Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber der Unruhen zu finden, bittet der
Archont Wys Carmine schließlich die Magier von Maras um Hilfe…
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Noch im Morgengrauen wurde Naria schließlich wieder aus dem Schlaf gerissen. Sine war offenbar bereits wach und rüttelte sie einen Moment an der Schulter, bevor sie auch schon aus dem Zelt stürzte. Die Gejarn fluchte leise, während sie sich langsam aufsetzte und gegen das dämmrige Licht blinzelte, das durch den offenen Zelteingang fiel. Draußen warte Abran bereits auf sie. Der Mann hatte jeglichen Schmuck abgelegt, das war das erste was ihr auffiel. Genau genommen, schien sich seine ganze Erscheinung geändert zu haben. Statt der
leichten Kleidung vom Vortag, trug er nun einen langen Mantel, aus weinrotem Stoff und schwere Stiefel, die eher für einen langen Marsch durch schweres Gelände geeignet schienen, denn für die Hitze der Wüste. Hinzu kamen ein Rucksack und ein schwerer Holzstab, auf den er sich stützte. Er erklärte nicht, wohin sie gingen, sondern bedeutete ihnen nur, ihm zu Folgen. Der Rest des Dorfes schlief scheinbar noch, während Abran sie an den Ruinen und dem großen See vorbei führte. Sine nutzte die Gelegenheit, um noch rasch ein paar Wasserschläuche aufzufüllen, während der ältere Whaid
einfach stoisch weiter ging. Er selber hatte sein Wasser und seine Vorräte… und er würde offenbar nicht auf sie warten, dachte Naria grimmig. Einen Moment war sie unsicher, ob sie bei Sine bleiben oder besser dem beharrlich schweigenden Abran folgen sollte. Der Mann schien es beinahe darauf anzulegen, sie abzuschütteln. Schließlich jedoch, erhob sich das Mädchen wieder und eilte ihrem Führer hinterher. Der Weg aus der Siedlung der Whaid hinaus führte sie stetig weiter nach Süden. Bald befanden sie sich wieder inmitten der endlosen Dünen und die grüne Oase, die sie keine Stunde zuvor
verlassen hatten, verblasste bereits zu einer bloßen Erinnerung. Rotes Morgenlicht flutete über die gewaltigen Sandhügel und brachte auch die erste Wärme des Tages mit sich. Noch knirschte stellenweise eine kaum sichtbare Eisschicht über den Sandkörnern, doch wenn die Sonne erst ganz aufging, würden sie sich bald die Nacht zurück wünschen. Und Naria hatte keine Ahnung, wie weit der Weg werden würde. ,, Ihr habt doch gesagt ihr wärt schon bei Kareths Höhle gewesen, wisst ihr wie weit es bis dorthin ist ?“ , fragte sie schließlich an Sine gerichtet. Die junge Whaid antwortete nicht sofort,
sondern sah einen Moment unsicher zu Abran.,, Genau weiß ich es nicht.“ Erst als sie sicher war, das der Mann sich außer Hörweite befand fuhr sie schließlich fort. ,, Normalerweise dürfen nur die Vorsteher einer Siedlung die Drachen alleine aufsuchen. Und selbst das… geschieht sehr selten. In manchen Dörfern nur einmal pro Generation, wenn überhaupt.“ ,, Was hat das mit dem Weg zu tun, der vor uns liegt ?“ Zumindest erklärte es, wieso Sine sichergehen wollte, das Abran nichts davon mitbekam. Wenn sie schon dafür geächtet wurde, die toten Drachen der Whaid zu stören… wie sah das dann erst mit den Lebenden aus?
,, Einiges… ich… Normalerweise wissen wir auch nicht, wo die Höhle eines bestimmten Drachen liegt. Ich bin nur meinen Visionen gefolgt. Und ich weiß nicht, wie lange ich unterwegs war. Vielleicht habe ich auch einfach das Zeitgefühl dabei verloren. Manchmal scheint der Weg mich Tage zu kosten, manchmal nur wenige Stunden. Und ein paar Mal habe ich mich wohl auch verlaufen. Die Träume sind nicht immer ganz klar. “ ,, Euer Drache lässt euch also einfach blind rauf loslaufen und hofft, dann das ihr euch schon nicht verlaufen werdet ?“ Naria schüttelte den Kopf. ,, Dieser
Kareht scheint sich einen Dreck darum zu kümmern, was mit euch geschieht. Wisst ihr, ich bin ihm bisher noch nicht einmal begegnet und fange trotzdem schon an zu zweifeln, ob er mir zuhören wird.“ ,,Nein das… Er ist nicht so, Naria. Das müsst ihr mir glauben.“ ,, Ihr sagt auch, das ihr ihm nie persönlich begegnet seid. Woher wollt ihr das also wissen?“ ,, Ich weiß es einfach.“ Zum ersten Mal klang Sine nicht unsicher oder abwehrend. ,, Mir ist klar, das ihr das nicht versteht aber… ein Drache sieht die Dinge unmöglich so, wie ein Mensch es tut. Oder ein Gejarn. Ich glaube es
fällt ihnen sogar schwer, Menschen differenzierter zu betrachten, wisst ihr? Im Vergleich zu ihnen sind unsere Leben nur ein Wimpernschlag, wir nichts weiter als unterschiedliche Stimmen, die doch zu ein und derselben Sache gehören.“ ,, Das spricht nicht grade für Kareth.“ ,, Nun… er scheint es zumindest zu versuchen.“ , entgegnete Sine. ,, Sonst hätten sicher alle Whaid Visionen, meint ihr nicht ?“ Vielleicht… oder aber es war ihm schlicht egal, wer ihm diente, solange er eben ein nützliches Werkzeug bekam, dachte Naria. Sine war naiv zu glauben, dass ein Wesen, das sich nach ihren
eigenen Worten kaum für Menschen, ihre Konflikte und Gefühle , interessierte, nicht einfach ohne guten Grund auch ihr Leben auf den Kopf stellen würde. Und das hatte dieser Kareth ganz offenbar getan… Mittlerweile hatte die Landschaft begonnen, sich zu verändern. Die Sanddünen wurden zunehmend flacher und leichter zu erklimmen, je weiter Abran sie nach Süden führte. Gegen Mittag schließlich war das Sandmeer fast komplett verschwunden. Lediglich einzelne Ausläufer der größeren Dünen ragten noch in die raue Ebene hinein, die sich nun vor Naria und den anderen erstreckte. Statt Sand ragten hier Steine
und große Felsen aus der Erde hervor,, zwischen denen braunes Gras wuchs. Echsen huschten über die warmen Steine und versteckten sich in den Schatten darunter, sobald sich die kleine Gruppe näherte. Grillen und kleinere Insekten stoben in Wolken vom toten Gras oder den kleinen Pfützen Wassers auf, die sich in den Mulden im Boden sammelten. Es roch nach Schwefel und Fäulnis und selbst wenn Naria kurz vorm verdursten gewesen wäre… davon zu trinken hätte wohl genauso sicher den Tot bedeutet. Sie hatte nicht gedacht, dass es neben der Wüste einen trostloseren Ort geben konnte, doch diese hatte wenigstens noch
ihre eigene, raue Schönheit gehabt. Das hier jedoch… war nur noch Ödland, wie sie mit einem Schaudern feststellte. Die Felsen boten nicht einmal dem Gras einen richtigen Halt. Bis zum Horizont gab es nichts als grau-braune Einöde, aus der in einiger Entfernung mehrere Berggipfel hinausragten. Angeordnet in einem Halbkreis wirkten sie fast wie die Finger einer Hand. Undurchsichtiger, schwarzer Rauch schwebte über zwei der forderten Gipfel wie eine dunkle Wolke. In der unbewegten, warmen Luft schienen sie fast Teil des Bergs zu sein. Jetzt wurde Naria auch langsam klar, wieso Abran seine Schuhe getauscht
hatte. Für den Weg durch die Wüste waren die leichten Sandalen sicher angebracht, hier draußen jedoch wurde damit jeder Schritt schnell zu einer Qual. Besonders für Sine, die nicht das Glück des älteren Whaid hatte, den Weg wirklich bewusst zu kennen. Das dünne offene Schuhwerk bot kaum Schutz vor den Spitzen Steinen und der Untergrund war auch so bereits tückisch. Es dauerte keine Stunde, bis sie schließlich immer weiter hinter Abran zurückfielen, der seinen Weg stumm fortsetzte. Eigentlich müssten sie eine Rast einlegen , dachte Naria… sie bezweifelte jedoch, dass der Whaid dann auf sie warten würde. Dem Mädchen war das offenbar ebenso klar,
denn sie biss lediglich die Zähne zusammen und versuchte, weiter mit ihnen Schritt zu halten. Naria verfluchte Abran innerlich. Er hätte sie wenigstens warnen können, wie schwierig der Weg werden würde… Aber sie würde dem Mann definitiv nicht den Triumph gönnen, nach einer Pause zu fragen. Sie ließ sich lediglich ebenfalls etwas zurückfalle um ein Auge auf das Mädchen zu haben und bot ihr schließlich auch eine Handvoll schmerzstillender Kräuter an, die Sine dankend annahm. Es würde ihnen etwas Zeit verschaffen, dachte Naria, aber lange konnte vor allem das Mädchen nicht mehr so weiter
machen. Und schließlich kam es, wie es kommen musste. Sine hatte es mittlerweile geschafft, fast wieder zu Abran aufzuschließen, trotz der Schmerzen die ihr mittlerweile jeder Schritt bereiten musste. Der Whaid nahm es lediglich mit einem kurzen Blick über die Schulter zur Kenntnis und schien seine Schritte tatsächlich noch einmal etwas zu beschleunigen. Es war beinahe unheimlich, wie zielsicher, er seinen Weg durch das Geröll fand, beinahe, als wäre es gar nicht da. Sine jedoch hatte dieses Glück nicht und strauchelte mehrmals, wenn ihre Füße in einem Spalt oder zwischen einem Felsen hängen
blieben. Naria war langsam tatsächlich so weit, den Spott des alten Mannes auf sich zu nehmen. Das war doch Wahnsinn. Bevor sie jedoch dazu kam, Sine zuzurufen, stehenzubleiben, stolperte das Mädchen endgültig. Naria sah nur noch, wie ihr Fuß sich zwischen zwei Felsen verhakte und sie das Gleichgewicht verlor. Im selben Moment jedoch, wirbelte Abran herum, schneller als sie es für einen Mann seines Alters je für möglich gehalten hätte. Wie der Blitz fing er Sine auf und half ihr mit einem Ruck zurück auf die Füße. Einen Moment starrte er das Mädchen nur grimmig an. ,, Geht gefälligst
langsamer, wenn ihr müsst.“ , erklärte er dann. ,, Wenn ihr euch den Hals brecht nützt das niemanden etwas. Ich lasse euch schon nicht zurück…“ Sein Blick traf Naria, als hätte er ihre Gedanken von zuvor erraten.. Aus seiner Stimme sprach zwar Abenigung über die Vorstellung, auf sie warten zu müssen, gleichzeitig jedoch, wirkte die Geste, mit der er Sine wieder aufhalf geradezu fürsorglich. Wie hatte das Mädchen gesagt, seine erste Sorge galt seinem eigenen Volk. Und offenbar schien es da keinen Unterschied mehr für ihn zu machen, was sie sonst noch sein oder getan haben mochte. ,, Es geht schon.. verzeiht.“ , murmelte
Sine und versuchte bereits weiterzugehen. Abran jedoch hielt sie an den Schultern fest. ,, Es geht eben nicht.“ Suchend blickte er über die Ebene hin zu demjenigen der Berge, der ihnen am nächsten war. ,, Aber es ist nicht mehr weit. Wir gehen ab jetzt langsamer… und achtete darauf, wo ihr eure Füße hinsetzt, Mädchen.“ Abran lächelte zum ersten Mal, während er sich kopfschüttelnd umdrehte und seinen Weg fortsetzte, langsamer diesmal, so das sowohl Sine als auch Naria wieder mit ihm mithalten konnten. Und dann erreichten sie schließlich die ersten Ausläufer der Berge. Abran führte sie zielsicher einen Pfad
hinauf, der sich in schmalen Serpentinen die Felswände hinauf Wand und teilweise mit primitiven Werkzeugen in den Stein geschlagen worden war. An einer besonders steilen Stellen wurde aus dem Pfad schließlich eine Treppe , die sich nach wie vor endlos nach oben zu ziehen schien. Die Stufen waren abgenutzt, brüchig und von Regen und Flugsand gleichermaßen glatt geschliffen, dennoch, wurde ihr Weg langsam angenehmer, je höher sie kamen. Die Luft kühlte sich merklich ab . Erste Spuren von Vegetation tauchten an den Hängen auf, Anfangs nur einige grüne Moose und Flechten, die bald von verkrüppelten Bäumen abgelöst wurden.
Kleine Bäche sprudelten aus den Felswänden hervor und überspülten stellenweise auch ihren Weg. Das Wasser war eiskalt, wie Naria feststellte, als sie während einer kurzen Pause Wasser schöpften und in den tieferen Tümpeln, wo die Bäche von Felsen und Erde gestaut wurden, entdeckte sie sogar Fische. Ihr Aufstieg führte sie schließlich bis knapp unterhalb des Gipfels, wo der Pfad auf einer großen Felsterrasse endete. Im Sten des Berges klaffte eine gewaltige Öffnung, groß genug, das manche Tore im Vergleich dazu winzig gewirkt hätte. Abran trat demonstrativ auf den Höhleneingang
zu. ,, Das ist es.“ , erklärte er lediglich. Mittlerweile war es empfindlich kühl geworden und auf dem Teich, der sich in einer Nische der Terrasse befand, schwamm tatsächlich Eis. Bäume, nicht halb so groß wie Naria selbst und mit verdrehten Ästen wuchsen in den flachen Mulden im Stein, wo sich im Laufe der Zeit Erde gesammelt hatte. Zwischen den ebenfalls verkümmerten Wurzeln wuchsen Gräser und Farne. Man konnte das brennende Ödland hier beinahe vergessen, zumindest solange man nicht nach unten sah. Aus dieser Höhe konnte man Meilenweit in alle Richtungen sehen und
alles, was Naria sah, waren weitere Felsen und Berge. Nur ganz am Horizont, noch weiter im Süden meinte sie einen Streifen Grün auszumachen. Auch wenn dieser Ort vielleicht so aussah, es war doch noch nicht das Ende der Welt, dachte sie schmunzelnd. Der Felsdurchgang, vor dem Abran auf sie wartete, wirkte allerdings auch nicht grade einladender. Allerdings… welche Wahl blieb ihnen? Umdrehen war sicher keine Option. Allerdings klang das, was sie bisher über diesen Drachen gehört hatte auch nicht sonderlich ermutigend. Die Gejarn gab sich einen Ruck. Mehr als ihr seine Hilfe zu verweigern konnte auch er nicht.
Hoffentlich…
EagleWriter Freut mich und ja... Abran ist kein völliges No go ^^ Eigentlich sorgt er sich tatsächlich eher um Sine. Wie auch noch deutlicher werden wird. lg E:W |