Kurzgeschichte
Hinter viel zu dicken Fensterscheiben

0
"Hinter viel zu dicken Fensterscheiben"
Veröffentlicht am 02. Dezember 2008, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Verträumt.
Hinter viel zu dicken Fensterscheiben

Hinter viel zu dicken Fensterscheiben

Beschreibung

Die Einsamkeit nimmt Oberhand in den Zimmern dreier Jugendlicher. Ihnen wurde für ein paar Stunden die Freiheit genommen - aber sie haben endlich Zeit über ihr Leben nachzudenken...

Melvin saß auf der Fensterbank und starrte auf das rege Treiben hinter der großen Fensterscheibe. Er sah die kleinen, streichholzgroßen Leute, die von einer auf die andere Straßenseite hasteten. Er sah die Businessleute, die in ihren teueren Anzügen hin und herliefen. Die einfachen Müllmänner in ihrer orangen Montur, die Kinder, etwas kleinere Streichhölzer. Er dachte, wie glücklich mussten all diese Menschen sein, einfach nur ihrer Arbeit nachgehen zu können. Sie mussten nicht darüber nachdenken, was sie taten. Sie erledigten es einfach. Denn obwhl er auf keinem dieser Gesichter je ein Lachen entdeckt hatte, und jetzt aus dieser Entfernung schon mal gar nicht, war er sich sicher, dass es ihnen gut ging. Vielleicht vermutete er das auch nur, weil er selber gefangen war. Gefangen in einem Zimmer, das noch nicht mal eine Couch, geschweige denn einen PC besaß. Nun vegetierte er schn seit knapp drei Stunden vor sich hin und das alles nur, weil er es wieder einmal drauf ankommen lassen hatte. Die Mutter war wie immer verzweifelt gewesen und hatte in ihrer Hilflosigkeit nur noch den Hausarrest als denkbare Lösung gesehen.Nun, da war er jetzt. Eingeschlossen hinter einer Tür, die es ihm verweigerte sein Kaninchen Fred zu füttern, seinen besten Kumpel Dave zu treffen und seinen großen Schwarm Georgina zu bewundern. Und trotzdem zeigte er keine Reue. Er fühlte sich immer noch im Recht. Er wusste, dass er die Eltern mit seinen Worten verletzt hatte. Und dieser Gedanke gefiel ihm ein bisschen. Er hatte dem großen Titan Schmerzen zugefügt. Sein eigener Sohn. Melvin dachte diesen Gedanken weiter. Er hatte den großen Bss, der nie Zeit hatte für seine Familie traurig gemacht. Er hatte den unerreichbaren Helden nachdenklich gemacht. Aber es gefiel ihm auch, einen neuen Menschen in dieser Autoritätsperson gefunden zu haben. Aber es gefiel ihm auch, einen neuen Menschen in dieser Autoritätspersn gefunden zu haben. Einen schwachen, verletzlichen Menschen. Erstmals einen Menschen...


Fiona lag rückling auf ihrem Himmelbett. Die Sterne an ihrer Decke wollten sie ins Paradies der Träume entführen, doch sie war nch nicht bereit. Viel zu viele Gedanken schwebten in ihrem Kopf herum. Sie versuchte ihnen zu entfliehen, doch sie kamen immer wieder zurück zu ihr. Einer kam immer wieder ganz besonders hartnäckig zu ihr zurück. Das Bild ihrer weinenden Mutter in der Küche. Ihre enttäuschte Miene und dann ihr plötzlicher Gefühlsumschwung. Die kalte Wut in ihren AUgen. Und wieder einmal die Lösung aller Lösungen: Hausarrest. Fionas blnde, wellige Haar lag wie ein Stern um ihr Gesicht herum. Ein bisschen wie eine Heiligenschein. Doch sie war keineswegs eine Heilige. Eher eine Missverstandene. Wieder einmal hatte ihre Mutter den stummen Hilfeschrei nicht erhört. Der Vater hatte einfach nur daneben gesessen und hatte nihts gesagt. Warum sitzt ihr noch nebeneinander, wenn ihr doch aneinander vorbeilebt? Wenn ihr euch doch nicht mehr anblicken könnt? Wenn euch doch nichts mehr verbindet? Und wenn ihr das einzige vergesst, was euch noch zusammenschweißt? Mich! Eine kleine Welle des Selbstmitleids durchfuhr Fiona und eine klitzekleine, salzige Träne suchte sich ihren Weg über ihre Wangen. Das erste Zeugnis ihres Scheiterns. Ihre Trauer schlug schlagartig zu Wut um. Sie ballte die Faust und gab ihrem Kopfkissen einen gewaltigen Hieb. Das Leben war eine Katastrophe!


Noel saß im Schneidersitz auf dem beheizten Fußboden. Er lachte verächtlich. Was war ein warmer Fußboden gegen ein kaltes Herz? Ja mit Geld hatten sie es hier alle. "Schatz, möchtest du ein neues Fahrrad?", "Schatz ein nuer Pullover wäre dch super, deine alten sehen dch billig aus. Das lässt uns ja als schlechte Eltern dastehen!" Nein, das tut es auch ohne billige Pullis, dachte Noel, und zwar in meinen Augen. Ihr gebt mir all das Materielle, aber das andere könnt ihr mir nicht geben. Kaum lasst ihr mich mal zu Wort kommen, kaum dringe ich in eure einseitige Welt ein, sperrt ihr mich ein. Fünf trostlose Stunden hatte er schon hinter sich. Drei weitere sollten folgen. Er sah durch das Fenster. Ja, eine wunderbare AUssicht hatten sie ihm versprochen. Sie hatten ihm noch viel mehr versprochen, als sie ihn hierher geschleppt hatten. Aber leider nur das mit der Aussicht gehalten. Und er verspürte nicht die geringste Lust sie an all die anderen Dinge zu erinnern. Versprechungen. Versprechungen, die allesamt noch in den Wolken standen. Er gab sich erst gar keine Mühe mehr ihnen all die anderen Dinge zu erklären, die er sich wünschte. Die , die ihm viel wichtiger waren als neue Pullover, eine neue Playstation, ein eigener Fernseher oder nagelneue Jordans.
Vielleicht hätte er, wäre ihm nicht der Hausarrest dazwischen gekommen, mit seinen Kumpels Basketball gespielt. Vielleicht wäre er mit den Hip-Hoppern Maikel und Joey auf Achse gewesen. Oder einfach Lucy hinterhergestarrt, ihrem perfekten Körper, den langen blonden Haaren.
Vielleicht hätte er aber auch die beiden einzigen beleuchteten Fenster in dem Flat Toower gegenüber ignriert.
Doch er sah es. Er sah den verträumten Jungen hinter den Scheiben. Das nachdenkliche Mädchen.
Und er fühlte sich ein Stück weniger alleine.

Ein paar Minuten später ging ein Nachtwächter ein letztes Mal zwischen den Flat Towns umher. Er konnte nur noch drei beleuchtete Fenster sehen. In jedem dieser Fenster sah er ein glückliches Kinder gesicht. Und ihm wurde wieder einmal bewusst wie schön das Leben sein konnte.


Liebe Leser!
All dies schrieb ich in einem Anflug von Wahnsinn, als ich selber eingesperrt in mein Zimmer meinen Frust herausschreiben musste. All das sind Gedanken die ich mir selbst einmal gestellt habe. Denn eingesperrt in einen Raum sieht die Welt viel schlechter aus. Gerade deswegen hat meine Geschichte am Ende einen kleinen Lichtblick bekommen.
Für alle, die sich auch mal in ihrer Freiheit beraubt gefühlt haben oder einfach einsam waren.
Danke an Justin Timberlake- "Loosing my way" war genau die richtige Melodie in diesen drei Stunden....
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_13520-0.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_13520-1.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52806.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52807.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52808.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52809.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52810.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52811.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_52812.png
0

Hörbuch

Über den Autor

momo93
Verträumt.

Leser-Statistik
99

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
NorbertvanTiggelen Sorry, ich bin sehr lesefaul! - Habs nur angelesen, und es gefiel mir sehr gut. Wenn ich demnächst mehr Zeit habe, dann blablablabla.... kennst ja diese Ausreden! ;-)
LGNorbert
Vor langer Zeit - Antworten
momo93 Re: *-)) -
Zitat: (Original von Abendstern am 06.12.2008 - 22:51 Uhr) Liebe momo,
es gefällt mir, wie du uns die Gedanken dieser "Gefangenen" erzählst
und besonders, dieses kleine Schlusslicht.
Herzliche Grüße in dein Adventwochenende
Abendstern

PS ganz ganz lieben Dank für deine Anerkennung, über die ich mich sehr gefreut habe ! *liebzwinker*


Lieber "Abendstern"
es freut mich, dass es dir gefällt, da es ohne richtigen Zusammenhang aufgeschrieben wurde und ich ehrlich gesagt nur drauflos geschrieben habe ;)
Manchmal sind wir halt alle gefangen, obwohl wir eigentlich in Freiheit leben...
Maren=)
Vor langer Zeit - Antworten
Abendstern *-)) - Liebe momo,
es gefällt mir, wie du uns die Gedanken dieser "Gefangenen" erzählst
und besonders, dieses kleine Schlusslicht.
Herzliche Grüße in dein Adventwochenende
Abendstern

PS ganz ganz lieben Dank für deine Anerkennung, über die ich mich sehr gefreut habe ! *liebzwinker*
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
3
0
Senden

13520
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung