Der alte Baum
 
Als zartes Pflänzchen fing es an -
erste Atemspuren und staunende Entdeckungen
breiteten ihre Entfaltungsflügel wunderbar aus.
Es wuchs heran  wurde groß und erwachsen.
Stetig sammelte es Erlebnisse, Begegnungen
und Erfahrungen kunterbunt in seinem Seelenherzen.
Die Wurzeln reichten tief in Mutter Erde hinein,
der starke Stamm schenkte allen Ästen
Stand  damit sie sich individuell ausbreiten konnten.
Manche versuchten mutig den Himmel oder
Horizont zu berühren.
Geschnatter, gepiepse, Lachen  Worte  Dialoge
im freudig blühenden Dasein.
Familie  Freunde  Bekannte reicherten es an.
Unterschiedlich gefärbte
Sommer-Herbstkleider
fanden Beachtung und Freude.
Im Zutrauen des Wandel jede Jahreszeit 
vollkommen gelebt.
Viele Jahresringe legten sich fast still
um den Baum, der nun manchen 
Abschied traurig hinnehmen musste von 
liebgewonnenem Vertrautem.
 
Die grün beliebten Flächen
des Miteinanders lichteten sich auf natürliche Weise.
Die Sonne schien einzig keinen Alterungsprozess 
zu kennen.
Ruhiger und beschaulicher vergingen nun die
viel länger gefühlten Tage.
Blattworte wenig gewechselt  mit wem auch…
Hastend gestresste Gestalten auf eigenen Wegen unterwegs.
Nachdenklich oft einsame Herzaugen 
sahen der Welt
zu,
zurückgelassen ja ausgeschlossen vom aktiven Wir.
Der Alltag trägt ein starres Grau  die Zeigeruhr 
rennt im Marathon
dem Leben davon  es bleibt eine Erinnerungsneige
 im Gegenwartsglas zurück.
Die frischen Blumen-Baum-Erdgerüche 
eingetauscht 
 nicht freiwillig -
in Krankheitsschatten und Bedürftigkeitsasphalt.
Darin allzu oft allein zurück gelassen  
Schweigen und Leiden
formen Hautmauern, Gefühle bröseln  
Lebensmut verblasst.
Zweifelsblüten erlangen Atembeete - Ängste gewinnen Wolkenkraft.
Der ewig wiederholende Lebenskreis 
schließt sich mit 
zu wenig LIEBESLICHT, Zugewandheit
 und Verständnis.
Geblätterte Austauschbänke mit Zeitquellen 
realen zusammen Kommens
brauchen stärke Menschensamen. 
Bevor das letzte Blatt verweht ins Nirgendwo.
Loraine
2016