Kurzgeschichte
Katzenlieder

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"Und dann, warfen sich die Katzen alle nacheinander in die Fluten"
Veröffentlicht am 27. April 2017, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ersteinmal, hallo ihr Menschen da draußen! :) Ich schreibe seit ungewisser Zeit meine kreativen Ideen in Form von Geschichten, kurzen Abhandlungen über fiktive Personen und Orte, auf. Dabei versuche ich, wenn möglich, auch die verschiedenen Schreibstile auszuprobieren, denn wie jeder weiß, Übung wird irgendwann den Meister machen, auch wenn ich diesen Satz für eine sehr lange Zeit selbst keinen Funken Glauben oder gar Aufmerksamkeit geschenkt ...
Und dann, warfen sich die Katzen alle nacheinander in die Fluten

Katzenlieder

Hereford

Casey zog ihren Mantel enger um die Schultern. Sie fröstelte und schob die Hände tiefer in die wollenen Taschen. Ihr Atem strömte in kleinen Wölkchen aus ihrem Mund mit den zarten Lippen. Der Oktober neigte sich dem Ende zu, doch Schnee war noch keiner in Sicht. Nur die Kälte, ein Tief von Norden her, machte sich langsam aber sicher breit in der kleinen Stadt Hereford. England, wie sie es hasste. Kopfschüttelnd über ihre eigene Entscheidung, das Jahr in der scheinbar wolkigsten Stadt der Welt zu verbringen, betrat sie mit schnellen Schritten die Uferpromenade nahe ihres

Lieblingscafés, dem „Little John“. Ein kalter Luftzug zersauste ihr die Haare, doch noch ehe sie das Rauschen des Flusses erreicht hatte, sah sie die Katzen. Nichts besonderes für Hereford, vermutlich auch das Einzige, was sie an diesem dreckigen Ort wirklich mochte, aber die ordentliche Aufreihung von zehn, nein, ein Dutzend oder gar mehr Katzen nahe des Flussufers bereitete ihr Gänsehaut. Still saßen und lagen sie dort, nur ihre peitschenden Schwänze verrieten Casey an diesem Tag des frühen Winters, das etwas hier vor sich ging. Etwas von der Sorte, das man normalerweise nur in einer Zeitschriften über die großen Städte las. Mehr etwas,

das in London oder Liverpool passieren würde, als im kleinen, ach so beschaulichen Hereford. Sie verharrte einen Mond und betrachtete die Katzen weiter. Nicht nur Streuner waren unter ihnen, auch gepflegte, langfellige Hauskatzenrassen. Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen, zwischen denen sich mittlerweile bereits eine kleine Falte gebildet hatte, trotz der Tatsache, das die junge Frau gerade erst die dreißig Jahre erreicht hatte. Es kam wohl vom vielen Nachdenken, wie ihr einige Verwandte letztens vorgeworfen hatten. Sie sollte sich mehr entspannen, mal runter kommen. Für Casey waren diese Aussagen nichts neues, es war der

Grund dafür gewesen, warum ihre Mutter sie hierhin geschickt hatte. Die Wut wog schwer in ihr und noch schien ihr Aufenthalt kein Ende nehmen zu wollen. Nun aber, vielleicht durch dieses merkwürdige Ereignis, über das bestimmt morgen schon alle Zeitungen berichten würden, hatte Casey die Möglichkeit, ihre Eltern davon zu überzeugen, das dieser Ort keineswegs richtig für eine Erholung war. Sie lag noch ihren Gedanken, als die Rufe ertönten. „Verschwindet ihr Biester!“, rief ein alter Mann lauthals und stieß mit seinen Stock nach einer der Katzen. Sie bewegte sich nicht vom Fleck, keine der

Katzen zeigte eine Reaktion, fast als wären sie wie eingefroren. Nur ihre Schwänze wirbelten der Staub nahe des Piers weiterhin auf. Der Mann wankte von dannen, stieß noch einige Beschimpfungen aus und verschwand. Casey wurde es ganz mulmig zumute. Was war mit diesen Katzen? Ihr Verhalten war nicht normal, nur, worauf warteten sie? Flattrigen Herzes entschloss sie sich weiter zu gehen. Es wird nichts sein, redete sie sich ein. Ja, morgen oder in ein paar Tagen habe ich das bestimmt wieder vergessen, sagte sie sich ganz fest im Stillen. Die Katzen würden wieder stromernd durch die Stadt hinter Mäusen her jagen und nicht wie

Porzellanpuppen am Fluss sitzen. Erst jetzt fiel ihr auf, wie still es war. Es war Herbst, nicht nur deswegen hörte man kaum Vogelgesang, doch statt den leisen Hintergrundgeräuschen von bellenden Hunden über ein leises Zwitschern war es still. Kein Laut drang in ihr Gehör, nur das leise Rauschen des Flusses bestätigte ihr, das sie nicht taub geworden war. Gott, habe ich heute meine Pillen zuhause liegen lassen? Die Falten auf iher Stirn traten wieder deutlicher hervor. Aber sie schüttelte sich innerlich. Da war nichts besonderes, schloss sie den Fall. Casey beschleunigte ihre Schritte und hastete an den aufgereihten Katzen vorbei. Als sie

einen Blick auf sie warf, erschrak sie. Sie warfen sich in den Fluss. Einer nach dem anderen sprangen die Katzen in den Tiefen Fluss, fast so als hätten sie auf einSignal reagiert. Katzen konnten nicht besonders gut schwimmen, das wusste Casey, warum also sollten sie das tun? Das war doch reiner Selbstmord! Und so war es auch. Noch kurz versuchten sich die Katzen krampfhaft mit paddelnden Pfoten an der Oberfläche zu halten, doch die Strömung des Kanals war zu stark und riss sie mit sich. Es war ein furchtbarer, gar grausamer Anblick, den Casey so nicht verkraftete. Sie wollte wegrennen, doch alles was ihr Körper zu ließ, war zu schauen. Mit offenenem

Mund stand sie da. Ein Mädchen, kaum älter als zehn kam angelaufen. „Minka, Minka! Wo bist du?“ Weinend schaute sie sich um. „Nicht Minka, nein, nein!“ Das Mädchen stolperte in die Richtung einer gefleckten Katze, die sich gerade in den Fluss warf. Heulend und schreiend stand sie am Flussufer, aber sie war nicht mehr die Einzige. Mehr Menschen, scheinbar alle Katzenbesitzer hatten sich versammelt und hielten verzeifelt ausschau nach ihrem Liebling. Als auch die letzte Katze in den Kanal sprang und langsam ertrank, hielten die Menschen mit Casey inne. Der Himmel war dunkel geworden. Nicht nur die Katzen hatten

sich umgebracht, nein, nun entdeckte Casey auch eine kleine Vogelleiche im Wasser. Und eine am Pier, eine unter den Bäumen. Wie war das möglich? Wieso begingen die Tiere Selbstmord? Ein Mann reckte seinen Arm hinauf. „Seht zum Himmel!“, schrie er durch den plötzlich aufkommenden Wind, der die letzten verbliebenen Herbstblätter aufwirbeln ließ. Ein dunkler Schatten war erschienen. Er kam näher und näher an die Stadt heran. Der Schatten, das erkannten die Menschen mit weit aufgerissenen Augen, war ein Sturm. Ein Tornado, mitten in England. Casey schrie auf, innerlich verföuchte sie ihre Mutter und alle Verwandten, die ihr

geraten hatten, eine Auszeit zu nehmen. Die Tränen liefen ihr nun auch über das Gesicht, verwischten ihr Make-up und ließen sie aussehen, wie das junge Mädchen, das die Dreißigjährige eigentlich immer noch war. Der Sturm verschluckte sie und die Kleinstadt Hereford war zum ersten Mal im „Daily Telegraf“ und sogar in der „New York Times“ zu sehen. Die Häuser waren weggerissen, die Straßen aufgeplatzt und der einzige Farbtupfer auf dem grauen Foto auf der Titelseite, stellte die weiße wollene Jacke Caseys dar.

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Über den Autor

tintengewalt
Ersteinmal, hallo ihr Menschen da draußen! :)
Ich schreibe seit ungewisser Zeit meine kreativen Ideen in Form von Geschichten, kurzen Abhandlungen über fiktive Personen und Orte, auf.
Dabei versuche ich, wenn möglich, auch die verschiedenen Schreibstile auszuprobieren, denn wie jeder weiß, Übung wird irgendwann den Meister machen, auch wenn ich diesen Satz für eine sehr lange Zeit selbst keinen Funken Glauben oder gar Aufmerksamkeit geschenkt habe.
Ich lerne gerade für mich selber, Geduld mit meiner Entwicklung von neuen Fähigkeiten zu haben.

Falls ihr also Interesse haben solltet, mich auf meiner, womöglich langen Reise, der eigenen Erkenntnis zu begleiten, lade ich euch damit herzlich dazu ein.

unnützes Wissen über mich:
- begeisterter "Alice im Wunderland"-Fan
- favorisierte Musik momentan von Melanie Martinez
- hat eine Schwäche für alles was flauschig ist, Fell und Pfötchen besitzt :>
- Mitglied der Fangemeinde von "The Legend of Zelda"

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Buhuuuh Das Coverbild würd ich Ganzseitig nutzen. ;)
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh ... ein Signal ... noch trennen auf Seite 7 sonst find ich`s sehr gut geschrieben wenn auch nicht grad mein Stoff zu lesen wie ich leider sagen muss.
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Eine ungewöhnliche Geschichte, spannend und flüssig geschrieben. Gefällt mir, Tintengewalt! :-)
Vielleicht noch einmal über den Text schauen und die kleinen Fehlerteufelchen ausmerzen. Mit denen haben wir alle unseren Ärger. :-)
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
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