Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber der Unruhen zu finden, bittet der Archont Wys Carmine schließlich die
Magier von Maras um Hilfe…
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Der Zug des roten Heiligen kam am Fuß der großen Rampe zu einem jähen Halt. Naria hatte eigentlich damit gerechnet, dass der Mann seine Anhänger direkt zum Tor der inneren Stadt führen würde nun jedoch bedeutete er ihnen mit einer knappen Geste, langsamer zu werden. Auch der Regen aus Rosen und die gemurmelten Bekundungen, die ihn auf seinem Weg begleitet hatten verstummten langsam. Die Leute verteilten sich erneut in einem großen Halbkreis oder suchten in den Straßen oder auf den Dächern Zuflucht, während
der Fremde, der die Sonne gelöscht hatte, vortrat. Obwohl die Entfernung nach wie vor weiter war, als ein Pfeil fliegen würde, konnten sie seine Stimme klar und deutlich verstehen. Und seine Augen fanden die Archonten auf ihrem kleinen Winkel der Mauer sofort. Und genau so musste er auch Träumer entdecken, der immer noch wie erstarrt an den Zinnen stand. Naria hatte keine Ahnung was in dem Mann vorgehen mochte. Er hatte sie so oft vor seinem Meister gewarnt und nun schien es, wo er endlich eingetroffen war, wusste er nicht was er tun sollte, ja die Ankunft schien Träumer ebenfalls überrascht zu haben.
,, Öffnet mir das Tor, mein treuer Diener.“ Träumer zuckte sichtlich zusammen und auch Naria schauderte. Seine Stimme war seltsam. Nicht sanft und leise wie die Träumers, sondern mehr wie ein Messer… das melodische Klingen von Stahl, das seinen Weg in die Herzen fand. Einen Moment wurde es still auf dem Platz vor der Mauer und auch die Archonten gaben keinen Ton von sich. Alle Augen ruhten auf Träumer. Naria sah, wie Larth die Hand auf den Schwertgriff legte um notfalls einzugreifen. Nicht das er eine Chance haben würde, sollte dieser Mann sich gegen sie stellen. Langsam trat Träumer
vor und beugte sich über die Zinnen herab… und schüttelte den Kopf. ,, Nein. Ihr habt mir mehr Zeit versprochen, Herr. Ihr seid zu früh. Das ist nicht, was ausgemacht war.“ ,, Oh wirklich ? Die Vorbereitungen unseres Herrn stehen kurz vor ihrer Vollendung… ihr habt keine Zeit mehr, Träumer. Keiner von uns hat das. Aber wenn ihr mir die Türen nicht öffnet… vielleicht lassen sich die Archonten davon überzeugen mich einzulassen?“ Er wendete sich an die Gestalten in ihren weißen Umhängen. ,, Heißt ihr euren wahren Herrn willkommen?“ ,, Ich wüsste nicht, welcher das sein sollte.“ , rief Larth zurück, ehe ihn
jemand daran hindern konnte. ,, Helike gehört Laos Volk.“ ,, Laos…“ Der fremde klang geradezu amüsiert, während er die Archonten einen nach dem anderen musterte. ,, Alles was ich verlange ist, das ihr diese Stadt übergebt. Seht euch um, euer eigenes Volk wünscht es so… Die einzigen, die sich hier noch gegen mich stellen, seid ihr…“ ,, Und wie viele davon habt ihr mit falschen Versprechungen auf eure Seite gezogen ?“ , rief Naria zurück. Sie musste nur daran denken, wie entsetzt Träumer reagiert hatte, als er erfuhr, was sich Nachts in Helike auf die Jagd begeben hatte. ,, Ihr habt diese Leute
mit Angst geködert.“ Und bei weitem nicht alle waren bereit ihm zu folgen. Um das zu wissen musste sie nur in Richtung Hafen sehen, wo bereits die ersten Schiffe ablegten und sich fast genauso viele Menschen zusammengerottet hatten wie vor den Toren der inneren Stadt. ,, Angst nennt ihr es nun also, den Menschen Hoffnung zu geben ?“ Falsche Hoffnung, dachte Naria. Hoffnung, die seine eigenen Anhänger erst nötig machten. ,, Ich verlange wirklich nicht viel… aber dennoch braucht es anscheinend einen Anreiz für euch…“ Nach wie vor war das Land um die Stadt in Zwielicht getaucht. Nur wenige
Sonnenstrahlen fanden ihren Weg an dem Schatten vorbei, der den Himmel verdunkelte und im Halbdunkel leuchteten die Augen von Träumers Meister so rot, wie die Narbe auf seinem Gesicht. Ein kaum sichtbares Lächeln huschte über seine Züge, das Naria einen Schauer über den Rücken jagte. Hinter seinem fast freundlichen Tonfall verbarg sich Grausamkeit.. und ein Zorn, den sie sich nicht erklären konnte. Weder Wys noch die anderen schienen den Mann zu kennen. Was trieb ihn also bloß hierzu? Ging es am Ende gar nicht um Helike… sondern etwas völlig anderes? Während sie noch darüber nachdachte, gab der Mann ein Zeichen, woraufhin
sich die Menge teilte. Zwei Gestalten , die in braune Roben gekleidet waren, führten eine dritte in ihrer Mitte. Mit einem Stoß stolperte diese auf den Platz vor der Rampe hinaus und sa sich einen Moment um. Tira… Naria wurde kalt, als sie erkannte, wen diese Männer da in ihre Gewalt gebracht hatten. Die Archontin sah ziemlich mitgenommen aus. Das weiße Kleid war zerrissen und aus einer Platzwunde an ihrer Stirn tropfte Blut. Und obwohl ihre Hände zusammen gebunden waren und auch ihren Füßen kaum genug Platz um Laufen blieb, strauchelte sie nicht, als sie langsam vortrat. Die Menge johlte, während die
Archontin langsam zur Mauer empor blickte und ihr Blick sich mit dem von Wys traf. Naria wollte sich nicht einmal vorstellen, was in ihm vorging, als der rote Heilige achtlos an ihr vorbeiging und ihr einen Tritt in die Kniekehlen versetzte. Die Frau ging mit einem leisen ächzen zu Boden, während sich der scharfe Stahl der Sense an ihren Hals legte. Wys hatte sie suchen wollen. Sie hätten sie suchen sollen… Wie hatte das geschehen können? , fragte Naria sich. Und wie hatte alles nur so schnell außer Kontrolle geraten können? ,,Hört auf !“ Es war nicht etwa Narias Onkel, der als erstes seine Stimme
wiederfand, sondern Träumer. ,, Das ist nicht nötig. Bitte…“ ,, Ist es das nicht ? Wir haben eine Welt zu bekehren und unser Herr wartete auf niemanden. Nun werdet ihr mir die Tore öffnen, Archonten? Ansonsten wird es euch vielleicht leichter fallen wenn einer weniger die Entscheidung treffen muss.“ Die Sense lag nach wie vor an Tiras Hals. Der Stahl schimmerte gefährlich. Statt Stille skandierte die Menge mittlerweile die Forderungen ihres Meisters. ,, Die Tore öffnen ! Die Tore öffnen…“ Wys Hände verkrampften sich, während weder Larth noch Helios einen Ton heraus brachten. Das da unten war eine
von ihnen… aber Aufgeben, kam das für diese beide überhaupt in Frage? Naria hoffte es. Das war es nicht mehr wert, dachte sie. Sie würde nicht mit ansehen, wie dieser Mann jemanden hinrichtete. Er hatte doch mehr als bewiesen, dass die Tore und Mauern Helikes für ihn kaum ein Hindernis sein konnten. Warum bestand er dann so vehement darauf, dass die Archonten sich aus freien Stücken auslieferten? Die Antwort war so simpel, wie erschreckend. Weil er es genoss. Es gab keinen anderen Grund. ,, Werdet ihr uns freien Abzug gewähren wenn wir uns ergeben ?“ , fragte Wys. ,, Uns, unseren verbliebenen Leuten und Tira
?“ ,, Warum sollte ich das tun ? Damit ihr eure Irrlehren irgendwo anders verbreiten könnt? Ihr seid Ketzer vor dem Herrn der Ordnung. Und Laos kleiner Kult wird hier sein Ende finden. Aber wenn ihr euch ergebt, werde ich vielleicht davon absehen, diejenigen eures Volkes, die fliehen sofort weiter zu verfolgen. Ihr jedoch werdet hier euer Ende finden… und vielleicht lasse ich mich dazu herab euch ein Leben in Buße zu gewähren. Ihr könnt den Weg eurer eigenen Verräter gehen. In das reinigende Feuer der Wüste hinein. Wer sich uns nicht anschließt, wird fallen. Doch wer von euch uns folgen wird, soll
Gnade erfahren, sofern er sich uns anvertraut !“ ,, Ihr meint wohl , wir werden entweder eure Gefangenen, oder gezwungen in den Tod zu gehen !“ Wys kämpfte sichtlich mit sich. Ihm war genau so klar, dass der Irrsinn war. Auf der anderen Seite, welche Wahl hatten sie den? Naria wüsste nicht einmal, was sie ihm raten würde, sollte Wys sie um Rat fragen. Doch das tat er nicht. Er wechselte auch kein Wort mit den übrigen beiden Archonten. ,, Öffnet die Tore.“ , erklärte er. ,, Nein !“ Noch ehe jemand reagieren konnte, war Tira aufgesprungen. Trotz ihrer Fesseln, war die Frau erstaunlich
schnell und versetzte dem roten Heiligen einen Stoß. Und dieser ließ sie tatsächlich los. Für einen winzigen Augenblick lang, verschwand die Klinge von ihrer Kehle und die Archontin rannte los. Sie sollte nicht weit kommen. Die Sense war immer noch schneller. Einen Schritt. Zwei… Dann stolperte sie plötzlich, als der Stahl sich in ihren Hals bohrte. Tiras Gestalt taumelte, schwankte, während Blut ihre Kleidung durchtränkte… dann sackte sie langsam in sich zusammen, eine Hand ausgestreckt, als wollte sie im Fallen nach jemanden, vielleicht Wys, greifen. Doch da war niemand und so schlug sie ungebremst auf dem Boden
auf und blieb in einer sich langsam ausbreitenden Blutlache liegen. ,, Die Zeit der Gnade ist abgelaufen.“ , erklärte Träumers Meister , während er achtlos über den sterbenden Körper hinweg stieg. Die Menge johlte und jubelte, als hätte er nicht grade eine unbewaffnete Gefangene getötet. ,, Und eure Zeit ebenfalls, Archonten !“ Er breitete die Arme aus, wie um sie herauszufordern, doch zu ihm zu kommen, wenn sie es wagten. Doch natürlich blieben sie alle, wo sie waren. Sine hatte den Kopf weggedreht, bevor die Klinge Tira traf. Wys jedoch blieb die ganze Zeit über ruhig. Selbst jetzt gab er keinen Ton von sich und selbst
seine Hände ruhten entspannt auf den rauen Mauersteinen. Doch seine Augen… Hätte NAria jemand noch vor einer Stunde gefragt, sie hätte erklärt, sie würde nie glauben, diesen Mann einmal weinen zu sehen. Und doch tat er genau das. Stumme Tränen, die sich nur durch das Glitzern verrieten, wenn einmal einer der wenigen verbliebenen Sonnenstrahlen darauf fiel. Er mochte nichts sagen, aber Naria war klar, dass er soeben das Todesurteil über Träumers Meister gesprochen hatte… Dieser stieg mittlerweile unbeeindruckt die Rampe hinauf. Einer der Paladine, der mit ihnen auf der Mauer stand hob
die Armbrust, doch Naria schüttelte nur zeitgleich mit Wys den Kopf. Das würde nichts bringen, da war sie sich sicher. Dieser Mensch, wenn man ihn noch so nennen konnte, war darüber hinaus von einem simplen Bolzen getötet zu werden. Und so erreichte er ohne Mühe schließlich das Tor, wegen dem heute bereits But fließen musste… Unten hatte sich die Menge mittlerweile ebenfalls ein Stück die Rampe hinauf gewagt, ohne dabei der Leiche der Archontin mehr Beachtung zu schenken, als der rote Heilige. Dieser belächelte die Barriere in seinem Weg lediglich, während er unter den Torbogen trat… und eine Hand auf die
Metallenen Streben des Tores legte. Sofort begann der Stahl auf ganzer Länge des Tores weiß zu glühen. Naria war sich sicher, die Hitze noch an ihrem Platz auf der Mauer spüren zu können, während der Stein selbst zu zittern begann. Die großen Holzbalken aus denen das Portal zur inneren Stadt bestand gingen in Flammen auf, doch selbst das schien dem Mann nicht genug. Statt die zu Asche zerfallenen Tore zu durchschreiten, hob er die Hände…und die schweren Blöcke aus denen die Mauern bestanden folgten der Bewegung. Naria sprang bei Seite, als sich ein Stein, groß wie eine Kutsche unter ihren Füßen löste. Mörtel
zerbröselte, als der Granitblock eine Handbreit in die Luft stieg nur um dann mit Wucht auf die Mauer zurück zu krachen, die ebenfalls in Bewegung geraten war. Funken stiegen auf, als die schweren Trümmer in sich zusammen fielen und sowohl Naria als auch die andere mit sich rissen. Auch Träumer konnte sich nicht mehr halten und stürzte bald, von einer Lawine aus Schutt gefolgt, zu Boden. Dann war auch er verschwunden und die Gejarn verlor endgültig den Halt. Das letzte was Naria sah, bevor die Welt für eine Weile dunkel wurde, war eine Welle aus Trümmern, die über ihr zusammen
schlug.
Die Mauern der inneren Stadt zerbröselten wie Kalk und stürzten als kleine Schuttwasserfälle in die Unterstadt. Mehr und immer mehr des zuvor noch massiven Bollwerks fielen einfach auseinander, während der rote Heilige unter dem , was vom Torbogen noch übrig war hindurch trat. Und die Menge folgte ihm, strömte die Rampe hinauf und ließ Helike zum ersten Mal seit Stunden in vollkommener Stille zurück. Das einzige Geräusch, das noch zu hören war, stammte von den letzten Steinchen, die von den Hängen der inneren Stadt hinabkullerten.
Terazuma Hi Eagle! Damit ist die innere Stadt gefallen. Doch ich nehme nicht an, dass das schon das Ende des Buches ist. Die Sache im roten Tal fehlt ja noch, obwohl ich fürchte, dass es dort nicht weniger tragisch zugehen wird. Vielleicht sogar noch tragischer. Oder ist der Fall der inneren Stadt noch nicht ganz zu Ende? LG Tera |
EagleWriter Keine Sorge, das Ende ist noch ein Stück weiter weg. Aber ab hier gehts erstmal Bergab^^ Und ja, mit Helike bin ich noch nicht ganz fertig. lg E:W |