Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber der Unruhen zu finden, bittet der
Archont Wys Carmine schließlich die Magier von Maras um Hilfe…
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Dutzende von Feuern erhellten die Nacht und warfen lange Schatten über den ausgedörrten Wüstenboden. Einen halben Tagesritt vor Helike war die Welt für viele seiner Bewohner eigentlich an ihr Ende gelangt. Nicht so heute. Wind peitschte dünne Sandschleier auf, die zwischen eine Ansammlung von Zelten hindurch wehten und die schier endlose Prozession einhüllten. Es mussten hunderte sein, wenn nicht sogar tausende, die mit Fackeln bewaffnet den Weg von Helike in die Wüste angetreten hatten. Und immer noch trafen weitere
Männer und Frauen in kleinen Gruppen ein. Einige trugen die typischen, vermummenden Roben der Prediger des Herrn der Ordnung doch die meisten waren einfache Bürger der Stadt, manche mit deutlich sichtbaren Brandzeichen, manche ohne. Und immer wieder konnte man auch Kinder in der Menge entdecken, die sie an die Hände ihrer Mütter oder Väter klammerten. Naria lief bei diesem Anblick ein Schauer über den Rücken. Fahnen wehten auf den umliegenden Dünen, beleuchtet vom Schein mehrerer Kohlenfeuer, auf das niemand das Wappen auf ihnen übersehen konnte. Eine rote Hand mit drei Fingern. Es war nicht schwer gewesen,
herauszufinden, wo das Treffen des Kults stattfinden sollte, Die Prediger sowie ihre Anhänger sprachen überall davon und es schien ihnen auch egal, ob die Archonten davon Wind bekamen. Naria hatte anfangs noch an einen Glücksfall geglaubt, doch sich der Versammlung unbemerkt zu nähern hatte sich als durchaus schwieriger herausgestellt. Das ganze Gelände war offen und grade außerhalb des Scheins der Kohlenfeuer auf den Dünen versteckten sich dutzende von Posten. Schatten unter Schatten, die alles ganz genau beobachteten. Das einzige, was ihre Anwesenheit verriet, waren die Lichtreflektionen auf den dünnen Bronzehörner, die ein jeder von
ihnen trug, Hätten sie sich mit einer größeren Streitmacht genähert, hätten diese wohl sofort Alarm geschlagen und Naria hätte bei ihrer Ankunft nur noch eine leere Senke zwischen einigen Dünen vorgefunden. Doch Wys hatte ohnehin nie geplant, die Versammlung dort unten direkt anzugreifen. ,, Ich habe nicht vor, Krieg gegen mein eigenes Volk zu führen.“ , hatte er ihr mit kalter Stimme anvertraut, als sie von Helike aus aufgebrochen waren. Sie hatten einen Umweg machen müssen um das Haupttor der Stadt zu vermeiden, von wo aus sich bereits die ersten Pilger auf den Weg machten. Stattdessen hatte der Archont sie durch einen kaum
benutzte Seitentür in einem der Türme auf der Stadtmauer geführt. Die Pforte war derart verborgen gewesen, das Naria sich nicht einmal jetzt sicher war, sie wiederfinden zu können. Doch als einer der Herrn Helikes wusste Wys wohl so einiges mehr über die Befestigungsanlagen und geheimen Passagen die sich durch diese hindurch zogen. Aber wie würde er nennen, was sie hier taten? , fragte sie sich, während sie auf das Kultlager hinab sah. Hinter und neben ihr lagen zuerst Wys und Sine gefolgt von einem halben Dutzend Paladine. Heute allerdings hatten die Männer ihre Rüstungen abgelegt, wenn
auch nur unter wiederholten Befehlen ihres Archonten. Diese Männer waren praktisch mit Panzerungen, Schild und Schwert aufgewachsen. Heute jedoch blieb ihnen von ihrem Rang nur ein schlichter roter Schal. Ein Erkennungszeichen, damit sie sich später untereinander wiederfanden. Sonst erinnerte nichts mehr an ihnen an die Elitegarde Helikes. Selbst ihre Schwerter hatten sie mit Kohle eingefärbt und bis auf weiteres halb im Sand vergraben, damit der blinkende Stahl sie nicht verraten konnte. Es waren die wenigen bei deren Loyalität sich Wys vollauf sicher war, wie er Naria gegenüber geschworen
hatte. Die Gejarn konnte nur hoffen, dass ihr Onkel damit Recht hatte. Wenn er auch nur einen einzigen Informanten des Kults des Herrn der Ordnung in seine Pläne eingeweiht hatte, würden sie heute Abend direkt in eine Falle laufen. Mit so wenigen Männern blieb ihnen nur ein kleines Zeitfenster. Wenn Wys wirklich einen der hochrangigen Prediger gefangen nehmen wollte mussten sie im Lager für Chaos sorgen, zuschlagen und wieder verschwunden sein, bevor jemanden klar wurde, das sie es bloß mit einer Handvoll Kämpfer zu tun hatten. Misslang ihnen das, würde es tatsächlich auf einen offenen Kampf hinauslaufen und damit… wäre wirklich alles
verloren, dachte sie. Zumindest für Wys. Ihr Blick wanderte zu Sine, die sich keine fünf Schritte neben ihr duckte. Eigentlich sollte das Mädchen nicht hier sein, dachte sie, aber sie hatte darauf bestanden. Und Wys hatte schließlich nur allzu bereitwillig zugestimmt. Alles worauf Naria hoffen konnte war, das er auf sie achten würde. Auch wenn ihr Onkel in ihr vielleicht eine Möglichkeit sah, gegen die Kultisten mit magischer Begabung vorzugehen… Sine konnte ihre Gabe schlicht nicht beherrschen. Naria glaubte mittlerweile zu verstehen, warum Kareth ihr zumindest verusct hatte, ihr ein grundlegendes Verständnis für Magie zu vermitteln. So konnte sie
wenigstens etwas die Kontrolle behalten… allerdings hieß es auch, das der Drache von Anfang an geplant haben musste, Sine eines Tages als Außerwählte zu benutzen. Normalerweise lernte ein geborener Magier von Kindesbeinen an, mit seiner Gabe umzugehen und sie entsprechend zu kontrolliere. Sine hingegen hatte über all die Jahre nur ein paar Krumen hingestreut bekommen. Unzureichendes Wissen, das noch dazu aus Träumen und Visionen stammte. Und doch war sie mit Macht gesegnet worden, die Narias eigene Fertigkeiten bei weitem Übertraf. Eine gefährliche Kombination und das nicht einmal
unbedingt für alle anderen… sondern vor allem für Sine selbst. Und das Mädchen hatte vielleicht grade einmal begonnen, die Oberfläche ihrer Fähigkeiten anzukratzen. Wys musste klar sein, das er sie nicht als Schild benutzen durfte, wenn die Sache außer Kontrolle geriet. Naria sah sich in der Dunkelheit nach dem Archonten um, der mit ernster Mine das Lager unter ihnen musterte. Es musste einen Weg geben, das hier ohne Blutvergießen über die Bühne zu bringen, dachte er grimmig. Der Tag war noch nicht gekommen, an dem er gezwungen wäre, das Schwert gegen sein eigenes Volk zu erheben. Nicht wieder…
Einmal war er schon dazu gezwungen gewesen. Gegen sein Volk… und gegen sein eigenes Fleisch. Das würde nicht wieder passieren, sagte er sich. Die Feuer die unten in der Senke brannten waren schon von weitem zu sehen gewesen und der stetige Zustrom aus Fackelträgern verwandelte alles dort unten in ein Gewirr aus flackerndem Licht und tanzenden Schatten. Da unten mussten hunderte Menschen sein, wenn nicht mehr. ,, Seht euch all die Leute an…“ Sine schien sich immer noch nicht an den Gedanken gewöhnt zu haben, dass es so viele Menschen auf einem Fleck geben konnte wie in Helike. Wys schmunzelte.
Das Mädchen würde schon noch irgendwann darüber hinwegkommen. Aber wenn man in so kleinen Gemeinschaften zusammenlebte, wie die Whaid es taten, war wohl jede größere Ortschaft ein kleines Wunder und Helike war ein Ort, der nur von wenigen in den Schatten gestellt wurde, vielleicht grade einmal von der fliegenden Stadt selbst. Anfangs hatte er sich dagegen ausgesprochen, Sine überhaupt mitzunehmen, aber das Mädchen hatte , trotz ihrer Schüchternheit immer wieder darauf bestanden, ihnen helfen zu wollen. Und jetzt wo sie hier waren, war er sogar froh darüber. Er hatte gesehen, was sie tun konnte und ihre Gegner
verfügten genauso über Magie… Naria schien seine Gedanken gelesen zu haben und er erinnerte sich an das kurze Gespräch, das sie beim Weg durch die Wüste geführt hatten. ,, Egal was heute passiert, halt sie aus den Kämpfen raus, wenn es dazu kommt.“ , hatte sie gesagt. ,, Wir werden sie vielleicht brauchen.“ , entgegnete er. ,, Ihr habt selbst gesagt, diese Leute würden über Magie verfügen… Meine Männer sind darauf vorbereitet es mit einem Zauberer aufzunehmen, Naria, aber nicht wenn sie derart in der Unterzahl sind. Du und sie, ihr beide seid das einzige, was wir ihnen entgegenstellen
können.“ ,, Wys, sie wird vielleicht sterben wenn sie dazu gezwungen ist uns zu helfen.“ Er hatte nie erwartet, das Narias Stimme einmal flehend klingen könnte. Und dennoch… ,, Ich zwinge Sine zu nichts.“ , hatte er erwidert. Aber sie wird auch nicht zusehen, wie wir da draußen sterben , dachte er und konnte sich einen Moment nicht dazu überwinden, Naria ins Gesicht zu sehen. ,,Tut mir wenigstens den gefallen und habt ein Auge auf sie. Wenn ihr uns beide braucht, dann sorgt wenigstens dafür, dass man Sine aus dem gröbsten raushält bis es wirklich…nötig
wird.“ Und nicht einmal das hatte er ihr versprechen können, dachte er bitter, während er die Erinnerung abschüttelte. Nicht wenn das Schicksal der ganzen Stadt dabei auf dem Spiel stand. Hier ging es um deutlich mehr als ein einziges Leben, ob es nun einen Weg zum Frieden mit dem Whaid bot oder nicht. Und doch hätte er Naria ihren Wunsch gerne erfüllt. Wys schloss einen Moment die Augen, während sie abwarteten. Er tat es doch schon wieder, dachte er… wenn auch im kleineren Maßstab, aber er stellte sich gegen sein eigenes Blut. Weil ihm sein Pflichtgefühl keine Wahl ließ… Wieder
einmal. Tat er den noch das richtige, oder geriet er längst wieder auf einen Weg, dem er abgeschworen hatte? ,, Es sind zu viele.“ , hörte er sich selber sagen, während er das Lager am Fuß der Düne beobachtete. Da unten waren wirklich hunderte von Menschen. ,, Der Einfluss dieser Prediger muss schon größer sein, als wir je vermutet haben.“ Und wenn er daran dachte, wie die Leute, fast wie hypnotisiert diesen Männern unter dem Symbol der roten Hand lauschten… Ihm wurde tatsächlich kurz mulmig bei dem Gedanken. Aber es gab auch kein zurück, dachte er. Sie trugen alle dunkle Kleidung, die sie in der Nacht fast unsichtbar werden ließ.
Sah man von den roten Schals und Bändern ab, die sie alle als Erkennungssymbol trugen. Auch Sine hatte ihre Sachen gegen ein einfaches schwarzes Hemd und einen Rock getauscht, trug jedoch nichts, das sie für die anderen Erkenntlich machte. Die goldenen Ranken auf ihrem Arm glommen schwach im Dunkeln. Ihr Vorhaben war einfach, zuschlagen, und einen der Prediger erwischen. Nach allem was sie wussten schienen diese Männer die Anführer des Kults zu sein oder zumindest besaßen sie wohl mehr Einfluss als die normalen Anhänger. Aber einen auf offener Straße gefangen zu nehmen hätte einen offenen krieg
bedeutet. Hier jedoch und bei dem Durcheinander, das sie auslösen würden, wäre es schwer für die Kultisten zu erkennen, wer sie angegriffen hatte. Und das einer ihrer Leute fehlte würde hoffentlich ebenfalls erst auffallen wenn sie ein paar Antworten hatten um ihnen zu begegnen. Geräuschlos setzte Wys sich auf und zog dabei sein Schwert aus dem Sand, zusammen mit einem simplen Schild. Die Runde Scheibe aus Metall war kaum größer als seine Faust, aber sie hatte auch nicht den Zweck ihn großartig zu schützen. Wenn sie in die Verlegenheit kamen, wirklich kämpfen zu müssen, war ihr Vorhaben bereits gescheitert.
Niemand durfte sie erkennen. Und am besten stellte sich ihnen auch niemand in den Weg. Mochten sie fehlgeleitet sein oder nicht, das da unten war immer noch sein Volk. Allein der Gedanke gegen einen von ihnen die Waffe heben zu müssen… Wys zögerte erneut. Aber es gab auch kein Zurück mehr. Er musste nur an die Kreatur denken, die diese irren auf sie gehetzt hatten um das zu wissen. Sie hatten sein Volk irgendeiner verdrehten Mann-Bestie zum Fraß vorgeworfen um ihren Glauben zu verbreiten. Angst und Schrecken würden heute ein Ende finden. Langsam hob er den Schild und brachte das Schwert davor in
Position. Genau so leise taten die Männer hinter und neben ihm dasselbe, während Naria ohne ein Wort zur Seite huschte. Die Magierin hatte ihre eigene Aufgabe. Die Schneiden der Schwerter funkelten wie dünne Linien aus Silber in der Dunkelheit. Wys konnte spüren wie sein Herz schneller schlug, wie die Nervosität nun auch ihren Preis von ihm forderte. Doch das alles würde nicht lange halten, sagte er sich. Mit dem ersten Schlag, dem ersten Schritt würde sich die Furcht von ihm ablösen wie schon so oft in seinem Leben. Mit einem letzten Blick zurück ob auch alle auf Position waren, stand er
schließlich vollends auf, ein dunkler Schemen vor dem nachtschwarzen Wüstenhimmel. ,, Auf !“ , rief er so laut er konnte. ,, Jagt sie bis ans Meer bis nötig und vergesst nicht… Wir wollen nur die Prediger.“ Mit einem glockenhellen Klang schlug er Schwert und Schild zusammen. Lärm und Verwirrung wären ihr einziger Schutz… Wenn die Posten oben auf den umliegende Sandhügeln sie bis jetzt nicht bemerkt hatten, dann spätestens jetzt. Auf diese Worte hin erhob sich nun auch der Rest seiner Männer und begann, die Düne hinabzustürmen und machten dabei genug Lärm um Tote aufzuwecken. Und
grade bevor sie die ersten Zelte erreichten, hörte Wys schließlich die ersten Hornstöße der Wachposten und eine große Lichtblume, die auf einmal am Himmel aufblühte…
Bis jetzt wenigstens lief alles nach Plan, dachte er, bevor er in das Gewirr aus Zelten und umherrennenden Menschen eintauchte.
EagleWriter Na ja, Wys hat da noch ein Ass im Ärmel :D Das auf den NAmen Naria hört. lg E:W |