Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber der Unruhen zu finden, bittet der
Archont Wys Carmine schließlich die Magier von Maras um Hilfe…
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Es war bereits dunkel, als sie Abrans Haus schließlich verließen. Der Whaid machte sich nicht einmal die Mühe, sie bis zur Tür zu begleiten und wenn Naria ehrlich war… er warf sie praktisch hinaus. Nach Sines Einmischung schien die Laune des Mannes sich nur noch verdüstert zu haben, bis er sie schließlich zum Gehen aufforderte. Und während Naria noch einen Moment sitzen blieb, war das Mädchen bereits fluchtartig zur Tür hinaus, ehe sie sich nur umdrehen konnte…
Sine wartete schließlich vor den verfallenen Stufen zum Hauseingang auf
sie. ,, Was für ein Bastard.“ Naria schüttelte lediglich den Kopf , während sie den Teppich vor der Tür bei Seite wischte und an der wartenden Frau vorbeistapfte. Immerhin, er war nicht dumm genug gewesen, sie einfach wieder fortzuschicken, aber wenn die Drachen der Whaid auch nur annähernd so stur waren, hätten sie ein Problem. Und vielleicht nicht so viel Geduld. Sine, die ihr schweigend folgte schien tatsächlich etwas in sich zusammenzusinken. ,, Abran… ist kein schlechter Mensch.“ , meinte sie zögerlich. ,, Wirklich nicht. Aber sein eigenes Volk steht bei ihm über allem
anderen.“ ,, Ja… das hab ich gemerkt.“ Oder vor allem, Abrans eigene Gefühle standen bei ihm über allem. Naria wusste nicht, ob Sine ihn nur aus Pflichtgefühl verteidigte, oder ob sie nach wie vor Angst vor diesem Mann hatte, aber.. es spielte wohl auch keine Rolle. ,, Danke übrigens. Ohne euch hätte ich wirklich ein Problem.“ ,, Ich kann doch nicht zusehen, wie er jemanden so behandelt. Wir… Ich habe euch als Gast hergeführt, oder? Also habe ich auch darauf zu achten, dass man euch wie einen behandelt.“ Nun zumindest an Pflichtgefühl schien es ihr wirklich nicht zu mangeln, dachte
Naria. Die Siedlung und die verfallenen Ruinen, durch die Sine sie führte, waren mittlerweile so gut wie verlassen, die Vorhänge und Türen der Zelte und wenigen bewohnbaren Häuser längst geschlossen. Nur hier und da flackerte noch ein ersterbendes Feuer in der Nacht. Das Zelt das schließlich vor ihnen aus der Dunkelheit auftauchte war kaum größer als einer der Verschläge, welche die Whaid für ihre Pferde nutzten und als Sine schließlich die Decke vor dem Eingang zurückschlug und Naria ihr ins Innere folgte, wirkte alles sogar noch kleiner. Das Zelt war hoffnungslos
überfüllt. In einer Ecke stapelten sich Säcke und gewebte Körbe aufeinander, in einer anderen mehrere Decken, die wohl sowohl als Sitzgelegenheiten wie auch zum Schlafen dienten und direkt hinter dem Eingang gab es schließlich ein kleines Regal, in dem neben verwitterten Schriftrollen auch einige bauchige Tongefäße standen. in der Mitte des ganzen Durcheinanders befand sich eine kleine Feuerstelle, in der noch Glut glomm und deren Rauch über eine Lücke in der Zeltdecke abziehen konnte. Getrocknete Pflanzen hingen zusammen mit etwas, das nur weitere Drachenknochen sein konnten, von der Decke. Naria musste leicht
geduckt gehen um nirgendwo anzustoßen. Sine hingegen hatte dieses Problem nicht und wich auch dem tiefer hängenden Sammelsurium aus Gegenständen zielsicher aus. Vermutlich hing das ganze schon so lange dort, das die Whaid bereits genau wusste, wann sie den Kopf einziehen musste. Mit einer Geste bedeutete sie Naria lediglich, sich einer der Decken zu nehmen und sich ans Feuer zu setzen. ,, Es ist nicht viel. Aber es wird euch für die Nacht reichen.“ Sine klang fast entschuldigend, während sie einige Holzstücke aus einem der Körbe holte und sich daran machte, die Glut in der Feuerstelle neu zu entfachen. Das
Mädchen schien jeden Blickkontakt mit Naria zu vermieden, auch als die ersten Flammen schließlich hoch aufloderten und sie schweigend am Feuer saßen. Entweder hatte sie nach wie vor Angst, diesmal vor ihr, oder fürchtete sich schlicht auch nur etwas zu sagen. Schließlich jedoch wurde es Naria zu Bunt. ,, Ich fresse schon niemanden.“ , erklärte sie entnervt und Sine zuckte bei den Worten zusammen, als hätte die Gejarn soeben ihre Gedanken erraten. ,,Ich…“ , setzte die Whaid an. ,, Glaubt mir, das habe ich mir frühzeitig abgewöhnt. Menschen sind zu zäh…“ Das Mädchen sah sie lediglich völlig
entgeistert an. Soviel also zu Sarkasmus, dachte Naria. Offenbar überhörte Sine den spöttischen Ton in ihrer Stimme einfach. Sie würde aber auch nicht den Rest des Abends hier herumsitzen, während Sine sich vor Angst oder Unsicherheit in eine Ecke verkroch. ,, Hört zu“ , begann Naria . ,, Es tut mir leid wenn ich euch Schwierigkeiten mache. Ich kann mir auch draußen irgendwo einen Platz suchen.“ Zwar würde die Nacht empfindlich kalt werden, aber das war besser, als angestarrt zu werden, als sei man ein Monster. Teilweise konnte sie es Sine wohl nicht verübeln. Das Mädchen war auch so schon schreckhaft genug und
dieser Tag hatte wohl mehr Aufregung mit sich gebracht, als die Siedlung im restlichen Jahr erleben würde. Das hieß natürlich nur, wenn sie Erfolg hatte, dachte Naria. ,,Nein. Bleibt. Das ist das mindeste. Ehrlich gesagt…ich glaube ihr habt mich heute vor mehr Ärger bewahrt als ich wieder gut machen kann. Wenn er ohne euch erfahren hätte, das ich am Drachenfriedhof war… Abran reagiert normalerweise… nicht so ruhig wie Belin.“ Naria würde gar nicht erst fragen, aber der verängstigte Ton des Mädchens verriet ihr genug. Du meinst dass er dich schlägt, dachte sie grimmig. Sprich es
doch wenigstens aus. Abran hatte bereits mehr als bewiesen, dass er einen Groll über lange Zeit hegen konnte. Und wen man ihm dabei nicht einmal entfliehen konnte… Seine Wut auf ihre Mutter konnte Naria verstehen. Wenn seine Geschichte der Wahrheit entsprach war seinem Volk übel mitgespielt worden. Oder zumindest dem Teil, der sein ,,Recht“ auf Helike noch nicht aufgeben wollte. Aber Sine war weder eine Bedrohung für ihn, noch tat sie etwas Schlimmes, sah man davon ab, das sie vielleicht ein paar grundlegende magische Rituale kannte. Vielleicht waren die Whaid und die Anhänger von Laos sich in manchen Dingen ähnlicher,
als sie einsehen wollten. Und trotzdem hatte das Mädchen scheinbar nicht aufgegeben. Immerhin, vielleicht tue ich ihr Unrecht, dachte Naria. Sie hatte zumindest nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern weitergemacht, wo andere wohl einfach aufgegeben hätten. ,, Wollt ihr vielleicht etwas essen ?“ , fragte Sine leise und riss Naria damit aus ihren Gedanken. Erst bei der Frage wurde ihr klar, wie hungrig sie eigentlich war. Seit sie das Mädchen am Morgen in den Knochenfeldern gefunden hatte, hatte sie nichts mehr gegessen. ,,Bitte.“ Sine, offenbar froh, etwas tun zu
können, zog einige der Körbe zu sich heran und förderte nach kurzer Suche einige Streifen Trockenfleisch und einen altbackenden Brotlaib zu Tage. ,, Es ist nicht viel.“ , erklärte sie, während sie das Brot in zwei Teile brach und einen davon der Gejarn reichte. ,, Es ist mehr als ich erwarten kann.“ Und hör auf dich ständig zu entschuldigen, fügte sie in Gedanken hinzu. Es war nicht ihre Art, aber die ständige Unsicherheit des Mädchens zehrte bereits jetzt an ihren Nerven. ,, Also… wie ist dieser Kareth so ? Wie es aussieht, werde ich mich morgen mit ihm auseinandersetzen müssen. Sind eure Drachen schlimmer als Abran oder
weniger stur?“ ,,Ich… bin ihm nie persönlich begegnet.“ , antwortete Sine. ,, Wie gesagt… ich weiß nur, was er mir in meinen Visionen aufgetragen hat. Und die Höhle eines Drachen ohne dessen Erlaubnis oder einen guten Grund zu betreten… das wage ich nicht.“ Aber du lässt trotzdem zu, dass man dich wegen seiner Befehle ächtet. Naria war sich nach wie vor nicht ganz sicher, was sie von ihrer Geschichte halten sollte. Auf der anderen Seite, sie hatte mittlerweile verrücktere Dinge als Visionen gesehen und gehört. Und Drachen verfügten über Magie, deren Ursprünge mindestens so weit
zurückreichten, wie die des alten Volkes. Nachdenklich kaute Naria auf einem Streifen Trockenfleisch. Hoffentlich waren die Götter der Whaid weniger stur, als ihre mehr weltlichen Herren. Sine hatte derweil eine der Flaschen vom Zelteingang geholt und zwei kleine Gefäße aus gebranntem Ton damit gefüllt. Naria roch einen Moment skeptisch an der dunklen, Flüssigkeit. Die Konsistenz erinnerte sie an Sirup und selbst der Geruch war fast ungenießbar süßlich. Um das Mädchen jedoch nicht noch mehr zu verunsichern, nippte sie trotzdem kurz daran. Erneut dachte sie lediglich an irgendeinen Sirup aus eingekochten Früchten, gleichzeitig
jedoch machte sich das leichte brennen von Alkohol bemerkbar. ,, Was ist das ?“ , fragte sie vorsichtiger geworden und stellte das Gefäß bei Seite. ,, Ich… verzeiht, wenn es euch nicht schmeckt dann…“ Naria seufzte resigniert. ,, Ich wollte nur wissen, was es ist.“ , erklärte sie und nahm nun gezwungenermaßen noch einen Schluck. ,, Also… es wird aus vergorenen Feigen gemacht. Meisten aus denen, Wir haben hier draußen nicht viel und das ist eine Möglichkeit auch die Früchte zu verwenden, die eigentlich schon verdorben sind. Sie werden einfach wie
sie sind gepresst, zwar gewinnt man dabei nicht viel, aber man braucht auch kein zusätzliches Wasser. Und wir können es vor allem selbst herstellen. Bier hält sich hier draußen nicht gut… mal davon abgesehen, was wir es uns kaum leisten können, die wenigen Händler, die sich zu uns wagen, auch noch dafür zu bezahlen.“ Für ein Volk, das wie die Whaid auf jeden tropfen Wasser und wohl auch jede Münze angewiesen war, schien das tatsächlich Sinn zu machen, dachte Naria. Trotzdem lehnte sie ankend ab, nachdem das Gefäß einmal leer war und bat Sine, ob sie etwas Wasser heiß machen könnte.
Einen Moment sah die Whaid sie lediglich komisch an, als verstünde sie nicht, was die Gejarn vorhatte. ,, Wollt ihr jetzt noch etwas kochen ?“ ,, Eigentlich ist das zum Trinken gedacht.“ , erwiderte Naria schmunzelnd. Wenigstens zeigte das Mädchen mal eine andere Reaktion als Angst. ,, Warum sollte jemand heißes Wasser trinken wollen ?“ Sine runzelte die Stirn, tat aber, worum die Gejarn sie gebeten hatte und setzte einen kleinen Kessel über dem Feuer auf. Es dauerte auch nicht lange, bis das Wasser zu kochen begann und Naria rasch begann, ihre Tasche nach einigen Kräutern zu durchsuchen. Als sie schließlich die
Teeblätter und einige andere Pflanzenteile vor den Augen der Whaid ins Wasser fallen ließ, schien diese tatsächlich kurz zusammenzuzucken. ,, Was.. was macht ihr?“ Für Sine sah es vermutlich so aus, als hätte sie grade einfach eine Kessel Trinkwasser vergeudet, in dem sie wahllos ein paar Blätter hinein geworfen hatte. Blätter, die es zu allem Überfluss auch noch dunkel färbten, als sei es mit irgendetwas verschmutzt. ,, Tee.“ , erklärte Naria ruhig, während sie den Inhalt des Kessels einen Moment ziehen ließ. Von Sine ließ sie sich zwei weitere Becher geben, die sie vorsichtig auffüllte, bis nur noch einige Kräuter am
Boden des Topfes schwammen. ,, Was ist Tee ?“ Vorsichtig nahm Sine den Becher entgegen, den Naria ihr hinhielt. Vermutlich hatte sie in ihrem Leben noch nie etwas anderes, als Wasser getrunken, dachte Naria bei sich. Von dem seltsamen Feigenschnaps einmal abgesehen und von dem würde sie sich wiederum so gut es ging fernhalten. Langsam jedoch wurden auch diese Becher gelehrt. Sine rollte sich schließlich in einer Ecke des Zelts mit einer Decke zusammen, während Naria noch lange am langsam ersterbenden Feuer saß und beobachtete, die wie letzten Holzspäne zu Glut zerfielen. Der morgige Tag würde womöglich über das
weitere Schicksal der Whaid entscheiden. Und über das von Helike und auch ihr selbst. Hoffentlich konnte sie das auch diesem Drachen klar machen, wenn schon nicht Abran. Sie wusste nicht, was sie zu erwarten hatte, wenn sie einmal vor dieser Kreatur stand. Und das machte ihr Sorgen. Es gab wenige Dinge, die sie verunsichern konnten. Und wenn dann hatte sie sich wenigstens darauf vorbereiten können. Doch einem lebenden Drachen war sie nie begegnet, geschweige denn wusste sie mehr, als die Berichte der Großen Drachenjagd der Ordeal-Kaiser hergaben. Und die waren schon fast mythologisch… Naria kramte weiter in ihrer Tasche und
förderte schließlich eine Pfeife zutage, doch als sie nach dem kleinen Tabakbeutel griff, den sie ganz am Boden aufbewahrte, fühlte dieser sich bereits enttäuschend leicht an. Lediglich einige Krümel fielen noch heraus, als Naria den Beutel drehte und in ihrer Hand ausklopfte. Großartig… Vermutlich ein Loch irgendwo im feinen Gewebe des Beutels. Ihr Tabak jedenfalls wehte jetzt irgendwo im Sand der Wüste umher… So viel dazu, dass sie diesmal einen kleinen Vorrat mitnehmen wollte. Enttäuscht warf sie den leeren Beutel einfach in die Flammen und sah zu, wie diese kurz aufloderten. Erst kurz vor der Dämmerung breitete sie schließlich
ebenfalls eine Decke über sich und schlief, an eine Kiste gelehnt, ein.
Terazuma Hi Eagle! Wieso ist Sine eigentlich so schreckhaft? Das ist wirklich seltsam. Lustig fand ich, dass sie nicht einmal Tee kannte und sich wunderte, wie jemand in der Wüste nur heißes Wasser trinken könnte. XDDD Aber auf den Drachen bin ich wirklich schon neugierig.^^ LG Tera |
EagleWriter Sagen wir mal Sine.. ist erst einmal einfach so ^^ Na ja von Kindheit an von einer Stimme in ihren Träumen herumkommandiert zu werden hat wohl seinen Teil dazu beigetragen. Was den Tee angeht... Tja sie ist halt eben etwas... hm... Hinterwäldlerisch könnte man sagen ? ^^ Wenn im Umkreis mehrere Tagesreisen nur Sand existiert ist man nicht unbedingt kulturell hochgebildet ^^ lg E:W |