Kurzgeschichte
Der Sturtz

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"Es war ein Unfall und nichts Inziniertes"
Veröffentlicht am 23. September 2016, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Es war ein Unfall und nichts Inziniertes

Der Sturtz

Titel


Es war nicht meine Schuld gewesen. Ich schwöre, bei allem, was mir heilig ist. Seit Tagen gingen wir uns aus dem Weg. Nur weil ich einmal meinen Kopf durchgesetzt habe, sprach sie nicht mehr mit mir. Am ersten Tag war ich einfach nur stinkig auf sie. Warum sollte ich immer nachgeben? Nur weil sie eine Frau war? Mit diesem Argument ging sie mir eh auf den Sack. Jedes Mal, wenn ich ihr gegenüber die Stimme erhob, weil sie mir mal wieder dazwischenquatschte und sie dabei auch noch grimmig ansah, kam sie mir mit dem Spruch, das ich das nicht

machen kann, weil sie eine Frau ist. Soll ich sie wie ein rohes Ei behandeln? Immer brav ja und amen sagen? Wer glaubt sie, wer sie ist? Am zweiten Tag fehlten mir ein wenig unsere Gespräche. Aber das verging mit Einläutung der Mittagspause. Ich genoss die Ruhe. Sie verließ den Raum, während ich in meinem Bürostuhl sitzen blieb, obwohl mir von dem vielen Sitzen schon der Rücken wehtat. Und nicht nur der. Aber lieber Schmerzen in Rücken und Po, als ein abgekautes Ohr, überstrapazierte Nerven und Kopfschmerzen. Ich vertrieb mir die Zeit auf schlaukopf.de. Immer wieder bin ich

erstaunt, wie viel ich noch weiß. Dabei stelle ich mich manchmal so dumm an. Komm nicht auf die einfachsten Lösungen. Oft habe ich auch feststellen müssen, dass ich viel zu kompliziert denke. Der Denksport ließ die Zeit verfliegen. Ein wenig Mathematik, ein bisschen Englisch und eine winzige Portion Chemie und schon war die Pause zu Ende. Das hörte man auch. Die Ruhe war vorbei. Wenigstens war der Feierabend in greifbarer Nähe gewesen. Wie ich mich schon darauf freute, auf ihn und meinen Garten. Meine Gartennachbarn ließen sich ja auch nicht mehr so oft blicken, seit dem es Herbstanfang war. Was

bedeutet, dass ich kein Radio mehr, aus den ihren Gärten, hörte und ich die absolute Ruhe genießen konnte. In der letzten Stunde, vorm Feierabend, starrte ich immer wieder zu ihrem Platz. Einerseits nervte sie mich, andererseits fehlte sie mir irgendwie. Man musste sich ja, wegen einer Kleinigkeit, nicht gleich aus dem Weg gehen. Ich fand, dass genug Zeit vergangen war, um runter zu kommen. Es wurde Zeit, dass einer auf den anderen zugeht. Da sie es augenscheinlich nicht tun würde, musste ich es tun. Als die Feierabenduhr läutete, stand sie als erste auf und lief raus. Anscheinend hatte sie es ziemlich eilig gehabt.

Termine? Ich rannte ihr hinterher und holte sie an der Treppe ein. „Warte mal kurz.“, bat ich sie, „Wollen wir uns ewig aus dem Weg gehen, nur weil ich einmal zeigen wollte, dass ich auch einen eigenen Willen habe?“ „Lass mich in Ruhe.“, sagte sie schroff und setzte sich wieder in Bewegung. Wie ich schon eingangs erwähnte, war es nicht meine Schuld gewesen. Schließlich hatte sie nicht hingeschaut, wo sie hintritt, die Stufe verfehlt und rollte so die Stufen runter. Wenn ich böse wäre, würde ich sagen, sie war vor mir unten angelangt. Aber ich bin teilweise lieb. Deswegen stand ich auch erschrocken oben und blickte auf ihren Körper hinab,

der nicht einmal zuckte, dafür sich aber verfärbte. Beim Anblick des Blutes, wurde mir übel und ich musste mich wegdrehen. Nur zufällig drehte sich einer derjenigen um, die auf den Fahrstuhl warteten und sah mich, wie ich kreidebleich über dem Geländer hing. „Alles in Ordnung?“, fragte er, wo ich mich immer noch fragte, ob ich etwa so aussah, als ginge es mir gut. Er kam auf mich zu, um mir zu helfen. Dann sah er sie und vergaß mich. Dabei war ich noch am Leben. Aber ich war kurz davor, die Hufe an die Decke zu knallen. Zumindest vom Gefühl her. Zum Glück kam dann eine Holde, die mich

stützte und sich um mich kümmerte. Die Trauernden, auf ihrer Beerdigung, waren in zählbarer Schar gekommen. Genauso spärlich war auch das Buffet, weswegen ich beizeiten die Feier verließ. Deswegen und weil keine Stimmung aufkam. Es war einfach nur deprimierend gewesen.

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