Fantasy & Horror
Insane - the whole story

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"Die gesamte Geschichte in einem Buch"
Veröffentlicht am 02. Januar 2018, 376 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Wer weiß schon was "morgen" für dich bereit hält. Aktuell überarbeite ich Insane und mein Leben und möchte ersteres bald hier hoch laden.
Die gesamte Geschichte in einem Buch

Insane - the whole story

Vorwort



In diesem Buch steht die gesamte Geschichte "Insane" von Chaos_Valentin.

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Viel Spaß bei Lesen und Kommentieren.

Chaos

kapitel 1

Dunkelheit. Links, rechts, vor mir, hinter mir, über mir, unter mir. Überall. Sie umgibt mich, schleicht um mich herum, weiß nicht, ob sie angreifen soll oder nicht. Sie entschließt sich gegen einen Angriff, doch drang trotzdem in mich ein. Füllte mich aus, stärkte mich. Sie zwang mich aufzustehen, mich vorwärts zu bewegen. Ich spürte, wie etwas auf mich zu kam, doch bevor es mich erreichte, hob ich meine Hände zur Deckung, hielt es mit einem Reverse Roundhousekick auf Distanz und setzte mit einem Hacken nach. In der Faust hielt ich mein Drachenzahnmesser. Ich

traf, die Klinge drang in das weiche Etwas. Es erschlaffte und sank zu Boden. Ich hatte gesiegt, war der Stärkere. Das Gefühl breitete sich weiter in mir aus, beflügelte mich, mehr zu tun. Es zu wiederholen. Es war eine Sucht. Als Polizeiinspektor Yagami den Flur betrat, begrüßte ihn der metallische Geruch von frischem Blut. Er ging weiter durch das Wohnzimmer und in die Küche, wo das Team der Spurensicherung um zwei Leichen kümmerten. Als sie Mr. Yagami bemerkten kam einer von ihnen herüber und fasste die Situation kurz zusammen: „Der Vater lag im Wohnzimmer und war das erste Opfer.

Mutter und Tochter sind hier in die Küche geflohen. Erst wurde die Tochter, dann die Mutter ermordet. Doch die Mutter schien noch länger gelebt zu haben. Vor ihrem Tod hatte sie den Notruf gewählt.“ Yagami nickte und ging zurück ins Wohnzimmer. Ebenso wie in der Küche waren auch hier die Wände vom Blut der Opfer befleckt. Dort wo der Vater gelegen haben musste befand sich der größte Blutfleck am Boden und er schien das Zentrum zu sein, von dem alles weiter Blut abging. „Wo ist der Vater nun?“, fragte Yagami. „Er ist draußen im

Leichenwagen, tut uns leid wir mussten ihn bereits wegbringen lassen“, erklärte er Ermittler. Yagami nickte und ging zurück in die Küche. Am Hals und Oberschenkeln von Mutter und Tochter konnte der Inspektor blaue Flecken entdecken. Es war schwer sie eindeutig unter dem vielen Blut zu erkennen, doch er war sich sicher. „Wie sind diese blauen Flecken entstanden?“, fragte er. „Wir wissen nicht, ob sie von sexuellem Missbrauch stammen, aber der Vater hat sie auch, an genau denselben Stellen. Es kann auch sein, dass sie im Kampf entstanden sind. Aber eins ist sicher: der Täter ist kein Amateur, er ist ganz gezielt vorgegangen.


Kapitel 2

Es war Dunkel. Schon seit einigen Stunden. Doch das störte ihn nicht, im Gegenteil. Die Dunkelheit war auf seiner Seite, versteckte ihn, schützte ihn. Er saß auf dem Ast einer alten Kirsche, umgeben von pinken Kirschblüten. Unter ihm gingen, nichts ahnend, ein Ehepaar zusammen mit ihrem Sohn entlang. Er biss sich auf die Unterlippe. „Noch nicht. Warte bis sie drinnen sind, dann sind sie am Verwundbarsten“, redete er sich ein. Der Vater schloss auf und er und seine Familie traten in ihr Haus. Kurz darauf wurde das Licht hinter den Fenster

angeschaltet und er sah die Frau, wie sie in der Küche begann essen zu kochen. Der Mann trat von hinten an sie heran und küsste ihren Hals. Sie lachte. Wie er das Paar beobachtete füllte sich sein inneres mit Hass und Verachtung. Wie konnten sie nur glauben, ihre Welt sei so wunderbar? So heil? So perfekt? Er fühlte, wie die Dunkelheit besitzt von ihm ergriff, ihm ihre Kraft schenkte. Er sprang von dem Ast, ging über den schmalen Weg zum Haus und klingelte. Nun gab es kein Zurück mehr. Es sollte auch kein Zurück mehr geben. Sie sollten lernen, die das Leben wirklich spielt. Die Tür öffnete sich und vor ihm stand der Sohn des Ehepaares. Sie waren ungefähr

im selben Alter, doch ihre Welten so verschieden. Verwirrung trat in das Gesicht des Sohnes. Doch bevor er etwas sagen oder die Situation auch nur verstehen konnte biss sich Drachenzahn in sein Fleisch und riss ihn auf. Panik und Schmerz zerrissen des Sohnes Gesicht, doch noch immer brannte ein Funken Hoffnung in ihm. Doch sein Gegenüber kannte keine Gnade. Er trat ihm ins Gesicht, drückte den Kopf mit dem groben Stiefel zu Boden und rammte ihm noch weitere sieben Mal Drachenzahn in den Rücken. Dem Sohn blieb nicht einmal Zeit, um zu schreien. Doch kaum hatte sein Körper aufgegeben kam der Vater in den Flur. Fröhlich,

nichts ahnend. Doch als er die Situation erkannte, in die er getreten war, wich der Frohsinn aus seinem Gesicht, er ging einige Schritte rückwärts. Er wollte sich umdrehen und laufen, doch der Eindringlich war schneller. Mit einem gezielten Low-Kick auf die Kniekehle hinderte er den Vater daran zu fliehen. Dieser fiel mit einem gellenden Schrei des Schmerzes zu Boden. Seine Sehnen waren gerissen. Der Fremde stand nun über ihm mit dem Wissen, dass er gewonnen hatte. Von dem Schrei gelockt trat nun auch die Frau in den Flur. Als sie ihren Mann und ihren Sohn sah, setzte bei ihr der Schock ein. Doch sie fiel nicht in Ohnmacht, im Gegenteil, sie

hielt den Kochlöffel in ihrer Hand fester, rannte auf den Fremden zu und zielte mit dem Werkzeug auf dessen Kopf. Doch der Junge hatte sie bemerkt, blockte den Schlag ab und der hölzerne Löffel zerbrach an seinem Unterarm. Mit einem gestoßenen Frontkick in die Magenhöhle der Frau setzte er sie außer Gefecht. Dann wandte er sich wieder dem Mann zu. Dieser versuchte verzweifelt davonzukriechen. Vergeblich. Der Junge ging langsam an ihm vorbei, blieb vor ihm stehen und trat ihm mit einem Low-Kick ins Gesicht. Der Kopf des Mannes wurde weit nach hinten überdehnt, knackte laut und der Körper fiel leblos in sich zusammen.

Die Frau kam langsam wieder zu sich. Als sie ihren Mann sah, schrie sie entsetzt auf. Der Junge drehte sich um und ging auf sie zu. Sie rappelte sich auf, humpelte davon, als sie seinen Atem in ihrem Nacken spürte. Sie erstarrte, ihr Herz raste vor Angst. Ein greller Schmerz durchfuhr sie, als das Drachenzahnmesser ihren Hals aufriss und das Blut herausströmte. Als auch sie leblos zu Boden fiel, hockte der Junge sich neben sie und tippte die Fingerspitzen in ihr warmes Blut, dann begann er an der Wohnstubenwand das Blut an die Wand zu schmieren.

kapitel 3

„Polizeiinspektion Yagami? Es ist ein Mord gemeldet worden, der dem Massaker ähnelt, dass sie zurzeit ermitteln“, berichtete ein junger Polizist. Yagami nickte und fragte nach der Adresse. Kurze Zeit später stand er im Vorgarten des neuen Tatortes. Ihm fiel der Junge in der Tür ins Auge. Der leblose Körper lag in einer kalten Blutlche. Yagami war erstaunt, nicht das übliche Entsetzten in den Augen des Opfers zu sehen, sondern verwirrtes nicht verstehen. Der Junge schien keine Zeit gehabt zu haben, um überhaupt zu begreifen, was geschehen

war. „Herr Polizeiinspektor Yagami? Das sollten sie sich ansehen“, schlug ein junger Beamter aus der Spurensicherung vor und zeigte dabei mit dem Daumen auf das Innere des Hauses. „Gibt es einen Hinweis auf den Täter?“, fragte Yagami. „Es könnte durch aus sein, aber auf jeden Fall spielt dieses grausame Schwein mit uns. Sehen sie. Die beiden Polizisten waren in das Wohnzimmer des Hauses gegangen, an der gegenüberliegenden Wand war mit Blut und einer verzerrten Schrift geschrieben: 1. Kill, kill I´ve reached my

limit Nothing will stop me Nothing will settle me down … “Es scheint eine Fortsetzung zu geben“, stellte der Mann von der Spurensicherung fest. „Also wird es auch einen weiteren Mord geben“, schlussfolgerte Yagami. „Diese Zeilen sehen aus, als seien sie aus einem Song, doch zugleich scheint es seine Warnung zu sein, dass er nicht aufhören wird“, überlegte der Polizeiinspektor im Stillen. Zurück auf dem Polizeirevier saß Yagami an seinem Schreibtisch und starrte auf die Akten vor sich. Es musste neben der

brutalen Art der Morde doch eine weitere Verbindung zwischen den Opfern geben. „Sagen Sie, können sie herausfinden, was die Opfer gearbeitet haben?“, fragte Yagami seinen Kollegen Herrn Ito. Dieser nickte und verließ den Raum. Kurze Zeit später kam Herr Ito zurück. „Du hattest einen guten Riecher. Beide männlichen Opfer haben zusammen gearbeitet. In der Nervenheilanstalt Seishin no Iyashi. „Sehr interessant. Ich denke, wir sollten dieser Klinik einen Besuch abstatten“, beschloss Yagami.

Kapitel 4

Ich war allein. Die Dunkelheit schlich um mich herum, kam immer näher, verdeckte meine Sicht und betäubte meine Sinne. Wo war ich? Was geschah mit mir? Ich hatte mich in eine Ecke gekauert, die Knie an die Brust gezogen und starrte in die Dunkelheit. Doch nun stand ich auf, schob vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Parallel tastete ich mit ausgestreckten Armen vor mir in der Dunkelheit, doch meine Hände konnten keinen Halt finden. Ein Geräusch ließ mich erstarren. Was war das? Wer war das? Ein Freund oder Feind? Beinahe automatisch nahm ich die

Grundstellung des Muay Thai ein, aus der jede Technik, ganz gleich ob Verteidigung oder Angriff, heraus ausgeführt werden kann. Absolute Stille umhüllte mich. Wo war der andere? War er fort? Nein, ich spürte eine schwache Präsenz. Ich ging weiter durch die Dunkelheit. Ein weiteres Geräusch, ich verharrte, erahnte neben mir eine Gestalt. Sie kam auf mich zu, wollte mich packen doch ich wehrte den Versuch eines Angriffes mit einem gestoßenen Frontkick ab. Die Präsenz glaubte sich in der Dunkelheit verbergen zu können, doch das war ein Irrtum. Wie ein kleines Licht begann ihr Leben vor mir zu brennen. Ich näherte mich

geräuschlos, der andere besaß jedoch die Fähigkeit mich zu sehen. Ging in den offenen Kampf und auch ich bereitete mich vor. „Ah, Mr. Yagami. Sie kommen genau richtig, wir sind gerade mit der letzten Obduktion fertig und die Erkenntnisse werden jetzt ausgewertet“, wurde der Polizeiinspektor vom obersten Gerichtsmediziner Ozukawa begrüßt. Die beiden Männer gingen in einen kleineren Raum, in dem eine Frau an einem Computer arbeitete. „Sehen Sie sich das hier an, ich habe die Todesursache von jeder Leiche ermittelt und verglichen. Sie starben nicht an den Verletzungen

durch das Messer, sondern durch Blutungen im Gehirn“, erläuterte sie. Mr. Yagami sah auf den Bildschirm, konnte mit dem zu findenden Bild jedoch nicht viel anfangen. Doch die Worte der Frau waren eindeutig gewesen. „Wodurch könnten diese Blutungen entstanden sein?“, fragte er sachlich. „Durch einen harten Schlag oder wenn der Täter geschult war auch ein Tritt“, erwiderte die Frau. Polizeiinspektor Yagami saß an seinem Schreibtisch, die Hände verschränkt und den Kopf darauf gestützt. „Wenn diese armen Seelen bereits tot gewesen waren, warum musste man sie zusätzlich so sehr verstümmeln?“, überlegte er. Wer war zu

so etwas fähig? Und welche Voraussetzungen brauchte man, um jemanden so sehr gegen den Kopf zu treten, dass dieser davon starb? „Sagen Sie“, richtete er sich an seinen Assistenten, „glauben Sie, wir könnten diese Tat nachspielen? Ich will verschiedene Varianten sammeln, wie diese Todesursache eintreten konnte.“ Der junge Polizist überlegte kurz. „Man könnte eine Puppe mit Sensoren ausstatten und verschiedene Menschen dazu ziehen“, schlug er dann vor. „An was für Menschen denken Sie?“ „Ich würde Psychologen, Kampfsportler aus verschiedenen Kampfsportarten und einige die keinen Kampfsport betreiben,

aber trotzdem stark sind, dazu ziehen.“ Diese Idee gefiel Yagami und er leitete alles in die Wege.

Kapitel 5

Er saß da. Still und regungslos, sah nach links, dann nach rechts. Um ihn herum lagen die Leichen einer Familie: Vater, Mutter, Sohn. Er hatte sie kreisartig abgeordnet, obwohl es mehr einem Dreieck ähnelte. Mit ihrem Blut hatte er an die große Wand im Wohnzimmer geschmiert: 2. To you, facing the problem Is no option Cause running away Is so much easier! Refrain Kill, kill I wanna see your

blood In the end you´ll be cast out Kill, kill you´ve asked for it … Er betrachtete die blutigen Zeilen und summte eine verheißungsvolle alte Melodie. Wer hatte sie ihm beigebracht? Er schloss die Augen, versuchte sich die Gestalt vorzustellen, ihre Stimme zu hören. Doch es stand vor ihm ein stummer dunkler Schatten, der sich von ihm abwand und im grellen Licht verschwand. Hinter dem Schatten fiel eine große schwere Metalltür ins Schloss und trennte ihn von allem Leben. Er riss die Augen auf. Was das eine Erinnerung? Seine Erinnerung? Er

schüttelte den Kopf, versuchte die Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben. Der Junge stand auf, ging durch den Raum, durch eines der Schlafzimmer, in dessen Mitte stand ein in Blut getränktes Bett, und weiter in ein Bad. Dort zog er die zerrissene und von alten und frischen Blutsflecken bedeckte Zwangsjacke aus. Auch die ehemals weiße Hose ließ er zu Boden fallen. Vor ihm stand sein Spiegelbild – das erste Mal seit Jahren, dass er sich selbst sah. Sein Körper war vernarbt, muskulös, doch auch der Hunger hatte seine Zeichen gesetzt. Er wandte sich ab und stieg unter die

Dusche. Polizeiinspektor Yagami und sein Assistent saßen gegenüber einer hölzernen Tür und warteten darauf, hinein gerufen zu werden. Es war schon spät, doch sie waren froh, überhaupt einen Termin bekommen zu haben. Nach einer weiteren halben Stunde öffnete sich endlich die Tür und ein älterer Herr bat die Polizisten in das Büro. Der Leiter der Nervenheilanstalt Seishin no Iyashi – Mr. Himura. „Vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen konnten“, eröffnete Mr. Yagami das Gespräch. „Natürlich, wie kann ich ihnen helfen. Geht es um einen Patienten?“, entgegnete der hilfsbereite

Klinikleiter. Der Polizeiinspektor verschwendete keine Zeit und nahm einige Fotographien aus seinem Aktenkoffer. Er legte sie eben einander auf den Schreibtisch und fragte: „Erkennen Sie diese Männer? Angeblich sollen sie hier gearbeitet haben.“ Mr. Himura betrachtete jedes Bild für sich, nach dem letzten hob er den Kopf und nickte. „Ja, sie sind alle Fach oder Oberärzte hier in der Klinik, was ist mit ihnen?“ Mr. Yagami überlegte, ob er den Leiter einweihen sollte. „Nun, sie sind Opfer eines Serienmörders geworden. Gibt es etwas, an dem sie alle gemeinsam gearbeitet haben oder hatten sie einen gemeinsamen Feind?“, eröffnete er dann.

Die Augen des Klinikleiters weiteten sich ungläubig. „Oh mein Gott“, mehr brachte er nicht heraus, sondern hielt sich eine Hand vor den Mund. Dann raufte er sich durch die Haare, sah auf seinen Schreibtisch und dachte nach. „Ein gemeinsamen Feind, sagen Sie?“, murmelte der Mann. Yagami überlegte, ob mit ihm alles in Ordnung sei und beobachtete sein gegenüber genau. Dieser schüttelte seinen Kopf. „Ich kann mir niemanden vorstellen, der diese Männer als ihren Feind ansehen könnte, wobei…“, er stockte kurz, „warten Sie, es gab ein Projekt an dem sie, einige weitere Kollegen und ich gearbeitet haben“, wieder eine Pause, ein seufzen, „

die psychologische Behandlung und Betreuung von Chaos Valentin.“

Kapitel 6

Was…was war das? Etwas Nasses klebte an meinem Körper. Egal, wie sehr ich versuchte mich davon zu befreien, es gelang mir nicht. Irgendwann gab ich auf, es schien nicht gefährlich zu sein. Doch nun begann das unbekannte die Kälte an zu ziehen und mein Körper begann zu zittern. Ich kroch umher, auch wenn die Dunkelheit noch immer meine Sicht stahl, so war mir doch der Tastsinn geblieben. Meine linke Hand stieß gegen etwas Weiches. Zuerst zuckte ich zurück, dann erforschte ich, was es sein könnte. Es musste eine Art von Kleidung sein. Ich nahm es und streifte es über mich.

Wohlwollende wärme breitete sich langsam aus. Ich stand auf, suchte tastend meinen Weg, bis mich ein frischer aber dennoch nicht unangenehmer Wind empfing. Ich folgte ihm. Meine Füße berührten etwas nasses Kitzelndes. Gras. Ich roch die Schönheit des beinahe vergangenen Frühjahres. Ich schloss die Augen, atmete tief ein und stellte mir den Ort vor, an dem ich nun stand. Vielleicht war es eine Wiese oder auch ein Park. Kirschbäume säumten diesen geschützten Platz. Irgendwo brachen kleine Wellen am Rande eines Sees. Polizeiinspektor Yagami zog die Stirn

kraus. Gerade wollte er nach der Bedeutung des letzten Satzes fragen, da klingelte sein Handy. „Entschuldigung, bitte“, mit diesen Worten verließ er den Raum. Noch in der Tür meldete er sich: „Ja, was gibt´s?“ Er war nicht lange vor der Tür geblieben, lediglich eine oder zwei Minuten, dann kam er aufgebracht in den Raum zurück. „Ich hoffe, wir können uns ein weiteres Mal treffen, damit sie mir von diesem Chaos Valentin erzählen. Wir müssen nun leider los, es ist ein Notfall“, erklärte Yagami und bedeutete seinem Assistenten, Mr. Himura eine Visitenkarte zu geben und ihm dann zu folgen. „Was ist denn Vorgefallen?“, wollte der

junge Polizist wissen, als sie im Auto saßen und zügig durch die Stadt fuhren. „Es wurde ein weiterer Mord gemeldet“, antwortete Yagami knapp. Sein Assistent zog die Luft tief ein. Er schien diesem Fall nicht ganz gewachsen zu sein, doch momentan konnte Yagami darauf keine Rücksicht nehmen. Er hatte den Beruf gewählt, dann musste damit klar kommen. Sie erreichten die Adresse und stiegen aus dem Wagen. Spurensicherung und Gerichtsmediziner waren bereits Anwesen. Yagami betrat den Flur, packte den ersten von der Spurensicherung, der ihm entgegen kam und verlangte von diesem den Sachverhalt. „Kommen Sie,

die Leichen liegen im Wohnzimmer“, erwiderte der junge Mann. Die Polizisten folgten ihm. Yagami durch fuhr ein kalter Schauer, als er die kreisförmig angeordneten Leichen sah. „Wir wissen noch nicht, ob der Täter ein Ritual vollzogen hat oder sie nur so dort hingelegt hat. Es gibt außerdem weitere Textpassagen aus Blut dort an der Wand“, berichtete der Mann. Yagami sah zu der Wand, an dem jemand Fotos von der blutigen Botschaft machte. „Notieren Sie sich diese Zeilen und ermitteln sie auch die anderen“, wies der Polizeiinspektor seinen Assistenten an, der sofort einen Notizblock aus der Tasche kramte. „Wen sprichst du damit

an?“, fragte Yagami sich innerlich. „Es gibt einen weiteren Hinweis, der für diesen Mörder aber sehr ungewöhnlich ist“, riss der Mann von der Spurensicherung Yagami aus den Gedanken. „Was denn?“, wollte dieser wissen und folgte dem anderen durch das Haus. „Nun, wir sind nicht sicher, ob er es war, aber jemand hat hier geduscht und eine Nachricht am beschlagenem Spiegel hinter lassen. Sie passt zum Schriftbild im Wohnzimmer“, erklärte der Mann. Sie betraten das Bad. Es war noch war und die Luftfeuchtigkeit hoch. „Hier sind Bilder der Nachricht“, sagte eine Frau und reichte Yagami eine

Kamera. Wieso ist alles schwarz? All die Jahre habe ich getan, was ihr verlangtet Wieso darf ich noch immer nicht frei sein? Frei von schmerz?

Kapitel 7

Polizeiinspektor Yagami starrte auf die Bilder vor ihm. Auf beinahe jedem Bild waren Leichen zusehen, auf einigen aber auch die blutigen Botschaften des Mörders. Er legte alle Fotos mit Texten neben einander und begann das Schriftstück zu kopieren. 1. Kill, kill I´ve reached my limit Nothing will stop me Nothing will settle me down 2. To you, facing the problem Is no option

Cause running away Is so much easier! Refrain Kill, kill I wanna see your blood In the end you´ll be cast out Kill, kill you´ve asked for it Daneben schrieb er die Botschaft vom Spiegel. Wieso ist alles schwarz? All die Jahre habe ich getan, was ihr verlangtet Wieso darf ich noch immer nicht frei sein? Frei von schmerz?

Doch zuerst widmete sich Yagami dem Text geschrieben aus Blut. Er war wie ein Song angeordnet, stellte der Beamte fest. Beide Strophen bestanden aus vier Zeilen und der Refrain aus drei. Doch keine der Strophen besaß ein festes Reimschema. Yagami runzelte die Stirn und bat seinen Assistenten zu sich. „Schauen Sie sich diesen Text an. Was fällt Ihnen auf?“, wies er den jungen Mann an. Dieser durchfuhr die Zeilen und Konzentration legte sich auf sein Gesicht. „Also, der Refrain wirkt unvollkommen, als würde eine Zeile fehlen. Und ich denke der Mörder kannte

die Opfer bzw. von jedem Tatort mindestens eines. Er spricht diese Person in den Zeilen der zweiten Strophe an. Er stellt sie als feige hin, sie laufen vor ihren Problemen davon“, analysiert der Assistent. Yagami schrieb unsauber mit, fügte dann hinzu: „Ja und in der ersten Strophe scheint er zu beschreiben, dass seine Psyche gebrochen ist und er deshalb mordet. Im Refrain sieht man zudem, dass er zu diesem Zeitpunkt ans Morden gewöhnt ist. Er verfällt einem Blutrausch und beschuldigt seine Opfer. Doch die Botschaft vom Spiegel passt da nicht zu.“ Dabei tippte Yagami auf die Abschrift vom Spiegel. Es klopfte an der Tür. „Herein.“ Eine

Frau trat ein. „Entschuldigung die Störung. Mein Name ist Amaya Fujikage, Neuropsychologin.“

Kapitel 8

Ich hatte mich nie gefragt, warum mich die Dunkelheit umgab und sich weigerte mich sehen zu lassen. Ich wusste nicht einmal, ob ich jemals hatte sehen können. Es war für mich normal. Doch seit einiger Zeit fragte ich mich, wie die Welt der Farben und Konturen aussah. So wie jetzt auch. Wie sah Gras aus? Oder die Blüte eines Kirschbaumes? Ich hatte sie lediglich fühlen oder riechen können. Eine Träne lief über meine Wange und brannte sich in die kalte Haut. „Hey du, ist alles in Ordnung?“, fragte Zecke unsicher. Der Junge vor ihm

schien ihn nicht zu sehen, doch als er die Stimme hörte zuckte er zusammen. Zecke bemerkte die Träne, die seinem Gegenüber die Wange hinunter lief. Der Junge schien verwirrt zu sein. „Hast du dich verlaufen?“, fragte der Punk weiter. Der Junge sah sich um, nickte zögerlich. „Wo wohnst du?“ Ein Schulterzucken als Antwort. Zecke dachte nach. Er betrachtete den Jungen. Er musste, wie er selbst, 18 Jahre alt sein oder zu mindestens ungefähr so alt. Er trug eine zerrissene weiße Hose und eine ebenfalls zerrissene Zwangsjacke. Hatte er sie irgendwo gefunden? Oder war er aus einer Psychiatrie entflohen? Auf den Klamotten und dem Gesicht seines

Gegenübers waren dunkle Flecken eingetrocknet. „Komm, du kannst erstmal mit zu mir und dir frische Klamotten anziehen“, bot der Punk an. Er bemerkte, wie der Junge zögerte, doch dann trat er einen unsicheren Schritt auf Zecke zu. Dieser nahm ihn am Arm und führte ihn durch die Straßen. Weg vom Park und den Hauptstraßen, wo viele Menschen waren und hinein in die verworrene Welt der Gassen und Hinterhöfe. An verstecken Lokalen und Händlern vorbei. Sie alle schienen Zecke zu kennen und niemand hinterfragte seinen Schützling. „Hast du auch einen Namen?“, fragte Zecke nach einer Weile. Der Junge sah in seine Richtung und schüttelte den Kopf,

dann zeigte er auf den Punk. „Weißt du, ich habe auch keinen Namen, aber alle nennen mich Zecke“, erklärte dieser. „Für dich finden wir bestimmt auch noch einen passenden Namen.“ Zecke bemühte ruhig und sicher zu wirken, damit der Junge nicht noch mehr verunsichert wurde. Je weiter sie gingen, desto weniger Menschen trafen sie, irgendwann lichteten sich die Straßen und sie traten auf eine verlassene und verwachsene Straße, auf deren anderer Seite ein mit Efeu bewachsener Zaun stand. Er zog sich soweit man sehen könnte in beide Richtungen und in regelmäßigen Abständen warnten Schilder, das

Betreten der anderen Seite sei verboten. Zecke ging auf den Zaun zu und schob eine alte Palette zur Seite. Dahinter kam ein Loch im Zaun zum Vorschein, durch welches die beiden Jungen stiegen. Danach zog Zecke die Palette wieder zurück. Der Junge mit der Zwangsjacke zupfte an seinem Ärmel und als der Punk sich zu ihm umsah sprach er sein erstes Wort: „Wo?“ Zecke war erstaunt. Die Stimme war zittrig und doch erkannte er die dunkle Schönheit dahinter. „Wo wir sind?“, fragte er. Der Junge nickte. „Wir sind in der Sperrzone. Wer auch immer hinter dir her ist wird dich hier nicht finden. Es ist unser zu Hause“, erklärte Zecke und führte den Jungen weiter in

den ehemaligen Stadtteil. Es war absolut still, lediglich die Natur sang ihr Lied.

kapitel 9

„Mrs. Fujikage, vielen Dank, dass Sie kommen konnten. Setzten Sie sich“, begrüßte sie Mr. Yagami und deutete auf einen Stuhl. „Ich habe gehört, es geht um meine Kollegen?“, fragte sie junge Dame, während sie sich setzte. „Wir haben mit Mr. Himura, Ihrem Vorgesetzten gesprochen. Es geht um den Aktuellen Fall, einen Serienmörder“, erklärte der Polizeiinspektor und reichte Mrs. Fujikage die Abschriften der blutigen Botschaft und der vom Spiegel. „Was kann man von diesen Texten auf die Person dahinter schließen?“ Sie laß beide Texte aufmerksam durch. „Haben Sie das

Original?“ „Fotos, ja. Da an jedem Tatort Fragmente gefunden worden waren.“ Ein Zeichen und der Assistent legte die Beweisfotos auf den Tisch. „Gut, die Texte sind nicht zu hoch an der Wand geschrieben, dass bedeutet der Täter ist ungefähr 1,70 – 1,80 Meter groß. An der Schrift selbst erkennt man, dass er wütend war und auch einen klaren Hass gegen die Opfer hatte. Das zeigt auch dieses Bild, “ sie tippte auf ein Foto von den im Kreis angeordneten Leichen, „dort sieht man, dass er in der Mitte gesessen hat und nicht sofort gegangen ist. Er genießt das Resultat. Aber in dieser Notiz vom Spiegel ist es anders. Er ist nachdenklich, zweifelt und ist

vielleicht sogar verwirrt“, ermittelte die Neuropsychologin. Yagami kritzelte mit. Dann meinte er: „Mr. Himura erwähnte jemanden namens Chaos Valentin. Waren Sie darin verwickelt?“ Bei dem Namen zuckte Mrs. Fujikage zusammen. „Ja, ich war an diesem Projekt beteiligt, wieso?“, fragte sie. „Könnte er zwischen 1,70 und 1,80 Meter groß sein und wissen über Matial Arts Techniken verfügen?“, fragte Yagami konkret. „Die Größe stimmt, aber ich bin mir nicht sicher, ich meine bevor er eingewiesen wurde hatte er Muay Thai gemacht“, antwortete sie unsicher. „Muay Thai?“ „Ja, eher bekannt als Thaiboxen. Es ist auf jeden Fall eine Art des Matial Arts.“ „Und wo ist er jetzt?

Er sollte nach Kyoto gebracht werden, da unsere Behandlung nicht gewirkt hat, aber er hat die Wärter überwältigt und ist geflohen“, gab Mrs. Fujikage schuldbewusst zu. „Also haben wir einen Verdächtigen!“, rief Yagami aus. „Wir brauchen diese Idee mit der Puppe nicht mehr. Sagen Sie den Männern Bescheid“, wandte er sich an seinen Assistenten. Dann bat er Mrs. Fujikage mit ihm zu kommen, um ein Fahndungsbild zu erstellen.

kapitel 10

Ich konnte hören, wie wir uns von der lauten und unruhigen Stadtmitte entfernten und wie die Natur sich ihren Weg bahnte. Vögel sangen und fühle wärme auf meinem Gesicht. Wieso folgte ich dieser fremden Stimme? Wäre es nicht sicherer die Person zu töten? Aber er war freundlich. Hatte mich nicht sofort verurteilt. War er vielleicht so wie ich? Seine Aura hob sich deutlich von der Dunkelheit hab und es schien, als ginge von ihm eine warme positive Energie in Form von Licht aus. Ich konnte keine Spur von Hass oder Angst gegen mich spüren. Deshalb beschloss

ich, ihm zu folgen. Es war nett von ihm, dass er auf mich wartete und er geduldig war, denn ich sah mich immer wieder um – wobei ich mich ehr im Kreis drehte, um die Aura meiner Umgebung zu spüren, Nachdem wir durch etwas hindurchgekrochen waren stellte ich fest, dass die Natur endgültig die Oberhand gewonnen hatte. Ich tastete nach dem Jungen und zupfte an etwas von dem ich hoffte es wäre sein Arm, „Wo?“, fragte ich und erschrak aufgrund meiner eigenen Stimme. Ich hatte schon so lange nicht mehr gesprochen. Hörte ich mich wirklich so an? Er erklärte mir, wir seien im Sperrgebiet. Ob er wohl wusste, warum

dieser Teil der Stadt gesperrt ist? Doch ich verwarf den Gedanken ihn zu fragen. Nachher hat er doch nur Angst. Wir gingen weiter, bis wir einen Ort mit hohen und weiten, aber verfallenen Räumen betraten. Ich hörte Stimmen und ortete die Aura von drei Personen, die sich uns näherten. Ihre Energie war ähnlich wie Zecke´s. „Hey Zecke, wen hast du da mitgebracht?“, fragte einer von ihnen. „Er hatte sich im Park verlaufen und hat niemanden zu dem er kann, deshalb hab ich ihm angeboten, dass er hier bleiben kann“, erklärte Zecke. „Magst du dich vorstellen?“, er dann mich. Schüchtern trat ich einen Schritt zurück und wand den Kopf ab.

„Ist ok, komm mit. Du brauchst erst einmal andere Klamotten“, ging Zecke auf mich ein, wofür ich ihm dankbar war. Die Anderen schien es nicht zu stören, dass ich nicht reden wollte. Zecke und der Junge ging durch an den Anderen vorbei. Die Drei waren die Wache vor dem Haupteingang eines alten Hotels. Drinnen waren Teile des Empfangs abgesackt und standen Unterwasser. Auch das ehemalige Glasdach war nur noch ein Gerippe, durch welches Bäume und Rankenpflanzen wuchsen. Die Jungen gingen zu einer Leiter, kletterten in den ersten Stock und gingen dort einen

langen Gang mit starkem Gefälle entlang. Am anderen Ende führte eine alte Feuertreppe zwei weitere Stockwerke hinauf. Im Stockwerk betraten sie einen Raum dessen Wände übersät waren von wirren Kritzeleien und Texten. In der Mitte des Raumes saß eine junge Frau in einen nicht ganz sichtgeschützten Yukata und meditierte. Zecke klopfte leise an den Türrahmen. Sie bemerkte ihn und öffnete die Augen langsam. „Hey Raity, wir haben einen Neuen. Dürfte ich ihn unter deine Obhut stellen?“, begrüßte er sie leise. Elegant stand sie auf, zog eine lange Opiumpfeife aus der Innentasche des Yukata´s und nahm zwei kurze Züge

davon. Dann stieß sie den Rauch in die Luft und ging lautlos auf den Jungen zu. Sie umkreiste und begutachtete ihn, dann hauchte sie mit ihrer rauen und verführerischen Stimme: „Verrätst du mir deinen Namen?“ Der Junge wand nervös den Kopf ab. „Ich glaube, er hat ziemlich was mitmachen müssen. Er hat bis jetzt nur ein Wort gesprochen“, erklärte Zecke. Wissend zog Raity die Augenbrauen hoch. Sie strich eine strähne ihres langen schwarzen Haares hinter ihn Ohr, dann ging sie den Flur entlang. „Komm, du brauchst andere Klamotten.“ In einem anderen Raum befanden sich ausschließlich Klamotten und Schuhe.

Raity strich mit einem Finger über die Klamotten in den Regalen, während sie etwas Passendes suchte. Dann zog sie eine rote und eine blaue tartan Hose heraus und hielt sie beide vor den Jungen. Sie hatte längst bemerkt, dass er nichts sehen kann und fragte: „Konntest du einmal Farben sehen?“ Nach kurzem Zögern schüttelte er den Kopf. Sie nippte erneut an ihrer Pfeife. „Ich denke, dir steht rot. Nicht wahr Zecke?“, meinte sie dann. „Ja rot passt zu dir“, bestätigte der Punk ihre Vermutung. Zu der Hose suchte Raity ein schwarzes T-Shirt und ausgetretene Stiefel mit ebenfalls roten Schnürsenkeln. Dann ging sie mit den Worten: „Ich lass euch dann allein,

Jungs.“ „Soll ich dir helfen?“, fragte Zecke. Der Junge nickte unsicher und sah sich um. Zecke überlegte, was er sah, fokussierte dann aber auf die Klamotten. „Nicht erschrecken, ich öffne deine Jacke“, warnte er den Jungen und begann die Schnallen am Rücken zu öffnen. Dann zog er die Jacke über Kopf und Arme des Jungen. Er zuckte zusammen, als Zecke´s kalten Hände seine Haut berührten. Der Punk entschuldigte sich, da fiel sein Blick auf die zahlreichen Blessuren auf dem Rücken des Jungen. Er schwieg jedoch und zog ihm das frische Shirt über.

Kapitel 11

Das Bild zeigte einen Jungen mit langen schwarzen Haaren und blasser Haut. Seine Augen waren gefährlich leer und milchig weiß. Er grinste den Fotographen höhnisch und verachtend an. Er trug eine weiße Zwangsjacke, mit der seine Arme gefesselt waren. „Sie brauchen kein Phantombild erstellen, ich habe das Foto von der jährlichen Untersuchung mitgebracht“, erklärte Mrs. Fujikage und reichte Yagami das kleine Bild. Dieser betrachtete es eine Weile und fragte dann: „Was ist mit seinen Augen?“ „Nun, ich bin erst neu an dem Projekt beteidigt, aber er ist Bild. Ich weiß nur nicht wie

es dazu kam“, erklärte die Neuropsychologin. Yagami runzelte die Stirn. „Und wie soll er dann bitte diese Menschen ermordet haben?“ „Bitte unterschätzen Sie ihn nicht. Er ist nicht einfach blind. Er hat eine eigene Technik entwickelt, mit der er sich in seiner Umgebung fortbewegen kann, als könnte er sehen. Wir vermuten, dass er auf Schallwellen reagiert“, meinte die junge Frau. Der Polizeiinspektor nickte nachdenklich. „Dann könnte es durch aus sein, dass er zwischen normalen Menschen gar nicht auffällt“, überlegte er dann. „Nein, das stimmt nicht. Ich weiß zwar nicht genau, warum er bei uns eingewiesen wurde, aber das einzige an

das er denkt ist zu töten und immer wenn jemand den Raum betrat hat er versucht ihn zu verletzten. Er könnte nicht in einer Menge stehen ohne zu mindestens eine Person anzugreifen“, widersprach Mrs. Fujikage. Yagami war überrascht. Sie hatten es mit einem Psychopathen zu tun. Schnapp, schnapp, schnapp. Das Geräusch war neu, aber leise und erträglich. Es war dicht an meinem Ohr. Schnapp, schnapp, schnapp. Jetzt vor meinem Gesicht. Dieses Mädchen- Raity- sie sagt ich muss anders aussehen, damit ich nicht erkannt werde. Ich durfte zum ersten Mal selbst entscheiden, wie ich

aussehen wollte. Die Seiten ganz kurz der Mohawk lang. Aber die Farben überlasse ich ihr, ich weiß nicht wie sie aussehen. Ein Brummen an meinen Ohren, nun sind die Haare ganz kurz. Ein schönes Gefühl. Sie wäscht mir auch die Haare, sehr vorsichtig, als sei ich zerbrechlich. So ist noch nie jemand mit mir umgegangen. Ich atmete tief ein, wieso fühlte ich mich hier so wohl? Geborgen- nennen einige dieses Gefühl. „Nun kommt die Frabe. Ich habe mich für rot und schwarz entschieden“, erklärte Raity. Sie hatte eine schöne Stimme. Sie kannte diese Situation, die in der ich mich befand. War sie vielleicht wie ich? Nein, niemand war wie ich.

Zecke stand in der Tür und beobachtete Raity, wie sie dem Jungen die restliche Farbe aus den Haaren wusch. Die Angst schien langsam von seinen Schultern zu fallen. Aber wer war er? Und wieso hatte er diese Zwangsjacke getragen? Sie war nass und mit Blut befleckt gewesen, als er den Jungen im Park getroffen hatte. Der Punk schüttelte die Gedanken aus seinem Kopf. Hier ist die Vergangenheit egal. Jeder darf hier leben. „Hey Raity, bist du fertig mit der Farbe?“, fragte er die 17 – Jährige. Sie nickte und verstand die Botschaft. „Zecke wird dir mit den Klamotten helfen. Bis später“, erklärte

sie dem Jungen. Als sie den Raum verlassen hatte ging Zecke auf den Jungen zu. „Hey, rot steht dir“, meinte er und nahm das schwarze T-Shirt, das Raity ausgesucht hatte. Der Junge sah in seine Richtung. „Zecke?“ Die Stimme zitterte nicht mehr, sie war dunkel und Zecke erkannte, dass dieser Junge besonders war. „Ja, ich bin hier“, antwortete er mit sanfter Stimme und hockte sich neben den Jungen. Dieser streckte vorsichtig seine Hände nach Zecke´s Gesicht aus. Der erste Impuls wollte den Punk drängen, zurück zu weichen, doch er bewegte sich nicht. Vorsichtig tatsteten die Hände übe sein Gesicht, seine Augen, Nase, Lippen und

Kiefer. „Du bist schön“, stellte der Junge fest. Zecke war überrascht. Er hatte diese Bemerkung nicht erwartet. „Du hast auch ein schönes Gesicht. Dein Name passt bestimmt zu dir“, versuchte Zecke den Jungen zum Reden zu bewegen. Doch er sah schüchtern zur Seite. „Ist alles ok?“, fragte der Punk. Langes Schweigen. „Sie sagen mein Name ist wertlos.“ Zecke war überrascht. „Das glaube ich nicht. Jeder Name ist wertvoll. Aber er kann ja dein Geheimnis bleiben und wir finden hier, passend zu deinem Neuanfang, einen neuen Namen für dich“, schlug er vor. Der Junge sah ihn hoffnungsvoll an und nickte. Dann half Zecke ihm, die neuen Klamotten

anzuziehen. „Wäre es für dich in Ordnung, unseren Arzt zu besuchen?“, fragte Zecke, als sie den Gang entlang gingen. Der Junge blieb abrupt stehen und der Punk erkannte die Angst in seinen Augen aufflammen. „Er ist nicht wie die Anderen, sondern wie Raity und ich“, erklärte Zecke.

Kapitel 12

„Gut, ich werde den Beteiligten Ermittlern Bescheid geben, dass sie vorsichtig sein müssen. Außerdem werde ich noch einmal zu Mr. Himura fahren, um ihn weiter über diesen Chaos zu befragen“, erteilte Yagami und überlegte, wie sie dem Täter auf die Spur kommen konnten. Eine halbe Stunde später saßen Yagami und sein Assistent vor der Tür zu Mr. Himura´s Büro. Nach kurzer Zeit wurden sie hinein gebeten und von dem besorgten Klinikleiter empfangen. „Es geht um diesen Chaos Valentin, von dem sie bei unserem letzten Treffen

gesprochen haben. Ist er hier in der Klinik?“, begann Yagami das Gespräch zielstrebig. „Nun, er war hier eingewiesen, ja. Allerdings ist es ihm vor einigen Tagen gelungen, während einer Transferfahrt auszubrechen“, gestand der Leiter der Klinik. Yagami fiel beinahe die Kinnlade hinunter. „Und das melden Sie nicht?“ „Nun ja, es war noch hier auf dem Gelände und wir hatten uns erhofft ihn zu finden.“ „Lassen Sie mich raten: er ist nicht aufzufinden?“, Yagami schäumte vor Wut. Mr. Himura nickte resigniert, Yagami massierte sich mit Daumen und Ringfinger die Schläfen. „Gut, wir geben das sofort an die Zentrale weiter“,

wandte sich der Polizeiinspektor an seinen Assistenten, dann fragte er Mr. Himura: „Wann ist er ausgebrochen und wo?“ „Es war vor sechs Tagen, das muss der 19.03.2016 gewesen sein. Gerade bei der Öffnung des südlichen Tores hat er die Werter angegriffen und ist geflohen“, schilderte Himura. Yagami überlegte. „Wieso ein Samstag?“ „Nun ja, es ist besser solche Transporte nicht in der Woche zu planen, da am Wochenende die Straßen freier sind.“ Der Polizeiinspektor atmete tief ein, dann kramte er das zuvor erstellte Fahndungsbild aus seiner Tasche. „Trifft das Bild zu?“, fragte er dann den Klinikleiter. Dieser nickte. „Woher haben

sie dieses Bild?“, wollte er dann wissen. „Eine Angestellte von Ihnen, Mrs. Fujikage, kooperiert mit uns und ist überzeugt, dass der Täter auf sie hören könnte“, informierte Yagami Mr. Himura. „Achso, jetzt wo sie es sagen, ja. Mrs. Fujikage war die einzige Person, die Chaos nicht angegriffen hat“, erinnerte sich Himura. „Sagen Sie, wieso eigentlich Chaos Valentin? Das wird ja kaum sein richtiger Name sein“, fragte Yagami unvermittelt. „Als er damals hergebracht worden war, stand dieser Name auf der Rückseite seiner Jacke und Chaos war lange Zeit das einzige Wort, das er gesprochen hat“, erklärte der Klinikleiter. Yagami nickte. „Gut, Sie

haben uns sehr weiter geholfen. Vielen Dank. Wir melden uns, wenn wir noch weitere Fragen haben“, meinte Yagami und verließ zusammen mit seinem Assistenten das Gebäude. Wir betraten einen Raum, der nach Desinfektion und Medizin roch. Ich konnte wie groben Strukturen erkennen. Der Raum war lang und breit und an einer Seite gab es hohe Fenster. Plötzlich flackerte rechts neben mir ein Licht auf, so wie links das von Zecke flackerte. „Hey Zecke, wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte diese neue Person. „Ich hab´ ihn im Park getroffen und er wird von heute an hier leben. Sag mal

kannst du dir mal seine Augen anschauen? Er sieht nichts, aber die Iris ist nicht so milchig wie bei anderen Blinden“, bat Zecke. Sie sprachen über mich, über meine Augen. Die Worte vermischten sich zu einem lauten, tosenden Sturm. Schwollen immer weiter an und drohten mich in ihrer Flut mit sich zu reißen. Ich hatte nach Zecke´s T-Shirt gegriffen, um einen Halt zu finden. Doch das T-Shirt zerfloss in meiner Hand, änderte seine Textur, ging ebenfalls über in die Flut aus Worten. Ich beugte mich vorn über, versuchte die Worte zum Schweigen zu bringen, kauerte mich auf dem Boden zusammen und einen Halt zu finden, doch es half

nichts. Die Wellen der Dunkelheit, die nun nicht mehr mein Freund war, rissen mich fort von der Realität, fort von diesen Menschen, die keine Vorurteile mir gegenüber hatten. „Klar ich schau es mir gleich mal an“, willigte der Arzt ein. „Ach ja, das ist Smoke, unser Arzt“, meinte Zecke zu dem Jungen und stellte fest, dass dieser ein wenig taumelte. „Hey, was ist mit dir? Ist dir schwindelig?“, fragte Smoke. Der Junge reagierte nicht, beugte nicht nach vorn über. Zecke nahm ihn am Arm, damit er nicht umfiel, doch in diesem Moment kauerte sich der Junge auf den Boden, hielt sich die Ohren zu und

schrie. Auch Zecke und Smoke hielten sich instinktiv die Ohren zu, doch sofort versuchten sie, den Jungen zu beruhigen. Auch Raity und einige andere waren, von den Schreien alarmiert, zur Krankenstation gekommen. Der Junge schrie immer wieder, zuckte zusammen als Zecke ihn berührte, doch plötzlich begann er zu schwanken und fiel zur Seite. Smoke überprüfte Atmung und Puls und stellte dann fest: „Er ist bewusstlos.“ Zecke sah ihn besorgt an, dann forderte Smoke ihn und einen der anderen auf, ihm zu helfen den Jungen auf eines der Betten zu legen. „Was war das eben?“, fragte Zecke und beobachtete mit Sorge den Jungen. „Eine

Panikattacke. Es kann sein das er sich an irgendwas erinnert hat, durch die Gerüche hier im Raum oder ähnliches und hat es nicht ausgehalten“, erklärte Smoke. Die beiden Punks saßen neben dem Bett des Jungen und beobachteten ihn. Raity kam dazu, setzte sich auf die Bettkante und stricht dem Jungen die Haare aus dem Gesicht. „Er musste lange leiden“, sagte sie dann. Zecke war überrascht. „Woher weißt du das?“ Raity drehte sich zu dem Punk um und sah ihm in die blauen Augen. „Er hat Angst vor diesem Raum, also hat er Angst vor Ärzten und Medizinischen Untersuchungen. Außerdem ist sein Kopf vernarbt, sie haben versuche an ihm

durchgeführt“, erklärte die 17 – Jährige. Zecke und Smoke sahen sich an und es war klar, dass sie ihm helfen mussten.

Kapitel 13

Die Nacht hatte die Stadt in ihren Bann gezogen. In der Ferne rauschte der Verkehr, gelegentliches Hupen, durchdrehende Reifen. Zecke saß noch immer neben dem Bett des Jungen, der noch immer nicht erwacht war. Doch die Müdigkeit umarmte ihn, erschwerte seine Lieder und ließ ihn letzten Endes einschlafen. Ich war noch immer gefangen von dieser abgrundtiefen Dunkelheit, Wieso hatte sie sich gegen mich gestellt? Sie war doch mein Freund. Langsam fand ich wieder halt unter meinen Füßen, konnte

stehen, konnte durchatmen. Meine Kleidung war völlig durchnässt und ich begann zu frieren. Ich wurde umhüllt von einer warmen, freundlichen Dunkelheit, vor der, die ich kannte. In der Ferne schien schwach ein Licht. Kalt und Abweisend. Ich ging trotzdem darauf zu und je näher ich kam, desto mehr konnte ich das Bild erkennen. Ich sah durch die Augen eines anderen, sah eine weiße Decke über mir. Es beute sich eine Frau über mich, eine Spritze in der Hand. Ich wollte zurückweichen, doch es ging nicht. Ich wurde von etwas festgehalten. Sie kam immer näher, mein Auge fokusierte auf die Nadel der Spritze, bis diese kurz vor meinem

Augapfel inne hielt. Ich wollte den Kopf abwenden, die Augen verschließen, doch es ging nicht. Ich war wie gelähmt. Er schrak hoch, sah sich verwirrt um. Die Dunkelheit wollte ihn noch immer nicht sehen lassen, doch er fühlte, dass Zecke neben ihm war. Er fühlte auch den ruhigen, gleichmäßigen Puls, der verriet, dass der Punk schlief. Vorsichtig schob der Junge die Decke von sich und setzte einen Fuß nach dem anderen auf den Boden. Er drückte sich vom Bett ab und stand unsicher da. Sein Kopf war noch immer benommen und er taumelte die ersten Schritte, doch langsam fing sich sein Körper und er schlich aus dem

Raum. Als er nach draußen auf den Flur trat, strich ein milder Wind um sein Gesicht und die Erinnerungen an den Traum schlichen in seinen Kopf zurück. Er hatte diese Frau zuvor schon einmal gesehen. Es schien weniger ein Traum, mehr die Erinnerung an seine Vergangenheit gewesen zu sein. Er ging weiter durch die Flure bis er nach draußen in die Nacht trat und folgte den Geräuschen in Richtung Stadt.

Kapitel 14

Ein kleines blaues Licht flackerte vor mir auf. Ein Irrlicht. In den Geschichten erzählt man sich, dass sie verlorene Wanderer von ihrem Weg weisen und in die Irre führten, doch ich hatte schon längst meinen Weg verlassen und egal wie weit ich zurück sah, ich würde ihn doch nie wieder finden. Diese kleinen Lichter halfen mir durch die undurchdringliche Dunkelheit und waren mein neuer Weg. Ein Irrlicht nach dem anderen flackerte auf und ich folgte ihnen, doch als ich zurück sah, waren sie bereits erloschen und gänzlich die Dunkelheit hatte ihr

großes schwarzes Maul aufgerissen. Ich wandte ihr den Rücken zu und folgte weiter den Irrlichtern. Die Geräusche um mich herum schwollen an, der Lärm der Straße, Gerede von unzählbar vielen Mündern, Werbung. Immer wieder flackerte das Bild der Frau vor mir auf – wie sie die Spritze in der Hand hielt, ein Lächeln auf den Lippen und diesen toten Augen. Doch ihr Name wollte mir noch immer nicht einfallen. Andere Sequenzen aus meiner Vergangenheit flackerten auf. Diese Jacke, die mir die Freiheit der Bewegung stahl, sie hatte sie mir angelegt. Sie hatte mich auch am Bett festgekettet, als ich mich aufbäumte, rasend vor Wut. Doch als andere da

waren, tat sie als sei ich ihr ein und alles gewesen. Ich spürte, wie der Hass in mir aufstieg. Diese Frau war eine Heuchlerin. Sie hatte an mir Dinge getestet und mich ungläubig wirken lassen. Denn wer glaubt jemanden dessen Kopf wie ein Spiegel in tausende von Teil zersprungen ist? Ein nasser Tropen landete auf meiner Nasenspitze. Ich sah nach oben und stellte mir den Himmel vor: von Wolken behangen, aus denen hier und dort sich ein Regentropfen löste. „Sie sind sicher, dass Sie nicht mitkommen wollen?“, frage Yagami als

er in der Tür sich noch einmal umdrehte. „Ja, ich bleibe lieber hier und sehe mir noch einmal Chaos Valentin´s Akte an. Vielleicht finde ich Hinweise zu seinem Aufenthaltsort oder dem nächst möglichem Opfer“, erwiderte Mrs. Fujikage. „Na gut, wenn Sie es so wollen, aber sein Sie bitte vorsichtig, wenn Sie nachher gehen. Er könnte es auch auf Sie abgesehen haben“, warnte Yagami. Die junge Neuropsychologin sah auf und lächelte beschwichtigend: „Sie können ja draußen Wachen aufstellen, wenn es Sie beruhigt.“ Yagami atmete tief ein und schloss die Tür hinter sich. Sein Assistent sah ihn fragend an. „Ich gebe eben Bescheid, dass zwei Kollegen

wache stehen sollen“, erklärte Yagami. Kurze Zeit später verließen Polizeiinspektor Yagami und sein Assistent das Polizeipräsidium, um sich auf ein Feierabendbier in eine der vielen Bars zu setzen. Auf dem Weg zu ihrem Stammlokal sprachen sie über dies und jenes und bemühten sich die Erlebnisse des Jobs außen vor zu lassen. Da blieb Yagami unvermittelt stehen und zog eine Augenbraue hoch. Sein Assistent drehte sich verwundert zu ihm um. „Haben Sie etwas vergessen?“, fragte er. Yagami schüttelte den Kopf und zeigte an seinem Assistenten vorbei. Dort teilte sich der Strom der Passanten, nur um kurz darauf wieder zusammenzulaufen. Grund dazu

war ein Punk, der mitten auf dem Gehweg stand und in den Himmel sah. Sein Mohawk war durch den einsetzenden Regal außer vor geraten und sein Shirt begann sich mich Wasser voll zu saugen. Doch all das schien den Jungen nicht zu interessieren. Mit einem Kopfnicken bedeutete Yagami seinem Assistenten, dass sie den auffälligen Jungen sich genauer anschauen würden. „Hey, ist alles in Ordnung?“, fragte Yagami in einem rauen Ton. Langsam nahm der Jungen den Kopf aus dem Nacken und sah in die Richtung des Inspektor´s, doch er sprach kein Wort. „Ob alles in Ordnung ist habe ich gefragt“, widerholte Yagami. Der Junge

lehnte den Kopf zur Seite, als würde er ihn nicht verstehen. Yagami hatte sofort gespürt, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte, doch im ersten Moment hatte er nicht sagen können was. Doch nun fiel es ihm auf: der Junge starrte gradewegs an ihm vorbei ins Nichts. Und bei genauerem Hinsehen bemerkte Yagami, wie milchig die Augen des Jungen waren. Er war blind. „Hast du die Orientierung verloren?“, fragte Yagami, nun wesentlich freundlicher und besorgter. Der Junge lehnte den Kopf zur anderen Seite, dann nickte er kaum merkbar. Sollen wir dich auf das Polizeipräsidium bringen? Dort können wir Bekannte von dir verständigen, die dich abholen“, bot

der Inspektor an. Im ersten Moment zuckte der Junge zusammen, was Yagami nicht entging, doch dann nickte er wieder. Yagami warf seinem Assistenten einen Blick zu, der sich für das versäumte Feierabendbier entschuldigte, doch der nickte nur zurück.

Kapitel 15

Auf dem Präsidium angekommen führte Yagami´s Assistent den Jungen in einen der Verhörräume. „Du brauchst keine Angst zu haben, dass wir dich verhören. Ich bringe dich nur hierher, weil der Raum warm und ruhig ist“, erklärte der Assistent und zog einen Stuhl zurück, damit der Junge sich setzten konnte. Dann stellte er eine Tasse mit heißer Milch auf den Tisch und legte eine Wolldecke um die Schultern des Jungen. Dieser schien die Milch zu schnuppern und tastete vorsichtig nach der Tasse. Der Assistent nahm die Hand des Jungen, woraufhin dieser zusammen zucke, und

legte sie vorsichtig an die warme Tasse. Kurz darauf trat der Inspektor in den Raum und setzte sich gegenüber an den Tisch. „Wäre es in Ordnung, wenn ich dir einige Fragen stelle?“, bat Yagami. Der Junge lehnte wieder den Kopf zur Seite. „Nun ja, ich würde gerne wissen, was du dort im Regen gemacht hast. Zum Beispiel“, begann der Inspektor. Der Junge starrte mit seinen milchig weißen Augen an ihm vorbei, einen verwunderten Ausdruck im Gesicht. Dann zuckte er kaum sichtbar mit den Schultern. „Hast du irgendwelche Bekannten, die sich um dich kümmern und die dich hier Abholen können?“, fragte Yagami weiter. Es schien als

würde der Junge kurz überlegen, dann schüttelte er leicht den Kopf. Yagami atmete tief ein. „Großartig“, dachte er. „Wie halt bist du?“, fragte er dann weiter. Wieder ein kurzes überlegen, dann zeigte der Junge einmal beide Handflächen und dann acht Finger. „Achtzehn, hm? Damit wärest du eigentlich schon zu alt, aber irgendwo musst du ja bleiben. Ich werde bei örtlichen Jungendamt anrufen, ob hier noch ein Platz frei ist“, erklärte Yagami und stand dabei auf. Dadurch entging ihm das zucken des Jungen und dessen entsetzte Mimik, die jedoch nach dem Bruchteil einer Sekunde wieder

verschwand. Ich hörte, wie die Tür hinter den beiden Männern ins Schloss fiel. Ich war bei der Polizei, doch sie hatten keine Ahnung wer ich war. Doch was viel wichtiger war: gleich als ich den ersten Schritt in das Gebäude getan hatte, hatte ich die Präsenz der Frau gespürt. Der Frau als meiner Erinnerung. Sie war irgendwo hier und die Irrlichter zeigten mir, dass ich diesen Raum verlassen sollte. Ich sah mich um, die Männer schienen nicht mehr auf diesem Stockwerk zu sein und auch sonst war niemand in der Nähe. Ich stand auf, folgte den Irrlichtern zur Tür und dann links den Gang hinunter.

Nachdem ich ein weiteres Mal rechts und dann links abgebogen war, war ich an der Treppe angekommen, wo die Irrlichter nach oben verschwanden. Ich folgte ihnen weiter hin. Auf einmal kam eine Gestalt von oben und fragte auf dem Treppenabsatz: „Wer sind Sie? Haben Sie überhaupt die Erlaubnis hier zu sein?“ Mein Herz schlug schneller. Was sollte ich sagen? Sollte ich überhaupt irgendetwas sagen?“ Gerade als dieser Jemand mich packen wollte, zog ich mein Messer aus dem Stiefel, rammte es ihm mit der Bewegung eines Uppercuts in den Bauch und zog es dann bis zum Rippenkasten hoch. Ich spürte, wie er erschlaffte und zu Boden sank. Während

er fiel zog ich mein Messer zurück. Dann folgte ich weiter den Irrlichtern. Auf meinem Weg nach oben tötete ich noch zwei weitere Gestalten, nachdem sie allarmiert versucht hatte mich zu überwältigen. „Ich glaube nicht, dass Ihre Anwesenheit wirklich nötig ist“, erklärte Mrs. Fujikage. „Das ist aber die Anweisung des Inspektors“, erwiderte einer der beiden Beamten, die links und rechts neben der Tür standen. „Aber selbst wenn, dann hätten zwei doch gereicht. Warum müssen Sie zu viert auf mich aufpassen? Chaos Valentin würde sowieso nie hier oben ankommen, weil

sie ihn vorher schon festgenommen…“ Ein dumpfer Aufschlag ließ die Neuropsychologin inne halten. Ihm folgte die Stimme eines Mannes: „Hey, was…was soll das? Bist du ver…“ ein lauter Aufschrei unterbrach den Satz, gefolgt von einem weiteren dumpfen Aufprall. Die beiden Beamten sahen sich an. Der eine zog seine Waffe der andere bedeutete Mrs. Fujikage sich hinter ihren Schreibtisch zu hocken, für den Fall eines Schusswechsels. Dann öffnete einer von ihnen die Tür und der andere wollte den Flur sichern. Doch ein kräftiger Sidekick in die Magenhöhle überraschte ihn stattdessen, gefolgt von einem Schwinger. Bloß traf ihn keine Faust,

sondern ein Messer, welches sich bis zum Schaft in seine Schläfe bohrte. Er fiel zu Boden und noch bevor sein Kollege reagieren konnte, erlitt auch er ein ähnliches Schicksal, nur dass das Messer ihn an der Kehle traf und diese aufriss. Das Blut drang aus der Klaffenden Wunde und zierte die Wände und die Angreifer. Dieser ließ das Messer langsam sinken, während er auf den vor ihm liegenden Körper starrte. Mrs. Fujikage drückte sich die Hände vor den Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken. Der Junge sah über die Schulter in ihre Richtung, da erkannte sie ihn: Chaos. Er hatte sein Aussehen geändert, doch sie erkannte die kalten

starren Augen und das verrückte Grinsen. Er hatte sich nun ganz zu ihr umgedreht und kam langsam auf den Schreibtisch zu, an dem sie eben noch gesessen und mit den Beamten geredet hatte. Tock, tock, tock. Etwas klopfte lauter werdend gegen das Holz der anderen Tische, die vor ihrem standen. Tock, tock, tock. Mrs. Fujikage erhaschte einen Blick, wie Chaos mit dem Griff seines Messers gegen die Tische schlug. Als sie das Blut an der Klinge sah, spürte sie, wie die Übelkeit in ihr aufstieg. Sie wand sich ab und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tisch. Dann plötzlich, absolute Stille. Wo war Chaos? Spielte er nun Hide and Seek mit ihr oder war er

verschwunden? Sie wollte noch einmal auf den Gang spähen, auf dem der Mörder eben noch gegangen war. Doch als sie sich umdrehte hatte Chaos sich genau neben sie gekauert, starrte sie mit aufgerissenen Augen an und begann hysterisch zu lachen.

Kapitel 16

Mrs. Fujikage schrie auf und wich panisch aus, als Chaos mit dem Messer nach ihr ausholte. Hastig krabbelte die Neuropsychologin rückwärts, kam auf die Beine und wich weiter rückwärts. Chaos richtete sich auf, lehnte den Kopf zur Seite und das Lachen verstummte. Mit einem Satz war er über den Tisch hinweggesprungen und kam langsam auf Mrs. Fujikage zu. Jeden Schritt den er näher kam, wich sie zurück, denn sie wusste in jeder Sekunde könnte er losschnellen und sie angreifen. Da stieß sie gegen einen Tisch hinter ihr. Chaos blieb stehen sah sie wieder schräg an.

Sie sah hektisch nach hinten, nur um festzustellen, dass hinter dem Tisch der Raum zu Ende war. Sie wand sich wieder zu Chaos. Warum griff er sie nicht an? War es für ihn nur ein Spiel? Oder brauchte er sie für irgendetwas? Egal woran sie dachte, es kam Mrs. Fujikage keine plausible Antwort in den Kopf. „Chaos, wo bist du gewesen?“, fragte die Neuropsychologin bemüht besorgt zu klingen, doch das Zittern ihrer Stimme war nicht zu überhören. Chaos Grinsen wurde noch breiter. „Du hast ja Angst“, stellte er fest. Ihr Herz raste noch schneller. „Nun, ich hab´ mir auch Sorgen um dich gemacht“, log sie. Chaos lachte auf. „Mach dich nicht lächerlich.

Du bist nur an deinem eigenen Wohl interessiert. Das Leben anderer ist dir doch vollkommen egal!“, schnaubte er höhnisch. „Das stimmt doch gar nicht“, versuchte Mrs. Fujikage den Punk zu beschwichtigen, doch noch bevor sie es realisieren konnte, war Chaos losgeschnellt und seine Faust grub sich tief in ihre rechte Seite, genau auf ihre Milz, dann ein gleißender Schmerz an ihrer linken Schläfe. Keuchend und hustend sackte sie zu Boden und schnappte nach Luft. Sie sah auf zu Chaos der nun direkt über ihr stand. „Was willst du?“, fragte die Neuropsychologin zwischen zwei Hustenkrämpfen. Doch statt einer

Antwort traf sie Chaos´ Stiefel direkt ins Gesicht. Die Kraft des Trittes warf sie gegen den Tisch hinter ihr und ein pochender Schmerz strömte durch ihren Kopf und sie merkte, wie ihre Sicht verschwamm. Mrs. Fujikage spürte, wie Chaos sie am Pullover packe und auf die Beine riss. „Was? Ist das etwa schon alles? Möchtest du etwa in die Tiefen der Ohnmacht tauchen? Wo du nichts mehr fühlst?“, fragte Chaos höhnisch. Sie spürte wie er sie durch den Raum schliff, doch sie konnte nicht erkennen wohin. Plötzlich fühlte sie einen kühlen Luftzug am Nacken, als Chaos sie packte und hochhob. Er warf sie aus dem Fenster, doch hielt sie am linken Knöchel fest.

„Werd´ wach, sofort!“, forderte Chaos. Mrs. Fujikage sah die vielen Stockwerke nach unten auf den Hinterhof des Präsidiums, als ihr Geist schlagartig wieder wach wurde. Adrenalin schoss durch ihre Adern, sie Schrie. Chaos rüttelte immer wieder an ihrem Knöchel, schrie sie an. „Was tust du da?“, Chaos fuhr herum und ließ aus Reflex das Fußgelenk los. Zecke und Smoke standen in der Tür und Zecke schüttelte nur den Kopf. „Chaos erkannte die beiden und änderte schlagartig sein Verhalten. „Du bist das also, über den sie in den Nachrichten immer reden, was? Das hab ich mir schon fast gedacht“, erklärte Zecke. „Wie lange steht ihr da

schon?“, fragte Chaos. „Nicht lange, aber lange genug“, erwiderte Smoke. „Ihr hasst mich jetzt oder?“, fragte Chaos unsicher. „Wer sagt das? Im Gegenteil, wir können jemanden wie dich gut gebrauchen!“, meinte Zecke und kam auf Chaos zu. „Wir sind alle wie du, deshalb hab ich auch nicht nach deiner Vergangenheit gefragt“, erklärte der Punk und sah aus dem Fenster. Unten war der Körper von Mrs. Fujikage auf den schwarzen Asphalt aufgeschlagen und einige Polizisten krabbelten wie die Ameisen um sie herum. „Kommst du? Ich denke nicht, dass wir hier noch länger bleiben sollen“, fragte Zecke. Chaos nickte und sie verließen das Gebäude.


Kapitel 17

Als Inspektor Yagami und sein Assistent völlig außer Atem den vierten Stock erreichten, hatten sie die beiden Leichen auf der Treppe bereits hinter sich gelassen und standen nun den beiden auf dem Flur gegenüber. „Die Art, wie sie zugerichtet sind, ähnelt der Vorgehensweise von Chaos Valentin“, stellte der Assistent fest. Yagami nickte und zog seine Waffe aus dem Halfter. „Wie konnten wir nur so dumm sein. Wir hatten Chaos und haben ihn nicht erkannt“, ärgerte sich Yagami im Stillen. Dann schüttelte er den Kopf. Auch wenn es ärgerlich war, musste er seinen Kopf

frei halten für das, was als nächstes kam. Chaos konnte noch immer in dem Raum und bewaffnet sein. Vorsichtig näherten die Männer sich der Tür, warteten kurz und stellten sich dann mit erhobener Waffe in die offene Tür – nur um festzustellen, dass der Raum, zwar vollkommen verwüstet, aber leer war. Sie sahen sich überall um und obwohl Yagami wusste, dass sie Mrs. Fujikage soeben auf dem Hinterhof gefunden hatten, hoffte er sie hinter einem der Tische zu finden. Da ließ ihn das Aufheulen eines Motors zusammen zucken. Er lief zum Fenster und sah auf der Straße vorm Präsidium einen metallic blauen Lamborghini davon fahren.

Yagami knirschte mit den Zähnen. Er kannte diesen Wagen nur zu gut. Er war immer wieder in illegale Rennen verwickelt und bei zahlreichen Überfällen gesichtet. Doch niemand hatte jemals den Fahrer gesehen und ein Nummernschild war auch nicht vorhanden, jedenfalls kein nicht gefälschtes. „Was werden wir nun tun?“, fragte der Assistent und riss den Inspektor damit aus seinen Gedanken. Dieser fuhr herum und sah den anderen zuerst verwirrt an. Doch als seine Gedanken sich gesammelt hatten beschloss er: „Wir werden das Fahndungsbild aktualisieren. Chaos hat sein Aussehen drastisch geändert, dass

darf nicht ignoriert werden.“ Während der ganzen Fahrt hatte niemand gesprochen. Das Auto in dem wir saßen war stark und schnell und komischer weise auch bequem. Ich hätte viel vorsichtiger sein sollen, damit Zecke und Smoke diese Seite von mir nicht sahen. Doch diese Frau hatte meine Aufmerksamkeit voll auf sie gezogen. Es war so faszinierend gewesen wie ängstlich sie auf einmal gewesen war. Und auch wenn Zecke gesagt hatte, dass es ihnen nichts ausmachte, dass sie wären wie ich – so konnte ich es ihnen nicht wirklich glauben, denn bis jetzt haben alle Menschen zu mir gelogen. Ich

hörte, wie wir von der Straße auf einen sandigen Weg bogen und kurze Zeit später zum Stehen kamen. „Komm Chaos, wir sind zu Hause“, sagte Zecke, nachdem er die Tür auf meiner Seite geöffnet hatte. Ich stieg aus und drehte den Kopf. Wir waren wirklich dort, was Zecke sein zu Hause nannte. Keine Falle, kein Hinterhalt. „Chaos, kommst du mit auf die Krankenstation? Ich will mir deine Augen noch einmal ansehen und schauen, dass alles wieder ok ist nachdem du gestern ja beinahe umgefallen warst“, meinte Smoke und tippte gegen meinen Arm, damit ich wusste wo er stand. Ich drehte mich zu ihm um und folgte dem

Geräusch seiner Schritte. Ich war beinahe umgefallen? Was meinte er damit? Auf der Krankenstation zeigte Smoke Chaos ein Bett auf dessen Kante er sich setzten sollte. Der 18 – Jährige tat wie ihm geheißen und Smoke suchte sein Equipment zusammen. „Ich werde jetzt dein T-Shirt hoch ziehen, damit ich deinen Torso abhören kann, ok?“, fragte der Arzt und setzte sich auf einen Hocker mit Rollen. Chaos nickte und sah in Richtung Fenster. „Sag mal, wie hat es sich für dich angefühlt, als du gestern ohnmächtig geworden warst?“, fragte Smoke scheinbar beiläufig. Chaos

runzelte die Stirn und dachte kurz nach. „Es war die Dunkelheit, die mich wie schwarzes Wasser umspült hat. Erst nur die Beine, aber stieg immer höher und hat mich weggerissen. Wieso?“, schilderte Chaos. Smoke sah erstaunt aus. Der Punk wusste also den Unterschied zwischen Hell und Dunkel und hatte wohl auch schon mal Farben gesehen. „Und was war danach? Nur Dunkelheit oder irgendetwas anderes?“, fragte er weiter und zog Chaos´ T-Shirt wieder runter. Dann kritzelte er etwas auf einen Block. „Ich weiß nicht genau was es war, aber so wie bewegte Bilder. Ich glaube, es waren meine Erinnerungen an vorher. Wo sie mich eingesperrt

hatten. Diese Frau, sie war da - und hat mir sehr wehgetan. Deshalb wollte ich mich Rechen. Sie sollte genau so leiden, wie ich damals“, erklärte Chaos. Smoke setzte sich wieder vor Chaos und warnte ihn vor, dass er sich jetzt seine Augen ansehen würde. Beim ersten Kontakt zuckte Chaos zurück, doch dann hielt er still. „War ihr tot Absicht?“ Kurzes Schweigen. „Nicht so wie ihr es gesehen hattet. Sie sollte eigentlich mehr leiden, aber Zecke hat mich erschrocken und ich habe sie fallen lassen“, gestand Chaos. „Ich glaube du bist ein guter Kämpfer und ein noch besserer wenn du sehen könntest“, wechselte Smoke das Thema. „Ein Kumpel von mir entwickelt

spezielle Kontaktlinsen in die kleine Monitore installiert sind. Ich glaube solche können wir auch an deine Augen anpassen“, erklärte der Arzt und schrieb erneut auf dem Block. „Aber ich bin blind“, erwiderte Chaos unsicher. „Er weiß also, dass es nicht natürlich ist“, dachte Smoke und meinte dann: „Deine Erblindung ist besonders, denn deine Nerven sind vollkommen intakt. Sie müssen irgendwas gemacht haben, damit du nicht sehen kannst und das können wir mit den Kontaktlinsen beheben“, erklärte Smoke. Er war erstaunt, wie viel leben und Aufregung sich auf Chaos´ Gesicht ausbreitete. „Aber für heute ist erst einmal genug. Und bitte nicht wieder

herum wandern, wenn alle anderen schlafen. Es war verdammt schwer dich zu finden“, meinte Smoke und half Chaos sich hinzulegen. „Bis morgen.“

Kapitel 18

Polizeiinspektor Yagami wanderte unruhig im Zimmer auf und ab. Ein Mann saß vor einem PC und erstellte nach Yagami´s Erinnerung eine neue Version des Fahndungsbilds. Der Assisstent neben der Tür und beobachtete seinen Boss. Er hatte ihn noch nie so unruhig gesehen. „Mr. Yagami? Sollen wir nicht auch den Lamborghini zur Fahndung ausrufen?“, fragte er dann. „Das ist er schon seit Monaten, aber wir kriegen ihn einfach nicht ran“, schnaubte der Inspektor wütend. Der Assistent atmete tief ein und verließ dann den Raum. Es war wirklich schwer mit dem Inspektor

zusammenzuarbeiten. Er ging an seinen Schreibtisch und begann nach dem Lamborghini zu recherchieren, musste jedoch feststellen, dass es kaum Informationen über das Fahrzeug, geschweige denn über den Fahrer gab. Doch er gab nicht auf und suchte weiter. Es musste doch irgendetwas über diesen Typen geben. Die Sonne ging hinter den Hochhäusern der Stadt auf. Ihre warmen Strahlen tanzten auf Zecke´s Gesicht und weckten ihn schließlich. Er setzte sich auf und zog sich die Decke um die Schultern, da es unerwartet kalt war. Er sah nach rechts auf die Matratze neben seiner, auf

der Chaos schlief. Er sah so friedlich und unschuldig aus, dass Zecke das Gefühl hatte, gestern hätte er eine komplett andere Person getroffen. Er rutschte ein Stück weiter nach rechts und berührte Chaos an der Schulter. „Hey, bist du schon wach?“, fragte er dann leise. Verschlafen öffnete Chaos die Augen und sah sich orientierungslos im Raum um. „Ich bin hier“, wies Zecke ihm mit seiner Stimme den Weg. Chaos sah ihm nun direkt ins Gesicht. „Wie spät ist es?“, fragte er und zog die Decke bis zur Nasenspitze. „Es ist noch früh, aber ich möchte mit dir trainieren“, erklärte Zecke. Sie zogen sich an und verließen anschließend den Schlafsaal. Chaos

folgte Zecke über die Gänge und mehrere Treppen, bis sie in einer großen Halle stehen blieben. „Dies war früher der Ballsaal des Hotels. Wir haben ihn zu einer Trainingshalle umgebaut“, erklärte Zecke und führte Chaos zu einem Boxring. „Ich finde deine Art zu Kämpfen sehr interessant. Welchen Stil kämpfst du?“, fragte der Punk und reichte seinem Partner Boxhandschuhe, sowie Kopf-, Schienbein-, Fuß- und Zahnschutz. „Muay Thai“, antwortete der 18 – Jährige und zog die Protektoren an, als hätte er es schon tausend Mal getan. „Ist es ok, wenn ich vorher die Rituale durchführe?“, fragte er dann. Zecke sah ihn unwissend an. „Was für Rituale?“

„Nun es gibt einmal den Wai Khru, bei dem man seinen Trainer und die Schule ehrt, es dient außerdem zum Aufwärmen. Und beim Ram Muay geht man von Ecke zu Ecke des Rings und ehrt den Gegner und betet zu seinem Gott“, erklärte Chaos. Zecke war erstaunt, dass sein Gegenüber so viel Wert auf die Tradition seiner Kampfart legte. „Ja gut, nur zu.“ Chaos tastete sich zu einer der Ecken und begann dann in einer rhythmischen Bewegung an den Tauen des Rings entlangzugehen, als würde er zu einer imaginären Musik laufen. In jeder Ecke vollführte er eine der Grundtechniken des Muay Thai. Faust, Ellenbogen, Knie und Fuß. In der Ecke, in der Zecke stand,

verneigte Chaos sich kurz. Als er in seiner Ecke wieder angekommen war, richtete er sich nach Süden aus, nahm die Hände vor der Brust zum Gebet zusammen und ging langsam auf die Knie. Er verbeugte sich drei Mal zur imaginären Musik und setzte sich anschließend auf eine Ferse, sodass das andere Bein nach vorn gestreckt war. Dann stand er auf und vollführte mehrere Beintechniken. Schlussendlich verbeugte er sich noch einmal zu Zecke. Dieser hatte Chaos die ganze Zeit beobachtet und war von der Präzision seiner Bewegung erstaunt. Nun verneigte sich auch Zecke, was als Beginn eines fairen Kampfes gedeutet werden kann. Der

Punk nahm sich vor Chaos den Vortritt zu lassen und ihn nicht gleich aus der Reserve zu locken. Sein Gegenüber tastete sich mit zwei schnellen Jets vor und schlug dann mit der Rechten zu. Zecke taumelte überrascht von der Kraft zurück. Doch Chaos ließ ihm keine Zeit zum Erholen. Stattdessen setzten er mit einer Kombination von einem Sidekick zum Bauch, einen Backkick auf selber Höhe und einem 360 Roundhousekick zum Kopf nach. Nach den ersten zwei Kicks hatte Zecke das schlechte Gefühl, Chaos würde auch bei einem Kick zum Kopf kein Erbarmen zeigen, doch Millimeter bevor sein Fuß den Kopf berührte, bracht Chaos ab, stellte den

Fuß am Standbein ab und ging in einen Distanzblock des Muay Thai über.

kAPITEL 19

Ich spürte Zecke´s Präsenz vor mir. Er hatte eine Boxdeckung eingenommen und beobachtete mich. War ich zu harsch gewesen? Ich hatte meine Kraft nicht voll ausgenutzt und ihn auch nicht am Kopf getroffen, doch er griff nicht an. Er ging im Kreis, bemüht mir nicht den Rücken zu zukehren. Ich tat es ihm gleich. Ich erhaschte einen Blick auf mein rechtes Fußgelenk, nur um wieder daran erinnert zu werden, dass der Verband unter dem ich mein Messer verbarg samt dem Messer oben lag. Doch ich verspürte keine Intension es zu brauchen, dies war ein Kampf unter

Freuden, nicht Feinden. Ich war so in Gedanken verloren, dass ich Zecke´s erste Attacke beinahe nicht hätte kommen sehen. Es war ein Lowkick, der auf den äußeren Oberschenkel zielte. Doch ich hatte noch rechtzeitig mein Bein zum Block heben können. Ich fühlte den Schmerz in meinem Schienbein und auch, dass Zecke dasselbe fühlte, doch das gehörte dazu. Als nächstes wandte Zecke eine dreier Kombination von Jet, Uppercut zum Bauch und Hacken zum Kopf an, doch ich schaffte es dem verherenden Schwinger auszuweichen und mit einem Knie zum Bauch zu Kontern. Doch Zecke ließ sich nicht kleinkriegen und wollte mit einem

Roundhousekick nachsetzten. Ich ergriff meine Chance und zog ihm mit einem Fußfeger das Standbein weg. Zecke viel hart auf den Rücke und ich bemühe mich schnellstmöglich wieder auf die Füße zu kommen und einen Distanzblock zu stellen. „Warte“, keuchte Zecke und versuchte auf die Beine zu kommen. Er sah hoch und erkannte die Hand, die Chaos ihm entgegenhielt. Er ergriff sie und ließ sich hochziehen. „Tut mir leid, das war gemein“, gestand Chaos, ebenfalls außer Atem. „Was tut ihr zwei da?“, fragte Smoke, der seit einiger Zeit unbemerkt am Ring gestanden und zugesehen hatte.

„Ich wollte mir seine Techniken mal anschauen und wie er so kämpft“, erklärte Zecke und stieg aus dem Ring. Chaos verbeugte sich vor dem leeren Ring und folgte seinem Partner. „Dehnen wir uns noch?“, fragte er dann. „Klar, aber da vorne auf den Matten. Ist ´n bisschen schöner“, meinte Zecke. Während sie sich dehnten, stand Smoke neben ihnen und beobachtete Chaos. Es war erstaunt, wie flexibel er war und es war klar, dass er diese Kampfart nicht einfach nur so aus Spaß betrieb. „Chaos, kannst du nach dem Dehnen mit zur Krankenstation kommen? Noiz, kommt nachher und will sich deine Augen ansehen, damit er die

Kontaktlinsen anfertigen kann“, fragte Smoke. Chaos sah in seine Richtung und nickte. „Wird das wehtun?“, fragte er dann und Smoke glaube einen Hauch von Unsicherheit in Chaos´ Stimme zu hören. „Nein, er muss nur sehen, woran es liegt, dass du nicht sehen kannst und die Maße nehmen, damit die Kontaktlinsen optimal sitzen“, erklärte Smoke und sah zu Zecke, der ihnen interessiert zuhörte. Nach 15 Minuten hatten die Punks die Dehnung beendet und Chaos folgte Smoke durch die Gänge, bis sie in der Krankenstation ankamen, wo ein Goth in ihrem Alter an der Wand lehnte und aus dem Fenster sah. Als sie den Raum betraten, viel sein Interesse direkt auf

Chaos. Er hatte noch nie einen Blinden gesehen, der so viel Selbstbewusstsein besaß, sodass er vermutete, Chaos wäre gar nicht blind. „Hey na, ist er das?“, begrüßte Noiz Smoke und nickte zu Chaos, der hinter dem Doc stand. „Ja, das ist Chaos“, erklärte dieser und trat einen Schritt zur Seite. Chaos sah Noiz direkt in die Augen, was dem Goth Unbehagen bereitete. Smoke zeigte Chaos, wo er sich setzten konnte und begann Noiz zu erklären, weshalb Chaos blind war. Danach kritzelte Noiz einige Notizen in ein Buch und Maß Chaos´ Iris. „Welche Farbe sollen die Linsen werden?“, fragte er dann den 18 – Jährigen. Chaos legte den Kopf schief.

„Rot?“, antwortete er dann unsicher. „Ok, ich werde ein paar Tage brauche, aber Ende der Woche werden sie fertig sein“, erklärte Noiz und schob das Buch in seine Tasche. Smoke brachte ihn noch zur Tür, wo sie sich verabschiedeten. Als der Goth gegangen war, kam Smoke zurück zu Chaos, dessen Magen begonnen hatte zu Knurren. „Du hast bestimmt Hunger. Komm, wir geh‘n zum Frühstückssaal“, grinste er dann und führte Chaos wieder durch die Gänge des alten Hotels.

Kapitel 20

Der Frühstückssaal war riesig und geschätzte 150 Punks waren damit beschäftigt, sich ihren Teil des Frühstücks zu sichern, bevor jemand anderes es sich holte. Smoke und Chaos waren in der Tür stehen geblieben, da der Doc nach Zecke Ausschau hielt. Doch ihm war nicht entgangen, wie Chaos gezögert hatte den Raum zu betreten, nachdem er das laute durcheinander gehört hatte. „Komm, ich sehe Zecke. Er hat uns Plätze frei gehalten“, meinte er dann zu dem 18 – Jährigen und zog ihn durch das Getümmel. Einige sahen Chaos skeptisch an, andere begrüßten ihn, doch

die Mehrheit war mit ihrem Essen beschäftigt oder noch im Halbschlaf, sodass sie ihn gar nicht bemerkten. Chaos und Smoke stiegen auf eine Erhöhung, wo Zecke tatsächlich Plätze frei gehalten hatte. Chaos setzte sich und sah sich um. „Ich hol uns was zu essen. Was möchtest du Chaos?“, fragte Smoke und riss sein Gegenüber damit sichtlich aus dessen Gedanken. „Ich esse eigentlich so ziemlich alles“, gestand er dann. Smoke zuckte mit den Schultern und bahnte sich dann ein Weg durch die Menge zur Essensausgabe. „Du kämpfst wirklich gut“, meinte Zecke, nachdem Smoke gegangen war.

Ich hatte ihn kaum gehört. So viele Stimmen schrien durcheinander und so viele Geräusche wollten gehört werden, dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Ich sah in die Richtung, aus der ich glaube Zecke´s Stimme wäre gekommen, doch er tippte mir auf die Schulter, damit ich wusste, er war auf der anderen Seite. „Das ist das erste Mal seit über zwei Jahren, dass ich wieder kämpfen konnte. Danke“, erwiderte ich und mir viel auf, wie sehr ich es vermisst hatte zu kämpfen. „Du machst Muay Thai, richtig? Seit wann denn?“, fragte Zecke. Ich war erstaunt. Er ging gar nichtdarauf ein, warum ich nicht hatte kämpfen können. Wahrscheinlich war es

ihm genau so klar wie mir. „Ja, ich habe mit dem Muay Thai angefangen als ich fünf Jahre alt war. Bevor ich eingewiesen wurde habe ich meine 10. Khan Prüfung absolviert“, erklärte ich und versuchte mich mehr auf Zecke´s Stimme zu konzentrieren. „Oha, das ist echt stark von dir. Kannst du mir vielleicht die eine oder andere Technik beibringen?“, fragte Zecke. Ich nickte. Mir fiel auf, wie gut es mir tat hier zu sein. Ich hatte noch nicht wieder über das Morden nachgedacht, seit dem die Anderen mich von der Polizeistation abgeholt hatten. „Sag mal, was war das für ein Auto, in dem ihr mich von der Polizei geholt hattet?“, fragte ich. „Ach das, das war

mein Lamborghini. Ich fahre damit normalerweise Streetfights und ärgere die Bull´n, weil ich kein Kenneichen trage“, erklärte Zecke. „Hey, sorry dass es so lange gedauert hat. Die Jungs sind heute Morgen echt ausgehungert“, erklärte Smoke und setzte sich uns gegenüber. Er stellte zwei Gegenstände vor mich auf den Tisch. Ich sah fragend zu Zecke. „Ein Glas Saft und Brot mir Rührei, Tomaten, Bacon und Pilzen“, erklärte er mir. Ich sah wieder auf den Teller vor mir und ertastete das Besteck. Das Essen war wirklich lecker, doch war ich auch erstaunt, dass es gleich so ein deftiges Frühstück gab, doch Zecke erklärte mir, dass es

durchaus vorkam, dass am Tag ein Notfall eintrat und es dann bis zum Abend keine Zeit zum Essen gab. Das war einleuchtend. „Sag mal, kannst du mir das fahren beibringen? Ich bin früher Motorrad gefahren, aber saß noch nie in einem Auto“, fragte ich ihn dann und merkte, wie die Nervosität in mir stieg. Aber wieso? Ich hatte nichts zu befürchten. „Klar wieso nicht“, erwiderte Zecke freundlich, doch ich bemerkte auch die Sorge, die von Smoke ausging. „Aber ich denke ich werde nicht besonders viel tun können, bis ich die Kontaktlinsen habe und sie auch funktionieren“, überlegte ich, um Smoke zu beruhigen. „Hm, aber ich kann dir

erklären wie alles funktioniert und wo du was findest“, meinte Zecke und Stand auf. „Ich muss mich noch mit ein paar Leuten beraten und den nächsten Zug planen. Dir ist freigestellt, was du den Vormittag über tust“, erklärte er und bahnte sich einen Weg durch die Menge.

Kapitel 21

Nach Stunden ermüdender Recherche und keinem einzigen Ergebnis, beschloss Mr. Yagami´s Assistent einen letzten Versuch zu starten und begab sich zur Technikabteilung der Polizeistation und bat die Kollegen sich im Darknet umzusehen und nach knapp 30 Minuten waren sie auf eine Website gelangt, auf der die Termine und Lokation der nächsten Autorennen der Underground Szene bekannt gegeben wurden und als sie weiter herunter scrollten waren die teilnehmenden Wagen abgebildet. „Dort, das ist er!“, meinte der Assistent aufgeregt, als er den metallic blauen

Lamborghini entdeckte. Er kritzelte die Termine und Örtlichkeiten der Rennen in seinen Notizblock, bedankte sich bei seinen Kollegen und begab sich auf direktem Weg zu Polizeiinspektor Yagami. Dort angekommen blieb er erschöpft in der Tür stehen. Yagami sah in verwirrt an. „Wo waren Sie?“ „Ich…ich habe nach dem Lamborghini recherchiert, weil ich nicht Gauben konnte, dass es nichts gab und habe die IT Kollegen gebeten sich im Darknet umzusehen und wir haben tatsächlich etwas gefunden“, erklärte der Assistent. Beim Begriff Darknet sah Yagami ungläubig auf. „Wissen Sie überhaupt, wie Gefährlich es ist sich im

Darknet herumzutreiben?“, fragte er aufgebracht. „Ja schon, aber nun wissen wir, wo die nächsten Rennen der Szene stattfinden“, erklärte der Assistent. Yagami atmete tief ein, überlegte kurz und forderte seinen Kollegen dann auf, ihm die Daten mitzuteilen. „Das nächste Rennen wird morgen Abend stattfinden. Ich werde eine geeignete Einsatztruppe zusammenstellen. Wir werden Undercover vorgehen“, erläuterte er dann seinen Plan. Ich war setzten geblieben, bis der Speisesaal nahe zu leer war. Smoke war kurz nach Zecke gegangen, er musste sich um die Patienten auf der

Krankenstation kümmern. Verständlich. Aber was sollte ich nun tun? Ich wollte niemanden stören, doch ich konnte auch nicht die ganze Zeit hier bleiben. Ich beschloss mir ein ruhiges Plätzchen zu suchen und zu überlegen, wie ich Zecke und Smoke helfen konnte und was ich mit meinem Leben nun anfangen sollte. Ich stand auf und ging zum Ausgang und über die langen Flure des ehemaligen Hotels, bis ich letztendlich an eine Treppe gelangte. Ich hörte so viele Geräusche um mich herum, doch zwischen all dem Lärm konnte ich auch die Stille hören, die irgendwo über mir zu sein schien. Ich ging die Treppe hoch, bis ich im zweiten Stock stehen blieb um

mich zu orientieren. „Hey, alles in Ordnung?“ Ich erkannte die rauchige Stimme sofort und drehte mich in die Richtung aus der sie kam. Ich spürte Raity direkt vor mir. Von ihr ging so viel Ruhe und Geduld aus, sodass ich in ihrer Nähe alle meine Probleme vergessen konnte. „Ja, ich denke schon. Ich habe nur nach einem ruhigen Platz gesucht, aber habe mich irgendwie verlaufen“, gestand ich. Raity lächelte gutmütig. „Ich kann dir einen guten Ort zeigen, komm mit“, meinte sie und nahm meine Hand. Ich fühlte, wie die Hitze durch meinen Körper schoss und hoffte, dass man es von außen nicht sehen

konnte. Raity führte Chaos drei weitere Stockwerke hinauf, wobei die Treppe teilweise eingestürzt war und deshalb Leitern als Ersatz dienten oder Umwege gegangen werden mussten. Doch am Ende standen sie vor den Resten einer verglasten Tür. Raity öffnete und die beiden Jugendlichen betraten die ehemalige Dachterrasse des Hotels, welche früher von einem gläsernem Dom umhüllt gewesen war, doch die meisten Scheiben waren bereits zerbrochen und nur noch das Gestell der Konstruktion war übrig geblieben. Hier oben wuchsen viele tropische Pflanzen wie Palmen und

Farn, aber auch viele bunte Blumen und es wirkte wie ein kleiner Dschungel. Raity führte Chaos einen kleinen eingetretenen Weg entlang und auf eine hölzerne Plattform, die in die Krone eines Baumes gebaut worden war. Von dort aus konnte man den gestammten Stadtbezirk übersehen und auch zum Rest der Stadt. Chaos setzte sich, lehnte sich gegen einen dicken Ast und ließ den leichten Wind um sein Gesicht tanzen. „Was kann man dort sehen?“, fragte er Raity, die ihm gegenüber saß und zeigte in die Ferne. „Dort siehst du unseren Bezirk Kokaku. Seitdem hier die verschiedenen Organisationen sich bekriegen, hat die Stadt uns aufgegeben

und verbannt. Es sind bestimmt schon 20 Jahren seitdem vergangen und die Natur herrscht nun über den Bezirk. Überall wachsen Bäume und Flüsse haben ihren natürlichen Weg wiedergefunden“, erklärte Raity. „Ihr seid auch so eine Organisation oder?“, fragte Chaos. „Ja, wir sind psychedelic anarchy und die führende Organisation. Es ist so, dass die Organisationen Verträge geschlossen haben und eine Organisation über allen anderen steht, aber diese wird alle fünf Jahre neu gewählt. Wir wurden nun zum vierten Mal in Folge gewählt, weil unser alter Herr menschlich und politisch sehr fair handelt und alle zufrieden sind. In den Organisationen wird alle acht Jahre

ein neuer Boss gewählt“, erklärte Raity. Chaos nickte und sah in die Ferne, obwohl er nur die Dunkelheit sah.

Kapitel 22

„Wo ist Zecke? Ich muss ihn unbedingt sprechen?“ Noiz platze in die Krankenstation. „Halt deine Schnauze! Die Jungs hier brauchen Ruhe“, fuhr Smoke den Goth an. Noiz senkte seine Stimme. „Sorry, aber es ist ein Notfall und ich finde ihn nirgendwo!“ „Er hat eine Besprechung mit dem alten Herrn, ich weiß nicht ob du da jetzt rein solltest“, erklärte Smoke. „Ich muss, die Bullen sind uns auf die Spur gekommen!“, meinte Noiz aufgebracht. „Warte, was meinst du damit?“, fragte Smoke, nun auch sichtlich beunruhigt. „Sie wissen von dem nächsten Streetrace

und wollen Undercover hin!“ „Ja gut, dann musst du es ihnen sagen“, meinte Smoke und Noiz verschwand aus der Krankenstation. „Mir wurde gesagt du hättest jemanden in die Organisation gebracht, Zecke.“ Der alte Mann saß hinter seinem Schreibtisch und blätterte durch einige Unterlagen. „Er ist ein Serienmörder“, fügte er hinzu, sah Zecke an und wartete auf eine Erklärung. „Ich weiß, aber als ich Chaos damals im Park gefunden hatte, war mir klar dass er allein nicht lange überleben kann. Er ist wegen diesen Schweinen blind“, begann Zecke zu erklären. Der Boss zog eine Augenbraue hoch. „Und er hat den 10.

Khan in Muay Thai. Er kann uns durchaus nützlich sein in den Kämpfen. Wenn er kämpft ist er ganz anders, so als wäre er nicht blind.“ Der alte Mann lehnte sich in seinem Sessel zurück und überlegte. „Nun gut, ich werde mir ansehen, wie sich das hier entwickelt, aber ich möchte, dass du ihn mir vorstellst“, entschied er dann, als es plötzlich an der Tür klopfte. „Herein“, befahl der alte Mann. Die Tür öffnete sich und Noiz trat ein. „Entschuldigung die Störung, aber es wurde gerade eine Meldung aufgezeigt, dass die Cops vom nächsten Streetrace wissen und Undercover ermitteln wollen“, erklärte er die Situation. Der Alte überlegte.

„Danke, ich werde die Warnung berücksichtigen. Wir werden ihnen zeigen, wie dumm es ist, sich mit psychedelic anarchy anzulegen. Ihr könnt nun beide geh´n. Ich werde euch später den Plan erklären“, verfügte der Boss. Beide Teenager verbeugten sich zum Abschied und verließen den Raum. Zecke und Noiz gingen die Flure entlang und überhielten sich darüber, wie die Cops an die Informationen des Streetraces gelangt waren und wie man dagegen vorgehen könnte. „Ich muss Chaos erstmal finden. Der alte Mann will ihn sehen und dann beschießen, ob er bleiben kann oder nicht“, erklärte Zecke

und verabschiedete sich von Noiz. Er ging zum Speisesaal, nur um festzustellen, dass Chaos nicht dort war. Er ging durch die Flure und als er ihn nicht fand beschloss er Raity zu fragen. Die 17 – Jährige saß auf der Fensterbank ihrer Zimmers und sah hinaus. „Dein Freund ist wirklich interessant. Weißt du noch wieviel Angst er vor ein paar Tagen hatte, als du ihn mitgebracht hattest?“, fragte sie, ohne ihren Blick von der Landschaft abzuwenden. „Ich frage mich, was er sieht.“ „Ja, das stimmt. Er ist wirklich besonders. Sag mal, weißt du, wo er sein könnte? Der Alte will ihn sehen“, erklärte Zecke. Nun sah Raity ihn an. „Er ist oben in der Oase.

Erschrick ihn aber nicht, hörst du?“, wies sie Zecke an. Dieser nickte und verließ den Raum. Zecke betrat die Dachterrasse und ging den Weg entlang. Er glaubte schon, Chaos sei schon wieder gegangen, als er den Punk auf dem Plato im Baum entdeckte. Er steuerte direkt auf ihn zu, kletterte den Baum hinauf und war überrascht, dass Chaos nicht reagierte. Als er oben angekommen war, beantwortete sich seine Frage von selbst, da er erkannte, dass Chaos eingeschlafen war. Er schmunzelte und tippte seinem Gegenüber auf die Stirn. „Hey, Schlafmütze. Aufstehen“, flüsterte er dann leise.

Ich spürte, wie etwas meine Stirn berührte und zuckte zusammen. Ich konnte spüren, dass jemand vor mir war, jedoch wusste ich nicht wer. „Hey, ich wollte dich nicht erschrecken, was machst du hier oben ganz allein?“, fragte die Person und setzte sich mir gegenüber. Als ich die Stimme hörte, war mir sofort klar, dass es Zecke war, der mich geweckt hatte und ich fühlte, wie mein Körper sich entspannte. „Ich wollte ein wenig nachdenken, außerdem kann ich nicht gut mit anderen Menschen umgehen“, gestand ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Warum bist du

hier?“, fragte ich dann. Zecke erklärte, dass er zuvor beim alten Mann gewesen sei und der mich nun sehen wollte. „Warum hat dieser alte Mann eigentlich so viel Autorität?“, fragte ich dann. „Naja, er ist eigentlich wie ein Vater für uns alle. Er hat uns von der Straße geholt und uns ein Zuhause gegeben. Im Gegenzug kämpfen wir unter seiner Führung“, erklärte Zecke. „So wie du mich gerettet hast?“ „Ja, genau.“ Zecke führte mich durch die Oase, die Treppen hinunter und einige Gänge entlang, bis wir vor einer großen schweren Tür stehen blieben. Zecke klopfte an und nachdem von innen eine dunkle Stimme uns bat einzutreten, taten

wir es. Innen herrschte eine seltsame Atmosphäre. Ich spürte Zecke´s Respekt, aber auch dass er beinahe auf demselben Level stand wie der Mann hinter dem Schreibtisch. Dieser bat uns, uns zu setzten. „Du bist also Chaos?“, fragte er dann mit ruhiger Stimme. Ich nickte. Er stellte mir eine Reihe fragen über meine Vergangenheit und warum ich die Ärzte der Klinik ermordet hatte. Ich war verwundert, warum es mir auf einmal so leicht viel, darüber zu sprechen. Vor einigen Tagen wäre ich in bodenloser Dunkelheit versunken, hätte ich an die Zeit in dem Mental Hospital denken müssen, doch jetzt in der Gegenwart des

Mannes und Zecke war es in Ordnung. Auch wenn ich fühlte, wie Zecke immer wieder besorgt zu mir sah. Ich wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, doch es war auch nicht weiter wichtig. Der Alte hatte mich anerkannt und mir erlaubt zu bleiben und ich denke, ich war noch nie so glücklich. Doch im Anschluss erklärte er, dass auf dem morgigen Event einige Cops uns unterwandern wollten uns es Zecke´s und meine Aufgabe sein würde, sie zu entdecken und auszuschalten.

Kapitel 23

Die Dunkelheit hatte die Straßen Tokyos verschluckt und nur die Straßenlaternen kämpften gegen sie an. In einer abgelegenen Seitenstraße hatten sich zahlreiche Rennwagen versammelt und mit ihnen zahlreiche Menschen. Yagami und sein Assistent überprüften noch ein letztes Mal ihre Maskerade und schlossen sich dann der Menge an. Zu Beginn ernteten sie einige schräge Blicke, doch nach einer kurzen Weile schien sich niemand mehr für sie zu interessieren. Die Musik dröhnte laut aus den Amps und der Beat des Schlagzeugs drang durch jede Ader der Zuhörer. Die

Motoren der Rennwagen wurden zur Show gestellt und brüllten laut auf. Chaos stand in der Nähe der Bühne auf der Zecke als Bassist der Band spielte. Der Punk hatte beide Hände in seinen Jackentaschen vergraben und hielt in seiner rechten Hand eine achtförmige Schatulle, die Noiz ihm zuvor gegeben hatten. Darin waren die Kontaktlinsen, die es ihm ermöglichen sollten wieder sehen zu können. Noiz hatte ihm den Tipp gegeben, dass Zecke ihm die Kontaktlinsen einsetzten sollte, was Chaos als sinnvoll hielt. Die Band hatte aufgehört zu spielen, es war der letzte Song gewesen und ich

hörte zwischen dem lauten Jubel der Menge, wie die Bandmitglieder die Verbindung der Instrumente und der Amps trennten und die Instrumente von der Bühne trugen. Außer das Schlagzeug, welches stehen blieb. Danach kam die nächste Band und startete ihren Auftritt. Nach einigen Minuten kam Zecke zu mir und hielt mir ein Bier entgegen. Ich nahm es dankbar an, wir stießen an und während Zecke die erste Hälfte der Dose exte, nippte ich nur am Getränk, da ich noch nie zuvor Alkohol getrunken hatten. Es schmeckte bitter und herb, doch irgendwie auch gut. Ich nahm also ein paar große Schlucke. „So komm, wir müssen auf Position“, erinnerte mich

Zecke und ich folgte ihm durch die Menge. Auf unserem Weg wurde ich auf die Aura von zwei Personen aufmerksam, die hier gar nicht rein zu passen schienen. Während die Aura von allen anderen rot und feurig von Aufregung und Freude zu strahlen schien, war ihre Aura blau und dunkel. Von ihnen gingen Unruhe und Unbehagen aus. Ich dachte mir jedoch nichts dabei und bemühte mich Zecke nicht zu verlieren. Polizeiinspektor Yagami und sein Assistent zwangen sich durch die Menge, als sie die Wege mit zwei Punks kreuzten, die offenbar auf der Suche

nach einem ruhigeren Ort waren. „Sir? Der Typ eben in blau war einer der führenden Köpfe von psychedelic anarchy. Wir sollten ihnen nachgehen“, informierte der Assistent seinen Vorgesetzten, musste sich jedoch mehrere Male wiederholen, aufgrund der lauten Musik. Als sie sich umsahen, waren die beiden Punks in der Menge verschwunden. Sie streiften Suchend über das Gelände und vorbei an den Rennwagen, als ein Fahrer hinter ihnen den Motor seines Wagens aufheulen ließ. Erschrocken drehen sie sich um und standen direkt vor dem metallic blauen Lamborghini, der ihnen in der Mordnacht von Mrs. Fujikage von der Polizeistation

entkommen war. „Wir dürfen nichts überstürzen“, wies Yagami seinen Assistenten an. Der Fahrer ließ den Motor mehrere Male aufheulen und die Menge schrie. „Hey, Neulinge. Beweist euch und gewinnt das Rennen“, erklang eine dunkle Stimme hinter den beiden Kommissaren. Sie drehten sich um und standen einem Goth gegenüber, der ihnen einen Schlüssel vor die Nase hielt. Yagami nahm den Schlüssel und fragte dann: „Welcher Wagen?“ Der Goth wies auf einen schwarzen Porsche. Die Kommissare gingen auf das Fahrzeug zu und Yagami bekam grade noch mit, wie der Fahrer des Lamborghini mit dem Goth sprach: „Willst du dich nicht von

deinem Porsche verabschieden? Du weißt der wird die Idioten nicht überleben.“ Der Goth lachte. Yagami biss sich auf die Unterlippe und sieg auf die Fahrerseite des Porsche. Er startete den Motor und erschrak über die Lautstärke. Vorsichtig fuhr er an die Startlinie, wo der Lamborghini bereits wartete. Jemand klopfte an die Beifahrertür und nach einigen Sekunden des Suchens betätigte Yagami den Schalter, um das Fenster zu öffnen. „Hey Opi, folge den Maskierungen der Strecke, dann geht alles gut oder orientier dich an den Rücklichtern deines Gegners, falls du sie noch sehen kannst“, riet ihm der Goth von zuvor. Die Umstehenden lachten und

Yagami schloss wieder das Fenster. Raity ging in einem freizügigen Kimono zwischen den Wagen entlang und stellte sich vor die Startlinie und hielt ein seidenes Taschentuch in Luft. Zecke, der im Lamborghini saß, spielte mit dem Gas, bis Raity das Tuch losließ und fuhr mit durchdrehenden Reifen an, etwas zögerlich folgten ihm die Cops. Es war Zecke´s Lieblingsstrecke, weshalb er nach nur wenigen Sekunden die Führung gewann und seine Gegner abgeschüttelt hatte. Er war jedoch erstaunt, wie gut sich die Cops schlugen, wobei sie sie auch regelmäßig verfolgten. Kein Wunder, jedoch konnten sich nie

aufschließen. Nach ungefähr der Hälfte der Strecke ließ Zecke sich jedoch zurückfallen, sodass beide Wagen nebeneinander fuhren. Er drängte den Porsche immer weiter an den Rand der Straße und damit auch an den Rand der Brücke auf der sie sich befanden. „Bist du bereit?“, fragte Zecke. Chaos nickte und öffnete das Fenster der Beifahrertür. Die Cops hatten die Aktion bemerkt und öffneten auch ihr Fenster, doch damit hatten sie ihr Todesurteil unterschrieben.

Kapitel 24

Yagami´s Assistent bemerkte, wie das Fenster des Lamborghini sich öffnete und informierte seinen Vorgesetzten. „Kann es sein, dass sie reden wollen?“, fragte er dann. Yagami zögerte einige Sekunden und öffnete dann das Fenster auf seiner Seite. Als er jedoch zum anderen Wagen hinüber sah, erkannte er Chaos Valentin auf dem Beifahrersitz mit einer AK-47 im Anschlag. Die Gedanken des Inspektors rasten. Chaos war blind und überhaupt, was hatte er mit psychedelic anarchy zu tun? Doch bevor er weiter denken, geschweige denn handeln, konnte drückte Chaos ab und löste

mehrere Salven aus. Der Porsche geriet außer Kontrolle und Chaos beobachtete, wie der leblose Polizist hinter dem Steuer zur Seite sackte. Dabei riss er das Lenkrad herum, sodass der Porsche durch die Brückenbegrenzung brach und mehrere Meter in die Tiefe stürzte, bevor er unten von den Wassermassen des reißenden Flusses verschluckt wurde. Zecke brachte den Lamborghini zum Stehen, er und Chaos stiegen aus und gingen zum Rand der Brücke. Sie konnten Teile des Wracks in der Dunkelheit ausmachen und wie sie vom Fluss davon getragen wurden. „Ich denke nicht, dass wir die

Wiedersehen werden“, meinte Zecke und ging zurück zum Wagen. Chaos jedoch starrte noch immer in den Fluss. Die Kontaktlinsen von Noiz waren ein Wunder, er konnte wieder sehen und das viele Male besser als ein normaler Mensch. Er glaubte, er hätte etwas oder jemanden gesehen, der versuchte sich aus dem Wrack zu befreien. „Kommst du?“, rief Zecke. Chaos sah ein letztes Mal in dem Fluss, wand sich dann ab, lief zum Lamborghini und sobald er eingestiegen war fuhr Zecke zügig los. „Die anderen Bulle werden bald hier sein“, erklärte er, während Chaos sich anschnallte. „Und wohin fahren wir jetzt?“, fragte der Punk. „Wir gewinnen das Rennen und

werden wasted. Wir haben einige Leute die Schmiere stehen und den Polizeifunk abhören. Aber mal ´n anderes Thema. Wie sind die Kontaktlinsen?“, antwortete Zecke mit konzentrierten Blick auf die Straße. „Es ist noch ein wenig ungewohnt einen Fremdkörper im Auge zu haben, aber Noiz hatte recht, die Sicht ist Wahnsinn!“, meinte Chaos und beobachtete Zecke beim Fahren. Zecke driftete ins Ziel und die Menge umflutete das Auto. Beide Punks stiegen aus und ließen sich feiern. „Hey, wie ist´s gelaufen?“, fragte Noiz und drückte Chaos und Zecke jeweils ein Bier in die Hand. „Dieser kleine Psycho hier ist der Hammer mit der AK in der Hand“,

prahlte Zecke und warf Chaos einen Arm über die Schultern. „Wirklich? Dann scheinen die Linsen ja zu funktionieren“, grinste Noiz, „allerdings bereue ich es schon, diesen Idioten meinen Porsche gegeben zu haben“, räumte der Goth dann gespielt traurig ein. „Ach, du kannst dir einfach ´n neuen Klauen. Für Chaos müssen wir demnächst auch ´n Wagen besorgen, dann bringen wir dir einen mit“, grinste Zecke. Die Drei lachten auf und schlossen sich dann der Menge an, die zu Anti Flag´s „Die for your Government“ poggte und betranken sich maßlos.

Kapitel 25

Das Licht brach durch die hohen Fenster und durchfluteten den Schlafsaal in psychedelic Anarchy´s Hauptgebäude. Doch ich wurde nicht durch die Sonne geweckt oder die angenehme Briese die sich in den Raum geschlichen hatte, sondern durch einen Fuß, der mir in den Rücken gestoßen wurde. Ich wollte mich aufsetzten, um zu sehen, wer mich getreten hatte, doch sobald ich mich bewegte schoss mir ein gleißender Schmerz durch den Kopf und zwang mich zurück auf den Boden. Mein Körper krampfte sich zusammen und ich glaubte meinte Kopf würde explodieren.

Nach einer Weile wandelte sich das Stechen in ein dumpfes gleichbleibendes Pochen, welches mir erlaubte, mich aufzurichten. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und bemerkte, wie verschwommen meine Sicht war. Die Kontaktlinsen mussten verrutscht sein. Sie reizten meine Augen und ließen sie tränen. Mühsam stand ich auf und bahnte mir einen Weg durch die anderen Schlafenden, dabei geriet ich mehrfach aus dem Gleichgewicht und drohte auf die eine oder andere Person zu fallen. Smoke saß an seinem Schreibtisch und sortierte die Akten der Patienten, als er

Chaos in der Tür entdeckte. „Na Schlafmütze, was gibt´s?“, fragte er dann munter. Er hatte sich am Vorabend vom Alkohol fern gehalten, weshalb es ihm blendend ging. Chaos rieb sich eine Schläfe und taumelte in den Raum. „Mein Kopf tut soo weh und irgendwas stimmt mit den Kontaktlinsen nicht“, erklärte er mit zerknitterter Stimme. Smoke schmunzelte, stand auf und kam seinem Kumpel entgegen, um ihn zu stützen. Er setzte Chaos auf ein freies Bett und ging zu einem Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. „Ich werde erst einmal die Kontaktlinsen entfernen, damit deine Augen sich erholen können“, erklärte er und kam zurück. Chaos sah

ihn an und Zecke erkannte das Unwohlsein in dessen Augen. „Es wird am Anfang etwas unangenehm sein, aber irgendwann kannst du sie auch selbst einsetzten und entfernen“, erklärte Smoke und hielt Chaos´ Kopf mit der einen Hand fest. Sofort verspannten sich die Nackenmuskeln des 18 – Jährigen, doch der Doc überspielte dies und begann die Linsen zu entfernen. Und obwohl Chaos versuchte sich zu entspannen, krampfte sich sein Körper unweigerlich zusammen und versuchte sich gegen Smoke´s Vorgehen zu wehren. Kurz darauf befanden sich beide Kontaktlinsen in einem kleinen Container mit einer Lösung, um sie sauer

zu halten. Chaos lag auf der Seite zusammengerollt und mit einem Kühlpack auf der Stirn. Er hatte die Augen geschlossen, schaffte es jedoch nicht zu schlafen. Allerdings konnte sein Körper auch so zur Ruhe kommen. Smoke ging zurück an seinen Schreibtisch, von wo aus er Chaos im Blick hatte und gleichzeitig weiter arbeiten konnte. Als die Polizeistreife über die Brücke fuhr, sah einer der Beamten in den Fluss hinab und erkannte einige Wrackteile, welches einige hundert Meter Fluss abwärts ans Ufer getrieben worden waren. Er wies seinen Kollegen darauf

hin und sie fuhren über eine Seitenstraße hinab zum Ufer. Als wie dort ankamen fanden sie Mr. Yagami´s Assistenten, welcher dort Bewusstlos lag. Einer verständigte sofort einen Krankenwagen, der andere Prüfte den Puls und begann mit den erste-Hilfe Maßnahmen. Er wollte schon aufgeben, als der Assistent auf die Maßnahmen reagierte und der Puls langsam stieg. Nach einer Weile traf der Krankenwagen ein und der Assistent wurde hineingebracht. Sie wollten gerade losfahren, als er erwachte und den Polizisten nach Herrn Yagami fragte. „Wir haben ihn noch nicht gesehen, aber wir werden sofort nach ihm suchen“,

erklärte dieser und kletterte aus dem Krankenwagen. Er und sein Kollege begannen das Ufer abzusuchen und forderten Verstärkung an, als sie es plötzlich durch das klare Wasser auf dem Grund des Flusses liegen sahen.

Kapitel 26

„Sag mal, was siehst du eigentlich, wenn du keine Kontaktlinsen trägst?“, fragte Smoke nach einer Weile. Chaos öffnete ein Auge zur Hälfte, als müsste er es zunächst überprüfen, bevor er eine Antwort geben konnte. „Im Grunde ist alles dunkler als Schwarz, so wie sie es bei ´normalen´ Blinden beschreiben. Aber wenn ein Objekt vor mir steht, wie ein Tisch, dann sehe ich ihn wie eine durchsichtige wabernde Masse, in der sich das Schwarz bricht. Menschen sehen so ähnlich aus, nur das von ihnen ein Licht ausgeht. Bis jetzt habe ich vier Farben entdeckt: du, Zecke und Noiz seid

Sonnengelb. Ihr seid meine Freunde und ich kann euch vertrauen. Diese Farbe haben die meisten hier bei psychedelic Anarchy. Raity ist rot, ich kann sie noch nicht einordnen. Sie ist anders. Dann gibt es noch die in dunklen Farben, die sich kaum vom Schwarz abheben. Sie sind verdorben, wie die Ärzte und Polizisten. Und es gibt Menschen die aussehen wie der Tisch: durchsichtig. Sie sind tot“, erklärte Chaos, wobei er beim Gedanken an Raity kurz inne hielt. Er konnte sie tatsächlich als einzige nicht in Gelb oder dunkel einordnen. Ihr Inneres war viel komplexer und versponnener als das anderer. Smoke hatte aufmerksam mitgeschrieben.

„Hilft dir diese Farbunterteilung auch beim Kämpfen?“ fragte er dann. Der Doc sah aus dem Augenwinkel, wie Chaos zusammen zuckte. „Ich weiß, dass du für den Serienmord aus dem Fernsehen verantwortlich bist. Allerdings hat hier beinahe jeder solch eine Vorgeschichte, ich selbst habe auch keine reinen Hände“, führte er weiter aus. Das Thema war Chaos sichtlich unangenehm, doch als er Smoke´s Geständnis hörte sah er überrascht auf. „Ja, sie helfen. Menschen, die die Sonne in sich tragen tun mir nichts, weshalb ich sie auch nicht angreife. Nur die Verdorbenen bekämpfe ich, beziehungsweise momentan waren es nur die Ärzte,

die…“, er brach den Satz ab. Smoke sah von seinem Notizblock auf, legte den Stift zur Seite und stand auf und stürtze zu Chaos. Es war dieselbe Erinnerung, die sich wieder und wieder in meinem Kopf abspielte, wie eine Schallplatte mit einem Sprung. . Ich sah durch die Augen eines anderen, sah eine weiße Decke über mir. Es beute sich eine Frau über mich, eine Spritze in der Hand. Ich wollte zurückweichen, doch es ging nicht. Ich wurde von etwas festgehalten. Sie kam immer näher, mein Auge fokussierte auf die Nadel der Spritze, bis diese kurz vor meinem Augapfel inne hielt. Ich wollte

den Kopf abwenden, die Augen verschließen, doch es ging nicht. Je öfter ich die Sequenz sah, desto klarer wurde das Bild. Die Frau war dieselbe, die ich vor nicht allzu langer Zeit im Präsidium getötet hatte, ich wusste noch immer nicht ihren Namen, doch ich musste ihn nicht wissen. Ich musste nur wissen, dass sie mir nie wieder schaden würde. Mir wurde jedoch klar, dass es sich nicht um jemand anderes handelte, durch dessen Sicht ich sah, sondern lediglich eine andere Zeit. Es waren meine Augen, bevor sie mir wehgetan hatte und mir meine Sicht genommen hatte. Die Szene wiederholte sich endlos und es

geschah jedes Mal dasselbe, immer noch mal, noch mal und noch mal. So oft, das ich beinahe das kleine Detail übersehen hatte, welches sich irgendwann hinein geschlichen hatte. Es war mir zuvor nicht aufgefallen, da ich auf die Nadel fixiert war und Angst mir den Verstand raubte. Doch nun sah ich ihn: Ein Mann stand hinter einer Glasscheibe und beobachtete das Handeln der Frau. Seine Präsenz war verdorbener als alle anderen, die ich bislang gesehen hatte. Und seit ich aus der Klinik entkommen war, hatte ich ihn nicht wieder gesehen. Er lebte also noch. Chaos´ Körper hatte sich zusammengekrampft und sein Blick war

weit aufgerissen. Doch er sah nicht. Auf jeden Fall nichts aus dieser Welt. Smoke packte den 18 – Jährigen an den Schultern und drehe ihn auf den Rücken. Er versuchte Chaos´ Muskeln zu entspannen, doch es gelang ihm nicht. „Chaos! Chaos!“, Smoke rief immer wieder seinen Namen, doch dieser hörte es nicht. Er schien sich wieder an etwas zu erinnern, doch was konnte es sein, dass er in solch eine Schreckstarre verfiel? „Was ist mit ihm?“, fragte Raity und kam in die Krankenstation. „Er hat wieder eine Panikattacke“, erklärte Smoke, wobei seine gesamte Konzentration bei Chaos lag. „Wenn die Panik sich in dir

selbst ausbreitet, wirst du es nicht schaffen sie in ihm zu lösen“, erklärte Raity mit ihrer rauen, ruhigen Stimme. Sie legte sich neben Chaos und zog seinen Kopf an ihre Brust. Sie atmete bewusst gleichmäßig und hielt Chaos so, dass er ihren regelmäßigen Herzschlag hören konnte. Dann wiegte sie ihn in kleinen Bewegungen hin und her, damit seine Muskeln sich lösten. Sie begann leise zu singen. Ein altes japanisches Volkslied: Mori mo iyagaru, Bon kara saki-nya Yuki mo chiratsuku-shi, Ko mo naku-shi Bon ga kita-tote, Nani

ureshi-karo Katabira wa nashi, Obi wa nashi Kono ko you naku, Mori wo ba ijiru Mori mo ichi-nichi, Yaseru-yara Hayo-mo yuki-taya, Kono zaisho koete Mukou ni mieru wa, Oya no uchi Mukou ni mieru wa, Oya no uchi Ich bemerkte, wie ich mich von der Erinnerung löste, obwohl sie an mir festhielt und mich nicht gehen lassen wollte. Doch ein warmes und liebliches Rot begann mich zu umhüllen und verdränge die Erinnerung. Ich schloss die Augen

und ließ mich in die Wärme des Rots fallen und glaubte in der Ferne Raity´s Stimme zuhören. Sie sang, mit dieser tiefen, rauen Stimme die mich seit unserem ersten Treffen an sie fesselte. Ich löste mich vollkommen von der Erinnerung und ließ mich von Raity´s Stimme leiten. Nachdem die Erinnerung endgültig fort war, öffnete ich die Augen und tastete mich durch den roten Schleier, der mich umgab, bis ich in der Ferne ein Licht sah. Hell, gelb und warm schien es nach mir zu rufen, darauf zu warten, dass ich kam. Also folgte ich dem Licht. Dort angekommen schritt ich durch eine Öffnung und trat ein in die Realität.

Meine Sinne kamen zurück. Ich erinnerte mich, dass ich auf der Krankenstation war, das Pochen in meinen Schläfen erinnerte mich an vergangene Nacht. Und – ich spürte sie.

Kapitel 27

Chaos´ Körper hatte sich nun vollkommen entspannt und auch seine Atmung hatte sich reguliert. „Danke, Raity. Ohne dich hätte ich wirklich ein Problem gehabt“, meinte Smoke und ließ sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen. Raity lächelte, sagte jedoch nichts, um Chaos nicht wider zu verwirren. Sie betrachtete sein Gesicht und ihr viel auf wie abgespannt er war. In diesem Moment öffnete der 18 – Jährige erst das eine und kurz darauf beide Augen und sah in ihre. Hinter dem milchigen Schleier konnte sie das braun seiner Augen erahnen und sah die

Erkenntnis in ihnen. „Raity“, flüsterte er und versuchte sich auf zu setzen. Doch sein Körper war noch zu schwach, um sich zu bewegen. Sie löste sich von ihm und strich ihm durch das gefärbte Haar. „Schön, dass du wieder da bist. Ruh dich erst einmal aus“, begrüßte sie ihn, küsste ihn auf die Wange und verließ den Raum. Ihr schwarzer seiden-Kimono war nur locker gebunden und ließ sich vom Wind tragen. Chaos sah ihr nach, drehte sich um und bemerkte Smoke, der ihm einen verheißungsvollen Blick schenkte. Noiz hatte wie immer die Jalousien zugezogen, weshalb die einzige Lichtquelle der Monitor vor ihm war. Er

hatte wie immer das Darknet nach Informationen durchkämmt. Sei es, dass andere Organisationen dumm genug waren ihre Pläne zu veröffentlich oder die Polizei nicht begriff, dass sie viel zu auffällig agierte. Noiz fand diese Details und leitete sie gleich an Zecke weiter. An diesem Vormittag hatte er beschlossen mehr über Chaos´ Situation herauszufinden und es hatte nicht lange gedauert, bis er die Firewall der psychiatrischen Klinik durchbrochen hatte, aus der Chaos geflohen war. Er scrollte durch die Akten und ließ im Hintergrund ein Suchprogramm laufen mit Chaos´ Beschreibung, da er dessen richtigen Namen nicht kannte. Noiz hatte

die Akten der ermordeten Ärzte gefunden und zu ihnen gehörende Klinikinterne Unterlangen, die sie besser nicht digital gespeichert hätten. Er druckte sie aus und legte sie in einem Ordner für Zecke an, da dieser nicht sonderlich viel von digitalen Dokumenten hielt. Das Suchprogramm ploppte auf und meldete, dass niemand der auf die Beschreibung passen könnte gefunden werden konnte. Noiz überlegte kurz, änderte dann die Codierung und ließ das Programm noch einmal die Datenbank absuchen, als es plötzlich an der Tür klingelte. Er stand auf, wobei seine Knie ihm mit lautem Protest klar machten, er solle nicht so lange im Schneidersitz

sitzen. Er ging zur Tür und sah durch den Spion. Draußen stand Zecke, als hätte er gefühlt, dass es Neuigkeiten gab. Noiz öffnete die Tür und ließ seinen Kumpel hinein, wobei das Tageslicht ihn so stark blendete, dass er seine Hand vor die Augen halten musste. „Bin ich so strahlend schön?“, fragte Zecke scherzhaft und trat ein. „Ja klar, immer doch“, grinste Noiz und ging zurück an seinen PC. Er nahm den Ordner und hielt ihn Zecke hin. Dieser nahm ihn in die eine Hand und reichte dem Goth mit der anderen ein Dosenbier. Sie stießen an und Zecke blätterte durch den Papierstapel. „Und das kann was genau? Meine Hausaufgaben für Wirtschaft und

Politik?“, meinte Zecke sarkastisch und ließ Noiz damit wissen, dass er jetzt keine Lust hatte zu lesen. „Das könnte in Bezug auf Chaos ganz interessant sein. Oder besser gesagt in Bezug auf die Klinik in der er war. Die haben da ziemlich krumme Dinger gezogen. Außerdem sind dort die Ärzte aufgelistet, die Chaos schon erledigt hat“, erklärte der Goth und nahm den Zettelblock aus Zecke´s Händen. Er blätterte, bis er an eine Seite ein Post it klebte. „Hier, der Typ könnte der nächste auf Chaos´ Liste sein. Auf jeden Fall ist das der Leiter und er scheint in alle Therapien involviert zu sein“, erklärte Noiz und gab Zecke den Block zurück. Dieser

betrachtete das Bild auf der aufgeschlagenen Seite und überlegte. „Den kenne ich irgendwo her. Kannst du da noch etwas tiefer graben?“, fragte er dann. Noiz nickte und öffnete eine weitere Notiz auf seinem Desktop, um den neuen Auftrag zu vermerken.

Kapitel 28

„Du hast wirklich Glück“, sagte Smoke und ging zu einem Schrank in dem die Medikamente aufbewahrt wurden. Er schloss eine Tür auf und nahm eine Schachtel Tabletten heraus. Danach schloss er die Tür wieder ab. Chaos hatte es in zwischen geschafft sich aufzusetzen. Greller Schmerz schoss permanent durch seinen Kopf. „Ich meine, dass Raity dich mag. Sonst tötet sie die neuen mit ihren Blicken und auch uns anderen zeigt sie immer die kalte Schulter“, meinte der Doc und hielt Chaos die Schachtel vor die Nase. Dieser brauchte einige Sekunden, um zu

verstehen, dass er sie nehmen sollte. „Diese Tabletten könnten dir eventuell helfen mit deinen Panikattacken. Die von heute war wirklich extrem. Am besten du nimmst immer dann eine, wenn du spürst, dass du eine Attacke bekommen könntest. Also hab sie immer griffbereit“, erklärte Smoke. Chaos nickte. „Es tut mir leid, dass ich immer so zusammen klappe. Es ist als würde ein schwarzes Meer mich von den Füßen reisen und ich ertrinke“, erklärte der Punk und schluckte eine Tablette herunter. Wenn es die Anfälle stoppen könnte, würde er es in Kauf nehmen. „Wirklich? Das ist sehr interessant. Ich würde dich gern mehr fragen, aber ich

hab´ Angst, dass du wieder einen Anfall bekommen könntest. Ich werde dich fragen, wenn die Tabletten wirken“, erklärte Smoke und notierte sich den Namen der Tabletten. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Beide sahen zum Eingang wo Zecke stand. „Na, was tuschelt ihr da?“, grinste er, durchquerte den Raum und ließ sich neben Chaos auf das Bett fallen. „Ach, wir überlegen bloß was in Raity´s Kopf vorgehen könnte“, antwortete Smoke und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Zecke lachte. „Niemand wird das je verstehen.“ „Sag mal hast du heute schon was vor?“, fragte er dann Chaos. Dieser sah ihn zerknittert an. „Eigentlich hatte

ich überlegt, es wäre ganz schön mal wieder zu trainieren“, gestand er dann. „Das trifft sich gut. Wir hatten überlegt Nahkampftechniken zu wiederholen. Hättest du Lust uns deinen Stil beizubringen?“ Chaos nickte und sie vereinbarten sich in 30 Minuten in der Trainingshalle zu treffen. Ich ging in den Schlafsaal und nachdem ich mein Bett gefunden hatte zog ich mich um. Zecke hatte mir eine Thai Shorts und ein Synthetik T-Shirt gegeben. Außerdem hatte er mir ein paar Hand- und Fußbandagen, Schienbeinspannschoner und Boxhandschuhe geliehen. Ich wickelte

die Fußbandagen erst und befestigte damit auch mein Dolch. Ich hatte ihn zuvor hier vergessen. Das durfte mir kein zweites Mal passieren. Auch wenn von psychedelic Anarchy keine Gefahr ausging, ist es doch sicherer immer vorbereitet zu sein. Während ich dort in diesem großen warmen Saal saß, begann ich die Welt um mich herum zu vergessen und in Gedanken zu versinken. Diese Menschen waren so nett zu mir, obwohl die Meisten mich nicht einmal kannten und Smoke und Zecke wussten, dass ich Menschen ermordet hatte. Sie hatten nicht einmal nach dem Grund gefragt, sondern einfach hingenommen, als hätte ich gestanden

nicht gefrühstückt zu haben. Ich war erst ein paar Tage hier und doch spürte ich die Veränderung in mir: in mein Leben traten mehr, neue und buntere Farben. Es drehte sich nicht mehr alles um Rache und Mord. Im Gegenteil. Ich überlege, wie ich diese Menschen unterstützen konnte, wie ich mich integrieren konnte. Dabei half ohne frage, dass sie mich mein altes Ich sein ließen. Aus der Zeit bevor diese Klinik mein Leben zerstört hatte. Zecke war auf dem Bett sitzen geblieben und sah Smoke mit ernstem Blick in die Augen. „Was ist los?“, fragte der Doc, nun auch sichtlich ernster. „Ich war bei

Noiz“, antwortete Zecke und kramte den Papierblock aus seinem Rucksack. „Und? Das ist nichts Neues“, meinte Smoke. „Ja, das hier aber schon.“ Mit diesen Worten reichte Zecke den Block weiter. „Das sind Black News also Informationen die nicht an die Öffentlichkeit gelangen und auch nur auf illegalem Weg beschaffbar sind. Es geht um die Klinik, in die Chaos eingewiesen war. Es ist echt krank, was die da machen. Und der Typt da“, er verwies auf die markierte Seite, „könnte für Chaos wichtig sein. Er scheint der Leiter der Klinik zu sein. Er ist der einzige, der in Chaos´ Fall involviert und noch am Leben ist“, erklärte Zecke. Smoke

betrachtete das Bild und blätterte dann weiter. „Ich werde mich mit Noiz und dem alten Mann zusammen tun und das weitere Vorgehen besprechen“, schlug Smoke vor. „Ja, das klingt doch mal nach einer sinnvollen Art, den Tag zu verbringen. Ich bin mal auf Chaos´ Unterricht gespannt, das könnte im nächsten Fight ein Vorteil sein“, grinste Zecke. „Der Typ kämpft wahrscheinlich wie ein Monster, wenn ihn lässt“, meinte er dann mit Anspielung an die Mordserie. Mr. Yagami´s Assistent, Mr. Sato, war schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Mehrere Knochen waren gebrochen und er litt an einem

Streifschuss an der Schulter. Nach einer lebensrettenden OP wurde er auf die Intensivstation gebracht, wo Maschinen über sein Leben wachten. Gleichzeitig suchten mehr als ein Dutzend Polizisten nach dem Inspektor Yagami. Es waren Hunde und auch Taucher im Einsatz. Letztere fanden das Wrack des Porsche, welches kurz darauf von der Spurensicherung geborgen wurde. Im Auto fanden sie Mr. Yagami. Seine Leiche war vom Wasser aufgedunsen und es war schwer die Todesursache festzustellen. Er wurde aus dem Wrack geborgen und zur Rechtsmedizin gebracht. Die Beamten hegten die Hoffnung, durch das

Nummernschild des Wagens den Halter herauszufinden. Doch diese Hoffnung wurde in dem Moment zerstört, als die Polizisten feststellen mussten, dass der Wagen zu keiner Zeit ein Nummernschild oder auch nur die Vorrichtung dafür besessen hatte. Sie hatten also keinerlei Anhaltspunkte, um dem Täter näher zu kommen. Was jedoch sofort aufgefallen war, waren die Fahrerseite des Wagens und die Tatsache, dass diese von Einschusslöchern zersiebt war. Es war also zu vermuten, dass Mr. Yagami beim Sinken des Wagens bereits tot war. Doch dies konnte nur die Rechtmedizin mit Sicherheit sagen. Zwei Kommissare wurden abbestellt, um Mr. Sato im

Krankenhaus aufzusuchen und sich nach seiner Gesundheit und im Falle, dass er sein Bewusstsein zurück erlangt hat, nach seiner Erinnerung zu erkundigen. Mr. Sato war in der Tat bei Bewusstsein, als die Kommissare eintraten. Jedoch besaß er nicht die Kraft, sich aufzusetzen. „Wir ermitteln für Sie, in der Zeit, wo sie sich schonen“, erklärte einer der Beamten. „Sie müssten Mr. Himura ausfindig machen und unter Personenschutz stellen! Chaos Valentin hat sich psychedelic Anarchy angeschlossen!“, drängte Sato die Kollegen. Einer gab umgehend einen Funkspruch an die Zentrale ab, während der andere sich Notizen machte und Sato

alles berichtete, was er musste und zu berücksichtigen ist.

Kapitel 29

Ich ging aus dem Schlafsaal, durch die Gänge und Treppenhäuser, bis ich auf der Krankenstation angekommen war. Ich spürte Zecke´s und Smoke´s Anwesenheit und trat in den Raum. „Ah, da bist du ja“, meinte Zecke und drehte sich zu mir um. „Soll ich dir mit den Kontaktlinsen helfen?“, fragte Smoke, doch ich schüttelte den Kopf. Es war zwar schön wieder sehen zu können, aber beim Kämpfen wären sie wohl zu verwirrend und würden mich nur ablenken. Deshalb beschloss ich wie gewohnt im Dunkeln zu kämpfen. Die Beiden akzeptierten meine Entscheidung und ich folgte Zecke

nach draußen und durch Lost District, bis wir in eine große Halle traten. Drinnen befanden sich bereits um die 20 bis 30 Personen, Frauen und Männer gemischt, letztere waren jedoch in der Überzahl. „Hey Leute. Chaos hier wird heute das Training leiten. Er hat ein paar verdammt gute Skills“, erklärte Zecke den Anderen, von denen ein einwilligendes Brummen zurück kam. „Ok, wir beginnen mit einer Aufwärmphase und gehen dann in einen Kraftteil über, damit ich weiß wie weit ihr seid, Dann geht es zu zweit weiter mit dem Technikteil. Gibt es Fragen“, erklärte ich mein weiteres Vorgehen. Jemand hob die Hand: „ Wenn wir zu zweit arbeiten, sind wir dann an den

Pratzen oder am Sandsack?“ „Keins von beiden. Ich gehe davon aus, dass ihr ausgerüstet seid, also kämpft ihr mit 60% eurer Kraft mit eurem Partner. Sonst taugt das ganze nichts“, antwortete ich. Der andere nickte, ein Raunen ging durch die Gruppe. „Wer das nicht will sagt mir das bitte und wir finden ´ne Alternative oder er oder sie muss ein anderes Mal wiederkommen“, ergänzte ich. Kurz nach dieser Aussage verließen einige Wenige die Trainingsfläche. „Wir fangen an mit 10 Minuten Seilspringen. Springt langsam, ihr seid immer hin noch kalt und versucht nach Möglichkeit durchgehend zu springen. Teilt euch eure Kraft und Ausdauer also gut ein“,

erklärte ich. Ich setzte einen Timer und eine Digitaluhr begann die 10 Minuten herunter zu zählen und wir begannen zu springen. Ich bemerkte, dass einige offenbar nicht zugehört hatten, denn sie sprangen so schnell sie konnten und begannen nach kurzer Zeit zu schwächeln oder hörten ganz auf zu springen. „Nicht aufhören! Springt lieber langsam, aber dafür durchgehend. Ihr sollt hier niemanden etwas beweisen“, wies ich die jeweiligen Personen an. Der Rest schlug sich ganz gut. Nach den 10 Minuten stützten sich einige auf ihre Knie, andere schienen konditionell besser zu ein. „Gut, wir

machen eine Minute Pause, dann geht es weiter mit dem Kraftteil.“ Sie gingen alle an den Rand, wo die Wasserflaschen standen und Zecke reichte mir eine, von der ich einen Schluck nahm und sie dann wieder zur Seite stellte. „Während ihr trinkt werde ich die nächste Aufgabe erklären: Jeder sucht sich gleich einen Partner, wer keinen hat kommt zu mir. Ihr geht voreinander in Liegestützstellung und führt gleichzeitig einen Liegestütz aus. Wenn ihr beide wieder oben seid klatscht ihr diagonal ab. Dann wieder ein Liegestütz und mit der anderen Hand abklatschen. Das 2 Minuten lang. Dann 2 Minuten Situps. Dabei könnt ihr die Füße miteinander

verhaken oder auch nicht. Wichtig: Ihr streckt euch so weit wie möglich nach hinten, wenn ihr unten seid und kommt dann so weit hoch, dass ihr miteinander abklatschen könnt. Zum Schluss 1 Minute Superman. Heißt: auf dem Bauch liegen, Knie vom Boden, Arme nach vorn und dann von links nach rechts und wieder zurück schwenken und dabei diagonal abklatschen.“ Ich sah in die Runde und stellte fest, dass niemand eine Frage zu haben schien. Jeder fand einen Partner und die erste Aufgabe begann. Es war durchaus interessant zu sehen, wie unterschiedlich fit diese Menschen waren, aber sie alle hatten den Ehrgeiz die Aufgabe zu beenden.

Nach dieser Aufgabe gab es eine Pause von 2 Minuten. Dabei war auch die Zeit zum Ausrüsten bereits eingeplant. Ich begann mit einer der Basiskombinationen: ein Jep, eine Rechte und ein linker Harken. Dabei erklärte ich wie wichtig es sei, die Hüfte einzudrehen, denn von dort kam die eigentliche Kraft. Ich zeigte die Technik mit Zecke und dann wie der Partner blocken sollte. Dann ließ ich sie trainieren und ging herum, um den einen oder anderen Tipps zu geben. Dabei fiel mir auf, dass beinahe niemand die Hüfte eindrehte. Nach drei Minuten wechselten sie die

Aufgaben. Der zuvor geschlagen hatte blocke nun und anders herum. Ich gab wieder Tipps. Dann nach weiteren drei Minuten führte ich die Kombination weiter. „Was passiert, wenn ich nun den Harken schlage, der andere aber ausweicht?“, fragte ich in die Runde. „Man würde reinfallen“, antwortete ein Mädchen. „Genau, aber das darf euch nicht passieren, also müsst ihr reagieren“, erklärte ich und simulierte erst das rein fallen in Slowmotion und dann die richtige Lösung: eine gedrehte Backfist. Dabei nutze man die Kraft des Harkens um sich weitere 270° zudrehen und den Gegner mit dem Handrücken an der Schläfe zu treffen. Dazu zeigte ich

auch den passenden Block. Wieder 6 Minuten Übungszeit und Korrektur. Danach ging ich über zu den Beintechniken. Um genauer zu sein dem sogenannten Lowkick. Ich erklärte wie das Standbein eingedreht werden musste, um die Gelenke zu schonen und tatsächlich die meiste Kraft beim Gegner zu entladen. Außerdem die Haltung der Hände um Schwung zu holen und das eigene Gesicht zu schützen, den Einsatz der Hüfte und die Schwerpunkt Verlagerung. Danach hatte jeder 5 Minuten Zeit die Theorie in Praxis um zu setzten, was allerdings nicht jedem gelang. Viele waren nicht in der Lange, das Standbein weitgenug einzudrehen,

was auf zu wenig Flexibilität zurück zu führen war. Das konnte aber nicht in 5 Minuten behoben werden. „Nun gehen wir einen Schritt weiter. Ich ziele mit einem Lowkick auf die Milz meines Gegners, aber er hält mein Bein fest. Das schlimmste, was passieren kann ist, dass er mir das Bein wegzieht und mich aus dem Gleichgewicht bringt“, erklärte ich während ich die Situation gleichzeitig mit Zecke simulierte. „Um das zu vermeiden, müsst ihr wie eben mit dem Harken, immer einen Plan B haben.“ Ich Führte wieder einen Tritt in Slowmotion aus und Zecke hielt mein Bein wieder fest. „Jetzt nutzt ihr nämlich

die Tatsache, dass er euch festhält. Ihr verlagert euer gesamtes Gewicht auf seinen Hüftknochen und drückt euch vom Boden ab.“ Auch das simulierte ich. Als Resultat schien es, als würde Zecke mich tragen. Ich erklärt, dass sie nun sich so schwer wie möglich machen sollten und einen Ellenbogenstoß von oben nach unten auf den Kopf ausführen sollten. „Führt diese Attacke im Training aber nicht ganz nur, sonst hat Smoke heute so viel zu tun“, meinte ich und hatte die Lacher auf meiner Seite. Dennoch hatte jeder die Botschaft verstanden und es gab keine Verletzten. „Das Dehnen überlasse ich jedem selbst. Ich kann euch aber nur raten es zu tun, sonst schränkt

ihr euch selbst unnötig ein“, erklärte ich am Ende des Trainings. Einige berücksichtigten den Rat, andere nicht. Zecke und ich dehnten uns für ca. 10 Minuten, dann meinte er:“ Sag mal, hast du Lust in einer der Hotsprings zu baden? Das wäre glaube ich echt gut für die Muskeln nach so einem anstrengenden Training.“ Ich nickte: „Klar gerne. Ich war noch nie bei einer Hotspring. Ist das wirklich so ein großes altes Badehaus?“ Zecke grinste und erzählte mir, wie der alte Mann das Badehaus und den gesamten Bereich darum für psychedelic Anarchy erobert hatte, während wir uns auf den Weg

machten.

Kapitel 30

Es war bereits dunkel, als Chaos und Zecke vor den Eingang des Badehauses traten. „Aber du musst zugeben, dass das echt gut getan hat“, meinte Zecke und gab Chaos eine Dose Bier. Dieser nickte, öffnete das kühle Getränk und nahm einen großen Schluck. „Ja, die Wärme hat die Muskel gut gelöst“, stimmte er dann zu. Sie gingen durch Lost District, während zwischen ihnen eine angenehme Stille herrschte. Zecke musste unwillkürlich immer wieder an die Narben denken, die er zuvor auf Chaos´ Rücken gesehen hatte. Er hätte zu gern gefragt, woher sie

stammten, doch er wusste genau, dass diese Frage Erinnerungen wecken würde, die hätten nie entstehen dürfen. Er schlussfolgerte, dass sie wahrscheinlich in der Klinik entstanden sein mussten, in die Chaos eingewiesen war. Chaos hingegen betrachtete die Landschaft, in die vertraute Dunkelheit seiner Blindheit getränkt. Trotzdem spürte er, dass dieser Ort schon vor langer Zeit von der zivilisierten Welt, wie diese Bastarde sich selbst profilierten, verlassen worden war. Aus den Rissen im Asphalt unter seinen Füßen wuchsen große Büschel Gras und andere Büscher und Stauden. Die meisten Häuser hier waren nichts weiter als

Ruinen. Chaos schlussfolgerte, dass hier vor vielen Jahren ein erbitterter Kampf geherrscht haben musste und psychedelic Anarchy gewonnen hatte, da sie nun in diesem verlassenen Stadtviertel leben. Nach 10 Minuten waren sie am alten Hotel, dem Hauptquartier, angekommen. „Was wirst du jetzt machen?“, fragte Chaos und trank den letzten Schluck Bier. „Ich werde erst einmal zu Smoke gehen und schauen, ob es irgendwelche Neuigkeiten gibt. Wenn du willst kannst du mitkommen. Es kann sein, dass er auch was zu deinem Fall herausgefunden hat“, bot Zecke an. >Bei meinem Fall? <, dachte Chaos und ein alt bekannte Art von Dunkelheit breitete sich in ihm aus.

Dieselbe Dunkelheit, die ihn erfüllt hatte, als er die Ärzte ermordet hatte. So kalt, kontrolliert und gnadenlos. Smoke saß, wie beinahe den ganzen Tag schon, hinter seinem Schreibtisch in der Krankenstation und blätterte durch den Papierblock, den Zecke im am Vormittag gegeben hatte. „Hey, ihr zwei kommt genau richtig. Ihr wurdet für heute Nacht für einen Auftrag eingeteilt“, begrüßte Zecke die beiden Punks. Sie traten ein und setzten sich auf eines der freien Betten. Smoke erklärte ihnen, dass Mr. Sato, Yagami´s Assistent, den Anschlag auf der Brücke überlebt hatte und ins örtliche Krankenhaus gebracht worden war. „Eure Aufgabe wird sein, aktuelle

Informationen über den Stand der Polizeiermittlungen zu beschaffen und ihn dann zum Schweigen zu bringen. Außerdem müsst ihr den Standort von Mr. Himura aus ihm herausbekommen. Der Typ ist nämlich für alles, was dir passiert ist, verantwortlich.“ Beim letzten Satz sah er Chaos an und erschrak über die Kälte in dessen Augen. So hatte er ihn noch nie gesehen. „Ok, wann geht es los?“, fragte Zecke. Smoke nannte ihm die Details von Uhrzeit und Standort, dann gingen Chaos und Zecke in den Schlafsaal, um sich umzuziehen. Sie trugen immerhin noch ihre Trainingsklamotten. Chaos trug die einzigen Klamotten, die

er, bis auf die Trainingssachen, momentan besaß: Lederboots, rote Tartanhose und schwarzes Muskelshirt. Zecke hatte ihm gezeigt, wie er den Mohawk selbst stylte, denn er gelte seine blauen Haare zu Liberty Spikes. Dazu trug er ein schwarzes T-Shirt von the Misfits, eine blaue Tartanhose und schwarze Chucks. Nachdem sie sich fertig umgezogen hatten, gingen sie in das erste Kellergeschoss, wo sich das Waffenlager befand. „Ich fände es gut, wenn du neben deinem Dolch auch eine Distanzwaffe mitnehmen würdest“, meinte Zecke auf dem Weg nach unten. Ihm war nicht entgangen, wie Chaos den Dolch zuvor in

seinen rechten Stiefel verschwinden hat lassen. „Ok, du musst mir dann nur erklären, wie ich das Ding benutzte. Du kennst ja meinen Erfahrungsgrad mit Waffen“, antwortete Chaos und fühlte dabei das kalte Metall der Klinge an seinem Bein. Er würde den Dolch nie wieder irgendwo liegen lassen. Die Dunkelheit warf ihren langen Umhang über die zwei Gestalten, die an der Rückseite des Krankenhauses entlang schlichen. Sie verdunkelte das Licht des Mondes und raubte sowohl den Gestalten, als auch der Umgebung jegliche Farbe, sodass die Szene auf ein verschleierndes Schwarz mit silbernen

Akzenten reduziert wurde. Die Personen blieben beim hinteren Drittel des Gebäudes stehen, sahen sich um und fanden einen für ihr Vorhaben passenden Baum, den sie in wenigen Minuten erkletterten. Sie verharrten in der Baumkrone, geschützt vom Blätterdach und der immer währenden Dunkelheit der Nacht. „Kannst du etwas erkennen?“, fragte Zecke flüsternd. Chaos starrte konzentriert zum Krankenhaus hinüber. Das digitale rot der Kontaktlinsen glühte in der Dunkelheit und verursachten einen kalten Schauer, der Zecke den Rücken hinunter lief. Noiz hatte Chaos beim Aushändigen der Linsen erklärt, dass diese nicht nur seine

Fähigkeit zu sehen wiederherstellten, sondern diese auch erweiterten. Sie funktionierten zusätzlich wie ein Nachtsichtgerät und es war für ihn möglich Häuser wie in einem 3D Modell zu sehen. Das war der Grund, warum Chaos die Linsen in dieser Nacht trug. Er sah in dem Raum, gegenüber von ihrem Versteck, eine Person in einem Bett, angeschlossen an mehrere Geräte. Auf dem Flur vor dem Zimmer hielten zwei Polizisten wachen. Einer schlief. Ein Stockwerk tiefer hielt sich ein weiteres Dutzend Polizisten für den Ernstfall bereit. Außer der Person im Bett, der Zielperson, befand sich ein Arzt im

Raum. Er überprüfte den Monitor von einer der überlebenswichtigen Maschinen. Chaos berichtete, was er sah. Daraufhin öffnete Zecke seinen Rucksack und fischte ein Seil mit Enterharken heraus, er holte weit aus und warf den Harken, welcher sich daraufhin an dem Mauervorsprung über dem Fenster verkeilte. Er zog am Seil, um die Festigkeit zu überprüfen, als das Fenster sich öffnete. Der behandelnde Arzt hatte das Geräusch des Harkens gehört und war verwundert zum Fenster gegangen. Chaos sah die Erkenntnis in dessen Augen, doch es war zu spät. Zecke hatte sich bereits von dem Ast, auf dem er gehockt hatte, abgestoßen und bewegte

sich in Richtung Fenster. Er zog die Knie an und bereitete sich auf den Aufprall vor, wobei er dem Arzt auf den Brustkorb trat und dieser bewusstlos zu Boden fiel. Chaos hatte in der gleichen Zeit ein M82A1 Scharfschützengewehr aus dessen Koffer geholt und zielte nun unmittelbar neben den Kopf seines Kumpels. Er hatte allerdings das Zielfernrohr abgebaut, da er es wegen der Kontaktlinsen nicht gebrauchen konnte. Zecke landete hart, aber dennoch auf seinen Füßen. Er hatte die Bewusstlosigkeit des Arztes überprüft und sich aufgerichtet, als die Tür sich öffnete und ein Mann in Polizeiuniform

hereinsah. „Ist alles…“ Zeckes Herz setzte einen Schlag aus. Sicher er hatte sich und seine Kampfkraft schon in zahlreichen Kämpfen bewiesen, jedoch hatte dieser Mann eine Waffe und er nicht und es war ungewiss, ob Chaos auf Anhieb mit der M82A1 zurechtkam. In diesem Moment spürte Zecke einen Luftzug an seiner Wange und sah in das ungläubige Gesicht es Polizisten, als dieser leblos zu Boden sank. Obwohl Chaos den Schalldämpfer eingesetzt hatte, war der Schuss trotzdem noch laut genug gewesen, als was der zweite Polizist es hören konnte, seine Kollegen allarmierte und dann in den Raum trat. Allerdings kam er nicht viel weiter als

sein Kollege, da Chaos im selben Zeitraum nachgeladen und neu angesetzt hatte. Zecke ging an das Bett, in dem Mr. Sato lag. Er bedeutete diesem keinen Ton von sich zu geben und begann die Infusion zu entfernen. Er hörte das Getrampel der Polizisten auf dem Flur und wusste, er musste sich beeilen. Die Tür flog auf der erste Polizist stürmte in den Raum, doch der erwartete Schuss blieb aus. Zecke fuhr herum. Warum schoss Chaos nicht? Da sah er wie sein Kumpel durch das Fenster sprang und im Flug den Dolch aus dem Stiefel zog. Er landete auf dem Brustkorb des ersten Polizisten und

während sie beide fielen, schnitt er seinem Opfer die Kehle durch. Ohne den Aufprall des Körpers auf dem Boden abzuwarten, stieß Chaos sich ab und ging über zur nächsten Attacke. Er löschte ein Leben nach dem Anderen aus und als Zecke einen kurzen Blick auf Chaos Augen erhaschen konnte, schrak er zusammen. Chaos hatte die Kontaktlinsen wieder rausgenommen und in seinen blinden Augen lag nun der Tod. Sein Gesicht trug keinerlei Emotionen, lediglich die Gewissheit, dass keiner seiner Gegner diese Nacht überleben würde.

Kapitel 31

Zecke spürte, wie die Angst in ihm aufstieg. Was das wirklich dieselbe Person, mit der er heute den ganzen Tag verbracht hatte? Sie hatten zusammen trainiert, genau dieselben Techniken, die Chaos jetzt einsetzt, um diese Polizisten kalt und berechnend zu ermorden. Er schüttelte den Kopf, damit konnte er sich später befassen. Jetzt galt die höchste Priorität Sato aus den Krankhaus zu schaffen und so schnell es ging abzuhauen. Er hatte es endlich geschafft jegliche Infusion von Sato zu lösen, hob ihn hoch und warf ihn sich über die Schulter. Der

Beamte schien unter irgendwelchen Beruhigungsmitteln zu stehen, sonst wäre er längst aufgewacht und hätte sich gewehrt. Egal, besser für Zecke, so hatte er weniger Probleme. Er ging zum Fenster, befestigte den Harken erneut und das Ende des Seils an sich selbst und Sato. Dann kletterte er auf die Fensterbank, bereit zu springen. „Chaos! Wir hauen ab!“, rief er nach hinten und sprang. Chaos stieß dem letzten Polizisten den Dolch in die Lunge, war mit einem Satz am Fenster und sprang. Zecke, der sich grade an der Gebäudemauer abseilte, konnte seinen Augen kaum glauben, als Chaos ohne Seil an ihm vorbei sprang. Beide kamen

unten an, Zecke löste den Harken von der Mauer und band sich los. Dann liefen sie zurück durch die Dunkelheit, durch die eine oder andere verlassene Gasse, bis sie zu dem blauen Lamborghini kamen, den sie in einer längst vergessenen Lagerhalle versteckt hatten. Sato landete unsanft auf der Rückbank. Chaos folgte ihm und schloss hinter sich die Beifahrertür. Zecke warf sich hinters Lenkrad, startete den Motor und sie tauchten ein in den nächtlichen Verkehr der Stadt. Während Zecke fuhr, war Chaos damit beschäftigt Sato mit Panzertape zu fesseln und zu knebeln. Das war allerdings nicht einfach, da Zecke in

hohen Geschwindigkeiten um die Kurven fegte und Chaos jedes Mal von einer Seite des Wagens auf die Andere geworfen wurde. „Sorry“, meinte Zecke, den Blick starr nach vorne gerichtet. „Ist schon ok“, antwortete Chaos. Er hatte es endlich geschafft Sato so zu fesseln, dass dieser ihnen keine Probleme bereiten würde und auch nicht, im Falle einer Vollbremsung, vom Sitz fallen würde. Dann kletterte er über die Mittelkonsole nach vorne auf den Beifahrersitz und schnallte sich an. „Was jetzt?“, fragte er und sah zu Zecke. Dieser erwiderte für den Bruchteil einer Sekunde den Blick und Chaos´ Auge zu sehen. Er spürte, wie ruhe in ihn einkehrte, als er sah,

dass der tote Ausdruck in Chaos´ Augen verschwunden war. „Wir fahren zum Dock. Dort können wir ihn in Ruhe verhören. Smoke wird schon da sein und aufpassen, dass Sato diese Welt erst dann verlässt, wenn wir mit ihm fertig sind“, erklärte Zecke. Sie bogen auf die Hauptstraße, nur um festzustellen, dass an deren Ende eine Straßensperre auf sie wartete. „Scheiße“, schrie Zecke. In seinem Kopf rasten die Gedanken. Er konnte nirgends abbiegen, selbst die Fußwege waren versperrt. Einfach durchfahren war auch keine Option, da die Fahrzeuge vor ihnen für diese Aufgabe ausgelegt waren. Panik stieg in ihm auf. Zecke sah zu

Chaos, vielleicht hatte er eine Idee. Dieser kramte im selben Moment hinter Zecke´s Sitz. „Was wird das?“, fragte Zecke und er spürte wie seine Stimme zitterte. „Kannst das Fenster für mich öffnen?“, antwortete Chaos mit einer Gegenfragen. „Ja, aber das ist nur ein Nachteil in dieser Situation!“, erwiderte Zecke. „Mach einfach!“, meinte Chaos und Zecke fiel auf, wie ruhig sein Kumpel war. > Er scheint einen Plan zu haben und wie ich ihn aus den letzten Tagen einschätzten kann, wird dieser Plan auch funktionieren< überlegte Zecke und öffnete das Fenster und ihm blieb der Atem im Hals stecken. Chaos löste den Sicherheitsgurt, steckte den

Oberkörper aus dem Fenster und setzte sich auf dessen Kante. Gleichzeitig zog er eine RGW 60 Panzerfaust mit sich nach draußen. „Halt das Tempo, egal was passiert, klar?“, wies Chaos Zecke an. „Ist klar“, antwortete dieser. Chaos fühlte die Ruhige in ihm, er atmete tief ein, zielte und drückte ab. Das 60mm Geschoss schnellte in Richtung Straßensperre und Chaos war damit beschäftigt die Waffe nachzuladen. Dann der Einschlag. In die Sperre wurde ein riesiges Loch, großgenug für den Sportwagen gerissen und eine enorme Rauchwolke stieg in den Himmel. Zecke hielt auf dieses Loch zu. In derselben Zeit schoss Chaos noch zwei weitere

Geschosse links und rechts in die Sperre, um sie endgültig auszulöschen. Als der Wagen die Sperre durchquerte versuchten einige Mitglieder der Spezialeinheit den Wagen zu blockieren. Chaos, der noch immer im Fenster saß, hielt die Panzerfaust nun wie einen Baseballschläger. „Don´t mess with psychedelic Anarchy!“, schrie er die Männer an. Durch die Geschwindigkeit des Wagens und die Art wie Chaos die Waffe hielt, traf diese die Männer direkt in den Magen, was sie von den Füßen riss. „Komm wieder rein, bevor sie noch anfangen zu schießen“, riet Zecke. Chaos tat wie im Geheißen und warf die Panzerfaust hinter sich. Während er das

Fenster schlossfragte er: „Wer ist denn da noch übrig zum Schießen?“ Zecke lachte. „Stimmt, da hast du eigentlich Recht. Danke, dass du das Problem so schnell beheben konntest“, meinte Zecke und sie fuhren weiter Richtung Docks.

Kapitel 32

Wie Zecke gesagt hatte, wartete Smoke bereits in der Halle an Dock 13. Er schloss die große Schiebetür, nachdem der Lamborghini ihn passiert hatte. Chaos und Zecke stiegen beinahe gleichzeitig aus, doch Chaos war damit beschäftigt Sato irgendwie vom Rücksitz zu hieven, da dieser immer noch bewusstlos war. „Ihr habt ja ´ne ordentliche Show hingelegt“, meinte Smoke und ging auf Zecke zu, der ihm den Bericht über Sato´s Zustand zuwarf. „Ihr habt also wieder den Polizeifunk abgehört?“, antwortete Zecke und vergewisserte sich mit einem Blick zum

Hallentor, dass ihnen niemand gefolgt war. „Klar doch, es war echt zum Schreien komisch. Hättet ihr gesagt, dass ihr sowas abzieht, wäre ich natürlich mitgekommen. Das hätte ich zu gerne gesehen“, grinste Smoke und ging dann zu Chaos und Sato. Chaos hatte die Geisel grob aus dem Auto gezerrt und auf den Boden geworfen. „Ach komm schon Chaos, das ist doch kein Sack Kartoffeln“, meinte Smoke sarkastisch, gab Chaos einen leichten Klaps auf den Hinterkopf und hockte sich neben den bewusstlosen Beamten, um seinen Puls zu überprüfen. Zecke lachte. Chaos rieb sich verlegen den Hinterkopf: „Ich sehe aber zwischen den Beiden keinen großen

Unterschied.“ „Ich erinnere dich daran, wenn das nächste Mal bewusstlos in der Ecke liegst“, meinte Zecke und konnte kaum aufhören zu lachen. Smoke hatte Sato zu einigen Kisten am Ende der Halle geschliffen und ihn dagegen gelehnt. „Was machst du da?“, fragte Chaos, der sich über Smoke´s Schulter gebeugt hatte, als dieser eine Spritze aus seinem Rucksack zog. „Die Ärzte in den Krankenhäuser pumpen ihre Patienten mit tiefen Sedierungen oder Allgemeinanästhesie zu damit sie keine Probleme verursachen. Wie es aussieht ist es in diesem Fall eine tiefe Sedierung. Dieses Mittel hebt praktisch die Wirkung des Narkosemittels auf, was

bedeutet anstatt von mehreren Tagen müssen wir nur einige Minuten warten, bis der Typ aufwacht.“ Mit diesen Worten verabreichte Smoke Mr. Sato die Dosis. „Interessiert dich sowas?“, fragte er dann Chaos. Der ließ sich grade gegen einige der Kisten fallen und sank dann zu Boden, wo er dann sitzen blieb und sich streckte. „Naja, es ist schon irgendwie interessant, wie diese ganzen Stoffe wirken, aber Naturwissenschaften sind nichts für mich“, meinte er und beobachtete die Geisel. „Wo sind deine Kontaktlinsen?“, fragte Smoke überrascht. „Im Auto. Ich musste in den Nahkampf übergehen und da stören die mich“, erklärte Chaos, ohne seinen Blick

von Sato zu nehmen. „Was machen wir gleich mit dem?“, wechselte er dann das Thema. „Wir werden so viele Informationen wie möglich aus ihm herausholen und dann schauen wir, ob wir diese Nacht noch Zeit haben für eine zweite Aktion oder ob wir morgen weiter machen“, erklärte Smoke das weitere Vorgehen und setzte sich neben Chaos. Zecke zog sich einen alten Autoreifen heran und setzte sich den beiden gegenüber. „Und wie bringen wir den zum Reden? Der wird hier nicht gleich wie ´n Quellbrunnen los sprudeln“, wollte er wissen. Smoke dachte nach, als Chaos meinte: „Ich glaube, ich werde ihn schon überreden können.“ Smoke und

Zecke sahen ihn an, als hätte er grade einen Mord zugegeben. „Was? Ich werde ihn schon nicht umbringen! Jedenfalls nicht bevor wir nicht alle Infos haben, die wir brauchen“, versuchte Chaos sich zu verteidigen. Die anderen Beiden lachten. „Na, da haben wir uns ja was Tolles gefangen!“ Kurz darauf setzte das Gegenmittel ein und Sato wachte auf. Nachdem er einige Sekunden gebraucht hatte, um seine aussichtslose Lage zu erkennen, versuchte zu fliehen oder zumindest um Hilfe zu rufen. Doch Aufgrund Chaos´ grandioser Panzertape Technik gelang ihm keins von beiden. Das einzige, was er erreichte war, dass seine Entführer in

lautes Gelächter ausbrachten. Zecke und Smoke saßen etwas weiter hinten, während Chaos sich direkt vor Sato hockte und sich soweit vorbeugte, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten. „Hör mal, du weißt doch noch, wer ich bin oder?“, fragte er dann. Der Tod kehrte in seine Augen zurück, seine Stimme war leise und unheilverkündend. Angst, panische Erkenntnis, aber auch ein funken Hass mischten sich in Sato´s Augen. Chaos sah die Erinnerung an jene Nacht, in der er in der Polizeistation gewesen war. Er hatte Sato und Yagami überlistet und Mrs. Fujikage ermordet. Sato wollte Chaos anschreien, ihm sagen wie sehr er Menschen wie ihn, nein

Monster wie ihn, verabscheute. Doch das Panzertape verhinderte sein Vorhaben. „Darf ich?“, fragte Chaos über seine Schulter. „Klar, aber dann ist es dein Problem, wenn er hier rum schreit“, erwiderte Smoke gleichgültig. Chaos grinste, pulte vorsichtig an eine Ecke des Tapes und riss es dann forsch ab. Sato schrie auf, Schmerz durchflutete sein Gehirn, sein Gesicht brannte. „Was wolltest du sagen?“, fragte Chaos mit dieser höhnischen, unheilverkündenden Stimme. „Bastard!“, keuchte Sato. „Du hast Yagami…“, weiter kam er nicht, denn Chaos unterbrach ihn mit einem Schlag gegen die Schläfe. Mehr Schmerz durchflutete Sato´s Schädel, es pochte.

„Weißt du, das eben nennt man Sarkasmus. Du hättest einfach die Schnauze halten sollen, aber jetzt? Jetzt hast du mich angepisst!“, erklärte Chaos. Jeglicher Hohn glitt aus seiner Stimme, bis reine Dunkelheit zurück blieb. Zecke und Smoke tauschten hinter seinem Rücken einen besorgten Blick aus. Hoffentlich hielt er sich daran, Sato nicht zu früh auszuschalten. „Was wollt i…“ Noch ein Schlag, dieses Mal direkt von vorne auf die Nase. Das Blut lief Sato über die Lippen und tropfte von seinem Kinn herab. „Wir stellen hier die Fragen, kapiert? Du wirst nur Antworten, sonst wirst du die nächste halbe Stunde nicht mehr erleben!“, drohte Chaos. Sato

nickte verängstigt. > Dieser Typ ist doch ein Psychopath! Kein Wunder, dass der eingesperrt war! <, schoss es Sato durch den Kopf. „Weißt du“, begann Chaos und zog den Dolch aus deinem Stiefel, „auch deine Gedanken nerven mich. Ich kann sie in deinen Augen lesen. Das pisst mich echt an.“ Chaos spielte mit dem Dolch direkt vor Sato´s Gesicht. Zecke´s Hand zuckte nach vorne, um Chaos zu stoppen, doch Smoke packte ihn und schüttelte den Kopf. Er hatte so ein Gefühl, dass Chaos noch immer spielte. Chaos legte den Kopf schief. „Weißt du, diese pervertierten Ärzte aus der Klinik haben mich genauso angesehen wie du

jetzt. Ein einfaches Versuchsobjekt ohne Würde. Da kann man ja schon mal unmenschlich werden, interessiert ja sowieso niemanden. Richtig? Naja, in diesem Raum interessiert es auch niemanden, ob du diese Nacht überlebst oder nicht. Also. Wollen wir spielen?“, fragte Chaos und obwohl er Sato nun angrinste, hatten seine Augen sich nicht verändert. „Ich glaube, das reicht jetzt, Chaos. Ich werde erstmal mit ihm reden“, meinte Zecke und setzte sich neben seinen Kumpel. Chaos´ Grinsen verlosch. Er ließ sich nach hinten fallen, sodass auch er im Schneidersitz saß und sah gelangweilt bei der Befragung zu. Sato beantwortete jede Frage, da Zecke

ihm gedroht hatte, ihn sonst mit Chaos alleine zurück zu lassen. Smoke schrieb parallel alles auf. Nach vielleicht 10 Minuten waren alle Fragen geklärt, alle Informationen notiert. „Chaos?“, meinte Zecke, während er und Smoke Richtung Auto gingen. Chaos sah ihn fragend an. „Mach es schnell, ja? In drei Minuten treffen die Bullen hier ein“, forderte Zecke und stieg auf der Fahrerseite des Lamborghinis ein. Smoke ging zu seinem Quad und startete den Motor. Chaos drehte sich zurück zu Sato und grinste ihn an. „Ihr, ihr hattet von Anfang an nicht vor mich am Leben zu lassen!“, schrie dieser panisch, stand wankend auf und versuchte an die Kisten

gestützt zu fliehen. Chaos lachte höhnisch auf, machte einen Satz nach vorne und trennte den Kopf vom Körper. Dann wand er der Leiche den Rücken zu und reinigte die Klinge des Dolches, während er auf den Sportwagen zuging.

Kapitel 33

Als die Polizei am Dock 13 ankamen, stand das Tor weit offen. Die Beamten umstellten die Lagerhalle, in der Hoffnung, jemanden stellen zu können. Als sie jedoch in das Innere der Halle vordrangen, fanden sie nichts außer die Burnout Spuren des längst verschwundenen Lamborghinis. „Verdammt. Sucht das gesamte Gelände nach Spuren und Anhaltspunkten ab“, wies Kommissar Kobayashi seine Männer an, welche sofort mit der neuen Aufgabe begannen. Es dauerte nicht lange, da zerriss ein gellender Schrei der Panik die Nacht.

Kobayashi eilte in dessen Richtung, wo einige seiner Männer sich um ein undefinierbares Etwas gescharrt hatten. „Was ist hier los?“, wollte der Kommissar ungeduldig wissen. „Ein Azubi hat Mr. Sato´s Leiche gefunden“, erklärte einer der Beamten. Kobayashi nickte, trat näher an die Gruppe, die ihm Platz machte, sodass er den Fund begutachten konnte. Als er es jedoch sah, stockte auch ihm der Atem. Vor ihm lag der abgetrennte und mit Prellungen überzogene Schädel Mr. Satos. Kobayashi schluckte. >Diese Bastarde! Wie konnten sie so grausam mit einem verletzten Mann umgehen, der für die Gerechtigkeit kämpfte? < fragte er sich

voller Verabscheuung. „Wo ist der Rest?“, wollte der Kommissar wissen. Kurz darauf wurde die Leiche geborgen. Die Spurensuche ging weiter. „Es schaut so aus, als hätten sie sich hier länger aufgehalten und sich nicht nur auf den Mord beschränkt“, erklärte ein Ermittler. Er zeigte Kobayashi den herangezogenen Reifen und die Blutspuren an den Kisten, an denen Sato kurz zuvor um sein Leben gewinselt hatte. Kobayashi hockte sich vor den Tatort und versank in seinen Gedanken. >Was hatten sie von Sato gewollt? Hatten sie ihn als potentiellen Zeugen auslöschen wollen? Aber dann hätten sie ihn nicht entführt? Er musste also für sie relevante Informationen

gekannt haben! < Der Kommissar richtete sich wieder auf und stoppte einen der Beamten in seiner Nähe. „Finden Sie heraus, ob es jemanden im Polizeischutzprogramm gibt, der relevant sein könnte für psychedelic Anarchy!“ Im Auto herrschte Stille. Zecke starrte auf die Straße. In der Ferne hörte ich die Polizeisirenen heulen. Wahrscheinlich waren sie in diesem Moment am Dock angekommen und vielleicht hatten sie auch schon Sato gefunden. War das noch relevant für mich? Oder sollte ich es einfach als erledigt ansehen? Wir hatten keinerlei Spuren zurückgelassen, keine Fingerabdrücke, keine Gegenstände. Nur

die Leiche. Es sollte also alles gut gehen. Das einzige, was mir Sorgen bereitete, war Zecke´s Ausstrahlung, nachdem ich Sato getötet hatte. Obwohl er versucht hatte, es zu verstecken, war mir sofort die Barriere aufgefallen. Er hatte Angst vor mir. War ich zu weit gegangen? „Du?“, durchbrach meine Stimme die angespannte Stille. „Hm?“ „Werde ich weiterhin bei euch bleiben können?“ „Klar, das heißt, wenn du willst. Wie kommst du darauf?“ „Weil du dich eben verändert hast. Ich hab´ Angst, dass ihr mich jetzt auch loswerden

wollt.“ Der Lamborghini wurde langsamer bis Zecke am Straßenrand unter einer Laterne anhielt. „Wo kommt das denn auf einmal her?“, fragte Zecke und ich hörte, wie die Wärme in seine Stimme zurückkehrte. Er war besorgt? „Naja. Du warst eben so kalt, so als wenn du mich nicht mehr willst“, versuchte ich zu erklären. Ich wusste ja nicht einmal wie ich dieses ganze Thema erklären sollte, wie sollte er es denn verstehen. „Chaos?“, eine Hand berührte meine Schulter. Ich sah zu Zecke. „wie kommst du denn auf sowas, hm? Ich habe mich bereits damals im Park entschieden, dir zu helfen und das wird sich nie ändern.

Ich gebe zu, dass mich das eben überrascht hat, aber ich für meinen Teil, werde dich nie rausschmeißen, okay?“ Ich nickte. Hatte ich mir jetzt ganz um sonst Sorgen gemacht? „Weißt du was?“, ich legte den Kopf schief, „wir kümmern uns morgen um Himura. Heute bringen wir dich auf andere Gedanken!“, beschloss Zecke und ich spürte, wie die Beschleunigung des Lamborghinis mich in den Sitz drückte. „Wo sind wir?“, fragte Chaos, als Zecke den Lamborghini vor einem großen Metalltor zum Stehen brachte. „Ich wollte dir ja eigentlich ´n Auto besorgen, aber ich glaube mich zu erinnern, dass du

gesagt hast, dass du früher Motorrad gefahren bist, richtig?“, grinste Zecke und stieg aus. „Ja, warum?“, antwortete Chaos und folgte Zecke zum Tor. „Naja, ich dachte, vielleicht möchtest du ja wieder fahren. Immerhin musst du in unserer Welt mobil sein“, erklärte Zecke und brach das Schloss auf. Sie gingen über den dahinter liegenden Hof. „Welche willst du?“, fragte Zecke mit einer einladenden Geste. „Siehst du irgendwo eine KLX450r?“, fragte Chaos, der es jetzt bereute, die Kontaktlinsen rausgenommen zu haben. „Wie wär´s damit: Du holst die Kontaktlinsen und ich guck schon mal?“, schlug Zecke vor, der das Problem ebenfalls erkannt hatte.

Chaos grinste und lief zurück zum Auto. Er wollte grade die Beifahrertür zuschlagen, als er ein Licht am Ende der Straße sah. Chaos kniff die Augen zusammen, um das Fahrzeug hinter dem Licht zu erkennen, dann lief er zurück zu Zecke. „Ich hab eine!“, rief dieser seinem Kumpel entgegen, als er auf den Hof trat. „Du, da kommt jemand. Sollten wir…“ „Ach! Das ist bestimmt Noiz. Ich hab ihm gesagt er soll mit ´nem Anhänger rumkommen“, meinte Zecke und ging zum Tor, um sich von seiner Annahme zu überzeugen. Kurz darauf stellte Chaos fest, das Zecke Recht hatte. „Aber warum? Ich kann sie doch fahren“, fragte er dann. „Ja, schon, aber du wirst

dich doch nicht mit einer zufrieden geben oder? Außerdem hab ich ´ne WR450f dahinten für mich entdeckt“, grinste Zecke und lief zum Bike seiner Wahl. Chaos ging währenddessen zur KLX und begutachtete sie. „Gefällt sie dir?“ Chaos schrak zusammen. Er hatte nicht bemerkt, dass Zecke plötzlich hinter ihm stand. Sie brachen alle drei in lautes Gelächter aus. „Komm, wir holen eben die Schlüssel“, meinte Noiz und warf mit einem Stein die Scheibe zum Geschäft ein. Drinnen war es irgendwie unheimlich. „Hey, wo wir schon mal hier sind. Ich brauch noch ´n Helm“, meinte Chaos und schlenderte in die Ecke mit der

Motorradbekleidung. Zecke durchsuchte währenddessen den Schreibtisch nach den passenden Schlüsseln. „Sag mal, ist da auch ´n Schlüssel von er Z1000 die da draußen stand?“, fragte Chaos, setzte einen der Crosshelme probeweise auf und ging zu einem der Spiegel. „Ja, hier. Soll die auch mit?“, antwortete Zecke und legte ein weiteren Schlüssel auf die Tischplatte. Chaos grinste: „Dann brauch ich ja zwei Helme.“ „Ja und den Rest auch. Nimm dir was du brauchst“, meinte Noiz und beguckte sich das Felgen der H2r. „Das ist grade wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen!“, meinte Chaos und zog eine Lederjacke von Kawasaki an. Kurz darauf fand er

auch die passenden Stiefel und Hose. „Komm gib her. Ich pack das schon mal ins Auto und du suchst noch was für die KLX. Das kannst du dann ja auch gleich anbehalten“, meinte Zecke. Kurz darauf waren zwei der drei Motorräder auf dem Anhänger festgezurrt und der Motor des KLX lief ruhig und gleichmäßig, während Chaos sich den Helm aufsetzte und die Handschuhe überzog. Dann fuhren sie im Konvoy zurück zum Lost District. Zecke im Lamborghini voraus und Noiz im Jeep mit Anhänger hinterher. Chaos hatte beschlossen parallel zu ihnen im Wald zu fahren. „Dafür ist ´ne Enduro nun mal da!“, war sein Argument gewesen.

Es war so ein befreiendes Gefühl, den Fahrtwind im Gesicht zu spüren, die Erschütterung durch jede noch so kleine Bodenveränderung, die durch Chaos´ Körper lief. Es war, als hätte er nie aufgehört zu fahren. Zurück im Hauptquartier angekommen, wurde der Anhänger entladen und die Motorräder neben den Sportwagen in die Garage gestellt. „Morgen kannst du ja die KLX erst mal waschen. Unter dem ganzen Dreck kann man ja nicht mal mehr die Farbe feststellen“, lachte Zecke. „Wo können die Klamotten hin?“, fragte Chaos. „Erstmal mit in den Schlafsaal zu deinem Bett. Wir finden

morgen für dich ´n Schrank und ´n Platz für deine Bikes“, erklärte Zecke. Sie gingen zum Schlafsaal, zogen sich um und gingen anschließend in den großen Speisesaal, um sich mit allen anderen um die letzten Essensreste zu prügeln. Es war schon weit nach Mitternacht, als Chaos den Gang zum Schlafsaal gefunden hatte. Einige Jüngere schliefen bereits, doch die meisten waren noch unten am Lagerfeuer. Zecke hatte zwar darauf bestanden, dass Chaos noch länger bleiben sollte, aber dieser war so müde, dass er nur noch in sein Bett wollte. Chaos hatte es endlich geschafft, über die bereits schlafenden zu klettern, ohne sie zu wecken und ließ sich auf seine

Matratze fallen. Das weiche Gefühl des Wohlbefindens schloss ihn in die Arme und so schief er mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages ein, ohne es auch nur geschafft zu haben, sich zuzudecken.

kapitel 34

Kobayashi stand hinter einem der ihm unterstellten Beamten. Dieser hatte die digitalen Unterlagen zu den Fällen geöffnet, an denen Yagami und Sato gearbeitet hatten. „Stopp. Scrollen Sie noch einmal hoch, da war ein Name markiert“, forderte Kobayashi den Mann auf. Himura, der Name war rot unterstrichen. Nach weiteren drei Minuten war der Kommissar über den Leiter der Klinik und seine Rolle im Fall vertraut und erkannte die potentielle Gefahr. „Verdammt! Sie werden ihn als nächstes holen. Das war es was sie von Sato wissen wollten!“, rief Kobayashi

und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Sofort ließ er den Wachschutz verstärken und Sonderteams wurden allarmiert. Es musste um jeden Preis verhindert werden, dass Himura zum nächsten Opfer wurde. Die schwere einer Decke ergoss sich über mich. Schlaftrunken drehte ich mich und verkroch mich unter der Decke, der Wärme wegen und um den Sonnenstrahlen zu entgehen, die versuchten mich zu wecken. Tatsächlich fiel ich zurück in einen tiefen Schlaf. Zum ersten Mal, seit ich dem Horror der Psychiatrie unterlegen war, hatte ich keinen Alptraum. Keine Dunkelheit, die mir die Füße wegriss, keine Verrückten

Ärzte, die mich ohne Betäubung sezierten, keine Misshandlung. Stattdessen sah ich sie vor mir. Raity war in einen schwarzen Kimono gehüllt und stand dort im hellen Licht und reichte mir eine Hand. Ich streckte meinen Arm aus, wollte ihre Hand, und damit die Change auf ein neues Leben, ergreifen. Doch als ich blinzelte, sah ich im nächsten Moment die alte spröde Decke des Schlafsaals und es dauerte eine ganze Weile, bis mein Kopf begriff, dass ich aufgewacht war. Ich drehte mich zur Seite, rieb mir den Schlaf aus den Augen. Allerdings machte ich keine Anstalten aufzustehen. Ich hatte vergessen die Kontaktlinsen

herauszunehmen, weshalb meine Augen nun brannten und die verschwommene Sicht mir Kopfschmerzen bereitete. „Hey Schlafmütze“, hörte ich Zecke´s Stimme hinter mir. Müde drehte ich mich um. Ich sah Zecke´s Konturen und dass er auf der Matratze neben mit saß. „Ich wollte dich nicht wecken, aber wir haben einiges zu besprechen, wo du nicht fehlen solltest“, erklärte Zecke und hielt mir eine Dose Monster entgegen. Dankbar stürzte ich die erste Hälfte des Engery Drinks hinunter und setzte mich mühsam auf. „Was gibt es denn so Wichtiges?“, fragte ich und schlug die Decke zurück, um erstaunt festzustellen, dass ich vergessen hatte, mich umzuziehen. Zecke grinste,

als es auch ihm auffiel. „Es geht um den Leiter der Klinik, Himura. Wir wollen mit dir zusammen einen Plan entwickeln, wie wir mit ihm vorgehen“, erklärte Zecke. Immer noch verschlafen torkelte ich hinter Zecke durch die Gänge des ehemaligen Hotels. In meinem Kopf drehte sich alles und auch meine Beine wollten mir nicht wirklich gehorchen, weshalb ich ab und zu in Zecke rein lief. Der wiederrum konnte sich vor Lachen kauf auf den Beinen halten. „Ist es echt so schlimm?“, fragte er und ich lächelte entschuldigend. Dann waren wir vor dem Büro des alten Mannes angekommen. Zecke klopfte und wir traten

ein. Smoke, Noiz und der alte Mann warteten bereits an einem ovalen Tisch, als Chaos und Zecke eintraten. „Setzt euch, es gibt viel zu besprechen“, sagte der Alte und wies auf zwei Stühle. „Wir wissen nun wer und wieso diese Versuche an dir durchgeführt hat und vor allem wo. Es ist deine Entscheidung, Chaos, wie wir weiter vorgehen“, erklärte der Alte. Alle Augen waren auf Chaos gerichtet. „Ich will, dass sie Leiden, genauso wie sie mich haben leiden lassen“, bei der Erinnerung an die Ereignisse in der Psychiatrie stieg Übelkeit in Chaos auf und er spürte, wie sich seine Lunge zusammen zog. Doch er

unterdrückte das Gefühl. Stattdessen hörte er zu, was die anderen über ihre Aufgabenbereiche zu sagen hatten. Der alte Mann schilderte das ungefähre Vorgehen der Polizei, dass es nicht einfach werden würde, an Himura heranzukommen und eine Möglichkeit es doch zu schaffen. „Ich habe einen neuen Kommunikator entwickelt, der nicht von der Polizei abgehört werden kann“, berichtete Noiz und Smoke überlegte eine Logistikstrategie, um die Verletzten, die es mit Sicherheit geben würde, zu versorgen und auch wie sie an Nachschub in Bezug auf Waffen und Munition kommen konnten. „Tut mir Leid, wenn ich das jetzt so sage“, begann Chaos

zögerlich, „die Strategien sind zwar gut, aber zu offensichtlich. Auch wenn das jetzt komisch klingt, aber wir brauchen eine Strategie, um Chaos zu verursachen.“ Stille. „Und wie stellst du dir das vor?“, fragte der Alte. Soweit hatte Chaos noch gar nicht gedacht, da er davon ausgegangen war, dass es niemanden interessiert hatte. Während er sprach, versuchte er, den nächsten Schritt sich zu überlegen. „Wie bereits festgestellt wird die Polizeipräsenz sehr hoch sein. Die übliche Blockformation, aber auch Undercover Ermittler und Scharfschützen werden da sein und auch ein Haufen Leute, die im ersten Moment nicht sichtbar sein werden. Es ist also

wichtig von hinten aufzuräumen. Erst alle Scharfschützen und was da sonst an Backup herumläuft. Es sollte außerdem eine Barriere errichtet werden, dass kein neuer Nachschub rein kann aber wir nachher immer noch raus können“, begann Chaos. Als niemand wiedersprach fuhr er fort. „Durch Molotowcocktails und geworfene Steine provozieren wir, ebenso wie mit scheinbar unkoordinierten `random attacs´, damit wir sie zerstreuen. Sobald sie nicht mehr in Formation stehen, haben sind sie schwach und machtlos.“ Das klingt doch nach einem Plan. Ich habe ein, zwei Korrekturen, aber ansonsten würden wir es so machen. Irgendwelche Einwände?“,

meinte der Alte. Keine Einwände. Die Planung begann und zog sich über den ganzen Nachmittag. Als sie am Abend endlich fertig waren, wurden alle Mitglieder von psychedelic Anarchy, die Anwesend und motiviert waren, im Speisesaal versammelt. Das Anliegen, verbunden mit dem dazugehörigen Plan wurden vorgestellt und all jene, die teilnehmen wollten, sollten bleiben, dem Rest war es offen gestellt zu gehen. Chaos war erstaunt, wie viele geblieben waren. Das waren weit mehr als er erwartet hätte. Nach knapp 30 Minuten war jeder Freiwillige einer Art Einheit unterteilt und es wurde jeweils ein Gruppenleiter

gewählt. Chaos war froh, dass Zecke bei ihm war, da er die anderen vier nicht kannte. Sie waren die kleinste Gruppe mit fünf Personen und das Kernelement. Andere Einheiten besaßen eine Personenstärke bis zu 10 oder auch 50 Personen. Jeder Sniper hatte einen Kombat Kämpfer zugeteilt bekommen, als Rückendeckung. Die großen Gruppen waren für die offenen Street Fights und die Zerstreuung der Polizei zuständig. „Am allerwichtigsten ist das Timing. Wir werden nicht heute oder morgen ausrücken, sondern wenn sie anfangen weich zu werden und es wird nicht in zwei drei Stunden vorbei sein. Damit euch das bewusst ist“, erklärte Chaos

abschließend und der Plan wurde durch Ströme des Vodkas besiegelt. Es konnte nun jederzeit losgehen.

Kapitel 35

Kobayashi hatte mit rund 100 Spezialkräften die psychiatrische Klinik von Dr. Himura umstellt. Er hatte durch ein ausgeklügeltes System es so aussehen lassen, als wären lediglich 20 Polizisten in kleinen Gruppen anwesend. Er hatte sich erhofft, psychedelic Anarchy dadurch in eine Falle locken zu können. Alle Indizien hatten vermuten lassen, dass die Organisation am diesigen Abend angreifen würde, doch während die Stunden und Minuten vorbei zogen geschah ganz genau gar nichts. Kein Verdächtiger wurde gesichtet, ebenso wenig wie andere Auffälligkeiten.

Kobayashi saß Dr. Himura gegenüber in dessen Büro. „Und Sie sind sich sicher, dass die herkommen werden?“, fragte Himura und sippte an einer Tasse Tee. Kobayashi runzelte die Stirn. Sein Gegenüber war ihm zu ruhig, zu gelassen. Immerhin wusste er, was mit den anderen Ärzten in Bezug auf Chaos Valentin geschehen war, ebenso wie er wusste, dass er der Nächste sein würde. „Natürlich denke ich das, sonst wären wir nicht hier“, erwiderte Kobayashi im scharfen Ton. Sie saßen schweigend einander gegenüber. Himura blätterte seelenruhig in einigen Unterlagen, verfasste einige Unterlagen zu

verschiedenen Patienten, rauchte seine Zigarre. Kobayashi hingegen saß regungslos da und beobachtete sein Gegenüber. Es waren mittlerweile vier Tage vergangen und die allgemeine Stimmung begann sich zu lockern. „Wie lange wollen Sie eigentlich noch bleiben? Sie stören die Patienten mit ihrer Anwesenheit. Viele sind verängstigt“, fragte Himura, als er sich am Nachmittag in seinen Stuhl fallen ließ und sich eine weitere Zigarre in den Hals stopfte. „Hören Sie, es geht hierbei nicht um irgendeine Freizeitaktion, sondern darum Ihr Leben und auch das Ihrer Patienten zu schützten. Wenn wir jetzt abziehen,

kann ich nicht für Ihre Sicherheit garantieren“, erklärte Kobayashi, bemüht, sich seinen Frust nicht anmerken zu lassen. Himura hatte recht: er hatte sich in Bezug auf einen möglichen Angriff getäuscht, doch dass legitimierte nicht einen Abzug der Truppen. Der Vollmond spielte mit den Wolken, während psychedelic Anarchy die Fahrzeuge mit Waffen und Munition beluden. Zecke hatte Chaos erklärt, er könne seine Utensilien bei Noiz auf den Jeep laden und war erstaunt, als Chaos eine Skorpion mit zwei Nachlademagazinen in einen Rucksack stecke und sein Messer, dass er von jeher

bei sich trug in seinen Stiefel steckte. „Und du bist sicher, dass das reicht?“, fragte Zecke und fühlte wie die Sorge sich in ihm ausbreitete. Chaos nickte. Das rot der Kontaktlinsen glühte in der Dunkelheit. „Na gut, wenn du meinst. Ich packe trotzdem etwas Back Up ein, für alle fällte“, erklärte Zecke und warf eine große Sporttasche auf den Rücksitz. Der Konvoi bestand aus mehreren Trucks und Jeeps, die sowohl die Kämpfer als auch ihre Ausrüstung transportierten. Chaos und Zecke fuhren mit ihren Motorrädern vorweg, der klx450r und Zecke mit seiner wz450 gefolgt von Smoke auf seinem Yamaha Raptor 700. Sie wählten bewusst Wald und

Wiesenwege als auch selten befahrene Nebenstraßen, um möglichst unbemerkt zu bleiben. Gut zwei Kilometer vor ihrem Ziel hielten sie mitten im Wald an. Sobald die Motoren verstummt waren, machte sich jeder daran seine Gruppe zu finden und sich auf die jeweilige Funktion vorzubereiten. RH7 bestand aus 20 Personen und war der Eröffnungstrupp. Nach einem Time Check und Zecke´s Zustimmung machten sie sich als erstes und einziges auf den Weg. Chaos hatte sich dazu entschlossen, anstatt seines eigentlichen Motocross Trikots, sich komplett in schwarz zu kleiden: schwarze Stiefel, schwarze Hose

und Trikot, schwarzer Helm, schwarzes Tuch, schwarze Handschuhe. Er hatte den Helm noch einmal abgenommen, um den Knoten des Tuches fester zu ziehen. Es diente zur Vermummung, damit die Polizisten keine Grundlage für ein neues Phantombild hatten. Dann zog er auch den Helm wieder über seinen Kopf. 20 Minuten nachdem RH7 aufgebrochen waren, ging bei Zecke ein Nachricht ein: >Alle Ratten wurden überwältigt, wir haben ihre Plätze eingenommen<. Per Zeichensprache verständigte Zecke NP2, dem zweiten Trupp, dass es nun an ihnen Lag, Chaos zu stiften. Auch sie zogen los. Zecke bemerkte, wie Chaos neben ihm immer zappeliger wurde. „Keine

Sorge, du kommst nicht zu kurz“, meinte er und legte eine Hand auf Chaos´ Schulter. Der sah in durch seine Motocross Brille an und Zecke erkannte das Feuer in Chaos´ Augen. Er brannte darauf, Himura gegenüber zu stehen und Zecke schoss das Bild von Sato unweigerlich durch den Kopf. Das war nichts im Vergleich, zu dem, was er heute sehen würde, spürte Zecke tief in sich. Chaos beobachtete die anderen Teams und wie sie sich vorbereiteten. Insgesamt waren alle 105 Kämpfer in fünf Gruppen aufgeteilt. Zwei waren schon los und wir waren die Letzten. Das bedeutet, ich würde hier noch mindestens

40 Minuten stillhalten müssen. 50 Minuten, wenn alles nach Plan lief und dieses Schwein Himura würde in zwei Teilen vor mir liegen. Ich spürte, wie der Hass in mir aufstieg und drohte meine Sinne zu betäuben. Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich durfte mich nicht dahin reißen lassen, nur noch ein kleines Bisschen. Als ich mich umsah, blieb ich an Zecke´s besorgten Blick hängen. Ich legte den Kopf schief. „Versprichst du mir, dass du dich an das Versprechen hältst?“, bat mich Zecke. Ich nickte. Ohne dieses Versprechen würde ich jetzt nicht hier stehen, würde ich es brechen, hätte ich das Vertrauen von ganz psychedelic

Anarchy verloren. Zecke lächelte erleichtert. Er machte sich Sorgen, dass konnte er vor mir nicht verbergen. „Raity, ich hätte nicht gedacht das du noch kommst“, hörte ich Noiz´ Stimme hinter mir. Zecke und ich sahen uns beide um und sahen Raity aus dem Dickicht des Waldes hervor treten. „Natürlich bin ich hier, ich überlasse euch ganz sicherlich nicht den ganzen Spaß. Außerdem könnt ihr meine Hilfe gut gebrauchen“, erklärte sie und schloss sich Smoke´s Versorgungstrupp an. Mein Blick wanderte zurück zu Zecke. Ich hatte ihr Talent noch nie zuvor gesehen. „Macht dich bereit für eine Performance, jenseits dieser Welt“, erklärte Zecke und

grinste. Wie solle ich das nun verstehen? Ich stellte den Gedanken zurück, ich würde es immerhin noch früh genug erfahren. In der Ferne hörte ich Schüsse und Geschrei – es hatte also begonnen. NP2 hatte den Kampf eröffnet und ich konnte mir vorstellen wie verzweifelt die Polizei auf ihre Sniper und Back Up warteten, ohne zu wissen, dass die schon vor gut einer halben Stunde ausgeschaltet worden waren. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es war lange her, dass ich gekämpft hatte und dass dieser einstieg direkt mit einem so großen Kampf begann, mit Menschen auf die ich michverlassen konnte. Das war so

ein besonderer Moment. Dann endlich war es soweit: Zecke gab mir und den anderen aus unserer Gruppe, HX4, das Zeichen. Wir starteten die Motoren und rasten durch die Dunkelheit des Waldes, hin zum Schlachtfeld. Durch ein Upgrade der Kontaktlinsen war ich schon viel früher als die anderen in der Lage, das Kampfgeschehen zu sehen. Der Plan war aufgegangen: Die Polizisten waren zerstreut und unfähig in eine geschlossene Formation zurück zu kehren. Wir waren klar in der Überzahl und auch unsere Sniper sorgten für Verwirrung, da die Polizei wohl davon ausging, ihre eigenen Männer würden auf sie schießen. Alles lief durch einander

und es schien von außen tatsächlich so, als würde es keine Struktur auf Seiten psychedelic Aranchys geben: jeder Handelte für sich selbst bzw. kleinere Gruppen agierten zusammen. Als wir dann mit den Bikes auf das Gelände brachen, war auf unserer Seite ein schneller Wandel zuerkennen. Jeder einzelne gab sein Bestes die Polizisten so weit wie möglich zurückzudrängen. Sie agierten wie ein geschlossener Block. Smoke hatte im Vorhinein die Haupteingangstür aufgebrochen und sobald die Polizisten auf die besprochene Position zurück gedrängt worden waren, geschah das undenkbare: Raity entfesselte ihre Kraft.


Kapitel 36

Einer der Kobayashi unterstellten Polizisten platzte in Himura´s Büro. „Sir?“ „Haben Sie noch nie etwas von anklopfen gehört?“, wurde er kalt empfangen. „Entschuldigen Sie, Sir. Aber da draußen ist die Hölle los. Psychedelic Anarchy greifen an!“, keuchte der Mann, daran bemüht wieder zu Atem zu kommen. Kobayashi sprang von seinem Stuhl auf, welches daraufhin umfiel. „Was? Aber…warum jetzt? Das ergibt doch gar keinen Sinn!“ Seine Gedanken rasten, wie sollten sie angemessen reagieren? Gab es überhaupt noch genug Zeit dazu? „Wie viele sind

es?“ „Wir sind ungefähr gleich auf. Auf beiden Seiten stehen 100 Personen. Allerdings gibt es ein Problem“, erklärte der Polizist und stockte. „Was?“ „Unsere Sniper haben sich gegen uns gestellt und schießen auf unsere eigenen Männer. Außerdem gibt es keine Strategie auf Seiten der Gegner zu erkennen. Egal was wir tun, sie weichen aus, kontern, ohne dass ihnen jemand Befehle gibt“, führte der Mann aus. Kobayashi überlegte: „Doch es muss jemanden geben, der ihnen die Befehle überteilt oder es wurde eine Strategie im Voraus besprochen. Der oder diejenige wird sich nicht in unmittelbarer Nähe aufhalten. Wurde Chaos Valentin gesichtet?“ „Nein, Sir.

Allerdings ist es schwer, die Vermummten zu erkennen“, antwortete der Polizist. Plötzlich wurde das gesamte Gelände von einem starken Beben erschüttert. Kobayashi, Himura und der Polizist wurden im Raum umhergerissen, wie Spielzeugfiguren. „Was, was war das?“, fragte Himura sichtlich verunsichert. „Jetzt spielt auch noch die Natur zu deren Gunsten? Das kann nicht sein!“ Kobayashi klammerte sich am Schreibtisch fest, während er aufstand und zum Fenster hinaus sah. Der Vollmond war verschwunden. Stattdessen waren schwarze Wolken aufgezogen und der Kommissar befürchtete, dass ein

schreckliches Unwetter jede Minute über sie hereinbrechen würde. „Sie! Sammeln Sie so viele Informationen wie möglich. Außerdem soll ein Sicherheitstrupp herkommen. Sie werden es auf Dr. Himura abgesehen haben.“ Der Polizist nickte und rannte los. Als Kobayashi sich umsah stieß er auf den entsetzten Blick des Klinikleiters. „Ich hab´ Ihnen gesagt, sie werden kommen“, erinnerte der Kommissar und war daran bemüht, Möbelstücke an die Fensterfront zu hieven. Das war der einfachste und offensichtlichste Weg, auf welchem diese Irren eidringen konnten, dachte er.

Chaos Augen folgten jedem von Raity´s Schritten, bis sie in der Mitte der Menge stehen blieb. Die Kämpfer von psychedelic Anarchy drängten die Polizisten soweit sie konnten von Raity weg, bis sie auf einen Radius von 8 Metern erreicht hatten. Von da an hielten sie ihre Position. Raity streckte ihre Hände dem Himmel entgegen. Noiz, der am Treffpunkt geblieben war, aktivierte via Wi-Fi die Boxen, die zuvor von der RH7 Einheit angebracht worden waren. Der Bass der unheimlichen Musik durchdrang jeden der Kämpfer und schien ihnen noch mehr Kraft zu

verleihen. Raity begann zu tanzen, wobei ihre Bewegungen der einer Schlange zum Verwechseln ähnlich waren während sie sich dem Beat der Musik anpasste. Chaos hatte eine derartige Körperkontrolle noch nie zuvor gesehen. Allerdings blieb ihm nicht viel Zeit, um Raity genauer zu beobachten. Ein starkes Beben erschütterte das Gelände und Chaos wäre beinahe gestürzt, doch es gelang ihm gerade eben, die Maschine unter seine Kontrolle zu bringen. Er sah zu Zecke hinüber, der ihm einen besorgten Blick zu warf, doch Chaos gab ihm zu verstehen, dass alles in Ordnung sei. Chaos sah wieder zu Raity. Sie hatte das Beben ausgelöst und auch der

Wetterumschwung war auf sie zurück zu führen. Der Himmel war in ein abgrundtiefes Schwarz getaucht, durchzogen von grellen Blitzen. Immer wieder schlugen die Blitze auf dem Gelände der Psychiatrie ein und erfassten dutzende Personen auf Seiten der Polizei. Chaos überlegte, warum nur die die gegnerische Seite die Effekte zu spüren bekam, schüttelte dann jedoch den Kopf. Er durfte jetzt nicht abgelenkt sein. ER wand den Kopf wieder nach vorne und sie fuhren gerade Wegs durch die Haupteingangstür und die langen Gänge entlang, bis sie auf eine Polizeiblockade stießen. Zecke überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob sie anhalten

sollte, doch als er zu Chaos sah, war es dafür schon zu spät. Dieser hatte einen Gang runtergeschaltet und raste auf die Blockade zu. Als die Beamten bemerkten, dass Chaos keinerlei Anstalten machte anzuhalten, versuchten einige sich aus dem Weg zu retten, während andere ihren Griff an den Schildern verstärkten. Chaos sprang auf die Sitzbank und während die KLX in die ersten Reihen der Barrikade brach, nutzte er die Energie des Aufpralls und sprang ab. Mit einem Salto sprang er über die Polizisten hinweg und kam hinter ihnen zum Stehen. Doch ließ er ihnen keine Zeit dies zu erkennen. Sobald er einen festen Halt unter seinen Füßen spürte,

zog der 18 – Jährige das Messer aus seinem Stiefel und stieß zwischen die Polizisten. Mit einem Körperharken und einer gedrehten Backfist schaltete er die ersten zwei Gegner aus, wobei bei der zweiten Technik anstatt dem Faustrücken die Klinge des Messers traf. Nachdem Zecke sich kurz gesammelt hatte, fuhr auch er seine Maschine in die Barrikade und trat im Sturz mehreren Männern die Beine weg. Er kam hinter Chaos zum Stillstand, zog einen Baseballschläger aus seinem Rucksack und machte sich daran, seinem Kumpel Rückendeckung zu geben. Die anderen taten es ihnen gleich. Binnen Sekunden war die Barrikade gefallen und einem

See aus Blut gewichen. Während die fünf Punks weiter den Gang entlang gingen nahmen sie die Motorradausrüstung ab und Chaos entschloss sich auch die Kontaktlinsen herauszunehmen. „Bist du sicher?“, fragte Zecke besorgt. „Ja, die Sicht irritiert mich zu sehr. Ich komm ohne besser klar“, erklärte Chaos und ging entschlossen weiter.

Kapitle 37

Links, recht, wieder rechts, dann geradeaus. Noch ein langer Flur, dann wieder rechts und einmal links. Der Trupp, der für Chaos´ Sicherheit abgestellt war, bahnte sich seinen Weg durch die gegnerischen Reihen, die sich auf den Fluren der Psychiatrie positioniert hatten. Chaos teilte primär kicks aus, da sie über eine große Reichweite verfügten und die Wahrscheinlichkeit, dass er selbst verletzt würde, sehr gering war. Hin und wieder nutzte er auch einen Supermanpunch oder, wenn ein Gegner doch zu nahe kam, auch Ellenbogen- oder

Fausttechniken. Auch Zecke und die Anderen wandten ihr Wissen vom Training an und hielten damit Chaos den Rücken frei. Es dauerte nicht lange und sie standen vor der Tür zu Himura´s Büro. Chaos spürte, wie die Angst durch die Spalten der Tür waberten wie dicker Nebel. Er hatte auf diesen Moment gewartet, so lange. Diese Menschen würden für all das, was sie ihm angetan hatten, bezahlen. Es war der letzte Schritt zu seiner Erlösung. Diese Tür war das Tor zu einem neuen, besseren Leben. Zecke und die anderen sahen erwartungsvoll zu Chaos und warteten auf das Zeichen zum Angriff. Doch der

18 – Jährige bedeutete ihnen, sich neben den Türflügeln aufzustellen. Dann trat Chaos die Tür auf und zog sich schnellst möglich hinter die Wand zurück. In diesem Moment erkannte Zecke, dass die Vorsicht von Chaos durchaus berechtigt war, da die Gegenposition das Feuer eröffnete. Hätten sie die Tür aufgebrochen, ohne nachzudenken, wären sie jetzt tot. Die Kugeln flogen an uns vorbei und ich versuchte ein Muster herauszuhören. Es konnte kein Maschinengewehr sein, dafür waren die Pausen zwischen den einzelnen Schüssen zu lang. Also wahrscheinlich die typische Polizeiwaffe – eine 9mm. Das heißt es wären 16 Schuss, es blieben

also noch 6 nach. Ich hob eine Hand und zählte von fünf runter, als ich bei null angekommen war verstummte das Feuer und wir stürmten den Raum. Drinnen erwartete uns eine Barrikade aus einem umgekippten Schreibtisch, Regalen und einem Sofa. Dahinter spürte ich die Präsenz von zwei Personen – mehr nicht? Egal. Einer von ihnen wird Himura sein, der andere ist egal. Zwei aus unserer Gruppe näherten sich von rechts, zwei von links. Ich blieb in der Mitte des Raums stehen. Sie konnten nicht schnell genug nachladen und werden daran scheitern. Unsere Leute überwältigten beide Personen wie geplant und ich kam zu ihnen. Ein Polizist und Himura. „Was

soll ‘n wir mit dem Bullen tun?“, fragte Zecke, der diesen zu Boden drückte. „Fesselt beide“, wies ich sie an. Der Cop hatte sofort aufgegeben, ließ sich an einem Stuhl fesseln und regte sich kein bisschen als Zecke ihn nach Waffen absuchte. Er wusste wohl, dass eine falsche Bewegung, ein falsches Wort, sein Leben kosten könnte. Warum konnte Himura nicht auch so sein? Er redete und redete, ohne ein Ende in Sicht. Er wollte verhandeln, sich rausreden. Das tat nur ein Mann der sich seiner Schuld bewusst war. Chaos saß auf der Barrikade und dachte darüber nach, wie sie weiter vorgehen

sollten, als Himura es schaffte, sich aus dem Griff seines Gegners zu lösen und hinaus auf den Flur zu laufen. Der Punk wollte ihm folgen, als Chaos ihn stoppte: „Warte! Das ist meiner. Ihr kümmert euch um den hier.“ Der 18 – Jährige stand bereits in der Tür, als er sich noch einmal umdrehte. „Holt so viele Infos wie möglich. Alles was nützlich sein könnte.“ „Und danach?“, fragte Zecke. „Ist egal, bringt ihn zum Schweigen.“ Chaos ging in die Richtung, in die Himura gelaufen war. Er hörte jeden seiner Schritte. „Du glaubst du kannst dich verstecken? Dabei bist du laut wie ein Elefant“, lachte Chaos und ging an den bewusstlosen Polizisten vorbei, die

sie auf dem Hinweg ausgeschaltet hatten. Draußen kämpften die Anderen. „Sie setzten ihr Leben aufs Spiel, nur damit ich mein Ziel erreichen kann, ich bin ihnen so viel schuldig“, dachte Chaos und lächelte in sich hinein. Er spürte die Macht, die von Raity ausging – sie pulsierte in seinen Adern, verlieh ihm Kraft. Himura war zum Treppenhaus gelaufen und als Chaos dort ankam, hörte er dessen Schritte laut auf den Stufen klacken. „Zu mindestens bist du nicht das typische Chlichè und läufst aufs Dach“, dachte Chaos amüsiert. Er spürte, wie die Dunkelheit ihn umspülte, ihn einhüllte und wie sie die Wut in ihm

entzündete. Der Mann der ihn den größten Teil seines Lebens wie den letzten Dreck behandelt hatte, lief nun davon wie eine Kuh die vor der Schlachtbank flieht. Langsam ging Chaos die Treppe hinunter, immer weiter, bis er im Keller angekommen war, da schoss eine Erinnerung durch seinen Kopf. Er war hier schon einmal gewesen, allerdings an eine Trage gefesselt. Nicht als Mensch, lediglich ein gescheitertes Experiment, dass nun entsorgt werden sollte. Sie hatten ihn aus dem Raum der Versuche geholt, nach draußen gebracht und im Transporter gesichert. Es hätte seine letzte Fahrt sein

sollen.

Kapitel 38

Das Kellergeschoss glich einem Labyrinth. So viele Windungen und Abzweigungen. Doch für Himura gab es kein Entrinnen. Seine Angst verriet zu jeder Sekunde seine Position und Chaos musste nichts tun, außer ihrer Spur zu folgen. Im Kern des Labyrinths befand sich ein kreisrunder Operationssaal. Es war der Raum, in dem Chaos den Großteil seines Lebens verbracht hatte. Gefesselt, an den Rand dessen Getrieben, was zu ertragen war und schließlich von dieser Klippe hinuntergestoßen. Als Chaos den Raum berat wurde sein Kopf von Erinnerungen überflutet. Er

hielt seine Hand gegen die Stirn, als könne er so sein inneres Ich vor dem Zerfall bewahren. Er sah wie Himura an einem Medizinschrank stand und eine Spritze mit einer unbekannter Flüssigkeit füllte. „Du, du wirst mir nicht wieder in die Quere kommen“, wisperte der Doktor und drehte sich zu Chaos um. „Du bist mein Eigentum, also tu gefälligst was ich dir sage. Du solltest längst tot sein!“ Die Worte stachen Chaos direkt ins Herz. Er spürte, wie sein Herzschlag immer unregelmäßiger wurde und auch das Atmen viel ihm schwer. Doch der pure Hass in ihm trieb ihn weiter. Er ging auf Himura zu und wich dessen Versuchen, ihm das Serum zu injezieren, aus. Der

erste Schlag traf die Schläfe des Doktors und riss ihn von seinen Füßen. Die Spritze fiel aus seiner Hand und bei dem Versuch nach ihr zu greifen, trat Chaos auf Himura´s Hand. Ein gellender Schrei erfüllte den Raum. Chaos hockte sich hin, griff nach Himura´s Haar und riss dessen Kopf nach oben, damit er ihm in die Augen sehen konnte. „Versuch es erst gar nicht! Du kommst hier nicht mehr lebend raus“, meinte Chaos, seine Stimme zitterte vor Wut. Er rammte den Kopf des Arztes wiederholt gegen den gefliesten Boden. Himura´s Gesicht zerbrach und wurde von Blut überströmt. Blut, dass nun auch an Chaos´ Kleidung und seinen Händen haftete.

„Sag es mir! Womit hab ich diesen Scheiß verdient? Hat es dir Spaß gemacht mich leiden zu sehen? Oder hat es dich geil gemacht? Perverses Schwein!“ Es war nun nicht mehr Chaos der sprach. Es war die schiere Wut in ihm. „Was regst du dich denn so auf? Du warst doch nur ein Experiment. Diese Forschung war der einzige Grund für deine Existenz und du warst ein Fehlschlag. Etwas in Chaos war nun endgültig zerbrochen. Die Vergangenheit brach über ihm zusammen, wie die Wellen des Ozeans und zog ihn immer tiefer in die Dunkelheit. Es war als hätte sich ein Schalter umgelegt und die Wut ergriff die Oberhand.


Kapitel 39

„Wir kriegen das schon hin, such du lieber Chaos. Wer weiß, was dieser kranke Doc mit ihm vorhat.“ „Gut, aber meldet euch falls was schief läuft“, meinte Zecke und lief in die Richtung, in die Chaos verschwunden war. Als er um eine Ecke bog, sah er, wie Chaos die Treppe hinunter zum Keller ging. Er hatte diesen Gesichtsausdruck schon einmal gesehen. Damals als Chaos die Fujikage ausgeschaltet hatte. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Zecke folgte seinem Kumpel durch das Kellergeschoss, doch als der 18 – Jährige in einen Operationssaal ging, blieb Zecke

draußen stehen und versuchte die Konversation zu belauschen. Als er kurz in den Raum lugte, musste er mit schrecken erkennen, dass sich etwas in Chaos verändert hatte. Er rammte den Kopf des leblosen Himura immer wieder auf den Boden, wo sich bereits eine dunkle Blutlache gebildet hatte. Für einen Moment dachte er darüber nach, einzugreifen, doch er entschied sich, nichts dergleichen zu tun. „Wir sind hergekommen, um Himura auszuschalten. Dass er sich für diesen Weg entschieden hat, hat sicher einen Grund“, dachte Zecke. Er trat aus dem Flur heraus und in den Raum. Chaos war aufgestanden und drehte sich zu ihm um, das Blut tropfte

von seinen Händen. Zecke sah in die Augen seines Kumpels und musste mit erschrecken feststellen, dass sie gebrochen war. War der Chaos der er kannte zerbrochen? War er zu spät? Zecke schüttelte den Kopf, nein, irgendwo da drinnen war Chaos, das spürte er. „Sieh nur, Zecke, ich bin erlöst. Ich kann nun endlich in Frieden leben“, meinte Chaos und lächelte, auch wenn seine Augen genauso tot wie zuvor blieben. Zecke lächelte kurz und ging auch Chaos zu. „Ja, du hast es geschafft.“ Er zog ein Tuch aus der Tasche und begann das Blut von Chaos´ Gesicht zu waschen. Die Situation erschien Zecke so absurd.

Sie standen da: mitten in einem geheimen Labor, neben einer Leich und er hatte nichts Besseres zu tun als Chaos das Blut vom Gesicht zu waschen. Er lächelte: „Weißt du, ich freue mich schon, wenn wir zuhause sind, dann können wir wieder Motorrad fahren und feiern und das Leben genießen.“ Während er sprach, bemerkte Zecke, wie sich etwas in Chaos veränderte. Er ließ seinen Kopf gegen Zecke´s Brust fallen und eine Träne lief seine Wange herab. Zecke schloss seine Arme um seinen Kumpel. „Hey, es wird alles gut. Der Alptraum ist endlich vorbei“, redete er Chaos gut zu. Doch in diesem Moment sah er wie Himura, von dem er gedacht

hatte er sei tot, nach der Spritze griff und sie Chaos ins Bein rammte. Dieser schrie vor Schmerz auf. „Ich hab doch gesagt du hast kein Recht länger zu existieren!“, zischte Himura und injizierte das Serum. Zecke fühlte, wie Chaos zusammenbrach und bemühte sich ihn mit einem Arm aufzufangen. Mit dem anderen zog er die Waffe, die er zuvor Kobayashi abgenommen hatte, aus dem Hosenbund und feuerte mehrere Schüsse auf Himura ab. Als er sich sicher sein konnte, dass dieser endgültig tot war, widmete er sich Chaos. Er legte ihn auf den Boden und zog die Spritze aus dessen Bein. „Was für ein Zeug war das?“ Zecke fuhr sich

mit den Händen durchs Haar. „Verdammt! Hey, hey, Chaos kannst du mich hören?“ Chaos kämpfte mit der Bewusstlosigkeit. „Du musst noch etwas durchhalten hörst du?“ Zecke prüfte Puls und Atmung seines Kumpels, zog ihn dann wieder auf seine Beine und legte Chaos´ Arm über seine Schultern. „Komm, Smoke kriegt das wieder hin, ok?“ Mit diesen Worten versuchte Zecke aus dem Labyrinth zu finden, was ihm durch Chaos´ Direktion auch gelang. „Siehst du, wir sind doch ein gutes Team: du kennst den Weg und ich mach das mit dem Laufen“, versuchte Zecke seinen Kumpel aufzumuntern. Sie hatten es gerade die Hälfte der Stufen nach oben geschafft, als von oben

ein Block Polizisten kam. „Halt! Stehen bleiben und Hände über den Kopf, so dass wir sie sehen können!“, brüllte einer in der ersten Reihe. „Das mit dem Stehenbleiben ist kein Ding, aber Hände hoch wird schwierig“, meinte Zecke scherzhaft und bedeutete den Polizisten, dass er Chaos stützten musste. „Ihr seid beide hiermit festgenommen wegen mehrfachen Mord und Terrorismus“, sagte der eine Polizist und vier weitere gingen auch die beiden Punks zu, um sie in Gewahrsam zu nehmen. Zecke sah ein, dass die Situation aussichtlos war und entschied zu kooperieren. „Aber passt gut auf ihn auf, hört ihr? Dieser Psycho Arzt hat ihm irgendwas gespritzt, ein

Gift oder so“, meinte er und übergab Chaos den Beamten. Sie wurden beide nach draußen geführt. Doch Zecke wurde in einen Polizeitransporter geführt und Chaos zu einem Krankenwagen gebracht, wo sich ein Notarztteam sofort um ihn kümmerte. Smoke entdeckte die Beiden von weiter weg und nachdem Zecke ihm ein geheimes, kaum wahrnehmbares Zeichen gegeben hatte, erteilte Smoke über Funk den Rückzug.

Kapitel 40

Ich konnte mich nicht bewegen, lag es an dem Zeug, was Himura mir gespritzt hatte? Nein, die Finger konnte ich bewegen, es war etwas anderes. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, doch sie waren so schwer wie Blei. Mein Kopf hämmerte und drohte zu zerplatzen, doch ich glaubte reelle Stimmen zu hören. „Leg noch eine Fusion.“ „Ich glaube, er wacht auf.“ „Hey, kannst du mich hören?“ Kann ich ihn hören? Ja. Aber antworten geht nicht. Wohin brachten sie mich? Ein Krankenhaus? Eine andere Psychiatrie? Alles nur das nicht. Wo war Zecke? Hatten sie ihn gefasst? Und die

Anderen? So viele Fragen und niemand, der sie beantworten konnte. War es das? Das Ende von psychedelic Anarchy? Das Ende von Chaos Valentin? Ich spürte, wie die Dunkelheit mich in ihre Arme schloss und in die Tiefe zog. Sie verschleierte meine Sinne, hüllte mich in Wärme und wohlwollen. Und ich ließ es gesehen. Für einen nicht vorhandenen Grund war es in Ordnung und ich tauchte ein, in die Dunkelheit.

Is this the End?


Vielen Dank, dass du meine Geschichte gelesen hast, das bedeutet mir wirklich viel.

Hat dir die Story gefallen oder ist dir etwas Positives/Negatives aufgefallen? Dann schreib doch in den Kommentaren:)


Es wird bald eine Forsetztung namens

Madness


erscheinen. Bis dahin wünsche ich viel Spaß und Kreativität.

Chaos


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Über den Autor

Chaos_Valentin
Wer weiß schon was "morgen" für dich bereit hält.
Aktuell überarbeite ich Insane und mein Leben und möchte ersteres
bald hier hoch laden.

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