Einleitung
Seitdem Galrens Vater vor 20 Jahren auf einer Expedition verschwand, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Dies ändert sich schlagartig, als eines Tages ein Fremder in seinem Haus auftaucht und ihm eine Karte übergibt, die ohne Zweifel die Handschrift seines Vaters trägt. So macht er sich schließlich auf, die Route nachzuvollziehen, die dieser vor zwei Jahrzehnten genommen hatte, unwissend, das er dabei längst Teil eines viel größeren Spiels ist, das vor über einem Jahrtausend begann.
Bildquelle wandersmann / pixelio.de
Epilog
Einige Wochen später…
Zachary de Immerson saß auf den Stufen vor dem Rabenkopf. Der Schnee, der die Hügel um die Stadt zu seinen Füßen bedeckte, schmolz langsam. Der Sommer würde bald Einzug halten und auch die eisigen Böden um Silberstedt etwas aufwärmen. Es könnte ein gutes Jahr für die Bauern werden, die endlich einmal eine vernünftige Ernte erwarten durften. Doch das war es nicht, was ihn
beschäftigte.
Einige Raben flogen auf, als er sich erhob und an die Treppe herantrat, die hinab in die Siedlung führte. Nein es gab wichtigere Dinge, die ihn im Augenblick beschäftigten. In der Stadt gab es Unruhe. Flüstern und Gerüchte über den heiligen Mann im Süden, der einen neuen Glauben mit sich brachte. Doch auch das beunruhigte ihn wenig. Neue Religionen erhoben sich und verschwanden stetig. Alleine die Zwerge würden bereits ihre Götter mitbringen, sollte der Kaiser ihnen gestatten zu bleiben und ein Stück Land für sich zu beanspruchen. Es war eine angespannte Situation, grade nach dem Verrat ihres
Königs. Aber er kannte Kellvian. Wenn jemand es schaffte, den Frieden dabei zu wahren, dann hoffentlich er.
Nein, was ihn beschäftigte, war das Amulett in seiner Hand, das er zusammen mit den neusten Nachrichten aus Canton erhalten hatte. Die Träne war wieder zu ihm zurückgekehrt, doch nicht unter Glücklichen Umständen.
Eine Windböe kam auf, während er die Zeilen erneut durchginge, geschrieben von einer zittrigen Hand, die wohl Armell gehören musste. Der Wind brachte den Geruch von Schnee und das ferne Krächzten der Raben mit sich, die das Anwesen umflogen. Und wenn er genau hinhörte, meinte er sogar, leises
flüstern und einige Worte darin zu verstehen.
,,Hast du also gefunden, was du gesucht hast, mein Schüler ?“ , fragte er und der Wind schien seine Stimme mit sich zu nehmen. Eine Antwort bekam er nicht. Doch sein Gefühl sagte ihm, dass es so war.
,, Er ist nur ein Junge.“ , meinte eine Stimme neben ihm. Die Gestalt von der sie stammte, war durchscheinend wie Eis oder ein Sonnenstrahl und selbst Zachary musste sich anstrengen, damit er sie von ihrer Umgebung unterscheiden konnte. Würde sie jemand belauschen, er würde wohl glauben, der Zauberer spräche mit sich
selbst.
Die Züge des Geists neben ihm wirkten feiner als bei den meisten Menschen und die Ohren spitzer. Scharf geschnitten, schienen sie einem nicht allzu lange verschwundenen Hochmut zu verraten. Silbergraue Haare wehten in einer unsichtbaren Briese, der eigentlichen Windrichtung entgegen. Hätte man sich hier noch täuschen können, es mit einem Menschen zu tun zu haben, so veränderte ein einziger Blick in seine Augen das. Die Pupillen waren fern jedes Menschlichen, sondern verliefen in vertikalen Schlitzen fast wie bei manchen Gejarn.
,, Und das von euch, Ismaiel ? Ich
dachte er bedeutet euch etwas.“
,, Wenn ich mich irre, wo ist er dann jetzt ?“ , antwortete Zacharys gegenüber mit einer Gegenfrage.
,, Ich weiß es nicht…“ , gestand er leise. Begleitet vom Flüstern des Winds und den ganz eigenen Stimmen, die ihn plagten, machte Zacharys sich langsam auf dem Weg zurück zum Anwesen. Seine Spuren im schmelzenden Schnee schwanden dahin, noch ehe er die Tür erreicht hatte…