Kapitel 27 Ein Gespräch mit dem Kaiser
,, Wie meint ihr das ?“
Merl hatte sich auf das Geländer gelehnt und lies sich daran zu Boden rutschen, während Galren auf eine Antwort wartete.
,, Genau so.“ , antwortete der Zauberer schließlich. ,, Ich habe Armell praktisch an den Kopf geworfen das ihre Eltern nur für ihren persönlichen Gewinn gekämpft haben.“
,, Ihr meint an der Erdwacht…“ Galren hatte das Gespräch zwischen den Zauberer und Armell zwar mitbekommen, aber nicht ihre Reaktion.
Also was war passiert um das Merl sich solche Gedanken machte?
,, Ich… mag sie wirklich sehr, Galren. Und ich hätte nie gedacht, dass ich sie mal verletzen könnte. Jetzt habe ich es aus Versehen geschafft. Weil ich einmal nicht den Mund gehalten habe.“
,, Armell ist eine gute Freundin… Ohne sie wäre ich vermutlich erst gar nicht bis hierhergekommen also. Und ich kann nicht sagen, dass ich sie so gut kenne wie ihr aber… sie wird euch verzeihen können Merl. Vielleicht hat sie es sogar längst vergessen.“
,, Vielleicht.“ , antwortete der Zauberer unsicher. ,, Aber ich… meinte das nicht bloß so. Sie ist…mehr für mich, versteht
ihr?“
,, Oh…“ Die plötzliche Erkenntnis traf Galren fast wie ein Schlag. Das erklärte allerdings einiges unter anderem wieso Merl sein Ausrutscher solche Gedanken machte. Und hatte er sie am Ende etwa deswegen begleitet?
,, Ja… Ich weiß selber wie dämlich das jetzt wieder klingt.“
,, Und weiß Armell das auch, ich meine, das ihr sie liebt ?
,, Wie denn ?“ , lachte der Zauberer. ,, Galren ich bin ein zweitklassiger Zauberer und sie eine Adelige. Mit genug anderen Problemen als einen Mann der es nicht mal über sich bringt…“ Merl
stockte.
,, Ihr die Wahrheit zu sagen.“ , beendete Galren den Satz.
,, Wie soll das funktionieren ? Selbst wenn ich den Mut finden würde und wenn sie dann das gleiche empfinden würde…“ Der Zauberer machte lediglich eine wegwerfende Handbewegung. ,, Tut mir einen gefallen und vergesst das ich überhaupt etwas gesagt habe.“
,, Ich glaube wirklich ihr unterschätzt euch.“ Galren wusste zwar nicht was Armell dachte, aber er hatte gesehen wie gut sie sich mit Merl verstand, ihre Gespräche, die freudige Überraschung als sie Merl in Silberstedt begegnet waren… Mochte sein, das es auf ihrer
Seite nicht Liebe war, aber sie mochte ihn definitiv. Nur wenn Merl das nicht selber sah, wie sollte er es ihm klar machen ?
,, Das sagt Meister Zachary mir auch immer.“ Ein kurzes Lächeln huschte über die Züge des Magiers.
,, Vielleicht solltet ihr es euch zu Herzen nehmen.“ Galren reichte ihm eine Hand und nach einem kurzen Moment des Zögerns ergriff der junge Mann sie und lies sich auf die Füße ziehen. ,, Und jetzt sollten wir zusehen, das wir zurück kommen, bevor wirklich noch einer von uns festfriert.“
Merl nickte und gemeinsam machten sie sich auf den Weg durch die Hallen des
Palastes. Erneut konnte Galren den Weg durch die Labyrinthartigen Gänge mehr spüren, als das er wirklich wusste, wohin er ging. Aber er hatte gelernt, sich darauf zu verlassen.
,, Woher wisst ihr eigentlich wohin ihr geht ?“ Auch seinem Begleiter schien die schlafwandlerische Sicherheit mit der er seinen Pfad fand nicht entgangen zu sein. Einen Moment fragte Galren sich tatsächlich wie das auf andere von außen wirken musste.
,, Ich… weiß es einfach.“ Tatsächlich hatte er keine Erklärung dafür und auch wenn er sich ab und an darüber Gedanken machte… er war eben damit geboren worden. ,, Aber wie wärt ihr
den zurück gekommen ?“
,, Ich… nun…“ Merl stotterte während er um eine Antwort rang. ,, Keine Ahnung.“
Galren schmunzelte. Es war tatsächlich eine gute Idee gewesen, sich nach dem Zauberer umzusehen. Sonst hätten sie morgen früh vermutlich einen übermüdeten Merl suchen können, der durch die Gänge des kaiserlichen Palastest wandelte. Oder, was wahrscheinlicher war, ihn bei der Garde abholen können. Seltsamerweise waren sie bisher keiner einzigen Wache begegnet. Nur etwas weiter vorne den Gang hinab flackerte Licht und leise Stimmen drangen bis zu ihnen.
Galren bedeutete Merl stehen zu bleiben, während sie hinter einer Säule in Deckung gingen. Zwar wäre es möglich den Wachen ihr hier sein zu erklären, aber er hatte keine Lust sich den Rest der Nacht um die Ohren zu schlagen um einem Offizier klar zu machen warum sie im Dunkeln durch den Palast schlichen. Das Licht kam langsam näher zusammen mit den Schatten mehrerer Gestalten. Zu seiner Überraschung waren es jedoch nicht die in blaue Uniformen gekleideten Soldaten der kaiserlichen Leibgarde wie er erwartet hatte…
,, Glaubt ihr es ist eine gute Idee, sie alleine losziehen zu lassen ? Wir haben
keine Ahnung, womit wir es zu tun haben.“ Es war Janis, der in Begleitung seines Ziehvaters und der Kaiserin den Gang hinab kam. Warum waren sie so spät noch wach?
Galren duckte sich instinktiv etwas tiefer in die Schatten und konnte sehen, wie Merl das gleiche tat.
Kellvian Belfare war unterdessen stehengeblieben. ,, Ich schätze, das du dir Sorgen machst, aber… das ist schlicht unnötig. Vergiss nicht, ich schicke Armell und die anderen mit einem meiner Schiffe los. Und ich habe einen Mann mit der Zusammenstellung einer Crew beauftragt dem ich vertrauen kann, auch wenn er nicht grade
begeistert darüber war. Und jetzt geh. Wir werden unsere Gäste morgen früh noch verabschieden.“
,, Ich hoffe sehr, ihr habt recht.“ , erwiderte Janis lediglich, bevor er sich umdrehte und den Gang zurück lief. Nur noch der Kaiser und Jiy blieben zurück. Die Gejarn sah dem jungen Mann einen Moment hinterher.
,, Er spürt das du dir mehr Sorgen machst, als du zugibst.“ , meinte sie, als sie sich wieder zu Kellvian umdrehte. ,, Und ich auch.“ Der Kaiser nickte, während sie ihm eine Hand auf die Schulter legte.
,, Janis kann man schwer etwas verheimlichen.“ , antwortete der Kaiser.
,, Und eines Tages wird es ihm noch gute Dienste erweisen.“
,, Syle meint du lässt ihn zu viel durchgehen.“ Man konnte es ihrem Tonfall anmerken, dass sie es nicht tadelnd meinte. Eher als legte sie es darauf an, ihn zu einer Antwort zu provozieren.
,, Und damit hat er vielleicht sogar recht. Aber ich will nicht einfach einen Nachfolger der da weitermacht wo ich aufhöre. Der Junge wird seinen eigenen Weg finden und das erlaube ich ihm auch.“
,, Irgendwie kommt mir das bekannt vor.“ , erwiderte Jiy lächelnd. ,, Wieso sagst du ihm nicht einfach, was du
fürchtest ?“
,, Weil es vielleicht nichts ist. Ehrlich gesagt, wenn doch werden wir das alle schnell merken. Würde ich ihm sagen was uns bevorstehen könnte, er würde sofort selber losziehen wollen. Er ist noch nicht so weit, ist zu impulsiv... Ich werde nicht zulassen, dass unser Sohn meine Fehler wiederholt... und vielleicht will ich ihn auch einfach nicht gehen lassen.“ Den letzten Teil murmelte der Kaiser mehr, als das er ihn laut aussprach.
,, Du glaubst also wirklich , das Ismaiel nicht der einzige war, oder ?“
,, Genau das. Und wenn es ein Wesen gibt das einen Zauber beherrscht, den
nicht einmal der Orden wieder aufheben kann… Ich will wissen ob wir in Gefahr sind und wenn ja… wodurch. Dieses Land trägt noch die Narben, von dem, was nötig war um einen einzelnen Magier des alten Volkes zu vernichten. Und wo einer überlebt hat, wer sagt dass es nicht noch mehr gibt ? Ich werde nicht zulassen, das sich die Geschichte wiederholt, Jiy. Um unser aller willen.“ Er beugte sich vor und ihre Lippen fanden sich einen Moment. ,, Und um deinetwillen wenn schon für nichts sonst.“
Die beiden Gestalten lösten sich nur langsam wieder voneinander. ,, Kommst du mit ?“ , fragte
Jiy.
Kellvian schüttelte den Kopf. Sein Blick jedoch fiel einen Moment direkt in Richtung von Galren und Merl. Hatte der Mann sie etwa entdeckt? Galren ging rasch wieder ein Stück hinter der Säule in Deckung.
,, Syle wollte mir noch etwas zeigen. Irgendetwas über die Sicherheit des Palastes. Du weißt wie er sein kann wenn es um so etwas geht. Ein eingeschlafener Posten und er lässt die halbe Stadt durchkämmen.“ , erklärte der Kaiser derweil und Galren musste feststellen das selbst er ihm das nicht abnahm.
,, Das kann bis morgen warten, oder ?“ Jiy hatte eine seiner Hände gepackt und
versuchte ihn sanft mit sich zu ziehen.
,, Ich fürchte nicht… „ Sein Blick ging erneut direkt in Richtung ihres Verstecks. Verdammt, er hatte sie gesehen, da gab es keinen Zweifel mehr. Aber warum dann dieses Spiel ? ,,Eine Stunde, höchstens.“
Jiy gab offenbar auf. ,, Wehe ich muss dich morgen früh suchen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich schließlich um und verschwand in der Richtung aus der Galren und Merl eben gekommen waren.
Kellvian sah ihr einen Moment regungslos nach, bis er sicher schien, dass sie nicht zurück kommen würde. Erst dann wendete er sich erneut ihrem Versteck
zu.
,, Ihr könnt rauskommen.“ , erklärte er. ,, Und tut mir einen gefallen und versteckt euch beim nächsten Mal besser.“
Galren trat l aus dem Schatten, während Merl ihm zögerlich folgte Tatsächlich klang der Kaiser eher enttäuscht als wütend.
,, Verzeiht, Herr… wir hatten nicht die Absicht…“ , setzte Merl an.
Kellvian machte eine wegwerfende Handbewegung,, Schon gut. Sagt mir nur, wie viel ihr grade mitbekommen habt…“
,, Das meiste schätze ich.“ , antwortete Galren und ohne zu wissen ob es klug
war oder nicht fügte er hinzu : ,, Zachary hat uns erzählt, was es mit Ismaiel auf sich hatte. Ihr glaubt also wer… oder was auch immer mir diese Karte zukommen lassen wollte… sei ein Magier des alten Volkes?“
,, Ehrlich gesagt, weiß ich nicht was ich glauben soll.“ Der Kaiser bedeutete ihnen schlicht, ihm zu folgen und langsam setzten die drei sich den Gang hinab in Bewegung. ,, Selbst wenn ich recht habe, macht es einfach keinen Sinn. Warum sollte so jemand einen Menschen zu sich rufen? Einen Magier könnte ich verstehen. Ismaiel wollte sein Volk wiederbeleben, dazu hat er versucht ihre Seelen an die Körper von Zauberern
zu binden. Aber ihr seid kein Magier und außer Naria wird euch nur Merl begleiten. Zwei Faktoren von denen wer auch immer diese Karte versiegelte nichts gewusst haben kann. Aber da ihr jetzt wisst, um was es hierbei geht und womit ihr es vielleicht zu tun bekommt… wollt ihr nicht vielleicht doch einen Rückzieher machen ?“
Der Kaiser klang ernsthaft neugierig auf Galrens Antwort. Aber diese blieb dieselbe. Es gab für ihn kein Zurück mehr, bis er nicht selber wusste, was hier gespielt wurde
,, Nein.“ , erklärte Galren fest. ,, Bis vor kurzem bin ich selten über Hamads Küsten hinaus gekommen, Herr… und
jetzt bereite ich mich endgültig darauf vor, der Spur meines Vaters zu folgen. Mein Leben ist in den letzten Tagen um einiges aufregender geworden und ich Zweifel nicht daran, das es ist was ich tun muss. Nur vielleicht an dem, was ich finden und erfahren könnten.“
,, Und ihr, Zauberer ?“
,, Ich… weiß es nicht.“ , gab Merl kleinlaut zurück. ,, Es gibt viele Dinge die einfach… nicht so laufen wie ich es mir erhoffe, Herr. Aber es war der Wunsch meines Meisters, dass ich Galren und die anderen bei ihrer Suche unterstütze. Ob er etwas hiervon ahnte, als er mich losschickte weiß ich nicht, aber ich glaube er würde jetzt erst recht
darauf bestehen, das ich an ihrer Seite bleibe. Und das werde ich tun, ob es mir gefällt oder nicht spielt keine Rolle.“
Mittlerweile hatten sie ein gutes Stück Weg hinter sich gebracht und Galren erkannte, dass sie bereits in der Nähe ihrer Unterkunft sein mussten. Der Palast war tatsächlich eine Stadt in der Stadt aber der Kaiser schien sich hier genauso gut auskennen wie Galren. Ohne dabei auf eine Begabung zurückgreifen zu können…
,, Würdet ihr mir eine Frage beantworten ?“ Galren wusste nicht ob er sich damit nicht vielleicht zu weit aus dem Fenster lehnte, aber die Antwort interessierte
ihn.
,, Sprecht. Ich nehme an ich bin nicht ganz, was ihr erwartet habt, ja ?“
,, Das auch, Herr.“
Kellvian lachte. ,, Also stellt eure Frage.“
,, Nun… vergebt mir wenn ich damit zu weit gehe , aber eure Gefährtin… Jiy? Das ist nicht bloß eine politische Vereinigung, oder?“
,, Ich dachte mir schon, das ihr das fragen würdet. Nein. Und ich erwarte auch von niemand dass er das versteht. Ich liebe diese Frau mehr als mein Leben. Auch wenn unser erstes Treffen unter recht chaotischen Umständen stattfand. Ich habe es dem armen Syle
damals schon nicht leicht gemacht.“
,, Er… also der Hochgeneral geht auch nicht grade förmlich mit eurem Adoptivsohn um, wie mir scheint.“
,, Syle gehört praktisch schon zur Familie.“ , erwiderte der Kaiser grinsend. ,, Und wenn ich die Gelegenheiten zusammenzähle bei denen er mein Leben gerettet hat, sollte er eigentlich auf dem Thron sitzen, nicht ich.“ Als sie an eine weitere Kreuzung kamen, hielt Kellvian schließlich an. ,, Eure Quartiere befinden sich nicht weit von hier. Und auch wenn Jiy mich dafür hassen wird… ich habe Syle versprochen mit ihm die Nachtwache zu inspizieren um mir selbst ein Bild zu machen. Wir
sehen uns morgen früh, bevor ihr die Stadt verlasst…“