Kurzgeschichte
Jane

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"sie war meine einzige wahre Freundin. es macht mich immer noch traurig, wenn ich an sie denke"
Veröffentlicht am 09. Dezember 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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sie war meine einzige wahre Freundin. es macht mich immer noch traurig, wenn ich an sie denke

Jane

Titel

Man kann es halten, wie Nolte. Aber Nolte ist tot. Wir hatten oft telefoniert. Meist war sie dann in Tränen gewesen. Sie sah nur das Gute im Menschen. So auch in ihrem Mann, der nach dem Verlust seines Jobs dem Alkohol verfiel. Anfangs hielt es sich noch in Grenzen. Doch ziemlich schnell trank er immer mehr und immer öfter. Jeden Tag trank er mehrere Flaschen Bier und mindestens eine große Flasche Kräuter. Wenn er getrunken hatte, war er nicht mehr ansprechbar. Seine Gefühle hatte er schon immer für sich gehalten. Hatte

nie gelernt darüber zu reden. Wollte es auch nicht anders. Seine Frau litt darunter und er bemerkte es nicht. Oder es war ihm scheißegal. Ich bin mir bis heute nicht ganz sicher. Ab und zu schien er ihr zu zeigen, das er sie noch liebte. So hatte ich es von ihr verstanden. Vielleicht hatte ich es auch falsch verstanden. Ganz deutlich war sie eh nie zu hören. Gründe dafür waren Empfangsprobleme und ihre Tränen erstickten so manches Wort. Ab und zu kam es vor, das sie sich mit anderen vereinte, weil sie es zu Hause nicht bekam. Meiner Meinung nach suchte sie Trost. Leider passte sie nicht auf. Zu ihrem Glück war nie etwas

passiert. Hatte sie sich nie mit irgendwelchen Krankheiten angesteckt. Bis auf das letzte Mal. Es war kurz bevor ihr Mann mit ihr geschlafen hatte. Ob ihrem Mann der große Treffer gelungen war, oder dem anderen, hatte sie nie herausgefunden. Meine Vermutung ist, das es der andere war. Aus folgendem Grund: Etwa zwei Monate nach der Empfängnis plumpste eine weiße Masse aus ihr heraus. Vor Jahren war es ihr schon einmal passiert. Das war vor ihrem Mann gewesen. Da hatte sie mit dem Selben Typen geschlafen, mit dem sie als letztes ihren Mann hintergangen hatte. Als sie ihrem Mann sagte, das sie das

Kind verloren hat, schubste er sie nur zur Seite und meinte, das es ihm egal sei. Ob er geahnt hatte, das sie ihm untreu war? Oder ging es ihm nah und er wollte es nicht zeigen? Obwohl sie wusste, das der Mann ihr nicht gut tat, zog sie gemeinsam mit ihm um. In der Hoffnung, das er sich ändern würde. Das er wieder zu dem Mann wird, in den sie sich einst verliebt hatte. Doch ihre Hoffnungen starben sehr schnell. Es wurde eher schlimmer. Eines Tages machte sie sich den weiten Weg zu mir. Völlig aufgelöst stand sie vor meiner Tür. Ich war überrascht, denn ich hatte nicht mit ihrem Besuch

gerechnet. Lange hatte sie sich ausgeweint und alles von der Seele geredet. Dann bat sie mich um etwas. Wobei bitten nicht das richtige Wort dafür ist. Flehen, passt besser. Ich hatte versucht, es ihr auszureden. Aber ich fand keine rechten Gründe. Ich wusste ja, wie sie sich fühlte. Mir ging es meist ähnlich. Daher schaffte sie es mit ihren Argumenten und ihren Emotionen, mich dazu zu bringen es zu tun. Ehe ich es mich versah, rammte ich ihr ein langes, scharfes Messer in ihr Herz. Bis heute ist mir unklar, wie genau sie es geschafft hatte, mich dazu zu bringen. Schließlich war sie meine

einzige Freundin gewesen. Sie nahm mich, wie ich bin. Versuchte mich nicht zu ändern, wie andere. Jetzt, nach dem ich den Vorfall noch einmal durchlebe, frage ich mich, ob sie mich doch nicht irgendwie verändert hat. Schließlich hatte sie mich dazu gebracht, sie umzubringen. Die einzige Person, bei der ich mich verstanden fühlte. Nun sitze ich hier im Knast, wegen Mordes. Es ist nicht weiter schlimm. Draußen hatte ich so wie so niemanden mehr. Meinen Kontakten war ich nicht wichtig. Sie meldeten sich nur bei mir, wenn kein anderer für sie Zeit hatte. Und die Frau, die ich liebte, hatte auch

nichts mehr für mich übrig gehabt. Der Knast hilft mir, ganz von ihr loszukommen. Nicht mehr an sie zu denken. So gesehen, hatte meine einzige Freundin mir einen Gefallen getan. Wenn ich sie nicht umgebracht hätte, wäre ich nicht in den Bau gekommen und würde immer noch um eine Frau kämpfen, die es nicht wert war, das man um sie kämpft.

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