Fantasy & Horror
RISSAN und die Sklavenminen - 2. Der Auftrag

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"Endlich wieder Gold in Aussicht ..."
Veröffentlicht am 10. Februar 2018, 44 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Neuigkeit!!! Mein Buch - Die Wölfe von Haven - ist ab 1.April im Handel erhältlich! *freufreu* Das Cover könnt ihr sehen, wenn ihr ein wenig in meinem Profil herunterscrollt oder direkt beim AAVAA-Verlag. Link zur Leseprobe beim AAVAA-Verlag: http://www.aavaa.de/leseproben/Die%20Woelfe%20von%20Haven-LESEPROBE-I%20H%20Terazuma.pdf oder eine kürzere Leseprobe ...
Endlich wieder Gold in Aussicht ...

RISSAN und die Sklavenminen - 2. Der Auftrag

einführung


Diejenigen von euch, die bereits ‚Der Herold‘ gelesen haben, wird alles wohl sehr bekannt vorkommen. Das liegt daran, dass ich die Story umgeschrieben und in ein neues Setting transferiert habe. Es soll auch mehr einen humorvollen Unterton haben. Ich hoffe, sie gefällt euch weiterhin. Viel Spaß beim Lesen!^^ Klappentext: Ebersreuch ist ein armes Land und für die Bestien-Krieger von Belens Volk gibt es mehr als genug zu tun. Doch der Sold

ist karg und das Überleben hart. Rissan, der neue Bruhkahdan von Belens Volk, ist mit der sinkenden Moral seiner Leute mehr als überfordert. Und als ob das nicht genug wäre, machen ihm auch noch seine privaten Probleme zu schaffen. Als ihn seine Geliebte wegen eines anderen verlässt, hat seine Stimmung endgültig einen neuen Tiefpunkt erreicht...

der Auftrag

Mit einem Stöhnen wand sich Wirgod auf dem Boden des weitläufigen Kampfplatzes von Belenshall. Geduckt umrundete Rissan den blonden Mann. „Steh auf! Ich bin noch lange nicht fertig mit dir!“ Mit zitternden Armen wischte sich Wirgod das Blut von den Lippen, dann versuchte er sich zu erheben. Rissan wollte erneut auf ihn zustürzen, als sich ihm Adris mit anklagendem Blick in den Weg stellte. „Rissan, bitte …“, mischte sie sich ein. „Wirgod hat seine Lektion gelernt. Was nützt es dir,

wenn wir unsere Vorräte an Heiltränken auf diese Weise auch noch verschwenden?“ Rissan richtete sich unwillig auf. Er hatte sein Versprechen wahr gemacht und seine Kameraden, zumindest diejenigen, die das Unglück hatten in Belenshall zu sein, als er und Barden nach zwei Tagen mit rauchenden Stiefelsohlen endlich nach Hause kamen, zu den längst überfälligen Übungsstunden anzuhalten. Dass es ihm vor allem auch darum ging, das schadenfrohe Grinsen aus Wirgods Gesicht herauszuprügeln, war eine andere Geschichte. „Wirgod bekommt sicherlich keinen Heiltrank für ein paar blaue Flecke und

eine blutende Lippe“, knurrte er und sah missbilligend auf die junge Kriegerin herab.„Was kümmert dich eigentlich Wirgod? Du solltest inzwischen mit Fredar an seiner Schwertkampftechnik arbeiten.“ Adris trat wortlos einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf Fredar frei, der sich gerade jammernd zum Tisch auf die überdachte Veranda vor dem Wirtschaftsgebäude von Belenshall schleppte. Fredar hatte sich vor einem Jahr Belens Volk angeschlossen. Es war nicht leicht bei ihnen aufgenommen zu werden und die Anwärter mussten sich strengen Prüfungen unterziehen. Doch Fredar schlug sich zu Rissans Freude wirklich

gut und machte zusehends Fortschritte. „Wir haben bereits trainiert und auch zwei Übungskämpfe hinter uns. Fredars Technik wird immer besser und wir sind wirklich gut in Form“, bestätigte auch Adris. „Ouuuh“ Wirgod stöhnte zum Herzerweichen und griff sich auf sein lädiertes Gesicht. Adris verdrehte die Augen. „Na gut, vielleicht braucht Wirgod tatsächlich ein paar Extrastunden. Aber nicht so wie du das machst. Verprügeln hat noch niemanden besser gemacht.“ Rissan rammte sein Übungsschwert in den Boden und strich sich seine verschwitzten, schwarzen Haare zurück,

die sich dabei aber völlig seiner Kontrolle entzogen und jetzt in aberwitzigen Büscheln abstanden. Der kurze Schlagabtausch mit Wirgod hatte zumindest seine Stimmung etwas gehoben. Dass der einst so kampferprobte Mann aber derart schlapp geworden war, entsetzte ihn dagegen sehr. Mit wiegenden Schritten kam Adris auf ihn zu und zwei ihrer Finger fuhren spielerisch über Rissans nackten Arm. „Und, ehrlich gesagt, bringt uns das die gestohlenen Pferde und den Sold auch nicht wieder zurück.“ Rissan spürte, wie sich alle seine feinen Härchen aufstellten. Bei den

Übungskämpfen trug er seine ledernen Armschoner nicht, das war ein Fehler. Abrupt drehte er seinen Arm aus ihrer Berührung. „Lass das Adris. Oder willst du unbedingt eine Übungsstunde mit mir haben?“ Sofort nahm sie ihre Hand zurück, lächelte dabei aber. „Gerne. Aber dann in deinem Quartier.“ Rissan zog seine Augenbrauen hoch. Dann schnaubte er. „Mach deine Spielchen mit jemand anderem.“ „Dass du immer noch so nachtragend bist“, sagte sie und sah mit ihren dunklen Augen zu ihm auf. „Und völlig angespannt. Du musst wirklich deine Aggressionen abbauen – aber nicht nur

auf dem Übungsplatz. Sieh dir nur Barden an!“ Mit tänzelnden Schritten kam gerade sein Bruder heran. Seine Bewegungen wirkten grotesk. Vor allem da er in voller Kampfmontur mit Lederharnisch, Schwert und Langbogen über das Areal steppte und mit einem fröhlichen Liedchen auf den Lippen seine Hände dabei über imaginäre weibliche Körperteile vor sich gleiten ließ. Rissan spürte wie wieder die Wut in ihm aufstieg. Anklagend zeigte er auf Barden. „Du willst wirklich, dass ich so werde? Wem soll das nützen?“ Adris verbiss sich mühsam ein Lachen. Sie versuchte es zu verbergen, aber

Rissan kannte sie zu gut. Viel zu gut. Leider. Und ja, sie hatte Recht, er war immer noch nachtragend, dass sie ihm nach drei Jahren den Laufpass gegeben und sich stattdessen unter Karans Felle begeben hatte. Auch wenn das schon über fünf Jahre her war. Schließlich hatte sich Adris wieder gefasst. Mit einem sanften Schwung schob sie ihre schweren, dunklen Haare aus dem Gesicht und blickte zu ihm auf. „Dir würde es nützen und damit auch uns. Wir leiden alle unter deiner miesen Laune und deinen übertriebenen Ambitionen.“ „Ach ja?“ Rissan spürte, wie ihm seine Beherrschung immer mehr entglitt und seine Adern am Hals bereits

anzuschwellen begannen. „Rissan, nicht“, hörte er noch wie Wirgod, der sich mittlerweile wieder aufgerichtet hatte, sagte, doch es war zu spät. Seine Wut schlug über ihm zusammen und er machte einen großen Schritt auf Adris zu, die doch tatsächlich kurz zusammenzuckte, was ihn noch wütender machte. Finster zogen sich seine Augenbrauen zusammen. „Du meinst also ich bin ein schlechter Bruhkahdan?“, grollte er tief aus seiner Kehle. „Willst du vielleicht diese Stellung haben, Adris?“ Anklagend fuhr er zu Wirgod herum der schützend seine Arme vor sein Gesicht hob. „Oder nein, Wirgod war doch unser Favorit,

nicht wahr?“ „Das habe ich nie behauptet!“, rief Adris, die jetzt langsam ebenfalls wütend wurde. „Belens Wahl nach Karans Tod fiel auf dich. Die Zeichen waren eindeutig. Du bist jetzt unser Bruhkahdan und der neue Wahrer des Bruhkahn. Doch du bist so ein verdammter Sturkopf! Die Zeiten sind schlecht und das liegt nicht an dir. Aber du verbeißt dich richtiggehend darin alles richtig machen zu wollen, dass du uns damit nur auf die Nerven gehst. Uns allen!“ Barden hatte mit seinem Tanz aufgehört und blickte von einem zum anderen, dann zog er den Kopf ein und wandte sich mit

schleichenden Schritten Fredar zu, der ihm zaghaft zuwinkte. Rissan begann mit einer Hand seine Schläfen zu massieren. Seine Wut war genauso schnell verraucht, wie sie gekommen war. Mit einem schweren Seufzer ließ er seine Hand sinken. „Na schön. Dann machen wir das so: ab jetzt wirst du dich darum kümmern, dass Wirgod wieder in Form kommt.“ „Aber ich bin doch in Form!“, protestierte Wirgod. „Ouuh!“ Adris Ellbogenstoß, in seine tatsächlich größer gewordene Wampe, ließen ihn wieder zusammenklappen. Wenn Rissan ihn so ansah, konnte er sich langsam doch vorstellen, warum Belen ihn gewählt

hatte und nicht Wigord, der fünf Jahre älter war als er. Barden, mit seinem sanften und geruhsamen Charakter, wäre trotz seiner Kampfstärke nie für die Stellung als Bruhkahdan infrage gekommen. Das wusste Barden auch und es war völlig in Ordnung für ihn. Diesbezüglich fehlte ihm jeglicher Ehrgeiz. „Das übernehme ich gerne und auch unseren neuen Welpen Fredar“, sagte Adris ernst. Dann kam sie wieder auf Rissan zu. Diesmal legte sie ihre Hand in einer weniger anzüglichen und mehr freundschaftlichen Geste auf seinen Arm. „Wir schaffen das schon. Gemeinsam. Lass dir helfen. Du musst nicht alles

alleine bewältigen. Und das mit dieser diebischen Elster, die euch beide … nun ja …“ Verdächtig begannen Adris Mundwinkel wieder zu zucken. Während Wirgod zu prusten anfing. Fredar hatte beide Hände vor den Mund geschlagen, dennoch gelang es ihm nicht das belustigte Glucksen zu unterdrücken. Barden dagegen zuckte nur feixend die Schultern. „Was!“, fuhr Rissan auf und sah in die grinsenden und mühsam beherrschten Gesichter um sich. Dann winkte er mit einem Seufzer ab und stützte sich auf sein Übungsschwert. „Bei den dreimal verfluchten Dunkelelfen, ihr habt ja Recht.“ Mit seiner schwieligen Hand

fuhr er sich über seine Haare. „Dieses undankbare Gör hat uns aussehen lassen wie blutjunge Anfänger.“ Alles um ihn herum bog sich jetzt vor Lachen und auch ihm entkam ein Grinsen. Es war zwar noch ein wenig freudlos, doch die allgemeine Heiterkeit nahm ihm etwas von seiner Anspannung. „Glaubt mir“, sagte er, „ich habe meine Lektion gelernt. Das nächste Mal, wenn ich sehe wie ein Kerl eine Frau gegen ihren Willen nehmen will, stelle ich mich hinten an, anstatt die holde Maid zu retten.“ Er wusste, dass ihm das niemand glaubte und er selbst am allerwenigsten. Dennoch lockerten seine Worte die Stimmung weiter

auf. Wirgod lag japsend auf dem Boden. Er schaffte es gleichzeitig zu lachen und zu stöhnen. Adris wischte sich die Tränen aus den Augen und auch Fredar hing lachend über dem Tisch, während Barden mit belustigtem Augenzwinkern zu ihm tänzelte und ihm vergnügt auf die Schulter schlug. „Komm schon, Riss, niemand von uns wäre ein besserer Bruhkahdan als du. Vor allem will niemand anderer diese undankbare Bürde haben. Belens Volk braucht dich. Und die Kleine ist wirklich gut gewesen. Zumindest haben wir als Ausgleich genügend Wild gejagt, von dem wir mindestens eine Woche leben

können.“ Schnuppernd hielt er seinen Kopf hoch. „Und wenn mich nicht alles täuscht, hat Illa bereits einen Braten daraus gemacht!“ Rissan schüttelte den Kopf, dann ließ er sich von Barden zur breiten Eingangstreppe schieben, die zu den Türen von Belenshall führte. Das laute Lachen seiner Kameraden zauberte schließlich auch ihm ein echtes Lächeln auf die Lippen und ließ seine Anspannung endgültig von ihm abfallen. Beschwingt öffneten sie die Türen zum großen Saal. Belenshall war wohl das, was einem Tempel Belens am nächsten kam, obwohl Belenshall eher aussah wie ein Gutshof, mit dem weiträumigen

Areal, den sie als Übungsplatz benutzten, und all den anderen Nebengebäuden. Der große Empfangssaal selbst wirkte sogar wie eine Mischung aus Taverne und Waffenlager. Doch Belen, einer der kleineren Götter und gefürchteter Unruhestifter unter denselben, hatte noch nie großen Wert auf weltlichen Ruhm gelegt. Gerade eine mannshohe Statue von ihm stand in einer der Ecken des großen Saales. Ein großer, glattrasierter, junger Mann mit Stiefeln, Armschonern, Lederharnisch und Umhang. In der einen Hand einen Langbogen haltend, in der anderen ein Schwert. Es hätte mit seinen widerborstig abstehenden Haaren beinahe ein Abbild Rissans selbst sein können,

wenn Belen nicht kleine Hörner auf der Stirn gehabt hätte und sein Gesicht nicht spitzbübisch lächeln würde – etwas was Rissan wohl nicht einmal als kleinem Jungen eingefallen wäre. Unter Belenshall gab es noch ein geheimes Gewölbe, das aber nur den Geweihten von Belens Volk bekannt war. Dort wurde auch der Bruhkahn aufbewahrt, das Bestien-Relikt. Belen hatte ihn einst Braan, dem Gott der Jagd, gestohlen. Damit wurde er Herr über alle Bestien und schuf Belens Volk. Seither gab es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen ihnen und den Anhängern des Braan, die das Relikt unbedingt zurück haben wollten.

Bei genau so einer Auseinandersetzung vor ein paar Monaten kam auch Karan, ihr alter Bruhkahdan, und zwei weitere ihrer Kameraden ums Leben. Rissan seufzte. Das war ein schwerer Schlag für Belens Volk gewesen. Auch wenn sie sich gerächt und Braans Anhängern schwere Verluste zugefügt hatten, hatte das ihre Moral zutiefst erschüttert. „Wo bleibst du nur, Riss?“, rief Barden und hielt ihm auffordernd die Tür auf. „Du kennst unsere Meute. Dir wird nichts übrigbleiben, wenn du nicht reinkommst!“ Rissan warf einen Blick in den großen Saal. Auf den Tischen standen bereits

überall Platten mit gebratenem Wild. Rissan spürte erst jetzt, wie hungrig er war. Mit Schwung setzte er sich zu seinen Kameraden und bediente sich ebenfalls von den knusprigen Fleischstücken. Es wurde ein lockeres, üppiges Mahl. Seit langem wieder. Sogar Brunis war dazugekommen und hatte sich an Bardens Seite gesetzt. Sie wurde von allen johlend willkommen geheißen, da sie auch einen frischen Kuchen mitgebracht hatte, der sogar noch warm war. Barden zog sie zu einem langen Kuss zu sich. Mehr sah Rissan nicht. Er musste sich abwenden. Nicht, weil er es seinem Bruder nicht gönnte, doch der Schmerz

über Lynns Weggang war noch zu frisch. Sinnend starrte er ins Feuer ihres offenen Kamins. Nicht einmal ein Monat war es her, seit Lynn ihre Sachen gepackt hatte und ‚ihm‘ einfach gefolgt war. Und das nach zwei Jahren, die sie mit ihm zusammen war. Frustriert warf Rissan den letzten Bissen Fleisch auf den Teller und stand auf. Er brauchte ein Bad und eine Rasur. Das würde ihn vielleicht auf andere Gedanken bringen. Er wollte sich gerade zu ihrer Badestube im oberen Stock begeben, als die Türen zum großen Saal mit einem dröhnenden Poltern aufflogen. Ein Bote des Fürsten von Harzen stürmte herein und blickte sich suchend um, bis sein Blick an

Rissan hängen blieb. „Herr, Ihr sollt sofort zu Fürst Vilgar kommen!“ „Was ist geschehen?“, fragte Rissan. „Hochkönig Lerman Branakur erwartet Euch.“ Rissan blickte auf seine Leute, doch sie sahen ihn alle erstaunt oder schulterzuckend an. Dass der Hochkönig von Ebersreuch in Stadt Harzen war, kam für sie genauso überraschend wie für ihn. Wahrscheinlich ging es wieder einmal um das leidige Thema ihres Treueeides. Schließlich nickte er, nahm sein Schwert auf und folgte dem Bediensteten. Es war nicht weit. Belenshall lag direkt unterhalb der Fürstenburg von Stadt Harzen. Eigentlich war Belenshall ein

Teil der Burganlage selbst, der schon vor vielen Jahrhunderten in den Besitz von Belens Volk übergegangen war. Den Legenden nach soll Belen selbst, mit seinen engsten Vertrauten, dem damaligen Fürsten aus einer schweren Krise geholfen haben, wofür er ihnen diesen Teil abtrat. Seitdem bestand auch eine besondere Verbindung von Belens Volk zum Fürstenhaus von Harzen. Mit seinen langen Beinen schritt Rissan so schnell aus, dass der Bote ihm den steilen Weg zur Burg hinauf kaum folgen konnte. Als Rissan durch das breite Tor trat, sah er einen blond gelockten Mann mit dem Harnisch König Lermans auf dem Burghof bei den Pferden stehen, der

ihm sehr bekannt vorkam – sehr unliebsam bekannt. „Ihr könnt es wohl kaum erwarten zum König zu kommen“, rief Bernd von Hofenstätt ihm spöttisch zu, als Rissan mit großen Schritten an ihm vorbei wollte. „Dabei habt ihr König Lerman nicht einmal den Treueeid geleistet. Meiner Meinung nach gibt es bessere und verlässlichere Söldner als Euch.“ Rissan ballte die Fäuste. Bernd von Hofenstätt war immer schon ein rotes Tuch für ihn gewesen. „Wie oft muss man Euch das noch sagen, Ihr hirnverbrannter, aufgeblasener Geck!“, grollte er. „Wir sind keine Söldner. Belens Volk ist einzig und allein nur

Belen verpflichtet.“ „Ihr seid beleidigend wie immer. Ich frage mich gerade auf was hinauf? Nachdem Euer Vater Euer ganzes Erbe verprasst hat, seid Ihr nicht einmal mehr von meinem Stand! Doch was soll`s.“ Gleichgültig zuckte Bernd von Hofenstätt die Schultern. „Ihr interessiert mich nicht und Euer Belen schon gar nicht. Ich habe König Lerman vor Euch gewarnt.“ Nochmals zuckte er die Schultern. „Doch wenn er meint nicht ohne Euch auszukommen, kann ich leider auch nichts dagegen tun.“ „Eure Ignoranz ist einfach unglaublich.“ Rissan schüttelte den Kopf und bedauerte es bereits überhaupt ein Wort mit diesem

Geck gewechselt zu haben. Grollend drückte er den Hauptmann König Lermans zur Seite und ging an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Als Rissan in die Halle der Burg eintrat blickte Fürst Vilgar von Steinbach vom großen Versammlungstisch auf. Sein Anblick gab Rissan immer noch einen Stich. Er sah seinem Bruder Karan, ihrem ehemaligen Bruhkahdan, ausgesprochen ähnlich, auch wenn seine Statur schmaler und seine Gesichtszüge etwas weicher waren. Man könnte dennoch meinen, Karan wäre immer noch unter ihnen. Kein Wunder, dass Adris seit seinem Tod nicht mehr in der

Fürstenburg war. Ein verhaltenes Räuspern ließ Rissan zu dem Mann neben Fürst Vilgar blicken. König Lerman Branakur, Fürst von Osruch und seit einem halben Jahr auch Hochkönig über Ebersreuch, saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl und musterte Rissan mit zusammengezogenen Brauen. Er war ein großer, breiter Mann Anfang fünfzig, dessen braune Haare an den Schläfen bereits ergrauten. Lauernd sahen seine eisigen Augen in Rissans Richtung, während Fürst Vilgar sich erhob und Rissan zu sich winkte. „Komm, und setz dich zu uns, Junge. Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen.“ Rissan tat wie ihm geheißen. Vor König

Lerman, der sitzen geblieben war und ihn weiterhin abschätzig musterte, neigte er nur leicht den Kopf zum Gruß und nahm neben Vilgar Platz. „Mein Fürst“, grüßte er ihn weitaus höflicher als den Hochkönig. „Jetzt sei nicht so förmlich, Junge“, sagte Vilgar. „Auch wenn wir heute hohen Besuch bei uns haben.“ Mit einer einladenden Geste deutete er auf die Becher und die volle Flasche Met am Tisch. „Komm, schenk dir ein. Unser Hochkönig hat dir einen Vorschlag zu unterbreiten. Einen sehr lukrativen Vorschlag!“, betonte Vilgar. Rissan setzte sich und füllte seinen Becher mit Met. Lermans Blick ruhte

dabei die ganze Zeit auf ihm, doch Rissan ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Schließlich lehnte er sich zurück und sah seinen König herausfordernd an. „Womit kann Belens Volk Euch helfen, mein König?“, fragte er ruhig. „Genau darüber bin ich mir noch nicht wirklich im Klaren.“ Lermans Stimme war tief und rau. „Aber ich habe keine andere Wahl und Fürst Vilgar verbürgt sich für Euch. Ganz besonders für Euch.“ Rissans Augenbrauen zuckten nach oben. „Sprecht, bitte.“ Lerman lehnte sich vor. Seine kalten Augen fixierten Rissan. „Machen wir uns nichts vor, Ihr wisst, wie es um

Ebersreuch steht.“ Rissan nickte ungeduldig. „Und Ihr wisst auch, dass ich Euch nicht traue. Euer Treueeid ist immer noch überfällig.“ „Wir haben noch keinem Sterblichen gegenüber einen Eid geleistet. Wir sind nur Belen verpflichtet“, erwiderte Rissan mit hochgezogenen Brauen. „Diesen Sonderstatus hat Belens Volk bereits seit über dreihundert Jahren. Kein König war noch in der Lage das anzufechten.“ „Ja, ja ... Schon gut …“ König Lerman machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ermüdet mich nicht weiter damit …“ „Was wollt Ihr also von uns?“, fragte Rissan unhöflich. Er sah wie Vilgar ihm

einen beschwörenden Blick zuwarf, aber er ignorierte ihn. Vilgar war nicht nur der Bruder ihres vorigen Bruhkahdan, sondern auch ein guter Freund seines Vaters gewesen. Für Rissan und Barden war er immer mehr ein väterlicher Freund, denn ein Fürst gewesen. Dennoch wollte er sich von ihm nicht dreinreden lassen. Der Hochkönig lief rot an und ballte die Fäuste. Dann schnaubte er erbost und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nun gut. Ich wurde schon zur Genüge vor Eurer Impertinenz gewarnt und werde mich von Euch nicht provozieren lassen.“ Er lockerte seine massiven Schultern und lehnte sich vor.

„Es geht darum: zum Wohle Ebersreuchs habe ich beschlossen zu heiraten. Eine Verwandte des Königs aus Falloch.“ Rissan konnte gerade noch verhindern, dass er sich an seinem Met verschluckte. Lerman warf ihm einen missbilligenden Blick zu. „Ihr seid nicht nur unverschämt, ihr habt auch keinerlei Manieren. Doch egal was Ihr Euch denkt, meine Braut wurde sorgfältig ausgewählt.“ „Kennt Ihr sie?“, warf Rissan ein, der sich wieder einmal durchs struppige Haar fuhr. „Wozu?“, fragte Lerman erstaunt. „Diese Heirat dient nur dem Zweck, Ebersreuch wieder auf die Beine zu helfen. In drei

Tagen trifft sie mit mehreren Wagenladungen dringend benötigter Lebensmitteln in der Grenzstadt Karna ein. Und was noch wichtiger ist, sie hat eine ansehnliche Mitgift bei sich. Das ist der Preis für meine Einwilligung, sie zur Königin zu machen.“ „Und wir sollen sie jetzt beschützen und sicher zu Euch geleiten.“ Lerman nickte. „Vor allem die Mitgift. Die Wagen werden dagegen auf die Fürstentümer Osruch, Erzreich, Harzen und Sunewall aufgeteilt.“ „Und warum wir?“, fragte Rissan misstrauisch. „Man sagt, dass Belens Volk über besondere Kräfte verfügt, die niemand

sonst aufweisen kann.“ „Wer sagt das?“ Rissan richtete sich alarmiert auf. Hinter seinen Augenliedern begann es zu brennen. Ein untrügliches Zeichen, dass sein Wolf sich aufgerichtet hatte. Seine ansonsten hellblauen Augen waren wahrscheinlich bereits einem bedrohlichen, gelben Glühen gewichen. „Es gibt da gewisse Gerüchte die besagen, dass Belen dem großen Gott Braan etwas sehr Wertvolles gestohlen haben soll und – wenn man eins und eins zusammenzählen kann – nun, dann kann man sich schon einiges dazu denken.“ Lerman lehnte sich mit einem triumphierenden Lächeln zurück und

zuckte die Achseln. „Doch was soll’s? Wie immer Eure Kräfte auch aussehen mögen, ich will mir Eure Gaben zunutze machen. Bringt Ihr meine Braut und das Gold unversehrt zu mir, bekommt Ihr dreihundert Goldstücke.“ Rissan atmete tief durch und drängte seinen Wolf zurück. Langsam ließ das Brennen in seinen Augen nach. Nun, es gab immer schon Gerüchte über sie. Solange aber niemand alles wusste und vor allem auch nicht wo der Bruhkahn – das Bestien-Relikt – verborgen war, spielte das keine Rolle. „Ein angemessenes Angebot“, sagte er somit. „Ich willige ein.“ „Das dachte ich mir.“ Lerman nickte

zufrieden. „Dann ist es also abgemacht. Mein Hauptmann Bernd von Hofenstätt wird mit Euch gehen und …“ „Das kommt nicht in Frage!“, begehrte Rissan auf. Lerman runzelte erzürnt die Augenbrauen. „Ich habe langsam genug von Eurem Benehmen. Bernd kommt mit Euch mit, oder es gibt keinen Auftrag.“ „Dann soll Euer Hauptmann Eure holde Braut alleine beschützen.“ Rissan stand auf. Er verfluchte sich dafür, denn dreihundert Goldstücke könnten sie mehr als gut gebrauchen. Allein schon ein neues Pferd kostete an die hundert Goldstücke. Aber Bernd von Hofenstätt und er waren genauso unvereinbar, wie

eine Zusammenarbeit mit dem berühmten Bertrand de Marque, dem Bezwinger des Aufstandes der Dunkelelfen – und dem Mann, wegen dem Lynn ihn vor einem Monat verlassen hatte. Rissan schüttelte sich kurz, um die unliebsamen Gedanken zu vertreiben. Lerman erhob sich ebenfalls. Sein Fellumhang ließ seine hohe Gestalt noch imposanter erscheinen. Mit seinem Arm schob er den Umhang beiseite, dass sein edelsteinbesetzter Schwertknauf zu sehen war. „Es geht um Ebersreuch!“, grollte Lerman und ballte drohend seine Faust. „Ihr tut damit etwas für Euer Land!“ „Dann lasst Bernd bei Euch“, beharrte Rissan. „Wir würden uns nur gegenseitig

in Stücke reißen. Damit ist niemandem geholfen.“ „Was seid Ihr für ein Sturkopf!“, tobte Lerman und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Hier geht es um mehr als um Eure Eitelkeit! Bernd von Hofenstätt ist von hoher Geburt und wird in meinem Namen meine Braut begrüßen. Das ist das Mindeste an Ehrerbietung, die ich ihr gegenüber leisten muss.“ Lerman ließ den Umhang wieder über seinen Schwertknauf gleiten und schnaufte, als wäre er die steile Straße zur Burg hinab und wieder hinaufgelaufen. „Bei Arkan! Am liebsten würde ich Euch mit Eurer anmaßenden Art in den Kerker werfen, doch es ist zu wichtig, dass meine Braut,

ihr Hofstaat und ihre Mitgift ohne Schwierigkeiten in meiner Burg in Stadt Osruch ankommen.“ Ergeben seufzte er. „Aber, wenn es das ist was ihr wollt, so übertrage ich Euch die Befehlsgewalt über die Sicherheit dieses Unternehmens. Bernd von Hofenstätt fungiert nur als mein Abgesandter und hat sich Euch unterzuordnen. Seid Ihr jetzt zufrieden?“ Alles in Rissan sträubte sich dagegen. Selbst unter diesen Bedingungen. Doch die Gelegenheit, dass sich dieser eitle Geck nach ihm richten müssen würde, wollte er sich unter keinen Umständen entgehen lassen. Und natürlich die dreihundert Goldstücke. Langsam nickte er.

„Dann sind wir uns einig.“ Lerman hielt ihm seine Hand entgegen. Als Rissan einschlug wusste er, dass er einen fatalen Fehler beging, doch er konnte, nein, er wollte nicht mehr zurück. Der kleine Welpe in ihm jaulte vergnügt auf, als er an Bernds gedemütigten Gesichtsausdruck dachte, wenn dieser davon erfahren würde. Und nur das zählte. Im Moment jedenfalls.

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Über den Autor

Terazuma
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Ich selbst komme aus Österreich und Schreiben ist eine Leidenschaft, der ich schon seit einigen Jahren fröne. ^^ Am liebsten schreibe ich lange Fantasy-Geschichten. Dabei lasse ich meine Protagonisten durch alle Höhen und Tiefen gehen, die in einen so langen Plot nur hineinpassen. An Abenteuern, Dramatik und Romantik wird es ihnen nicht mangeln. Nur an Ruhe und Beschaulichkeit. ^^
Ich hoffe, hier auf dieser Seite auch viele andere schreibwütige Hobby-Autoren kennen lernen zu können. Auf einen regen Austausch von Kommentaren, Kritik und sämtlichen anderen Anmerkungen freue ich mich schon!

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EagleWriter Du scheinst die Hintergrundgeschichte ja ein wenig angepasst zu haben^^. Auf dieses gestohlene Was auch immer bin ich doch schon mal gespannt. Und Lynn ist, wenn die Dunkelelfen genau so gemocht werden, also mit dem Hitler dieser Welt durchgebrannt. Well.Thats totaly not going to end well.
lg
E:W
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Terazuma Hi Eagle!
Vielen Dank für deinen Kommentar!^^
Ja, der Bruhkan! Das Bestien-Relikt! Das gibt eben Stoff für einen weiteren Roman!
Und zum Glück kommt Bertrand de Marque nur dem Namen nach in dieser Story vor. Eben auch Stoff für weitere Abenteuer...^^
In dieser Geschichte widmen wir uns ganz den Sklavenminen. Etwas, das ich in der vorigen Version - Der Herold - nicht gepostet habe. Aber jetzt ist die Story fertig. Ich werde sie auch schnell hier hochladen. Habe ich jedenfalls vor.^^
Liebe Grüße
Terazuma
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Lesestoff für den Abend, gesichert^^
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Terazuma *Grummel*
Das mit den Coins geht mir auf die Nerven, dass man einer Person nur einmal in einer Woche welche geben kann... *grr*
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Know that feeling^^
lg
E:W
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