Biografien & Erinnerungen
Geraubte Kindheit - Kapitel 1

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"Geraubte Kindheit - Kapitel 1"
Veröffentlicht am 28. Juni 2016, 18 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Geraubte Kindheit - Kapitel 1

Geraubte Kindheit - Kapitel 1

prolog


Ich würde viel lieber mit etwas freundlichem beginnen. Mit einer schönen Kindheit, Spiel und Spaß, doch das war bei mir leider nicht der Fall.

Meine Eltern waren irgendwie seltsam. Jeden Tag gab es bestimmte Zeiten, in denen ich nicht in ihr Zimmer durfte. „Mama und Papa Zeit“. Natürlich hörte ich auf meine Eltern.

Sie hatten komische Weiße Flaschen, mit roten aufsetzen im Kühlschrank zu stehen. Sie sagten mir immer ich dürfte

niemals dort ran. Ich hörte auf sie. (Wenn ich nun zurück denke, selber eine Mutter, dann denke ich mir wie Verantwortungslos diese Menschen waren. Mein Sohn würde sofort an diesen Flaschen gehen, egal was ich ihn davor sagte. Kinder eben.)

Sie bekamen oft besuch, von seltsamen Menschen die mir Angst machten und oft war die Polizei bei uns. Zu mir waren diese Leute immer nett, doch wenn ich aus dem Zimmer war hörte ich wie „böse“ sie mit meinen Eltern sprachen.

Mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Die Polizei kam immer öfters zu uns.

Manchmal sprang mein Vater aus dem Fenster und sagte mir ich solle ruhig sein. Die Polizei durchsuchte die ganze Wohnung, auch mein Zimmer. Ich weinte.

Die anderen Menschen sprachen nun mein Vater auf der Straße immer öfters an und an einem Abend passierte es… Mein Vater ging mit mir spazieren und eine Gruppe Männer kamen auf uns zu. Mein Vater sagte mir, ich solle ein paar Schritte weggehen und auf ihn warten. Die Männer schrien mein Vater an und plötzlich stach einer auf meinen Vater mit einem Messer ein. Er sagte noch etwas, an das ich mich nicht erinnern kann und die Männer verschwanden.

Mein Vater stand auf und sagte es wäre alles gut, doch ich sah das Blut an seinem Shirt. Er brachte mich nach Hause und ging ins Krankenhaus. Wie verrückt von ihn, mit solch einer Verletzung einfach weiter zugehen als wenn nichts wäre… doch als Kind verstand ich das alles nicht.

Diese ganzen Erlebnisse veränderten mich. Ich bekam ständig Albträume. Ich träumte meistens denselben… Ich ging in den Hausflur und dort stand eine alte Standuhr am anderen Ende… Sie zog mich ein und ich wollte schreien, doch aus meinem Mund kam kein Ton.

Ich sah meine Eltern im Wohnzimmer sitzen, doch sie sahen und hörten mich nicht. Ich wurde immer wach als die Uhr mich einzog. Ich weiß noch was für ein unangenehmes Gefühl das war.

Ich fing an auch am Tag Dinge zu sehen die nicht da waren. Gestalten im Zimmer oder Käfer die über mich hinüber kletterten. Ich erzählte es meinen Eltern, doch sie nahmen mich nicht ernst.

An einem Abend, als wieder „Mama und Papa Zeit“ war, ging es mir besonders schlecht. Ich wusste dass ich nicht ins Zimmer darf, doch ich hatte solch große Angst dass ich es trotzdem

tat. Und dieser Moment, veränderte mein ganzes Leben. Er prägt mich noch bis heute.

Ich war gerademal 5 Jahre alt, als ich in dieses Zimmer ging und das erste Mal den Verbrannten Geruch von Heroin auf Alufolie roch. Es war schlimmer als jeder Albtraum. Mein Vater sah’s auf dem Stuhl neben der Tür, mit einem Gürtel um den Arm und einer Nadel darunter. Meine Mutter lag auf dem Sofa, mit der Nadel im Hals.

Ich empfinde die Gefühle, selbst 19

Jahre später, immer noch so als wären sie Real.

Ich hatte Angst, ich zitterte und schrie. Ich rüttelte an meinen Eltern. „Mama! Papa! „, doch sie bewegten sich nicht. Ich dachte sie wären tot. Ich dachte sie wachen nie wieder auf. Ich war alleine dort in dieser drei Zimmer Wohnung, allein mit all meinen Ängsten und meinen für mich toten Eltern….Ich weinte solange bis ich irgendwann einschlief…

Als ich wieder wach wurde, lag ich in meinem Bett. Ich hörte meine Eltern

streiten. Im ersten Moment dachte ich das alles nur ein Traum war und rannte ins Wohnzimmer rüber, doch der Geruch … ich kannte ihn ja nicht, doch er war so intensiv.

Meine Eltern sahen mich an. Die Augen meiner Mutter waren rot vom Weinen. Mein Vater kam zu mir und nahm mich in den Arm und dann mussten sie das tun, was sie wahrscheinlich niemals wollten und ich musste als kleines Kind lernen was Drogen sind.

Ich kann mich an das Gespräch nicht mehr erinnern und auch nicht mehr an

die Zeit danach. Ich denke das es ein Traumatisches Erlebnis war das die meisten Erinnerungen aus meinem Kopf drängte. Aber ich weiß noch um was es ging, weil es mich noch Jahre später verfolgte.

Meine Eltern sagten mir natürlich nicht das das was sie dort nahmen „Drogen“ waren. Sie sagten mir es wären ihre Medikamente die sie zum Leben brauchten. Sie sagten mir dass es für mich gefährlich wäre und ich deshalb auch niemals an ihre Flaschen gehen dürfte.

Von meinem 5. Bis zum 8. Lebensjahr

habe ich Gedächtnislücken. Ich kann erst wieder erzählen, als wir umgezogen sind. Ein paar Straßen weiter, in das selbe Mietshaus in dem meine Oma wohnte.

Das veränderte so einiges…

Davon erzähle ich dir dann im nächsten Kapitel.

Zwischen schule und einsamkeit

"Mama? Mama? Ich komm zur spät zur Schule. Wo ist meine Brotdose?." Stille. Sie antwortet mal wieder nicht. Das Wohnzimmer ist dunkel. Ich gehe den schmalen Flur entlang, gucke nochmal in den Kühlschrank ob ich etwas essbares finde, doch sehe nur die Reste der Margarine und ein angeschimmeltes Brot. Wiederwillig stolpere ich zurück in mein Zimmer, zieh mir meinen Lieblingspullover von Seiler Moon an, schnappe mir meine Schultasche und gehe los. 

Draußen ist es kälter als erwartet. Ich friere und habe Hunger. Ich gehe immer

den selben weg zur Schule, die Straße lang, den Park runter, an der Hauptstrasse entlang, vorbei an das Ägyptische Restaurant und dann nur noch einmal abbiegen.

Die Schule hat bereits begonnen. Es ist mir unangenehm zu spät zu kommen, denn das passiert so oft das ich jedes mal vor meinen Klassenkameraden ärger bekomme.

Wir haben Mathe. Ich glaube meine Lehrerin mag mich nicht besonders. Sie ruft mich nach vorn und ich soll die 6er reihe aufsagen. Ich kann sie nicht. Ich fragte meine Mutter ob sie mit mir lern, doch sie sah den ganzen Abend fern und hatte keine Zeit für mich.

Ich selbst hatte keine Kraft es auswendig zu lernen. Die abendlichen Streitereien meiner Eltern raubten mir den schlaf und jegliche Motivation.

Ich stand nun also vor meiner klasse. Kalt, hungrig , müde und angespannt. Ich zählte mit meinen fingern... "6.....12... ähm...1..18..." ich stammelte vor Aufregung und zitterte. Ich sah wie sehr sich meine Brust auf und ab bebte.

Meine Lehrerin fing an zu schreien. Ich kann das schreien nicht mehr hören... ich hörte es doch erst letzte nacht wieder. Ich fing an zu weinen und rannte raus.

Ich kam oft zu spät und noch öfters ging ich gar nicht zur Schule. An tagen wie heute verbrachte ich den restlichen

Vormittag im Park. Ich zeichnete die Blumen und die Vögel nach, sang Lieder und sprach mit meinen Imaginären Freunden. Es machte mir sehr viel spass, denn sie waren immer lieb zu mir und keiner von ihnen schrie mich je an.

Allerdings machte es mir nur solange spass, bis mich jemand dabei beobachtete. Die Leute fanden mich komisch. Es ist nunmal nicht normal mit Dingen und Menschen zu reden die eigentlich gar nicht da sind. Doch um mit anderen Kindern zu reden fehlte mir der Mut. Ich war einfach anders. Ich traute mich nicht den Leuten ins Gesicht zu sehen. Ich Lispelte und Nuschelte. Das machte es noch schwerer mich zu

verstehen. Außerdem machten mich Menschen nervös. An meinen Eltern sah ich regelmäßig wie schnell sich die Stimmungen ändern konnte. Man konnte sie nie einschätze und wusste nie was als nächstes passiert.

Ich war unsicher und verängstigt wenn andere Menschen mit mir sprachen. Meistens war ich still und beobachtete sie. Das schienen sie ebenfalls seltsam zu finden.

Wieso ich ruhig war, konnte ich natürlich niemanden verraten. Mama sagte immer wieder das niemand wissen darf was zu Hause passiert. Niemand darf von ihren Medikamenten wissen und niemand darf von den ganzen Streitereien erfahren.

Mama sagte immer: "Wenn du das jemanden erzählst dann nimmt man dich mir weg. Dann kommst du ins Heim und bist ganz alleine. Dann hast du niemanden mehr!" Ich fühlte mich jetzt schon einsam. Noch einsamer sein? Nein das wollte ich auf keinen Fall. Also behielt ich alles was zu Hause geschah für mich.



.... Fortsetzung folgt



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libertynadi

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gela556 Schwer zu begreifen, dass Eltern so sein können.
Ich habe kein wahres Zuhause haben dürfen, Hatte vier Kinder aufgezogen
und weiß wovon Du redest..
Als Mutter gibt man den Kindern alles an Liebe aber niemals Tränen, Hiebe und schon gar nicht Drogen.
GlG, Gela
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