Kurzgeschichte
Dori und Stefan

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"Dori und Stefan"
Veröffentlicht am 02. September 2016, 44 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich schreibe intensiv seit 2006 Gedichte, Balladen, Kurzgeschichten, Kindergeschichten - zudem ist noch ein Roman entstanden. Bisher sind sieben Bücher aus meiner Feder geflossen: fünf Lyrikbände, ein Kinderbuch, ein Roman. Mein zweites Hobby ist das Fotografieren und auch Bildbearbeitung am PC. Beim Fotografieren kann ich mich total vergessen, genau wie beim Schreiben auch. Ich liebe die Natur, Tiere und Menschen, die noch menschlich ...
Dori und Stefan

Dori und Stefan

Dori und Stefan

Dori, die richtig Dorothea heißt, aber von allen nur Dori genannt wird, ist eine Frau von 55 Jahren, seit 4 Jahren verwitwet, sie lebt alleine. Ihre Ehe ist kinderlos geblieben, was aber nie ein Problem für sie darstellte, Kinder müssen für Dori nicht wirklich sein.

Nach dem Tod ihres Mannes hat sie lange Zeit gebraucht, sich nervlich zu erholen, da er etliche Jahre krank war und sie eigentlich immer für ihn da sein musste. Nicht dass er sich nicht mehr selbst helfen konnte, aber er wollte sie immer um sich haben und das war sehr anstrengend. Dori ist halbtags berufstätig

und das empfand sie als sehr hilfreich, konnte sie doch wenigstens in diesen Stunden all die Probleme vergessen, die sie ständig zu Hause vereinnahmten.

So blieb sie nach dem Tod ihres Ehemannes alleine in ihrem kleinen Haus, übt ihren Beruf aus und versuchte, nach und nach wieder ein aktives Leben zu führen.

Neben ihrem Beruf hat sie verschiedene Hobbys, die Zeit wird ihr also nie lang.

An einen anderen Mann dachte sie zwar ab und zu - daran, dass es vielleicht doch schön wäre, wieder zu zweit durch das Leben zu gehen. Schließlich ist sie

erst 55 und das ist heutzutage kein Alter mehr, mit 55 steht man mitten im Leben. Den Gedanken schob sie dann immer wieder beiseite, traute sich nicht so recht, sich näher damit zu beschäftigen. Im Internet hatte sie schon verschiedentlich in diesen Partnerseiten gesucht, gab aber jedes Mal schnell wieder auf.

Nun steht eine Kur an, denn ihre Bandscheiben lassen ihr in den letzten Monaten gar keine Ruhe mehr. Dori wollte erst gar nicht so recht, denn sie dachte an ihren Job, sie ist nie krank gewesen, hat nie länger als ein paar Tage wegen Erkältung gefehlt. Es fiel ihr

deswegen auch nicht leicht, aber schließlich entschied sie sich doch für die Kur und heute nun soll es los gehen.

Der Koffer ist gepackt und im Auto verstaut, die Nachbarin, welche auch ihre beste Freundin ist, hat die letzten Instruktionen erhalten, sie will auf das Haus acht geben, während Dori nicht anwesend ist. Noch ein letzter Rundgang durch alle Zimmer, dann schließt sie die Eingangstür ab, macht einen tiefen Seufzer, so als wolle sie die Last von Jahren ablegen, setzt sich in ihr Auto und fährt los. Das Autoradio spielt laut, aber gerade so will sie es heute haben, irgendwie ist ihr so fröhlich zumute. Es ist eine Leichtigkeit in ihr, die sie schon

lange vermisst und eigentlich schon nicht mehr erhofft hat. Sie singt die Lieder mit, die aus dem Autoradio erklingen, aus voller Kehle. Ein Autofahrer auf der Parallelstraße sieht sie und lacht sie an, sicher fragt er sich, mit wem sie wohl redet, so ganz alleine in ihrem Auto, oder zweifelt er gar an ihrem Verstand?

Es ist ihr egal, heute kann sie nichts beeinflussen, ihre Stimmung steigt und steigt.

Nach gut 3 Std. kommt sie in dem Kurort an, findet auch gleich das Kurzentrum, welches ihr auf Anhieb gefällt, auch mit ihrem Zimmer ist sie

sofort vertraut und fühlt sich wohl. Nachdem sie ihren Koffer ausgepackt und alles in dem Schrank und der Kommode verstaut hat, begibt sie sich zu einem ersten Erkundungsgang in die nähere Umgebung.

Ein wunderschöner Kurpark hat es ihr sofort angetan, denn es blüht und grünt sehr üppig hier und die vielen Bänke laden zum Verweilen ein. An einem kleinen See findet sie schließlich eine Bank direkt neben einem großen, blühenden und wunderbar duftenden Holunderbusch, dort lässt sie sich nieder und schaut den Enten zu, die auf dem kleinen See schwimmen und nach Futter tauchen. Es ist Frühling und die

Farbenvielfalt der mit wunderschönen Frühlingsblumen angelegten Beete stimmen Dori nur noch umso fröhlicher. Es ist lange her, dass sie sich so frei und entspannt gefühlt hat, ein herrliches Gefühl, sie könnte die Welt umarmen.

Eine Weile noch genießt sie die Sonne auf dieser Bank, lauscht der Natur und auch den Menschen, die vorüber spazieren und ebenfalls diese warme Frühlingsluft genießen.

Dann ist es an der Zeit, zurück zu gehen, denn die Abendessenszeit naht, sie will sich noch etwas frisch machen und etwas Schickes anziehen.

Punkt 18:30 Uhr findet sich Dori im

Essenssaal ein, ihr wird von einem freundlichen jungen Mann der Tisch zugeteilt, den sie für diese 3 Wochen mit anderen Kurgästen teilen soll.

Noch sitzt niemand an dem Tisch, sie setzt sich auf einen der vier Stühle und blickt sich in dem großen Saal um, der bereits sehr gut besucht ist, entsprechend laut ist es auch.

„Entschuldigen sie bitte, darf ich mich zu ihnen setzen?“ fragt eine freundliche Männerstimme.

„Mir wurde ein Platz an diesem Tisch zugeteilt und ich freue mich, Ihre Gesellschaft beanspruchen zu dürfen“ sagt der Mann und reicht ihr die Hand.

„Mein Name ist Heil, Stefan Heil und

wenn es ihnen recht ist, dann nennen sie mich einfach Stefan.“

Stefan Heil, dieser Name sagt Dori etwas und sie sieht ihn nun direkt an da erkennt sie ein Fragen in seinen Augen und gleich leuchten seine Augen sie an.

„Dori? Dori, bist du es wirklich?“ „Das gibt es doch nicht, doch, du bist es,“ sagt Stefan und auch Dori erkennt ihn sofort. Er hat sich nicht viel verändert, ist nur älter geworden, aber immer noch sieht er sehr gut aus.

„Ja Stefan, ich bin es, aber wo kommst du her, was machst du hier? Ach, blöde Frage, natürlich kurst du auch hier, entschuldige bitte, aber ich bin etwas durcheinander,  nie habe ich mit einer

solchen Begegnung gerechnet“ - erwidert Dori nun.

Stefan setzt sich neben Dori und sie sehen sich eine Weile an, müssen dann beide lachen und Stefan sagt zu ihr, dass sie noch so gut aussehen würde, wie früher.

„Du bist reifer geworden, das steht dir sehr gut,“ meint er und Dori spürt, wie sie langsam, aber intensiv errötet.

„Stefan, du machst mich ganz verlegen, entschuldige bitte, ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal errötete“, sagt sie zu ihm und Stefan entgegnet, dass ihm das gefällt, es würde ihr gut stehen und auch für sie sprechen.

Langsam löst sich die Spannung bei

beiden und sie fragen sich nun, wie lange sie sich wohl nicht mehr gesehen haben.

„Ich war 24 Jahre verheiratet und bin schon seit 4 Jahren verwitwet, es muss also um die 30 Jahre her sein, seit wir uns aus den Augen verloren haben, denn mit meinem verstorbenen Ehemann war ich schon eine Weile zusammen, bevor wir heirateten“, sagt Dori.

Stefan meint, das könne wohl so sein, obwohl er sich gerade im Augenblick nicht vorstellen kann, dass das so lange her ist.

„Du wirkst mir so vertraut“ sagt er zu Dori, die daraufhin erneut errötet.

„Du hast recht“, sagt er zu ihr, „ich war

auch lange verheiratet, bin aber seit 7 Jahren geschieden. Es tut mir leid, dass dein Mann gestorben ist“, meint er, obwohl er das tief in seinem Innern als für sich selbst positiv empfindet. Ist Dori dann doch nicht mehr gebunden. Er ertappt sich bei dem Gedanken, dass es doch schön wäre, würden sie beide wieder …- aber dann verdrängt er diesen Gedanken auch gleich.

„Seit wann bist du hier?“ fragt er sie.

„Ich bin heute erst angekommen und du?“

„Ich auch, ist meine erste Mahlzeit hier. Weißt du, das ist aber mehr als Zufall, dass wir uns hier getroffen haben!"

Dori stimmt ihm zu.

„Lass uns nach dem Abendessen noch etwas zusammen sitzen und dieses Wiedersehen gebührend feiern“ meint Stefan, „ich lade dich ein und würde mich sehr freuen, würdest du mir diese Ehre erweisen.“

„Gerne“ sagt Dori, die seine Gesellschaft genießt, zumal er ihr immer wieder irgendwie zu verstehen gibt, dass sie ihm noch genauso gut gefällt, wie damals.

Sie waren in jungen Jahren ein Liebespaar gewesen, bis sie ihren späteren Ehemann kennen lernte und wegen ihm Stefan verließ. Stefan hatte das lange nicht verkraftet, wie ihr über ehemalige Freunde des Öfteren zu Ohren

kam.

Sie hatten sich dann ganz aus den Augen verloren, da sie in eine andere Umgebung gezogen war und nun also hat das Schicksal sie noch einmal zusammen geführt.

Dori überkommt ein über das andere Mal ein warmer, wohliger Schauer, es ist die Vertrautheit von damals, die sie wieder in sich fühlt. Auch sein Talent, einem ein behütetes und beschütztes Gefühl zu geben, hat er immer noch, das nimmt sie sehr angenehm auf und sonnt sich darin. Ähnliches hat sie sehr lange nicht mehr gespürt, auch die letzten Ehejahre waren ohne jegliche Gefühle dieser Art gewesen.

Sie beenden das Abendessen, Stefan steht auf, hilft ihr, ganz Gentleman, beim Aufstehen und begleitet sie hinaus in das Foyer. Dort verabschieden sie sich, aber nur, um auf ihre Zimmer zu gehen und sich etwas über zu ziehen, schließlich wollen sie das Kurhaus verlassen und sich in der Stadt eine gemütliche Kneipe suchen.

Dori zittert, als sie ihr Zimmer aufschließt, sie ist aufgeregt wie ein junger Teenager beim ersten Rendezvous und das in ihrem Alter, wie sie so für sich denkt.

Im Zimmer angekommen, setzt sie sich erst einmal auf das kleine Sofa, atmet

ganz tief durch und lässt die letzte Stunde vor ihrem geistigen Auge Revue passieren. Noch immer kann sie es nicht glauben, kann es einen solchen Zufall wirklich geben, träumt sie vielleicht?

Nein, es ist kein Traum und deswegen muss sie sich jetzt auch beeilen, denn Stefan wartet ja auf sie. Sicher ist er längst fertig und seht bereits im Foyer.

Sie geht noch schnell in das Badezimmer, macht sich ein wenig zurecht, zieht sich dann einen leichten Blazer über und geht hinunter zu ihm.

Stefan steht tatsächlich schon da und als er sie sieht, eilt er auf sie zu und dabei blitzen seine wunderschönen dunklen Augen wie früher, er wirkt sehr

jugendlich in diesem Moment.

Er öffnet seine Arme, nimmt sie ganz zart an den Schultern, drückt ihr einen leichten Kuss auf die Stirn, nimmt dann ihre Hand und zieht sie mit sich.

Dori weiß nicht, wie ihr geschieht, sie lässt ihn einfach gewähren und fühlt sich gut, mit ihrer Hand in der seinen.

So gehen sie aus dem Kurhaus, ein Stück durch den wunderschön beleuchteten Kurpark und finden sich in der kleinen Fußgängerzone der Kurstadt wieder. Auf der Suche nach einer gemütlichen Kneipe erzählen sie sich von ihren vergangenen Jahren.

Bald haben sie ein kleines und ganz gemütliches Restaurant gefunden. Sie

lassen sich dort in der hintersten Ecke nieder, weil an diesem Tisch eine kleine Bank steht, auf der sie sich neben einander setzen können. Wie zwei Verliebte, denkt Dori für sich. Gleich hat Stefan auch wieder ihre Hand ergriffen, Dori lässt es geschehen.

Sie haben sich sehr viel zu erzählen, denn 30 Jahre sind lang und viel ist in diesen Jahren geschehen, aber irgendwie verblasst das alles und wichtig ist letztendlich nur noch ihr Wiedersehen. Es ist beinahe so, als wären sie nie getrennt gewesen, als lägen all diese vielen Jahre nicht zwischen ihnen, denn selbst diese Heiterkeit, die früher immer zwischen ihnen bestand, ist wieder da,

Dori fühlt sich einfach nur gut. Stefan scheint es genauso zu ergehen, denn er redet und lacht, hält dabei immer ihre Hand, streichelt sie gar ab und zu.

So vergehen die Stunden wie im Fluge, bald ist es Mitternacht. Dori ist leicht beschwipst von dem Sekt, den sie sich zur Feier ihres Wiedersehens gegönnt haben sie ist beflügelt, fühlt sich leicht wie eine Feder. Ihre Wangen sind gerötet von dem Sekt, von dem Lachen und dem Glück, welches über ihnen hängt wie Geigen am Firmament. So glücklich war sie schon unendlich viele Jahre nicht mehr gewesen.

Nun  ist es doch Zeit, aufzubrechen,

denn morgen früh steht der erste Arztbesuch im Kurhaus an, Dori ist gleich für 8:00 Uhr bestellt und bis dahin ist es gar nicht mehr so lange.

Also brechen sie auf, schweren Herzens, aber sie haben beide das Gefühl, dass dies erst der Anfang einer schönen Zeit sein wird.

Stefan hält sie wieder an der Hand und als sie das Restaurant verlassen haben, nimmt er sie um die Taille und sie gehen leichten Schrittes ihren Weg.

Im Kurhaus angekommen begleitet er sie bis vor ihre Zimmertür und da stehen sie nun, keiner weiß so recht, was er tun oder sagen soll. Er hält ihre Hände in den seinen, schaut sie an und beide sind

leicht verlegen.

Stefan ergreift als erster das Wort, dankt Dori für diesen wunderschönen Abend und sagt ihr auch, dass er sich schon auf den Morgen freut, auf das erste gemeinsame Frühstück seit vielen Jahren diesen Satz beendet er mit einem Augenzwinkern und bringt Dori damit zum Lachen. Dieses Lachen, wie hatte er es immer an ihr geliebt. Dabei strahlen ihre Augen  wie Diamanten, funkeln in vielen Farben, was er sich nie erklären konnte, weil ihre Augen doch grau-grün sind, woher also diese Farben, wenn Dori lacht? Damals hatte sie es Stefan so erklärt, dass es die Farben ihrer Seele seien und ihre Seele sei bunt wie der

Farbkasten eines Malers.

„Deine Seele ist immer noch so bunt wie der Farbkasten eines Malers“, sagt er da zu ihr, „deine Augen funkeln wie früher, sie funkeln in allen Farben dieser Welt.“

Jetzt fällt auch Dori dieser Satz wieder ein, den sie ihm damals so oft sagte, eine Ewigkeit hatte sie daran nicht mehr gedacht, eine Ewigkeit war ihr auch nicht mehr so leicht zumute gewesen. Mit einem Male spürt sie, wie lange sie doch Glück vermisste, wie lange sie einsam ist, wie lange sie keine Wärme und Zärtlichkeit eines Mannes mehr gespürt hat.

Plötzlich bekommt sie ein wohliges Gefühl in die Magengegend, die

Schmetterlinge sind da, diese Schmetterlinge, die jeder kennt, die jeder liebt, weil sie so viel versprechend sind, weil sie Sehnsüchte wiedergeben, die man tief im Innern hegt. Sie flattern wie wild, so dass sie sich unwillkürlich mit der Hand den Magen drückt und ein Lächeln zu Stefan schickt.

Dieser nimmt sie einfach in die Arme und küsst sie auf den Mund, ein sehr zarter Kuss, voller Wärme und Sehnsucht, aber nicht fordernd.

Noch einen Moment halten sie sich an den Händen, schauen sich an, dann dreht Dori sich um, schließt die Tür ihres Zimmers auf, dreht sich noch einmal zu Stefan und wünscht ihm eine gute Nacht,

bevor sie in ihr Zimmer geht und die Türe leise hinter sich schließt

Stefan wollte an diesem Abend auch nicht mehr, das hatte sie gespürt und sehr positiv registriert, aber das war schon damals Stefans Art gewesen, er war immer sehr rücksichtsvoll und zärtlich gewesen.

Dori bleibt noch eine ganze Weile angelehnt an die Zimmertür stehen, sie will ihm noch ein wenig nahe sein, will noch einen Moment den Kuss genießen, diese Wärme festhalten, die er ihr geschenkt hat, ihre Hand in der seinen spüren, seine Arme spüren, die sich um sie legten sie fühlt sich rundum

glücklich. Das hätte sie sich nicht träumen lassen, als sie zu Hause weg fuhr.

Sie schläft noch lange nicht ein, ist zu aufgewühlt, ihre Gedanken sind bei Stefan, der wiederum in seinem Bett liegt und an Dori denkt, der ihren Körper gerne neben sich spüren würde, der aber auch weiß, dass alles was gedeihen soll, seine Zeit braucht.

So schlafen schließlich beide erwartungsvoll in den neuen Tag.

Zum Glück hatte Dori den Weckalarm ihres Handys eingestellt, sonst hätte sie verschlafen, der Weckton holt sie aus tiefem Schlaf und sie braucht ein paar

Sekunden, um zu realisieren, wo sie sich befindet. Dann fällt ihr Stefan ein und der wunderschöne Abend, den sie mit ihm verbracht hat. Ein neues Gefühl schleicht sich durch ihren Körper und gleich sind auch die Schmetterlinge wieder da. Ach wie schön, so zu erwachen, denkt sie sich und ein wohliges Glücksgefühl legt sich auf ihr Herz, öffnet ihre Seele weit.

Sie springt aus dem Bett, denn es wird Zeit, den Arzttermin darf sie nicht versäumen.

Gestern Abend haben sie und Stefan gar nicht über den heutigen Tag gesprochen, sich nicht verabredet, aber sie weiß, dass sie sich relativ schnell finden

werden, denn auch er ist gestern erst angekommen und hat sicher die gleichen Anlaufpunkte heute.

So ist es dann auch, sie treffen sich bereits im Bereich der verschiedenen Wartezimmer und wieder errötet Dori, diesmal nur ganz leicht.

"Guten Morgen Dori" sagt Stefan zu ihr, "hast du gut geschlafen?"

"Oh ja, so gut wie schon lange nicht mehr  - und du?"

"Ach meine liebe Dori, ich habe geschlafen wie ein junger Gott und als ich heute Morgen aufwachte, galt mein erster Gedanke dir."

Wie wild hüpfen und tanzen nun die Schmetterlinge in Doris Magengegend,

sein erster Gedanke am Morgen galt ihr, wie schön, das zu hören. Ihr erging es im Grunde ja nicht anders, aber das will sie ihm noch nicht sagen, sie ist da etwas zurückhaltender.

 

Nach einem kurzen Eingangscheck bei dem Arzt treffen sie sich am Frühstückstisch wieder, ihr erstes gemeinsames Frühstück seit einer Ewigkeit.

"Dori, ich bin so glücklich, dass wir uns wieder gefunden haben" meint Stefan, "lass uns die Freizeit hier gemeinsam verbringen, lass uns diese Zeit nutzen uns wieder kennen zu lernen, denn ich sehe es als eine Fügung an, dass wir

beide zur gleichen Zeit hier sind, das kann kein Zufall sein."

Stefan ist ernst geworden bei diesen Worten, sieht ihr fest in die Augen, so dass Dori spürt, er will mehr von ihr. Ihr Herz schlägt schneller und sie muss sich zusammen nehmen, um ihm nicht einfach um den Hals zu fallen. Was spricht dagegen denkt sie sich, wir sind beide frei und alleine und wir kennen uns, würden uns also nicht auf irgendein Abenteuer einlassen, aber sie übt doch noch etwas vorsichtige Zurückhaltung Stefan gegenüber.

"Ja Stefan, du hast recht, selbst wenn es ein Zufall ist, dann ist es ein wunderschöner Zufall. Ich freue mich auf

diese 3 Wochen und wir werden sicher viele gemeinsame Stunden hier verbringen."

Nach dem Frühstück ist der Vormittag verplant, jeder muss seines Weges gehen, aber der Nachmittag steht ihnen zur freien Verfügung und den nutzen sie ausgiebig. Das Wetter ist herrlich, die Sonne scheint warm und taucht den Kurpark in ein wunderschönes Licht. Sie gehen spazieren, Hand in Hand und lassen sich auf der Bank an dem kleinen See nieder, auf der Dori gestern noch alleine saß. Eine Weile sitzen sie schweigend nebeneinander, genießen die Nähe des Anderen, die warmen Sonnenstrahlen und das Leben an sich.

Dori fühlt diese Vertrautheit wieder, sie sind sich nicht fremd, wenn auch viele Jahre dazwischen liegen, fast scheint es, als gäbe es diese Jahre ohne den Anderen nicht, als hätten sie sich immer schon gehabt, als wären sie sich ohne Unterbrechung nahe gewesen. Stefan strahlt soviel Ruhe auf sie aus, sie fühlt sich beschützt und geborgen in seiner Nähe. Vorsichtig legt sie ihren Kopf gegen seine Schulter, schließt ihre Augen und genießt den Augenblick. Da fühlt sie seine warme Hand auf ihrer Wange, er streichelt sie ganz sacht, wie hat sie eine solche Wärme vermisst.

Sie verbringen den ganzen Nachmittag

zusammen, treffen sich dann wieder zum Abendessen an ihrem Tisch. Diesmal sind sie zu dritt, ein junger Mann gesellt sich zu ihnen, der heute angekommen ist, wie er ihnen erzählt.

Nun können sie zu den Essenszeiten nicht mehr so frei reden, aber es bleibt ihnen genug Zeit in der sie alleine sind.

So vergehen die ersten Tage, vormittags ist jeder für sich mit verschiedenen Anwendungen beschäftigt, aber fast alle Nachmittage haben sie frei und können gemeinsam etwas unternehmen. Sie nutzen die Zeit sehr intensiv und kommen sich immer näher, umarmen sich oft und tauschen innige Küsse aus.

Am Samstag dann hat Stefan die Idee,

dass sie in der Stadt in ein Tanzcafe gehen könnten, er sei zwar kein guter Tänzer, das wisse sie ja, aber es sei ihm heute danach. Dori ist sofort begeistert, auch sie ist keine großartige Tänzerin, aber die Vorstellung, in seinen Armen zu schweben ist einfach traumhaft.

So gehen sie nach dem Essen in die Stadt, finden auch gleich das Tanzcafe, von dem andere Kurgäste schon geschwärmt haben und tatsächlich, es ist sehr schön hergerichtet im Innern. Gemütliche, lauschige Ecken gibt es dort, das Licht ist schummrig, aber es macht die Atmosphäre warm und erzeugt eine ganz besondere Stimmung. Sie sehen auch gleich, dass es fast nur von

Kurgästen besucht ist, man kennt sich vom Sehen.

Stefan hat schon einen Tisch ausfindig gemacht, nimmt galant ihre Hand und begleitet sie zu ihrem Platz. Er rückt seinen Stuhl näher zu dem ihren und nimmt ebenfalls Platz, alles, ohne ihre Hand loszulassen. Sie verfolgt sein Tun mit liebevollen Augen, die ihn nicht los lassen.

Er bestellt Getränke und gleich danach begeben sie sich auf die Tanzfläche. Stefan nimmt Dori in die Arme und sie bewegen sich zu der Musik. Beide können nicht wirklich gut tanzen, aber das ist egal, sie liegen sich in den Armen. Die Musik tut ihr übriges und so

schweben sie dahin, ihre Herzen kommen sich noch näher, jeder spürt die Nähe des Anderen so angenehm intensiv, sie können sich nicht fest genug halten.

Sie lassen keinen Tanz aus, egal welche Musikrichtung gespielt wird, am meisten natürlich genießen sie die langsamen Lieder.

Irgendwann flüstert Stefan ihr ins Ohr: "komm, lass uns diesen Abend mit Champagner beenden." Er führt sie zurück zu ihrem Tisch, an dem sie gar nicht lange gesessen hatten, bestellt Champagner, mit dem sie dann auf ihr Glück trinken. So etwas Prickelndes hat Dori noch nie getrunken, viel besser als Sekt. Vielleicht ist es auch der besondere

Augenblick, der jedes Getränk zu Champagner gemacht hätte.

Gemeinsam leeren sie eine ganze Flasche und Dori ist beschwipst, sie fühlt sich wie eine Feder so leicht und genauso tanzt sie auch die nächsten Tänze mit Stefan. Beide schweben im siebten Himmel, Champagner, Musik, tanzen - all das erzeugt eine Euphorie in beiden, aber sie wissen auch, dass es tiefere Gefühle sind, die sie spüren.

Sie bleiben bis zum Ende der Tanzveranstaltung, der letzte Tanz ist alleine für sie gedacht. Stefan hat die Musiker darum gebeten, ihr Lieblingslied zu spielen, welches sie früher so gerne gemeinsam hörten. Sie

sind das letzte Paar auf der Tanzfläche und verschmelzen ineinander.

"Das ist ein Abend wie ein Traum" sagt Dori zu Stefan auf dem Rückweg - "ich danke dir für diese wunderschönen Stunden!"

"Auch für mich ist es ein Traumabend" sagt Stefan - "und wenn du willst, dann werden wir noch viele solcher Abende haben."

Dori ist nur noch glücklich, sie will auf dem Weg zurück nicht mehr reden, irgendwie hat sie Angst, mit vielen Worten alles zu zerstören.

Im Kurhaus angekommen, begleitet Stefan sie wieder bis zu ihrer Zimmertür,

wie die ganzen Abende zuvor auch, diesmal jedoch ist es anders. Er nimmt sie zwar auch in den Arm, küsst sie innig, aber es liegt ein anderes Gefühl in der Luft. Sie spürt sein Verlangen nach mehr, nach ihr, nach ihrem Körper - und auch Dori möchte mehr an diesem Abend, sie möchte nicht alleine in ihr Zimmer gehen. Ohne Worte spüren beide das Verlangen des Anderen, spüren, dass sie sich nicht trennen wollen.

Dori schließt die Zimmertür auf, ein kurzer Blick zu Stefan genügt und sie gehen wie selbstverständlich in ihr Zimmer, schließen die Tür hinter sich ab.

Vor einem solchen Augenblick hat Dori

Angst gehabt, wenn sie sich manchmal in den letzten Jahren eine ähnliche Situation ausmalte, aber mit Stefan ist alles ganz anders, alles ist so vertraut wie damals. Es gibt keine stumme Verlegenheit, keine fragenden Blicke, er nimmt sie einfach in die Arme und bedeckt ihr Gesicht mit Küssen. Ihr Verlangen nach ihm wird immer stärker, als sie das Fordern von ihm spürt und auch in seinen Augen sieht.

Dori fängt an, Stefan auszuziehen, er lässt es geschehen, sie wechseln sich ab, Kleidungsstück um Kleidungsstück fällt auf den Boden und bald sind sie nackt, spüren endlich die warme Haut des Anderen. Was dann folgt, ist einfach

Glück pur, voller inniger Liebe, es ist ein Akt der Wärme, der Geborgenheit und die Ausschüttung der Glückshormone beschert beiden eine Explosion im siebten Himmel.

Danach liegen sie sich in den Armen, wollen sich nicht mehr loslassen und schlafen schließlich gemeinsam in den neuen Tag.

Durch einen zärtlichen Kuss auf den Mund wird Dori am nächsten Morgen geweckt, Stefan liegt an ihrer Seite und schaut sie verliebt an, ein Lächeln überzieht sein Gesicht, dann aber werden seine Gesichtszüge ernst. „Liebste Dori, ich liebe dich seit ich

dich kenne, ich habe nie verstanden, warum du mich damals verlassen hast und ich konnte nie aufhören, dich zu lieben. Ich habe eine Tochter, die schon verheiratet ist, sie hat den Namen Dorothea erhalten, in Erinnerung an dich, an unsere Liebe. Du hast mich in meinem Herzen begleitet, all die Jahre und jetzt, da ich dich wieder gefunden habe, möchte ich dich nie mehr gehen lassen.

Ich will auch nicht mehr warten, will keine Stunde mehr ohne dich sein und deswegen frage ich dich Dori, willst du meine Frau werden?“

Dori ist sprachlos, wenn sie mit allem

gerechnet hat, aber nicht mit einem Heiratsantrag, nicht nach diesen paar Tagen, aber sie spürt auch, dass es tiefe Liebe ist, auf seiner Seite, sowie auch bei ihr warum sollen sie dann nicht das Glück beim Schopfe packen, auf was sollen sie noch warten?

Ihr Herz schlägt schnell, sie spürt nur noch Glück, Tränen treten ihr in die Augen, als sie ihm die einfache Antwort gibt: „Ja Stefan, ich will!“

© Eleonore Görges

   2008

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Hörbuch

Über den Autor

Eleonore
Ich schreibe intensiv seit 2006 Gedichte, Balladen, Kurzgeschichten, Kindergeschichten - zudem ist noch ein Roman entstanden. Bisher sind sieben Bücher aus meiner Feder geflossen: fünf Lyrikbände, ein Kinderbuch, ein Roman.
Mein zweites Hobby ist das Fotografieren und auch Bildbearbeitung am PC. Beim Fotografieren kann ich mich total vergessen, genau wie beim Schreiben auch.
Ich liebe die Natur, Tiere und Menschen, die noch menschlich geblieben sind, die Lebewesen und Natur achten.
Wer mehr wissen möchte, schaue bitte auf meine HP: www.eleonore-goerges.de Dort erfahrt ihr mehr über mich. Ansonsten einfach fragen.

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