Fantasy & Horror
Wächter verlorener Vergangenheit (0) - Prolog - Lied der Verzweiflung

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"NaNoWriMo 2015"
Veröffentlicht am 17. November 2015, 8 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich ...bin Österreicherin ...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte ...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist ...lese quer durch viele Genres ...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken
NaNoWriMo 2015

Wächter verlorener Vergangenheit (0) - Prolog - Lied der Verzweiflung

Prolog - Lied der verzweiflung

Im grell aufflammenden Morgenrot eines noch so jungen Tages starb die Nacht einen prächtigen Tod. Die orange leuchtenden Grashalme beugten sich dem sanften Wind und auch das Getreide auf den Feldern hatte ihm nichts entgegenzusetzten, tanzte mit den Zweigen der Apfelbäume, deren Blätter sich bereits bunt verfärbt hatten und von Zeit zu Zeit kraftlos zu Boden segelten, um sich mit dem Farbenmeer zu vereinen, das zu ihren Wurzeln wogte. Das Plätschern eines Baches vereinte sich mit dem Chor des singenden Laubes zu einer harmonisch melancholischen

Melodie, die über die kleinen, gedrängt beieinander stehenden Hütten hinwegschwebte und tiefe Traurigkeit zurückließ. Das Dorf brannte. Mächtiger grauer Qualm bahnte sich fast lautlos seinen Weg durch die bereits beschädigten Dächer und Fenster, kringelte sich ein als wäre er lediglich einer Herdstelle entsprungen und stieg weiter zum Himmel auf, wo sich bereits eine graue Schicht gebildet hatte, die inzwischen begann das gerade erst erwachende Sonnenlicht daran zu hindern, zum Boden durchzudringen. Das Feuer knisterte leise, während es das trockene Holz verschlang. Nichts rührte

sich. Kein Leben. Mit hastigen Flügelschlägen bahnte sich eine Schwalbe den Weg durch die Rauchschwaden. Der kleine Vogel flatterte angestrengt, ließ in unregelmäßigen Abständen einen lieblichen Laut erklingen, in dem bittere Verzweiflung mitschwang. Denn das Tier war allein, durch die Kriegswirren von seinem Schwarm getrennt worden, von allen verlassen. Kraftlos ließ sie sich auf einem der bereits kahl gewordenen Zweige nieder, zuckte unruhig mit dem Kopf, hielt nach Vertrautem Ausschau und sah doch nur Tod und Zerstörung. Die Welt hatte sich geändert, war zu etwas Bedrohlichem geworden, zu einem

Ort der Furcht, einer Grotte des Hasses, einem Meer aus Verzweiflung. Allein konnte keiner lange überleben und zusammen wollte man es nicht. Mutlos schüttelte die Schwalbe ihr Gefieder und stimmte einen letzten Gesang an, so voller Trauer und Schmerz, dass er die Wolken zum Weinen brachte. Eine Himmelsträne klatschte auf einem heißen Stein auf und verdampfte in wenigen Herzschlägen. Dann trommelten die Tropfen auf die Erde nieder, schlugen gegen die wenigen noch erhaltenen Fenster und stürzten sich durch die Löcher im Dach auf das Feuer, das sich zischend und fauchend wehrte; vergeblich.

Und als das letzte Glutnest gelöscht war, verstummte der Vogel mit einem Mal als hätte er das Singen schlagartig verlernt. Matt war sein einst so prächtiges Gefieder geworden, hatte seinen Glanz verloren. Trübe blickten die Augen in die Ferne. Ein letzter hoffnungsloser Ton entwich dem zierlichen Schnabel, dann ergab sich der kleine Körper dem Wind, fiel vom Ast herab in die Tiefe, während der Schwalbe Seele ihrem zuletzt gesungenen Lied folgte, einem Lied das aus purer Verzweiflung in die Welt entsandt worden war und dennoch einen Keim der Hoffnung gesät hatte.

© Fianna 17/11/2015

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Über den Autor

Fianna
Ich
...bin Österreicherin
...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte
...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist
...lese quer durch viele Genres
...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken


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Ryvais Okay, das ist echt beeindruckend. Dann klick ich mich mal zum ersten Kapitel und schau, wies weitergeht :)
Wenn ich dann weiß bzw. ungefähr ahne, worums eigentlich geht, werd ich wahrscheinlich auch ausführlicher. Aber stilistisch wirklich, wirklich toll.
Lg, Ryvais
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Freut mich, dass dir der Prolog gefällt. Ich habe ihn eigentlich erst nachträglich geschrieben als ich selbst etwas genauer wusste, wohin meine Geschichte führen will. :-)

Dankeschön für's Lesen, den Kommentar, die Coins, den Favo und das Abonnieren!

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Ameise Ich mag Deine Art zu schreiben. Du verfasst Wunderbare Wörterbilder
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Dankeschön! Freut mich, dass es dir gefällt.

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Nereus 
dankend
ich bin ein freund proustischer langsätze-die die deinen zwar noch nicht erreichen aber mir schon gefallen U N D !:
ES SIND KAUM WORTWIEDERHOLUNGEN ZU LESEN
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Freut mich, dass dir mein Prolog gefällt. Ich bemühe mich möglichst selten Worte zu wiederholen, vor allem bei solchen bildreichen Beschreibungen, aber manchmal passiert es einem trotzdem.

Dankeschön für Kommentar und Favo!

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Der Prolog kam wohl etwas verspätet^^. Ich bin mal gespannt, wie sich das Geschehen in den bisherigen Roman einfügt.
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Naja, ich habe erst jetzt eine klarere Idee, wo ich mit meiner Geschichte ca. hin möchte, deshalb ist der Prolog jetzt erst entstanden.

Danke für's Lesen, Kommentieren und den Favo!

Liebe Grüße
Anna
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