Humor & Satire
Verbote

0
"Verbote"
Veröffentlicht am 06. Februar 2016, 10 Seiten
Kategorie Humor & Satire
© Umschlag Bildmaterial: antoshkaforever - Fotolia.com
http://www.mystorys.de
Verbote

Verbote

Bevor ich den Stadtpark betrat, las ich sorgfältig eine Tafel, auf der geschrieben stand: Zuwiderhandlungen der auf den Verbotsschildern des Parks geforderten Verbote sind verboten.

Im Vollbewusstsein meiner Unfehlbarkeit betrat ich die große grüne Insel inmitten des Stadtkerns.

Kaum hatte ich sie betreten, bannte meinen Blick ein Schildchen mit der Aufschrift: Betreten der Rasenflächen verboten!  

Sehr vernünftig, dachte ich mir, welche Qualen müssten die zierlichen Grashalme erleiden, würden sie rücksichtslos zu Boden getreten. Damit die Schritte der Personen, die dieses

Verbot missachtet hatten, endgültig gebremst werden, verbot ein entfernter stehendes Schildchen das Pflücken von Blumen. Auch das fand ich richtig, denn wie farblos würde der Park anmuten, würde jeder verliebte Galan Blumen für die Angehimmelte brechen. Damit sich der Reiz des Stadtparks auch anderweitig zeigte, verbot ein Verbotsschild einige Meter weiter das Verunreinigen rein zu haltender Flächen. Um das auch den Sitzgelegenheiten angedeihen zu lassen, las ich bald darauf: Benetzen der Parkbänke mit Spucke verboten!     

Ganz unverzichtbare Verhaltensmaßregeln lobte ich im Stillen

die Gründlichkeit der städtischen Parkschutz- und Verbotsbehörde. Mit gehobenem Wohlgefühl schritt ich weiter. Zufrieden ließ ich meine Blicke rundum gleiten. Sie drangen auch in das dichter werdende Buschwerk rechts des Weges. Dabei sah ich eine Person, die sich ihres Urins am Stamme einer Eiche entledigte. Da sie das stehend tat, war sie zweifelsohne ein Mann. Entrüstet ging ich auf ihn zu und stellte ihn mit Verweis auf ein nebenstehendes Schildchen zur Rede. Da er aufgrund hoher Alkoholisierung nicht in der Lage war, das Verbot zu lesen, ließ ich es ihn hören: Verrichten der Notdurft in flüssiger oder fester Form an, in oder auf

Parkbeständen verboten!

Er grinste geistlos und wankte davon. Zwei lustwandelnde Damen drückten laut aufschreiend ihr Entsetzen über den unverschlossenen Hosenstall des Mannes und des aus ihm hängenden Geschlechtsteils aus. Ich sah mich genötigt, sie auf den Text eines Schildchens aufmerksam zu machen, den sie schamhaft errötend halblaut lasen: Die Sangeslust der Vögel ie Sangeslust der Vögel durch durch störendes Rufen oder Schreien Rufen oder Schreien ist verboten!

Von fern her vernahm ich das Klappern eines Klapperstorchs. Es war der vom Rat der Stadt für die kostenlose

Zustellung von Babys in Dienst gestellte Vogel, der in Nähe des von Fröschen bewohnten Parkteichs seinen Wohnort bekommen hatte. Zu dieser Maßnahme sah man sich wegen des dauernden Streiks der Post gezwungen. Die Damen verstanden den Ruf des Babybringers und eilten, ihm nahe zu kommen. Vielleicht wollten sie eine Bestellung aufgeben.

Ich lenkte lächelnd meine Schritte in Richtung des Venustempels, eines runden auf vier Säulen ruhenden grünspanbesetzten Kupferdachs, an das Schrottdiebe noch nicht Hand angelegt hatten. Deshalb nicht, weil ihnen das ein Schild verbot, auf dem notiert war:

Entwenden des Kupferdachs, auch in Teilstücken, strengstens verboten!

Ich durchschritt den Tempel mit dem Wunsch auf den Lippen, Venus möge mir, gleich in welcher Haarfarbe und Busengrüße endlich einmal erscheinen. Sie erschien in Gestalt einer uniformierten Parkwächterin, die das ungenannte Alter einer Frau längst überschritten hatte. Sie fragte mich, ob ich an dieser Stätte sittlicher Enthaltsamkeit schon unzüchtige Gedanken gehegt und entäußert habe. Ich verneinte aufatmend, da sie meinen voran gelispelten Wunsch nicht vernommen hatte. Um der Wichtigkeit ihrer Person Nachdruck zu verleihen,

klappte sie ein Pappschild auf ihrer gering entwickelten Brust um und ich las: Unzüchtiges Berühren oder Befragen der für die Befolgung der Parkverbote verantwortlichen Personen verboten!

Ich kehrte mich ab von ihr, die auch ohne dieses Schild keine Berührungsängste hätte hegen müssen.

Beeindruckt von der deutschen Verbots-Vielfalt verließ ich den Venustempel und begab mich zum Ausgang des Parks, seinem Eingang genau gegenüber liegend. Auch ihn hatte man mit einem Schild drapiert. Es gab dem den Park verlassenden Besucher ein befreiende Gefühl folgenden Wortlauts mit:

Die strikte Befolgung der Parkverbote war nicht verboten! Wir danken Ihnen für den zwanglosen Aufenthalt und das Verlassen!

0

Hörbuch

Über den Autor

dede

Leser-Statistik
5

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Ameise Schilderwald lässt grüßen. Lg Ameise
Vor langer Zeit - Antworten
Himbeere Da fühlt man sich ganz behütet und befreit :D . LG Himbeere
Vor langer Zeit - Antworten
Gast So ist's. Die deutsche Bürokratie macht auch in Parks nicht halt.
LG dede
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
3
0
Senden

140700
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung