Kurzgeschichte
Der Wolf

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"18. Autoren-Challenge"
Veröffentlicht am 06. April 2017, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
18. Autoren-Challenge

Der Wolf

Vorbemerkung

Dies ist ein Beitrag zur 18. Autoren-Challenge mit dem Thema:

"Misslungener Aprilscherz"








Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: G.v.Tetzeli

Internet:

www.welpenweste.de

Der Wolf

Klein Berti war schon 10 Jahre alt und ein gewitzter Junge.

Zum 1. April wollte er seine Eltern unbedingt in den April schicken. Ach, was grübelte er. Er dachte schon daran in der Küche Salz und Zucker umzufüllen, aber dann ließ er diesen fantastischen Gedanken wieder fallen. Könnte ja sein, dass der Schuss nach hinten losging, wenn Mami sauer statt lustig wurde. Es musste ein Kracher sein, das war klar, aber welcher? Er überlegte. Es musste in der Nacht sein, genau zum 1. April.

Da kam ihm die Erleuchtung! Vor kurzem hatte er eine Dokumentation im Fernsehen anschauen dürfen. Da war die Rede davon,

wie Wildtiere die Städte erobern. Wildschweine, Habichte, Füchse. Wie wäre es mit einem Wolf? Genau! Er würde in das Schlafzimmer seiner Eltern stürzen und Papi aufrütteln. Er hätte hinten im Garten einen Wolf gesehen und furchtbare Angst. Papi war immer etwas dusselig, wenn man ihn aus dem Schlaf riss. Hinten im Garten! Er, Berti, wäre nach draußen gegangen, weil er nicht schlafen hätte können. Ein furchtbarer Alptraum. Dann würde Papi nach unten laufen, in den Garten blicken und fragen: „Wo?“ „Ällerbätsch, Wolf mit Rotkäppchen, April, April“, würde er dann krähen. „Doch, das käme gut“, dachte Berti. Schließlich haben die Erwachsenen ihm auch

diesen Bären vom Wolf und den sieben Geißlein aufgebunden. Gesagt, getan.

Es war der 1.April um halb zwei Uhr nachts. Berti hatte sich extra einen Wecker gestellt. Er zerzauste noch etwas seine Haare und stolperte ins Schlafzimmer seiner Eltern, rüttelte an Papi herum.

„Was is’n los, Junge?“

„Furchtbar, furchtbar“, rief Berti. „Ich hatte einen Alptraum und konnte nicht schlafen. Da bin ich zu Terrasse gegangen, um den Mond zu sehen. Und da war er!“

„Wer, was, wie?“

„Ein Wolf, glühende Augen!“

„Ist ja schon gut, mach dir nichts draus. Du hast eben einen Alptraum gehabt.“

Mist! Der ganze, schöne Aprilscherz drohte zu scheitern.

„Nein, nein, wirklich! Der streicht da draußen herum!“

Papi richtete sich auf.

„Ein Wolf?“

Nun erschien die Idee etwas aus dem Ruder zu laufen. Es klang einfach etwas zu unglaubwürdig.

„Na ja, grau. Muss ein Wolf gewesen sein. Riesige Zähne! Bitte Papi!“ Der Vater stieg in die Pantoffeln und nahm Bert an die Hand.

„Draußen sagst du?“ Bert nickte kräftig. „Na, dann wollen wir mal sehen.“

Die Mutter tauchte aus dem Kissen auf.

„Was ist?“

„Bert kann nicht schlafen. Vielleicht hat er einen Hund draußen gesehen. Wir schauen mal nach.“ Mami warf den Kopf in das Kissen zurück. Was für ein Glück! Die Story vom Wolf hätte Mami nie geglaubt. Die hätte ihn sofort durchschaut. Sie gingen nach unten und standen schließlich auf der Terrasse.

„Nun, wo?“

„Da hinten“, zeigte Berti. Das Lustige ‚mit dem Rotkäppchen‘ und Ätsch, April, April, das ließ er nun doch bleiben. Mitten in der Nacht sich echten Ärger einzufangen, das war so nicht gedacht.

„Da, da hinten“, wiederholte er. Die Nachtbeleuchtung der am Grundstück angrenzenden Straße warf nur ein diffuses

Licht auf den Garten.

„Ich kann nichts sehen“, grummelte der Vater. „Doch, doch!“ Bert musste nun bei der Lüge bleiben.

„Na gut“, beruhigte Papi. „Ich hole nur schnell mal das Fernglas. Das hat einen Restlichtverstärker.“

Der Vater ging ins Haus zurück und schüttelte den Kopf. Hauptsache der Bengel war beruhigt, sonst hatte man die ganze Nacht mit diesem Blödsinn keine Ruhe. Derweil stand Bert allein auf der Terrasse. Wenn Papi zurückkam, konnte Bert immer noch sagen, dass der Wolf nun verschwunden sei. Dann würde man das Ganze als kleine Aufregung um nichts abtun und gut war es dann.

Plötzlich erstarrte Bert, denn aus der Dämmerung tauchte wirklich ein Wolf auf. Er hatte diesen geschmeidigen Trab am Leibe und schnürte am Gartenende hin und her. „Ein Wolf“, lispelte Bert.

Es war ihm unmöglich wegzulaufen. Die Angst lähmte ihn. Der Wolf kam näher. „Ich bin kein Rotkäppchen“, jammerte Bert leise. Der Vater erschien wieder auf der Terrasse und der Wolf nahm Reißaus, verschwand in der Dunkelheit, löste sich förmlich auf. Der Vater suchte mit dem Feldstecher, da bemerkte er, dass etwas mit dem Jungen nicht stimmte.

„Was hast du denn?“

„Er war da.“

„Ich weiß, ich weiß, der große, böse Wolf.“

„Diesmal aber wirklich.“

„Diesmal?“

Verstört lief Berti in das Haus zurück und rannte in sein Zimmer, warf sich auf das Bett und zog die Decke über sich. Der Vater schlüpfte auch wieder ins Bett.

„War was“, fragte sie. „Nee, der Bengel halt.“

Am nächsten Morgen schlich Bert nach unten. Er war spät dran, weil er das Donnerwetter so weit wie möglich herausschieben wollte. Keiner würde ihm die Sache mit dem Wolf abnehmen. Er konnte es ja selbst kaum glauben. Doch am Frühstückstisch strahlten ihn die Eltern an.

„Dein Vater hat schon angerufen, als er es

heute früh in der Zeitung gelesen hatte. Durch Dich haben sie gewusst, wo sie ihn suchen müssen. Der Wolf war aus dem Zoo ausgebrochen.“

Mutter goss ihm Kakao ein.

Bert war unendlich froh und beschloss in Zukunft auf Aprilscherze zu verzichten. Rotkäppchen lässt grüßen.

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welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

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Andyhank Tolle Geschichte! :)
Gibt diesmal nix zu meckern und, ja, ich weiß ... müsste mehr und ausführlich schreiben, aber ich tippe mit Eingabestift jeden Buchstaben einzeln via Tablet und, das ist anstrengend.
Ich finde, dass die Pointe gut gesetzt wurde und dein Thema super behandelt. Daher das volle Geschenkepaket. Haste dir verdient! :)
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Danke vielmals!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Gern geschehen. Ehre wem Ehre gebührt! :)
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Tja, wer hätte das gedacht ...
Wie Merle schon schreibt - - - sehr schöne Wortspielchen - gefällt mir. Und ein fantastisch für den Tausch von Salz und Zucker finde ich so übertrieben süß, dass es für mich so richtig gut kommt .... :D
Und am Ende sind dann doch alle geplättet - sie sind wieder da, die Wölfe in Deutschland.
Wer sie sieht, kann sich glücklich schätzen - - - weil sie eben sooo scheu sind.
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Hach, der Bengel halt.... Du hast gleich zu Beginn ein paar sehr schöne Wortspielchen eingebaut. Ich finde zwar das "fantastisch" fürs Vertauschen von Salz und Zucker etwas unpassend, aber dafür gefallen mir umso mehr solche Sachen wie: "... wenn Mami sauer statt lustig wurde" und "... diesen Bären vom Wolf und den.....)
Vorhersehbar ja, aber das macht die unterhaltsame Schreibweise wieder wett.
Schöne Grüße, Merle
Seite 5, letztes Drittel: zu(r) Terrasse
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Vielen lieben Dank! "Fantastisch" war natürlich ironisch gemeint.
Danke für zu(r). Ich korrigiere erst nachträglich.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Shehera Eine locker erzählte, schöne Geschichte...hat mir gefallen. Der einzige Kritikpunkt ist, dass leider sehr vorhersehbar war, dass der Wolf wirklich auftauchen würde...hab schon sehr zeitig auf den Auftritt gewartet...der Überraschungsmoment war daher nicht so gegeben. Trotzdem gut erzählt und Thema prima umgesetzt! :)

Liebe Grüße
Shehera
Vor langer Zeit - Antworten
CHM3663 Eine wunderschöne, spannende und toll geschriebene Geschichte!
Und das Beste: Es könnte wirklich jeden Tag haargenau so passieren.
Vielen herzlichen Dank und liebe Grüße,
Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Natürlich! Es gibt sogar (ich glaube, dass es in Deutschland noch nicht so weit ist) Städte, in denen Wolfrudel die billige Nahrungsquelle für sich erkannt haben.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo Günter,
hier in der Nähe von Truppenübungsplätzen und großen Waldgebieten hätte Dein Protagonist keine Schwierigkeiten gehabt ,seinen Vater wegen einer Wolfssichtung aus dem Bett zu holen. Er hätte es sofort geglaubt und seine Flinte durchgeladen. In unserer Landeshaupstadt hat man erst vor Kurzen im Wohngebiet einen Wolf gesichtet. Jäger ,Schäfer und viele Bauern haben große Probleme mit den hiesigen Wölfen(mehrere Rudel) und liegen auf der Lauer. Fast täglich lese ich FÜR und WIDER in der Zeitung. (so Mancher wartet auf die Abschussgenehmigung und und die Lockerung des Schutzes) Auch ich habe schon einen halbwüchsigen Wolf gesehen.Ob Du es glaubst oder nicht, er stand ganz plötzlich vor mir und war genauso überrascht. Seine grünen Augen waren so markant,dass ich sofort wußte, es war ein Wolf. Wir sind beide dann dicht aneinander vorbeigelaufen (Ging nicht anders. Wir standen uns auf einen 5 m breiten Weg gegenüber und links und rechts war ein Zaun.)
Ja, so ist das im Leben ,was der Eine sich ausdenkt, passiert dem Anderen.
(Mein Kommentar ist kein Aprilscherz, sondern Wirklichkeit)
Grüße an Dich schickt die Kornblume,die sich nicht sicher ist ,ob sie Wölfe mag.
Vor langer Zeit - Antworten
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