Journalismus & Glosse
Therese 2

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"Die Luftschlösser platzen"
Veröffentlicht am 04. November 2017, 18 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Die Luftschlösser platzen

Therese 2

Vorbemerkung

Nachdem wir den unglaublichen Aufstieg der Therese Humbert im ersten Band begleitet haben, folgt nun das, was so kommen muss: Der rasante Abstieg. Der Prozess, Gefängnis und schließlich ihr Ende.


Gute Unterhaltung!





Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: Monika Heisig

Internet:

https://www.welpenweste.de

Therese

Der Betrug war eigentlich schlicht gestrickt, aber er hatte gehalten. Therese hatte in die Familie Humbert eingeheiratet. Ihr Onkel wurde später Justizminister und konnte so einiges "am Laufen" lassen. Therese war enorm reich.

(Bei Humberts verstanden die Reichen zu feiern)

Im Schlepptau hatte sie allerdings eine unabsehbare Menge von Gläubigern. 20 Jahre hatte der Betrug aufrecht erhalten werden können, nun aber wurde es brenzlig. Ausgerechnet das Mariechen hatte sich verliebt. Sie wollte gerne die Ehefrau des Kammerpräsidenten Deschanel werden. Der war auch entfacht und hatte sie heftig umworben. Damit hätte sich aber auch das ganze Brimborium um das eventuelle Heiratsversprechen mit einem der „Crawford“ Brüder erledigt, damit auch die Entschädigung von 6 Millionen France, damit auch der Grund weiter Kredite aufnehmen zu müssen. Denn nun stand der Auszahlung des Vermögens kaum noch etwas im Wege.

Ein echter Dammbruch im gesamten

Lügengebäude.


(Marie, Frederic, Therese)

Nun keimte erstes Misstrauen auf. Der Berater

der reichsten Männer des Landes, Herr Waldeck-Rousseau nannte in einem Plaidoyer die juristische Angelegenheit Crawford gegen Humbert die größte Lüge des Jahrhunderts. Ein gewisser Drumont eröffnet in seiner »Libre Parole« einen Feldzug gegen Therese und deren Sippschaft.

Geradezu fatal war ein gewisser Cattaui, seines Zeichens selber ein krimineller Wucherer. Auch er war offensichtlich auf Therese herein gefallen. Schließlich versprach sie jedem Kreditgeber eine unerhörte Verzinsung. Der lautstarke Polterer Cattaui fand einen Mitstreiter und der war nun leider Gottes der einflussreiche Herr Vallé (später Justizminister). Auch einem Richter wurde es schließlich zu bunt mit der lästigen Erbstreiterei und so ordnete er die Öffnung des Tresors an.

Cattaui war mit seinem Juristen Valle endlich erfolgreich.Man wollte endlich die 100 Millionen France sehen. Auch in diesem Fall, so wie vorher die Begeisterung über Madame Therese endlos war, so wurde nun eine Lawine des Misstrauens los getreten. Erste Strafanzeigen gingen ein und erste Satiren tauchten auf.

Oh je, jetzt musste sich Therese und ihre Brüder verdünnisieren. Am Tage, an dem der Tresor geöffnet werden sollte, da versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Humbert’schen Palast in der Avenue de Grande Armee Nr. 65.

Unter ihnen befanden sich dutzende Gerichtsvollzieher und vor Angst bibbernde

Gläubiger. Jetzt war der Tresor offen. Inhalt:

Eine alte Zeitung, eine kleine italienische Münze und ein Hosenknopf.

Nun wurde nach Therese, ihrem Mann und ihren Brüder gefahndet. Sie hatten sich einen Tag zuvor schon abgesetzt.

Monate später wurden sie in Madrid gefasst und in das Pariser Untersuchungsgefängnis überführt. Was für ein Unterschied gegenüber den früheren Einladungen in den Elysee Palast. Therese schwieg beharrlich. Sie werde erst vor den Geschworenen aussagen und da müssten sich einige Leutchen auf etwas gefasst machen. Das würde die Schar ihrer Feinde vernichten und

sie würde als gefeierte Siegerin von der jubelnden Menge aus dem Gerichtssaal heraus getragen werden. Im Zuge der Voruntersuchung war sich die Justiz einig. Sie war die treibende Kraft des Jahrhundert Betruges. Der Schwurgerichtssaal war brechend voll. Therese gab ihre Vorstellung. Sie leugnete einerseits, andererseits stellte sie ihren Mann Frederic als völlig unschuldig dar und auch ihre Brüder, die sogenannten falschen Crawfords, seien einfach unglückliche, reichlich dumme Männer, die von nichts eine Ahnung gehabt hätten. Wenn man bedenkt wie brutal vor allem ihr Bruder Romain Daurignac war, muss man staunen. Erst ganz zum Schluss würde sie noch einen Clou herauslassen, versprach sie.

Dazwischen schmeichelte sie den Geschworenen, jammerte, pöbelte und war dem Vorsitzenden schnöde Parteilichkeit vor.

(Therese, noch zuversichtlich, und ihr Anwalt 1903)

Als es nun soweit war, der letzte Verhandlungstag war angebrochen, da wartete man auf ihren abschließenden Clou. Vergeblich.

Was dabei heraus kam, konnte man eigentlich nur unter kindisches Gefasel einordnen. Sie stöhnte endlos über das Weh einer der Pflicht stets treuen Frau, die durch niederträchtige Zettelungen um ihre Habe gebracht und in den Straßenkot geschleift worden sei. Schlussendlich gab sie doch eine ihr angemessene Mär zum Besten. Dieser (wohlgemerkt erfundene) gestorbene Milliardär Crawford hätte eigentlich Regnier geheißen und sei der Vetter des in der französischen Legendengeschichte berüchtigten Schuftes, der, in Bismarcks Auftrag, Bazaine in Metz zum Verrat lockte. Und weil die hundert Millionen aus so schmutziger Quelle kamen, habe sie, die zuverlässigste Patriotin, geschwiegen, geleugnet, die Tatsachen anders dargestellt. Ja wo sind denn nun die Millionen, Millionen?

Regnier (Crawford) würde sie schon bringen.

(Die Brüder Daurignac, die sich Crawford ausgegeben hatten. Links Emile, rechts der gewalttätige Romain)

Aber der sogenannte Crawford sei doch tot gewesen. Das hätte sie nur zu ihrem Schutz so behauptet. Blühender Blödsinn.

Therese und ihr Mann Frederic Humbert wurden zu 5 Jahren Haft mit Zwangsarbeit verdonnert, ihr Bruder Emil Daurignac zu zwei Jahren und Romain zu drei Jahren. Aus heutiger Sicht könnte man bei ihr vielleicht eine verminderte Schuldfähigkeit annehmen, den ihre Lügerei war durchaus als klinisch relevant anzusehen.

Bemerkenswert bei diesem Prozess ist außerdem, dass nur Cattaui Ansprüche gegen die Therese erhob. Alle anderen geprellten

wollten offensichtlich ihre Dummheit nicht an die große Glocke hängen. Außerdem wurde nicht darauf eingegangen, wie sehr Politik und Jurisdiktion in die Affäre verstrickt war. Da wurde brav die Hand darüber gehalten. So endete der größte Betrug des Jahrhunderts. Geld tauchte natürlich nie auf.

Als sie in das Gefängnis musste, war sie 47 Jahre alt und hatte 20 Jahre lang in Saus und Braus gelebt.

Und wie ging es weiter? Die Spur der "Grande Thérèse" verlor sich im Nichts:

Nachdem sie 1903 zu fünf Jahren Einzelhaft mit Zwangsarbeit wegen Betruges verurteilt wurde und erschöpft den Gerichtsdienern in den Arme

sank, endete die öffentliche Existenz der Thérèse Humbert, geborene Daurignac.

Die französische Gesellschaft tat ihr Bestes, um die Hochstaplerin zu vergessen, denn im Rückblick war es ebenso peinlich wie unglaublich, dass ein ungebildetes Mädchen aus der südfranzösischen Provinz zur Herrscherin der Pariser Salons mit Verbindungen zu den höchsten politischen Würdeträgern der Dritten Republik aufsteigen konnte, deren einziges Kapital ihre überbordende Fantasie war.

Mit 52 Jahren wurde sie aus der Haft entlassen.

Angeblich sei sie 1918 in Illinois verstorben, also mit 62 Jahren.

Sie wäre nach ihrer Haftentlassung nach Amerika emigriert (von welchem Geld frage ich

mich). Ein Artikel in der Zeitschrift „Detective“ allerdings machte glaubhaft, dass sie bis dahin in ärmlichen Verhältnissen in Paris lebte.


Ein Bild von einem heruntergekommenen Gebäude hatte folgenden Text:

„Hinter diesen (schmutzigen) Vorhängen meditiert die Grande Therese Humbert über ihre Vergangenheit.“

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welpenweste
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baesta Nun ja. Nichts ist ja so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen.....
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Ich danke für das Lob!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
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