Seitdem Galrens Vater vor 20 Jahren auf einer Expedition verschwand, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Dies ändert sich schlagartig, als eines Tages ein Fremder in seinem Haus auftaucht und ihm eine Karte übergibt, die ohne Zweifel die Handschrift seines Vaters trägt. So macht er sich schließlich auf, die Route nachzuvollziehen, die dieser vor zwei Jahrzehnten genommen hatte, unwissend, das er dabei längst Teil eines viel größeren Spiels ist, das vor über einem Jahrtausend begann.
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Anfangs hatte Elin noch gehofft, schnell einen Ausweg für sich zu finden, doch je mehr Zeit verging, desto klarer wurde ihr, das Kasran alles andere als dumm war, so freundlich er sich nach außen auch geben mochte. Doch davon lies die Gejarn sich noch lange nicht abschrecken. Nach wie vor, das perfekte Gefängnis gab es nicht und das hier war ein Haus mit dutzenden von Gängen, Türen und Fenstern, keine Festung. Mehr als genug Möglichkeiten unbemerkt zu verschwinden, wenn sich die Gelegenheit bot. Weder der Thane noch Algim
konnten sie ständig im Auge behalten und wenn die beiden glaubten sie würde schlicht ruhig bleiben, hatten sie sich verschätzt. So dachte sie da zumindest noch. Drei Tage war sie nun hier eingesperrt und ihre Hoffnungen waren zunehmend kleiner geworden. Zuerst hatte sie versucht, sich durch die Gärten zu schleichen. Das Anwesen zu verlassen war dabei noch ihre leichteste Übung. Sicher, es gab viel Personal und sich unerkannt von einem Stockwerk ins andere zu bewegen erforderte mehr als etwas Planung, aber wenn man einmal eine Lücke im Zeitplan von Soldaten und Dienern des Hauses fand kam es nur
noch darauf an schnell genug zu sein. Draußen jedoch stieß sie bereits sofort auf das zweite Hindernis, die Teiche die um das Haus herum verliefen. Wollte sie nicht schwimmen und die Wasserfläche bot keinerlei Deckung, musste sie über den schmalen Steg, der von der Tür des Anwesens zur Mauer führte. Und dieser war genauso wie die Ufer bewacht. Auf den ersten Blick wäre ihr das halbe Dutzend Posten, die in den Schatten unter Bäumen und Sträuchern versteckt standen, fast entgangen. Das tödliche Glitzern von Stahl jedoch warnte sie grade, bevor sie noch den Weg über die Brücke riskieren konnte. Die Männer hatten sie sofort entdeckt und lauerten,
Armbrüste im Anschlag und mit eingelegten Bolzen darauf, das Elin versuchte an ihnen vorbei zu kommen. Die Worte des Thanen kamen ihr wieder in Erinnerung… und sie bezweifelte, dass Kasran nur bluffte. Entdeckte man sie, war sie tot oder man würde sie zurück ins Haus schleifen, diesmal in Ketten. Und auch nachts wurde es kaum besser, dann erleuchteten hunderte von Laternen das gesamte Gelände, die es fast unmöglich machen würden, sich zu verbergen. Nein, wenn sie hier in einem Stück raus wollte, schied der direkte Weg aus. Später in derselben Nacht versuchte sie,
auf das Dach des Hauses zu gelangen. Zwar konnte Elin von den Fenstern zweiten Stock aus das leicht überstehende Dach erkennen, aber nach oben zu gelangen war dann doch etwas ganz anderes. Erneut musste sie aufpassen, dass grade keiner von Kasrans Angestellten in der Nähe war, aber spät abends schien das Haus beinahe ausgestorben. Die Dienerschaft und auch die schweigende Leibwache des Thanen bezogen ihr Quartier in einem kleinen Wirtschaftsbau ganz am anderen Ende des Anwesens. Sich danach aus dem Fenster zu schwingen um nach der etwas vorstehenden Dachkante zu greifen war
da schon riskanter. Einen Moment hing die Gejarn in der Schweb, ihre Füße noch auf der Steinbank des Fensters und ihre Hände nach Halt auf den glatten Schindeln kratzend. Dann bekam sie die Regenrinne zu fassen und lies zu, das ihre Füße den Halt verloren. Elin spähte hinab in den Garten, während sie sich rasch nach oben und damit in Sicherheit zog. Wenn einer der Posten dort unten sie sah, wäre alles vorbei. Doch nichts geschah und die Gejarn gelangte sicher auf das Dach des Anwesens. Viel nützen tat es ihr nicht. Elin musste feststellen, dass die nächsten Gebäude viel zu weit weg waren um einen Sprung zu riskieren. Das und die meisten waren so
niedrig, das allein der Sturz ihre Knochen brechen würde… Sicher, sie käme vielleicht hier raus, läge dann aber mit einem gebrochenen Bein auf einem Flachdach ohne zu wissen wo genau sie war und ohne die Möglichkeit sich in Sicherheit zu bringen… Fast wäre sie versucht gewesen, es trotzdem zu tun. Elin fühlte sich unter den stummen Diener und Wachen des Thanen nur zunehmend isoliert und die Männer und Frauen waren Aufmerksam als hinge ihr Leben davon ab. Vermutlich tat es das sogar. Von Kasran hingegen sah sie Tag zu Tag weniger und der war der einzige, der Überhaupt mit ihr sprach. Das hieß
neben Algim und der begnügte sich meist mit einer kurz angebundenen, wütenden Antwort. Der Thane hatte einmal gemeint, das Algim eben nur die Faust und nicht der Kopf seines Hauses sei, aber Elin nahm das nur als Anlass, ihm noch mehr aus dem Weg zu gehen, wenn möglich. Sie hatte den Mann erlebt und selbst wenn nicht, er hatte etwas an sich, das dafür sorgte, das sich ihr das Fell streubte. Sie war wahrhaftig gefangen… Eine Weile saß Elin nur auf dem Dach, während die Sterne am Himmel langsam verblassten und haderte mit sich. Das war die beste Möglichkeit zur Flucht, die sie bisher hatte… Das war
Selbstmord, erwiderte eine andere Stimme. Seltsam nur, das sie bisher absolut nichts von den anderen gehört oder gesehen hatte. Ihr war durchaus klar, was Kasran mit ihr bezweckte, aber das Galren und die anderen das so einfach hinnahmen… damit hatte die junge Gejarn tatsächlich nicht gerechnet. Zumindest das Haus beobachten würden sie doch, dann konnte sie auch riskieren sich etwas zu brechen. Aber darauf kannst du dich nicht verlassen, sagte sie sich selbst. Wenn sie sich verschätzte, würde sie nur wieder gefangen werden und diesmal ohne sich überhaupt noch bewegen zu können.
Nein. Nur weil sie bisher keinen Ausgang gefunden hatte, hieß das nicht, dass es keinen gab. Zumindest redete Elin sich das selbst ein, als sie schließlich Aufstand und wieder ins Innere des Anwesens kletterte. An Schlaf war für sie ohnehin nicht zu denken und so wanderte sie nur unruhig von einem Ende des Hauses zum anderen. Die Sonne begann grade erst aufzugehen, als Elin schließlich die große Treppengallerie erreichte, durch die Kasran sie am ersten Tag geführt hatte. Frustriert setzte sie sich schließlich auf die Stufen und sah durch eines der kleinen Fenster hinaus in den
Garten. Die ersten Sonnenstrahlen fanden ihren Weg zwischen dem dichten Blätterwerk der Weiden hindurch und spiegelten sich auf den Teichen. Der Geruch von geschnittenem Gras, den der Wind durch das offene Fenster wehte, mischte sich mit dem von vulkanischer Asche. Elin wusste später nicht mehr genau, wie lange sie so dasaß und vermutlich war sie schließlich doch kurz eingeschlafen. Als sie hochschreckte war es draußen bereits um einiges heller. In der Ferne konnte sie das Klirren von Geschirr und das Rufen der Dienerschaft hören, die sich bereits daran machten, das Frühstück vorzubereiten. Aber das war
es nicht, was sie geweckt hatte… Elin streckte sich und warf einen Blick auf ihren Kribbelnden Handrücken. Ein runder Käfer von der Größe eines Fingernagels hatte sich darauf niedergelassen, rot mit dunklen Punkten. Seltsam, sie hatte hier bisher noch keinen davon gesehen. Tatsächlich waren ihr hier kaum Tiere aufgefallen. Aber die großzügigen Parkanlagen, welche die ganze Stadt durchzogen mussten wohl auch einigen davon Zuflucht bieten. Elin wollte das Insekt schon abschütteln, als es plötzlich seine Form veränderte. Aus dem Käfer wurde ein winziger Vogel, der sich ohne Scheu in ihrer Handfläche niederließ und sie neugierig
ansah. Diese dunklen Augen wirkten um einiges zu Intelligent für ein Tier… ,, Sentine ?“ , fragte Elin ungläubig und ihre Stimme überschlug sich fast. ,, Bist du das wirklich ?“ Und wichtiger, was machte sie hier? Der kleine Vogel stakste Unruhig von einem Bein aufs andere, wie um ihr zuzunicken, dann flatterte er bereits wieder auf und lies sich auf ihrer Schulter nieder. Als Elin nach wie vor sitzen blieb wo sie war, zwickte Sentine sie kurz in den Hals nur um dann erneut auf und ab zu hüpfen. Fast konnte man meinen, der Vogel wäre genauso frustriert mit ihr, wie sie über ihre Unfähigkeit einen
Ausweg… Elin sah zu Sentine. Das war verrückt. Und doch rückte es das Verhalten des Vogels in ein völlig neues Licht. Bei jedem Hüpfer wanderte sie ein Stück weiter nach links. In Richtung der Stufen in Elins Rücken… ,, Da runter ?“ , fragte sie vorsichtig und als wollte das Wesen seine Erleichterung zum Ausdruck bringen, das sie endlich verstand, flatterte es erneut auf und landete auf dem Treppengeländer. Elin zuckte mit den Schultern. Was hatte sie groß zu verlieren. Außer etwas Selbstachtung weil sie einem Vogel
vertraute… Rasch hastete sie die Stufen hinab. Sentine machte sich derweil einen Spaß daraus, bis zum höchsten Punkt des Treppenhauses zu fliegen nur um sich dann wieder auf ihre Höhe fallen zu lassen. Noch schlief der Großteil des Hauses, aber das würde sich bald ändern und dann wäre es schwer zu erklären, wieso sie einem Spatz hinterherlief. Elin sollte jedoch nicht weit kommen. ,, Wer hat den verdammten Vogel hier hereingelassen ?“ , schallte eine Stimme von weiter oben und ihr blieb fast das Herz stehen, als Algim nach Sentine schlug. Diese war jedoch bei weitem flinker als er und flatterte nur zu einem
sicheren Fensterplatz in luftiger Höhe. Der Marschall spähte derweil zu Elin hinab und sein Gesicht wurde düsterer. ,, Und vielleicht verratet ihr mir, wo ihr hinwollt ?“ Algim kam die Stufen mit gemächlichen Schritten hinab. ,, Euer Thane hat mir erlaubt mich im Haus frei zu bewegen, oder ?“ , erwiderte sie, nicht ganz so bissig wie sie ursprünglich gewollt hatte. Wie lautete das Sprichwort ihres Vaters? Es konnte immer schlimmer kommen. Der Zwerg hätte sich keinen ungünstigeren Moment zum Auftauchen aussuchen können. ,, Sicher, aber ich sehe ihn hier
nirgendwo… ihr etwa ?“ , fragte Algim und der Ton in seiner Stimme wollte ihr überhaupt nicht gefallen. ,, Mein Thane scheint einen Narren an euch gefressen zu haben und ich weiß noch immer nicht, was er eigentlich plant. Glaubt jedoch nicht, das uns das allen so geht. Ihr habt nichts als Ärger mit euch gebracht, seid ihr in dieser Stadt aufgetaucht seid und das, wo wir hier Jahrhunderte geschützt waren. Aber kaum taucht zum ersten Mal ein fremder hier auf, bricht das Chaos aus…“ ,, Wir sind es nicht, die hier das Problem sind.“ , erwiderte Elin. Ein Teil von ihr wusste, dass es sinnlos war mit dem Mann zu reden. Sie sollte ihn
schlicht ignorieren und warten bis er endlich ging, aber… sie konnten doch nicht alle so blind sein? ,, Eure Wasservorräte gehen zur Neige, Algim. Ob ihr mir nun glaubt oder nicht, aber in dieser Stadt gibt es keine Zukunft für euch.“ Zumindest nicht wenn sie sich nicht zusammenrissen. Gemeinsam fanden sie ja vielleicht eine Lösung, aber so zerstritten wie alle hier waren… Nein, niemals. Und das würde ihr Ende bedeuten. ,, Oh ja natürlich.“ Algim lachte. ,, Sonst noch etwas, vielleicht eine Lüge, die nicht ganz so… verzweifelt ist ?“ Vielleicht würde Kasran ihr eher zuhören, dachte Elin. Und ihr zumindest
Gelegenheit geben, sich zu erklären. Aber sie hatte den Mann seit Tagen nicht gesehen und wenn es nach ihr ginge, wäre sie ohnehin bald hier raus. ,, Glaubt was ihr wollt.“ , erklärte sie. ,, Wenn ihr mich jetzt einfach gehen lassen würdet…“ Elin wollte sich umdrehen und weggehen, aber Algim packte sie am Arm und riss sie grob zurück. ,, Nein, das werde ich nicht. Glaubt mir, wenn der Alte nicht wäre ich würde dafür sorgen, dass keiner von euch diese Stadt mehr verlässt… Wieso eine Bedrohung nur verschieben wenn man sie ausschalten kann?“ Seine Finger gruben sich schmerzhaft in ihren Arm und seine
Nägel ritzten ihre Haut an. Es war, als hätte er es sich zur Aufgabe gemacht sie genau wissen zu lassen, wie wenig sie alle für ihn Wert waren. Aber weder interessierte es Elin noch war sie bereit das länger über sich ergehen zu lassen. Es gab eine Grenze, die ihr Stolz ihr setzte und die hatte der Mann grade übertreten. ,, Lass mich endlich ! „ Mit einem Ruck befreite sie ihren Arm, während sie ihm gleichzeitig eine Faust vor die Brust stieß. Die Finger des Zwergs, die sich in ihre Haut gruben erschlafften und ließen los. Im selben Moment verdrehte sie ihm das Handgelenk und auch die letzte Kraft wich aus dem Griff des Zwergs.
Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, das Elin sich wirklich wehren konnte. Wie auch, sie war kleiner als er und aus Algims Sicht kaum mehr als ein Kind. Der Stoß, den sie ihm versetzte geriet jedoch etwas zu hart. Einen Moment schwankte Algim auf der Treppe sah sie mit weit aufgerissenen, schreckensstarren Augen an… dann verlor er das Gleichgewicht. Seine Hände griffen nach ihr, nach dem Geländer, nach irgendeinem Halt, doch sie wich ihm instinktiv aus. Mit einem Aufschrei stürzte der Marschall die Treppe herab. Sich mehrmals überschlagend konnte Elin das Holz knacken hören, als er aufkam. Es musste
das Holz sein, sagte sie sich. Als sein Sturz schließlich zu einem Halt kam, blieb der Zwerg regungslos liegen, die Gliedmaßen von sich gestreckt. Blut sickerte aus einer Wunde an der Stirn des Mannes und färbte seine schwarzen Haare noch eine Spur dunkler.
Geister, das hatte sie nicht beabsichtigt…
EagleWriter Chaos Incarnate eben ^^ Aber hey, was soll auch anderes dabei rauskommen bei den Eltern lg E:W |
abschuetze Ein Unglück kommt selten allein ... LG von Antje |
EagleWriter Wie mans nimmt. ich weiß nicht ob man das was ich als nächstes Plane wirklich als Unglück bezeichnen kann ^^ lg E:W |
abschuetze Ah ... die Chance zur Flucht :)) |