Romane & Erzählungen
Eisprinzessin (4)

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"Eisprinzessin (4)"
Veröffentlicht am 10. April 2016, 18 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Eisprinzessin (4)

Eisprinzessin (4)

Kapitel Vier

Leben im Wald Sie rannte so schnell sie ihre Beine trugen und schenkte den Elfen, welche ihr verwirrt hinter her sahen, keine Beachtung. Sie musste es bis in Shira's Schneiderei schaffen. Shira! Das Mädchen blieb sofort stehen und schaue zurück. Sollte sie noch einmal umkehren und Shira suchen? Nein, sie würde nur Zeit vergeuden, was sie ohnehin schon tat. Der Dunkelelf war nicht hinter den Anderen her. Ihnen würde nichts passieren. Sie rannte wieder los und hielt dabei den

Rock ihres Kleides nach oben, um nicht darüber zu stolpern. In der Ferne sah sie das hölzerne Schild, welches die lange Schere aufzeigte. Es hing regungslos dort oben, als wenn es fest geschraubt wäre. Die Elfe legte ihre Hände auf das kalte Holz der Tür. Sie schaute nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass niemand ihr folgte. Das er ihr nicht folgte. Als sie niemanden entdeckte, drückte sie die Tür auf. Zügig schlich sie sich in das Hinterzimmer. Die groß gepolsterten Möbel wirkten in der Dunkelheit wie hinterlistige Monster, die darauf warteten, das jemand zu nahe kommen würde. Auf dem Rücken eines kauernden Ungeheuers, entdeckte Liara ihr

Kleiderbündel und zog sich um. Das Mädchen legte das Stoffkleid für Shira zurück und ging schnellen Schrittes zu dem Eingang der abgrenzenden Mauern. Als sie das eiserne Tor hinter sich schloss, blickte sie wehmütig zurück. Die Elfe hatte Shira und auch das Dorf in ihr Herz geschlossen und sie fragte sich, ob und wann sie sich je wieder sehen würden. Über ihr peitschte der heulende Wind durch die Baumkronen, während sie sich von den Dorfmauern entfernte und auf den Wald zu ging. Die Nacht wurde tiefschwarz und jeder Andere wäre längst umgekehrt. Doch Liara fürchtete sich nicht mehr. Sie war an die Dunkelheit und die Geräusche bei Nacht

gewöhnt. Hatte keine Angst vor den lauernden, glühenden Augen oder den riesigen Schatten, die sie umgaben. Sie schritt unermüdend weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Ihr Köcher prallte mit jedem Schritt auf ihren Rücken, doch sie dachte nicht daran Ruhe zu geben. Das Mädchen hatte nur ein Ziel im Sinn: ihre Spuren zu verwischen und so Kolgar zu entkommen. Wie konnte er ihr nur so nahe kommen? Erst traf sie am See auf ihn, und jetzt in Nihal. Ich war doch seit langem vor ihm sicher gewesen... Doch viel Zeit darüber nachzudenken hatte sie nicht, vor allem durfte Liara sich selbst nicht ablenken. Das Mädchen musste wieder zwischen den Bäumen verschwinden. Sie

hoffte, das das heruntergefallene Geäst, mitsamt dem Laub, ihre Schritte dämpfen und ihre Spuren beseitigen würde. Je länger die Elfe voranging, desto stärker umhüllte sie die Nacht und ihre Energie, die sie noch beim Tanzen verspürte, wurde schwächer. Die junge Elfe musste sich langsam aber sicher auf die Suche nach einem geeigneten Lagerplatzes für die Nacht machen. In der Ferne hörte sie ein sachtes Gurgeln, dessen Lautstärke und Schlagfertigkeit nach zu urteilen, ein kleiner Bach sein müsste. Vor Jahren hatte Liara ihr Gehör für solche Feinheiten geschärft und sie konnte anhand der Klänge Verschiedenes ausmachen. Zwischen Büschen und Bäumen gelang sie

zu einer Lichtung, zu der parallel der schlanke Wassergraben lag. Die Wiesenfläche war nicht sonderlich groß und sie war auch von Bäumen umringt, doch die offene Mitte bereitete ihr Sorgen. Dort war das Mädchen völlig ungeschützt. Nur für eine Nacht... Liara suchte sich schließlich einen Platz am Rande der Lichtung, zu ihrer Rechten der Bach, vor ihr die schwarze Wiese. Den Köcher, samt Pfeile und Bogen legte sie zur Seite. Mit wenigen Handgriffen baute sie ihr kleines, provisorisches Zelt auf. Die Nacht war kühl, doch sie entschied sich gegen ein Feuer, sie wollte kein Risiko eingehen und entdeckt werden. Das Mädchen krabbelte ins Zelt, nahm ihren

Umhang von den Schulten und benutze diesen um sich zu zudecken. Am nächsten Morgen war Liara schon wach, als die Vögel anfingen ihre Lieder zu singen. Während sie zaghaft das Zelt öffnete, blinzelte das Mädchen ins helle Sonnenlicht. Mit einer Hand über ihren Augen, richtete sie sich auf und schaute sich um. Das Elfenmädchen versuchte Veränderungen wahrzunehmen, insofern welche stattgefunden hatten. Nachdem Liara annahm, das nichts geschehen war, während sie schlief, tauchte zu ihrer linken Seite ein Leuchten auf. Ein Feuer? Doch für ein Feuer war es zu gelblich. Sie

hörte auch keine knisterten Geräusche und sah keine Rauchschwaden in den Himmel empor steigen. Neben ihr summte etwas an ihrem Ohr. Das Elfenmädchen wirbelte herum. Winzig kleine, golden glühende Lichter tauchten vor ihren Augen auf. Glühwürmchen! Dadurch dachte Liara sie würde ein Feuer sehen. Das sachte Flackern ähnelte fernen Flammen. Vorsichtig griff sie hinter ihr linkes Ohr und zog, mit ihrem Daumen und Zeigefinger haltend, die geöffnete Blume aus ihren Haaren. Bei der ruckartigen Bewegung wollten sich ihre Blätter zurück ziehen, doch im letzten Moment hielten sie inne und entfalteten sich schließlich wieder. Die kleine

Schar der summenden Glühwürmchen versammelte sich um die ausdrucksvollen weißen und rosa Blütenblätter. Am Abend zuvor, als das Elfenmädchen in Nihal auf Kolgar traf, war sie viel zu panisch gewesen um daran zu denken die wunderschöne Blüte aus ihrer Perücke zu entfernen. Kaum das das Mädchen an sie dachte, fing ihre Kopfhaut an zu jucken. Sie hätte sie vor dem Schlafen abnehmen müssen. Doch nun war es zu spät und Liara musste das auf unangenehme Weise lernen. Sachte ließ sie die Blume neben ihrem Zelt ins Gras sinken, um gleich darauf herumzuwirbeln und die mittlerweile stumpfe Perücke zu Boden gleiten zu lassen. Wie im Schnelldurchlauf streiften ihre Fingerspitzen über ihre

Kopfhaut, damit dieses fürchterliche Jucken endlich aufhörte! Im Augenwinkel beobachtete sie ihre kleinen Insekten, die fröhlich herum sausten. Solange sie sich in der Blüte nicht wieder versteckten, konnte Liara guten Gewissens annehmen das keine Gefahr drohte. Nachdem sich Liara ihre schokoladenbraune Perücke, die sie in dem kleinen Bach gewaschen hatte, wieder aufsetzte, beschloss das Mädchen gegen Abend weiter zu ziehen. Das Risiko wäre zu hoch, langfristig an einem Ort zu bleiben. Sie wusste schließlich nicht, ob Kolgar, oder einer seiner Soldaten, ihr schon längst wieder auf den Fersen war.

Bevor die Elfe jedoch mit ihrem ganzen Hab und Gut aufbrach, entschied sie sich dazu, etwas Proviant zu sammeln und zu jagen. Wie auf Kommando rumorte es in ihrem Magen. Mit Pfeil und Bogen überquerte Liara die offene Fläche und durchbrach auf der anderen Seite den Wald. Eine sachte Abendbrise, die mit ihren falschen Haaren spielte,wehte durch das dunkle Laub und die Sträucher. Kaum das sie in die Dichte der Bäume eintauchte, sah sie springende, schwarze Eichhörnchen und hörte singende Vögel. Der Wald wirkte unglaublich lebendig und dennoch bedrohlich, da die Sonnenstrahlen

ihren Weg durch die Baumkronen nicht fanden. Liara hatte zum Ende des Tages eine beachtliche Menge an Nahrung zusammen. Auch wenn das Mädchen größeren Wert darauf legte nur Pflanzen, Früchte und Nüsse zu sammeln, kam sie nicht umhin wenigstens zwei kleine Eichhörnchen zu schießen. Aus einigen biegsamen Zweigen und vielen Blättern bastelte sie sich einen Korb, um darin ihre Beute zu transportieren. In den letzten Jahren wurde diese Tätigkeit zur selbstständigen Routine. War das Elfenmädchen an einer sicheren Quelle, blieb sie eine Nacht um am darauffolgenden Tag weiterzuziehen und währenddessen Nahrung

zu sammeln. Sie gab ihr Sicherheit und doch warnte sie sich selbst davor, sich nicht an diese alltägliche Beschäftigung zu gewöhnen und ihre Sinne schleifen zu lassen. Nie durfte sie unachtsam sein. Zur Bestätigung tauchten vor ihr die kleinen, leuchtenden Glühwürmchen auf, die ihr zusätzliche Gewissheit verschafften. Bevor Liara gänzlich aufbrach, kehrte sie zu der kleinen Lichtung zurück. Das Mädchen entledigte sich ihrer Kleider, legte sie zu ihrem fertigen Gepäck und schritt auf den sachte murmelnden Fluss zu. Schwach glitzerte das Licht des Mondes auf der Wasseroberfläche und auf ihren weißen Haaren. Sie wollte sich noch schnell frisch machen, den Schmutz der vergangenen

Nacht abwaschen. Je tiefer das Mädchen in den Fluss watete, desto kälter wurde ihr. Doch sie biss die Zähne zusammen, bis sie hüfthoch im Wasser stand. Kleine, grobe Steine versuchten sich in ihre Fußsohlen zu bohren. Die junge Elfe nahm ihren Mut zusammen, holte tief Luft und ging in die Hocke, bis sie komplett unter Wasser war. Ihre Stirn fühlte sich an, als wenn ein riesiges Stück glattes, pures Eis daran klebte. Blitzschnell schoss sie wieder nach oben und atmete die klare Nachtluft ein. Immerhin hatten sich langsam ihre Beine an die Temperatur gewöhnt und sie fing an den Schmutz abzuwaschen. Liara wollte sich gerade auf den Weg zu ihrer Kleidung machen, da hörte sie dumpfe

Schläge. Sofort glitt sie zurück und sank bis zu ihrem Kinn ins Wasser. Kleine Zweige und Äste hörte das Mädchen zerbrechen und die Schläge kamen schnell näher. Sind es Hufe? Dann war es so nahe, das selbst die Waldtiere Schutz suchten. Sie durchbrachen schnaubend die Bäume und standen urplötzlich auf der Wiese. Instinktiv wollte Liara hoch und so schnell sie konnte davon rennen, doch sie hielt sich gerade noch zurück. Sie durfte keine Aufmerksamkeit erregen! Fünf gigantische, pechschwarze Pferde prangten in der Nacht auf. Ihre eisernen Muskeln waren deutlich zu erkennen. Ihre leuchtend, roten Augen waren das einzig

lichterfüllte an ihnen. Nur eine Art bändigte seine Tiere auf diese Weise: Dunkelelfen.

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xoxoYvonnexoxo

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gela556 Elfengeschichten haben immer etwas fantasievolles an sich,
man ließt sie gerne

Mit ganz lieben Grüßen,
Angelika
Vor langer Zeit - Antworten
xoxoYvonnexoxo Das stimmt! Danke und liebe Grüße zurück.
Vor langer Zeit - Antworten
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