Kurzgeschichte
Germanys next Topfmodell

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"... und was man sich so dabei denkt."
Veröffentlicht am 12. März 2017, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
... und was man sich so dabei denkt.

Germanys next Topfmodell

GERMANYS NEXT TOPFMODELL

Anfang März im heimatlichen Marschland. Regen durchnässt die Weiden und Deiche. Schon den ganzen Tag rinnt ein schmieriger Film über meine Scheiben. Kein Tag um draußen herum zu springen; ein Tag um die Stunden damit zu verbringen die Couch platt zu drücken, zum verpennen und zum nachdenken. So über dies und jenes.

Doch das kann man ja auch nicht ewig

machen. Etwas Unterhaltung so nebenbei muss ja auch sein. Also knipse ich am Abend meinen Fernseher an und schaue in die bunte bunte Welt.

Doch Pustekuchen. Denn an Donnerstagen scheinen sich die Sender darauf geeinigt zu haben nichts sehenswertes zu senden. Also zappe ich so durch die Programme: Fürchterliche Doku - Soaps, ein alter Hau - Drauf - Film, flache Serien mit dem immer gleichen Ende, und natürlich Werbung! Schnell drücke ich sie weg.

Und lande bei einer Horde junger kreischender Mädels die sich wie aufgezogen über etwas zu freuen scheinen. Vielleicht ist ihnen der Heiland

erschienen? Oder der Papst hat sie geküsst? Vermute ich.

Doch nein, der Grund ihrer unermesslichen Freude ist die Tatsache, dass sie auserwählt wurden um den Titel “Germanys next Topfmodell” zu kämpfen. Und da muss man sich so freuen? Wundere ich mich. Doch diese sogenannten Casting - Shows sind heutzutage ja sehr beliebt. Deutschland sucht andauernd den neuen Superstar, die auserwählte Bauersfrau, den sportlichsten dicken Menschen und eben auch das nächste Supermodel. Ich bin eben alt, kenne mich nicht mehr aus.

Also schaue ich weiter zu.

Die dürren flachbrüstigen Mädels

stolzieren auf und ab und werden dabei von drei anderen komischen Menschen begutachtet. Fleischbeschau. Ohne jede Scheu wird an den Mädchen herumgemeckert. Die eine wirkt zu hölzern, die andere zu aufgedreht und flippig.

Und ich frage mich, was schief gelaufen ist mit diesen Salzstangendünnen Mädels. Ist es wirklich ihr innerster Wunsch und Traum vor einer Horde unfreundlicher Fremder die wundersamen modischen Auswüchse anderer zu präsentieren? Auf und ab zu gehen, sich zu drehen, ihren nicht vorhandenen Hintern dem Publikum darzubieten? Ein asketisches Leben zu führen, das nur von Fotografen bestimmt

wird? Von Koks und Schampus und Wattebäuschen in Schuss gehalten? Ist es wirklich so erstrebenwert ein menschlicher Kleiderbügel zu sein?

Ich mache mir meine Gedanken.

Aber sicher, so vermute ich rein innerlich, so ein Job verspricht Anerkennung, Aufmerksamkeit und einen Hauch geschichtlicher Relevanz. Nicht mehr und nicht weniger. Denn in dieser Zeit die wir durchleben scheint nichts mehr von Bedeutung zu sein als der schöne Schein; die glatte makellose Fassade verspricht ja insgeheim eine Art Perfektion; perfekte Oberfläche verspricht immer was man ihr an - und zudeutet.

Nicht anders ist über die heutige Politik und ihre darstellenden Personen zu bemerken. Wer fragt denn schon nach Inhalten, nach gesellschaftlichen und geschichtlichen Problemlösungen, wenn es eine Flut von schönen bunten Bildern gibt?

Hübsch frisierte Polit - Profis die Hände schüttelnd durch die gesamte Republik touren vermitteln nun einmal den Eindruck echter Kümmerer; flott und leger gekleidete Verteidigungsminister/innen die vor der versammelten Presse eine Runde Panzer fahren, müssen doch einfach ein ehrliches Interesse an unserer Sicherheit haben. So glauben wir. Der schöne

Schein, die perfekte Oberfläche macht ´s möglich.

Sicher, nicht alle meiner Mitbürger lassen sich so leicht auf ´s Glatteis führen.  Da gibt es in jüngster Zeit ein paar echt überzeugte Durchblicker und Klarseher. Selbsternannte Volksfreunde und Verteidiger urdeutscher Traditionen, wie hartnäckiges Leugnen geschichtlicher Fakten, hysterischer Angst vor allem Fremden und überzeugtem Denunziantentum. Diese schar ehrenhafter Verfechter hohler Parolen und schlagkräftigem Rassismus haben eine unglaublich einfache Formel zur Überwindung medialer Plattheiten gefunden.

Lügenpresse! Brüllen sie. Unentwegt all überall. Lügenpresse! Damit scheint die Wahrheit etwas zu sein, dass nur sie verkünden. Einzig und allein. Und wohin dies führen kann, kennt man ja aus unserer deutschen Historie: Erst kommt die ganz eigene Wahrheit, dann werden Bücher verbrannt, Lager eingerichtet, geplündert und gemordet.

Und das führt jetzt vielleicht etwas zu weit muss ich feststellen. Die Topfmodelle haben mich offensichtlich verwirrt mit ihrem geistlosen Gezappel. Ich schalte sie endgültig ab.





Text: harryaltona

Cover: Pixabay.de



 

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Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.

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tooshytowrite Ach Harry, wie tief und gründlich möchte ich meinen Kommentar schreiben? Andy Warhol zitieren? Selbstdarstellung scheitert an mangelnder Kreativität und doch möchte man mal so rischtisch wörldfeimöss? Geschlechterspezifische Rollenzwänge bitte bitte bitte nicht mehr aufwärmen... Die Geklumpschte kann ich nicht mal voice off ertragen - aber ihre Mop Toddels sind nicht untergewichtig. Reality-TV? Oh würg! Ich brauche gut recherchierte Doku über Themen, die mich auch wirklich interessieren, Qualitätsfilme, die mich ansprechen und Lesefutter das mich entzückt, meinen grauen Restzellchen neue Anstösschen bietet - es lebe die KonsumFREIHEiT.
LG tooshytoshuthermouth
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Bitte nicht den Mund halten. Deine Kommentare überzeugen und motivieren immer wieder neu. Da weiß ich doch wofür ich mir hier die Buchstaben um die Ohren hau.
lg... harryaltona. Und freut sich über das Lebenszeichen.
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Nee, nee, Harry,
das führt überhaupt nicht zu weit!
"Brot und Spiele!"
Ein alter Hut, immer wieder gern getragen (nicht nur von Models)!
Politik ist nur noch Show! Siehe Schulz ... aber es soll keiner merken ...
Wenn dann aber Einer ganz offensichtlich eine Show abzieht ... also das "Geheimnis" verrät ... dann ... ja dann ist er ein Trump ... ein widerlicher Trump ....
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Is wohl schon das wir beschissen werden wollen. Hauptsache nich zu offensichtlich. Man glaubt ja hartnäckig an sein reines Gewissen.
Tausend Dank, Peter!!!
lg... harryaltona
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klawi Ja, das ist die eine - materielle - Seite der Welt, Hoffnung auf Status und Vermögen - oft genug in den Medien zu beobachten.
Glücklicherweise gibt es auch noch die andere (vielleich etwas zu leise) Welt der Liebe und Mitmenschlichkeit.
Hoffen wir darauf, dass wir Schein und Sein immer wieder gut unterscheiden können :)
Und tja - die ewig gestrigen, die versuchen, sich Macht über Unglück der anderen zu holen. Ich hoffe, es gibt genug - freundliche! - Aufklärung für die, die den falschen Propheten hinterherrennen.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ja hoffen wir mal das letztenendes die Liebe die Oberhand gewinnt.
Tausend Dank, klawi!!!
lg... harryaltona
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sugarlady Heidi Klum wird immer der Ableger der Barbie Puppe sein.
Grins.
Liebe Grüße
von der etwas fülligeren Sugar.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ach, wenn ´s denn so wäre. Leider haben sie ihr das sprechen beigebracht, doch das Hirn vergessen. Das hast du wohl abgekriegt. Daher auch das "füllige!"
Tausend Dank, Zuckermädel!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Ob nun Topfmodell, Topfmanager oder Topfpolitiker. Solange jeder sein eigenes Süppchen kocht aber beim anderen heimlich nachsalzt wird nie etwas Vernünftiges daraus werden Schon unsere Altvorderen wußten "Viele Köche verderben den Brei"-. "Man sollte den Topfguckern endlich auf die Finger schlagen", meint die Kornblume,die dich lieber Harry herzlich grüßt.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ja, ist leider so. Eigennutz wird zur Tugend erhoben. Danke für die Grüße, und Danke für den ganzen Rest.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
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