Kurzgeschichte
Abrechnung

Vorbemerkung

Es ist erschreckend. wie unsere Moralwerte verkommen.

Jeder mag interpretieren, wie er mag. Die Angst bleibt und wir können sie wahrscheinlich nie verstehen.

[Aus aktuellem Anlass neu eingestellt.]

Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: G.v.Tetzeli

Abrechnung

Der Inspektor hatte die blutbeschmierten Seiten in der gummiüberzogenen Hand. Warum hat er eigentlich den Quark noch geschrieben? Ganze drei Seiten? Er las.

Hören sie, ich verabschiede mich nicht von ihnen, ich will bloß sagen, dass es mir nicht leid tut. Ich bin, ich gebe es zu, deprimiert. Ich komme mir vor, wie wenn ich in einer kleinen Gefängniszelle sitze. Der Morgen naht. Die ersten Sonnenstrahlen fingern sich durch die Gitterstäbe. Das macht den staubigen Betonboden auch nicht schöner. Es würgt mich, denn bald werden sie mich

holen, um mich umzubringen.

Es ist eine Glock. Mein Vater war stolz auf sie und er hatte sie immer gut weggesperrt. Von wegen! Ich habe gewusst, wie ich an sie heran komme. Den Schlüssel aus seinem Schreibtisch zu stehlen war ein Klacks gewesen, samt Munition. Ich habe die Schublade nur aufbrechen müssen. Klasse! Sie liegt jetzt in auf meinem Kleinen im Schritt und sie fühlte sich schwer, warm an. Eine schwere Sicherheit. Mann, wie die kleinen Scheißer plötzlich Angst bekommen hatten! Das war schon geil. Ganz anders, als sonst. Sonst hatten sie mich nur verhöhnt. Sie hatten Fratzen gezogen und mich als Eigenbrötler abgestempelt. Selbst Uschi hatte nur übe

rmich gelacht. Als ich sie zum Eis essen einladen wollte. Uschi hat es verdient. Oder hat sie es nicht verdient? Ich weiß es einfach nicht. Die Direktorin der Schule, die hat es natürlich verdient. Die als Erstes! Und als ich in die Schule reinging, da war ich wie befreit. Ich visierte an und der Abzug war ganz einfach. Es knallte, donnerte und Fred konnte sein Hirn sonst wo hin scheißen. Es war Klasse! Bumm! Der konnte sich seine besserwisserischen Arschkommentare nun sparen. Ich lief weiter. In den Krimiserien machen alle denselben Fehler. Sie zögern. Ich nicht! Im Rektoratszimmer sah ich Simone wie im Wirbeltanz verrecken. Die alte Kuh musste mir immer irgendwelche Anträge

und Mahnungen verzapfen. Ohne Antrag geht nichts. Damit ist jetzt Schluss! Den Direktor habe ich in seinem perfiden Ledersessel praktisch eingenagelt. Das Arschloch hat ausgedient.Ich freute mich über das Blut. Na ja, und nun sitze ich hier. Es war nicht schlecht, was ich da unternommen habe. Ich fühle mich wohler. Die Waffe riecht herrlich. Nachdem ich ein neues Magazin eingeschoben hatte, waren auch andere Schüler dran. War mir eigentlich Wurst, wer es im Einzelnen war. Drauf los! Der Scheißstift will auch nicht mehr so richtig, das Schwein. Scheiße

"Das ist alles, was er geschrieben hat?

Mein Gott", seufzten die Gerichtsmedizinerin, "Nur dreitzehn Jahre alt. Neun Menschen hat er einfach abgeknallt. Verstehe Einer die Welt!" "Er ist einfach durchgedreht, aber wir wissen nicht warum. Der Vater hat ihn nicht geschlagen, die Mutter kam nicht an ihn heran. Gemobbt hat ihn augenscheinlich auch niemand."

"Vielleicht hat ihn jemand angestachelt? Wer weis? Inspektor legte ratlos die Kladde beiseite und blickte traurig.Ergebnis der Recherche;:

Die Gerichtsmedizinerin war präzise.

"So ein junger Kerl und schießt sich durch den Kopf?"

"Es ist einfach unsere trostlose, emotionslose Gesellschaft."