Kurzgeschichte
Augen in der Großstadt

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"Augen in der Großstadt"
Veröffentlicht am 07. September 2016, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Elena Okhremenko - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Schreiben und zeichnen sind für mich so etwas wie eine Art Seelheilung; wenn die Inspiration da ist, schreibe ich einfach drauf los. Spezialisieren tu ich mich vor allem auf den bereich "Horror" xP
Augen in der Großstadt

Augen in der Großstadt

Augen in der Großstadt


„So endlos lang die Reise. Und in mancher Nacht in der ich hörte, wie das Uhrenticken unbarmherzig die Zeit in Scheiben schnitt; unaufhaltsam, unkontrolliert. Ich fühlte sehr wohl die Ziele; jedoch waren diese so fern aber doch so magnetisch. Und immer mehr entglitt mir das Leben und ich verspürte keine Kontrolle mehr darüber. Mit dem Gefühl, nicht nur in meiner selbst Gefangen sein zu wollen, verließ ich das Haus, mein persönliches Gefängnis, und doch mein einziges, richtiges zu Hause; ein Ort meiner Pein.

Draußen die großen Menschenmengen, in denen ich aber jedes Mal alleine blieb, ich konnte es nicht anders. Ich war nichts als ein Gespenst; für alle anderen unsichtbar; weder gehört, noch gesehen. Ebenso wie sie dich verachteten, tat ich es ihnen gleich. Unzählige Gesichter im Vorbeiziehen, kaum gesehen, und auch schon wieder vergessen. Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals anders gewesen war. So viele Jahre in der eigens Erschaffenen Dunkelheit gefangen; von jedem verachtet; ein Nichts das einfach nur da war; nicht einmal richtig existierte. Zerstört und gebrochen durch jene, welche dich zu Anfang schwächten und dies dann

ausnutzen, um deine Existenz, dein Wesen Stück für Stück zu vernichten… Ja, sie haben es geschafft; sie haben mir eine neue Identität gegeben; an mein wahres Ich kann ich mich nicht erinnern; nur an das, was die anderen aus mir machten… Tag für Tag gruben sie ihre Krallen bis tief in meine Seele, nur um sie langsam und qualvoll zu zerschmettern… Heute ist es mir egal; ich kann damit Leben…. Ein Leben in Dunkelheit, Gefangenschaft; ein Leben voller Lügen; im Schatten meiner selbst und gesponnen an die Fäden meiner Peiniger, welche sich an meinem Leid stärken… Ich habe mich damit abgefunden; wollte es anfangs beenden,

ich hatte es versucht; mehrmals legte ich die Klinge an, doch etwas in mir schaffte es nicht, es zu vollenden… Ich war zu schwach… So blieb ich allein in der Dunkelheit; sie und der Schmerz hatten Kontrolle über mich… So wie meine Seele, war auch mein Körper gebrochen…

Ich weiß nicht, wie es zu diesem einen Tag kam. War es Schicksal, Fügung? Ich kann es bis heute nicht sagen… Ein Blick, und dieser Blick veränderte mein ganzes, elendiges Dasein. Er veränderte es… Und zum ersten Mal in meinem ganzen Leben verspürte ich etwas wie… Hoffnung! Er entfachte dieses Licht, welches ich schon fast glaubte, in der

Dunkelheit verloren zu haben. Es musste Schicksal gewesen sein. Ein Blick…. Ein Lächeln… und das erste Wort… Ich werde diesen Tag nicht vergessen, und auch nicht die weiteren, in denen er die Ketten von mir löste und mich aus meinem Dunklen Kerker befreite. ER fühlte wie ich; er teilte meine Vergangenheit und ich hätte es nicht für möglich gehalten, jemals jemanden zu treffen, der mich so verstehen würde. Mir das Licht und die Kraft zurückgeben könnte… Dieser eine Blick, der mein Leben veränderte, und mir die Macht und mein wahres Ich zurückgab. Ein Teil meiner Seele mag zwar gebrochen sein, doch er hat mich gelehrt, dass

Erinnerungen eines der wichtigsten Dinge sind. Ich lernte, die Welt komplett neu zu verstehen; sie mit anderen Augen zu sehen… Und ja; ich bin froh, dass ich damals zu schwach war, die Klinge richtig anzusetzen. Er gab mir die Kontrolle zurück. Ich brauche die Klinge nicht; sie wurde gezeugt von den Peinigern; und gelenkt durch ihre Missetaten. Es war meine Entscheidung, ob ich ihrem Ruf folge, oder mich Ihnen widersetze und die Ketten löse… Und ja; ich schaffte es. Durch ihn hat mein neues Leben begonnen; meine Freiheit, welche ich schon unzählige Jahre so begehrte…

„Ich werde dieses kleine Licht zu einem

drohenden Inferno machen“

Und dieses Inferno, diese Loslösung allen Leides, aller Dunkelheit wird die restlichen Fäden für immer Lösen; es ist ein langer Weg, doch ich bin bereit ihn zu gehen…. Mit ihm!

Er hatte mich nie verachtet, er sah etwas in mir, er verstand mich…. Wie keiner je zuvor. Nachdem ich wieder Kontrolle über mich selbst erlangt hatte; er mir seine Lebensweisen nähergebracht hat, und ich diese verstand und dankend als eine Art Anleitung ansah, hätte er sich abwenden können; er hätte mich verlassen können. Es war mir immer ein Rätsel gewesen, wieso er sich mit  jemandem wie mir abgab; einem

nichts… einer gebrochenen Existenz, welche in Reue und ja, auch etwas Selbstmitleid, immer mehr verendete.

Doch er tat es nicht… Er wich bis heute nicht von meiner Seite. Dieser eine Moment; dieser eine Blick, hatte alles geändert, und ich bin ihm so dankbar, dass er mich gesehen hatte… Mir die Augen geöffnet hat und ich nun in Freiheit leben kann… Aber jetzt entschuldigt mich, schaut mich nicht so an; ich muss jetzt los.“, sagte ich und grinste. Er würde bald hier sein, und ich freute mich schon auf seine Ankunft. „Ich werde euch nicht verlassen, wie könnte ich das… Ihr habt mich bis vor kurzem doch mein ganzes Leben

begleitet, nicht wahr?“ Ich lachte und schaute jeden einzelnen der Gestalten an. Auch wenn ihre Augen mit der Zeit verblassten, und ihre scharfen Krallen sich langsam zurückzogen; das unwohle Gefühl in ihrer Gegenwart blieb. Doch ich hatte mich an sie ebenso gewöhnt, wie an die Qual, welche mich mein Leben lang verfolgte.

„Seid nicht traurig, wie ich sagte, ich werde euch nicht verlassen. Ihr seid die Schatten meiner Vergangenheit; nein… ihr seid meine Vergangenheit; das was ich war, und ich immer sein werde… in kleinen Teilen.“ Wieder entfuhr mir ein Lachen.

„Alles in Ordnung?“, ich drehte mich

langsam um und blickte in dieselben, eisblauen Augen…. Die Augen, welche mich von nun an begleiten würden…. Er schaute mich fragend und verwundert an, folgte meinem Blick zur dunklen Ecke meines Zimmers… „Was ist denn da, kann ich….“

„Alles in Ordnung; wir können gehen.“, sagte ich und schob ihn aus der Tür. Ich drehte mich noch ein letztes Mal um; die glühenden Augen und die gewetzten Krallen waren bedrohlich auf mich gerichtet; doch solange ich bei ihm war, konnten sie mir nichts mehr anhaben…. Nie wieder….

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Chaohrem
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