Kurzgeschichte
Sie wissen es nicht

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"Sie wissen es nicht"
Veröffentlicht am 03. September 2017, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Hallo :) ich heiße Isabella, bin 14 Jahre alt und schreibe seit gut zwei Jahren. In meinen Büchern verarbeite ich hauptsächlich meine Depressionen. Ich hoffe, ich kann hier noch einige Tipps bekommen ;)
Sie wissen es nicht

Sie wissen es nicht

Sie wissen es nicht

Sie wissen es nicht, denkt Bella, als Max und Timo sie mal wieder anrempeln, als wäre sie gar nicht da, sie wissen es nicht. Meine ganze Klasse weiß es nicht, meine Lehrer wissen es nicht, niemand weiß es, niemand. Und das stimmt, sie wissen es wirklich nicht. Sie wissen nicht, dass Bellas Vater erst ihre Mutter und dann auch sie selbst verprügelt hat. Sie wissen nicht, dass Bella ihren kleinen Bruder Leon vor ihm beschützen musste, damit er nicht auch noch ihn schlagen

konnte. Sie wissen nicht, dass Bella von ihrem Vater missbraucht wurde, sieben Jahre lang. Sie wissen nicht, dass Bellas Vater ihre Mutter mit einem Küchenmesser erstochen hat, als Bella elf und ihr Bruder sieben war, und auch nicht, dass Bella und Leon zugesehen haben und weggelaufen sind, zu den Großeltern, und dass Bella es der Oma erzählt hat, der Oma, die immer so lustige Geschichten zu erzählen wusste, und dass die dann die Polizei gerufen hat und Bellas Vater seitdem im Gefängnis sitzt und Bellas Mutter tot ist, nein, sie wissen es

nicht. Sie wissen nicht, dass Bella und ihr Bruder dann ein Jahr bei den Großeltern gelebt haben, bis die dann bei einem Autounfall starben, und dass sie dann ins Heim kamen, Bella und ihr Bruder. Sie wissen nicht, dass die beiden adoptiert wurden, gemeinsam, zum Glück gemeinsam, als Bella dreizehn war und Leon neun. Sie wissen nicht, dass die neuen Eltern nett sind, aber letztendlich auch nichts wissen. Sie wissen auch nicht, dass Bella, inzwischen fünfzehn, sich seit sechs Jahren ritzt, weil es schön ist, den Schmerz zu spüren, den äußeren

Schmerz, den sie kontrollieren kann, nicht den inneren Schmerz, der für sie unkontrollierbar ist. Sie wissen auch nicht, dass Bella sich letztes Jahr auf einem Selbstmordforum erst an- und dann wieder abgemeldet hat, was bringt es schon, mit anderen Menschen zu schreiben, die auch sterben wollen, aber letztendlich auch nichts wissen. Und natürlich wissen sie auch nicht, dass Bella sich schon längst umgebracht hätte, wenn Leon nicht wäre, ihr kleiner Bruder, auf den sie aufpassen muss, seit er geboren wurde. Sie wissen nicht, dass Luca weg ist, der Junge aus dem Heim, der Junge, den sie

liebt, der Junge, der sie liebt, der Junge, der immer auf sie aufgepasst hat und für sie da war. In Braunschweig ist er jetzt, weg von Berlin, bei seinen neuen Eltern, und manchmal schreiben sie, und er sagt, dass er sie vermisst, und sie will ihm nicht wehtun, will ihm nicht das Gefühl geben, dass er versagt hat, denn das hat er nicht, nein, alle anderen, aber er nicht, er nicht, aber sie kann nicht mehr, sie kann nicht mehr, irgendwann ist einfach Schluss. Und Leon ist jetzt alt genug, um selbst auf sich aufzupassen, er muss es sein, immer hat Bella nur an ihn gedacht, jetzt ist Schluss, jetzt wird sie mal nur an sich denken und das einzige tun, was ihr Leid beenden kann, jetzt

wird sie nur an sich denken, nicht an Leon, nicht an Luca, nicht an die neuen Eltern, nur an sich. Und deshalb geht sie nach Hause, weg von der Schule, in der sie nicht spricht, denn sie fürchtet, dann in Tränen auszubrechen, weg von dort, wo sie schriftlich in allen Fächern Eins steht und mündlich Vier bis Fünf, weil sie zwar „aufmerksam“ ist und „keinen Quatsch macht“, sich aber auch nie meldet, weg von dort, wo die anderen aus der Klasse vergessen haben, dass sie noch da ist, weil sie nie was sagt. Sie geht nach Hause, ohne dass es jemand bemerkt, wie sollte man es auch bemerken, alles scheißegal, und sie holt

sich das Messer aus der Küche, und dann setzt sie sich in ihr Zimmer neben das Klavier, Klavierspielen kann sie, aber das weiß eh niemand, also ist es auch egal, und sie sitzt auf dem Boden und setzt die scharfe Klinge an und sie wissen es nicht, ihr wisst es nicht, aber ihr hättet es wissen können, denn ihr könnt sehen, die Narben hättet ihr sehen können, und ihr könnt auch sprechen, ihr hättet fragen können, aber stattdessen wart ihr lieber faul und feige, stumm und blind, und ihr habt geschwiegen. Ihr wisst nichts. Sie fragt sich, wer das Blut aufwischen wird. Und sie schneidet. Tief hinein, die

Pulsadern entlang, längs, nicht quer, sonst verschließen sich die Wunden von alleine und sie überlebt. Sie schneidet tief hinein. Und sie stirbt. Und ihr? Ihr wusstet von alldem nichts. Aber ihr hättet es wissen können.

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Hallo :) ich heiße Isabella, bin 14 Jahre alt und schreibe seit gut zwei Jahren. In meinen Büchern verarbeite ich hauptsächlich meine Depressionen. Ich hoffe, ich kann hier noch einige Tipps bekommen ;)

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