Humor & Satire
Der gemeine Wendehals

DER GEMEINE WENDEHALS

Betrachtungen über eine gar nicht mal so seltene Spezies

Dieses Exemplar des gemeinen Wendehalses, über das ich berichten muss, wurde zuerst in einem Kaff namens Würselen gesichtet und dokumentiert.

Dann verschwand es eine Zeit lang.

Jahre später wurde es wieder entdeckt.

Diesmal in einer Belgischen Stadt mit dem schönen Namen Brüssel. Es hatte sich dort unter einer Schar roter Sozialromantiker Träumer versteckt. Hatte es aber nicht versäumt sich dort ein ausgesprochen warmes und bequemes Nest zu bauen. Das Dasein dort hätte ewig so weitergehen können, doch dieses Exemplar hatte höhere Ambitionen. Also wunderte es nicht allzu sehr das der gemeine Wendehals durch allerlei lautes Geplapper und hohle Reden auffiel.

Dieses blieb auch einer verschwindend geringen Zahl geistiger Artgenossen im fernen Berlin nicht verborgen, die durch allerlei schwachsinniger Entscheidungen

in der Vergangenheit einen Großteil ihrer Bewunderer verloren hatten, und nun einen neuen unvorbelasteten Scharführer brauchten. Sie riefen laut. Und der gemeine Wendehals folgte ihrem Ruf.

Angekommen im großen Berlin fand er sich wieder unter bunten Phrasendreschern, gelben Ultrakapitalisten und grünen Blumenessern, die ihm das Leben als neuer Heilsbringer nicht gerade einfach machten. Doch am schwersten machten es ihm die schwarzen Konservator Krähen, Spottdrosseln und die Königin, der Rautenköpfigen Prachtmadame, die seit Jahren über das Wohl ihrer

ergebenen Untertanen wachte.

Der gemeine Wendehals ging zum Angriff über. Doch leider fehlten ihm die richtigen Argumente, Ideen, Visionen, und das eingestehen vergangener Fehler um das müde Stimmvieh im Lande auf seine sonnige Seite zu ziehen. Seine ganze Schar roter Sockenkräher wurde erbarmungslos durch nahezu Nichtbeachtung abgestraft. Daraufhin wurde der gemeine Wendehals ziemlich bockig. Er krakeelte heftig und laut und wollte mit seiner Schar gar nicht mehr mitmachen. Nein. Niemals. Auf gar keinen Fall. So ging sein täglich Lied.

Doch dann begann die Paarungszeit unter den bunten Vögeln. Das Balzen verlief heftig, laut, und dauerte Wochen. Leider fand sich niemand der sich mit der schwarzen Rautenmadame ein Nest bauen wollte. Das Geschrei war groß. Doch die schwarze Rabenmutter gab so schnell nicht auf. Sie lockte mit allerlei Leckereien den roten Schreihals in ihre Fänge.

Dieser nun machte seiner Gattung alle Ehre. Wo vor wenigen Wochen noch ein kategorisches „Niemals“ aus dem roten Walde klang, so schnell erschall nun ein „Aber gerne“ aus seinem bebrillten Gesicht. Die Aussicht auf Posten und

Penunsen, Ansehen und Status hatten ihm den lockeren Kopf verdreht.

Die beruflichen und privaten Beobachter dieser Spezies wunderte es,  gelinde gesagt, nicht die Bohne. Kannten sie doch solch schäbiges und schamloses Verhalten schon seit Jahren und von unzähligen Exemplaren dieser Gattung. Immer und immer wieder das gleiche Lied das sie singen.

Leider steht diese Art unter besonderem Schutz, darf weder gejagt noch vertrieben werden. Doch vielleicht findet sich mal ein Mutiger...

Waidmanns Dank, kann ich da nur sagen.

Text: harryaltona

Cover: Pixabay