Küchengeschichten
In der Küche am Rasen 44 gab es zwei große Fenster. Eines war das für die Beobachtungen und die Ansagen unserer Mutter, wenn wir draußen spielten.
Das andere ging in Richtung Hinterrasen, exakt auf den Verbindungsweg dorthin.
Am Fenster war außen eine Rolle angebracht und darüber lief eine Wäscheleine. Mutti hat hier jedes Wäschestück aufgehängt, dann weiter gezogen und wieder aufgehängt. Später, beim Abnehmen, das selbe Verfahren. Besonders an kalten Tagen waren die langen Unterhosen und die Hemden
steif gefroren. Man konnte sie wie ein Brett abnehmen. Zum Auftauen und fertig Trocknen legten wir sie in der Wohnstube aus, wo es später nach der kalten Winterluft roch.
Neben dem Fenster stand der Küchenschrank. Es war ein weißes Vertiko mit Aufsatz, wie es in jedem zweiten Haushalt zu finden war. Innen gab es Behälter aus Pressglas für Mehl und Salz und Semmelmehl. Alle Teller, Tassen und Untergeschirr, das täglich gebraucht wurde, lagerte dort. Ein extra Fach für Brot mit einer Unterlage aus Glas war auch in der linken Seite. Auf dem Küchenschrank stand das Radio und dudelte ohne Ende, wenn wir am
Küchentisch die Hausaufgaben machten.
Weiter rechts kam, aus dem Versandhauskatalog, die Sitzbank. Ein neues Möbelstück mit Rückenlehne. In den Kästen unter den Sitzen konnte man Wäsche einlagern.
Auf unserem „Stammsitz“ mussten wir jeden Abend unser „Päckchen bauen“. Die Strümpfe ganz oben. Eben in der Reihenfolge, wie wir die Sachen am Morgen anziehen wollten. Wenn etwas falsch war oder unordentlich lag, flog alles zu Boden und musste neu geordnet werden. Hinten links war mein „Stammplatz“. Mein Bruder saß dem Vater zur rechten
Hand.
JFW 05.01.2017