Kurzgeschichte
Ein Tag zweiter Wahl

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"Ein Tag zweiter Wahl"
Veröffentlicht am 10. Februar 2016, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Ein Tag zweiter Wahl

Ein Tag zweiter Wahl


Es war so ein Tag wie ihn wohl jeder schon einmal erlebt hat. So ein gebrauchter Tag. Ein Tag mit beschissenen Nachrichten, spaßigen Tollpatschereien und überaus nervenden Zeitgenossen die mir via Telefon Firlefanz verkaufen wollten. Das ging entschieden zu weit.

Ich musste raus hier.

Also rein in die Klamotten und runter auf die Straße, noch schnell ne Kippe geraucht und dann den Bus geentert der mich in Richtung Stammtränke fuhr.

Schön entspannt und mächtig durstig noch schnell n paar Mücken aussem Automaten geleiert und dann rein ins Vergnügen.

Im „Letzten Pfennig“ tanzte der Bär. Nämlich Uwe Bär. Inhaber und Tresenkraft, allein hinter derselben. Ein einziger mir unbekannter Gast leistete ihm Gesellschaft. Wir begrüßten uns:

„Tach du Sack!“

„Moin du Hühnerschrecker!“

„Und… ? Alles gut?“

„Nee, nich wirklich!“

„Bierchen?“

„Jau.“

Wir schnackten ne Runde. So über Lokalpolitik, Fußball, Frauen und das

Wetter. Beim Thema Fußball meldete sich der Fremde mit einem müden „Ooooleeee Ole Ole Olaaaa zu Wort. Danach schlief er ein und ich kippte den ersten Wodka des Abends. Es konnte nur noch besser werden.

Ich verabschiedete mich mit einem gutgemeinten: „Bis die Tage, Arschloch.“ Und ging meiner Wege. Stromerte so rum, von Kneipe zu Kneipe, hier ein Bier da ein Bier, zwischendurch eine kalte Frikadelle und n Wodka um den ekligen Geschmack weg zu spülen.

Das zog sich so hin.

Endlich landete ich in einer äußerst komischen Kellerbar. Rote Tapeten, rote

Samtsessel, ehemals roter Teppich. Der Laden mochte in den fünfziger Jahre erste Klasse gewesen sein, jetzt waren nur noch die Spinnweben unter der Decke erstklassig, Plus die fettigen Dreckklumpen in den Ecken. Die Sessel sind ausgeleiert wie ne 65 - jährige Stripperin und der Teppich is durchgelatscht bis auf den blanken Beton. Der Wirt - ein kleiner Fetter mit Schnurrbart und schlecht sitzendem Toupet, macht einen auf abgebrühten Großstadt - Philosoph; alles gesehen, alles gehört, alles schon mal erlebt.

Nun, mit der Masche konnte er bei mir keinen Eindruck machen. Mit meinem coolsten Lächeln orderte ich meinen

Drink, kippte ihn ohne mit der Wimper zu zucken auf die fadenscheinige Auslegware und bestellte gleich noch einen, den ich dann wie gewohnt runterschluckte. Ich sah mich um. Auf einem Ende der Theke hatte sich eine kleine Gruppe von ollen Typen versammelt. Sie wirkten wie ausrangierte Zuhälter mit ihren Glatzen, den Oberlippenbärten, Goldketten und den fetten Ringen an ihren Wurstfingern. Sie redeten über Staubsauger, Kochrezepte und stritten über die Frage welche Möbelpolitur die Beste sei.

Komische Kerle, dachte ich, vielleicht doch keine verrenteten Luden, sondern

Hauswirtschafter oder Handelsvertreter auf feierlichem Landgang, die nur so taten als ob sie was los hätten.

Ich wollte gerade zu ihnen rübergehen um meine Meinung über Staubsaugende Möbelpolierer kundzutun als unter gewaltigem Geschnatter neues Leben in die Kaschemme schwappte. Es waren zwei Frauen, die eine alt, fett und grausig anzusehen. Die andere geradezu das Gegenteil. Jung, schlank und eine wahre Augenweide. Und ohne Umschweife zog die Olle ihre Nummer ab:

Sie beide, angeblich Mutter und Tochter, wären in wirklich großen Schwierigkeiten, böse Menschen seien

hinter ihnen her und sie wären so gut wie pleite, deswegen benötigten sie eine gewisse Summe an Bargeld. Und weil heute der zwanzigste Geburtstag ihrer angeblichen Tochter sei, und deswegen ein Glückstag für uns, würde eine Nummer mit ihr (also der Tochter, der angeblichen) nur lausige 50 Euro kosten…

Das war ne äußerst lahme Story und ich hörte schon gar nich mehr richtig hin, beguckte mir nur diese beiden Gestalten. Die fette Olle roch nach Bund deutscher Mädel und altem Frittenfett, nach Schweiß und unterschwelligem Hass. Ihre Unterlippe hing leblos herunter während ihr Kinn Beutegierig

zitterte. Unterdessen warf sich die Kleine in Pose, stolzierte herum, wackelte zu den alten Knackern hin und ließ sich ein wenig anfassen, wobei sie „Hallohallo“ zwitscherte. Sie war so ein richtig knuspriges Stück Frau, elastisch und anschmiegsam, hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mit der widerlichen alten Schachtel. Und fast wäre ich in Versuchung geraten ihr Angebot anzunehmen…

Doch nein, lieber nicht. Ich war und bin kein Puffgänger. Das hat wenig mit allgemeingültigen Sittlichkeitsvorstellungen zu tun. Mir ist das Gesamtkonzept Prostitution und alles was damit zusammenhängt einfach

zuwider. Außerdem halte ich mich wie viele andere Männer auch - für einen Kerl, der glaubt für Sex nichts bezahlen zu müssen.

Und das war ´s dann. Ich trank aus, zahlte und trollte mich. Stieg in die S Bahn Richtung Heimstätte und grübelte. Diese beiden Weiber gingen mir nich mehr aussem Kopp. Ich fragte mich tausend Sachen. Wie waren sie wohl aneinander geraten? Wieso zogen sie diese dämliche Nummer ab? Was hielt sie zusammen? Und warum klebte diese Kleine an der ollen Schabracke?

Warum taten sie das? Ging es ihnen ausschließlich ums Geld? Geld, dass sie dafür kassierten das fremde Männer ihre

Schwänze in sie reinsteckten.  Oder war da mehr? Sicher, so stellte ich mir vor, war es einfacher für die Kleine mit einem fetten Schutzengel an ihrer Seite ihrer Arbeit nachzugehen. Vielleicht hegten sie ja auch tiefere Gefühle füreinander? Wer weiß das schon?

Und waren es wirklich nur meine ach so ehrenvollen moralischen Bauchschmerzen, die mich davon abgehalten hatten die Kleine zu vögeln?

Ich war mir nicht sicher. Dachte nach und drüber. Versuchte mir einzureden, dass ich nicht die Schuld trug an ihrer Situation. Doch ich hatte auch nichts getan sie davon abzubringen. Hatte nichts gesagt, nichts getan.

Doch ich würde etwas tun. Das war mal sicher.

Ich würde sie missbrauchen. Alle Beide. Und ohne jegliche verquere moralische Bedenken. Ich werde sie missbrauchen, gebrauchen. Ohne dafür zu zahlen. Und nur aus dem einen Grund. Um eine ziemlich öde Story etwas aufzupeppen. Einfach so und ohne mit der Wimper zu zucken. Machte mich das nicht zu einem noch größeren Verlierer und Arschloch als irgend so ein Kerl, der einfach seinen Gelüsten freien Lauf gelassen hat und dafür bezahlte?

Ich bin mir immer noch nicht sicher.




Text: harryaltona


 

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tooshytowrite Nö, macht es nicht!
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Na... ein Glück für mich!
Tausend Dank, Tooshy!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Da bin ich doch jetzt auch hängengeblieben.
Dein Schreibstil ist einfach köstlich und macht die Dramatik des ganzen gut erträglich. Du kriegst sehr gut die Kurve auf diesem schmalen Grat.
Dazu hat dein Hamburger Dialekt liebe Erinnerungen geweckt. Mein Dad ist gebürtiger Hamburger und hat in seinen guten Zeiten manchmal so gesprochen.
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Tausend Dank für das Lob, Sabine.
Und deinen Daddy find ich jetzt schon symphatisch.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Himbeere Bin gerade zu müde um alles noch lesen zu können, PC muss mal runter, aber Du bekommst schonmal paar coins und ein Lesezeichen : D . Was ich las hat mir nämlich schon sehr gefallen. to be continued! LG Himbeere : )
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Das ist lieb, Himbeere. Und ich wünsche eine gute Nacht, und weiterhin kreative Lebensgeister.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Himbeere Zuendegelesen - gerne - und interessantes Ende gefunden, ja, auch das immer wieder bedenkenswert finde ich , ob, wann und wo man selber eigentlich doch grösseres Arsc***** als gedacht ist.: ) LG Himbeere.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ja genau, Der Zweifel nagt ausdauernd.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Boris Gut beschrieben
Szene live
man bekommt richtig Durst!

LG Jürgen
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Dann mal Prost!
Tausend Dank, Jürgen.
lg... harryaltona
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