Kurzgeschichte
Die Axt im Ballsaal - Nach einem Polizeibericht

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"Die Axt im Ballsaal - Nach einem Polizeibericht"
Veröffentlicht am 18. Dezember 2008, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Die Axt im Ballsaal - Nach einem Polizeibericht

Die Axt im Ballsaal - Nach einem Polizeibericht

Beschreibung

Tanzvergnügen mit blutigem Ausgang

Einige von ihnen sah man vorher schon beim Chinesen an der Ecke. Großes Abendbüffet für Euro  9,90. Das übliche Gerenne von den Tischen zu den Schüsseln und Kasserollen - und das Personal kam mit dem Nachfüllen nicht nach.
 
Diamanten-Ede hatte da ein Arbeitsessen mit einem Kunden. Sie waren schnell handelseinig. Ede reinigte sich mit einem Zahnstocher die Fingernägel. Er fühlte sich angenehm satt. Dieses Bedürfnis war also befriedigt. Er sah trotzdem wieder zum Büfett. 
 
"Die da?" - "Ja, die Kleine." - "So 'ne Kindfrau?" - "Mann, aus der kannste zwei Lolitas machen."
 
Sie war knapp über eins fünfzig, ziemlich stämmig und trug einen sehr kurzen schwarzen Wollrock. Alle drei Minuten war sie an den Schüsseln und schaufelte den Teller immer aufs Neue voll. Sie lächelte glückselig und bewegte sich dabei wie ein Schulmädchen, das gerade seine ersten Steppschritte gelernt hat und sie nun ständig wiederholt. 
 
"Wie alt?" - "Siebzehn mindestens, würd ich mal sagen." - "Und neunzehn höchstens." Sie ging gerade an ihnen vorbei, und ihr verschwimmender Blick streifte beide flüchtig. Sie verschwand um eine Ecke. Da musste noch wer sitzen. "Sie bringt ihm die Sachen. So viel kann die selbst gar nicht futtern."
 
Der Kunde hatte noch einen Termin. Ede ging allein ins Ballhaus. Er trank eine Menge und tanzte ab und zu. Keine wollte mit ihm gehen. Das machte ihm nichts aus, er hatte sie fast alle schon gehabt. Frischfleisch, das war es, worauf er heute Appetit hatte. Mal sehen, was noch kommt. Mit allmählich glasiger werdendem Blick musterte er das Material.
 
Später in der Nacht kam die Kleine im Wollrock und an ihrer Seite ihr Alter. Anita an Edes Tisch sagte: "Das'n Schrotthändler." Sie saßen dann ganz in der Nähe. Der Schrotthändler war ein dicker Endvierziger mit rot-gelb gestreifter Krawatte und Ringen an fast allen Fingern. Er und Ede musterten sich schon mal kurz böse.  Die Kleine ließ sich von Ede beäugen und senkte erst danach den Blick ostentativ. War das ein Zeichen? Anita lachte: "Ede, du bist doch ein schöner Mann - und das war's dann schon?"
 
Jetzt kam der Papa, der hier Rosen verkaufte. Ede gab ihm fünf Euro und ließ ihr eine hinüberbringen. Und dann lief alles sehr schnell ab. Der Schrotthändler riss die Rose an sich und knickte sie und warf sie in die nächste Ecke. Er rief Ede zu: "Nicht ganz bei Trost, was?!" - Ede gab zurück: "Du, hast du ein Problem?!" In diesem Moment fing eine neue Musik an. Anita sagte: "Warum tanzt du nicht mit mir?" Aber Ede stand auf und ging zu der Kleinen hinüber. Die Kleine blieb sitzen und sah ihn von unten herauf fragend an. Dafür stand der Schrotthändler auf und sagte das Übliche wie "Schleich dich, miese Visage!", und Ede konterte: "Du, ich mach dich sooo klein - dann kannnste dich selbst als Altmaterial losschlagen." Und losschlagen war das Stichwort. Als Ede die Faust sah, ließ er das Messer aufklappen. 
 
Und plötzlich waren die Freunde des Schrotthändlers um sie herum ... und Ede rief seine Männer auch dazu. Sie verschanzten sich hinter einem Tisch und türmten Stühle auf der Tischplatte auf. Ede warf einen Stuhl hinüber. Er traf aus Versehen eine junge Frau, sie war im siebten Monat. Die Stühle kippten vom Tisch, und der Tisch stürzte um. Der Nahkampf begann. Jetzt war auch eine Axt zu sehen. Wer hatte sie so schnell organisiert? Gerade als die Axt zum ersten Mal niedersauste, stürmte die Polizei den Saal. Sie drängte sich zwischen die Kämpfenden und räumte sie alle ab. Danach kamen die Kellner, die geflohen waren, zeternd zurück. Und der Geschäftsführer besah sich den Schaden am Inventar und zischte beim Luftausstoßen wie eine Schlange. Als Letzter erschien der Rosenhändler, um nach seiner Ware zu sehen - alle Blüten zermanscht am Boden. Etwas Unverständliches murmelnd, griff er nach seinem leeren Korb und ging hinaus in den Morgen. 
 
Der Polizeibericht meldete sieben Personen mit Kopfplatzwunden, drei mit Stichverletzungen. Einer, mit gebrochenem Fuß, wurde sofort ins Krankenhaus geschafft. Das Messer und die Axt waren nicht aufzufinden. Und dabei hatten die meisten doch die Axt gesehen. Es blieb ein Rätsel, wie man sie so schnell hatte beiseite schaffen können. 
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Hörbuch

Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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