Kurzgeschichte
Der Sprung am Tod vorbei

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"Das Schicksal geht seine eigenen Wege"
Veröffentlicht am 15. Mai 2016, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Kudryashka - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Iaut Pass bin ich 76 Jahre alt. Ich denke aber, da hat sich jemand geirrt. Ich bin verheiratet, habe zwei Adoptivtöchter und vier Enkelkinder, die leider in Südmerika leben, wo wir viele Jahre zu Hause waren. Im Bayerischen Wald genießen wir jetzt eine geruhsame Zeit, die ich zum Schreiben nutze. Aus dem Hobby ist fast schon eine Sucht geworden. Bei myStorys hoffe ich auf Anregung und Gedankenaustausch..
Das Schicksal geht seine eigenen Wege

Der Sprung am Tod vorbei

Der Sprung am Tod vorbei

Ich hatte es mir gerade auf der Couch bequem gemacht und meine Lieblingskrimiserie eingeschaltet, als es an der Haustür Sturm schellte. Mein erster Impuls war, den Störenfried zu ignorieren, aber ein Blick auf meine unverhängten Fenster riet mir davon ab. Schon schrillte die Glocke erneut und lang anhaltend. Der späte Besucher war impertinent. Laut schimpfend lief ich zur Tür.

„Was ist denn so wichtig um diese Zeit des Tages?“

Wieder ertönte die nervtötende Klingel. Ich riss die Tür auf. Da stand Annette,

ausgerechnete die unsympathische. Annette aus unserem Lesekreis. „Du schreist lauter als die Polizei erlaubt.“ schleuderte sie mir entgegen. „Was so wichtig ist? Marcus ist aus dem Fenster gefallen.“

„Marcus?“

Ich hielt mir beide Hände vor das Gesicht, um das aufsteigende Prusten zu unterdrücken.

„Marcus wohnt in der ersten Etage, da hat er sich höchstens seine spitze Nase gebrochen.“ presste ich hervor

“Denkste 1. Etage, aus der 19. des Hochhauses, da vorn an der Ecke.“ Annette deutete mit einem Arm in Richtung Hausausgang. Mir sackte das

Herz in die Hose.

„Ist er tot?“

„Nein, das ist es ja.“ japste Annette und brach in heftiges Weinen aus.

„Aus der 19. Etage und nicht tot?“ wiederholte ich ziemlich blöde.

„Und wo ist er jetzt?“

„Im katholischen Krankenhaus.“ erfuhr ich.

„Das glaube ich dir nicht“ gab ich patzig zurück.

„Na dann eben nicht, kannst ja hingehen und fragen.“ Mit diesen Worten donnerte sie die Treppe hinunter. Ich stand zur Salzsäule erstarrt in der offenen Tür. „Aus dem 19. Stock, wie sollte das gehen?“ murmelte ich auf dem Weg zur

Couch. Den Fernseher drehte ich ab. Von Aufregungen hatte ich genug. Hastig suchte ich die Nummer des Krankenhauses heraus und wählte die Nummer, ließ es vier-, fünf-, sechsmal läuten, bis sich eine barsche Frauenstimme meldete.

“Ich möchte wissen, wie es Marcus Pepperman geht, der heute eingeliefert wurde,“ fragte ich ganz bescheiden.

„Ich darf keine Auskunft geben.“ war die kurze Antwort.

„Ich möchte nur wissen, ob er lebt.“ Schon war die Verbindung unterbrochen. Mit „Zicke“ machte ich meiner Wut Luft und wankte zurück zu meiner Liegestatt, auf der ich gehofft hatte, einen entspannten

Abend zu verbringen. Von Entspannung und guter Nachtruhe konnte keine Rede sein. Mein Herz klopfte aufgeregt, als ich am Morgen aufstand und auch noch auf dem kurzen Fußweg zur Klinik.

„Wo finde ich Marcus Pepperman?“ fragte ich höflich den Mann in der Portierloge.

„Auf Station 3, dort hilft Ihnen das Personal weiter“

Das hörte sich nicht nach tot an, folgerte ich und atmete auf. Auf Station 3 bekam ich die Auskunft:

„Zimmer 14. Aber nicht länger als 10 Minuten, der Patient braucht Ruhe.“

Ich nickte und suchte die Zimmertüren 

ab.  Hier 14. Ich klopfte und öffnete die Tür. Ein Bett, darin eine weiß vermummte Gestalt. 

„Hallo, Marcus“ wisperte ich. Er hob eine Hand und wandte mir den verpackten Kopf zu. 

„Was machst du  für Sachen?“ und drückte die dargebotene Hand. 

„Du bist wirklich aus dem 19. Stock gefallen?“ 

„Nicht gefallen, gesprungen.“

“Noch schlimmer, und das hast du lebend überstanden?“

„Die da oben wollten mich noch nicht.“  Er machte eine Bewegung mit der Hand, die zum Himmel deutete.

„Wie macht man das?“ wollte ich

brennend gern wissen.

„Mit ganz viel Glück oder Pech, denn ich wollte ja sterben."

“Blödsinn,“ unterbrach ich ihn.

„Mensch, Petra hat mit mir Schluss gemacht, und mein Chef  hat mir gekündigt. Gründe genug!“ stieß er bitter hervor. 

„Und was war das Glück dabei?“

„Ich schaute nicht aus dem Fenster hinunter, dann hätte ich den Mann gesehen, der da unten sein Taxi wusch.  Der Mann stand in der offenen Wagentür und lehnte mit dem Oberkörper über dem Autodach. Er diente mir effektiv als Kissen,  so dass ich nur ein paar Brüche erlitt.“

„Unglaublich! Und wie geht es deinem Kissen?“ 

„Dem armen Kerl hat es das Genick gebrochen.“ 

„Tot?“ 

„Mausetot!“

„Mensch Markus ich habe es nicht geglaubt, was Anette mir gestern schilderte. Ich habe mich so gesorgt! - Hör mal, das machst du aber nicht wieder!“

Ich bemühte mich, meine Stimme streng klingen zu lassen:

„Annette und ich haben uns solche Sorgen gemacht und die ganze Nacht nicht geschlafen. Das halten wir nicht  noch einmal  aus. Mädchen gibt es

genügend auf der Welt und eine Arbeit finden wir für dich auch.“ Marcus quälte sich ein  Lächeln ab. „Recht hast du, kleine Katti.“ 

„Wenn du entlassen wirst,“ schlug Katti vor, „ planen wir eine dufte Party und feiern das Wunder Marcus: Der vom Himmel Verschmähte.“ 

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Hörbuch

Über den Autor

Evadrossel
Iaut Pass bin ich 76 Jahre alt. Ich denke aber, da hat sich jemand geirrt. Ich bin verheiratet, habe zwei Adoptivtöchter und vier Enkelkinder, die leider in Südmerika leben, wo wir viele Jahre zu Hause waren.
Im Bayerischen Wald genießen wir jetzt eine geruhsame Zeit, die ich zum Schreiben nutze. Aus dem Hobby ist fast schon eine Sucht geworden. Bei myStorys hoffe ich auf Anregung und Gedankenaustausch..

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KaraList Du meine Güte, ungewollter Rollentausch - der arme Kerl, der dran glauben musste. Wie viele Schutzengel muss man haben, um einen Sprung aus dem 19. Stock zu überleben? :-)
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Der Sprung am Tod vorbei..."
Das ist schon ganz schön heftig.
Sollte man jetzt sagen, Glück im Unglück?
Oder besser Unglück im Glück?
Ich denke, es kommt immer auf die Sichtweise desjenigen an,
der diese Geschichte liest.
Fatal finde ich nur den Austausch des Todes
unter den Protagonisten untereinander,
denn dies ist die eigentlich schlimme Botschaft dieser Geschichte...
Einer wollte und konnte nicht, der andere wollte nicht und musste...
LG
Louis :-/
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Des einen Glück, des anderen Pech. Puhhh, aber aus dem 19. Stock springen.....ich glaube, das könnte ich nicht. Vor ein paar Wochen ist ein Nachbar aus dem 5. Stock gesprungen. Er hat es aber nicht überlebt. War auch etwas misteriös, das Ganze.
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Na, das ist ja eine Story, Eva. Der Gute sollte sich nun aber bewusst sein, dass ihm da was geschenkt wurde und dass er aus seinem Leben noch was machen sollte. Der Andere kann`s ja nun leider nicht mehr!!
Flott geschrieben, Eva!
Liebe Grüße zu dir, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Willie Schade, das Hochladen des Textes klappte leider nicht- nur eine einzige Seite ist zu lesen. Am günstigsten man kopiert den geschriebenen Text ein.
b.G.
W.
Vor langer Zeit - Antworten
Evadrossel Ja, dxas will nicht klappen, ich pobiere es mal wie vorgeschlagen,,herzlichen Dank Ulla
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Leider bin ich kein Experte und habe selber Mühe, aber notfalls sind hier eine Menge Leute, die genau beschreiben können, wie es getan werden muss..
viel Glück und ja nicht den Mut verlieren.
Vor langer Zeit - Antworten
Evadrossel Oh ja, es gibt sehr nette, hiiffslbereite Menscxhen in unseerem Kreis, sonstg wäre ich schon verzwefelt geflohen. Dank an Merle Evadrossel
Vor langer Zeit - Antworten
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