..?“ „Runter.“, antwortete sie gelassen auf sein fragendes Gesicht. „Los los. Knie nieder Renekton.“, sprach sie weiter ohne ihn anzusehen. Das Krokodil biss die Zähne zusammen „J.. jawohl..“, und ging vor ihr auf die Knie. Eine erschrockene Stille drang durch die Menge. Doch Lilith wandte sich dem Publikum zu. „Ich suche jemanden!“, sprach sie gelassen und laut und blickte durch den Raum. „Und ich suche etwas, das mir von ihm gestohlen wurde…“, langsam lief sie

auf der Bühne hin und her. Renekton kniete mit gesenktem Blick noch immer vor ihr. „Es ist jemand… der euch wohl sehr bekannt sein sollte. Ich denke die meisten von euch Schwächlingen werden ihn kennen…“, sie legte gespielt ihren Finger vor die Lippen. „Es ist jemand, der mit zwei Dolchen aus gefestigten Engelstränen kämpft…“, sagte sie langsam. Dann wurde ihre Stimme immer schneller. „Naja er kämpft jetzt nur noch mit einem, denn der eine ist zerbrochen.. aber…“, verdächtig drehte sie sich zu Renekton. „Ich wette du kannst mir dabei weiter helfen.“, sagte sie zu ihm. Ertappt versuchte er ihrem Blick zu meiden.

Doch mit einer kleinen Handbewegung befahl sie ihm, sich wieder zu erheben. Renekton grinste skeptisch. „Naja… also Waffen aus Engelstränen sind zwar selten, doch hier im Atrium des Handels bestimmt mehrmals gesehen worden.. Ich weiß nicht..-“ „Ihr nennt ihn Schattenmann!“, unterbrach sie ihn direkt. Er sah sie schockiert an. Diese Antwort genügte ihr. Sie lächelte und lief mit langsamen Schritten auf ihn zu. „Wo ist er?“, fragte sie arrogant und ruhig. Doch Renekton schwieg erschrocken und bewegte sich nicht mehr. Sein Atem war schwer. Sein Herz schnell. Plötzlich holte sie mit ihrer Hand aus und

verpasste ihm mit dem Handrücken eine Backpfeife. „WO ist ER?!“ Jemand in der Menge kreischte erschrocken auf. Die anderen sahen starr zu, wie dieser leicht aussehende Klaps, Rekenton von der Bühne riss und in die Menge schlug. Shio, Bastet und ich kamen erst im letzten Moment durch das Portal in die Kammer. Gerade als Bastet bemerkte, wie leise es im Saal war, und horchend ihr Ohr an die Tür legen wollte, hörten wir diesen erschrockenen Schrei aus der Menge und Renektons schmerzerfülltes Stöhnen, als er in die Masse fiel. Wütend drückte Bastet den Henkel der

Tür herunter. „Nein warte!“, versuchte ich sie noch aufzuhalten. Doch es war zu spät. „Was geht hier vor?!“, schrie Bastet und riss die Tür auf. Es war ein grausamer Moment. Die Zeit blieb stehen. Lilith schaute zur Seite, direkt zu uns. Sofort erkannte sie mich und sie erkannte Shiro. Als mich ihr Blick traf, fühlte es sich an wie ein Schwert, dass meine Brust durchbohrte. Mir blieb die Luft weg. Mir wurde heiß. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte meine Gedanken nicht mehr ordnen. Alles schien wie ein Albtraum. Eine Gänsehaut überfiel meine Haut. Meine Beine steckten fest. Meine Knie

zitterten. Mein Magen drückte sich zusammen. Dieser Blick war mit einem solchen Hass verbunden, der meine Seele beinahe durchbohrte. Es war so schrecklich, als käme sie frisch aus der Hölle. Es war nur eine kurze Sekunde, welche sich wie eine schreckliche Ewigkeit anfühlte. Noch während Bastet wütend heraus trat, während die anderen nicht wussten, was gerade geschehen war, während Renekton sich gerade wieder vom Boden aufraffte und während Lilith uns mit einem ertappten Grinsen ansah, spürte ich plötzlich, wie Shiro mich plötzlich packte, und zu sich riss.

Ich wusste nicht was um mich herum geschah. Shiro griff mich plötzlich, hob mich rasend schnell in seine Arme und rannte mit mir zurück zum Portal. Er sprang sofort hindurch und rannte weiter über das Dach des Atriums. Mein Herz raste. Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Muskeln waren alle angespannt. Panisch klammerte ich mich um Shiros Hals. Ich traute mich nicht zurück zu sehen. Ich traute mich jedoch auch nicht, nach vorn zu sehen. Denn Shiro näherte sich rasend dem Geländer des Daches und beabsichtigte nicht langsamer zu werden. Dann griff er mich fest und sprang.


------ Hey Leutz. Es gibt schon ein paar mehr Kapitel =) Aber ich möchte erst sehen wie die Geschichte hier ankommt und poste dann mehr Kapitel ^_^ Auf Fanfiktion, bin ich bei Kap 37, das ist schon ganz nahe am Ende. Ich schreibe schön weiter. Aber ich will euch noch die neuste Zeichnung zeigen =) Vielleicht erkennt der eine oder andere ja die Szenen ^_^ https://www.facebook.com/pg/Merlesarts/photos/?tab=album&album_id=835498226625912

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MerlesArts
Hey =) Ich bin neu hier. Ich hatte mal einen Acc.. nur irgendwie lässt dieser sich nicht mehr zurücksetzen und ich weiß die Daten nicht mehr xD naja egal.
Ich zeichne, zocke und schreibe gerne.
Mehr Infos kommen noch =)

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