Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber
der Unruhen zu finden, bittet der Archont Wys Carmine schließlich die Magier von Maras um Hilfe…
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Das rote Tal erstreckte sich wie eine Wunde inmitten der Steppe. Eine gewaltige Grube, die das Land von Horizont zu Horizont Durchschnitt, als wäre einfach ein Stück der Welt selbst weggebrochen worden. Steile Klippen fielen tief ab und legten dabei das Gestein in der Tiefe frei. Galren hatte sich schon gefragt, warum man diesen Ort rot nannte. Nun wusste er es. Die Felswände sahen aus wie mit frischem Blut übergossen. Eine Farbe, die er noch nirgendwo sonst gesehen hatte… schon gar nicht bei einem Stein.
Und hier war sie einfach überall. Der Boden war mit Staub bedeckt, der aussah wie Rost und selbst die Blätter der Bäume unten im Tal waren damit überzogen und auch die Ruinen weiter unten davon eingehüllt. Die einstmals aus blendend hellem Marmor errichteten Gebäude waren lange schon zu nichts mehr als Ansammlungen aus losem Stein zerfallen, durch die der Wind heulte. Zersprungene Säulen säumten die von hier oben noch erkennbaren einstigen Straßen und verlassenen Prunkbauten reihten sich zwischen Tempelanlagen und ummauerten Parks, die einstmals wohl voller Leben gewesen waren, heute jedoch nur noch roten Staub
beherbergten. Das dort unten war einmal eine ganze Stadt gewesen, dachte er. Eine Siedlung von den Ausmaßen der fliegenden Stadt, vielleicht sogar größer, die sich durch das ganze Tal hindurch zog. Und jetzt… war dort unten nichts mehr. Trotzdem hatte es etwas seltsam erhabenes, am Rand der Klippen zu stehen und einfach nur zuzusehen, wie der Wind Sand und Staub durch die Ruinen trug. Auch wenn dort unten alles zerstört war, dieser Ort strahlte nach wie vor etwas aus. Etwas friedliches, willkommenes… Das einzige, das nicht pink oder rot schimmerte, war der Fluss, der sich etwa
in der Talmitte durch eine weitere Reihe von Ruinen schlängelte. Zwischen den halb zerfallenen Mauern ragten die Spitzen mehrere Zelte auf, die aus weißem Leinen gefertigt noch nicht unter einer Staubschicht verschwunden waren. Das musste wohl die Expedition sein, überlegte Galren. Die Hand auf den Schwertgriff gestützt blieb er einen Moment einfach am Rand der Klippen stehen und genoss die Aussicht. Die Reise war zwar ruhig verlaufen, aber nach der ganzen Zeit auf der Straße hatte er es schon fast nicht mehr erwarten können, endlich ihr Ziel zu erreichen. Und jetzt wo er hier war, hatte es ihm tatsächlich die Sprache
verschlagen… ,,, Hey bist du da angewachsen ?“ Zwei Arme schlangen sich von hinten um seinen Hals und brachten ihn fast ins Straucheln. Nun wenigstens einer von ihnen war nach wie vor genau wie immer, dachte er grinsend. Die Frage wurde in Elins typischen Tonfall gestellt, der nie etwas völlig ernst zu nehmen schien. Mit einem Ruck wirbelte Galren sie herum und schloss sie in die Arme. Elin ließ es lachend geschehen und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Währen den Wochen auf der Straße hatte sich ihre Verbindung nur gestärkt und was er anfangs noch an Unsicherheit
gehabt haben mochte, war verschwunden. Er liebte sie… und daran gab es nichts zu rütteln. Der Rest würde sich ergeben, wenn dieser Wahnsinn erst einmal vorbei war. Galren zog sie an sich und sah erneut hinab ins Tal. Vielleicht sollte er doch traurig sein, das zumindest diese Zeit zu Ende ging… ,, Dieser Ort ist schön.“ , meinte Elin und lehnte sich einen Moment verträumt gegen ihn. ,, Stellt sich nur die Frage, wie wir da runter kommen. Sieht jemand einen Weg ?“ Er drehte sich zu Armell um, die, Sentine auf ihrer Schulter, etwas Abseits stand und ebenfalls die Umgebung begutachtete. Auch wenn sie nach wie
vor in sich gekehrt war, schien es ihr mittlerweile ebenfalls besser zu gehen. Es war nicht mehr dieses brütende, gefährliche Schweigen, das er während ihrem Weg zur fliegenden Stadt und in den Tagen zuvor an ihr bemerkt hatte. Vielleicht tat es auch ihr gut, einfach wieder unterwegs zu sein… Doch was es auch war, Galren war froh, sie dabei zu haben. Mit einem hatte sie wohl recht gehabt, ob es ihr damals bewusst war oder nicht… ohne Beschäftigung in der fliegenden Stadt… schien unsicher, was aus ihr geworden wäre. Armell deutete über die Schlucht hinweg zur gegenüberliegenden Talwand, die im Licht der Mittagssonne wie ein
gewaltiges Relief glitzerte, das ein verrückter Künstler mit roter Farbe überzogen hatte. Ein kleiner Pfad, kaum sichtbar vor den zerklüfteten Felsen schlängelte sich davor hinab in Richtung Boden. Sie mussten die äußere Spitze des Tals einmal umrunden um dorthin zu gelangen und dennoch war der schmale Ziegenpfad, den sie schließlich erreichten, alles andere als ein sicherer Abstieg. Reiten war jedenfalls keine Option mehr und so führten sie die Pferde zu Fuß nach unten. Armell und er nahmen jeweils einen Zügel in die Hand und begannen den Abstieg. Die Expedition würde wohl einen anderen
Weg genommen haben, dachte er, den Ausrüstung und Zelte würde man wohl kaum über einen Felsüberhang schaffen, der grade einmal drei Schritte breit war. Aber nach diesem anderen Weg zu suchen, dazu fehlte ihm jetzt, wo er das Lager schon vor Augen hatte, schlicht die Geduld. Wenn er noch über seine Gabe verfügen würde, wäre es wohl ein leichtes gewesen, so jedoch blieb ihnen nur der Beschwerliche Abstieg. An einer Stelle des Wegs klammerte sich ein verkümmerter Baum an einen Felsvorsprung, rot vom Staub des Tals. Selbst in die Rinde hatte er sich gefressen und gab dem Holz den Ton von getrocknetem Blut und als Galren
mit den Fingern darüber strich, färbte sich seine Haut ebenfalls rot. Ein Schauer überlief ihm bei dem Anblick. Seine eigene Hand erinnerte ihn plötzlich viel zu sehr an das Symbol, das sie bei den Angreifern auf Hamad entdeckt hatten. Rasch wischte er den Staub an seiner Hose ab und beeilte sich, den restlichen Weg hinter sich zu bringen. Unten ,am Grund der Schlucht konnten sie endlich wieder reiten , auch wenn Elin davor zurückschreckte. Oder vielleicht beunruhigte sie auch die Tiere nur, das war eine der wenigen Dinge, über die sie beharrlich schwieg. Armell hatte dazu nur gemeint, das viele Gejarn eine Abneigung gegen die Vorstellung
hatten, sich auf irgendein Tier und nicht ihre eigenen Füße zu verlassen. Das Ergebnis war jedenfalls, das sich die Luchsin lieber hinter Galren in den Sattel schwang und alles weitere ihm überließ. Armell übernahm alsbald die Führung der kleinen gruppe, während sie ihre Pferde weg von den Klippen und hin zu der halb verschwundenen Prachtstraße wendeten, die das Tal scheinbar auf ganzer Länge Durchschnitt. Wälder voller roten Laubs säumten die Schattigen Tiefen, als herrsche hier immer Herbst und ab und an blitzte auch ein uraltes Bauwerk zwischen den Zweigen auf. Die Steine auf denen sie
hier wandelten waren vermutlich um vieles Älter, als die meisten Bäume hier, da war Armell sich sicher. Die eigentümliche Schönheit dieses Ortes rührte selbst sie an, wie sie sich fasziniert zwischen den Ruinen umsah. Es hatte eine Zeit gegeben, die noch nicht allzu weit zurück lag, da hätte sie all dem keine Beachtung geschenkt. Ein Teil von ihr war mit Merl gestorben, einer den sie vielleicht nie zurückbekommen würde und die Stelle, wo er gewesen war, schmerzte nach wie vor, würde es vielleicht immer tun... Aber sie war nicht tot und das war nur ein weiterer Beweis dafür. Sie hatte nur eine Weile vergessen, wie es war, zu
Leben. Und seltsamerweise waren es Elin und Galren, die sie wieder daran erinnert hatten. Anfangs hatte sie nichts verspürt, wenn sie die beiden beobachtete… außer vielleicht einen leichten Stich bitteren Neids. Wie konnten andere um sie herum lachen und weinen und sich lieben, wenn ihr das alles scheinbar für immer versagt bleiben sollte. Allein die Vorstellung, wie überhaupt noch jemand lachen konnte war ihr unbegreiflich und grade Galren… war Merl nicht auch sein Freund gewesen? Hatte er etwa alles vergessen? Und doch hatte sie nicht zugelassen, dass daraus mehr wurde, im Gegenteil. Mit den Wochen hatten sich
die bitteren Gedanken gelegt. Das Leben ging weiter, hatte sie sich eines Tages gesagt. Und so bitter diese Worte auch in ihr klangen, sie hatte nicht zugelassen, das ihre Zweifel und Trauer sie erstickten. Es tat schlicht gut zu sehen, dass wenigstens irgendjemand glücklich war. Und auch wenn es noch so schwer werden würde… das Leben ging nach wie vor weiter. Diese Worte waren ihr in den letzten Tagen fast zu einer Art Mantra geworden. Und sie würde es schaffen. Diese simple Erkenntnis, so gerne sie sie auch geleugnet hätte, hatten ihr vielleicht sogar das Leben gerettet. Sie fühlte sich nicht gut dabei, es so deutlich zu denken aber.. Ja. Sie lebte
noch. Sie lebte wieder auf. Wenn auch nur ein wenig. Jetzt, wo sie zwischen den Ruinen hindurchritt, lächelte sie sogar. Und doch blieb da ein Zweifel, den sie nicht ausräumen konnte, dachte Armell. Einer, an den sie sich nach wie vor klammerte, weil sie nicht glauben wollte, sich so getäuscht zu haben. Der kurze Moment im Garten von Galrens Haus, in dem sie Merl gesehen hatte…. Mittlerweile näherten sie sich bereits den ersten Zelten, die direkt am Ufer des Flusslaufs in der Talmitte standen. Um die weißen Bahnen aus Leinen herum herrschte reges Treiben. Ein gutes Dutzend Gardisten, die aufgrund der
Hitze nur schlichte Hemden mit einem aufgenähten Wappen trugen, standen um das Lager herum verteilt oder patrouillierten zwischen den zerfallenen Häusern. Dazu kamen noch eine unschätzbare Zahl an Arbeitern, die sich durch die Ruinen suchten, kleine Gruben an scheinbar leeren Stellen anlegten oder Bergeweise an Schutt und aufgewühlter Erde durchsiebten oder am Fluss in großen Pfannen auswuschen. Das ganze schien tatsächlich eine gewaltige Grabung zu sein, dachte Galren, dennoch war das Land bisher so gut wie unberührt geblieben. Offenbar gingen die Arbeiter außerordentlich vorsichtig vor, auch
wenn sie unglaubliche Mengen an Erde bewegten… Auf langen Tischen und Bänken reihten sich zerbrochene Scherben und Vasen aneinander, kleine Glassplitter, die von Fenstern aber auch von Kunstgegenständen stammen konnten, glitzerte in der Sonne und hier und dort fand sich auch einmal ein Schmuckstück aus Bronze, Silber oder mit Smaragden verziertem Gold. Die Überreste die das einstige Leben in dieser Stadt hinterlassen hatte, nun fein säuberlich aufgebahrt. Viele der Arbeiter waren Gejarn, wie Galren im Vorbeireiten feststellte. Und die meisten davon waren Löwen,
vielleicht ja von einem Clan aus der Nähe. Trotzdem musste er unwillkürlich sofort an Lias denken… Götter, er wünschte, er könnte das hier sehen. Jedenfalls schenkten die Arbeiter den drei Reisenden kaum Beachtung, außer einem Nicken oder einer gerufenen Begrüßung hier und da und auch die Gardisten ließen sie passieren, bis Galren fragte, wo sie Erik finden würden. ,, Der Alte ist vermutlich in der Mitte des Lagers. Aber ich würde ihn wirklich nur stören, wenn es wichtig ist. Er kann etwas…exzentrisch sein, Herr. “ , erklärte der Posten, den er angesprochen hatte und deutete zu einem großen Zelt ,
das über einem halb zerfallenen Rundbau gespannt war. Davor hatten sich weitere Männer versammelt, die mit großen Sieben Sand und den Aushub aus den gruben um die Ruinen filterten und eine lange Reihe Spaten und Schaufeln lehnte an der Außenmauer des Rundbaus, den man mit dem Zeltdach wieder bewohnbar gemacht hatte und weitere Tische, dieses Mal mit Karten und Zeichnungen überladen, waren davor aufgestellt worden. Und an einem dieser Tische schließlich, stand ein hochgewachsener Mann, dürr wie ein Pfahl. Seine Schlohweißen Haare und der Backenbart, der wild in alle Richtungen zu wuchern schein, gaben
ihm tatsächlich etwas verschrobenes, doch die Augen, die ihnen entgegen blickten wirkten wach und intelligent. Trotz seines Alters bewegte er sich ohne sichtliche Anstrengung und der blaue Mantel den er trug, wehte hinter ihm her, als er den drei Reisenden mit raschen Schritten entgegen kam. Eine braune Ledertasche klimperte an seiner Seite, als wäre sie bis zum Rand voll mit Metall. ,, Ich schätze, ihr sucht nach mir ?“ , fragte er und fuhr ohne auf die Antwort zu warten fort. ,, Wenn ich mich also vorstellen darf : Erik Flemming. Arzt der Universität zu Vara und der kaiserlichen Garde und seit einigen
Tagen auch Herr über diesen Haufen Schutt hier. Ich hoffe ihr erwartet nicht zu viel. Außer Sonnenbrand haben wir bisher nicht viel gefunden…“
abschuetze Seite 21 ist was doppelt :)) und gleich weiter zum nächsten Kapitel. LG von Antje |
EagleWriter Danke für den Hinweis. lg E:W |
Terazuma Hi Eagle! So, jetzt sind wir endlich auch bei Erik angelangt. Das rote Tal ist wirklich beeindruckend. Jedenfalls beschreibst du es dahingehend und es wirkt alles wie eine gigantische Ausgrabung aus einem Indiana Jones Film.^^ Ich hätte jedenfalls sofort Lust dort mitzumischen.^^ Aber wo sind nur Cyrus und Eden? Und vor allem: was sucht Erik dort bloß so verbissen?^^ LG Tera |
EagleWriter Fragen, die ich im nächsten Kapitel beantworte. Also was Eden und Cyrus angeht, die sind gar nicht so weit weg ^^ Und was er da sucht... hat ein wenig mit ihm selbst zu tun. ^^ lg E:W |