Humor & Satire
Thema mit Variationen - aus der gastronomischen Provinz

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"Thema mit Variationen - aus der gastronomischen Provinz"
Veröffentlicht am 08. November 2017, 8 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Seit gut einem halben Jahr ging ich Deutsch-/Englischlehrer in Rente, inzwischen 66 Jahre alt. Da ich seit meinem 15. Lebensjahr Musik machte (Rock, später Jazz) als Sänger und Instrumentalist (Bass, Gitarre, Keyboard) sowie Komponist, habe ich natürlich schon immer Sprache, genauer: Lyrik geliebt. Außer meinen Songtexten habe ich vor ca. 15 Jahren auch reine Gedichte geschrieben. Mein Geschmack ist dabei wohl recht konservativ: Georg Trakl, ...
Thema mit Variationen - aus der gastronomischen Provinz

Thema mit Variationen - aus der gastronomischen Provinz

BRUNO de BARY

Thema mit Variationen

oder: Notizen aus der gastronomischen Provinz

„Und ist der Hunger noch so klein,

zieh Dir mal ein Schnitzel rein.“

Da könnten selbst Indiens Heilige Kühe in schallendes Gelächter

ausbrechen, wenn sie denn Deutsch verstünden.

Ich jedenfalls tat dies, als ich gestern in meinem Briefkasten das

Wurfblatt eines Schnitzel-Expresses fand. Anbieter dieses Lieferservices ist

eine Gaststätte im Familienbetrieb; die Inhaber kommen aus Indien (!).

Ich aber wohne in jenem gesegneten Land im Herzen Europas

zwischen Milchseen, Butterbergen und Konjunkturtälern. Hier singen

die Menschen gern, wenn sie fröhlich sind: „Einer geht noch, einer geht noch rein.“

Der Satz ist schier abgründig in seinem schwarzen Humor. Würde mein Getränkelieferant an einen analogen

Einsatz von Werbelyrik denken, könnte er etwa reimen:

„Und ist der Durst auch noch so klein,

Ein Jägermeister sollts schon sein.“

Eingedenk der philosophischen Grundeinsicht, dass noch hinter jedem

Unsinn ein tieferer Sinn lauert, stelle ich die klassische Frage nach dem

Motiv:

„Der Drang zum Maximalgewinn

verführt zu Reimen ohne Sinn.“

Doch halt, zu kurz gesprungen!

Vielleicht handelt es sich hier ja um eine

Form der Konjunktur-Ankurbelung, um der allseits beklagten Nachfrageschwäche abzuhelfen?

Eingedenk der bahnbrechenden Erkenntnis von Henry Ford:

Schnitzel kaufen keine Schnitzel, oder so ähnlich?

Dämmert dem Verse-Klempner gar, dass die Frage nach dem tatsächlichen Bedarf den Anfang vom Ende der Wachstums-Wirtschaft bedeutete?

Wo der gesunde Menschenverstand mit

seinem Latein am Ende ist

(oder umgekehrt), hilft oft ein streng wissenschaftlicher Ansatz

weiter. Hierbei müssen wir zunächst zwei Ebenen analytisch auseinanderhalten.

„Und ist das Hirn auch noch so klein,

ein dummer Spruch geht stets noch rein.“

„Auch wenn wir längst schon gichtkrank sind,

bestelln wir stur vom Schwein und Rind.“

Indes: Nach Kierkegaard, Heidegger et

alii kommt es letzten Endes auf die „konsistente Validität normativer Geltungsansprüche“ (so sinngemäß Habermas in: Der philosophische Murks der Moderne) an, kurz, auf die Moral:

„Du Schwein, Du Rind, nimm Dich in acht,

wenn wer auf Deine Kosten Reime macht!“

Doch wie lange bleibt sie noch ungehört, jene leise Stimme der Vernunft,

in dem Land zwischen Milchseen, Butterbergen und Konjunkturtälern,

wos immer wieder fröhlich schallt:

„Einer geht noch ...“ ?

Anmerkung des Komponisten: Die Originaltonart ist Spaß-Dur; der Interpret kann es bei

entsprechendem Geschick auch nach Ernst-Moll hin modulieren.

 

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Hörbuch

Über den Autor

Bruno
Seit gut einem halben Jahr ging ich Deutsch-/Englischlehrer in Rente, inzwischen 66 Jahre alt.
Da ich seit meinem 15. Lebensjahr Musik machte (Rock, später Jazz) als Sänger und Instrumentalist
(Bass, Gitarre, Keyboard) sowie Komponist, habe ich natürlich schon immer Sprache, genauer: Lyrik
geliebt. Außer meinen Songtexten habe ich vor ca. 15 Jahren auch reine Gedichte geschrieben.
Mein Geschmack ist dabei wohl recht konservativ: Georg Trakl, Novalis, Goethe, vor allem Rilke.
Veröffentlicht wurde davon noch nichts. Eine andere Spielart, die launig-ironische, leichte, beherrsche ich auch ein wenig. Ich bin gespannt, wie meine Texte bei diesem Publikum ankommen.

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